Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.05.2010:
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Städtetag fordert "Städtepaket" als Finanzhilfe

Städtetag fordert "Städtepaket" als Finanzhilfe

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Bürgermeister Häupl, Manzenreiter und Linhart vor Eröffnung des 60. Städtetag in Villach


"Die Bürgerinnen und Bürger haben zu recht großes Vertrauen in die Leistungen, die durch die Städte tagtäglich erbracht werden. Deshalb ist es wichtig, alles daran zu setzen, diese Leistungen aufrechtzuerhalten - sie tragen zur sozialen Balance und zum Wirtschaftsaufschwung bei", sagte Städtebund-Präsident und Wiens Bürgermeister Michael Häupl heute, Mittwoch, bei einem Mediengespräch unmittelbar vor der Eröffnung des 60. Städtetages 2010 in Villach.

"Ich freue mich, dass Villach diesmal als Gastgeberstadt im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht", betonte Villachs Bürgermeister Helmut Manzenreiter. "Obwohl auch hier die Krise spürbar ist, haben wir unter anderem durch eine schlanke und effiziente Verwaltung rechtzeitig Vorkehrungen getroffen". "Aufgrund ihrer direkten Nähe zu den Menschen tragen Städte eine sehr große soziale Verantwortung. Wer den Städten die Kraft für diese besondere Gestaltungsaufgabe nimmt, handelt, ohne seinen Blick auf das Wesentliche gerichtet zu haben. Natürlich müssen auch die Städte selbst - und das gilt insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten - durch diszipliniertes Handeln mit Augenmaß dazu beitragen, dass ihre Schaffenskraft nicht verloren geht. Und das tun sie bereits seit geraumer Zeit - durch Sparsamkeit und Effizienz", so Markus Linhart, Bürgermeister von Bregenz.

Österreichs Städte sind Wirtschaftsmotoren: Sie investieren pro Jahr 2 Milliarden Euro, schaffen Arbeitsplätze und stellen eine international vorbildliche kommunale Infrastruktur zur Verfügung: Wasserversorgung und Wasserentsorgung, Müll, Gesundheit, Kinderbetreuung, öffentlicher Nahverkehr sind allesamt Leistungen im öffentlichen Interesse, die die Kommunen auf höchstem Niveau erfüllen - auch und gerade in Zeiten der Krise. Österreichs Städte übernehmen aber auch gesamtstaatliche Verantwortung: Sie haben in der Vergangenheit ausgeglichene Budgets vorgewiesen und sind Vorreiter in Sachen Verwaltungsreform (E-Government, Bürgerbüros).

Prekäre Finanzsituation für Österreichs Städte

Diese Leistungen sind nun in Gefahr. Österreichs Städte und Gemeinden sind in einer prekären finanziellen Situation: die Mittel aus den gemeinschaftlichen Bundesabgaben (Ertragsanteile) sinken, die Ausgaben (besonders für Gesundheit und Soziales) steigen immer stärker an. Diese Dynamik - sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben - wird in den nächsten zwei bis drei Jahren dazu führen, dass bereits 2012 kein Geld mehr für Investitionen zur Verfügung steht - so eine aktuelle Prognose des KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung.

Die Finanzkrise der Städte und Gemeinden wird bis 2013 alle Städte und Gemeinden betreffen. Insgesamt ergibt sich für die österreichischen Kommunen bis 2013 ein Konsolidierungsbedarf von 1,5 Milliarden Euro. Selbst wenn alle erdenklichen gemeindeinternen Maßnahmen (Prozessoptimierung, Aufgabenkritik, Anpassung bei Gebühren, etc.) ergriffen werden, so die Prognose, kann der unbedingt notwendige Konsolidierungsbedarf nicht mehr aus eigener Kraft bewältigt werden.

Wie dramatisch die Auswirkungen sind, zeigen Beispiele vieler deutscher Kommunen, aber auch bereits betroffener österreichischer Städte und Gemeinden: Sanierungen von Gebäuden oder Straßen bleiben aus, Schwimmbäder, Bibliotheken oder Theaterbühnen müssen geschlossen werden. Am stärksten betroffen sind ausgerechnet die einkommensschwächeren Menschen, die besonders auf die Leistungen der Kommunen angewiesen sind.

Der Zwang zur Privatisierung von Leistungen im öffentlichen Interesse - eine oft erhobene politische Forderung - kann kein Ausweg sein: Nur solange die kommunale Infrastruktur bei den Städten und Gemeinden bleibt, kann auch ein kostengünstiger, niederschwelliger Zugang für alle Bevölkerungsgruppen gewährleistet bleiben.

Größter Schuldner Bund

Zusätzlich zu der ohnehin schwierigen Lage plant die Bundesregierung in den Vorgaben für die Budgets der nächsten Jahre, radikale Kürzungen auch bei Städten und Gemeinden: Im zuletzt beschlossenen Budgetrahmen sind für das kommende Jahr insgesamt Einsparungen von 2,4 Milliarden Euro vorgesehen, wobei 1,6 Milliarden vom Bund, 800 Millionen von Ländern und Gemeinden kommen sollen. "Diese Vorgaben werden durch die Städte und Gemeinden unmöglich zu erfüllen sein", konstatiert Städtebund-Präsident Häupl. "Man darf nie vergessen, dass der größte Schuldner der Bund selbst ist."

Häupl warnt vor radikalen Konsolidierungsprogrammen: "In Zeiten von Konjunkturschwäche und hoher Arbeitslosigkeit Investitionen zu verhindern, ist der falsche Weg", appelliert er. Und weiter: "Im Gegenteil: Es ist wichtig, jetzt zu investieren, denn Österreichs Städte sind Wirtschaftsmotoren, die dazu beitragen, die Konjunktur wieder anzukurbeln."

Der Österreichische Städtebund, der 246 Städte und Gemeinden vertritt, hat daher eine Resolution an die Bundesregierung formuliert, die bereits von 80 Städten und Gemeinden - großteils einstimmig von allen Parteien - im Gemeinderat beschlossen wurde. Demnach soll eine grundlegende Strukturreform die Aufgaben der Städte und Gemeinden neu regeln: Doppelgleisigkeiten und intransparente Kofinanzierungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sollen gestrichen, stattdessen klare Aufgabenverteilung und volle Mitsprache etabliert werden ("wer zahlt, schafft an"). Die schleichende finanzielle Aushöhlung durch den Bund muss gestoppt werden. Und: Um die akute Finanznot vieler österreichischer Städte und Gemeinden zu bremsen und ein unbedingt notwendiges kommunales Infrastrukturprogramm (KIP Sozial) zu ermöglichen, soll ein "Städtepaket" (analog zum Bankenpaket der Bundesregierung) im Umfang von 1,5 Milliarden Euro als Überbrückungshilfe zur Verfügung gestellt werden.

60. Städtetag im Zeichen der Finanzkrise

Heute beginnt in Villach der 60. Österreichische Städtetag. Die drei Tage dauernde Veranstaltung (26.-28. Mai 2010) steht diesmal ganz im Zeichen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Bei diesem jährlichen Treffen des Städtebundes, das die Generalversammlung der 246 Mitgliedsstädte und -gemeinden darstellt, werden rund 800 BürgermeisterInnen und GemeinderätInnen aus Österreich und Europa erwartet. Am heutigen Eröffnungstag (26. Mai) werden unter anderem Bürgermeister und Städtebund-Präsident Michael Häupl, Bundespräsident Heinz Fischer und Innenministerin Maria Fekter das Wort ergreifen. Die Festrede hält in diesem Jahr der Philosoph Konrad Paul Liessmann. Am 28. Mai findet eine hochkarätige Runde von Bankvorständen statt, die über die Finanz- und Wirtschaftskrise diskutieren.

Mehr unter: www.staedtetag.at

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