Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 09.03.2010:
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Frauenberger: Ehrenzeichen an Rudolf Sarközi und Edith Saurer

Frauenberger: Ehrenzeichen an Rudolf Sarközi und Edith Saurer

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Wien (RK). Das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien überreichte Personalstadträtin Sandra Frauenberger dem Obmann des Kulturvereins Österreichischer Roma, Professor Rudolf Sarközi, am Dienstag im Wiener Rathaus. Frauenberger würdigte Sarközi als einen Brückenbauer. Gerade im Kampf gegen Rassismus und ...

Wien (RK). Das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien überreichte Personalstadträtin Sandra Frauenberger dem Obmann des Kulturvereins Österreichischer Roma, Professor Rudolf Sarközi, am Dienstag im Wiener Rathaus. Frauenberger würdigte Sarközi als einen Brückenbauer. Gerade im Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit brauche es Gallionsfiguren wie Prof. Sarközi, so die Stadträtin. Auch die Wiener Historikerin, Universitätsprofessorin Edith Saurer wurde mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien ausgezeichnet. Edith Saurers Arbeit zeichnet sich durch die Etablierung neuer, oftmals origineller Perspektiven und Themen in den Geschichtswissenschaften aus. Sie hat maßgeblich zur Etablierung der Frauen- und Geschlechterforschung an der Universität Wien beigetragen. Mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich wurde die ehemalige Fernsehjournalistin Renata M. Erich ausgezeichnet. Frau Erich war Gründungsmitglied des Roma-Vereins "Romano Centro". Ihr besonderes Engagement galt der Organisation einer Lernbetreuung für Roma-Schulkinder.****

Sarközi, der 1944 im Konzentrationslager Lackenbach geboren wurde, engagierte sich schon früh für die gleichberechtigte Anerkennung und die Förderung der Identität der Volksgruppe der Roma. Sarközi gehörte zu den Gründern des ersten Roma-Vereins im Jahr 1989 in Oberwart und des in Wien ansässigen Kulturvereins Österreichischer Roma, dessen Obmann er bis heute ist. Zu den Zielen des Vereins zählen die Stärkung des Volksgruppenbewusstseins unter den Roma und Sinti, der Erhalt von Sprache und Kultur, die Verbesserung der sozialen und politischen Integration der Roma und Sinti, die wissenschaftliche Erforschung von Geschichte und Kultur der Volksgruppe sowie die Förderung von Kunst- und Kulturprogrammen.

Das wichtigste Ziel - die Anerkennung als österreichische Volksgruppe - wurde durch einen Entschließungsantrag aller Parlamentsparteien im Nationalrat im Oktober 1992 eingeleitet. Prof. Sarközi war daran im Vorfeld federführend beteiligt. Im Dezember 1993 erlangte die Anerkennung offiziell Rechtskraft und 1995 konnte die konstituierende Sitzung des Volksgruppenbeirates stattfinden. Zum Vorsitzenden des achtköpfigen Gremiums wurde Prof. Rudolf Sarközi gewählt.

Eine Reihe weiterer Aktivitäten gehen auf sein Bemühen zurück, seiner Volksgruppe Gehör und Anerkennung zu verschaffen. Unter anderem wurde 1996 die von ihm geleitete "Roma-Doku", eine Informations-, Dokumentations- und Begegnungsstätte, eröffnet. Seit 1995 gibt es den "Roma Fonds" zur Förderung der Bildung von Angehörigen der Volksgruppe. Auf Sarközis Initiative hin wurden an mehreren Orten, so etwa in Lackenbach, Mauthausen und Auschwitz, Mahnmale und Gedenkstätten zur Erinnerung an die Vernichtung der Roma im Nationalsozialismus errichtet sowie Ausstellungen und Veranstaltungen initiiert.

Für sein konsequentes Engagement wurde Sarközi mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet. Unter anderem erhielt er 1999 das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich und das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien, 2001 die "Solidar Silver Rose", eine Auszeichnung der EU für Verdienste um die Menschenrechte und 2002 wurde ihm der Berufstitel "Professor" verliehen.

Stadträtin Frauenberger würdigte die Leistungen Sarközis in ihrer Rede: "Professor Sarközi war und ist eine mahnende Stimme, niemals den Schrecken des Nationalsozialismus zu vergessen. Gerade deshalb setzt er sich so unermüdlich für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ein. Prof. Sarközi ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Brückenbauer." Gerade im Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit brauche es Gallionsfiguren wie ihn, "die nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern im Sinne von gegenseitigem Verständnis und Respekt agieren und die ob ihrer klaren Botschaften auch auf breites Gehör in der Bevölkerung stoßen", unterstrich Frauenberger. "Gerade heute ist es ein Gebot der Stunde, entschieden gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufzutreten", so Frauenberger.

Edith Saurer - Doyenne der Geschlechter- und Frauenforschung

Univ.-Prof.in Dr.in Edith Saurer ist seit 1992 Professorin für Neuere Geschichte an der Universität Wien, Gastprofessuren führten sie nach Bielefeld, Neapel, Leipzig und an das European University Institute in Florenz. Neben ihren umfangreichen Lehr- und Forschungstätigkeiten leitete sie ab 1982 die Arbeitsgruppe Frauen-und Geschlechtergeschichte, sie gründete die Zeitschrift "L'Homme" mit, die nun "Europäische Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaften" heißt, fungierte als Vorsitzende der Kommission der Interuniversitären Koordinationsstelle für Frauenforschung und ist Mitherausgeberin der Zeitschriften "Historische Anthropologie" und "Wiener Zeitschrift für die Geschichte der Neuzeit".

Im Rahmen der von ihr 1989 organisierten Ausstellung "Wer wählt, gewinnt? 70 Jahre Frauenwahlrecht" wurde die schwere Zugänglichkeit von Dokumenten zu weiblichen Alltags- und Lebensverhältnissen evident, sodass sie kurzerhand die von der Stadt Wien teilgeförderte "Sammlung Frauennachlässe" mitgründete. Dort sind mittlerweile 91 Nachlässe von Frauen (Tagebücher, Briefe, Fotos etc.) archiviert.

Letzthin (2007) publizierte Saurer in "Politiken der Verwandschaft" über Beziehungsnetze, Geschlecht und Recht und widmet sich ihrem Werk "Liebe und Arbeit. Geschlechtergeschichte in Europa im 19. und 20. Jahrhundert". Für ihre vielseitigen Tätigkeiten erhielt sie 1991 den Käthe-Leichter-Staatspreis und 1997 den Gabriele-Possanner-Staatspreis. Auch ihre zahlreichen Bemühungen um internationalen Dialog mit KollegInnen vor allem aus Italien und Osteuropa sind hervorzuheben, was im Projekt "Netzwerkbildung zwischen Ost und West" seinen Ausdruck fand.

"Nicht nur vergangene Generationen von Frauen verdanken Edith Saurers Engagement eine Aufnahme in das Geschichtsbewusstsein, sondern auch mehrere Generationen von Studentinnen und Studenten an der Uni Wien, die sie mit ansteckender Begeisterung durch die Geschichte und durchs Studium begleitete", erklärte Sandra Frauenberger in ihrer Laudatio. "Durch die Erforschung früherer Frauengenerationen geben sie diesen Frauen, ihren Rollen und ihren Leistungen einen Platz in der Geschichte und retten sie vor dem Vergessen. Uns allen geben Sie damit die Chance zu lernen. Die Geschlechter- und Frauengeschichte zeigt Zusammenhänge auf, die uns helfen, Machtstrukturen zu erkennen und sie ist schließlich auch die Grundlage für ein neues Bewusstsein, um diskriminierende Strukturen zu durchbrechen", so Frauenberger.

Renata M. Erich - Einsatz für Roma-Kinder

Die ehemalige Fernsehjournalistin Renate M. Erich hat für den Wiener Roma-Verein "Romano Centro" seit dessen Gründung mit unermüdlicher Energie gearbeitet. Als Vorstandsmitglied des Vereins übernahm sie zunächst die Funktion einer Sozialreferentin, 1995 wurde sie Schriftführerin. Bereits 1993 beendete Erich ihre Anstellung beim Bayrischen Fernsehen, um sich ganztägig der Arbeit im "Romano Centro" zu widmen. Unter ihrer Leitung entwickelte sich der Verein zu einer effizienten Interessensvertretung der Roma und brachte es zu internationalem Ansehen.

Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit war die Organisation einer Lernbetreuung für Roma-Schulkinder durch mobile LernhelferInnen bei den Familien zu Hause, an der derzeit über 60 StudentInnen und 150 Kinder beteiligt sind. Renata M. Erich war und ist für dieses Projekt Initiatorin und treibende, aufrechterhaltende Kraft. Ihr Engagement war von der Erkenntnis geleitet, dass wirkungsvolle und nachhaltige Hilfe für unterprivilegierte Gruppen bereits bei den Kindern ansetzen muss.

Sandra Frauenberger: "Frau Erich's Verdienste im Kampf gegen die Marginalisierung von Roma-Kindern in der Gesellschaft und an den Schulen können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Menschen wie Sie, die sich für benachteiligte Gruppen einsetzen, um Ihnen den sozialen Aufstieg zu erleichtern, und die sich für den Dialog, das Miteinander und ein gutes, respektvolles Zusammenleben stark machen, leisten für diese Gesellschaft unbezahlbare Dienste. Dafür möchte ich Renata Erich heute auch namens der Stadt Wien auf's Allerherzlichste danken."

rk-Fotoservice:

(Schluss) lac

Rückfragehinweis für Medien:

(RK vom 09.03.2010)