Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 05.03.2010:
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Das sind die Ergebnisse aus Wiens größter Schulbefragung

Wien (RK). Was sagt Wien zur Situation an den Schulen? Auf Initiative des Wiener Bürgermeisters Dr. Michael Häupl und des Wiener Bildungsstadtrates Christian Oxonitsch fand von 5. Oktober bis 6. November 2009 die größte Schulumfrage in der Geschichte Wiens statt.**** Erstmals wurden alle LehrerInnen und Lehrer, vor ...

Wien (RK). Was sagt Wien zur Situation an den Schulen? Auf Initiative des Wiener Bürgermeisters Dr. Michael Häupl und des Wiener Bildungsstadtrates Christian Oxonitsch fand von 5. Oktober bis 6. November 2009 die größte Schulumfrage in der Geschichte Wiens statt.****

Erstmals wurden alle LehrerInnen und Lehrer, vor allem aber auch alle SchülerInnen sowie alle Eltern oder Erziehungsberechtigte um ihre Meinung gebeten. An sämtlichen Wiener Schulen - an insgesamt 557 Standorten - wurden 308.058 Fragebögen verteilt. Das Frageprogramm umfasste alle wichtigen Themen rund um Schule, Unterricht und zur sozialen Atmosphäre.

Sensationelle Beteiligung

Die Beteiligung war enorm: Insgesamt konnten exakt 112.274 Fragebögen erfasst und ausgewertet werden. An der Befragungsaktion nahmen 57.660 SchülerInnen, 49.085 Eltern und Erziehungsberechtigte sowie 5.529 LehrerInnen teil.

Spannende Ergebnisse

"Das Ergebnis dieser hohen Beteiligung sind wertvolle Erkenntnisse, die in dieser Qualität und Treffgenauigkeit einzigartig sind", betont Wiens Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch. "Wir verfügen jetzt über ein hochaktuelles und exaktes Bild über die Stimmung all jener, die mir Schule unmittelbar zu tun haben."

Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Ergebnisse:

  • Hohe Zufriedenheit

Wiens Schulen genießen bei den "Kunden" - also bei den SchülerInnen sowie deren Eltern und Erziehungsberechtigten - einen weit besseren Ruf, als dies in der Öffentlichkeit immer wieder dargestellt wird: Neun von zehn Befragten sind "sehr zufrieden" oder "zufrieden". Etwas kritischer sind die LehrerInnen.

  • Hauptschulen besser als ihr Ruf

Für manche vielleicht ein wenig überraschend, aber Faktum: Wiens Hauptschulen werden sowohl von den SchülerInnen, als auch von den Eltern und Erziehungsberechtigten nicht schlechter beurteilt als die AHS. In manchen Kategorien wie Mitsprachemöglichkeiten oder Verhältnis zwischen SchülerInnen und LehrerInnen fällt das Urteil insgesamt sogar eine Spur besser aus.

Während an den Volksschulen die Schulwelt noch absolut in Ordnung ist, nimmt die Zufriedenheit ab, je höher die Schulstufe ist. Erkennbare Problembereiche - etwa in Fragen des sozialen Umgangs - gibt es am Polytechnikum und an den Berufsschulen. "Eine wesentliche Erkenntnis, auf die jetzt gezielt reagiert werden kann, um die Situation zu verbessern", so Christian Oxonitsch.

  • Gute Noten für die Noten

Der Leistungsdruck für SchülerInnen wird von den Betroffenen selbst, aber auch von den Eltern und Erziehungsberechtigten als zwar durchaus vorhanden, jedoch weitgehend akzeptabel empfunden. Dagegen fühlen sich mehr als zwei Drittel der LehrerInnen teils stark unter Druck.

Höchst interessant: Die Leistungsbeurteilung und die Noten erhalten in Wiens größter Schulumfrage ein durch die Bank ausgezeichnetes Zeugnis.

  • Bauzustand, Raum und Ausstattung

Eltern und Erziehungsberechtigte sowie SchülerInnen sind auch mit dem baulichen Zustand der Schulen, mit dem Raumangebot sowie mit der Ausstattung und der Technik weitgehend zufrieden. Deutlich negativer fällt in diesen Fragen das Urteil der LehrerInnen aus.

  • LehrerInnen sehen manches anders

Auch in anderen Fragen ist die Einschätzung der "Kunden" - also der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern und Erziehungsberechtigten - im Vergleich zu jener der Lehrerinnen und Lehrer teilweise sehr unterschiedlich.

So geht es weiter

  • Analyse der Ergebnisse

"Ich bedanke mich für die wirklich tolle Beteiligung an dieser wichtigen Befragungsaktion, die uns helfen wird, Wiens Schulsystem zum Vorteil aller in das neue Jahrzehnt zu führen", betont Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch. Das für manche vielleicht überraschend positive Gesamtergebnis sei erfreulich. "Ich habe aber bereits vor der Umfrage in vielen persönlichen Gesprächen die Erfahrung gemacht, dass die unmittelbar Betroffenen, also Kinder, Jugendliche und deren Eltern, die Situation an Wiens Schulen weitaus positiver sehen, als das vielfach in Medien dargestellt wird!"

Einige Ergebnisse müsse man aber einer genaueren Analyse unterziehen: "Es ist sicher an der Zeit, das zweifellos überholte Modell des Polytechnikums komplett in Frage zustellen", so Oxonitsch. "Mein Wunschziel ist die Kombination einer profunden Berufsausbildung mit Matura für alle. Denn fachliche Qualifikation UND eine solide, zeitgemäße Allgemeinbildung sind der Schlüssel zu Jobchancen für die Jugend und zur Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft." Auch bei anderen Teilergebnissen - "die mich als Bildungsstadtrat nicht glücklich machen können" - müsse man den Hebel ansetzen.

  • Schwerpunkt Berufsschulen

So sei gerade für den Bereich der Wiener Berufsschulen nun eine weit reichende Offensive geplant: "Die Ergebnisse der Schulumfrage in dieser Schulart sind auch unter dem Aspekt zu sehen, dass Berufsschule großteils eine Teilzeitschule ist", so Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch und Wiens Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl. "Unser Ziel muss es sein, die Qualität dieser in der Schule verbrachten Zeit deutlich zu erhöhen."

Dabei gelte es jedoch auch zu berücksichtigen, dass manche Jugendliche einen Lehrberuf ergreifen, der nicht ihr primärer Wunsch war und "dadurch auch die Unzufriedenheit größer ist." Ebenso werde gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise die berufliche Perspektive am Arbeitsmarkt oft nicht positiv eingeschätzt. "Die Herausforderungen im Bereich der Berufsschule sind somit umfassend: Sie haben den Besonderheiten der SchülerInnen und ihrer Bildungs-Vorgeschichte ebenso Rechnung zu tragen wie der Spezifik der Schulorganisation und den Erwartungen des Arbeitsmarktes."

Ein wesentliche Maßnahme für den Berufsschulbereich sei die Umsetzung von insgesamt elf Projekten: Zur Individualisierung des Unterrichts, E-Learning, Persönlichkeitsbildung, Steigerung der Lesekompetenz und intensivierten Vermittlung von Deutschkenntnissen für SchülerInnen mit Migrationshintergrund. Diese Projekte seien bereits im BMUKK eingereicht.

Weiters werde der Kultur- und Sportverein der Wiener Berufsschulen (kurz: KUS) künftig noch intensiver als bisher in der Gestaltung des Miteinanders an den Berufsschulen einbezogen. Konkret geplant seien derzeit ein großer Fotowettbewerb "miteinander in Wien" mit begleitenden Unterrichtsmaterialien, der Projektwettbewerb "we.do.it." und Sozialkompetenz-Workshops nach dem Konzept von ZARA.

"Trotz dieser unterschiedlichen Maßnahmen ist aber klar, dass sich eine wirkliche Erhöhung der Zufriedenheit nur dann erzielen lässt, wenn alle an einem Strang ziehen. Gerade im Bereich der Berufsschulen heißt dies, dass Wirtschaft und Politik gemeinsam Perspektiven für die jungen Menschen entwickeln müssen", so Oxonitsch und Brandsteidl. "Solange eine oft wenig erfolgreiche Schulvergangenheit mit einer negativen Zukunftserwartung gekoppelt ist, wird es auch keine glückliche Schulgegenwart in den Berufsschulen geben."

  • AHS goes ganztags!

Für den Bereich der AHS präsentierte Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl ein besonderes Projekt. "78 Prozent Zustimmung bei der Volksbefragung zur Ganztagsschule sind nicht nur ein klarer Auftrag, das Ganztagsschul-Angebot in Wien flächendeckend auszubauen, sondern sind darüber hinaus auch als Aufforderung zu verstehen, ein Ganztagsschul-Angebot auch im Bereich der AHSen zu schaffen."

"Wiener Eltern sind aus der Volksschule eine hoch qualitatives ganztägiges Betreuungsniveau gewohnt. Es ist nicht einzusehen, dass sie dieses in der Sekundarstufe 1 nur in den Hauptschulen, aber nicht in der AHS bekommen", so Brandsteidl. "Mein Ziel ist es, dass auch an den AHS step by step ein flächendeckendes ganztägiges Betreuungsangebot entwickelt wird."

"Das Ganztagsschul-Angebot auszubauen, heißt, die Bildungspolitik an den wahren Bedürfnisse der Eltern und Kinder auszurichten", so Oxonitsch und Brandsteidl. "Denn die Ganztagsschule ist das pädagogisch beste Konzept für die SchülerInnen und überdies das familienfreundlichste Modell, da es optimal mit Berufstätigkeit vereinbar ist. Mit anderen Worten: Die Ganztagsschule repräsentiert DIE Schule des 21. Jahrhunderts!"

  • Gemeinsame Schule - Wiener Mittelschule

Wesentlich ist für Bildungsstadtrat Oxonitsch aber auch ein weiterer Punkt: "Mich beschäftigt nach diesen Ergebnissen vor allem die Frage: Was ist das für ein System, in dem für Sieben- bis Zehnjährige in allen Kategorien und bei allen Befragten noch allerhöchste Zufriedenheit und Akzeptanz feststellbar ist, und in dem diese positive Stimmung dann durch eine künstliche Aufsplittung in verschiedene Schulformen zerstört wird?"

Die Umfrage zeige deutlich, dass in den Volksschulen die Welt noch für alle - nämlich SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen - in Ordnung sei, danach aber die Unzufriedenheit kontinuierlich steige. "Das spricht eindeutig für eine gemeinsame Schule!"

Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl unterstützt diese Einschätzung: "Überall dort, wo wir mit der 'Wiener Mittelschule' bereits jetzt eine Schulform ohne Zugangsbeschränkungen anbieten können, werden die Schulen von den Eltern förmlich überrannt. 1.867 Anmeldungen für das kommende Schuljahr an insgesamt 21 Wiener Mittelschul-Standorten sprechen eine klare Sprache."

"Eine Aufhebung der österreichweiten Prozentual-Beschränkung für NMS-Standorte sowie die schnelle Überführung des Schulversuchs ins Regelschulwesen ist daher mehr als überfällig", so Oxonitsch und Brandsteidl.

  • Wiens schönste Klasse!

Zur unterschiedlich hohen Zufriedenheit mit der Raumsituation und -gestaltung an Wiens Schulen betonten Oxonitsch und Brandsteidl: "Auch hier wird sichtbar, dass die Volksschule gegenüber allen weiterführenden Schularten klar in Front liegt." Ursache dafür sei aber auch, dass in den der Volksschule nachfolgenden Schularten bewusst und individuell gestaltete Schulräume absolute Ausnahmen seien.

Dies zu ändern, sei eine gemeinsame Herausforderung für LehrerInnen, SchülerInnen und auch Eltern: "Vor allem unter dem Aspekt, dass wo man sich wohl fühlt, man auch besser lernt, möchten wir alle Schulpartner einladen, den 'Lebensraum Schulklasse' attraktiver zu gestalten." Deshalb werde man als erste Maßnahme demnächst einen großen Schulbewerb "Wiens schönste Klasse" starten, der in allen Schularten durchgeführt werden soll. Weitere Schwerpunkte in diesem Bereich seien in Ausarbeitung.

  • Dialog geht weiter

"Insgesamt helfen uns die Ergebnisse dieser Umfrage, dort, wo es notwendig ist, rasch und zielsicher wichtige Entscheidungen zu treffen", betonte Christian Oxonitsch. "In anderen Fragen bestätigen sie uns bei wichtigen Weichenstellungen in der Bildungspolitik, unter anderem in unserem Weg zur konsequenten Einführung der Neuen Mittelschule und der Ganztagsschule. Wir werden auf jeden Fall mit allen SchulpartnerInnen, die bei dieser Umfrage so engagiert und zahlreich mitgemacht haben, weiterhin im Dialog bleiben!"

  • Alle Details zur Umfrage im Internet unter
    www.schulumfrage.wien.at

(Schluss)

Rückfragehinweis für Medien:

(RK vom 05.03.2010)