Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 13.02.2010:
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"Langzeit"-Gesundheitsstadtrat a.D. Alois Stacher feiert 85. Geburtstag

"Langzeit"-Gesundheitsstadtrat a.D. Alois Stacher feiert 85. Geburtstag

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Wien (RK). Sechzehn Jahre, von 1973 bis 1989, verantwortete der Mediziner Alois Stacher den Gesundheits- und Sozialbereich (bis 1986) der Stadt Wien. Im Gespräch merkt Stacher an, dass er "zuerst eigentlich gar nicht Stadtrat werden wollte." Überredungskünste des damaligen Bürgermeisters Leopold Gratz - Stacher und ...

Wien (RK). Sechzehn Jahre, von 1973 bis 1989, verantwortete der Mediziner Alois Stacher den Gesundheits- und Sozialbereich (bis 1986) der Stadt Wien. Im Gespräch merkt Stacher an, dass er "zuerst eigentlich gar nicht Stadtrat werden wollte." Überredungskünste des damaligen Bürgermeisters Leopold Gratz - Stacher und Gratz kannten sich von der Hochschülerschaft - brachten Stacher, der sich in der Forschung über maligne Lymphomen bzw. mit der international anerkannten neuen Lymphomenklassifikation zusammen mit seinem deutschen Kollegen Karl Lennert aus Kiel "gerade einen Namen machte", dazu, doch "Ja" zu sagen. Mit Stachers Berufung im November 1973 - die Koalition zwischen SPÖ und ÖVP war zuvor an der "Donauinsel"-Frage gescheitert - endete übrigens auch die VP-Dominanz im Wiener Gesundheitsbereich, die ab 1945 sämtliche vier Stadträte stellte.****

Große politische Erfahrungen hatte der Hämatologe aus dem Hanusch-Krankenhaus nicht, dafür jede Menge Praxis und Einsicht in den Wiener Spitalsalltag. Schon bald nach seinem Amtsantritt war Stacher mit den damaligen "menschenunwürdigen Zuständen" (Stacher) auf der Baumgartner Höhe konfrontiert, wo Patienten im Keller auf Grund von Platzmangel untergebracht waren. Zusammen mit dem damals jungen Psychiater Stephan Rudas entwickelten die beiden die Psychiatriereform bzw. den Psychosozialen Dienst, der verkürzt dargestellt, psychisch Kranke mobil betreut und kürzlich sein 30jähriges Bestehen feierte. Der Erfolg zeigte sich rasch: Verfügte Wien 1980 noch über 3.850 Betten in der Versorgungspsychiatrie und keine ambulanten Strukturen, sind heute nur mehr 650 Betten notwendig. "Europaweit sorgte damals Wien für Schlagzeilen" (Stacher). Ein weiterer wesentlicher Schritt war, neben der Fertigstellung des AKHs, sein Engagement zur Errichtung des Donauspitals zur besseren Versorgung der beiden Bezirke Donaustadt und Floridsdorf. Unter seiner Ägide stieg das Budget für den Gesundheitsbereich deutlich an, sein Nachfolger Sepp Rieder konnte noch einmal von der Wiener Finanz beträchtliche Steigerungen ausverhandeln. Eine Mordserie im Krankenhaus Lainz Ende der 80er Jahre läutete Stachers politisches Ende ein. Am 15. Dezember 1989 trat nach 16 Jahren das "Denkmal Stacher", so die "Volksstimme" in einem damaligen Artikel, ab. "Mit einem Diavortrag, in dem er seinen Zielplan für das Jahr 2000 verdeutlichte, verabschiedete sich in der gestrigen Gemeinderatssitzung Alois Stacher", notierte "Die Presse".

Insgesamt drei Mal sei er in seinem Leben im Sterbezimmer aufgewacht, betont Stacher, der seit 1973 in Klosterneuburg wohnt. Eine schwere Kriegsverletzung in den letzten Kriegsmonaten des Zweiten Weltkriegs in Italien, aber auch eine "ganz ausgezeichnete Behandlung durch amerikanische Ärzte in der Kriegsgefangenschaft" sind die Folgen des Krieges. "Ich lag als simpler Kriegsgefangener für einige Zeit mit einem amerikanischen Admiral in einem Zwei- Bett-Zimmer." Von seinen 35 Schulkollegen aus dem Amerling- Gymnasium in Mariahilf überlebten nur sieben den Kriegsdienst. In Wien begann er ab 1947 Medizin zu studieren, ansonsten "hätte ich Architektur gewählt". Binnen fünf Jahren schloss er sein Studium 1952 ab. In dieser Zeit - "Ich habe niemanden in Wien gekannt und auch kein Geld gehabt" - trat er dem sozialistischen Studentenbund bei, der in der Hebragasse in einem ehemaligen Wirtshaus ein Studierzimmer betrieb. Mittels seiner "direkten Art" (Stacher) schaffte er es, viele der "schwarzen" Professoren der Medizin zu Vorträgen in die "rote" Hebragasse in den Alsergrund einzuladen. 1959 wird er Facharzt, 1967 folgt die Habilitation, 1974 die Berufung zum a.o. Universitätsprofessor. 1968 gründete er das Ludwig Boltzmann-Institut für Leukämieforschung und Hämatologie, dem er bis 1994 vorsteht. Stacher, der neben seinem politischen Amt als Arzt weiterhin tätig war, gründete 1988 die "Wiener Internationale Akademie für Ganzheitsmedizin", der er als Ehrenpräsident noch immer angehört.

Alois Stacher ist Träger zahlreicher Auszeichnungen. 1988 erhielt er das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien, 1995 wurde er "Bürger der Stadt Wien", seit dem Jahr 2000 gibt es die "Alois Stacher Station für Hämatologie, Onkologie und Ganzheitsmedizin" im Donauspital. Rund 350 wissenschaftliche Arbeiten und die Herausgabe von 14 Büchern unterstreichen den "forschenden Geist" Alois Stachers, der am 16. Februar seinen 85. Geburtstag feiern wird.

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(Schluss) hch

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(RK vom 13.02.2010)