Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 15.10.2009:
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Mumok zeigt "glocale" Kunst unterhalb des Fun-Radars

Mumok zeigt "glocale" Kunst unterhalb des Fun-Radars

Copyright: Mumok

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Wien (RK). Diamantenabbau in Namibias Wüste und ein "Tiger Stealth" vor dem Museum, trostlos wirkende Flughafenbilder und unheimlich wirkendes Raubtiergebrüll im stockdunklen dritten Untergeschoß: Zwei neue Ausstellungen - die Mumok/Jumex-Schau "Zwischenzonen" und Peter Sandbichlers Freiluftinstallationen - sind gut ...

Wien (RK). Diamantenabbau in Namibias Wüste und ein "Tiger Stealth" vor dem Museum, trostlos wirkende Flughafenbilder und unheimlich wirkendes Raubtiergebrüll im stockdunklen dritten Untergeschoß: Zwei neue Ausstellungen - die Mumok/Jumex-Schau "Zwischenzonen" und Peter Sandbichlers Freiluftinstallationen - sind gut aufeinander abgestimmte Orientierungsmarken zur "glocalen" Wirklichkeit, wie Kurator Victor Zamudio-Taylor (Colección Jumex) in einem Pressegespräch am Donnerstag festhielt. Mit "Zwischenzonen" setzt sich das Mumok - kuratiert ist sie von heimischer Seite von Noch-Mumok-Chef Edelbert Köb - anhand von 19 Kunstwerken mit den Schnittmengen von Natur und Technologie, Urbanität und Entvölkerung auseinander. Nach der großen China- Schau vor zwei Jahren ("China - Facing Reality"), setzt sich nun das Mumok bis Anfang März als Knotenpunkt aktueller Welt-Kunst mit Mexiko und Lateinamerika auseinander.

"Black rabbit" und wertvoller namibischer Wüstenwind

Grob gesprochen: Wandert man nämlich durch die Schau, tauchen viele "globale" Zwischentöne auf, etwa beim schwarz gehaltenen 12teiligen Tier-Köpfe- Werk von Ugo Rondinone, in dessen Mitte ein Feldhase oder doch "the white rabbit" aus "Alice im Wunderland" keck dem Besucher entgegen zu grinsen scheint, im nächsten Moment zum Abtauchen in die andere Welt bereit. Das Nachdenken über Übergänge gebiert freilich auch erwartbare Metaphern: So etwa die Bilder von Stadtautobahnen, deren Untergrund nicht nur als Artikellager genutzt werden (Rihrit Tiravanila, Argentinien) oder der einsam auf einem nächtlichen Parkdeck stehende Einkaufswagen (Doug Aitken, USA). Letzterem hat das Kuratorenteam mit dessen Medieninstallation "Diamond Sea" - in einem offiziell von Landkarten gestrichenen 75.000 Quadratkilometer großen Wüstenstrich in Namibia soll das größte Diamantenfeld der Welt enthalten sein - auch den meisten Platz eingeräumt. Windbewegte Dünen wechseln sich hier mit der dort ebenfalls ansässigen räudig wirkenden Industrielandschaft ab.

Bleckendes Raubtiergebiss und sandige Trostlosigkeit

Natur weniger als schönes Gefühl, denn als Instinkt bringt Miguel Calderón (Mexiko) auf den Punkt: In völlig abgedunkelter Szenerie wohnt der Besucher dem Knurren und Brüllen eines Raubtieres bei, von dem man nur dessen bläulich-weißes Gebiss erkennen kann. Am Ende des Rundganges wartet dann noch eine großflächige No go-aerea-Installation ( Moris; Israel Meza Moreno, Mexiko): Hinter einer grobschlächtigen Holzwand verbirgt sich die sandige Zwischenzone trostloser Unbehaustheit der Ärmsten jeder Großstadt, die jüngst im Kinofilm " District 9" eine überraschende Alien-Erweiterung erfuhr.

Einzige Irritation der präzise kuratierten Schau ist vielleicht die zu sorgsame Hängung der einzelnen Werke: Vom beim Mediengespräch formulierten "glocal"-Anspruch, als Zusammenfassung der beiden Begriffe "global" und "lokal", bleibt ob der doch beträchtlichen Werke-Abstände weniger als eigentlich gewollt spürbar.

Holzskulpturen verlangen "zweimaliges Hinschauen"

Wer von der "no go" zur Party-welcome-Zone wechseln möchte, kann sich mit Peter Sandbichlers Installationen in den nächsten Wochen einen anregenden "Kunstschiefer" einziehen. Inmitten der Party-Zone des Museumsquartiers gibt es die an eine Nordsee- Flunder erinnernde "Tiger Stealth"-Installation zu sehen. Flach und deutlich unterhalb des Spaß-Radars positioniert, unterläuft Sandbichlers Werk gängige Konsummuster. Zugleich erzählt das Werk des 1964 in Tirol geborenen Künstlers auch sein Projekt "Sei bereit Tiger" von vor drei Jahren weiter, als er sich mit den letztendlich als Gerücht herausgestellten Stealth-Kampfbooten der Guerillagruppe "Tamile Tigers" auseinandersetzte. Vor dem Haupteingang zum MQ ist Sandbichlers zweite Holz-Installation zu sehen: "unbowed and unafraid" sieht einerseits als turmartiges Billboard aus, ab einer gewissen Sehdistanz entpuppt es sich jedoch als Porträt des Bürgerrechtlers und Journalisten Lasantha Wickrematunge, der in seinem Heimatland Sri Lanke im Jänner 2009 auf offener Straße ermordet wurde.

Mumok (7., Museumsplatz 1, Ebene 3): "Zwischenzonen" Sammlung La Colección Jumex, Mexiko) 16. Oktober 2009 bis 7. März 2010, Ausstellungskatalog liegt auf (100 Seiten; Euro 27; ISBN 978-3- 902490-56-8), Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr; Donnerstag: 10.00 bis 21.00 Uhr: Telefon: 525 00; www.mumok.at

Peter Sandbichler: "Tiger Stealth" (MQ, Hof 8) und "unbowed and unafraid" (MQ Vorplatz), 16. Oktober 2009 bis 24. Jänner 2010

rk-Fotoservice:

(Schluss) hch/

Rückfragehinweis für Medien:

(RK vom 15.10.2009)