Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 08.10.2008:
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"Was Wien treibt" - Wiener Tourismus-Konferenz 2008

"Was Wien treibt" - Wiener Tourismus-Konferenz 2008

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Wien (RK). Was erwartet den Tourismus angesichts der aktuellen Probleme des weltweiten Finanzsystems und der Treibstoffkrise in der Luftfahrt? Was kann Wien einsetzen, um seinen Tourismus voranzutreiben? Welche Rolle spielt dabei die neue Zielgruppe der "Kreativen"? Welchen Einfluss haben Stadtgestaltung und Events, ...

Wien (RK). Was erwartet den Tourismus angesichts der aktuellen Probleme des weltweiten Finanzsystems und der Treibstoffkrise in der Luftfahrt? Was kann Wien einsetzen, um seinen Tourismus voranzutreiben? Welche Rolle spielt dabei die neue Zielgruppe der "Kreativen"? Welchen Einfluss haben Stadtgestaltung und Events, und was ist Service-Design? Diesen Fragen geht die Wiener Tourismuskonferenz 2008 auf den Grund, zu der der WienTourismus gemeinsam mit der Stadt Wien und der Wiener Tourismuswirtschaft heute, Mittwoch (8.10.), ab 14.00 Uhr ins Museumsquartier lädt. Beim vormittags dazu abgehaltenen Pressegespräch gingen Tourismusdirektor Norbert Kettner und zwei der ReferentInnen -, Prof. Birgit Mager von der Köln International School of Design und Robert Marijnissen, Leiter der Creative Cities Amsterdam Area - bereits auf einige Kernpunkte ein.

"Mit mehr als 4 Milliarden Euro leistet Wiens Tourismuswirtschaft jährlich einen Beitrag von rund 6 % zum Bruttoregionalprodukt unserer Stadt. Nach fünf Rekordjahren en suite stehen die Chancen auf ein sechstes heuer sehr gut, denn von Jänner bis August liegen unsere Gästenächtigungen um 6,9 % über jenen der Vergleichsperiode im Vorjahr, und die Netto- Nächtigungsumsätze der Hotellerie weisen von Jänner bis Juli ein Plus von stolzen 18 % auf." So fasste Tourismusdirektor Kettner Wiens aktuellen touristischen Status zusammen. "Diese Entwicklung lässt einige Leute schon davon schwärmen", setzte er fort, "Wien würde das für 2010 angepeilte Ziel von 10 Millionen Nächtigungen bereits heuer erreichen. Doch hier sollte man die Realität nicht aus den Augen verlieren: Wir stehen vor Rahmenbedingungen, die alles andere als günstig sind: Weltweit ringen Fluglinien mit den Treibstoffkosten, unsere eigene nicht ausgenommen, die Wirtschaftskrise in den USA wirkt global als Dämpfer für den Tourismus. Trotz dieser Voraussetzungen den Rekord 2007 zu brechen, ist schon eine beachtliche Leistung. Ob wir dabei auch noch den Sprung von den vorjährigen 9,7 Millionen Nächtigungen auf 10 Millionen schaffen, ist derzeit ein völlig offenes Spiel."

Bettenangebot enorm gewachsen, Projekt 2015 schon in Arbeit

Die angesprochenen 10 Millionen Nächtigungen werden mit dem Projekt 2010 angestrebt, das die Wiener Tourismuswirtschaft mit Experten aus anderen Wirtschaftsbereichen, aus Kultur und der Wiener Stadtverwaltung gemeinsam verfolgt. Sein bisheriger Fortschritt und die starke Performance Wiens in den letzten Jahren haben Hotelinvestoren angezogen, wodurch die Beherbergungskapazität der Stadt von 2003, als das Projekt 2010 startete, bis Ende 2008 von 39.600 auf 49.800 Betten angewachsen sein wird, das bedeutet um 25,6 %; und Ende 2010 werden es über 55.000 Betten sein. - Um bei diesen Zuwächsen die Auslastung der Hotellerie auf gewohnter Höhe zu halten, sind 10 Millionen Nächtigungen nicht genug.

Kettner dazu: "Wiens Hoteliers haben den verständlichen Wunsch, dass sich unser strategisches Ziel ab sofort auf deutlich mehr ausrichtet. Dazu ist anzumerken, dass im Projekt 2010 die 10 Millionen stets als Untergrenze gedacht waren, und wir uns kein Limit nach oben gesetzt haben. Weiters erinnere ich daran, dass Wien 2002, als wir das Projekt 2010 entwickelt haben, bei knapp 7,7 Millionen Nächtigungen stand, und selbst die am Projekt Beteiligten - auch Vertreter der Hotellerie - das Ziel von 10 Millionen acht Jahre später für reichlich kühn gehalten und an seiner Erreichbarkeit ihre Zweifel geäußert haben. Doch bei aller Kühnheit war das Projekt ein realistisches, weil es auf Basis konkreter Daten und Fakten erstellt wurde - globale Wirtschaftstrends, reale Möglichkeiten lokaler Stadt- und Angebotsentwicklungen etc. wurden darin berücksichtigt. Es war kein 'Wunschkonzert', das haben andere versucht und sind gescheitert. Auch unsere zukünftige Strategie kann nicht von der alleinigen Devise 'so und so viele Nächtigungen brauchen wir, um die Auslastung sicherzustellen', ausgehen, sondern muss aus realen Gegebenheiten in der bewährten Knochenarbeit abgeleitet werden. Mit der befasst sich bereits die Strategiegruppe, die um Reprä- sentanten aus Gastronomie und Kreativwirtschaft erweitert wurde. Die Zieldefinition wird auf das Jahr 2015 ausgerichtet sein und bei der Wiener Tourismuskonferenz 2009 präsentiert werden, und zwar samt dem Konzept mit den dazugehörigen Maßnahmen. Soviel kann ich aber jetzt schon vorwegnehmen: Das Ziel wird nicht minder ambitioniert sein als jenes des Wiener Tourismus-Konzepts 2010. Es wird aber auch nicht minder seriös sein, und daher zu berücksichtigen haben, dass der Tourismus keine Ausnahme von der Regel ist, dass es im Leben nicht immer nur bergauf geht. Unerledigte Punkte aus dem Projekt 2010 bleiben auf der Agenda, und zusammen mit den neu zu erarbeitenden Inputs soll das Wiener Tourismuskonzept 2015 kein Wunschkonzert, aber dennoch hitverdächtig sein."

Projekt 2010: Stand der Dinge

Bei der Tourismuskonferenz berichtet der Tourismusdirektor den aktuellen Stand der Kernanliegen im Projekt 2010. Deren wichtigstes, die Erreichbarkeit Wiens, hat sich wiederum deutlich verbessert: Hochrangige Straßenverbindungen nach Ungarn, Tschechien und der Slowakei sind großteils fertig bzw. in der End- phase des Ausbaus. Zu Wasser verbindet der Twin City Liner Wien und Bratislava bereits mit zwei Schiffen (100.000 Passagiere allein im ersten Halbjahr 2008). Für den Schienverkehr ist die Bahnhofsoffensive voll im Gange, ihr Hauptstück - die Errichtung des neuen Hauptbahnhofs - läuft plangemäß, und der Hochge- schwindigkeitszug Railjet fährt ab Dezember 2008 München-Wien- Budapest und ab 2009 Wien-Bregenz-Zürich. In der Luftfahrt geht der Sky-Link Terminal des Flughafens im Herbst in Betrieb, die Low Cost Carriers haben ihr Passagieraufkommen im letzten Jahr um 57 % auf rund 3,5 Millionen gesteigert und erbrachten bereits fast 19 % des Gesamtpassagieraufkommens am Flughafen. Hier mischt sich jedoch ein großer Wermutstropfen in den Bericht, denn aufgrund der Entwicklung der Treibstoffpreise könnte dieser Input bald drastisch sinken. Ebenso betroffen davon ist bekanntlich Austrian Airlines. Die heimische Fluglinie hat durch den Ausbau ihres Angebots auf Kurz- und Mittelstrecken nach Osten sehr stark zu Wiens enormen Nächtigungssteigerungen aus den neuen EU-Ländern, Russland und dem arabischen Raum beigetragen, war aber gezwungen, eine Reihe von Langstreckenflüge einzustellen.

Sehr angespannt verfolgt die Wiener Tourismusindustrie die derzeitigen AUA-Verkaufsverhandlungen, denn von deren Ausgang und der danach eingeschlagenen Linie hängt nicht nur Wiens Weiterentwicklung im Freizeittourismus ab, sondern auch die Zukunft ganz Ostösterreichs als Wirtschaftsstandort mit allen Konsequenzen auf den Geschäfts- und Kongresstourismus. Gerade diese beiden Bereiche sind bisher prächtig gediehen: Massive Betriebsansiedlungen (115 Unternehmen 2007, + 55 % gegenüber 2006), offensive Wirtschafts- und Forschungspolitik der Stadt (78 Mio. Euro Investition für Forschungsagenden 2008) und ein florierendes Kongressgeschäft haben den Tourismus kräftig angekurbelt. - Ein essenzielles Teilziel im Projekt 2010 ist es, den Anteil des Kongresstourismus an Wiens Gesamtnächtigungsergebnis (2003: 10,1 %) auf 15 % zu steigern - 2007 betrug er bereits 14,7 %.

Kein Fortschritt war bei dem im Projekt 2010 sehr wesentlichen Punkt, das Budget der Österreich Werbung um 10 Millionen Euro jährlich zu erhöhen, erzielbar. Die Erfüllung dieser mittlerweile längst von vielen österreichischen Tourismusorganisationen und -institutionen laufend erhobene Forderung ist unabdingbar für einen konkurrenzfähigen Marketing- Auftritt Österreichs in Fernmärkten, aber auch europäischen Ländern, wo bisher aufgrund Budgetmangels nicht effizient genug agiert werden kann. Dieses Anliegen gehört zu den erwähnten "unerledigten Punkten" des Projekts 2010, an denen weiterhin zu arbeiten ist. Ausführlichere Information zum aktuellen Stand im Tourismuskonzept 2010 sind der umfassenden Unterlage auf B2B.wien.info/wien2010 zu entnehmen.

Johann-Strauß-Medaillen für Verdienste um Wiens Tourismus

Prominente Gastreferenten zeigen bei der Tourismuskonferenz auf, was Wien als potenzielle "Treibmittel" einsetzen kann, um weiterhin ein möglichst großes Stück vom Kuchen des Städtetourismus abzuschneiden. Für die Konferenz wurde heuer ein neues Format entwickelt, in dem viele Teile des MuseumsQuartiers parallel bespielt werden: In der Hofstallung findet das Eröffnungsplenum statt, das Fritz Strobl, Vorsitzender des Finanz- und Wirtschaftausschusses des Wiener Gemeinderats und Landtags sowie Vizepräsident des WienTourismus, einleitet und Kurzinterviews mit Wiens Wirtschaftskammer-Präsidentin Kommerzialrätin Brigitte Jank, sowie Rudolf Kaske, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida umfasst. In diesem Rahmen verleihen Strobl und Kettner auch Goldene Johann- Strauß Medaillen an Personen und Institutionen mit besonderen Verdiensten um Wiens Tourismus

Die Dienstleistung als Designobjekt

Zum Workshop "Die Reise des Kunden: Service-Design gestaltet Erlebnisse" lädt Prof. Birgit Mager, Inhaberin des Lehrstuhls für Service-Design an der Köln International School of Design, in die Barocken Suiten. Sie zeigt, dass sich Dienstleistungen ebenso gestalten lassen wie Gebrauchsgegenstände. Bei der Pressekonferenz erklärte sie: "Der Service-Design-Prozess verläuft in vier Phasen und ist eine interdisziplinäre Arbeit, die in enger Kooperation mit Kunden und Anbietern erfolgt. Die Explorationsphase erforsch die Welt der Kunden - ihre Wünsche, Erlebnisse und Erfahrungen, auf dieser Basis lotet die Kreationsphase Spielräume für Neues aus. In diesem sehr kreativen, innovationsorientierten Schritt wird stark visuell gearbeitet, mit Bildgeschichten, Service- Modellen und Prototypen. In der folgenden Reflexionsphase wird geordnet, bewertet, entschieden und aus der kreativen Vielfalt ein strategisch durchdachtes, umsetzbares Konzept entwickelt, das dann in die Implementierungsphase geht. In ihr wird der Veränderungsprozess der Dienstleistung durchgeführt - von der Kommunikation bis hin zur Qualifikation. Das gewünschte Ergebnis im Tourismus sind Gäste-Erlebnisse und -Erfahrungen, die den Rahmen des Alltäglichen überschreiten, begeistern und Erinnerungen kreieren, von denen Besucher noch lange zehren und vor allem auch anderen erzählen. - Damit schafft sich der Anbieter hocheffiziente, glaubwürdige Werbeträger."

Kreativität als Wirtschaftsfaktor und Gästemagnet und wie sich Städte inszenieren

Wie die Kreativwirtschaft den Städtetourismus beeinflussen kann, erfährt man bei zwei Referaten in der MUMOK Lounge: Über praktische Erfahrungen in dieser Hinsicht berichtete, Robert Marijnissen, Leiter der Creative Cities Amsterdam Area, einer der Referenten, bei der Pressekonferenz "Wir erleben gerade eine neue Gästeschicht: intellektuell anspruchsvolle Reisende, die Amsterdam nicht nur wegen seiner Altstadt, der Kanäle oder Museen mit alter Malerei besuchen, sondern hauptsächlich an seiner kreativen Atmo- sphäre, moderner Architektur und zeitgenössischem Design interessiert sind. Sie wollen sich bei ihrem Städtetrip überraschen und inspirieren lassen und mit ähnlich orientierten Einheimischen austauschen."

Diese Gäste zählen mittlerweile zu den sieben Hauptzielgruppen in Amsterdams Stadtmarketing, das sich dafür eng mit der Kreativwirtschaft verknüpft hat. "Creative Cities Amsterdam Area ist ein Netzwerk", so Marijnissen, "von Städten und Provinzen in Amsterdam und Umgebung, den jeweiligen Wirtschaftskammern und Entwicklungsagenturen, das Kreativwirtschaft, Stadtentwicklung und Tourismus als Cluster ge- staltet und vermarktet. Auch in unserem Geschäftstourismus sind die 'neuen' Gäste ein erheblicher Faktor geworden, weil sie von einschlägigen Veranstaltungen - etwa der Amsterdam Fashion Week, dem Amsterdam Dance Event und der Creative Company Conference angezogen werden. Sie nützen diese Events, um ihre Arbeiten zu zeigen, andere Kreative zu treffen, Geschäftspartner zu finden usw. Gleichzeitig kommt zu diesen Anlässen das freizeittouristische Publikum auch gerne, weil es dort die gewünschte Überraschung und Inspiration findet. So entsteht ein Schneeballeffekt, der Amsterdam als Kreativwirtschaftsstandort wachsen lässt und als städtetouristische Destination effizient positioniert - beides wiederum stärkt unsere Gesamtwirtschaft." Mehr über diese "neuen Gäste", die aus der von Forschern sogenannten "kreativen Klasse" stammen, hört man im Vortrag "Das Goldene Dreieck - Kreativität, Kulturtourismus und Stadt", den Tourismusforscher Stephen Hodes von der Agentur LAGroup Leisure & Arts Consulting hält.

Wie sich Städte selbst darstellen, und was dabei zum Erfolg oder zum Flop geraten kann, ist in der Hofstallung zu erfahren. Dr. Christian Mikunda, internationaler Berater für strategische Dramaturgie referiert über "Die Dramaturgie der Stadt. Vom Stadtevent zum Stadtdesign" und Prof. Mag. Peter Zellmann, Direktor des Wiener Instituts für Freizeit- und Tourismusforschung, über den "Städtetourismus morgen. Eine wachsende Kluft zwischen Authentizität und Inszenierung." Dietmar Steiner, Direktor des Architekturzentrums Wien, thematisiert "Wie das Heutige ins Historische kommt. Architekturtourismus und seine Grenzen".

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/

(Schluss) wtv

Rückfragehinweis für Medien:

  • Mag. Robert Nürnberger
    WienTourismus
    Telefon: 01 211 14-111
    E-Mail: nuernberger@wien.info
  • Vera Schweder
    WienTourismus
    Telefon: 01 211 14-110
    E-Mail: schweder@wien.info

(RK vom 08.10.2008)