Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 17.09.2008:
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Eröffnung der Friedrich Torberg-Schau im Jüdischen Museum

Eröffnung der Friedrich Torberg-Schau im Jüdischen Museum

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Wien (RK). "Es gibt keinen besseren Anlass als Friedrich Torbergs 100. Geburtstag, um einen Mann zu würdigen, der fast zwei Jahrzehnte für die Geschicke des Jüdischen Museums entscheidend mitverantwortlich war", sagte Dienstag Abend Dr. Ariel Muzicant, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, in seiner ...

Wien (RK). "Es gibt keinen besseren Anlass als Friedrich Torbergs 100. Geburtstag, um einen Mann zu würdigen, der fast zwei Jahrzehnte für die Geschicke des Jüdischen Museums entscheidend mitverantwortlich war", sagte Dienstag Abend Dr. Ariel Muzicant, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, in seiner Laudatio für den Geschäftsführer des Jüdischen Museums DI Georg Haber. Diese fand im Rahmen der Eröffnung der Friedrich Torberg Ausstellung im Palais Eskeles statt. Im überfüllten Saal des Jüdischen Museums hatten zuvor die beiden Direktoren der Wienbibliothek und des Jüdischen Museums, Dr. Sylvia Mattl-Wurm und Dr. Karl Albrecht-Weinberger, die gute Zusammenarbeit der beiden Institutionen beim Torberg-Projekt gewürdigt, und die beiden Kuratoren Marcel Atze und Marcus Patka gaben einen Überblick über die Ausstellung, ehe Kammerschauspieler Fritz Muliar eine sehr pointierte Auswahl aus Torbergs Werk vortrug. Die Verleihung der Torberg-Medaille war der abschließende Höhepunkt des Festaktes, zu dem zahlreiche Ehrengäste, unter ihnen auch Wien Holding-Direktor Peter Hanke, erschienen waren.****

Marietta und Friedrich Torberg-Medaille für DI Georg Haber

In der Würdigung des Torberg-Preisträgers heißt es unter anderem: "Die Marietta und Friedrich Torberg-Medaille dient dem Andenken an den bedeutenden Schriftsteller Torberg, den großen Humanisten und rastlosen Streiter für Demokratie und Menschenrechte. Sie dient als Torbergs Vermächtnis, der Erinnerung an jene ermordete jüdische Welt, die das Gesicht dieser Stadt so entschieden mitgeprägt hat. DI Georg Haber ist ein würdiger Empfänger dieser Auszeichnung. Vermittelt er doch durch sein Kooperatives Wesen und seine nach Synergien suchende Persönlichkeit genau jenes Zusammenleben, welches Torbergs größter Wunsch war. Jude sein in einem österreichischen Umfeld. Der Einsatz seiner Position aber auch seiner persönlichen Möglichkeiten erfüllt uns alle mit Hochachtung. Von seinen Fähigkeiten können wir nur lernen und von ihnen in den höchsten Tönen sprechen."

Die Torberg-Schau: eine kritische Würdigung des vielseitigen Schriftstellers, Kritikers und Übersetzers

Unter dem Titel "Die Gefahren der Vielseitigkeit" zeigt das Jüdische Museum Wien in Zusammenarbeit mit der Wienbibliothek im Rathaus eine umfassende Dokumentation über Friedrich Torberg, der vor allem literarisch und auch als Kritiker politisch polarisierte. Die Ausstellung versucht, ein differenziertes Bild zu zeichnen. Sie begibt sich - ausgehend von der noch heilen Vorkriegswelt der Tante Jolesch - auf Torbergs Spuren und widmet sich den zahlreichen Facetten in den Kapiteln Literatur, Exil, Kalter Krieg, Judentum, Israel, Sport und Aufarbeitung der NS- Vergangenheit. Auch die Konflikte um die in Österreich stets umstrittene öffentliche Person kommen zur Sprache.

"Auf dem Papier war er ein böser Mensch, in Fleisch und Blut ein lieber." So schrieb Günther Nenning in seinem Nachruf auf Friedrich Torberg (1908-1979). Derart gespalten sind bis heute auch die Meinungen: Seinen Freunden ist Torberg seit jeher ein geistreicher Schriftsteller und pointierter Kritiker, ein stets bewusster Jude und Zionist, der in den Anekdoten seiner "Tante Jolesch" die "gute alte Zeit" vor dem jüdischen Exodus aus Österreich wie kein anderer literarisch wiedererstehen lässt. Seinen Feinden ist er der Initiator des "Brecht-Boykotts" und ein kultureller Scharfrichter. Torberg war Schriftsteller, Journalist, Übersetzer, Herausgeber, und er war als Multitalent ein Frühvollendeter: 1928 gewann er mit einer jüdischen Mannschaft die tschechoslowakische Wasserballmeisterschaft, 1930 machte ihn sein erster Roman "Der Schüler Gerber hat absolviert" schlagartig berühmt. Der viel versprechenden Karriere wurde jedoch durch die Flucht 1939 ein jähes Ende gesetzt. Im US-Exil (1940-1951) erschien lediglich die kunstvolle KZ-Novelle "Mein ist die Rache" (1943), gleichwohl sein literarisch bedeutsamstes Werk, und der kontrovers diskutierte Roman "Hier bin ich, mein Vater" (1948). 1951 kehrte er nach Wien zurück, wo er mit dem FORVM eine wichtige Kulturzeitschrift herausgab (1954-1965), die im Kalten Krieg eine streng antikommunistische Position einnahm. Die Übersetzungen von Ephraim Kishon waren nicht nur Bestseller, sondern auch Werbung für den jungen Staat Israel. Durch seine Vielseitigkeit wurde Torberg eine ebenso dominierende wie umstrittene Persönlichkeit der österreichischen Kulturgeschichte, die noch immer so präsent ist wie kaum eine zweite aus dieser Generation. Die Ausstellung im Jüdischen Museum Wien ist eine Kooperation mit der Wienbibliothek im Rathaus. Aus dem dort aufbewahrten Briefnachlass Torbergs stammt der Großteil der Ausstellungsexponate, andere kommen vor allem aus den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek. Neben Manuskripten, Briefen, Büchern, Fotos und Zeitdokumenten werden auch TV- und Radio-Mitschnitte präsentiert.

Die Ausstellung "Die Gefahren der Vielseitigkeit. Friedrich Torberg zum 100. Geburtstag" ist bis 1. Februar im Jüdischen Museum zu sehen. Das zu den Kulturbetrieben der Wien Holding zählende Jüdische Museum ist von Sonntag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 6,50 Euro/ 4,- Euro ermäßigt. Schulklassen haben freien Eintritt, Führungen und pädagogische Programme: Tel.: +43-1-535 04 31-311, 312 bzw. kids.school@jmw.at. Weitere Informationen zum Programm sind unter www.jmw.at zu finden.

  • Wichtiger Hinweis:
    Wegen der hohen jüdischen Feiertage ist das Museum am
    30. September und 1. Oktober sowie am 9. Oktober geschlossen.

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/

(Schluss) sta

Rückfragenhinweis für Medien:

  • Dr. Alfred Stalzer
    Pressebüro des Jüdischen Museums
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    E-Mail: alfred.stalzer@aon.at

(RK vom 17.09.2008)