Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 10.04.2008:
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"Mahnmal gegen den Mythos des ersten Opfers" am Mexikoplatz

"Mahnmal gegen den Mythos des ersten Opfers" am Mexikoplatz

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Wien (RK). Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny präsentierte heute, Donnerstag, am Mexikoplatz gemeinsam mit dem Künstler Marko Lulic das "Mahnmal gegen den Mythos des ersten Opfers", ein Projekt des Erinnerns im Gedenkjahr 2008. Das Mahnmal ist mit Mitteln des KÖR - Kunst im öffentlichen Raum realisiert ...

Wien (RK). Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny präsentierte heute, Donnerstag, am Mexikoplatz gemeinsam mit dem Künstler Marko Lulic das "Mahnmal gegen den Mythos des ersten Opfers", ein Projekt des Erinnerns im Gedenkjahr 2008. Das Mahnmal ist mit Mitteln des KÖR - Kunst im öffentlichen Raum realisiert worden und verweist auf den Widerspruch zwischen "Anschluss" und Zustimmung. Mailath wies im Rahmen der Präsentation auf die gesellschaftspolitische Bedeutung von Kunst im öffentlichen Raum hin und unterstrich auch die Bedeutung des Künstlers Marko Lulic: "Marko Lulic ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Künstler seiner Generation. Er hat sich in der Vergangenheit intensiv mit dem Thema Erinnerungskultur und Denkmal auseinandergesetzt und hat im Umgang damit viel Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Kompetenz gewonnen", so Mailath. Das Kunstwerk wird heute um 18.00 Uhr am Mexikoplatz eröffnet.

Mit "99,73" schuf der Künstler Marco Lulic eine 3,20 m hohe Skulptur aus Eisenstahl, die das prozentuelle Ergebnis der Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs an Nazideutschland am 10. April 1938 symbolisiert.****

Dieses "Mahnmal gegen den Mythos des ersten Opfers" dominiert die Parkanlage am Mexikoplatz und nimmt Bezug auf den bereits bestehenden Gedenkstein, der 1985 durch Bürgermeister Helmut Zilk und den damaligen Botschafter von Mexiko in Wien, Roberto de Rosenzweig-Diaz, enthüllt wurde. Die Inschrift darauf lautet:

Mexiko war im März 1938 das einzige Land, das vor dem Völkerbund offiziellen Protest gegen den gewaltsamen Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich einlegte. Zum Gedenken an diesen Akt hat die Stadt Wien diesem Platz den Namen Mexiko-Platz verliehen.

Marco Lulics Beitrag zum aktuellen Gedenkjahr stellt die Konstruktion und Aufrechterhaltung vom Opfermythos ins Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung. Er setzt seine Intervention unmittelbar neben den bestehenden Gedenkstein - ergänzt und konterkariert ihn damit. Dem Satz um den "gewaltsamen Anschluss" wird die Zahl 99,73 gegenübergestellt. Am 10. April 1938 stimmten 99,73 Prozent der österreichischen Bevölkerung nachträglich für den Anschluss. Obwohl etwas über 5 Prozent der Wahlberechtigten aus rassischen und politischen Gründen kein Stimmrecht besaßen und die Abstimmung durch Einschüchterung und Propaganda verfälscht war, zeigt es doch den geringen Widerstand der ÖsterreicherInnen gegen das neue Regime. Ein "gewaltsamer Anschluss" klammert aus, dass Österreich schon ein faschistischer Staat war und viele Österreicher ihn begrüßten. Der Protest Mexikos wurde auch von jenen, die die "Opferthese" propagierten, vereinnahmt und als Beweis für ihre Theorie angeführt.

Marko Lulics Arbeiten und Methode

Marko Lulic arbeitet mit Übersteuerungen und Kontrasten. Es ist nicht das erste Mal dass Lulic sich mit einer in der Gegenwart kontrovers dargestellten Kriegsvergangenheit auseinandersetzt oder mit dem Thema Denkmal, das er in den letzten Jahren in vielfältigster Weise bearbeitet hat.

Mehrfach wurde sein Nachbau des Denkmals für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht von Mies van der Rohe und seine "Verbesserten Partisanendenkmäler" ausgestellt, die sich kritisch mit dem Denkmalkult im ehemaligen Jugoslawien, sowie auch allgemein mit dem Verhältnis von Ideologie und Ästhetik auseinandersetzten.

In den "Verbesserten Partisanendenkmälern", schrumpfte Lulic heroische, modernistische Kriegsdenkmäler und entheroisierte sie zusätzlich durch die Billigmaterialien, aus denen er sie baute, sowie durch eine poppige, verniedlichende Farbwahl. Es handelte sich um Dekonstruktion von Monumenten, die durch eine Größen- und Materialverschiebung entstand.

Marco Lulic, geboren 1972, wuchs als Kind der sogenannten "zweiten Generation" in Lika/Kroatien und Wien auf. Er lebt und arbeitet in Wien.

  • Weitere Pressefotos unter www.koer.or.at/de/press

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/

(Schluss) rar

  • Rückfragehinweis:
    Sabine Maierhofer
    Presse KÖR
    mobil 0650 23 39 376
    Renate Rapf
    Mediensprecherin StR Andreas Mailath-Pokorny
    Tel. 4000/81175

(RK vom 10.04.2008)