Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 30.12.2005:
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Daseinsvorsorge bleibt auch 2006 ein Topthema

Wien (RK). Auch im Jahr 2006 werden Themenkomplexe wie "Dienstleistungen von allgemeinem öffentlichem Interesse" und "Daseinsvorsorge" Topthemen bleiben, gerade von der österreichischen EU-Präsidentschaft erwarten sich viele Menschen neue soziale und bedarfsgerechte Akzente für die Bürger. In Österreich befassen sich ...

Wien (RK). Auch im Jahr 2006 werden Themenkomplexe wie "Dienstleistungen von allgemeinem öffentlichem Interesse" und "Daseinsvorsorge" Topthemen bleiben, gerade von der österreichischen EU-Präsidentschaft erwarten sich viele Menschen neue soziale und bedarfsgerechte Akzente für die Bürger. In Österreich befassen sich mit den unverzichtbaren öffentlichen Dienstleistungen und den damit verbundenen gemeinwirtschaftlichen Anliegen und Aufgaben v.a. der Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) und der Verband kommunaler Unternehmen Österreichs (VKÖ). Beide haben nicht nur ihren Sitz in Wien, sondern sind der Stadt Wien auch speziell verbunden: im VÖWG-Vorstand finden sich die Wiener Mandatare Hundstorfer, Stürzenbecher und Dr. Tschirf; VKÖ-Präsident ist Wienstrom-Chef DI Pink. Die beiden Verbände haben erst kürzlich eine gemeinsame Stellungnahme zum (offizielle Bezeichnung) "Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene und Straße KOM (2005) endg." ausgearbeitet. Daraus (sinngemäß) einige zentrale Punkte:

  • Letztlich muss eine endgültige Verordnung (VO) den schon in den
    Vorentwürfen (die übrigens deutlich vereinfacht und entrümpelt
    wurden) geäußerten Prinzipien einer konsumentenfreundlichen,
    langfristig gesicherten, preisangemessenen Versorgung der
    Bevölkerung mit Personenverkehrsdienstleistungen entsprechen.
  • Keine Ausschreibungsverpflichtung von ÖPNRV-Diensten bei
    Selbsterbringung der Öffentlichen Hand bzw. ihrer Unternehmen.
    Eine Direktvergabe von Schienen-Nah-, Regional- und
    Fernverkehren im Sinne der Ausführungen zu Art. 2 muss weiterhin
    zulässig sein.
  • Die Dauer der Dienstleistungsverträge müsste den
    Abschreibungsfristen der Investitionen angepasst sein, also 10
    Jahre für den Busbetrieb und 25 Jahre für die
    schienengebundenen Systeme.
  • Die angeführte Begriffsbestimmung "Regional- oder Fernverkehr",
    die besagt "...Verkehrsdienst, der nicht zur Erfüllung der
    Verkehrsbedürfnisse eines Stadtgebietes oder eines
    Ballungsraumes oder eines Ballungsraumes mit seinem
    Einzugsgebiet.bestimmt ist", bedarf dringend einer
    Klarstellung. Beispielsweise sollten auch Personenverkehre im
    Raum Wien/Wiener Neustadt oder Wien/St. Pölten unter Art. 5
    Abs. 3 fallen, weil hier komplexe, bundesländerübergreifende
    Taktgefüge die Wahl einer anderen Vergabe-Verfahrensart faktisch
    unmöglich erscheinen lassen.

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) als einer der wesentlichen Bausteine der Daseinsvorsorge hat auch auf der traditionellen Semmering-Tagung (heuer zum 17. Mal) des VÖWG, Ende November, eines der Kernthemen gebildet. Verkehrsstaatssekretär Mag. Helmut Kukacka forderte einmal mehr, "das Bahnfahren attraktiver zu machen, dazu gehören die Reform des ÖPNV und die Lösung von Verkehrsproblemen"; schließlich zahle jeder Österreicher 275 Euro pro Jahr, noch ohne eine Fahrkarte gelöst zu haben. Die Aufwendungen für die Schiene seien derzeit "überproportional", sie befördere 13 Prozent der Fahrgäste, erhalte aber 90 Prozent der Fördermittel. Die Übernahme von Bahnstrecken durch die Länder sei in dem derzeitigen Reformvorhaben nicht enthalten; dieses Modell werde vorerst mit Niederösterreich und den ÖBB diskutiert. Landeshauptmann-Stv. DI Erich Haider (OÖ) sieht das differenzierter, er "stellt sich die Frage, wieso kommt der Bund auf die Idee, die Länder können es besser". Er sieht eine "kräftige Unterdotierung des ÖPNV", bei dem das Infrastrukturbenützungsentgelt (IBE) bis zum Jahr 2010 um 89 Prozent steigen werde. Schon jetzt zahle beispielsweise die Linzer Lokalbahn, die nunmehr vom Linzer Hauptbahnhof abfährt, für die Nutzung von Gleis 1 an die 200.000 Euro pro Jahr. Ähnliches gelte für den Straßenbau (alle Beträge in Millionen Euro): Bundeszuschuss 76, davon Instandhaltung 60, bleiben für Neubau 16. Die in OÖ vom Land angemeldeten, auch der Verkehrssicherheit dienenden Vorhaben bis 2008, erforderten 89 Millionen Euro, vom Bund zu erwarten seien voraussichtlich 30.

Die Verkehrsverbünde (VVB) sehen die Zukunft optimistisch, sofern die Rahmenbedingen dafür da sind, stellt seitens der Geschäftsführung des Verkehrsverbundes Ost-Region (VOR), Direktor Manfred Novy fest: "Die Verkehrsverbünde sind die Klammer bei den Verkehrsunternehmen, aber auch zwischen Bund und Ländern, in unserem Verbund arbeiten seit 1984 drei Länder zusammen". Wenn man den Gesamtverkehr nach/von Wien betrachte, waren 2004 auf den Linien des VOR 46 Prozent im Arbeitsverkehr, über die Woche gerechnet 36 Prozent der Fahrgäste unterwegs; der Modal split zugunsten des ÖV sei um 11 Prozent gestiegen. Aber, so der langjährige Experte, man brauche ein neues Leitbild für den Öffentlichen Verkehr, und "kein Ausspielen Fernverkehr versus Nahverkehr". Der Geschäftsführer der Wiener Linien, DI Günther Steinbauer sieht das konstante Beschaffungsprogramm zur Anhebung der Fahrgastzufriedenheit als ebenso wichtig wie die Verbesserung der Kostenstruktur, man habe den Personalstand um 15 Prozent gesenkt. Bei den Wiener Linien als Integriertem Gesamtverkehrsunternehmen liegen alle Entscheidungen in einer Hand. Was den bundesländerüberschreitenden Verkehr betrifft, sieht Steinbauer "trotz massiver Unterstützung durch die Stadt Wien noch ungelöste Fragen". (Schluss) red

  • Rückfragehinweis:
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    VÖWG
    Tel.: 408 22 04/12 DW
    VOR
    Tel.: 526 60 48-0
    e-mail: manfred.novy@vor.at

(RK vom 30.12.2005)