Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.04.2004:
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Quantenkryptographie "live" zwischen Wiener Rathaus und BA CA

Wien (RK). Im Wiener Rathaus wurde heute, Mittwoch, die weltweit erste quantenkryptographisch verschlüsselte Banküberweisung basierend auf verschränkten Lichtteilchen durchgeführt. Die neue Sicherheitstechnologie wurde demonstriert von der Gruppe um Prof. Anton Zeilinger in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe " ...

Wien (RK). Im Wiener Rathaus wurde heute, Mittwoch, die weltweit erste quantenkryptographisch verschlüsselte Banküberweisung basierend auf verschränkten Lichtteilchen durchgeführt.

Die neue Sicherheitstechnologie wurde demonstriert von der Gruppe um Prof. Anton Zeilinger in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe "Quantentechnologien" des Bereichs Informationstechnologien von Seibersdorf research GmbH. Als Auftraggeber der Transaktion fungierte Wiens Bürgermeister Dr. Michael Häupl. Inhalt der Banküberweisung war eine Spende der BA CA an das Universitätsinstitut von Prof. Zeilinger in der Höhe von 3.000 Euro, initiiert von BA CA Vorstandsvorsitzendem Dr. Erich Hampel. Der Auftrag wurde über ein Glasfaser-Datenkabel der Firma Wien Kanal Abwassertechnologie GmbH vom Wiener Rathaus an die BA CA Filiale Schottengasse geschickt. An der Präsentation nahmen weiters noch Prof. Erich Gornik von ARC Seibersdorf research GmbH sowie Dipl.-Ing. Helmut Kadrnoska von Wien Kanal, teil. Univ.Prof. Dr. Anton Zeilinger zählt zu den international bedeutendsten Quantenphysikern der Gegenwart.

Verschränkte Lichtteilchen ermöglichen abhörsichere Datenübertragung

Unter Quantenkryptographie versteht man die Erzeugung eines Datenschlüssels zur Nachrichtenverschlüsselung mittels quantenphysikalischer Methoden. Sie bietet die Lösung für zwei Probleme der heute gängigen Verschlüsselungssysteme: Die Erzeugung absolut zufälliger Schlüssel und deren Übermittlung. In der Quantenkryptographie beruht die Sicherheit der erzeugten Schlüssel auf Naturgesetzen. Die abhörsichere Verteilung der Schlüssel erfolgt, indem diese beim Sender und beim Empfänger gleichzeitig erzeugt werden.

Die Schlüssel für die Nachrichtencodierung werden mit verschränkten Lichtteilchen erzeugt. Die Verschränkung wurde vom österreichischen Physiker Erwin Schrödinger als das wesentliche Charakteristikum der Quantenphysik beschrieben und Albert Einstein bezeichnete sie als "spukhafte Fernwirkung". Die Grundlage dabei ist, dass die Messung an einem Teilchen die Eigenschaften eines zweiten Teilchens, unabhängig von seiner Entfernung beeinflusst.

In der Sendestation in der BA CA Filiale Schottengasse erzeugt ein Laser die beiden verschränkten Lichtteilchen in einem Kristall. Eines der beiden Lichtteilchen wird in das Glasfaser- Datenkabel eingespeist und in Richtung Rathaus geschickt, das andere bleibt in der Bank. Beim Empfänger im Rathaus und beim Sender in der Bank werden die Teilchen dann gemessen. Ein wesentliches Merkmal der Quantenphysik ist, dass vor der Messung die Teilchen keine Eigenschaften haben. Erst bei der Messung nehmen die Teilchen ihre Eigenschaften an. Durch die Verschränkung sind die Eigenschaften beider Teilchen miteinander verbunden.

Die Messergebnisse werden anschließend in eine Folge von 0 und 1, den Schlüssel zur Nachrichtencodierung, umgewandelt. Die Reihenfolge der Zahlen 0 und 1 ist auf Grund der Quantenphysik vollkommen zufällig. Durch die oben beschriebene Verschränkung entstehen in der BA CA Filiale und im Rathaus identische Folgen von Zufallszahlen, die als Schlüssel für die Nachrichtencodierung verwendet werden.

Die Verschlüsselung der Nachricht erfolgt über das so genannte "one time pad"-Verfahren. Hier ist der Schlüssel genauso lange wie die Nachricht selbst. Die Nachricht wird bit für bit mit dem Schlüssel verknüpft und anschließend durch das Glasfaser- Datenkabel übertragen. Die Entschlüsselung erfolgt wieder bit für bit. Ohne den genauen Schlüssel kann man die Nachricht nicht lesen.

Ein möglicher Lauscher kann schon während der Schlüsselerzeugung erkannt werden, also noch bevor mit der Übertragung der verschlüsselten Nachricht begonnen wird.

Österreichische Teams entwickeln Hard- und Software für diese Technologie

Das Gerät zur Erzeugung des Schlüssels für die Nachrichtencodierung wurde am Wiener Institut für Experimentalphysik von der Gruppe um Prof. Anton Zeilinger in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Quantentechnologien des Bereichs Informationstechnologien von ARC Seibersdorf research GmbH unter der Leitung von Dr. Christian Monyk entwickelt. Die beiden Partner arbeiten seit zwei Jahren zusammen mit dem Ziel, einen marktreifen Prototypen für Quantenkryptographie zu entwickeln.

Die Gruppe um Prof. Anton Zeilinger hat ihr herausragendes Know How im Bereich der Quantenphysik in die Entwicklung des Geräts eingebracht. Bereits 1998 hat sie zum weltweit ersten Mal die Quantenkryptographie mit verschränkten Lichtteilchen entwickelt und demonstriert.

Die Elektronik sowie die Implementierung der Protokolle für die Erzeugung des Schlüssels und die Nachrichtenverschlüsselung selbst wurde entwickelt von der Arbeitsgruppe "Quantentechnologien" des Bereichs Informationstechnologien von ARC Seibersdorf research GmbH unter der Leitung von Dr. Christian Monyk.

Starke Partner aus der Wirtschaft

Das Glasfaser-Datenkabel zwischen Wiener Rathaus und BA CA Filiale Schottengasse wurde von der WKA - Wien Kanal Abwassertechnologie GmbH, einem Tochterunternehmen der Stadt Wien, für dieses Experiment verlegt. Die WKA unterstützt seit drei Jahren die Forschungstätigkeit der Gruppe um Prof. Zeilinger. Im Frühjahr 2003 fanden erste Experimente zur Übertragung von verschränkten Lichtteilchen über den freien Raum in Labors der WKA auf der Wiener Donauinsel statt. Die Stadt Wien verbindet mit der Forschung im Bereich der Quantenphysik eine langjährige Partnerschaft. Die Bank Austria Creditanstalt, für die Datensicherheit höchste Priorität hat, hat sich ebenfalls gern für das neue Experiment zur Verfügung gestellt. (Schluss) du

  • Rückfragehinweis:
    Universität Wien, Institut für Experimentalphysik
    Andrea Aglibut, Tel. +43 (0)1 4277 DW 51166;
    E-Mail: andrea.aglibut@univie.ac.at
    ARC Seibersdorf research GmbH
    Julia Petschinka, Tel. +43 (0)664 825 10 64
    E-Mail: julia.petschinka@arc.ac.at
    Bank Austria Creditanstalt Group Public Relations
    Tiemon Kiesenhofer, Tel. +43 (0)5 05 05 DW 52819;
    E-Mail: tiemon.kiesenhofer@ba-ca.com
    Stadt Wien
    Public Relations, Präsidialbüro des Bürgermeisters
    Dr. Ingrid Duschek, Tel. +43(0)1-4000-81857;
    E-Mail: dus@mdp.magwien.gv.at
    WKA - Wien Kanal Abwassertechnologie GmbH & Co KG
    Monika Müllner, Tel. +43 1 795 14 - 93 015;
    E-Mail: office@wienkanal.at

(RK vom 21.04.2004)