Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 20.01.2004:
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Wiener Wirtschaft: Produktiver, moderner, internationaler

Wien (RK). "Die Wiener Wirtschaft kann mit einem gesunden Selbstbewusstsein in das neue Wirtschaftsjahr 2004 gehen. Wien ist als Wirtschaftsstandort moderner und internationaler geworden und liegt bei der Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich europäischer Großstädte sehr gut. Besonders erfreulich ist, dass die Wiener ...

Wien (RK). "Die Wiener Wirtschaft kann mit einem gesunden Selbstbewusstsein in das neue Wirtschaftsjahr 2004 gehen. Wien ist als Wirtschaftsstandort moderner und internationaler geworden und liegt bei der Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich europäischer Großstädte sehr gut. Besonders erfreulich ist, dass die Wiener Unternehmen der Stadt ein gutes Zeugnis ausstellen, und zwar ein weitaus besseres, als es noch vor sechs Jahren der Fall war", erklärte Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Vizebürgermeister Dr. Sepp Rieder in der Bürgermeister-Medienkonferenz, in der er gemeinsam mit Mag. Peter Mayerhofer vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) die Ergebnisse des "Zweiten WIFO-Berichts zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit Wiens" präsentierte.

"Beide Ergebnisse sind für die Wiener Wirtschaftspolitik Anlass, den eingeschlagenen Weg der Modernisierung konsequent fortzusetzen, denn der verschärfte Wettbewerb gestattet keinen Stillstand. Wermutstropfen in der erfreulichen Bilanz ist allerdings, dass die Beschäftigung mit dem Wachstum von Produktivität und Wirtschaft nicht Schritt hält. Dieser internationale Trend schlägt auch auf Wien voll durch, wie der Bericht des Wirtschaftsforschungsinstitutes bestätigt", so Rieder weiter.****

Daten aus über 40 Großstädten verglichen, 700 Wiener Unternehmen befragt

Im ersten Teil der WIFO Studie wurde eine Fülle von Daten und Statistiken aus über mehr als 40 Großstädten in Europa mit den Wiener Daten verglichen. Damit wird nun der systematische Vergleich mit anderen Großstädten in Europa möglich. Im politischen Alltag wurde die Stadt Wien bisher in der Regel mit dem übrigen Österreich verglichen, ein Vergleich, in dem jedoch die großstädtische Wirtschaftsstruktur der Stadt nicht berücksichtigt werden konnte.

Im zweiten Teil der WIFO-Studie wurden insgesamt 781 Wiener UnternehmerInnen über die Bedeutung und Qualität von insgesamt 65 Standortfaktoren der Stadt befragt. So zeigt die Studie sowohl, wie gut die Stadt Wien im Vergleich mit anderen europäischen Städten abschneidet, als auch, wie die Wiener Unternehmen die Qualität der Standortfaktoren in der Stadt einschätzen.

I. WIFO Studie: Internationaler Städtevergleich

Im internationalen Städtevergleich der Studie zeigt sich, dass Wiens Wirtschaftsbilanz sich europaweit sehen lassen kann. Wien befindet sich in vielen Bereichen unter den besten zehn der europäischen Städte.

Verglichen wurde die Stadt Wien mit Städten, wie München, Berlin, Hamburg, Zürich, Helsinki, Paris, London, Rom, Lissabon, Athen oder Budapest, Prag und Warschau. Je nach Fragestellung und verfügbarem Datenmaterial wurden die Wirtschaftsdaten von bis zu 40 europäischen Städten ausgewertet.

  • Wien unter den TOP-Ten bei der wirtschaftlichen Leistungskraft

Im Vergleich der wirtschaftlichen Leistungskraft der Stadt Wien mit anderen Ballungszentren in Europa schneidet die Stadt Wien hervorragend ab. Gemessen am ökonomischen Entwicklungsniveau zählt die Stadt Wien unangefochten zu den "Top 10" der europäischen Städtehierarchie.

Eine höhere Leistungskraft als Wien erreichen innerhalb des europäischen Städtesystems nur sieben Städte, innerhalb der EU15 sogar nur fünf. Seit 1975 ist das BIP/Kopf in Wien um 92 Prozent und damit deutlich rascher gestiegen als im Durchschnitt der europäischen Großstädte (+ 63 Prozent).

Diese gute Entwicklung resultiert vor allem aus hohen Produktivitätsgewinnen: Seit 1975 ist die Arbeitsproduktivität mit +90 Prozent nur in sechs von 35 Vergleichsstädten stärker gestiegen als in Wien. Ihr Niveau lag zuletzt (2000) um rund 24 Prozent über dem Durchschnitt der europäischen Großstädte.

  • Strukturwandel läuft rasch und erfolgreich

Erfolgreich geht auch der Strukturwandel der Wiener Wirtschaft vor sich, weg von der Sachgüterproduktion hin zu einer modernen Dienstleistungswirtschaft mit deutlichem Zuwachs in den technologieorientierten Bereichen. In der letzten Dekade hat sich die Position Wiens bei komplexen Dienstleistungen im Städtevergleich verbessert. Im Jahr 2002 lag Wien beim Anteil unternehmensnaher Dienstleistungen mit 57,6 Prozent auf Rang 16 von 45 Vergleichsstädten. Innerhalb der Branchenstruktur ist eine verstärkte Ausrichtung auf technologie- und wissensintensive Aktivitäten im Gange. Beim Beschäftigtenanteil in technologieorientierten Bereichen lag Wien 1999 auf Rang 15 von 30 Vergleichstädten, bei der Forschungsquote wurde (1998) Rang 5 von 27 Vergleichsstädten erreicht. Gemessen an der Zahl der Studenten ist Wien die siebtgrößte Universitätsstadt Europas, nach Berlin die zweitgrößte im deutschsprachigen Raum.

  • Internationalisierung der Wiener Wirtschaft gelungen

Auch die Position der Wiener Unternehmen im Welthandel hat sich in den 90er Jahren verbessert. Insbesondere durch den Handel mit den Mittel- und Osteuropäischen Ländern konnte sowohl im Waren-, als auch im Dienstleistungshandel eine stärkere Internationalisierung der Wiener Wirtschaft eingeleitet werden. In Warenstruktur und Produktqualität entspricht der Wiener Außenhandel nach den Ergebnissen dem Standard einer hochentwickelten Wirtschaft.

II. WIFO Studie: Befragung Von 781 Wiener Unternehmen

Neben dem Vergleich der statistischen Daten Wiens mit jenen internationaler Städte wurden in der WIFO Studie auch insgesamt 781 Wiener Unternehmen befragt, wie sie die Qualität zahlreicher relevanter Standortfaktoren in Wien bewerten.

  • Wiener Unternehmen stellen gutes Zeugnis aus

Das Ergebnis der Unternehmerbefragung ist besonders erfreulich. Von 65 abgefragten Standortfaktoren wurden 61 besser und nur vier schlechter als mit der Note Befriedigend bewertet. Dabei bewerten Wiener Unternehmer die Standortfaktoren im Vergleich zum ersten Wettbewerbsbericht, der aus dem Jahre 1997 stammt, in wesentlichen Bereichen besser.

Als Vorteile des Wirtschaftsstandorts Wien betrachten die Unternehmen folgende Faktoren und vergeben auf einer Skala von 1-5 folgende Bewertung: Gute Ausstattung mit Ausbildungseinrichtungen (Note 1,8), zahlreiche Angebote an Informations- und Kommunikationstechnologien (Note 1,9), ausgezeichneter Zugang vor allem zu den Märkten der Beitrittsländer (Note 1,9) und die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften (Note 2,2). Entscheidende Verbesserungen im Vergleich zum Bericht 1997 orten die befragten Unternehmer im Bereich der regionalen Forschungseinrichtungen und des allgemeinen Innovationsklimas sowie bei der Effizienz von Genehmigungsverfahren, der Vereinfachung von Entscheidungswegen sowie der höheren Anpassungsfähigkeit der Verwaltung.

Diese Vorteile kann Wien etwa durch seine Maßnahmen zur Förderung der Fachhochschulen, zur besseren Vernetzung der Universitäten mit den Betrieben sowie mit seiner aktiven Arbeitsmarktpolitik noch weiter stärken.

Ungünstiger bewerten die regionalen Unternehmen einige Faktoren, die ein konsensorientiertes polit-ökonomisches System kennzeichnen. So wurde die politische Stabilität 1997 um 0,65 Prozentpunkte besser eingeschätzt, als das bei der neuen Befragung der Fall war.

III. WIFO-Studie: Resumee und Empfehlungen

  • Internationale Erreichbarkeit muss verbessert werden
Um die Wettbewerbsfähigkeit vor allem nach der bevorstehenden Osterweiterung zu steigern, muss die Anbindung an die internationalen Verkehrsnetze verbessert werden. Zwar zeigen sich die befragten Wiener Unternehmen mit der regionalen Verkehrsinfrastruktur durchaus "zufrieden". Doch im internationalen Städtevergleich zeigt sich, dass sowohl im Luft- als auch im Bahnverkehr erhebliche Erreichbarkeitsnachteile bestehen gegenüber den Großstädten im westeuropäischen Kernraum der EU.
  • Hohe Produktivität bremst Beschäftigungswachstum

Was den Arbeitsmarkt betrifft, zeigt sich auch in Wien, dass die notwendige Steigerung der Produktivität der Wirtschaft nicht zwangsläufig zu einem Wachstum auf dem Arbeitsmarkt führt. Das bestätigt auch der Städtevergleich der WIFO-Studie. Die längerfristige Entwicklung zeigt, dass in Wien zum Halten der Beschäftigung ein Wachstum von etwa 2 Prozent erforderlich ist. Alles, was darüber liegt, führt zu einem Zugewinn an Arbeitsplätzen.

Mit diesem Problem haben allerdings auch andere Großstädte zu kämpfen, und Wien hält sich im Arbeitsmarkt-Städtevergleich wacker im Mittelfeld europäischer Vergleichsstädte (Rang 25 von 44 im Jahr 2002). Die Position von Jugendlichen am Wiener Arbeitsmarkt ist im internationalen Vergleich ebenfalls relativ günstig (Rang 13 von 37 Vergleichsstädten, 2002).

  • Beschäftigungsverluste im Bauwesen und den öffentlichen
    Dienstleistungen

In den Bereichen Finanzdienstleistungen, Ostkompetenz und Biotechnologie, die als Stärkefelder der Wiener Wirtschaft gelten, konnte sich Wien als Dienstleistungszentrum etablieren. In anderen Bereichen fehlen allerdings ausreichende Kapazitäten. Probleme bereitet auch der Sparkurs der Bundesregierung. Unter dem Investitionsstopp leidet vor allem das Bauwesen, das von öffentlichen Aufträgen in hohem Maß abhängig ist. Zusätzlich sind drei Viertel der verlorengegangenen Jobs auf die Personalreduktion bzw. den Aufnahmestopp in der Bundesverwaltung zurückzuführen. Genau das sind jedoch zwei Bereiche, die in der Wiener Wirtschaft im Vergleich zu anderen internationalen Großstädten einen großen Anteil ausmachen. So rangiert das Bauwesen von seiner Wertschöpfung her auf Rang 9 von 45 Vergleichstädten. Die öffentlichen bzw. öffentlich finanzierten Dienstleistungen finden sich mit einem Anteil von 20,7 Prozent auf Rang 15 im internationalen Städtevergleich des WIFO.

  • Wien als Qualitätsstandort im neuen Europa positionieren

Die Studie bestätigt den Weg, den die Wiener Wirtschaftpolitik eingeschlagen hat und schlägt eine wirtschaftspolitische Strategie vor, die Märkte mit Preiswettbewerb meidet und Wien als Qualitätsstandort im neuen Europa positioniert. Für diese Qualitätsstrategie sind ein erstklassiges Aus- und Weiterbildungssystem, moderne Infrastrukturen, ein schlagkräftiges regionales Innovationssystem, die weitere Modernisierung der Verwaltung sowie eine gezielte, clusterorientierte Dienstleistungspolitik und die weitere Unterstützung der Internationalisierung von regionalen Unternehmen notwendig. In allen diesen Bereichen hat die Stadt Wien bereits entsprechende Aktivitäten gesetzt, damit es auch in Zukunft gelingt, sich einen attraktiven Platz in der europäischen Städtehierarchie zu sichern.

  • Unternehmer sehen Schwächen vor allem bei den Kosten und
    wünschen sich eine noch einfachere Verwaltung

Die 781 befragten Wiener Unternehmen orten Schwächen vor allem bei den Kostenfaktoren. Zwar hat die Stadt Wien in vielen Bereichen der Kostenfaktoren keinen direkten Einfluss zur Gestaltung, da diese im Bereich der Bundeskompetenzen liegen. Die Stadt Wien kann aber - so wie sie es zum Beispiel mit der Förderschiene der Calls im Bereich Biotechnologie, Creative Industries oder den Informations- und Kommunikationstechnologien tut - die Innovationsfähigkeit der Unternehmen verbessern und damit auch die Produktivität erhöhen.

Bei den "Genehmigungsverfahren für Betriebsanlagen" und der "Anpassungsfähigkeit und Reformbereitschaft der Verwaltung" geht es darum, den bereits eingeschlagenen Weg zum Beispiel mit new public management, e-gover-nment oder eVienna konsequent fortzusetzen. (Schluss) gaw

  • Rückfragehinweis:
    Wolfgang Gatschnegg
    Tel.: 4000/81 845, Handy: 0664/826 82 16
    e-mail: gaw@gfw.magwien.gv.at

(RK vom 20.01.2004)