Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 18.09.2003:
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Ein doppeltes Jubiläum beim VOR

Wien (RK). Der September sieht beim Verkehrsverbund Ost- Region (VOR), dem größten Verkehrsverbund Österreichs - in seinem Einzugsgebiet lebt rund ein Drittel der österreichischen Bevölkerung - ein doppeltes Jubiläum: Mit September 1988 wurden 156 regionale Kraftfahrlinien mit 17 Konzessionsträgern sowie Bahnstrecken ...

Wien (RK). Der September sieht beim Verkehrsverbund Ost- Region (VOR), dem größten Verkehrsverbund Österreichs - in seinem Einzugsgebiet lebt rund ein Drittel der österreichischen Bevölkerung - ein doppeltes Jubiläum: Mit September 1988 wurden 156 regionale Kraftfahrlinien mit 17 Konzessionsträgern sowie Bahnstrecken der ÖBB und der Raab-Oedenburg-Ebenfurter Eisenbahn AG (ROeEE, ungarisch GySEV - Györ-Sopron-Ebenfurti Vasút) in den VOR aufgenommen. Der VOR selbst hatte im Juni 1984 den Betrieb begonnen, in der ersten Phase gehörten ihm die Linien der (damals so bezeichneten) Wiener Verkehrsbetriebe, die Schienenbahnen der ÖBB und der Wiener Lokalbahnen (Badner Bahn) an. Im Jahr 1998 kam dann die Präsentation der ersten Busse im VOR-Design - anlässlich des Jubiläums "10 Jahre Regionalbusse im VOR". Das Betriebssystem unserer Tage präsentiert sich so, dass alle Linien eine dreistellige Linienbezeichnung, die auf dem Wiener System aufbaute, erhalten haben. Und bei den U-Bahn-Verlängerungen wurden auch immer die Regionalbuslinien an die geänderten Anforderungen angepasst. Darüber hinaus werden seit 1997 Messungen der Fahrgastzufriedenheit durchgeführt, bei denen versucht wird, den Markt zu simulieren - es wird differenziert zwischen den Umständen, die vom Betreiber abhängen und jenen, auf die der Betreiber keinen Einfluss hat.

Bei der ROeEE/GySEV sind die rechtliche Konstruktion und das Betriebssystem ein europäisches Unikat. Durch die Grenzziehung nach dem 1. Weltkrieg erstreckt sich das Betriebsgebiet der seit 1876 betriebenen Privatbahn über österreichisches und ungarisches Territorium, die Bahn bildet aber eine betriebliche Einheit. Der Verkehr wird im Bereich des VOR auf folgenden Strecken abgewickelt: Ebenfurth - Wulkaprodersdorf - Sopron (Oedenburg), wo mit 27. Mai 1988 die Vollelektrifizierung abgeschlossen wurde sowie die sogenannte "Neusiedlerseebahn" von Neusiedl am See - St. Andrä - Pamhagen, von da weiter nach Fertöszentmiklós, wo derzeit an der Elektrifizierung gearbeitet wird.

Mit der Integrierung von 156 regionalen Kraftfahrlinien in den VOR konnten diese zum einheitlichen VOR-Tarif benützt werden, seit 1988 werden Linien und Linienverläufe entsprechend den aktuellen Anforderungen neu gestaltet oder optimiert. Basis der Zusammenarbeit ist ein für alle gleichlautender Grundvertrag sowie ein auf die spezifischen Bedürfnisse abgestimmter Kooperations- und Leistungsvertrag. Durch die Einigung mit allen Partnern konnte das VOR-Tarifsystem angewendet werden. Die Zeitkarten mussten sich am Niveau des Kraftfahrlinientarifs orientieren, dennoch ergaben sich für alle umsteigenden Fahrgäste zum Teil erhebliche Verbilligungen, vor allem in Kombination mit der Schiene ergaben sich große Preisvorteile.

Einen speziellen Schwerpunkt in der Entwicklung des Regionalbusbereichs im VOR bilden die seit 1997 durchgeführten Messungen der Fahrgastzufriedenheit. Personen, die Buslinien benützen, können klassisches marktorientiertes Verhalten insofern nicht zeigen, da es meist keine Alternative zur benützten Buslinie gibt. Deshalb können die Betreiber der Linien nicht genügend auf positive oder negative Verhaltensweisen der Fahrgäste reagieren: hier setzen die seit 1997 laufend durchgeführten Fahrgastbefragungen an. Damit ist dieses System sogar den reinen Marktmechanismen überlegen - die besten Linien werden mit dem VOR- Award prämiert, wo unterdurchschnittliche Fahrgastzufriedenheit besteht, kann vom VOR beratenden Unterstützung angefordert werden.

Im Rahmen einer internationalen Benchmarking Studie, "European Public Transport Challenge", wurde ein Städtevergleich hinsichtlich der Zufriedenheit der Fahrgäste im öffentlichen Verkehr erstellt. Wien nahm 2001 zum ersten Mal teil, und wie schon in den vergangenen Jahren, konnte auch 2003 wieder ein Platz unter den drei Bestplatzierten errungen werden. Besonders erfreulich ist dabei, dass neben dem 1. Platz beim Sicherheitsgefühl, den Wien schon seit zwei Jahren innehat, auch die Siegerposition in den Kategorien Verkehrsangebot, Komfort sowie Weiterempfehlung (hier gemeinsam mit Helsinki) erreicht werden konnte.

Was die Zukunft beim Busbetrieb betrifft, werden bedarfsorientierte Angebote (BEHA) und flexible Angebotsformen für nachfrageschwache Gebiete oder Betriebszeiten im öffentlichen Verkehr als grundsätzlich günstig erachtet. Der Geschäftsführer des VOR, Direktor Manfred Novy (zweiter Geschäftsführer ist Mag. Wolfgang Schroll) sieht "generell noch ein großes Potential für den öffentlichen Verkehr, es gilt aber, laufend neue Fahrgäste zu gewinnen, weil die demographische Lücke etwa fünfzehn Prozent pro Jahr ausmacht". Das seien Fahrgäste - vor allem alte Menschen - die den öffentlichen Verkehr nicht mehr nützen wollen oder können und auch jene, die in andere Regionen abwandern. Auch die Beziehung Stadt/Umland solle, so Novy, neu überdacht und definiert werden: das Umland beziehungsweise die Nachbargemeinden profitierten durch die Zusiedlungen, die Belastungen des öffentlichen Verkehrs müssten aber von den Großgemeinden getragen werden. (Schluss) pz

(RK vom 18.09.2003)