Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 18.03.2003:
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"Genialer Geist" im Bezirksmuseum Hietzing

Wien (RK). In einem Vortrag am Mittwoch, 19. März um 18.30 im Bezirksmuseum (13.,Am Platz 2) wird das bewegte Leben und das vergessene dichterische Werk des Hietzinger Dichters, Denkers und Rebells Rudolf Geist gewürdigt. Sein ältester Sohn Mag. theol., OStR. Till Geist berichtet als Zeitzeuge und liest aus den ...

Wien (RK). In einem Vortrag am Mittwoch, 19. März um 18.30 im Bezirksmuseum (13.,Am Platz 2) wird das bewegte Leben und das vergessene dichterische Werk des Hietzinger Dichters, Denkers und Rebells Rudolf Geist gewürdigt. Sein ältester Sohn Mag. theol., OStR. Till Geist berichtet als Zeitzeuge und liest aus den Werken des Vaters.

Der 1900 geborene Rudolf Geist war vieles: Büro-Volontär, Bäckerlehrling, Akkordarbeiter, Deserteur im ersten Weltkrieg, Verlagslektor, Journalist, Vagabund, Erfolgsautor, Bettelpoet, politischer Gefangener in der NS-Zeit und Repräsentant des neuen Österreich. Sein literarisches Werk umfasst Romane ("Der anonyme Krieg", 1927), politische Schriften ("Genius", 1946) und zahlreiche Gedichtbände. Er hielt eine vielbeachtete Rede auf dem Stuttgarter Vagabundenkongress 1929 und schrieb das Drehbuch zu dem (verschollenen) Film "Ich bin ein Zigeuner" (1934).

Im Jahr 1938 durchsuchte die Gestapo erstmals Rudolf Geists Wohnung. Im Jänner 1939 wurde er wegen seines völkerverbindenen Gedichtes "Auf 1938" in die Gestapo-Zentrale am Morzinplatz zitiert und von nun an bespitzelt. Im August 1939 kam es in einem Hietzinger Milchgeschäft zu einem verhängnisvollen Streit mit der Verkäuferin, in dessen Verlauf er den Begriff "Weltrevolution" in den Mund nahm, woraufhin er von Frau denunziert wurde. Am 3. September 1939 wurde Rudolf Geist verhaftet und wegen "kommunistischer Mundpropaganda" und dann wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" angeklagt. 1940 folgte die Verurteilung zu 15 Monaten Gefängnis, im November jenes Jahres untersagte ihm die Reichsschrifttumskammer "jede Betätigung als Schriftsteller.

Dennoch schrieb er weiter. Aus dem Jahre 1941 stammen folgende Zeilen: "Die Juden holt man in den Tod/die wahren Christen mit dazu/und als der Völker Morgenrot/erstrahlt der Tod; und stumme Ruh/folgt nach der Millionen Tod".

Nach dem Eintreffen der Roten Armee in Wien - die ihn und seine Familie aus seiner damaligen Wohnung in der Hagenberggasse 4 vertrieb - gründete Rudolf Geist mit einigen anderen die Österreichische Freiheitsfront Wien-Hietzing, die sich um Lebensmittelversorgung, Aufräumearbeiten und Verbreitung von Nachrichten kümmerte. Ein Angebot des Christlichsozialen Leopold Kunschak, als Staatssekretär in die Provisorische Staatsregierung einzutreten, lehnte er ab. Im April 1945 trat er in die Kommunistische Partei ein, wurde Referent für Agitation und Propaganda der KPÖ Wien-Hietzing, verließ die Partei allerdings nach zwei Jahren wieder. Rudolf Geist starb als Opferfürsorgerentner am 22. April 1955.

Informationen in der Volkshochschule Hietzing Tel. 804 55 24. http:/ /www.vhs-hietzing.at/ (Schluss)

(RK vom 18.03.2003)