Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 31.01.2003:
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Kinderfilm: Gespräch mit Martina Lassacher

Wien (RK). Gute Kinderfilme sind Filme, gedreht aus der Perspektive eines Kindes: So klar und einfach kann die Antwort auf die Frage nach dem "guten Kinderfilm" ausfallen, wenn man Martina Lassacher, hierzulande eine der treibenden Kräfte in Sachen Kinderfilm, gegenüber sitzt. Die 46jährige studierte ...

Wien (RK). Gute Kinderfilme sind Filme, gedreht aus der Perspektive eines Kindes: So klar und einfach kann die Antwort auf die Frage nach dem "guten Kinderfilm" ausfallen, wenn man Martina Lassacher, hierzulande eine der treibenden Kräfte in Sachen Kinderfilm, gegenüber sitzt. Die 46jährige studierte Literaturwissenschaftlerin verschlug es eher zufällig in die Branche. Den Beginn machte sie in Innsbruck, wo sie erstmals "so etwas wie ein Kinderfilm-Festival" versuchte. Mit Erfolg: Kinderfilm-Festivals finden in Innsbruck seitdem regelmäßig statt. In Wien jährt sich heuer das Internationale Kinderfilmfestival bereits zum 15. Mal. "Publikum haben wir genug. Die Nachfrage ist da", bestätigt sie im Gespräch. Rund 5500 Besucher waren es im Jahr 2001, vergangenes Jahr waren es bereits 7300 große und kleine Filmbegeisterte, die sich auf das Abenteuer mit iranischen, französischen, russischen oder etwa schwedischen Produktionen einließen. Auf die Leinwand kommt meist das Original. Verständigungsprobleme gibt es deswegen nicht: Während der Vorführung wird live in deutscher Übersetzung hineingesprochen. "Das Publikum hat sich daran gewöhnt", erklärt Lassacher, die die hohen Kosten des Filmverleihs nicht zu erwähnen vergisst. Zwischen zwei- und dreitausend Euro muss pro Film, wenn man die Transport-, Übersetzungskosten und die Abgeltung der Rechte dazu zählt, gerechnet werden.

Dem "Trend zum guten Kinderfilm" aufgreifend hat sie, zusammen mit Kollegen des Organisationsteams, dem Institut Pitanga, kürzlich damit begonnen, auch in der Winterzeit an Wochenenden ausgesuchte Kinderfilme in die Wiener Kinos zu bringen. "Kinderkinowelten" nennt sich das bis April konzipierte Programm, das neben Spielfilmen auch Dokumentationen bringt. Demnächst steht eine Retrospektive des deutschen Kinderfilm- Machers Rolf Losansky auf dem Programm. Ihre Spielorte sind das Votivkino, das Cinemagic und das Hollywood Megaplex DX auf der Wagramer Strasse. Zuerst war es an letztgenannter Adresse durchwegs schwer, das Publikum für die etwas anderen Filme zu gewinnen. "Heute sitzen am Wochenende zig Familien in diesem modernen Kino und schauen sich etwa die französisch-marokkanische Produktion "Ali Zaoua", gedreht von Nabil Ayouch und im Strassenkinder-Milieu Casablancas spielend, an", zeigt sich Lassacher stolz.

Dort, wo kindadäquater Mainstream gezeigt wird, sitzen naturgemäß mehr Personen, ob groß oder klein, im Dunkel des Kinosaales. Laut Auskunft von Warner Bros sahen "Harry Potter 2" bislang mehr als 775.000 Menschen, "Der kleine Eisbär", im Verleih von Bueno Vista, immerhin mehr als 200.000 Besucher. Im "alternativen" Kinderfilm-Bereich geben sich die Zahlen etwas bescheidener. Laut Maria Aigelsreiter vom "Filmladen" sahen bislang knapp 40.000 Besucher den Film "Petterson und Findus". Aber auch die Erfolgslatte liegt in diesem Segment niedriger: Mit 50.000 Besuchern gilt hier ein Kinderfilm durchwegs schon als Erfolg.

Das Internationale Kinderfilmfestival in Wien zählt von Dauer und Anzahl der gezeigten Produktionen her durchwegs zu den großen europäischen Veranstaltungen dieses Genres. Weitere, noch berühmtere Festivals sind etwa das Kinderfilmfestival im Rahmen der Berlinale bzw. das Cannes Junior-Festival, welches meist 10 Tage dauert und deutlich den Siegel einer Kinderfilm-Messe trägt. Neuproduktionen, die auf dem europäischen Markt erscheinen, beziffert Lassacher, die sich mit ihren Festival-Reisen darum bemüht, den Überblick im Filmschaffen zu bewahren, mit deutlich unter fünfzig. Die heimische Produktion im Bereich Kinderfilm fällt für Lassacher dürftig aus. Im Unterschied zu anderen Ländern müsse man hierzulande schon einen sehr langen Atmen haben, um neue Produktionen umsetzen zu können. Zurückhaltend äußert sich die Kinderfilm-Begeisterte, die im nächsten Sommersemester am Institut für Theaterwissenschaften eine Vorlesung über den Kinder- und Jugendfilm halten wird, auch bezüglich des Sponsorings privater Unternehmen: "Hundert Krapfen zur Eröffnung sind deutlich einfacher zu erhalten, als direkte finanzielle Beteiligungen."

Näheres zum aktuellen Programm der "Kinderkinowelten" unter: http:/ /www.kinderfilmfestival.at/ bzw. unter Telefonnummer: 0676/563 52 91. Adresse des Institut Pitanga: 5., Steggasse 1 (Schluss) hch

(RK vom 31.01.2003)