Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.06.2002:
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WAST auf Regenbogenparade: "Oh du mein Österreich"

Wien (RK). Bei der morgen Samstag ab 14.00 Uhr am Wiener Ring stattfindenden 7. Regenbogenparade beteiligt sich die Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen (WAST) unter dem Motto "Oh du mein Österreich!" wieder mit einem eigenen Wagen. Dabei wird ein überzeichnetes österreichisches ...

Wien (RK). Bei der morgen Samstag ab 14.00 Uhr am Wiener Ring stattfindenden 7. Regenbogenparade beteiligt sich die Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen (WAST) unter dem Motto "Oh du mein Österreich!" wieder mit einem eigenen Wagen. Dabei wird ein überzeichnetes österreichisches Sittenbild mit Gartenzwergen und Trachtenseligkeit gezeigt. Hinter dieser Idylle liege oftmals eine kleinbürgerliche Moral verborgen, die an der Lebensrealität der Menschen vorbeizielt und von Ignoranz bis zu offener Feindseligkeit reicht, so die Wiener Antidiskriminierungsstelle. Die zuständige Stadträtin Mag. Renate Brauner betont die Notwendigkeit einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Diskriminierung von homosexuellen Menschen. "So erfreulich die Aufhebung des Paragrafen 209 durch den Verfassungsgerichtshof auch ist, so wichtig ist es nun, den Bestrebungen der ÖVP zu einer Verschärfung der Schutzalterbestimmungen für beide Geschlechter entschieden entgegen zu treten", kündigte die Stadträtin Widerstand gegen mögliche Verschlechterungen für Jugendliche an.

Im Mittelpunkt des heurigen WAST-Beitrages zur Regenbogenparade stehen authentische Zitate von Personen des öffentlichen Lebens aus Kirche, Politik und Gesellschaft, die auf erschreckende Weise verdeutlichen, dass die Aufhebung des § 209 StGB durch den Verfassungsgerichtshof nur ein erster Schritt hin zur Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transgenderpersonen ist. "Neben der rechtlichen ist es vor allem die gesellschaftliche Diskriminierung, mit der homo- und transsexuelle Menschen in ihrem Alltag regelmäßig konfrontiert werden", berichten die beiden Antidiskriminierungsbeauftragten Angela Schwarz und Wolfgang Wilhelm, "und diese Diskriminierungen reichen von rechtlichen Problemen über Mobbing am Arbeitsplatz bis hin zur Unmöglichkeit, PartnerInnenschaften abgesichert und gesellschaftlich akzeptiert zu leben".

In vielen Zitaten werde deutlich, dass Homosexualität immer noch von vielen Menschen als Perversion, als Sünde, als Krankheit oder einfach als "unrichtig und per se schlecht" gesehen wird. Die Bereitschaft, sich mit den eigenen Vorurteilen über Homosexualität kritisch auseinander zu setzen und längst überholte Ansichten endlich über Bord zu werfen sei bei vielen Menschen nicht ausreichend vorhanden. Auf diese Alltagsdiskriminierungen, die in der Beratungsarbeit der WASt eine wichtige Rolle haben, möchte der diesjährige WASt-Auftritt aufmerksam machen.

Brauner ergänzte: "Die Abschaffung diskriminierender Gesetze ist wichtig, aber ebenso überfällig ist eine Veränderung des gesellschaftlichen Klimas."

So äußerte etwa Bischof Kurt Krenn die Meinung: "Homosexualität als Tat ist in sich böse, oft sogar eine Todsünde". Die Betriebsordnung des Wiener Eislaufvereines schreibt vor: "Das Tanzen in den Tanzkreisen ist nur paarweise (Dame und Herr) gestattet". Von Sozialminister Herbert Haupt stammt folgendes skurrile Zitat über homosexuelle Jugendliche: "Die Jugend soll nicht jeden Modetrend übernehmen". Der ehemalige Obmann der Wiener ÖVP Bernhard Görg erklärte die Eintragung von homosexuellen PartnerInnenschaften "vor irgendeinem Bürgermeister" für "geschmacklos und degoutant", und eine Wiener Kleingartengenossenschaft protestierte mit den Worten "das kommt innerhalb unserer Kleingartenanlage nicht in Frage" gegen eine Travestievorführung. (Schluss) hk

(RK vom 28.06.2002)