Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 10.05.2002:
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Öffentliche Unternehmen sollen auf keinen Fall KMU sein

Wien (RK). Die EU-Kommission will die Definition der Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) zu Lasten der Öffentlichen Unternehmen, und damit faktisch auch eines großen Teils der Kommunalwirtschaft verschärfen. Nach der geplanten Neufassung einer einschlägigen Empfehlung der EU-Kommission sollen künftig Unternehmen ...

Wien (RK). Die EU-Kommission will die Definition der Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) zu Lasten der Öffentlichen Unternehmen, und damit faktisch auch eines großen Teils der Kommunalwirtschaft verschärfen. Nach der geplanten Neufassung einer einschlägigen Empfehlung der EU-Kommission sollen künftig Unternehmen, die zu mindestens 25 "von einer öffentlichen Einrichtung kontrolliert werden", nicht mehr als KMU gelten. Praktische Auswirkung hätte dies bei der Gewährung staatlicher Beihilfen an diese Unternehmen, denn für KMU gelten besondere "de minimis"-Schwellenwerte hinsichtlich der Befreiung von der Vorab- Notifizierung gemäß Artikel 89, Absatz 3 EG-Vertrag. Auch die Möglichkeiten, Förderungen durch das 6. Forschungsrahmenprogramm zu erhalten, wären stark eingeschränkt. Bis Ende Juni 2002 will die EU-Kommission diese Empfehlung verabschieden, vorher soll nochmals eine öffentliche Konsultation stattfinden.

Zur Erinnerung: In der Empfehlung 96/280/EG vom 3. April 1996 hatte die EU-Kommission erstmals den Begriff "Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU)" definiert, der sich aus den Kriterien Beschäftigtenzahl, Jahresumsatz/Jahresbilanzsumme, und Unabhängigkeit zusammensetzt. Diese Definition will die Generaldirektion (GD) Unternehmen nun überarbeiten, um "größere Klarheit zu schaffen". Die Erstpräsentation durch die EU- Kommission erfolgte dann im Herbst 2001, nach diesem Vorschlag sollen "Mittlere" (in Klammer jeweils "Kleine") Unternehmen (wie bisher) höchstens 250 (50) Mitarbeiter haben, der Jahresumsatz darf (nunmehr) 50 (9) Millionen Euro, oder alternativ die Jahresbilanzsumme 43 (10) Millionen Euro nicht übersteigen.

Ein entscheidendes Kriterium für die Anerkennung als KMU ist dessen Unabhängigkeit. Die Einstufung als KMU greift dann nicht, wenn zwei oder mehrere Einheiten bei genauer Betrachtung als "verbundene Unternehmen" anzusehen sind und das "übergeordnete" am "untergeordneten" Unternehmen (also dem vermeintlichen KMU) allein oder mit Dritten über mindestens 25 Prozent des Kapitals und der Stimmanteile verfügt. Dieser Schwellenwert soll auch künftig aufrecht bleiben, n e u eingefügt hat die Kommission jedoch eine Sperrvorschrift zu Lasten von Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist. Nach Artikel 1, Ziffer 10 des Empfehlungs-Vorschlags gelten "Unternehmen, deren Kapital oder deren Stimmanteile zu 25 Prozent oder mehr von einer öffentlichen Einrichtung kontrolliert werden, nicht als KMU".

Die momentan geltende Fassung enthalte keinen derartigen Ausschluss öffentlicher Unternehmen und in ihrem Novellierungsvorschlag gebe die GD Unternehmen auch keine Begründung für ihre Haltungsänderung, erinnert Gerhard Greiner, Geschäftsführer des VÖWG, zugleich die österreichische Sektion des Europäischen Zentralverbandes der Kommunalwirtschaft (CEEP Brüssel): "In der Praxis betrifft das sämtliche Einrichtungen der Kommunalwirtschaft, die im übrigen den KMU-Werten entsprechen". Eine Ausnahme solle nur gelten, wenn es sich bei den öffentlichen Anteilseignern um "institutionelle Anleger, einschließlich Regionalentwicklungsfonds oder Hochschulen handle (Artikel 1, Ziffer 9a) des Vorschlags.

Auch wenn es sich bei der Initiative der EU-Kommission prima vista um eine Definition und um eine (rechtlich vorerst nicht bindende) Empfehlung handelt, wird der Vorschlag praktische Auswirkungen haben, da für KMU besondere "de minimis"-Regelungen bei der Gewährung staatlicher Beihilfen gelten. Die Verordnung der EU-Kommission (EG) Nr. 70/2001 über staatliche Beihilfen für KMU legt fest, bis zu welchen Schwellenwerten diese von der allgemeinen Notifizierungspflicht (Artikel 88, Absatz 3 EG- Vertrag) ausgenommen sind. Als Ausnahme zur allgemeinen "de minimis"-Schwelle (maximal 100.000 Euro innerhalb von 3 Jahren) beträgt der maximale Bruttobeihilfenplafond für Investitionen kleiner Unternehmen 15 Prozent und der mittlerer 7,5 Prozent. In Regionalförderungsgebieten kann die zulässige Unterstützung allerdings deutlich höher liegen.

Ein weiterer Aspekt sind Förderungen nach dem Forschungsförderungsprogramm (FRP) der EU: Im nächsten, dem 6. FRP, Laufzeit 2002 bis 2006, werden 15 statt bisher 10 Prozent der gesamten Fördersumme, also konkret rund 2 Milliarden Euro, an KMU vergeben. Zu den Schwerpunkten dabei werden die Themenkomplexe "Lebensmittelsicherheit und Gesundheitsrisken", "Bürger und modernes Regieren (Governance) in der Wissensgesellschaft", "Nachhaltige Entwicklung und globale Veränderung" zählen - also durchwegs Bereiche, zu denen gerade der Öffentliche Sektor wertvolle Beiträge liefern kann. (Schluss) pz

(RK vom 10.05.2002)