Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 03.04.2002:
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Leistungen der Daseinsvorsorge müssen unverzichtbar bleiben

Wien (RK). Wettbewerb und kommunale Aufgabenerfüllung - ein Thema, das nicht erst seit kurzem ganz oben auf der Brüsseler Tagesordnung steht. Schließlich müssen sich kommunale Einrichtungen und Betriebe schon seit einiger Zeit privater Konkurrenz stellen, immer wieder tauchen in Brüssel (sei hier etwas salopp für die ...

Wien (RK). Wettbewerb und kommunale Aufgabenerfüllung - ein Thema, das nicht erst seit kurzem ganz oben auf der Brüsseler Tagesordnung steht. Schließlich müssen sich kommunale Einrichtungen und Betriebe schon seit einiger Zeit privater Konkurrenz stellen, immer wieder tauchen in Brüssel (sei hier etwas salopp für die EU-Institutionen gesagt) "neue Steuerungsmodelle" auf, die alte Strukturen aufbrechen und die Kommunen "fit" für den Wettbewerb machen sollen. Da wird beispielsweise die These aufgestellt, dass eine verstärkte Einbeziehung von Wettbewerbsstrukturen das entscheidende Element der kommunalen Aufgabenerfüllung der Zukunft sein werde. Über die Frage, wie sich etwa auf der Kostenseite die Leistbarkeit für den Bürger - im Sinne der Daseinsvorsorge nämlich für Alle, auch Finanzschwächere - entwickeln werde, findet sich freilich wenig. Bei den nachfolgenden Ausführungen (in Hinblick auf den redaktionellen Rahmen der rk naturgemäß sehr gekürzt) handelt es sich zwar um ein Gutachten aus der BRD, das aber immerhin vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Auftrag gegeben wurde, und dessen Brisanz nicht unterschätzt werden sollte.

In dem betreffenden Gutachten (es gibt übrigens auch andere, vor allem ebenfalls von universitärer Seite) zur "Daseinsvorsorge im europäischen Binnenmarkt", das vom Jänner 2002 datiert ist, aber erst kürzlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat des o.a. Bundesministeriums der (deutschen) Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene einer Sonderbehandlung von Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen, zu widersetzen. Diese dürften nicht der Geltung des Gemeinschaftsrechts und der Zuständigkeit der europäischen Institutionen entzogen werden, sondern seien als "Unternehmen des Art. 86, Abs. 2 EGV" an das europäische Wettbewerbssystem gebunden. Da stellt sich die (berechtigte) Frage, inwieweit die Kriterien von Maastricht konterkariert werde.

Professor Dr. Mörschel, der an der Universität Tübingen Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht lehrt, und Vorsitzender des erwähnten Wissenschaftlichen Beirats ist, postuliert in dem Gutachten, dass auch Unternehmen, die Leistungen der Daseinsvorsorge erbrächten, sich an die Regeln des Binnenmarktes halten müssten, wozu auch das grundsätzliche Beihilfenverbot (und damit auch der Querverbund, Anm. der Redaktion) zählten. Eine Abgrenzung von "wirtschaftlichen" und "nicht-wirtschaftlichen" Tätigkeiten sei mit den gefestigten Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts unvereinbar und solche Initiativen sollten nicht weiter verfolgt werden.

Auch wenn es sich, wie schon gesagt, um eine Themenbehandlung aus der BRD handelt, sollte die grundlegende Brisanz nicht unterschätzt werden, wurde in einer ersten Stellungnahme seitens der österreichischen Sektion des Dachverbandes der öffentlichen Wirtschaft (CEEP Brüssel) festgehalten. Damit, so VÖWG- Geschäftsführer Gerhard Greiner, drohe "den kommunalen Interessen, und damit etwa auch der Stadt Wien, eine fatale Entwicklung, die auf eine Entmündigung der Kommunalwirtschaft hinausläuft". Auf damit in Zusammenhang stehende Entwicklungen in anderen EU- Staaten, was die öffentlichen Leistungen für die Bürger betrifft, wird in einem gesonderten Beitrag eingegangen. (Schluss) pz

(RK vom 03.04.2002)