Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 19.02.2001:
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Bio-Lebensmittel bei Stadt Wien im Vormarsch

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Wien (RK). In einem neuen Pilotprojekt konnte im Neurologischen Krankenhaus (NK) Rosenhügel über einen Zeitraum von sechs Monaten gezeigt werden, wie man den Anteil von Bioprodukten drastisch steigern kann, ohne dabei ökonomische Aspekte zu vernachlässigen. In der Praxis wurde erprobt, ob Getreideprodukte, Fleisch ...

Wien (RK). In einem neuen Pilotprojekt konnte im Neurologischen Krankenhaus (NK) Rosenhügel über einen Zeitraum von sechs Monaten gezeigt werden, wie man den Anteil von Bioprodukten drastisch steigern kann, ohne dabei ökonomische Aspekte zu vernachlässigen. In der Praxis wurde erprobt, ob Getreideprodukte, Fleisch und Wurst, Fette, Milchprodukte, Obst und Gemüse aus kontrolliertem biologischen Anbau im großen Stil die Speisepläne erobern können. Die eindrucksvollen Ergebnisse des aktuellen Pilotversuchs wurden am Montag von Fritz Svihalek, Stadtrat für Umwelt und Verkehrskoordination sowie Prim. Dr. Elisabeth Pittermann, Stadträtin für Gesundheit und Spitalswesen präsentiert.

Das Projekt beweist, dass ohne besondere Probleme der Anteil der Bioprodukte auf etwa 50 Prozent gesteigert werden kann, und das, ohne wesentliche Mehrkosten zu verursachen. Das im "KliP"- Klimaschutzprogramm der Stadt Wien vorgegebene Ziel, dass bis zum Jahr 2005 mindestens 30 Prozent aller von der Stadt gekauften Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft stammen sollen, wurde also im NK Rosenhügel weit übertroffen. Umweltstadtrat Fritz Svihalek: "Nachdem nun die beeindruckenden Ergebnisse dieser Studie vorliegen, werden wir in möglichst vielen Abteilungen und Einrichtungen der Stadt Wien auf biologische Produkte umsteigen. Ich bin sehr optimistisch, dass wir das "KliP"-Ziel ein Bio- Lebensmittelanteil von 30 Prozent - schon viel früher als 2005 erreichen und sogar übertreffen werden".

Für Gesundheitsstadträtin Prim. Dr. Elisabeth Pittermann sind Lebensmittel aus Biolandwirtschaft ein wichtiger Bereich der Gesundheitspolitik: "Die Einführung von biologischen Lebensmitteln nicht nur in den Krankenhäusern sondern in allen städtischen Einrichtungen, ist ein gesundheitspolitisches Anliegen. Damit gelingt es uns nämlich, auch das Ernährungsbewusstsein der Menschen zu fördern. Und das ist als präventive Maßnahme besonders wichtig, wenn man bedenkt, dass 40 Prozent aller Krankheiten auf eine falsche Ernährung zurückzuführen sind."****

Der Wiener Krankenanstaltenverbund (Wr. KAV) hat bereits vor sechs Jahren also lange vor BSE- und Antibiotika-Fleischskandal begonnen, die Menüs mit biologischen Lebensmitteln zu bereichern. Vorreiter war hier wieder das NK Rosenhügel. Schritt für Schritt wurden seither aber auch in allen anderen Anstalten Bio-Produkte eingesetzt. Derzeit beträgt der Anteil an Bio- Lebensmitteln in allen Einrichtungen des Wr. KAV insgesamt rund 20 Prozent.

Die "Machbarkeitsstudie zur Maximierung des Einsatzes biologischer Lebensmittel in Großküchen im Wr. KAV unter Berücksichtigung der finanziellen, marktspezifischen und gesamtökologischen Aspekte" ist ein Beitrag zum Projekt "ÖkoKauf" Wien, mit dem in den nächsten Jahren der gesamte Einkauf der Stadtverwaltung ökologisiert werden soll. Dabei werden ökologische Kriterienkataloge für nahezu alle innerhalb der Stadtverwaltung benötigten Produkte, Materialien und Leistungen ausgearbeitet. Anteil der Produkte aus Biolandbau auf 50 Prozent gesteigert Im Pilotversuch am NK Rosenhügel konnte der Anteil der Produkte aus biologischem Anbau insgesamt auf 50 Prozent ausgeweitet werden. Bei Rindfleisch betrug der Anteil sogar 100 Prozent, bei den restlichen Fleisch- und Wurstwaren 76 Prozent sowie bei den Getreide und Getreideprodukten 84 Prozent. Bei den Fetten wurde auf 68 Prozent sowie bei Milch und Milchprodukten auf 64 Prozent gesteigert.

Die Studie belegt ebenfalls, dass die am Markt erhältlichen Mengen in fast allen Produktgruppen ausreichen, um sämtliche Krankenanstalten des Wiener KAV zu versorgen. Vor allem Rindfleisch aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft steht in ausreichender Menge zur Verfügung, wenn nicht nur das Gustostück verarbeitet wird, sondern auch andere Teile des Tieres. Aber auch Milch und Milchprodukte, Eier, Kartoffel, Getreide und Getreideprodukte werden auf dem Markt genügend angeboten.

Nur die Versorgung mit Obst und Gemüse aus biologischer Landwirtschaft kann derzeit durch die saisonale Abhängigkeit, und auch auf Grund von Distributionsproblemen nicht das ganze Jahr über in ausreichender Menge gewährleistet werden. Zusätzlich führt auch der Mangel an Konvenientprodukten (z.B. Tiefkühlwaren) aus biologischer Landwirtschaft dazu, dass außerhalb der Saison zum Beispiel tiefgekühltes Biogemüse kaum erhältlich ist. Hervorragend angenommen werden die Produkte aus biologischem Landbau von den Patienten. Außerdem wird durch die begleitende Informationsarbeit auch das Gesundheitsbewusstsein der Patienten gestärkt.

Kosten sind deutlich geringer als erwartet

Deutlich geringer als erwartet sind die Mehrkosten für biologische Lebensmittel. Die Mehrkosten pro Person und Tag liegen bei einem Anteil von 30 Prozent Biolebensmittel zwischen 10 und 20 Prozent. Möglich wurde das durch geschickte Einkaufspolitik und dadurch, dass die regionale und saisonale Verfügbarkeit beachtet wurde. Im Durchschnitt sind zum Beispiel Fleisch und Wurstwaren etwa um 30 Prozent teurer. Doch Biofleisch schrumpft in der Bratpfanne weniger und muss auch nicht solange gebraten werden. Das spart wieder Kosten, so dass zehn Prozent des Aufpreises über diesen Umweg wieder kompensiert werden. Milch und Milchprodukte sind auf dem Markt nur um weniger als 5 Prozent teurer im Vergleich zu den Produkten aus industrialisierter Landwirtschaft. Bei Gemüse und Gemüseprodukten sind die Preise saisonal sehr unterschiedlich. Unerwartet niedrig war mit 55.bis 60.Schilling der Preis für den Lebensmitteleinsatz pro Patient und Tag bei einem Anteil von 30 Prozent Biolebensmittel. In der Regel handelt es sich bei biologischen Lebensmitteln um nicht vorab weiterverarbeitete Produkte. Deshalb sind sie zum Beispiel als bereits abgepackter, gewaschener und geschnittener Salat im Handel nicht erhältlich. Diese Arbeiten müssen nun in den jeweiligen Küchen erfolgen. Der damit verbundene Mehraufwand liegt jedoch nur bei etwa 2,80.-- Schilling pro Patient und Tag.

Bioprodukte nicht nur beim Wiener KAV

Als ein Ziel im KliP-Klimaschutzprogramm wurde definiert, dass bis zum Jahr 2005 mindestens 30 Prozent aller von der Stadt Wien gekauften Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft stammen sollen. Im Wiener Krankenanstaltenverbund werden biologische Lebensmittel bereits seit 1996 eingesetzt. Der Anteil ist seither von Jahr zu Jahr gestiegen. Derzeit liegt er bei 20 Prozent. Vor allem bei Milch und Milchprodukten ist der Bioanteil sehr hoch. Rindfleisch stammt zu 65 Prozent aus biologischer Landwirtschaft. Nächster Schritt ist der Umstieg auf Biobackwaren. Das Vergabeverfahren dazu mit ein Auftragsvolumen von rund 30 Millionen Schilling läuft derzeit.

Doch nicht nur beim Wr. KAV hält der Trend zu Bio-Produkten an. In den Wiener Pensionistenwohnhäusern erreicht der Bio-Anteil derzeit 12,7 Prozent. In den städtischen Kindertagesheimen die ausschließlich von einer einzigen Firma mit Essen versorgt werden, beträgt der Anteil an Biolebensmitteln etwa 18 Prozent. Bio- Produkte werden auch in einer Lehrküche des Jugendamtes verwendet. Der gegenwärtige Trend bei der Stadt Wien zeigt, dass das "KliP"- Ziel bis zum Jahr 2005 in diesem Bereich ohne große Probleme erreicht, wenn nicht sogar übertroffen werden kann.

Der Wiener KAV als Partner im "KliP" und "ÖkoKauf Wien"

Auch generell gilt der Wr. KAV in Sachen Umwelt- und Klimaschutz als Vorbild unter den städtischen Einrichtungen. So werden in den Wiener Spitälern lückenlos in allen Bereichen ökologisch wesentlich bessere Wasch- und Reinigungsmittel verwendet. Konsequent wird auch das Programm zur Reduktion von PVC fortgeführt. Das Preyersche Kinderspital hat als erstes Wiener Krankenhaus ein Umweltmanagementsystem aufgebaut und wurde bereits nach den Umweltmanagementsystemen ISO 14 001 und EMAS zertifiziert. Dafür wurde das Spital auch im "ÖkoBusinessPlan Wien", dem Umweltservice-Paket für die Wiener Wirtschaft, ausgezeichnet. Auch für alle anderen Anstalten ist der Aufbau von Umweltmanagementsystemen vorgesehen. Das Otto Wagner Spital und die Poliklinik werden 2001 am "ÖkoBusinessPlan Wien" im Modul "Ökoprofit" teilnehmen. In der Abfallwirtschaft arbeitet der KAV ebenfalls beispielgebend. Abfälle werden sorgfältig getrennt, wenn möglich wieder verwertet oder geregelt entsorgt. Ständig aktualisiert werden die Abfallwirtschaftspläne und Abfallwirtschaftskonzepte. Selbstverständlich sind für alle Anstalten jährliche Umweltberichte obligat. Die Mitarbeiter werden regelmäßig geschult. Dafür wurden mit der Media-Wien seit 1994 sechs Schulungsfilme produziert. Im Projekt "ÖkoKauf Wien", mit dem der gesamte Einkauf bei allen städtischen Einrichtungen ökologisiert werden soll, arbeitet der KAV in nahezu allen Arbeitsgruppen mit. In Umweltfragen kooperieren die Wiener Spitäler mit vielen Krankenhäusern in Österreich, Europa- aber auch weltweit. Ein neues Forschungsprojekt läuft im Kaiserin Elisabeth Spital: Unter dem Titel "Mensch Harmonie Natur" geht es darum, das Sich-Wohlfühlen der Menschen im Spital zu thematisieren und, wo nötig, zu verbessern.

Bio-Fleisch-Tag im Neurologischen Krankenhaus Rosenhügel

Beim "Bio-Fleisch-Tag" am 22. Februar 2001 (9.00 bis 15.00 Uhr) im NK Rosenhügel diskutieren zahlreiche Experten über Fragen zum Thema Fleisch aus artgerechter, biologischer Tierhaltung sowie zum Thema Konsumentenschutz und Finanzierbarkeit. Natürlich werden auch die Machbarkeitsstudie und das Pilotprojekt präsentiert, die beide im NK Rosenhügel durchgeführt wurden. Außerdem wird eine Studie vorgestellt, in der das menschliche Essverhalten untersucht wurde und zwar in Hinblick darauf, ob der Mensch Produkte aus biologischer Landwirtschaft bevorzugt oder nicht. Im Tierversuch hat sich gezeigt, dass Futter aus biologischer Landwirtschaft von den Tieren deutlich lieber gefressen wird als Futter aus der industrialisierter Landwirtschaft. Wie der Mensch sich verhält, wurde bisher noch nicht untersucht. Deshalb wurde achtundzwanzig gesunden, normalgewichtigen Personen, täglich über vier Wochen ein Buffet mit paarweise aufgestellten Nahrungsmitteln in gleicher Zubereitungsform, jedoch unterschiedlicher Herkunft angeboten. Eine der Speisen stammte aus kontrolliert biologischen, die gleich aussehende zweite Speise aus industrialisierten Nahrungsmitteln. Obwohl für die Testpersonen nicht erkennbar war, welche Produkte aus der biologisch kontrollierten Landwirtschaft stammten, haben die Hälfte von ihnen im Laufe des vierwöchigen Tests die Bioprodukte eindeutig bevorzugt und vom Geschmack her deutlich besser beurteilt. Bemerkenswert ist, dass diese Personen einen Hang zur Hausmannskost hatten. Im Gegensatz dazu haben Probanden mit einem eindeutigen Hang zu Diätprodukten und industriell verarbeiteten, fettreduzierten Lebensmitteln deutlich mehr konventionelle Produkte konsumiert und diese besser beurteilt. Anscheinend geht also durch den Konsum solcher industrieller Diätprodukte die Sensibilität des natürlichen Geschmacksempfindens teilweise verloren. Anmeldung für den Besuch des Bio-Fleisch- Tages: Generaldirektion Wr. KAV, Fr. Weinstabl oder Fr. Fischer, Tel. 531 14/66509 oder 66508.

  • Informationen:
    Prof. Ing. Bruno Klausbruckner Wr. KAV
    531 14/66541

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/

(Schluss) ma

(RK vom 19.02.2001)