Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 15.06.2000:
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Megapoles Gesundheit in Europas Metropolen

Wien, (OTS) "Große Städte brauchen eine ständige gesundheitspolitische Standortbestimmung" erklärte Wiens Gesundheitsstadtrat Dr. Sepp Rieder am Donnerstag im Rahmen einer Medienkonferenz aus Anlass des Symposiums "Megapoles" im Wiener Rathaus. Megapoles ist ein europäisches Public Health Städtenetzwerk, in dem die ...

Wien, (OTS) "Große Städte brauchen eine ständige gesundheitspolitische Standortbestimmung" erklärte Wiens Gesundheitsstadtrat Dr. Sepp Rieder am Donnerstag im Rahmen einer Medienkonferenz aus Anlass des Symposiums "Megapoles" im Wiener Rathaus. Megapoles ist ein europäisches Public Health Städtenetzwerk, in dem die EU-Hauptstädte Amsterdam, Athen, Berlin, Brüssel, Dublin, Helsinki, Kopenhagen, Lissabon, London, Madrid, Rom, Stockholm, Wien sowie Lyon und Oslo zusammenarbeiten, Erfahrungsaustausch betreiben und ihre gesundheitspolitischen Rahmen- und Ausgangspositionen vergleichen. Am Gespräch nahmen auch der frühere Europaparlamentarier Clive Needle, European Network of Health Promotion Agencys, Brüssel, S.J.M. Belleman, Stadt Amsterdam, und D.I. Dr. Hannes Schmidl vom Dezernat für Gesundheitsplanung der Magistratsabteilung der Wiener Landessanitätsdirektion teil.

Rieder: "Wien liegt im europäischen Gesundheitsvergleich durchwegs im vordersten Drittel, in manchen Bereichen, wie etwa der Verbreitung von Aids, schneidet die Bundeshauptstadt weitaus am besten ab. Auch bei sekundären Gesundheitsfaktoren wie dem durchschnittlichen Einkommen oder der Arbeitslosenrate liegt Wien an der Spitze." So weise Wien vor Brüssel und Kopenhagen das höchste BIP pro Kopf aller europäischen Hauptstädte auf, was sich auch im innerstaatlichen Vergleich niederschlägt: Pro Kopf beträgt das BIP des Wieners um 49 Prozent mehr als das BIP des Durchschnittsösterreichers.****

Probleme machen laut Rieder immer noch Erkrankungen, die im Zusammenhang mit Genussmitteln wie Tabak oder Alkohol stehen. Hier lässt sich bei den Wienerinnen und Wienern ein eindeutiger Hang zu viel Essen, Trinken und Rauchen feststellen. Beim Rauchen liegen die Wienerinnen und Wiener nach Oslo, Madrid und Kopenhagen an vierter Stelle, ebenfalls auf dem vierten Platz liegt die Bundeshauptstadt beim Anteil von übergewichtigen Menschen, nach London, Lissabon und Brüssel.

Rieder: "Diese Vergleiche decken sich mit unseren Erfahrungen und Erhebungen über den Gesundheitszustand der Wienerinnen und Wiener. Deshalb haben wir für das `Wiener Gesundheitsförderungsprogramm 2000 auch die Schwerpunkte Ernährung, Herz-Kreislauf und Haltungsschäden ausgewählt."

Wiener Familienhebammen ein Projekt im Rahmen des Megapoles-Netzwerkes

Ein Ziel des Wiener Symposiums war auch die Präsentation konkreter Modelle aus den europäischen Hauptstädten. In diesem Rahmen präsentierte Wien das Modell der Wiener Familienhebammen, einer mobilen, aus 11 Hebammen bestehenden Betreuungseinrichtung der Magistratsabteilung 15 Gesundheitswesen. Die Familienhebammen nehmen sich kostenlos vor allem sozial benachteiligter Frauen, ausländischer Frauen, Frauen mit erhöhtem psychosozialen Risiko und Frauen mit einer Risikoschwangerschaft an.

Zum Angebot der Wiener Familienhebammen gehören Geburtsvorbereitungskurse, Einzel- und Paarberatung, Schwangerengymnastik sowie natürlich kostenlose Hausbesuche bei den Schwangeren.

Wien im internationalen Vergleich

  • Allgemeine wirtschaftliche und soziale Indikatoren
    Bruttoinlandsprodukt in Euro/Kopf
    über/unter dem nationalen Mittel

Städte sind Wirtschaftsmotoren. Der Durchschnittswiener erwirtschaftet um 49 Prozent mehr als der Durchschnittsösterreicher. Damit ist Wien im europäischen Vergleich an zweiter Stelle, nur übertroffen von den Brüsslern (+ 51 %). Aufgrund seiner besonderen Situation bildet Berlin hier das Schlusslicht, wo pro Kopf um 5 Prozent weniger BIP als im nationalen Schnitt erwirtschaftet werden.

  • Arbeitslosenrate laut Eurostat Regio

Laut Eurostat nimmt Wien hier mit einer Arbeitslosenrate von 5 Prozent die zweitbeste Position vor Oslo mit 4 Prozent ein. Spitzenreiter sind Madrid (21 %), Brüssel (14 %) und Berlin (12 %).

  • Arbeitslosenrate bei unter 25-jährigen laut Eurostat Regio

Wien hat mit 9 Prozent die zweitniedrigste Arbeitslosenrate bei den unter 25-jährigen in Europa. Hingegen sind 45 Prozent der Madrilenen unter 25 Prozent arbeitslos. Das gleiche gilt für die Bewohner von Lazio. Danach folgen Brüssel und Athen (je 35%).

  • Durchschnittliche Haushaltsgröße

Die klassische Familiengröße ist mit 3,1 Bewohnern/Haushalt am ehesten in Dublin und Madrid anzutreffen. In Wien leben durchschnittlich 2,1 Menschen in einem Haushalt (Platz 6), Singlehochburgen in Europa sind Amsterdam, Kopenhagen (je 1,8) und Oslo (1,7).

  • Anteil von Kinder, die allein erzogen werden

33 Prozent der Brüssler Kinder leben in Haushalten von AlleinerzieherInnen. Auf Platz 2 mit 30 Prozent folgt Amsterdam, 29 Prozent der Kinder in Kopenhagen wachsen mit einem Elternteil auf. Wien liegt mit einem Anteil von 22 Prozent vor Stockholm (21%) und Oslo (18%) im hinteren Feld.

  • Prozentsatz der Bevölkerung zwischen 25 und 34 Jahren

Wien ist eine vergleichsweise junge Stadt. Mit einem Anteil von 19 Prozent liegt die Bundeshauptstadt hier in Europa an 5. Stelle. Die jüngsten Städte sind Kopenhagen und Amsterdam (je 23%), gefolgt von Oslo (21%) und London (20%). Am geringsten ist der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe in Athen (16%) und Lissabon (14%).

  • Prozentsatz der Bevölkerung unter 15 Jahren

Europas jugendlichste Stadt ist Dublin: 22 Prozent der Dubliner sind unter 15 Jahre alt. Danach folgen Lyon (20%) und London (19%). Am wenigsten unter 15-jährige leben in Berlin und Kopenhagen (je 12%), Wien, Lazio und Madrid (je 15%).

  • Anteil von Menschen über 65 an der Bevölkerung

Den höchsten Anteil von Menschen über 65 hat Berlin mit mehr als 17 Prozent. Ähnlich hoch ist dieser Anteil in Kopenhagen und Brüssel. Wien nimmt mit 16 Prozent den vierten Platz ein. Mit 9 Prozent am geringsten ist der Anteil von über 65-jährigen in Dublin.

  • Alleinlebende ältere Menschen pro 10.000 ab 65 Jahren

In Wien leben von 10.000 Menschen über 65 Jahren 4.122 allein. Damit liegt Wien auf Platz 5 in Europa. Am meisten allein stehende gibt es in Kopenhagen (5.749), Amsterdam (5.305) und Brüssel (4.700). Am geringsten ist dieser Anteil in Madrid (2.093) und Dublin (2.635).

2. Allgemeine Gesundheitsindikatoren

  • Sterblichkeitsraten unter 65 Jahren

Pro 10.000 Einwohner sterben in Kopenhagen weitaus am meisten Menschen, nämlich 45. Danach folgen mit jeweils 30 Todesfällen Lissabon, Brüssel und Wien. Am Ende der Liste rangieren hier mit einem Wert von 20 Lyon, Stockholm und Madrid.

  • Rauchende Erwachsene

40 Prozent der erwachsenen Osloer rauchen. Danach folgen Madrid (37%), Kopenhagen (35%) und Wien (34%). Am "rauchfreisten" leben die Bewohner Stockholms (24%) und Lissabons (19%).

  • Alkoholkonsum
Aufgrund unterschiedlicher Definitionen gibt es in dieser Frage keine europaweit standardisierten Daten und können daher keine seriösen Vergleiche angestellt werden. Nach jeweils subjektiven nationalen Kriterien hätten in Lissabon 28 Prozent der Bevölkerung einen zu hohen Alkoholkonsum, in Kopenhagen 21,5 Prozent und in London 19 Prozent. Nach österreichischer Definition trinken in Wien 13 Prozent zu viel Alkohol.
  • Fettsucht

Die schwerstgewichtigen Hauptstädter finden sich in London, wo 13,5 Prozent der Bevölkerung übergewichtig sind. Gefolgt wird die britische Hauptstadt von Lissabon (13,3%), Brüssel (10%) und Wien (8,7%). Am schlanksten sind die Kopenhagener (6,3%) und die Osloer (5,6%).

  • Verkehrstote pro Million Einwohner

Wien zählt neben Helsinki zu den sichersten Städten Europas. In Wien sterben 34 Menschen/Million EW durch einen Verkehrsunfall, in Helsinki "nur" 27. Am gefährlichsten lebt es sich in Lissabon (161), Athen (133) und Lazio (Rom-Umgebung, 102)

  • Tuberkulose

Stadtbewohner sind in ganz Europa stärker von Tuberkulose betroffen als andere. An der Spitze steht hier Lissabon mit 53 Erkrankungen pro 1000 EW. Danach folgen Amsterdam (32), London (31), Madrid (30) und Wien (28).

  • Aids

Wien ist die Stadt mit der geringsten Aids-Häufigkeit. Pro Million EW sind hier "nur" 20 Menschen an Aids erkrankt. Spitzenreiter in Europa sind hier Amsterdam (177), Madrid (139) und London (116). Die günstige Situation in Wien ist vor allem auch auf ein funktionierendes Spritzentausch-Programm im Drogenbereich zurückzuführen.

  • Zahl der Krankenhausaufenthalte

Wenngleich auch hier nur schwer vergleichbare Daten vorhanden sind, zeigt sich, dass die Wiener Europameister im Aufsuchen der Spitäler sind. Da die Krankenhaushäufigkeit vor allem mit dem Alter zu tun hat, wurde eine altersstandardisierte Rate für die Krankenhaushäufigkeit festgelegt. Diese beträgt in London 100, in Oslo 60, in Wien hingegen 187. Danach folgen Lazio (157), Lyon (138) und Berlin (129).

  • Säuglingssterblichkeit

Von 1000 Säuglingen sterben in Wien statistisch 5,4. Damit liegt Wien im europäischen Mittelfeld, das von Athen (8,3), Lazio (6,3) und Brüssel (6,2) angeführt wird. Am wenigsten Säuglinge sterben in Helsinki (3,2) und Lyon (4,1).

(Schluss) nk/

(RK vom 15.06.2000)