Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 03.06.2000:
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Sechzig Forscher gehen im Prater auf Expedition

Wien, (OTS) Am Samstag findet der von der Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22) organisierte "Wiener Tag der Artenvielfalt" im Prater statt. Mehr als sechzig Botaniker, Zoologen und Umweltexperten stellen sich unentgeltlich zur Verfügung, um eine Expedition in die Vielfalt der Natur im Prater zu starten. 24 Stunden ...

Wien, (OTS) Am Samstag findet der von der Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22) organisierte "Wiener Tag der Artenvielfalt" im Prater statt. Mehr als sechzig Botaniker, Zoologen und Umweltexperten stellen sich unentgeltlich zur Verfügung, um eine Expedition in die Vielfalt der Natur im Prater zu starten. 24 Stunden lang untersuchen und notieren die Forscher alles, was es an Reichtum an Flora und Fauna im Wiener Prater gibt. Dokumentiert wird alles was da kriecht, fliegt, läuft und wächst, wie z.B. Teichrohrsänger, Rädertierchen, Blutzikaden, Kleiber und Mandarinenten. Das Ergebnis wird eine umfangreiche Bestandsaufnahme aller Tier- und Pflanzenarten in diesem Gebiet sein, die bis zum Jahresende komplett ausgewertet sein soll. Anliegen dieser Aktion ist es, zu zeigen, wie vielfältig die Natur direkt vor unserer Haustüre ist und nicht nur in tropischen Regenwäldern oder anderen weit weg gelegenen Gebieten. Diesen unschätzbaren Reichtum gilt es auch in Zukunft zu erhalten. LAbg. Heinz Hufnagl, Vorsitzender des Gemeinderatsausschusses für Umwelt- und Verkehrskoordination präsentierte diese Aktion - in Vertretung von Stadtrat Fritz Svihalek - in einer Pressekonferenz vor Ort und meinte dazu: "Mit dem Wiener Tag der Artenvielfalt wollen wir den Blick der Wienerinnen und Wiener für die Natur und ihre Zusammenhänge schärfen. Denn Käfer ist nicht gleich Käfer, nicht jeder Fisch ist ein Karpfen. Natur kann umso besser geschützt werden, je mehr Menschen über die Vielfalt von Fauna und Flora Bescheid wissen. Wenn das gelingt, dann wird das vorhandene Interesse der Bevölkerung am Umwelt- und Naturschutz viel öfter auch in aktives Engagement münden."

Die Artenvielfalt in Wien ist auch die ganze darauf folgende Woche Thema einer Aktivität des Naturschutzreferates der Umweltschutzabteilung: "Symphonie der Sinne" nennt sich eine Ausstellung mit Filmen, die direkt vor und in der Wiener Umweltschutzabteilung, in der Ebendorferstraße 4 im 1. Bezirk, stattfindet. Die Häuserfassade verschwindet dabei teilweise hinter bunten Schaubildern auf denen sich die Vielfalt der Natur - von den Fledermäusen bis zu den Amphibien - breit macht. Im Foyer der Umweltschutzabteilung sind Kurzvideos über Wiens Tiere und Pflanzen zu sehen. Die "Symphonie der Sinne" läuft vom 3. bis zum 9. Juni 2000.

24 Stunden lang dauert die Natur-Inventur im Prater

Sechzig Wissenschafter nehmen am "Wiener Tag der Artenvielfalt" die Natur im Prater genau unter die Lupe. Gleich beim Lusthaus, auf einer grünen Wiese, wird die Expedition in die Vielfalt der Natur gestartet. Mit dabei sind Botaniker, Zoologen und viele andere Umweltexperten. Begonnen wird im Mondschein, auf der Suche nach den Tieren der Nacht. Wenn die Vögel in der Morgendämmerung erwachen, sind die Forscher ebenfalls mit dabei. Den ganzen Tag lang, bis sich die Nacht von neuem über den Prater senkt, notieren und untersuchen sie alles was dort kriecht, fliegt, läuft oder wächst. Spechte, Mandarinenten, Erdkröten, Feuerwanzen, Eidechsen, Marienkäfer, Wilder Hopfen, Kamillenblüten, Holundersträuche und viele riesige Silberpappeln - der Prater ist Heimat von hunderten Tier- und Pflanzenarten. Eine Besonderheit des Praters sind seine vielen Käferarten. Einige davon findet man nur mehr hier und nirgendwo sonst in Österreich. Auch die Fledermäuse, die als besonders gefährdet gelten, leben hier. Von den 24 in Österreich nachgewiesenen Arten wurden zwanzig auch in Wien entdeckt. Und das ist für eine Großstadt eine mehr als erstaunliche Anzahl. So machen auch im Prater der "Große Abendsegler" und andere Fledermäuse die Nacht zum Tag. Wer also glaubt, in Städten leben nur Tauben, Spatzen und Ratten, der irrt gewaltig. Je größer die Metropole, desto reicher das Leben. Genau das wird auch die Inventur des grünen Praters eindrucksvoll zeigen. Die komplette Liste mit den Entdeckungen, die die Forscher im Prater gemacht haben werden, wird bis Ende 2000 publiziert.

Der Prater - die grüne Insel inmitten der Großstadt

Der Prater eignet sich für ein solches Projekt besonders gut. Als Rest einer früheren Donau-Au, ist er ein besonders attraktives Beispiel dafür, wie reichhaltig sich Natur auch in einer Millionen-Metropole präsentieren kann. Das enge Nebeneinander von Wald und Gewässer ist ein einzigartiger Lebensraum für gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Die Donau mit ihren vielen Seitenarmen bildete hier früher eine eindrucksvolle Flusslandschaft. Doch im Laufe der Jahre, vor allem durch die große Donauregulierung, hat sich das Bild dieser prächtigen Aulandschaft drastisch verändert. Der Prater ist heute nur mehr über das Grundwasser mit der Donau verbunden, die meisten Altarme und Tümpel sind längst verschwunden. Aber immerhin: Ein paar letzte Reste sind von den üppigen Praterauen übrig geblieben. So zum Beispiel das Mauthner- und Krebsenwasser (Naturdenkmal Nr. 646). Es liegt mitten im Herzen des Praters, gleich in der Nähe vom Lusthaus. Dort kann man heute immer noch, nur wenige Minuten von der U-Bahn entfernt, Natur in seiner ursprünglichsten Weise erleben. Übrigens: Um diesen urtümlichen Kern des Praters mit den seltenen naturnahen Aubeständen zu erhalten, wurde das Gebiet zum "Landschaftsschutzgebiet Prater" erklärt.

Zum "GEO-Tag der Artenvielfalt"

Der "Wiener Tag der Artenvielfalt" und die "Symphonie der Sinne" sind ein Beitrag zum "GEO-Tag der Artenvielfalt, zu dem das renommierte Wissenschaftsmagazin GEO erstmals 1999 aufgerufen hat. Was im Vorjahr klein begonnen hat, findet heuer bereits im gesamten deutschsprachigen Raum statt. Mehr als hundert derartige Aktionen sind im Juni an zahlreichen Orten in Deutschland, Österreich, Polen, Luxemburg und der Schweiz geplant. (Schluss) ma

(RK vom 03.06.2000)