Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.10.1999:
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"Diätetische und psychologische Aspekte in der Ernährung"

Wien, (OTS) Im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposiums setzen sich heute, Donnerstag, im Laufe des Tages zahlreiche bekannte WissenschafterInnen auf Einladung der Frauen- und Konsumentenstadträtin Mag. Renate Brauner mit den Themen Gesundheit, Ernährung und Diät auseinander. Im ersten Referatsblock nahm sich ...

Wien, (OTS) Im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposiums setzen sich heute, Donnerstag, im Laufe des Tages zahlreiche bekannte WissenschafterInnen auf Einladung der Frauen- und Konsumentenstadträtin Mag. Renate Brauner mit den Themen Gesundheit, Ernährung und Diät auseinander. Im ersten Referatsblock nahm sich Brauner gemeinsam mit der klinischen Psychologin Dr. Renate Gänszler der Frage Körperbewusstsein, Diätverhalten und Essstörungen: Wände oder Wende für Frauen?, an. Sie präsentierten u.a. die Ergebnisse des Wiener Frauenbarometers zu Wellness, Gesundheit und Diät sowie die erste, druckfrische Zwischenbilanz über die jüngst eingerichtete Info-Hotline für Ernährung bei der Frauengesundheitsbeauftragten der Stadt Wien.

Die soziale Situation beeinflusst Ernährung und Gesundheit

"Gesundheit, Ernährung und Wohlbefinden ist keineswegs nur eine Frage der Einstellung, sondern vor allem eine Frage der sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen, unter denen Menschen leben", so fasst Brauner eine der essenziellen Aussagen einer vom Institut IFES unter 500 WienerInnen durchgeführten telefonischen Befragung zusammen.

Es gaben 45 Prozent (Männer zu 50 Prozent, Frauen zu 40 Prozent) an, sich zurzeit körperlich sehr wohl zu fühlen. Andererseits: Fast ein Viertel der Frauen (24 Prozent) fühlten sich jedoch eher oder gar nicht wohl. Besonders betroffen in der Gruppe der Unzufriedenen sind die 50-jährigen, Hausfrauen und Pensionistinnen, ferner Einkommensschwächere und stark Übergewichtige.

Körperzufriedenheit: Jede/er 2. fühlt sich mit dem Gewicht wohl

Das seelische Wohlbefinden ist besser als das körperliche. Dennoch wird deutlich, dass vor allem das geringere Einkommen und starkes Übergewicht sich negativ auf das Seelenwohl auswirken. Die größten Belastungen sind die Doppelbelastung durch Familie und Beruf (16 Prozent), ständiger Ärger am Arbeitsplatz (12 Prozent), finanzielle Probleme (12 Prozent) und Schlafstörungen (11 Prozent).

Das Forschungsprojekt unterstreicht ferner, dass traditionelle und tradierte Frauenbilder nicht überwunden seien. "Frauen leiden darunter, Idealbildern mit Idealfiguren nachzueifern, die nicht existieren, und die sie folglich auch nicht erreichen können", so die Frauenstadträtin. Obwohl sich viele Frauen in ihrem Körper sozusagen zuhause fühlen, meinen sie dennoch ab- bzw. zunehmen zu müssen.

Hier wurden, wie Brauner referierte, geschlechtsspezifische Unterschiede bestätigt. Rund die Hälfte der Befragten (47 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer) fühlten sich mit ihrem Gewicht wohl. Allerdings äußern 44 Prozent der Frauen mit ihrer Figur nicht zufrieden zu sein bzw. 71 Prozent der Frauen, dass sie sich auf Fotos nicht gefallen. Und 28 Prozent der Frauen und nur vier Prozent der Männer wünschen ein im Verhältnis zu ihrer Körpergröße deutlich untergewichtiges Körpergewicht.

Fast ein Viertel der 14 bis 19-jährigen haben Diäterfahrungen

Eine ausgewogene Ernährung ist 56 Prozent der Frauen, aber nur 45 Prozent der Männer sehr wichtig, das Ernährungsbewusstsein steigt deutlich mit dem Alter. 38 Prozent aller Befragten geben an, bereits eine Diät zur Gewichtsreduktion gemacht zu haben. Deutliche Unterschiede auch beim Alter: Immerhin haben bereits 22 Prozent der 14- bis 19-jährigen, 34 bis 40 Prozent der 20 bis 40- jährigen und 45 Prozent der 50-jährigen eine Diät gemacht.

Die am häufigsten genannten Diäten waren "FDH", weniger Essen bzw. die Null-Diät. Die Information über Diäten stammt aus dem Bekannten- und Verwandtenkreis, aus Zeitschriften, von ÄrztInnen bzw. aus Büchern und Ratgebern.

Erfolg für die Infohotline für Ernährung unter 4000/8088

Hier gelte es, so Brauner, Frauen zu stärken, ihnen Fachinformation und ganz konkrete Ratschläge im Bereich Gesundheitsvorsorge, gesunde Lebensmittel, oder auch ausgewogene Ernährung zukommen zu lassen. Als eines der vielen konkreten Angebote der Stadt erwähnte Brauner die im Rahmen der Herbstaktion "Wien ist Wellness" neu eingerichtete "Infohotline für Ernährung" der Frauengesundheitsberatung. Bis 7. November stehen den WienerInnen jeden Wochentag von 12 bis 19 Uhr unter der Telefonnummer 4000/8088 Ernährungswissenschafterinnen und Diätexpertinnen zur Verfügung.

Gemessen an ein paar Indikatoren können recht klar die Intention der Kontaktnahme, die Erwartungen daran bzw. individuelle Erfahrungen definiert werden. Das Gros der AnruferInnen ist weiblich und im Alter von 30 bis 50 Jahren. Mehr als 70 Prozent der Anruferinnen hatten, laut Angaben, Übergewicht. Fast zwei Drittel der Anrufe suchen Rat und Hilfe zur gesunden Ernährung (Was soll man essen? Warum? Wie viel?) und zur Gewichtsreduktion (Wie kann ich abnehmen? Warum wirken Diäten bei mir nicht?).

Probleme mit Übergewicht nach Schwangerschaft und Geburt

Interessante und in die Tiefe gehende Erkenntnisse, so die Analyse der Frauenstadträtin, liefern Aussagen über die Ursache der Gewichtsprobleme. Ein Viertel sehen als Auslöser körperliche Erkrankungen, ein Fünftel Schwangerschaft und Geburt. Es zeige sich, dass Frauen unter dem Gewicht dauerhaft leiden. Eine überwältigende Anzahl der AnruferInnen laboriert seit Jahren körperlich wie seelisch an Übergewicht.

Unter den bisher versuchten Maßnahmen zur Gewichtsreduktion schlagen bei jeder Dritten Diäten und bei jeder Vierten Besuche von Figurinstituten zu Buche. Von fast 60 Prozent wurden entweder Trennkost oder FDH-Methode als Diäten genannt. Aber: Fast 80 Prozent hatten gleichzeitig schlechte Erfahrungen mit Diäten gemacht, jede dritte Frau nimmt trotz Diät nicht ab.

Das Ziel, einerseits auf die Bedürfnisse von Frauen mit dem Ernährungsangebot einzugehen, andererseits Frauen in ihrem persönlichen Ernährungsverhalten zu beraten, sei mit diesem Pilotprojekt weitgehend erreicht. Als Konsequenz aus der großen IFES-Studie und der Zwischenbilanz erklärte die Konsumenten- und Frauenstadträtin, dass hier die Stadt sehr wohl verstärkt präventive und unterstützende Maßnahmen setzen sollte und setzen wird. (Schluss) wb

(RK vom 21.10.1999)