Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 24.09.1999:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Mehr Ökologie im Einkauf der Stadtverwaltung

Wien, (OTS) Die Stadt Wien hat sich ein großes Ziel gesetzt: mit dem Projekt "ÖkoKauf Wien" soll der gesamte Einkauf beim Magistrat der Stadt Wien, den Wiener Krankenanstalten und den Wiener Stadtwerken in den nächsten Jahren konsequent ökologisiert werden. An die 150 MitarbeiterInnen der Stadt Wien erarbeiten seit ...

Wien, (OTS) Die Stadt Wien hat sich ein großes Ziel gesetzt: mit dem Projekt "ÖkoKauf Wien" soll der gesamte Einkauf beim Magistrat der Stadt Wien, den Wiener Krankenanstalten und den Wiener Stadtwerken in den nächsten Jahren konsequent ökologisiert werden. An die 150 MitarbeiterInnen der Stadt Wien erarbeiten seit einem Jahr gemeinsam mit Vertretern aus Umweltschutzeinrichtungen die notwendigen Kriterien für einen derartigen Einkauf. Das Projekt wurde am Freitag gemeinsam von Umweltstadtrat Fritz Svihalek und Gesundheitsstadtrat Dr. Sepp Rieder in einer Pressekonferenz präsentiert.

Umweltstadtrat Fritz Svihalek: "In den nächsten Jahren werden wir ökologische Kriterienkataloge für nahezu alle innerhalb der Stadtverwaltung benötigten Produkte, Materialen und Leistungen ausarbeiten. Die Palette reicht dabei von Textilien, Wasch-, Reinigungs- und Desinfektionsmittel, Büromaterial, Möbel, Fahrzeuge, Baumaterialien und Bauaufträgen bis hin zu Reinigungsarbeiten als komplettes Dienstleistungspaket. In Zukunft sollen nur mehr solche Produkte von der Stadt Wien angekauft werden, die den Kriterienkatalogen entsprechen."

Einer der Vorreiter beim "ÖkoKauf Wien" sind die Wiener Spitäler. Gesundheitsstadtrat Sepp Rieder: "Gesundheit und Umweltschutz sind nicht voneinander zu trennen. Deshalb arbeiten Mitarbeiter des Wiener Krankenanstaltenverbundes in fast allen "ÖkoKauf Wien" - Arbeitsgruppen mit. So zum Beispiel bei der Erstellung der Kriterienkataloge für Reinigungs- und Desinfektionsmittel. Ein neuer Schwerpunkt ist die Versorgung der Patienten mit Lebensmitteln vom Biobauern. Der Anteil der biologischen Lebensmittel in den Wiener Spitälern und Pflegeheimen soll bis etwa 2002 auf rund dreißig Prozent erhöht werden." Das Projekt "ÖkoKauf Wien" ist magistratsübergreifend organisiert und wird von der Magistratsdirektion-Stadtbaudirektion geleitet.****

Federführend beteiligt sind die Umweltschutzabteilung der Stadt Wien (MA 22), die Wiener Umweltanwaltschaft, die Wiener Stadtwerke und der Wiener Krankenanstaltenverbund. Der "ÖkoKauf Wien" ist ein Beitrag zum KliP-Klimaschutzprogramm der Stadt Wien.

Stadt Wien kauft pro Jahr Waren im Wert von rund 50 Milliarden Schilling

Jahr für Jahr kauft die Stadt Wien eine Vielzahl von Produkten, Waren und Leistungen aller Art im Wert von rund fünfzig Milliarden Schilling ein. Das ist immerhin das Fünffache der Summe, die alle 1,6 Millionen WienerInnen insgesamt für Wohnungsausstattung, Ernährung, Bekleidung, Reinigung und Auto pro Jahr ausgeben. Diese großen Warenmengen machen es auch möglich, dass die Stadt Wien auf die Qualität und Beschaffenheit der Produkte wesentlich mehr Einfluss nehmen kann, als der einzelne Konsument es vermag. Durch den "ÖkoKauf Wien" kann in Zukunft diese "Marktmacht" noch besser genutzt werden, um möglichst viele umweltfreundliche Produkte einzukaufen. Dadurch wird sich der "ÖkoKauf Wien" gleichzeitig positiv nach außen auf den Markt für umweltfreundliche Produkte auswirken. Denn steigt die Nachfrage an ökologischen Produkten bei einem Großverbraucher wie der Stadt Wien, so wird es insgesamt auch für Industrie und Gewerbe leichter, neue umweltfreundliche Produkte und Leistungen zu einem für den Konsumenten interessanten Preis zu entwickeln und nachhaltig auf dem Markt zu etablieren.

Ökologische Kriterien werden für fast alle Produktgruppen entwickelt

Im "ÖkoKauf Wien" werden derzeit von zwölf Arbeitsgruppen ökologische Kriterienkataloge ausgearbeitet und zwar für die Bereiche Beleuchtung, Desinfektion, Druckerzeugnisse, elektrische Büro- und Haushaltsgeräte, Fuhrpark, Haustechnik, Hochbau, Innenausbau, Lebensmittel, Tiefbau, Wasch- und Reinigungsmittel und Wasser. Die Kriterienkataloge bzw. die einzelnen Kriterien umfassen im wesentlichen die ökologischen Aspekte, abgestimmt auf die speziellen technischen und qualitativen Anforderungen, die bestimmte Produkte und Dienstleistungen zu erfüllen haben. Faktoren wie Wirtschaftlichkeit, Qualitätsanforderungen und Gebrauchstauglichkeit werden natürlich dabei ebenfalls berücksichtigt.

Die ökologischen Kriterien werden in drei Kategorien aufgesplittet. In der ersten Kategorie (Ausschlusskriterien) sind jene Kriterien genannt, die den Ankauf von Produkten oder Leistungen auf jeden Fall ausschließen. In der zweiten Kategorie werden die "harten Kriterien" definiert. Sie müssen nach Möglichkeit eingehalten werden, da sie sowohl dem aktuellen Stand der Technik als auch dem Marktangebot entsprechen. Die dritte Kategorie bezieht sich auf die "weichen Kriterien", die nicht sofort erfüllt werden müssen, jedoch zeigen, in welche Richtung die Trends gehen. Betroffen davon sind vor allem Produkte, die zwar ökologisch wünschenswert wären, jedoch anderen Anforderungen - zum Beispiel den technischen - derzeit noch nicht genügen.

Wiener Spitäler engagieren sich intensiv im "ÖkoKauf Wien"

Einer der Vorreiter beim "ÖkoKauf Wien" sind die Wiener Spitäler. Mitarbeiter des Wiener Krankenanstaltenverbundes sind in fast allen Arbeitsgruppen tätig. So ist der Krankenanstaltenverbund federführend bei der Erstellung der Kriterienkataloge für Wasch- und Reinigungsmaterialien sowie für biologische Lebensmittel. Schon derzeit werden in einem Großversuch in allen Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbundes nur noch ökologisch vertretbare Wasch- und Reinigungsmittel angekauft. Ein neuer Schwerpunkt ist der Einsatz von biologischen Lebensmittel. Bis zum Jahr 2002 soll der Anteil der Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft in den Wiener Spitälern und Pflegeheimen auf dreißig Prozent gesteigert werden. Erste Pilotprojekte wurden bereits gestartet, so zum Beispiel im Sommer 1999 am Neurologischen Krankenhaus Rosenhügel. Hier werden erste Erfahrungen gesammelt, ob die Anbieter von Bioprodukten bzw. von Fleisch aus artgerechter Tierhaltung ihrer Lieferverpflichtung auch bei sehr großen Mengen nachkommen können und ob die Versorgung bei saisonabhängigen Produkten problemlos funktioniert. Außerdem wird sich im Laufe des Pilotversuches zeigen, wie sich die Marktpreise weiter entwickeln. Die nächsten Schritte: Schon demnächst werden die Krankenanstalten mit Biomilch beliefert und der Einkauf biologischer Backwaren wird vorbereitet.

Die Arbeit an den Kriterienkatalogen am Beispiel der Arbeitsgruppe "Desinfektion"

Anhand der Arbeitsgruppe "Desinfektion" soll die Arbeit an den Kriterienkatalogen beispielhaft dargestellt werden: Bei den ökologischen Kriterien für Desinfektionsmittel ist eine Voraussetzung besonders wichtig: Das Infektionsrisiko darf weder für Patienten noch für das Personal größer werden. Beim Thema Desinfektionsmittel handelt es sich auch noch aus einem anderen Grund um einen besonders komplizierten Bereich. Während die anderen Arbeitsgruppen, zum Beispiel zu den Themen Fuhrpark, Druckerei oder Hochbau bereits auf zahlreiche fundierte Studien zur ökologischen Produktbewertung zurückgreifen können, müssen bei den Desinfektionsmitteln solche Grundlagenstudien erst durchgeführt werden. So werden derzeit zum Beispiel ökotoxikologische Daten recherchiert, der Verbrauch von Desinfektionsmitteln im Bereich der Stadt Wien analysiert oder Labortests zur Toxizität und zur mikrobiellen Abbaubarkeit der Wirkstoffe durchgeführt. Außerdem wird ein ökologischer Bewertungsraster für die einzelnen Produkte entwickelt und Vorschläge zur Mengenreduktion werden ausgearbeitet. Neben dem Krankenanstaltenverbund arbeiten in dieser von der Wiener Umweltanwaltschaft geleiteten Arbeitsgruppe auch noch Experten des Umweltbundesamtes, des Instituts für Umweltmedizin (MA 15), der Wiener Umweltberatung, des Ökologieinstituts sowie Fachleute des IFZ-Graz und eines privaten Labors in Deutschland mit. Auch die Industrie hat bereits ihre Kooperationsbereitschaft signalisiert und Daten über die verschiedensten Rezepturen von Desinfektionsmitteln zur Verfügung gestellt. Im Herbst 2000 werden dann von der Arbeitsgruppe eine Empfehlungsliste für umweltschonende Desinfektionsmittel und eine Liste mit Vorschlägen für alternative Methoden vorgelegt werden.

Für Ökoprodukte sensibilisieren und auch über langfristige Alternativen nachdenken

Mit den Checklisten, Richtlinien und Anforderungsprofilen, die in den Kriterienkatalogen enthalten sind, soll jedoch nicht nur der Kauf umweltfreundlicherer Produkte und Dienstleistungen forciert werden. Von den MitarbeiterInnen soll grundsätzlich darüber nachgedacht werden, ob bestimmte Produkte auch wirklich notwendig sind und ob es umweltfreundliche Alternativen dazu gibt. Letztendlich wird auch die Arbeit bei der Planung und Aus- schreibung von Leistungen der Stadtverwaltung vereinfacht, schematisiert und nach außen transparenter gemacht. Weiterer Schwerpunkt im Projekt "ÖkoKauf Wien": Einkäufer aber auch möglichst viele MitarbeiterInnen in der Stadtverwaltung, die letztendlich die Produkte verwenden oder Leistungen in Anspruch nehmen, sollen verstärkt für ökologische Alternativen sensibilisiert werden, um eine breitere Akzeptanz innerhalb der öffentlichen Verwaltung für Ökoprodukte zu schaffen.

"ÖkoKauf Wien" und "KliP-Klimaschutzprogramm" der Stadt Wien

Der "ÖkoKauf Wien" ist aus dem "KliP-Kimaschutzprogramm der Stadt Wien" hervorgegangen. Im "KliP"-Team 3 (Abfall/Beschaffung)" haben sich von 1997 bis 1998 mehrere Arbeitsgruppen mit dem Thema des klima- und umweltfreundlichen Einkaufs auseinander gesetzt. Dabei wurde eines klar: Um den ökologischen und klimagerechten Einkauf von der Stadt Wien weiter forcieren zu können, müssen geeignete Instrumente in Form von Öko-Kriterienkatalogen entwickelt werden. Mit der Arbeit daran wurde teilweise bereits im "KliP" begonnen. Aufbauend auf den dort gemachten Erfahrungen werden nun beim "ÖkoKauf Wien" die Kriterienkataloge im Detail ausgearbeitet. Der "ÖkoKauf Wien" ist somit ein wesentlicher Baustein, um das "KliP"-Ziel - 25 Prozent weniger Kohlendioxid- Emissionen bis 2010 - zu erreichen. (Schluss) ma/nk

(RK vom 24.09.1999)