Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.05.1999:
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Stadt Wien legt Zwischenbilanz zur Flüchtlingsbetreuung

Wien, (OTS) Anlässlich zahlreicher Anfragen über in Wien betreute Flüchtlinge aus dem Kosovo legte die Bereichsleitung für Integration der Stadt Wien am Freitag einen umfassenden und aktualisierten Situationsbericht über die koordinierende Betreuung in den Wiener Großquartieren vor. Vom Wiener Gesamtkontingent (970 ...

Wien, (OTS) Anlässlich zahlreicher Anfragen über in Wien betreute Flüchtlinge aus dem Kosovo legte die Bereichsleitung für Integration der Stadt Wien am Freitag einen umfassenden und aktualisierten Situationsbericht über die koordinierende Betreuung in den Wiener Großquartieren vor.

Vom Wiener Gesamtkontingent (970 Personen) sind bisher 609 kosovarische Kriegsvertriebene betreut worden. Davon sind 176 bereits in andere Bundesländer, meist zu ihren Familienangehörigen weitergezogen. Mit Stand 20. Mai sind 432 Flüchtlinge aus dem Kosovo durch die Stadt Wien betreut, davon 393 in Großquartieren. Im Mautner-Markhofschen Kinderspital (MMK), welches seit Ankunft der ersten Flüchtlinge Mitte April benutzt wird, befinden sich 213 Personen. Im Großquartier Baumgartner Höhe und in der Triesterstraße, die erst seit Mittwoch dieser Woche besiedelt sind, befinden sich derzeit 95 bzw. 54 Personen. Dagegen sind in der Prinz Eugen Kaserne in Stockerau nur mehr 31 Personen. Die anderen 39 Flüchtlinge sind bei Familienangehörigen untergebracht.

Stadt Wien garantiert medizinische Erstversorgung

Nach Auskunft der betreuenden Organisationen und HelferInnen sind die Kosovaren in einer "den Umständen entsprechend guten körperlichen Verfassung". Unmittelbar nach der Ankunft wird unter der Leitung der Magistratsdirektion-Hilfsmaßnahmen, von Organisationen wie dem Roten Kreuz, dem Arbeiter-Samariter-Bund, dem Malteser Hospitaldienst und der Johanniter Unfallhilfe zuerst die medizinische Erstversorgung sichergestellt. Vom Roten Kreuz werden die Grundbedürfnisse der Flüchtlinge (Verpflegung, Unterkunft, Bekleidung, Hygieneartikel, Wäsche) gedeckt.

Psychologische und ärztliche Versorgung stehen im MMK im Vordergrund

Als eine der ersten Aktionen der Stadt und des Roten Kreuzes ist eine Psychologin engagiert worden, die zwei Mal pro Woche vor Ort Hilfestellung leistet und bei der Bewältigung der traumatischen Erlebnisse der Vergangenheit zielgerichtet, etwa durch eine Kinderspielgruppe und eine spezielle Frauengruppe, unterstützt.

Ein kostenloses medizinisches Netzwerk wurde in Kooperation mit der Ärztekammer aufgebaut. Ein praktischer Arzt ordiniert drei Mal wöchentlich vor Ort. Den Flüchtlingen ist es selbstverständlich jederzeit möglich, Fachärzte zu konsultieren - etwa auf der Gynäkologie und Augenheilkunde in der Rudolfstiftung, im Zahnambulatorium am Wienerberg oder erfahrene Kinderärzte. Den Transport zu den Krankenanstalten erledigt das Rote Kreuz.

Kinderbetreuung: Vom Montessorikindergarten bis zum Gymnasium

Auch was den Schul- bzw. Kindergartenbesuch anbelangt, verweist die Stadt auf die umgehend gesetzten Aktionen: Für 15 Kleinkinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren ist ein Musik- und Montessorikindergarten gefunden worden. Alle 32 schulpflichtigen Kinder konnten in den regulären Schulbetrieb integriert werden. Unterrichtet wird von muttersprachlichen BegleitlehrerInnen.

Und: Sogar für vier GymnasiastInnen konnten Schulplätze gefunden werden. Einer Maturantin wird es ermöglicht, zur Reifeprüfung anzutreten. 25 StudentInnen konnten bereits Mittwoch in den Universitätsbetrieb hineinschnuppern.

Durch die Initiative zahlreicher Stellen wie dem Unterrichtsministerium erhielten LehrerInnen wie SchülerInnen Albanisch-Deutsch-Wörterbücher. Das Jugendrotkreuz stattete alle SchülerInnen mit nagelneuen Schultaschen und Unterrichtsbehelfen aus.

Der Wiener Integrationsfonds hat ab sofort Deutschstunden organisiert. Die regulären Deutschsprachkurse jedoch werden mit Anfang Juni starten. Erst dann ist klar, welche Flüchtlinge tatsächlich in Wien bleiben werden.

Aktivitäten gegen den "Lagerkoller"

Unter dem Motto der Partnerschaft und des Miteinander finden die Kosovaren in der Küche, bei der Wäsche, sowie bei der Reinigung der Räumlichkeiten und der Pflege der Grünflächen Beschäftigung. Die Flüchtlinge zeigen große Begeisterung bei den laufenden Hilfsaktionen für ihre im Kosovo verbliebenen Landsleute. So helfen sie auch bei der Zusammenstellung der Hilfspakete.

Damit nicht so leicht "Lagerkoller" aufkommt, die Kosovaren eine sinnvolle Beschäftigung haben, wird auch ein abwechslungsreiches Freizeitangebot bereitgehalten. Dazu zählten bisher, laut Auflistung der Bereichsleitung, Attraktionen wie ein Praterbesuch, Besuch des Tiergarten Schönbrunns, ein Radausflug, sowie Wienbesichtigungen mit Privatpersonen. Weiters werden Sandkistenspiele mit den Kleinsten veranstaltet, sowie Näh- und Stricknachmittage mit interessierten Frauen organisiert. Im Mautner-Markhofschen Kinderspital stehen zudem drei Nähmaschinen, sowie Stoffe und Zwirn bereit. Jugendliche haben eine eigene räumliche Rückzugsmöglichkeit für Musik etc. Von Kindern für Kinder wurde eine Ballettaufführung mit Jause organisiert.

Mobilität und Kommunikation durch Fahrscheine und Wertkarten

Um den Kontakt mit ihren Angehörigen sicherzustellen und um den Flüchtlingen die Chance zu geben, sich in Wien so frei wie möglich zu bewegen, wurden einerseits Telefonwertkarten und andererseits Fahrscheine kostenlos bereitgestellt. Über die Grundversorgung und die aufgezählten Präsente hinaus wird den Flüchtlingen zur Deckung kleinerer persönlicher Bedürfnisse ein monatliches Taschengeld in der Höhe von 200 Schilling gegeben.

Zusätzlich von der Bereichsleitung organisiert werden konnten folgende persönliche Dienstleistungen: Ein Friseur, der sogar ins Lager kommt, Optiker, die beschädigte Brillen reparieren oder neue Brillen zur Verfügung stellen. Außerdem sorgt eine Satellitenanlage, Fernseher, Videorecorder, etc. für Kurzweil.

Abschließend wurde besonders hervorgehoben, dass auch in Zukunft für Abwechslung gesorgt sein wird. Als Aktivitäten sind u.a. ein Babypflegekurs, Sport wie Basketball, Volleyball oder Tischtennis, Kindertheater, Schwimmbadbesuche sowie auch Computer mit Internetanschluss in Aussicht gestellt. (Schluß) wb/gph

(RK vom 21.05.1999)