Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 06.11.1998:
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Wiener Gemeinderat (8)

Wien, (OTS) Die FPÖ brachte eine Dringliche Anfrage an den Bürgermeister betreffend die Aufhebung der Bausperren ein. GR Dr. Serles (FPÖ) erklärte in seiner Begründung der Anfrage, daß es durch das Fehlen der Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses nur im Gemeinderat Gelegenheit gebe, über politische ...

Wien, (OTS) Die FPÖ brachte eine Dringliche Anfrage an den Bürgermeister betreffend die Aufhebung der Bausperren ein.

GR Dr. Serles (FPÖ) erklärte in seiner Begründung der Anfrage, daß es durch das Fehlen der Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses nur im Gemeinderat Gelegenheit gebe, über politische Verantwortung zu reden. Die SPÖ, so Serles, trage die Verantwortung für Generationen von Stadträten, die das Existieren von Baukartellen verdrängt hätten, für das Versagen ganzer Abteilungen des Wiener Magistrats und für die Zunahme der Korruption in der Stadt. Er wandte sich gegen den Vorwurf der Skandalisierung und unterstrich die Notwendigkeit, diese Dinge aufzuarbeiten. Bei der Aufhebung der Bausperren habe sich die SPÖ die Latte selbst zu hoch gelegt. Es stehe der Verdacht im Raum, heißt es in der schriftlichen Begründung der Anfrage, daß bereits wenige Tage nach Vorlage des Schlußberichtes der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Korinek deren Vorgaben nicht eingehalten werden. Bei der Teerag-Asdag seien Preisabsprachen im Straßenbau erwiesen.

In der Dringlichen FPÖ-Anfrage wird der Bürgermeister u.a. gefragt, wie hoch die Summe des bislang ermittelten Schadens ist und wer Schadensgutmachung in welcher Höhe bisher geleistet oder angeboten hat. Nach magistratsinternen Konsequenzen wird ebenso gefragt, wie nach den Beweggründen für die Aufhebung der Sperre der Teerag-Asdag. Auch nach den personellen und organisatorischen Vorsorgemaßnahmen der Firmen wird gefragt.

In seiner Antwort hob Bürgermeister Dr. Michael Häupl (SPÖ) eingangs hervor, daß die Stadtbaudirektion immer rechtskonform entsprechend den Bestimmungen des Wiener Landesvergabegesetzes gehandelt habe. Nur geeignete vertrauensbildende Maßnahmen führen dazu, daß die Stadtbaudirektion die Zuverlässigkeit des Unternehmens wieder als gegeben erachtet. Häupl verwies auf die von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Vergaberechtsexperten und Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, Univ.-Prof. Dr. Korinek. Diese Arbeitsgruppe hatte die Aufgabe, die Frage zu klären, nach welchen Kriterien die vergebenden Stellen nach dem Wiener Landesvergabegesetz Bieter zu behandeln haben, gegen die der Vorwurf eines Fehlverhaltens erhoben wird. In ihrem Schlußbericht hat die Arbeitsgruppe festgehalten, daß in eidesstattlichen Erklärungen geeignete personelle und organisatorische Maßnahmen festgeschrieben werden, die eine Wiederholung der Verfehlung verhindern. Darüber hinaus müsse erklärt werden, daß allenfalls eingetretener Schaden gut zu machen ist, bzw. im Fall der Strittigkeit eine Bankgarantie zu bieten ist.

"Von allen involvierten Unternehmen wurden in den letzten Tagen eidesstattliche Erklärungen abgebeben, die anhand dieser erarbeiteten Kriterien von der Stadtbaudirektion einer genauen Prüfung unterzogen wurden", betonte der Bürgermeister. Weiters seien von den Firmen künftige Verantwortlichkeiten bekanntgegeben worden und Schadenswiedergutmachungserklärungen abgegeben worden. In den einzelnen Vergabeverfahren werde aber weiterhin auf die Einhaltung der vertrauensbildenden Maßnahmen geachtet.

Der Stadt sei, so Häupl, aus den konstatierten Bieterabsprachen kein meßbarer materieller Schaden erwachsen. In drei Fällen sei es wegen Fehlverrechnungen zu Schadensgutmachungen in der Höhe von rund 18 Millionen Schilling gekommen. Die Rechtsabteilung der Magistratsdirektion prüfe die Geltendmachung weiterer Forderungen. Im Zusammenhang mit den magistratsinternen Konsequenten verwies der Bürgermeister auf seine Mitteilung vom 23. Oktober im Wiener Gemeinderat sowie auf die in Arbeit befindliche Schwachstellenanalyse mit anschließendem Maßnahmenkatalog. Unvorgreiflich dieser Ergebnisse habe er zur Neuorganisation des Vergabewesens im Magistrat mehrere Anordnungen getroffen. So müsse es etwa die Erstellung von exakten Leistungsverzeichnissen als Grundlage für die Ausschreibung durch die mit der Planung beauftragten Ziviltechniker geben. Bei der Bauaufsicht sollen Ziviltechniker verstärkt eingesetzt werden und bei Bauvorhaben mit einem Gesamtauftragswert von mehr als fünf Millionen Euro soll eine begleitende Kontrolle durch Ziviltechniker obligatorisch werden. Auch wird eine magistratsinterne Baurevision nach dem Vorbild einer Konzernrevision vorbereitet. Weiters verwies der Bürgermeister auf eine Novelle zum Wiener Landesvergabegesetz, die einen verbesserten Bieterschutz enthält. Zur Aufhebung der Sperre der Teerag-Asdag erklärte Häupl, daß dieses Unternehmen aufgrund seiner eidesstattlichen Erklärung sämtliche Kriterien des Schlußberichtes der Arbeitsgruppe Korinek erfüllt habe. Die Teerag-Asdag habe auch mittlerweile den Inhalt ihrer eidesstattlichen Erklärung veröffentlicht. Abschließend verwies der Bürgermeister nochmals ausdrücklich auf den vom Kontrollamt festgehaltenen Umstand, daß derzeit ein direkter Schaden aus Bieterabsprachen der nunmehr grundsätzlich wieder für Vergaben zugelassenen Unternehmen nicht meßbar ist.

Debatte der Dringlichen Anfrage

In der Debatte übte GR Dr. Alkier (LIF) Kritik daran, daß nach Angaben des Bürgermeisters kein Schaden berechenbar sei. Dies bedeute eine Kapitulation vor dem Baukartell. Weiters kritisierte der Redner die Umstände der Aufhebung der Sperre für die Teerag- Asdag. Im Zusammenhang mit den Bieterabsprachen sei, so Alkier, durch Magistratsbeamte ein Schaden von rund 13 Millionen Schilling entstanden. Er forderte besondere Kontrollen bei den jetzt zu vergebenden Aufgaben, deutlich erkennbare magistratsinterne Konsequenzen sowie die Aufhebung der Amtsverschwiegenheit für jene Beamte, die an der Untersuchung und Aufdeckung des Baukartells gearbeitet haben. (Forts.) js/rr

(RK vom 06.11.1998)