Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 09.12.1997:
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Gesundheitsbericht für Wien 1996

Wien, (OTS) Wiens Gesundheitsstadtrat Dr. Sepp Rieder präsentierte am Dienstag im Rahmen der Bürgermeisterpressekonferenz den Gesundheitsbericht für Wien 1996 der Magistratsabteilung 15 Gesundheitswesen. In diesem Bericht finden sich alle relevanten Daten über den gesundheitlichen Zustand der Wiener Bevölkerung, über ...

Wien, (OTS) Wiens Gesundheitsstadtrat Dr. Sepp Rieder präsentierte am Dienstag im Rahmen der Bürgermeisterpressekonferenz den Gesundheitsbericht für Wien 1996 der Magistratsabteilung 15 Gesundheitswesen. In diesem Bericht finden sich alle relevanten Daten über den gesundheitlichen Zustand der Wiener Bevölkerung, über die Arbeit der Gesundheitseinrichtungen sowie die Trends in diesem Bereich. Insgesamt gibt es keine dramatischen Veränderungen im Gesundheitszustand der Wienerinnen und Wiener, die bestehenden Gesundheitsprobleme entsprechen denen westlicher Großstädte, chronisch-degenerative Krankheiten stehen dabei im Vordergrund. "Ich sehe in den ermittelten großen Trends eine Bestätigung der grundlegenden Reformen der letzten Jahre. So konnten mit dem Ausbau der Betreuungseinrichtungen für pflege- und betreuungsbedürftige Menschen oder dem Ausbau der Krebsbehandlungseinheiten rechtzeitig die notwendigen Kapazitäten für die Gesundheitsversorgung der Wiener Bevölkerung geschaffen werden", betonte Gesundheitsstadtrat Rieder. Ein Novum in diesem Gesundheitsbericht stellt das Thema "Gewalt" dar. Dabei wurden sowohl gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Unfälle als auch das Thema "Gewalt gegen Frauen und Kinder" aufgearbeitet.****

Lebenserwartung so hoch wie nie zuvor

Die Lebenserwartung der Wienerinnen und Wiener ist so hoch wie nie zuvor. Im Durchschnitt erreichten im Vorjahr Frauen in Wien ein Lebensalter von 79,2 Jahren, Männer wurden 73 Jahre. Für Menschen, die jedoch bereits das 60. Lebensjahr erleben durften, liegen die Chancen, ein noch höheres Alter zu erreichen, noch besser: Frauen dürfen mit weiteren 22,4 Jahren, Männer mit weiteren 18,4 Jahren rechnen.

Erfreulich auch die Entwicklung der Säuglingssterblichkeit. Betrug die Sterblichkeit im Jahr 1978 noch 16,8 Kinder auf 1.000 Lebendgeborene, so waren 1996 nur noch 5,4 Sterbefälle zu verzeichnen.

Insgesamt wurden 1996 in Wien 16.242 Kinder geboren, womit die durchschnittliche "Fruchtbarkeitsziffer", die Zahl der Geburten auf 1.000 Frauen im Alter zwischen 15 und 45 Jahren, bei 46,3 lag.

Häufigste Todesursache: Herz-Kreislauferkrankungen

Nach wie vor stellen Herz-Kreislauferkrankungen die häufigste Todesursache in der Wiener Bevölkerung dar. Von den insgesamt 19.346 Todesfällen entfallen über 11.000 auf diesen Krankheitsbereich, gefolgt von Krebserkrankungen, die rund ein Viertel aller Todesfälle in Wien verursachen. An dritter Stelle befinden sich Unfälle, Vergiftungen und Gewalteinwirkung mit insgesamt 980 Toten, wobei dabei mehr als ein Drittel (351 Tote) und somit der größte Anteil auf Selbstmorde entfällt. Bei Stürzen kamen 253 Menschen ums Leben, rund zehn Prozent der Toten sind auf Verkehrsunfälle zurückzuführen.

Gewalt gegen Frauen und Kinder: Durch Aufklärung Bewußtsein schaffen

Im Kapitel IV - "Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Unfälle und Gewalteinwirkung" wird die Situation von Gewaltopfern beleuchtet. Gewalt gegen Frauen und Kinder stellt aufgrund ihrer Verbreitung und der unmittelbaren und nachhaltigen somatischen, psychischen und sozialen Folgen ein aktuelles Gesundheitsproblem dar. Nach wie vor sind in überwiegendem Ausmaß Kinder und Frauen in ihrem engsten sozialen Umfeld Opfer von Gewalttaten. In Wien rechnet man auf Basis polizeilicher Einsätze mit rund 60.000 bis 70.000 Gewalttaten gegen Frauen durch männliche Angehörige. Die Zahl der Sittlichkeitsdelikte gegenüber Frauen wird unter Berücksichtigung einer entsprechenden Dunkelziffer (nur in einem von mindestens zehn Fällen erfolgt eine Anzeige) auf rund 6.000 geschätzt. Bei Sittlichkeitsdelikten gegenüber Unmündigen und Minderjährigen liegt die Dunkelziffer noch höher: Man rechnet mit rund 11.000 Fällen von sexuellem Mißbrauch von Kindern in Wien. Dabei sind zum überwiegenden Teil die Täter im engsten sozialen Umfeld zu finden. Aufgrund der bei der Staatsanwaltschaft eingelangten Anzeigen läßt sich dabei folgendes feststellen: Mehr als die Hälfte der Taten wird vom leiblichen Vater, dem Pflege- oder Adoptivvater, dem Lebensgefährten oder dem Ex-Partner begangen. In 16 Prozent sind es männliche Verwandte, in 8 Prozent der Großvater.

Trotz der vielfältigen Beratung und Hilfe (Kinderschutzgruppen in den Spitälern, MAG ELF-Telefon (Tel.: 4000-8011), Kindertelefon, 24-Stunden-Frauennotruf (Tel.: 71719), u.v.m. ist es entscheidend, durch Thematisierung und Aufklärung Bewußtsein und eine allgemeine Sensibilisierung für Gewalt gegen Kinder und Frauen zu schaffen. Die Aufarbeitung in diesem Bericht versteht sich als Teil dieser Maßnahmen.

37 Prozent Rückgang der tödlichen Unfälle seit 1980

Im Jahr 1995 mußten sich 32.148 Wienerinnen und Wiener aufgrund eines Unfalls in Spitalsbehandlung begeben. 76 Prozent dieser Unfälle ereigneten sich dabei im Bereich Heim und Freizeit. Der Anteil der Unfallkrankenstände an den Gesamtkrankenstandstagen liegt in Wien mit rund 13 Prozent unter dem Österreichschnitt mit 22 Prozent. Insgesamt erlitten 1995 rund 111.000 Wienerinnen und Wiener Unfälle.

Die Häufigkeit tödlicher Unfälle ist von 1980 bis 1995 um 37 Prozent zurückgegangen. 1995 starben in Wien 648 Menschen an den Folgen eines Unfalls, wobei Stürze durch Stolpern und Ausrutschen den größten Teil (268 Stürze mit Todesfolge) davon bilden.

In Wien ereigneten sich 1995 rund 28.000 Sportunfälle mit Verletzungsfolge. Gemessen an der Unfallhäufigkeit stellt Fußball (26 Unfälle pro 100.000 Fußballspieler) vor Schifahren (18 Unfälle pro 100.000 Schifahrer) den risikoreichsten Sport dar.

Keine dramatischen Veränderungen des Gesundheitszustandes der Wiener Bevölkerung

Im Gesundheitszustand der Wienerinnen und Wiener zeigen sich keine dramatischen Veränderungen. Am auffälligsten sind die prognostizierten Zuwachsraten bei Krebserkrankungen. 1995 erkrankten 6.463 Personen an Krebs, was einer unbereinigten Inzidenzrate von 400 neuen Fällen auf 100.000 Wiener entspricht. In den letzten Jahrzehnten wurde dabei eine jährliche Zuwachsrate von rund drei Prozent festgestellt. Ausgehend davon rechnet man nach der Jahrtausendwende mit rund 50 Prozent mehr zu betreuenden Patienten.

Bis zum Jahr 1996 wurden in Österreich 1.713 Aidserkrankungen registriert, 1.112 Personen sind davon verstorben. Die Anzahl der HIV-infizierten Personen beläuft sich auf etwa 16.000, die Hälfte davon lebt in Wien. 1996 wurden in Wien 68 Neuerkrankungen registriert, 45 Personen verstarben.

Von den 2.477 anzeigepflichtigen Fällen von Infektionskrankheiten (ohne TBC, Geschlechtskrankheiten und AIDS) nahmen die bakteriellen Lebensmittelkrankheiten mit rund drei Viertel den größten Anteil ein. An Scharlach erkrankten 269 Personen, an bakterieller Ruhr 61 Personen.

Bei den anzeigepflichtigen Geschlechtskrankheiten ist seit Jahren ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Waren Anfang der 80er Jahre jährlich noch rund 3.500 Fälle an Gonorrhoe zu verzeichnen, so wurden 1996 lediglich 448 Fälle registriert.

An Tuberkulose waren im Vorjahr 526 Neuerkrankungen zu verzeichnen, was einen leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr (1995: 504 Fälle) bedeutet. Insgesamt blieb die Neuerkrankungsrate in den letzten Jahren jedoch stabil. (Schluß) mmr

(RK vom 09.12.1997)