Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 23.05.1997:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

47. Städtetag in Graz (3)

Wien, 23.5. (RK-WIRTSCHAFT) In einer umfassenden Resolution zum Thema "Beschäftigung und Lebensqualität" formulierten die mehr als 500 Delegierten zum 47. Österreichischen Städtetag die Ziele und Forderungen der österreichischen Städte. Für die Städte seien Abbau der Arbeitslosigkeit und Vollbeschäftigung ...

Wien, 23.5. (RK-WIRTSCHAFT) In einer umfassenden Resolution zum Thema "Beschäftigung und Lebensqualität" formulierten die mehr als 500 Delegierten zum 47. Österreichischen Städtetag die Ziele und Forderungen der österreichischen Städte.

Für die Städte seien Abbau der Arbeitslosigkeit und Vollbeschäftigung vordringliche Ziele. Die Städte seien bereit, ihre hohen Anstrengungen im Hinblick auf diese Ziele noch zu verstärken, erwarteten jedoch auch von den übergeordneten Gebietskörperschaften die erforderliche Unterstützung, wobei die Schwerpunkte der Maßnahmen auf folgenden Gebieten liegen:

  • Stärkere Berücksichtigung der Entwicklung der städtischen
    Ballungsräume und insbesondere der Probleme der Kernstädte
    in den Politiken der Europäischen Union. Dies betrifft
    insbesondere Fragen des städtischen Arbeitsmarktes, der
    Technologie- und Gründerförderung, insbesondere auch für
    Klein- und Mittelbetriebe und die Unterstützung von
    innovativen Projekten als Beitrag zu einer wesentlich zu
    verstärkenden europäischen Beschäftigungspolitik.
  • Förderung von Städtenetzwerken und -kooperationen durch die
    Europäische Union, um die Anpassung an die
    Integrationsauswirkungen zu erleichtern.
  • Unterstützung von Umstrukturierungsmaßnahmen durch die
    Europäische Union entlang der Grenze zu den mittel- und
    osteuropäischen Reformländern, um die mit der stärkeren
    Anbindung dieser Staaten an die Europäische Union auf
    österreichischem Gebiet zu erwartenden Probleme vorbeugend
    abzufedern. Diese Zone müßte etwa dem
    Tagespendlereinzugsbereich entsprechen und die
    Landeshauptstädte einschließen.
  • Ausbau bestehender und Einrichtung neuer Know-how-Transfer-
    Einrichtungen zwischen Universitäten und Wirtschaft durch den
    Bund.
  • Bedarfsorientierte Einrichtung von Fachhochschulen.
  • Einrichtung von regionalen Gründer- und Technologiezentren.
  • Maßnahmen zum erleichterten Zugang zu Unternehmensgründungen
    im Rahmen der Gewerbeordnung.
  • Verstärkte Abstimmung und Beschleunigung von Bau- und
    Betriebsanlagengenehmigungsverfahren in den Bezirksverwaltungen
    unter Einbeziehung des Arbeitsinspektorates und unter
    Berücksichtigung der Ergebnisse von Pilotmodellen bei
    grundsätzlicher Wahrung der Rechte der Betroffenen und der
    Gemeindeautonomie.
  • Unterstützung der Städte bei innovativen und regional
    bedeutenden Investitionen in die wirtschaftsnahe Infrastruktur,
    insbesondere auch durch den Ausbau der transeuropäischen
    Netze und die Verbesserung der überörtlichen Verkehrsanbindung.
    Gleichzeitig ist von Bund und Ländern die Finanzierung zur
    Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs in den Ballungszentren
    sicherzustellen.
  • Erhaltung der gewachsenen Geschäftsstraßenstruktur in den
    Kernstädten durch Anwendung des Instruments der überörtlichen
    Raumordnung und Überprüfung der Möglichkeit einer
    differenzierten Anwendung der Fünfzehntel-Anhebung nach dem
    Mietrecht.
  • Gewährleistung eines fairen Zuganges der kommunalen
    Versorgungsunternehmen zum Elektrizitäts- und künftigen
    Gasbinnenmarkt anstelle einer Diskriminierung, wie sie z. B.
    bei der innerösterreichischen Umsetzung der
    Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie droht; umfassende Förderung
    der Wettbewerbsfähigkeit der kommunalen Betriebe, denen beim
    Ausbau der städtischen Infrastruktur einschließlich der neuen
    Telekommunikationsnetze und damit zur Weiterentwicklung der
    Standortqualität unserer Städte eine wichtige Rolle zukommt.
  • Verstärkung der Anpassung der Maßnahmen der aktiven
    Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik des Bundes in
    Zusammenwirken mit Ländern und - wo erforderlich - in
    Abstimmung mit den Städten und Gemeinden.
  • Regelmäßige Information der Städte und Gemeinden über
    arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitische Initiativen, auch im
    Wege von regionalen Bürgermeisterkonferenzen.
  • Gründung von ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds in den
    Bundesländern, die insbesondere die Höherqualifizierung von
    Arbeitskräften und den Wiedereinstieg von Frauen ins
    Berufsleben erleichtern sollen.
  • Nutzung der Möglichkeiten des Arbeitsmarktservices zur
    verstärkten Förderung der Schaffung von Lehrplätzen unter
    besonderer Berücksichtigung der betriebsübergreifenden
    Lehrlingsausbildung.

In diesem Zusammenhang wendet sich der Österreichische Städtebund entschieden gegen Bestrebungen, die Bemessungsgrundlage der Kommunalabgabe unter dem Titel der Lehrplatzförderung auszuhöhlen.

  • In einer von Markt- und Effizienzstrukturen geprägten
    Gesellschaft sind Arbeitslosigkeit, Armut und Obdachlosigkeit
    als Strukturprobleme und nicht nur als "tragische
    Einzelschicksale" zu begreifen. Diesen haben die politischen
    und sozialpartnerschaftlichen Gremien verstärkte Aufmerksamkeit
    zu widmen. Es sind regelmäßig "Armutsberichte" vorzulegen sowie
    ein nach Notlage differenziertes Angebot an öffentlichen und
    privaten Hilfseinrichtungen sicherzustellen.
  • Im Hinblick auf den steigenden Anteil von Bevölkerungsgruppen
    mit niedrigem Einkommen bzw. aufgrund der Schwierigkeiten
    am Arbeitsmarkt, die zu kurzen Versicherungszeiten führen,
    fordert der Österreichische Städtebund

- keine Reduzierung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe, die sonst nur zu einer erhöhten Inanspruchnahme der Sozialhilfe führen;

- Abstimmung der Höhe der Arbeitslosenunterstützung und der Notstandshilfe mit den Richtsätzen der Sozialhilfe.

- Einbeziehung der Städte und Gemeinden in den Entscheidungsprozeß bei allen Regelungen des Bundes und insbesondere der Länder im Sozialbereich, um die soziale Treffsicherheit von Maßnahmen und finanzielle Leistbarkeit neuer Regelungen mit den neuen Erfordernissen besser in Einklang zu bringen.

Zur Erhaltung und Stärkung der Investitionskraft der Gemeinden erwarte der Österreichische Städtebund die raschestmögliche Umsetzung des Konsultationsmechanismus auf Bundes- und Landesebene, schließt die Resolution des 47. Österreichischen Städtetages. (Schluß) pp/gal

(RK vom 23.05.1997)