Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 17.04.1997:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Ederer: Wien erfüllt Maastricht-Kriterien

Wien, 17.4. (RK-WIRTSCHAFT) "Das Bemühen der öffentlichen Haushalte, einerseits "Euro-fit" zu werden, andererseits neuen finanzpolitischen Spielraum zu gewinnen, stellt auch an die Budgetpolitik der Städte ganz besondere Herausforderungen. Gilt es doch, eine sparsame Budgetpolitik damit zu verbinden, nötige Impulse ...

Wien, 17.4. (RK-WIRTSCHAFT) "Das Bemühen der öffentlichen Haushalte, einerseits "Euro-fit" zu werden, andererseits neuen finanzpolitischen Spielraum zu gewinnen, stellt auch an die Budgetpolitik der Städte ganz besondere Herausforderungen. Gilt es doch, eine sparsame Budgetpolitik damit zu verbinden, nötige Impulse für Wirtschaft und Arbeitsmarkt zu liefern", erklärte Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Mag. Brigitte EDERER am Donnerstag vor der Fachtagung "Finanzkrisen der Städte". In diesem Sinne sei sich die Stadt Wien als der - neben der Republik Österreich - wichtigste öffentliche Investor durchaus der Verantwortung für Arbeitsmarkt, Wirtschaft und soziale Stabilität bewußt. Trotz ungebrochener Konsolidierungsanstrengungen bedarf es auch weiterhin einer effizienten Wirtschaftsförderung mit Schwerpunktsetzung auf Innovation und Technologie sowie einer kreativen Arbeitsmarktförderung.****

Aber auch dort, wo die Stadt direkt oder indirekt als Arbeitgeber fungiere, stehe sie vor großen Herausforderungen. Nicht nur der einzelne Bürger erwarte sich ein zufriedenstellendes Dienstleistungsangebot. "Letztlich stellen funktionstüchtige kommunale Dienstleistungen und die kommunale Infrastruktur auch einen ganz entscheidenden Standortfaktor dar", betonte Ederer. Hier gelte es, durch verstärkte Anbindung an die Entwicklung zukunftsorientierter Stadttechnologien - Stichwort: Telekommunikation - den Wirtschaftsstandort Wien wettbewerbsfähig zu erhalten und Investoren attraktive Rahmenbedingungen zu bieten. Aber auch hohe Qualifikation der Arbeitnehmer sei ein wesentlicher Faktor im Standortwettbewerb. "Hier sollte es gelingen, daß in Zukunft an allen Schulen die Möglichkeiten des Internet genutzt werden können", so Ederer. Allerdings werde es für den Standort Wien äußerst schwierig werden, sollte Österreich nicht in der ersten Runde der Euro-Einführung dabei sein. "Meine Hoffnung im Interesse der Wiener Wirtschaftsentwicklung ist, daß Österreich diese Chance wahrnimmt", meinte Ederer zu der aktuellen Debatte.

Diese Zielsetzungen würden verfolgt, ohne die Verpflichtungen der Stadt Wien zu vernachlässigen, ihren Beitrag zur Erreichung der Maastricht-Kriterien zu leisten. Dieses Ziel werde strikt eingehalten. Aufgrund der Tatsache, daß wesentliche kommunale Dienstleistungen in Wien zu einem großen Anteil kostendeckend sind, belasten diese nicht das Maastricht-Defizit. Darüberhinaus bleiben auch Finanztransaktionen unberücksichtigt, die nur zu einer Umschichtung im Finanzvermögen führen, aber keine dauerhafte Be- und Entlastung des Gemeindehaushalts bewirken, so Ederer.

Mehr Effizienz und schlanke Verwaltung

"Gleichzeitig muß aber auch im Mittel- und Personaleinsatz strengstens auf Effizienz und Sparsamkeit geachtet werden", unterstrich die Finanz- und Wirtschaftsstadträtin. "Wir benötigen neuen budgetären Spielraum, um die Anforderungen der Zukunft meistern zu können. Das neue Denken der Stadtverwaltung in Richtung Dienstleistungserfolg, Kostenbewußtsein und Wirtschaftlichkeit zeigt Wirkung und wird helfen, die Budgetkonsolidierung erfolgreich fortzusetzen." Die Stadt Wien wird durch forcierte Verwaltungsmodernisierung mehr Effizienz und eine schlankere Verwaltung bewirken. Eine Durchleuchtung der Stadtverwaltung sei daher beschlossen worden. Wobei es hier vor allem um eine zeitgemäße Prioritätensetzung und den Einsatz moderner Kommunikationstechnologien gehen wird. Weiters wird die Stadt Wien alle ihre Aktivitäten auf konkrete Beschäftigungseffekte zu überprüfen haben, die Bandbreite ihrer Dienstleistungen durchforsten und die Sinnhaftigkeit von Beteiligungen prüfen. "Hier darf es keine dogmatischen Festlegungen geben - die Frage ist, warum hat die Stadt eine konkrete Beteiligung, was ist der Nutzen, der strategische Wert und gäbe es überhaupt alternative Interessenten?", stellte die Finanz- und Wirtschaftsstadträtin klar.

Wien habe jedenfalls seine Maastricht-"Hausaufgaben" erfüllt. Entscheidend für die Zukunft werde aber sein, inwieweit es gelingt, den Wirtschaftsstandort Wien und damit den Wiener Arbeitsmarkt zu beleben. Für die großen Zukunftsinvestitionen bedarf es auch nationaler Solidarität, schließlich handelt es sich im Falle Wiens um den wichtigsten Wirtschaftsstandort Österreichs. Besonders gilt dies für die Realisierung großer Infrastrukturvorhaben und den Bereich Technologietransfer.

Stabilität und Berechenbarkeit

Was die Stabilität und Berechenbarkeit der Wiener Budgetpolitik, aber auch jener anderer Städte und Gemeinden betrifft, so gelte es, eine neue Kultur der wechselseitigen Information zwischen den Gebietskörperschaften zu entwickeln. "Es gilt zu verhindern, daß unter dem Motto 'Schmeck's!' vom Bund Kosten auf Länder bzw. Gemeinden abgewälzt werden, ohne daß diese zuvor in der Gesetzgebung wesentlich eingebunden gewesen wären", stellte Ederer klar. Hier soll ein Konsultationsmechanismus entgegenwirken, der bereits am 10.12.1996 von Bundeskanzler, Ländervertretern und Gemeindebund unterzeichnet wurde und durch 2/3-Beschlüsse im Nationalrat und den Landtagen bestätigt werden muß.

Insgesamt gilt es also für Wien eine Gratwanderung zu beschreiten - zwischen sparsamer Budgeterstellung und sparsamen Budgetvollzug einerseits und der Weiterentwicklung und Modernisierung der Stadt Wien als Lebens- und Arbeitswelt andererseits. Wien ist für diese Anforderungen - bei allen Schwierigkeiten - gut vorbereitet und gerüstet. Entscheidend wird allerdings sein, inwieweit sich Wirtschaft und Arbeitsmarkt in Zukunft entwickeln werden. Wien wird jedenfalls jene Impulse und Rahmenbedingungen liefern, die eine positive Wirtschaftsentwicklung begünstigen. "Inwieweit diese Inputs genutzt werden, hängt in allererster Linie von der Bereitschaft der Wirtschaft ab, Zukunftschancen des Standortes Wien wahrzunehmen und zu nutzen", schloß Ederer. (Schluß) red/rr

(RK vom 17.04.1997)