Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 19.09.1996:
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"Fremde Welten" bei ""Wien Modern"

Wien, 19.9. (RK-KULTUR) "Fremde Welten" ist das Motto des diesjährigen Festivals "Wien Modern", das vom 19. Oktober bis 30. November im Konzerthaus, Musikverein, Odeon und erstmals auch im Museumsquartier stattfindet. An rund 50 Abenden steht der Dialog zwischen Okzident und Orient in zeitgenössischen musikalischen ...

Wien, 19.9. (RK-KULTUR) "Fremde Welten" ist das Motto des diesjährigen Festivals "Wien Modern", das vom 19. Oktober bis 30. November im Konzerthaus, Musikverein, Odeon und erstmals auch im Museumsquartier stattfindet. An rund 50 Abenden steht der Dialog zwischen Okzident und Orient in zeitgenössischen musikalischen Beispielen im Mittelpunkt des Festivals, bei dem Ensembles aus allen Kontinenten zu Gast sind. Rund 25 neue Werke, darunter ein Dutzend eigens für das Festival in Auftrag gegebene Uraufführungen betonen die heuer besonders ausgeprägte Verpflichtung von "Wien Modern" gegenüber den Komponisten unserer Tage.

Kulturstadträtin Dr. Ursula PASTERK, die am Donnerstag gemeinsam mit Christoph LIEBEN, Dr. Thomas ANGYAN und Dr. Lothar KNESSL als Vertreter der veranstaltenden Institutionen das Programm präsentierte, unterstrich die Bedeutung von "Wien Modern" für Wien als Musikmetropole der Musik des 20. Jahrhunderts. Generell sei das Festival, zu dem die Stadt Wien mit neun Millionen Schilling beiträgt, auch elementarer Bestandteil einer Kulturpolitik sei, die der Auseinandersetzung mit der Gegenwartskunst in allen Bereichen verpflichtet ist. Das diesjährige Thema habe besondere Bedeutung als Musikfest der Offenheit und des gegenseitigen Verstehens, also des Kennenlernens und des Zueinanderbringens "fremder" Welten. Gerade jetzt, bei den sich wieder verbreitender Abgrenzungsideologien, sei die künstlerische, in diesem Fall musikalische Auseinandersetzung mit anderen Kulturen besonders wichtig.****

Das Generalthema von "Wien Modern '96", "Fremde Welten", spricht ein zentrales kulturelles Thema des ausgehenden Jahrhunderts an. Im Vordergrund des sechswöchigen Festivals stehen Komponisten, die sich in ihrem Denken und Schaffen mit der Musik fremder Kulturen auseinandersetzen, die ihren eigenen kulturellen Hintergrund im Fremden spiegeln, hinterfragen und neu erleben. Komponisten wie Isang Yun und Toru Takemitsu auf der einen Seite, Olivier Messiaen, Hans Zender und Giacinto Scelsi auf der anderen haben wiederholt die wechselseitige Anziehungskraft zwischen Orient und Okzident dokumentiert. Vor allem die Komponistinnen und Komponisten der jüngeren Generation werden bei "Wien Modern '96" mit repräsentativen Arbeiten vorgestellt: Kaija Saariaho, Unsuk Chin, Mayako Kubo, Liza Lim, Elena Kats-Chemin, Toshio Hosokawa, Tan Dun und Lukas Ligeti. Gastkonzerte von Ensembles aus Japan, Syrien, Indien, der Elfenbeinküste, aus Australien und Kanada sorgen dafür, daß die "Fremden Welten" unter multikulturellem Blickwinkel betrachtet werden. Damit stützt das österreichische Festival gerade im Millenniums-Jahr die Thesen, daß Musik als begriffslose Sprache das Verständnis zwischen den Völkern erleichtert, und daß Weltoffenheit eine der wichtigsten Voraussetzungen für kulturelle Weiterentwicklung ist.

Das Gesamtprogramm des Festivals, für das sich vor allem Karsten Witt als scheidender Präsident des "Vereins Wien modern" eingesetzt hat, umfaßt knapp 40 Veranstaltungen. Im Vordergrund stehen die Themenkreise "global village" (Eröffnungskonzert mit dem Kronos Quartett am 19.10.), Mythos (Peter Eötvös "Atlantis" am 2.11.) und "Schlagzeug" (Konzert mit Robyn Schulkowsky und Dawn Upshaw am 20.10.). Hinzu kommen zahlreiche österreichische und ausländische Komponisten vorzugsweise der jüngeren Generation, die sich in Auftragskompositionen mit dem Festivalthema auseinandergesetzt haben (O. Neuwirth, G.F. Haas, G. Kühr, K. Saariaho, G. Lopez) sowie ein begleitendes Symposion, veranstaltet von der Musikhochschule Wien: "Multikulturelle Aspekte in der Musik des 20. Jahrhunders" (27.-29. Oktober).

Darüber hinaus umfaßt das Festival außergewöhnliche Projekte, bei denen mit dem eigenen kulturellen Hintergrund auch die Dimensionen konventioneller Konzertrituale und -räume überschritten werden. Dazu gehören ein neues Orchesterwerk von George Lopez (24.10.), die Uraufführung von Rene Clemencics "Apokalypsis" (27.10.), ein Jazz-Konzert des Trios Clastrier-Riessler-Rizzo (31.10.), Ausschnitte aus Claude Viviers "Marco Polo" (1.11.) und aus Karlheinz Stockhausens aktuellem Opernprojekt "Mittwoch" (20. und 26.11.) sowie Klaus Hubers Arabien-Assemblage "Die Erde bewegt sich auf den Hörnern eines Ochsen" (15.11. im Odeon).

Erstmals wird bei "Wien Modern" der Spielort Museumsquartier mit einbezogen. Die hier stattfindenden Inszenierungen sind Früchte einer neuen und vielversprechenden Kooperation zwischen "Wien Modern" und dem Verein "Kunst im Museumsquartier" (eine Initiative der Wiener Festwochen und der Kunsthalle Wien): Heiner Goebbels Raum/Klang- Theater "Oder die glücklose Landung" (5., 6., 7.11) und Michael Jarrells Monodram "Kassandra" (17./18.11.) mit Anne Bennent in der Titelrolle und Christoph Marthaler als Regisseur.

Fast alle Veranstaltungen können kostengünstig mit dem Generalpaß zu 780 Schilling (Studenten 490 Schilling) besucht werden. Information: 712 46 86 0. (Schluß) gab/rr/bs

(RK vom 19.09.1996)