Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 18.06.1996:
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Häupl: Wien macht anständige Politik für Ausländer

Wien, 18.6. (RK-POLITIK) Im Zusammenhang mit der heutigen Sondersitzung des Nationalrates zum Thema Ausländerpolitik widerlegte Bürgermeister Dr. Michael HÄUPL in seiner Pressekonferenz mehrere Behauptungen des Freiheitlichen Bundesparteiobmannes. Zu den behaupteten Hunderttausenden, die neu zuwandern, stellte ...

Wien, 18.6. (RK-POLITIK) Im Zusammenhang mit der heutigen Sondersitzung des Nationalrates zum Thema Ausländerpolitik widerlegte Bürgermeister Dr. Michael HÄUPL in seiner Pressekonferenz mehrere Behauptungen des Freiheitlichen Bundesparteiobmannes.

Zu den behaupteten Hunderttausenden, die neu zuwandern, stellte Häupl fest, daß der Ausländeranteil in den letzten drei Jahren lediglich von 17,9 Prozent auf 18,2 Prozent gestiegen sei. Dies zeige deutlich, daß jene Maßnahmen, die zur Zuwanderungsbegrenzung gesetzt wurden, grundsätzlich richtig seien, humanitäre Verbesserungen seien sicher noch möglich.

Zu falsch kolportierten Zahlen betreffend die Quotenregelung stellte der Bürgermeister fest, daß die Quotenregelung 1996 für Wien 5.400 betrage. Davon haben 2.600 einen Rechtsanspruch wegen Familienzusammenführung, 1.100 sind Studenten, 500 Leute aus der Wirtschaft und 1.200 Erstanträge.

Genaue Zahlen gab Häupl auch bezüglich ausländischer Arbeitsloser bekannt: Im Juni dieses Jahres sind es in Wien 8.900, davon 3.200 aus dem EWR-Raum. "Es schmerzt mich jeder einzelne Arbeitslose, aber von Hunderttausenden kann wirklich keine Rede sein", unterstrich der Bürgermeister. Häupl wandte sich auch gegen die Behauptung, daß türkische Staatsbürger in Wien mit EU-Ausländern gleichgestellt würden. Es gebe ein Abkommen zwischen der EWG und der Türkei aus dem Jahre 1963 betreffend Versicherungen, Pensionen und ähnliches. Dessen ungeachtet brauchen türkische Staatsbürger in Wien eine Aufenthaltsbewilligung und eine Arbeitsgenehmigung. Alle anderen Aussagen seien "absoluter Unsinn".

Auch die Behauptung, daß in Wien zu rasch eingebürgert würde, sei völlig falsch. Auch hier nannte der Bürgermeister Zahlen, die eine kontinuierliche Entwicklung zeigen:

  • 1990: 6.312
  • 1991: 8.047
  • 1992: 7.898
  • 1993: 8.671
  • 1994: 9.261
  • 1995: 6.841
Wien betreibe eine anständige Politik für Ausländer. Eine Zuzugsregelung finde Anwendung, "die Menschen, die aber bereits hier arbeiten und wohnen, haben auch ein Recht darauf, anständig behandelt zu werden und Wien tut das auch", betonte der Bürgermeister. Das von der FPÖ verlangte "Ausländer raus" sei eine unanständige Ausländerpolitik. Auch eine allfällige Neuauflage des FPÖ-Ausländervolksbegehrens könne Wien von seiner Linie nicht abbringen. "Ob so ein Volksbegehren kommt oder nicht, ist mir vollkommen egal", erklärte Häupl.

Zu den vor wenigen Tagen geäußerten Sorgen der Bezirksvorsteher der Bezirke 15 bis 19 sagte der Bürgermeister, er begrüße es, wenn sich die Bezirksvorsteher für EU-Gelder zur Stadterneuerung engagieren. Wie auch in früherer Zeit werde nun versucht, die sanfte Stadterneuerung in Assanierungsgebieten anzuwenden. Dabei sollen in diesen Gebieten wohnhaften In- und Ausländern Wohnungen außerhalb der Sanierungsgebiete angeboten werden. Eine freiwillige Übersiedlung wird angestrebt, um die Sanierung dieser Gebiete effizient durchführen zu können. "Die Stichworte heißen 'sanfte Stadterneuerung' und 'Freiwilligkeit'", hob Häupl hervor. Schließlich verwahrte sich der Bürgermeister auch gegen die Verwendung des Begriffes "Slums" für Assanierungsgebiete: "Wer dieses Wort verwendet, hat noch nie wirkliche Slums in europäischen Großstädten gesehen. Wir haben in Wien glücklicherweise so etwas nicht". (Schluß) js/rr

(RK vom 18.06.1996)