Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 23.01.1996:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Städtebund formuliert "Anliegen an den Bund"

Wien, 23.1. (RK-POLITIK) Bei der Hauptausschußsitzung des Österreichischen Städtebundes in Wiener Rathaus Montag nachmittag formulierten die Bürgermeister der größten österreichischen Städte unter Vorsitz von Städtebund-Präsident Bürgermeister Dr. Michael HÄUPL die Anliegen der Städte an den Bund. Hauptthema waren ...

Wien, 23.1. (RK-POLITIK) Bei der Hauptausschußsitzung des Österreichischen Städtebundes in Wiener Rathaus Montag nachmittag formulierten die Bürgermeister der größten österreichischen Städte unter Vorsitz von Städtebund-Präsident Bürgermeister Dr. Michael HÄUPL die Anliegen der Städte an den Bund. Hauptthema waren die Gemeindefinanzen, Hauptbotschaft an die neue Bundesregierung war daher: Viele Städte sind trotz äußerster Sparsamkeit nicht mehr in der Lage, ihre vielfältigen Aufgaben vollständig zu erfüllen. Eine finanzielle Mehrbelastung der Städte ist daher nicht mehr möglich.****

Der Linzer Bürgermeister Dr. Franz DOBUSCH und der Wiener Finanzstadtrat Rudolf EDLINGER faßten die Standpunkte der Städte zu einzelnen Fragen zusammen und formulierten sie in einem "8-Punkte-Programm" des Städtebundes. Diese sind kurzgefaßt:

1. Keine neuen Belastungen durch Bundes- und Landesgesetze ohne Einbindung der Gemeindebünde. Es müsse das Prinzip gelten: "Wer anschafft, bezahlt".

2. Sicherung der Gemeindefinanzen. Das heißt unter anderem Sicherung der Getränkesteuer, der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe, Valorisierung der Grundsteuer sowie zusätzliche Finanzmittel etwa für Kinderbetreuungseinrichtungen sowie den öffentlichen Personennahverkehr.

3. Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung. Der Städtebund begrüßt das Modell, wendet sich aber dagegen, daß damit auch den Ländern erhebliche Finanzmittel (rund 26 Milliarden Schilling) ohne Vorgabe von Kriterien überlassen werden.

4. Zur Finanzierung der Altlastensanierung verlangen die Städte eine wesentliche Erhöhung der für die Kofinanzierung erforderlichen Bundesmittel.

5. Bei der Durchführung der Verpackungsverordnung bestehen die Städte im Sinne der Kostenwahrheit auf einer vollen Abgeltung ihrer Kosten.

6. Umweltstandards: Die Städte verlangen von der Regierung, daß sie sich bei der EU für höhere Standards ausländischer Kraftfahrzeuge stark machen soll.

7. Bei der EU-Regierungskonferenz in Turin Ende März des Jahres soll sich Österreich für eine stärkere Berücksichtigung der Gemeindeselbstverwaltung in der EU einsetzen.

8. Die in der vergangenen Gesetzgebungsperiode bereits paktierte Bundesstaatsreform, die vielen Städten administrative Erleichterungen bringen könnte, soll in Kraft gesetzt werden.

Finanzausgleichsverhandlungen nach der Regierungsbildung

Bürgermeister Dobusch ergänzte, daß der derzeit geltende Finanzausgleich nur bis Ende 1996 befristet sei und deshalb unmittelbar nach Regierungsbildung die Verhandlungen für ein neues Finanzausgleichsgesetz aufgenommen werden müßten. Dobusch wie Edlinger stellten klar, "daß der Konsolidierungsbeitrag der Städte zum Bundeshaushalt unbestritten bleibt, sofern auch die kommunalen Finanzen und Abgaben unbestritten bleiben". Ebenso müßte das derzeitige Quantum an Wohnbauförderungsmitteln aufrechterhalten bleiben.

"Verschuldungsmöglichkeiten gerechter verteilen"

Scharf abgelehnt wird vom Städtebund daher eine noch weitergehende Begrenzung der Neuverschuldung, also der Defizite der öffentlichen Haushalte: "Der Bund kann nicht 90 Prozent der Neuverschuldungsmöglichkeit für sich beanspruchen. Diese Möglichkeiten müssen gerechter aufgeteilt werden", argumentierte der Wiener Finanzstadtrat Edlinger. Dem zuletzt in Diskussion gebrachten Modell, wonach der Bund 90 Prozent der laut Maastricht-Kriterien zulässigen öffentlichen Neuverschuldung (maximal 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes), die Länder und Gemeinden zusammen aber nur 10 Prozent ausschöpfen dürften, halten die Städte einen Vorschlag von 70 zu 30 Prozent entgegen. Und ein "Ja zur Energiesteuer" vertreten die Städte auch nur unter der Bedingung, daß die Gemeinden 5 Prozent der Erträge zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs bekommen. (Schluß) ah/bs

(RK vom 23.01.1996)