Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 30.05.1995:
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Mehr Qualitätssicherung und Kostenwahrheit bei Medikamentenerprobung

Wien, 30.5. (RK-KOMMUNAL) "Wir bekennen uns zur Notwendigkeit derMedikamentenerprobung für den medizinischen Fortschritt, doch darf diesenicht zu Lasten der Patienten oder des Steuerzahlers erfolgen." Dieserklärte Wiens Gesundheitsstadtrat Vizebürgermeister Dr. Sepp RIEDER amDienstag im Rahmen des Pressegespräches des Bürgermeisters. Deshalb sollesowohl im Interesse der Patienten als auch der Steuerzahler für mehrQualitätssicherung und mehr Kostenwahrheit bei der Medikamentenerprobung amPatienten ("Klinische Prüfungen") in den Spitälern der Stadt Wien gesorgtwerden.****

Zwtl.: Reform der Klinischen Prüfungen Neben den gesetzlichenNeuregelungen im Arzneimittelgesetz und der Novellierung des WienerKrankenanstaltengesetzes 1995 soll nun durch die Einführung eines"Zwei-Vertragssystems" mehr Transparenz im Ablauf der Prüfungen und in derKostenfrage erreicht werden. Denn neben dem Vertrag zwischen demPharmaunternehmen, das ein neues Medikament erproben will, und demSpitalsarzt, der die Klinische Prüfung wissenschaftlich verantwortet unddafür vom Pharmaunternehmen bezahlt wird, wird in Zukunft ein zweiterVertrag zwischen dem Spital selbst und dem Pharmaunternehmen abgeschlossen.In diesem Vertrag werden die Fragen der Verantwortlichkeit und des Ersatzesder durch die Klinische Prüfung verursachten Zusatzkosten eingehendgeregelt. Dadurch soll sichergestellt werden, daß der Mehraufwand aufgrundder Medikamentenerprobung (z.B. zusätzliche Tests und Kontrollen durchÄrzte und Krankenpflegepersonal) vom Pharmaunternehmen, das am Ergebnis derPrüfung interessiert ist, und nicht vom Steuerzahler getragen wird. Künftig wird es also nicht nur eine Honorarnote des durchführenden Arztesan den Auftraggeber (= Pharmaunternehmen), sondern auch eine Honorarnotedes Spitals an das Pharmaunternehmen geben. Im Jahr 1994 wurden in denWiener städtischen Spitälern 230 Klinische Prüfungen gemeldet. Es gehtdamit um Zusatzkosten in Millionenhöhe und um ebenso hohe Einsparungen. Durch den zusätzlichen Vertrag zwischen Spital und dem Auftraggeber derKlinischen Prüfung wird auch sichergestellt, daß es durch dasZusammentreffen mehrerer Klinischer Prüfungen oder durch zu aufwendigeVersuchsprogramme nicht zu einer Beeinträchtigung der optimalenmedizinischen oder pflegerischen Versorgung der Patienten insgesamt aneiner Abteilung kommt. Dieser Vertrag, der in einer einheitlichen Formfür alle städtischen Spitäler gelten wird, wurde nach eingehendenBeratungen erarbeitet. Für die Universitätskliniken des AKH wird einegesonderte Regelung unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung Forschungund Lehre sowie unter Bedachtnahme auf die Universitätsstruktur erfolgen.

Zwtl.: Medikamentenerprobung nur mit Zustimmung des Patienten Ingenauen Richtlinien wird auch sichergestellt, daß die Einwilligung desPatienten zu einer Klinischen Prüfung in der gesetzlich vorgeschriebenenForm (i.d. Regel schriftlich mit persönlicher Unterschrift) und vor allemerst nach umfassender und verständlicher Information und Aufklärungerfolgt. Eine Kopie der unterschriebenen Einwilligungserklärung ist derKrankengeschichte beizulegen.

Zwtl.: Einrichtung von Ethikkommissionen in allen Spitälern Fernerwird gewährleistet sein, daß die Medikamentenerprobungen auch deninternational anerkannten ethischen Grundsätzen, insbesondere derDeklaration von Helsinki des Weltärztebundes, revidierte Fassung Hongkong1989, entsprechen. Dementsprechend werden gemäß der WienerKrankenanstaltengesetznovelle 1995 die Ethikkommissionen in den Spitälernneu zusammengesetzt. Den Kommissionen müssen künftig neben Medizinern auchVertreter des Wiener Patientenanwaltes oder anderer Patientenvertreter(medizinische Selbsthilfegruppen), Diplomkrankenpflegepersonal,Pharmazeuten, Juristen sowie Krankenhausseelsorger angehören. DieMitglieder der Ethikkommissionen arbeiten selbstverständlich absolutweisungsfrei. (Forts.) nk/vo/rr nnnn

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OTS065 1995-05-30/11:36