Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 20.06.1989:
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"Grüner Spartarif" für Haushalte und Landwirtschaft

Utl.: Bis zu 97 Prozent der Haushalte zahlen weniger =Wien, 20.6.(RK-KOMMUNAL) Die Bemühungen der Wiener Stadtwerke, einen "grünen"Stromtarif einzuführen, sind nach fast einjährigen Verhandlungen mit denSozialpartnern nunmehr von Erfolg gekrönt: Wien wird damit voraussichtlichab Oktober 1989 über den modernsten Stromtarif Österreichs verfügen, dernicht einen hohen Energieverbrauch, sondern im Gegensatz zu den meistenanderen Tarifen das Energiesparen durch niedrigere Kosten belohnt. Diesgaben Dienstag Bürgermeister Dr. Helmut ZILK und Energiestadtrat JohannHATZL bekannt. Zilk bezeichnete das neue Tarifmodell wörtlich als "äußerstwichtig und geradezu sensationell" für Österreich. Dies sei ein großer undbedeutender Schritt zur "Umweltmusterstadt 2000". Es diene der Sache undbringe auch den Bürgern materiell etwas. Nach geringfügigen Änderungenerhalten nun Haushalte und Landwirtschaftsbetriebe den von den WienerStadtwerken vorgeschlagenen "progressiven" Tarif, bei dem ab einerbestimmten Strommenge der Grundpreis höher wird. Für Gewerbebetriebe kommtes zu einem "linearen" Tarif, bei ddm der Grundpreis unabhängig vomVerbrauch fix ist, nachdem die Bunneswirtschaftskammer dem Grundgedankendes neuen Systems, Stromsparer zu belohnen, für ihre Mitglieder nichtzustimmte. ENDGÜLTIG GESTORBEN - UND DAS IST EIN ERFOLG DESENERGIESPARGEDANKENS UND DER WIENER STADTWERKE - IST IN WIEN JEDENFALLS DER"DEGRESSIVE" TARIF, BEI DEM EIN HÖHERER VERBRAUCH ZU GERINGERENDURCHSCHNITTSKOSTEN PRO KILOWATTSTUNDE FÜHRT. Nach der Einigung mit denSozialpartnern ist nun noch die Zustimmung der Preisbehörde imWirtschaftsministerium erforderlich. Dies soll bei einer Sitzung AnfangJuli erfolgen, sagte Stadtrat Hatzl.****

Zwtl.: Wesentliche Vereinfachung des Tarifsystems Der Grundgedanke desneuen Tarifsystems - ein einheitlicher Tarif für Haushalt, Gewerbe undLandwirtschaft - konnte wegen des Widerstandes der Bundeswirtschaftskammernicht ganz verwirklicht werden, trotzdem kommt es zu einer wesentlichenVerwaltungsvereinfachung für die Stadtwerke und damit auch für die Kundenzu einer wesentlichen Vereinfachung. Viele Spezialtarife wie zum Beispielder Kleinstabnehmertarif sowie das für die Kunden lästige "Tarifaufnehmen"und das Besuchen von Anlagen fallen weg. Für die Grundpreisberechnungwerden statt Tarifräumen, Hektar oder Anschlußwert der Maschinen nur mehrelektrische Bezugsgrößen geeten. Dadurch kann der Kunde jederzeit seinengesamten Stromprei s-, Arbeits- plus Grundpreis - durch eine einfacheZählerablesung feststellen. Der neue Tarif ist damit viel durchschaubarerfür die Kunden, stellte Hatzl fest. Bisher war jeder verpflichtet, beiÄnderungen des Anschlußwertes das E-Werk zu informieren, was nun auchwegfällt.

Zwtl.: Die Tarife im einzelnen Die neuen Tarife im einzelnen: DerArbeitspreis beträgt für Haushalte, Landwirtschaft und Gewerbe einheitlich114 Groschen pro Kilowattstunde. Der Grundpreis ist bei Haushalten undLandwirtschaftsbetrieben gestaffelt, er beträgt bis zu einem Verbrauch von5.840 Kilowattstunden 20 Groschen und darüber 82 Groschen. 65,70 Schillingist der Mindestbetrag, den auch jemand pro Jahr zahlen muß, der keinenVerbrauch hat. Stadtrat Hatzl garantierte diesen Tarif in seiner Höhe bisJuni 1991, soferne die Einstandspreise bzw. die Rohenergie nicht um mehrals fünf Prozent steigen. Beim Gewerbe beträgt der Grundpreis unabhängigvom Verbrauch 82 Groschen je Kilowattstunde. Der "Schwachlasttarif" fürNachtstromheizungen wird um 4,7 Groschen pro Kilowattstunde verbilligt, dieStaffelung fällt hier wie auch bei den Industriebetrieben, mit denen esSonderverträge gibt, weg. Die Warmwasseraufbereitung wird durch eine"Rundsteuerung" von acht auf 16 Stunden ausgeweitet. Durch diese Maßnahmensollen Belastungstäler gefüllt und durch den dabei erzielten Lastausgleichdie Stromaufbringung für die E-Werke günstiger werden.

Zwtl.: Für 97 Prozent der Haushalte wird Strom billiger Von den974.000 Haushalten, die von den Wiener E-Werken mit Strom versorgt werden,liegen 97 Prozent in ihrem Verbrauch unter dem Grenzwert. Für sie wird abOktober der Strom billiger werden. Nur für jene drei Prozent der Haushalte,die echte "Stromfresser" in Verwendung haben wie Heizungen fürSwimmingpools, Garagenauffahrten und dergleichen wird es zu einerVerteuerung kommen. Rund 17.000 Haushalte werden im Jahr um bis zu 300Schilling, 9.000 um bis zu 1.000 sowie rund 15.000 mehr als 1.000 Schillingmehr zahlen müssen. Von den etwa 3.300 Kunden der Wiener E-Werke imBereich der Landwirtschaft werden mehr als die Hälfte mit dem neuen Tarifweniger für den Strom zahlen. Von den etwa 100.000 im Gewerbetarifverrechneten Anlagen wird der neue Stromtarif für etwa 77 Prozent zuEinsparungen führen. Mit dem von den Stadtwerken vorgeschlagenenprogressiven Tarif, den die Bundeswirtschaftskammer abgelehnt hat, wären essogar fast 86 Prozent gewesen. Für Gewerbebetriebe gibt es auch dieMöglichkeit, auf den sogenannten "M-Tarif" umzusteigen. Die E-Werke beratenin ihrem Kundendienstzentrum ausführlich darüber, welcher Tarif günstigerist.

Zwtl.: Mindereinnahmen fast eine halbe Milliarde Insgesamt kostet derneue, "grüne" Tarif den E-Werken im Jahr fast eine halbe MilliardeSchilling, um die sie weniger einnehmen werden. Diese Mindereinnahmenwerden durch die Verwaltungsvereinfachungen kompensiert sowie durch denUmstand, daß bei einem Erfolg des neuen Tarifsystems, das ja zumStromsparen führen soll, auch für die E-Werke die Stromaufbringung billigerwird - so könnte etwa der Bau eines zusätzlichen Kraftwerksblockesentfallen.

Zwtl.: Niederösterreicher zahlen bei Wiener E-Werk weniger Für dieKunden der Wiener E-Werke in den niederösterreichischen Umlandgemeindenwirkt sich das neue Tarifsystem so aus, daß die überwiegende Mehrheit inZukunft weniger für den Strom zu zahlen haben wird, als die Kunden der EVN.Darauf wies Stadtrat Hatzl ausdrücklich hin. So werden 88 Prozent derHaushalte bei den Wiener E-Werken einen günstigeren Tarif als bei den EVNvorfinden sowie 80 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe und 60 Prozent derGewerbebetriebe.

Zwtl.: Informationskampagne der E-Werke Sobald der endgültige Bescheidder Preisbehörde im Wirtschaftsministerium über das neue Tarifsystemvorliegt, wird eine große Informationskampagne der Wiener E-Werke beginnen.Im Kundendienstzentrum der E-Werke in der Spitalgasse 5-9 wird eineServicestelle mit einer eigenen Telefonnummer für Anfragen zur Verfügunggestellt. Auch die Kundendienstzeitung der Wiener Stadtwerke, "24 Stundenfür Wien", wird ausführlich über den "grünen Spartarif" informieren.Weiters wird derzeit überlegt, jedem Kunden der Wiener E-Werke einInformationsblatt zuzusenden, in dem auf der Basis seiner letztenJahresabrechnung die Auswirkungen der Tarifreform ausgerechnet werden. Derzeit können die Wiener E-Werke noch keine endgültigen Auskünfte beiAnfragen von Kunden über das neue Tarifsystem geben, weil der Bescheid derPreisbehörde noch nicht vorliegt, und geringfügige Änderungen noch möglichsind. Trotzdem kann sich jeder Strombezieher schon jetzt ungefährausrechnen, was er sich mit dem neuen Spartarif ersparen wird, wenn seinjährlicher Verbrauch unter 5.840 Kilowattstunden liegt: Er muß nur dieVerbrauchszahl seiner letzten Jahresabrechnung in Kilowattstunden mit derZahl von 134 Groschen multiplizieren den sogenannten "Meßpreis"hinzurechnen und mit seinen letzten Jahreskosten vergleichen. Natürlichwird es für die meisten Kunden bei der nächsten Jahresabrechnung zu einer"Mischabrechnung" kommen, weil die Jahresabrechnungen in Wien ja über dasganze Jahr verteilt vorgenommen werden, und dadurch zum Teil noch der alteTarif zum Tragen kommt. Achtung! Wenn der Verbrauch von 5.840Kilowattstunden überschritten wird, werden nur die über dieser Grenzeliegenden Kilowattstunden zum höheren Tarif verrechnet und nicht dergesamte Verbrauch. (Schluß) roh/bs nnnn

OTS092 1989-06-20/13:41 0137/0995/7966