Regierungserklärung 2015

Rede von Bürgermeister Michael Häupl vom 24. November 2015 im Wiener Gemeinderat

Bürgermeister Michael Häupl verliest die Regierungserklärung

Eine rasant wachsende Stadt wie Wien braucht eine klare, konsequente Politik der permanenten Erneuerung, denn gerade in bewegten Zeiten bedeutet jeder Stillstand sehr rasch Rückschritt. Die im Regierungsübereinkommen festgelegten Eckpunkte der Zusammenarbeit für die nächsten fünf Jahre sind die Koordinaten dieses Erneuerungskurses.

Viele der Maßnahmen erscheinen auf den ersten Blick nicht aufsehenerregend. Macht man jedoch ein paar Schritte zurück und betrachtet das "Gesamtkunstwerk Wien", ist die Summe dieser Maßnahmen sehr wohl spektakulär. Denn was die städtischen Leistungen anbelangt, arbeiten wir nach wie vor auf einem von vielen beneideten internationalen Top-Niveau. Und unser fester politischer Wille ist es, diese städtischen Leistungen auf diesem Niveau zukünftig mehr als zwei Millionen Menschen zu bieten.

Aktuell: Terror

Bevor ich zu den einzelnen Punkten komme, lassen Sie mich noch etwas Grundsätzliches sagen: Wien ist eine offene, tolerante Stadt, in der niemand zurückgelassen wird. Das ist seit jeher das Erfolgsrezept gegen soziale Verwerfungen und all ihre schrecklichen Auswirkungen. In unserer Stadt leben Menschen unabhängig von Herkunft, Religion und sozialem Status friedlich miteinander.

"In den Städten Europas entscheidet sich die Zukunft Europas." Ich habe das hier an dieser Stelle vor fünf Jahren erklärt. Und die furchtbaren Terroranschläge von Paris bestätigen das leider in sehr dramatischer und negativer Weise. Aber eines ist auch klar: Wie Europa auf diesen Terror reagiert, welche Schlüsse aus den Ereignissen gezogen werden, wird ganz entscheidend sein für die Zukunft Europas. Mit welchen Maßnahmen der inneren und äußeren Sicherheit darauf reagiert wird, ob Sicherheiten über Freiheiten gestellt werden, ob weiter Gemeinsamkeit und Weltoffenheit unser Zusammenleben bestimmen oder Angst und Misstrauen. Und ich möchte es hier in aller Deutlichkeit sagen: Zäune innerhalb Europas werden das Friedensprojekt EU zum Scheitern bringen.

Vielmehr muss Europa geeint mit all seinem Einfluss und all seiner Kraft gemeinsam mit den anderen Weltmächten die Ursachen für Terror und Flucht an seinen Wurzeln bekämpfen.

Und die liegen im seit Jahrzehnten ungelösten Nahostkonflikt, im schrecklichen Krieg in Syrien, im Irak, in Afghanistan, den überfüllten Flüchtlingslagern in Jordanien, im Libanon und der Türkei, in denen Kinder und ihre Eltern nicht ausreichend zu essen haben.

Die momentan schrecklichste Wurzel ist der menschenverachtende Terror des IS, der Menschen dazu zwingt, ihre Heimat zu verlassen. Ein Terror, der seinen Weg nicht erst nach Europa finden musste. Viele vor allem junge Menschen, deren Eltern einst nach Europa gekommen sind, auf der Flucht vor Krieg oder der Suche nach einem besseren Leben, sind bis heute nicht in ihren neuen Heimatländern angekommen. Sie wurden an den Rand der Gesellschaft gedrängt oder haben sich selbst dorthin gestellt.

An diesem Rand fällt die Wahnsinnsideologie des IS auf einen erschreckend fruchtbaren Boden. Dieser Boden muss von Europas Demokratien trocken gelegt werden. Mit Integrationsarbeit von Anfang an und einer Willkommenskultur, die auch klar macht, welche Rechte und Pflichten Menschen in unseren Demokratien haben und auf welchen Werten das Zusammenleben bei uns beruht.

Europa durchlebt schwierige Zeiten. Die Wirtschaftsschwäche hat die Arbeitslosigkeit in die Höhe getrieben. Und der Glaube an die Lösungskompetenz der Union wird aktuell nicht gestärkt durch den Umgang mit jenen Menschen, die zu hunderttausenden in Europa Schutz vor Krieg und Terror suchen. Nicht nur der Umgang mit den Flüchtlingen polarisiert die Gesellschaften, auch die Frage, ob diese Europäische Union noch Perspektiven bietet.

Europa muss als Wertegemeinschaft weiterbestehen, in der umfassende Freiheiten eine Selbstverständlichkeit bleiben. Denn Unfreiheit und Nationalismus waren immer die Wurzel von Gewalt und Krieg. "In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten", hat Albert Einstein einmal gemeint. Auch wir können unseren Teil dazu beitragen. Wir werden daher im Rahmen unserer Europapolitik, unserer Städtenetzwerke und der europäischen Institutionen alles tun, damit Europa den Weg des Friedens und Wohlstandes weitergehen kann. Was wir aber vor allem tun können ist, Europa und der Welt vorzuleben, dass es möglich ist, eine der erfolgreichsten und lebenswertesten Millionenstädte der Welt auch in stürmischen Zeiten offen und tolerant zu halten.

Bilanz

Generationen von Wienerinnen und Wienern haben die Möglichkeit erhalten, ihre Visionen von einer freien, gerechten, gleichen, solidarischen und friedlichen Gesellschaft zu verwirklichen. Über 200.000 Wohnungen wurden seither für Wohnungssuchende geschaffen, ein umfassendes System sozialer Sicherheiten, öffentliche Dienste und Einrichtungen, die allen ohne Unterschied zugänglich sind. Wir haben ein öffentliches Verkehrsnetz geschaffen, das einzigartig in Qualität und Leistungskraft ist und das Grundrecht auf Mobilität sichert. Wir haben ein Kindergarten- und Schulwesen entwickelt, das frei zugänglich ist und frühzeitig die Fähigkeiten und Talente junger Menschen fördert.

Wir haben auf die Förderung und Entwicklung der Wirtschaft ebenso geachtet wie auf den Schutz der Grün- und Freiräume. Und wir haben damit erreicht, dass Wien unglaublich attraktiv und lebenswert geworden ist, eine Stadt die wächst. Aus den Trümmern des Weltkrieges ist eine Weltstadt entstanden, die viele andere Städte als Vorbild sehen.

Heute übernimmt Rot-Grün ein zweites Mal gemeinsam die Verantwortung für diese Stadt. Wir haben in den ersten fünf Jahren gezeigt, wie wir unsere Stadt lebenswert für alle halten, planen, bauen und gestalten können.

Wir haben in wirtschaftlich schwierigen Zeiten 7.000 neue Arbeitgeberbetriebe und 40.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und einen neuen Rekord an Betriebsansiedlungen erreicht. Wir haben zehntausende neue, erschwingliche Wohnungen errichtet und zugleich zusätzliche Parks und Grünflächen. Wir haben die Systeme der sozialen Sicherheit erhalten und weiterentwickelt, die Mindestsicherung für Kinder erhöht und die Nachhilfe gratis gemacht. Wir haben den öffentlichen Verkehr noch attraktiver gestaltet und die letzten alten Pflegeheime durch moderne ersetzt. Und wir haben in politisch bewegten Zeiten die Werte der Freiheit und Solidarität hochgehalten und hunderttausenden Menschen geholfen, die vor Krieg und Terror fliehen mussten.

Nun wollen wir gemeinsam ein weiteres Kapitel der Erfolgsgeschichte dieser Stadt schreiben. Einer Stadt, die wächst, die die zweitgrößte Stadt im deutschsprachigen Raum geworden und auf dem Weg zur Zwei-Millionen-Metropole ist.

Investitionen und Verwaltung

Die Grundlage von Wohlstand und seiner gerechten Verteilung ist Wertschöpfung. Seit der EU-Osterweiterung konnten wir diese in Wien um ein Drittel steigern. Rot-Grün 2 setzt sich zum Ziel, weiterhin neue Betriebe und Arbeitsplätze zu schaffen, weitere Betriebe in Wien anzusiedeln und die Arbeitslosigkeit nach Jahren der Wirtschaftskrise wieder zu senken.

Wir werden dazu zusätzliche Investitionen vor allem in Wohnungen, Kindergärten und Schulen, in Gesundheit und Soziales, in ökologische Mobilität, Umwelt- und Klimaschutz sowie erneuerbare Energien brauchen. Diese Investitionen werden zugleich Wachstumsimpulse sein und auch nachhaltige Werte für künftige Generationen schaffen. Daher treten wir dafür ein, solche Investitionen aus den Verschuldungskriterien herauszunehmen, damit der nötige finanzielle Spielraum größer wird.

Wien investiert viel und hat dennoch eine vergleichsweise geringe Verschuldung, gerade einmal sechs Prozent gemessen am Bruttoregionalprodukt. Die Fremdmittelaufnahmen sind in den letzten Jahren gestiegen, denn wir investieren uns aus der Krise heraus. Sobald die Konjunktur anspringt, werden wir unsere Schulden wieder zurückzahlen.

Damit die Stadt funktioniert, braucht es eine gute Verwaltung, die ständig modernisiert wird. Zwei Drittel aller Amtswege können in Wien heute bereits mithilfe neuer Medien erledigt werden. Wir haben es in den letzten 20 Jahren geschafft, mit den engagierten und sehr tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Dienstleistungen für eine Viertelmillion mehr Menschen zur Verfügung zu stellen. Der Personalstand ist parallel dazu jedoch über 20 Jahre fast gleich geblieben.

Wir praktizieren die vielzitierte Verwaltungsreform tagtäglich. Und wir werden weiter Verwaltungsverfahren verringern, verkürzen und vereinfachen und damit auch die Bedingungen für unternehmerische Kreativität und Innovationskraft verbessern. Dadurch werden wir weitere Mittel frei bekommen, die wir für zusätzliche Investitionen einsetzen werden.

Allein der geförderte Wohnbau, die Wohnhaussanierung und der große Bereich der Gemeindewohnungen sichern jährlich rund 24.000 Arbeitsplätze in Wien. Die Wiener Stadtwerke lösen eine Wertschöpfung von 5,7 Milliarden Euro aus und sichern über 64.000 Arbeitsplätze. Der Tourismus boomt. Wien ist also ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort. Wir haben 100.000 Unternehmen mit 800.000 Beschäftigten in der Stadt und ein Bruttoregionalprodukt von 80 Milliarden Euro jährlich. Das ist weit mehr als vergleichbare Bundesländer vorweisen können und ein Grund, warum täglich eine Viertel Million Menschen nach Wien zur Arbeit kommt.

Wirtschaft mit Verantwortung - Arbeitsplätze

Die Ökologisierung und Digitalisierung der Wirtschaft verändern die Wirtschaft und die Arbeitswelt rasant. Wir werden alles uns Mögliche tun, um Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Aber uns geht es nicht um Arbeitsplätze um jeden Preis. Wir orientieren uns bei allen Maßnahmen am Konzept der "Guten Arbeit". Gute Arbeit heißt für uns in Wien faire und existenzsichernde Löhne, Arbeitsplatzsicherheit, sozialer Schutz, Gesundheitsschutz, für Frauen gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit sowie eine familienfreundliche Arbeitsorganisation.

Einen immer breiteren Niedriglohnsektor und eine stetige Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse wollen wir in Wien ebenso wenig wie unfairen Wettbewerb durch Lohn- und Sozialdumping.

Im Kampf gegen Arbeitslosigkeit sind gezielte Weiterbildung und Qualifikation jedes einzelnen das Um und Auf. Mit dem Qualifikationsplan 2020 und der Wiener Ausbildungsgarantie wird dies umgesetzt. Die Programme des Wiener ArbeitnehmerInnenförderungsfonds sind erfolgreich und einzigartig in Österreich. Über 300.000 Menschen haben seit seinem Bestehen Unterstützung und dadurch neue Jobchancen erhalten. Die Programme werden nun an die Erfordernisse der digitalen Ökonomie weiter angepasst.

Es ist in uns gelungen, den Bildungsaufstieg zu fördern und Wien zu einer Stadt des Wissens zu machen. Menschen, die lediglich einen Lehrabschluss vorweisen, gibt es in Wien heute um 150.000 weniger als noch vor 20 Jahren. Aber es gibt um 200.000 mehr, die eine berufsbildende, höhere oder Hochschule erfolgreich abgeschlossen haben.

Wissenschaft

Zehntausende Menschen arbeiten in Wien in Wissenschaft, Forschung, Technologie und Innovation. 200.000 Menschen lehren und studieren an Wiens Hochschulen. Wien ist die größte deutschsprachige Universitätsstadt und 30 Prozent aller Forschungsstätten Österreichs haben ihren Standort in Wien.

Ich möchte, dass die Wissensstadt Wien ihr gesamtes innovatives und kreatives Potential entfaltet und die Wiener Wirtschaft dieses Potenzial nutzen kann. Wir werden daher die Wissenschaftsagenden der Stadt bündeln und laden Wissenschaft und Wirtschaft ein, sich verstärkt auch den Herausforderungen der Stadt von heute zu widmen.

Diese reichen von Maßnahmen zur Senkung der Arbeitslosigkeit über Fragen des Städte- und Wohnbaus bis hin zur Gestaltung wirksamer Bildungsprozesse und der Entwicklung intelligenter Integrationsmodelle. Wissenschaft und Innovation können Wien noch weiter voranbringen. Unsere Strategie "Innovatives Wien 2020" wird dafür den Rahmen bilden.

Bildung

Bildung ist daher von klein auf wichtig. Ich will die beste Bildung für jedes Kind. Unsere Wiener Kindergärten bieten schon heute mehr als nur Betreuung. Sie sind elementare Bildungseinrichtungen geworden, die Grundlagen für einen guten Start ins Leben mitgeben. Was uns hier an Förderung von Talenten und Chancen gelingt, erspart uns später Kosten im Sozialsystem.

Wir haben deshalb die Zahl der Kindergartenplätze in Wien in den letzten 20 Jahren auf über 80.000 verdoppelt. Wir haben den Besuch des Kindergartens für alle gratis und das letzte Kindergartenjahr verpflichtend gemacht. Mit den längsten Öffnungszeiten österreichweit. Seit Jahren bekommt jedes Kind im Alter von 3 bis 6 Jahren einen Kindergartenplatz. In Zukunft wird jedes Kind einen Kinderbildungs- und -betreuungsplatz erhalten.

Das letzte verpflichtende Kindergartenjahr und die ersten beiden Volksschuljahre sollen künftig zudem als gemeinsame Schuleingangsphase aufgefasst werden. Die Anzahl der Fachkräfte zur Sprachförderung wird verdoppelt, weil vor allem durch die gemeinsame Sprache Verständigung, Verständnis und damit Integration möglich werden.

Eine frühe Trennung von Kindern in unterschiedliche Schultypen ist pädagogisch falsch, stark stigmatisierend und erzeugt bei Eltern, Kindern sowie Lehrerinnen und Lehrer enormen Druck. Die vom Bund vorgegebene Möglichkeit der Umsetzung von gemeinsamen Schulen für Kinder zwischen zehn und 14 werden wir daher zur Gänze ausschöpfen.

Und ich bin überzeugt, dass wir die ersten in Österreich sein werden, die dieses Modell schlussendlich ganzflächig werden einsetzen können. Was ich will ist eine Schule, die Spaß macht, den Kindern und auch den Lehrerinnen und Lehrern, denn diese leisten einen wichtigen Job. Sie machen aus Kindern wissbegierige, selbstbewusste junge Menschen, die unsere Gesellschaft bereichern. Wir werden dafür Sorge tragen, dass Wiens Schulen rasch mehr Freiheit und Eigenverantwortung erhalten sowie mehr Service und weniger Bürokratie. Ich verspreche, dass es Reformen sein werden, die in der Klasse ankommen und dort spürbar sein werden.

Was wir aufgrund des dynamischen Wachstums der Stadt auch haben werden, sind im Jahr 2020 über 1.000 Lehrerinnen und Lehrer mehr.

In der wachsenden Stadt wird auch die Bildungsinfrastruktur weiter ausgebaut. Wir haben dazu den "Bildungshorizont 2015 bis 2025" erarbeitet. Außerdem wollen wir schulische Infrastruktur wie Sportplätze, Turn- oder Festsäle für die Bevölkerung öffnen. Dies wird eine Maßnahme von vielen sein, um Sport und Bewegung in Wien zu fördern.

Soziales, Gesundheit, Pflege

Wien hat ein dichtes soziales Netz. Wir wollen diese Hilfe künftig besser und effektiver anbieten. Vor allem junge Bezieherinnen und Bezieher der bedarfsorientierten Mindestsicherung werden wir stärker unterstützen, damit sie ein selbstbestimmtes und eigenständiges Leben führen können. Mit der "Wiener Jugendunterstützung - Back to the future" leiten wir eine Systemänderung ein. Im Mittelpunkt stehen Ausbildungs- und Beschäftigungsangebote und Anreizsysteme, um jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, ihren Lebensunterhalt durch eine sinnvolle, bezahlte Beschäftigung zu bestreiten.

Wien hilft unterschiedslos jeder und jedem, die Gesundheit zu erhalten oder wieder zu erlangen. Die Vorteile des öffentlichen Wiener Gesundheits- und Spitalswesens wissen Menschen nicht nur aus Wien zu schätzen. Diese Qualitäten aufrecht zu erhalten und dem Personal eine angemessene Bezahlung zukommen zu lassen, kostet viel Geld.

Wir müssen und werden daher die eingeleiteten Reformen fortsetzen und am Wiener Spitalskonzept 2030 und am Medizinischen Masterplan weiterarbeiten. Das heißt, dass wir die Spitalsleistungen auf weniger Standorte zusammen führen, und zugleich dafür sorgen, dass die Bevölkerung alle Leistungen hat, die von Nöten sind.

Wir werden noch stärker auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten eingehen. Das heißt zum Beispiel auch, dass wir die Wartezeiten in den Spitalsambulanzen deutlich reduzieren wollen.

Oder, dass auch an Wochenenden und Feiertagen niedergelassene Kinderfachärzte und -ärztinnen verfügbar sind. Nachdem wir in den vergangenen Jahren die stationäre Pflegelandschaft komplett reformiert haben, unterstützen wir nun mit dem Konzept "Pflege und Betreuung 2030" verstärkt die Angehörigen. Schwerpunkte sind auch die Remobilisierung von und alternative Wohnformen für betreuungs- und pflegebedürftige Menschen.

Wohnen

Wohnen, leistbar wohnen, qualitätsvoll wohnen bis ins hohe Alter wünschen sich alle. Wir sorgen seit vielen Jahrzehnten dafür. Durch den kommunalen Wohnbau, durch den geförderten Wohnbau, durch die geförderte Wohnhaussanierung, durch unseren Einsatz gegen Spekulation mit Wohnraum und für Stärkung des Mieterschutzes.

Als wachsende Stadt brauchen und wollen wir nicht einfach nur Wohnbau. Wir wollen weiterhin den sozialen, den leistbaren und einen ökologisch nachhaltigen Wohnbau. Wir haben deshalb die Flächenbereitstellung und den Bau von 10.000 neuen Wohnungen jährlich vereinbart. Und den Bau von mindestens 2.000 neuen Gemeindewohnungen in den nächsten fünf Jahren. Außerdem erleichtern wir jungen Menschen die Gründung eines eigenen Haushalts und den Zugang zu geförderten Wohnungen, indem wir Eigenmittel stunden und die Fördersumme erhöhen.

Ein großes Aufgabenfeld ist der Gemeindebau. Etwa eine halbe Million Menschen leben in den über 200.000 Wiener Gemeindewohnungen. Eine gute Verwaltung, die bauliche Erhaltung und ein gutes Zusammenleben der Bewohnerinnen und Bewohner sind unsere Ziele und Aufgaben. "Wiener Wohnen" erhält daher den Auftrag, die Zufriedenheit der Mieterinnen und Mieter zu erhöhen, die Ordnungsberater und Ordnungsberaterinnen in den Gemeindebauten zu verstärken und die Wohnqualität durch eine Sanierungsoffensive zu verbessern.

Verkehr und Mobilität

Wien wächst, es entstehen neue Stadtteile, Menschen ziehen zu und um. Sie suchen, finden und verändern Arbeitsplätze, haben Wege zu Kindergärten, Schulen, medizinischer Versorgung, Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen, zu Freunden und Familie. Dafür braucht es eine stadtverträgliche Mobilität. Klar ist, dass man mit Autos allein nicht alle Wege erledigen kann. Daher müssen und werden wir dafür sorgen, dass jeder und jede dort hinkommt, wo er oder sie hin will oder hin muss, und zwar rasch, sicher, kostengünstig und umweltschonend.

Das Ziel der Verkehrspolitik ist, dass bis 2025 80 Prozent aller Wege in Wien zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden. Das ist möglich, auch ohne den Autoverkehr drastisch einzuschränken. Auch das Auto hat in der Stadt seine Funktionen, wenn ich etwa an den Wirtschaftsverkehr denke. Es wird daher selbstverständlich Investitionen in Straßen geben.

So bekennt sich Wien im Regierungsübereinkommen zu einer sechsten Donauquerung und zur sogenannten Stadtstraße, damit der Wachstumsbezirk Donaustadt nicht im Verkehr erstickt.

Das Rückgrat einer Zwei-Millionen-Stadt ist der öffentliche Verkehr. Daher ist die Verlängerung der U1 nach Süden im Gange, die Planung für eine weitere, die U2/U5 ebenso. Die Angebote der S-Bahn sollen deutlich verbessert werden und wir werden neue Straßenbahnen bauen. Die 365-Euro-Jahreskarte hat sich bewährt und zu einer Rekordzahl an Öffi-Nutzern und weltweiter Beachtung geführt.

Wir haben daher vereinbart, diesen Tarif bis ins Jahr 2020 beizubehalten und die Jahreskarte auch durch eine Halbjahreskarte zu ergänzen. Damit machen wir den öffentlichen Verkehr in Wien noch attraktiver und leistungsfähiger. Dadurch wird auch eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung und von AnwohnerInnen-Parken möglich, was allerdings nur nach Rücksprache mit den Bezirken erfolgen soll. Zur zusätzlichen Attraktivierung von Ortskernen können gemeinsam mit den Bezirken verkehrsberuhigte Zonen entstehen.

Umwelt

Metropolen wie Wien tragen eine besondere Verantwortung für den globalen Klima- und Umweltschutz. Eine ressourcenschonende Mobilität ist ein wesentlicher Beitrag dazu. Aber die ökologischen Herausforderungen bleiben groß, die Chancen für entscheidende Weichenstellungen sind einzigartig.

Wir haben uns entschlossen, zur Smart City zu werden, und werden die nächsten Jahre nutzen, um die Stadt auf eine nachhaltige Grundlage für viele Generationen zu stellen. Das heißt auch, dass wir unsere Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen intensivieren müssen.

Wien verpflichtet sich außerdem, bei der Entwicklung neuer Stadtteile gleichzeitig großzügige Grünräume zu schaffen sowie bestehende zu bewahren.

Ressourcenschonung werden wir auch durch mehr Energieeffizienz und die Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes in der Energieversorgung der Stadt erzielen. Um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern, werden wir unter anderem das Potential an Geothermie erkunden. Die Wiener Energiepolitik wird auch künftig auf einem bewährten Gleichgewicht von Umwelt- und Klimaschutz, Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Energieeffizienz und sozialer Gerechtigkeit aufbauen.

Kultur

Wien ist reich. Reich auch an Vielfalt und Kultur. Es ist eine Kultur, die aus der Vielfalt der Menschen entstanden ist, die hier her gekommen sind, und bis heute hier her kommen und hier leben. Wir sind stolz auf unsere Zuwanderer Mozart, Beethoven oder Brahms, auf den Kaffee und die Blasmusik als türkische Beiträge, oder das ungarische Gulasch und das Wiener Mailänder Schnitzel.

Eine Kulturstadt kann man werden, wenn man weltoffen ist und bleibt. Wir wollen in Wien weiterhin eine Kultur durch alle, für alle und mit allen. Rot-grün steht für die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks als Basis einer freien Gesellschaft. Rot-grün steht für offene, für alle zugängliche Kulturräume und zwar in allen Stadtteilen.

Gleichberechtigung

Eine Frage der Kultur ist auch, wie wir als Menschen miteinander umgehen. Ich meine damit nicht nur die Gleichberechtigung der Frauen, sondern ihre tatsächliche Gleichstellung in der Gesellschaft. Wir in Wien arbeiten daran, dass Frauen selbstbestimmt, unabhängig und sicher leben können. Ein eigenständiges existenzsicherndes Einkommen ist dafür die notwendige Basis. Eine Maßnahme die Lohnschere zu schließen, ist die Bindung der Vergabe öffentlicher Aufträge an Gleichstellungsmaßnahmen in Betrieben. Es geht hier um viele öffentliche Aufträge und um viel Geld, denn wir wollen die Wirtschaft und die Gleichstellung ankurbeln.

Gender und Integration

Jede und jeder ist hier - unabhängig von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Identität - gleich an Rechten und Würde. Wir zeigen Haltung gegen Populismus, Ausgrenzung, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und jede Form der Diskriminierung.

Daher haben wir auch einen grundsätzlich positiven Zugang zu Menschen, die in unsere Stadt kommen. Wir nehmen sie auf und unterstützen sie von Anfang an. Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft gibt es mit dem Tag der Ankunft in Wien, egal ob Menschen als TouristInnen, ZuwanderInner, AsylwerberInnen oder durchreisende Flüchtlinge zu uns kommen. Was gerade hier in den vergangenen Monaten an Hilfsbereitschaft von der Wiener Bevölkerung geleistet wurde und immer noch wird, darauf bin ich als Bürgermeister ungemein stolz und dankbar.

Es sind gegenseitiger Respekt und wechselseitige Rücksichtnahme, die jedes Zusammenleben bestimmen und erleichtern. Um Zuwandererinnen und Zuwanderer besser und schneller in den Arbeitsmarkt integrieren zu können, wollen wir einen wegweisenden Schritt bei der Anerkennung von Abschlüssen aus Ländern der EU und aus Drittstaaten setzen. Wir werden schon im kommenden Jahr ein spezielles Jugendcollege mit etwa 1.000 Ausbildungsplätzen einrichten, das Jugendlichen rasch die Chance zum Besuch einer höheren oder berufsbildenden Schule, den Einstieg in eine Lehrausbildung oder zur Aufnahme einer Beschäftigung ermöglicht.

Internationales

Wien ist seit Jahrhunderten eine weltoffene, internationale Stadt. Und deshalb nicht nur Anziehungspunkt für Touristinnen und Touristen, sondern auch Sitz großer internationaler Organisationen und Headquarter. Unsere Stadt ist Drehscheibe der Diplomatie und eine Vermittlerin bei internationalen Konflikten. Das ginge nicht in einer Stadt, in der Fremde nicht willkommen sind.

Wir profitieren von dieser Internationalität. Und es macht ökonomisch, friedenspolitisch und einfach auch menschlich Sinn, diesen Profit mit jenen zu teilen, die es noch nicht so weit geschafft haben. Während viele EU-Staaten ihre Budgets für Entwicklungshilfe kürzen, wollen wir unseren Einsatz in diesem Bereich nicht nur fortsetzen, sondern durch Entwicklungspartnerschaften mit anderen Städten noch verstärken.

Umfassende Sicherheit

Den internationalen Frieden zu sichern, ist ein entscheidender Beitrag zur Sicherheit auch im eigenen Land. Sicherheit erwarten sich Menschen von Politik immer. Wir wollen in Wien für Sicherheit und Ordnung sorgen, durch eigene Maßnahmen und in Zusammenarbeit mit der Polizei.

Sicherheit ist vor allem innere Sicherheit. Die Stadt setzt sich daher beim Innenministerium dafür ein, dass der Personalstand der Exekutive langfristig abgesichert und im Hinblick auf das Bevölkerungswachstum weiter aufgestockt wird. Gleichzeitig soll sich die Vielfalt der Bevölkerung im Personal der Exekutive widerspiegeln durch die Aufnahme von Frauen und zugewanderten Menschen.

Information, Transparenz und Präventionsarbeit helfen, Ängste und Unsicherheiten abzubauen. Daher sind ein regelmäßiger Informationsaustausch und eine gute Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Exekutive eine wichtige Basis für Vertrauen und Sicherheit. Das Menschenrechtsbüro der Stadt fördert diese Zusammenarbeit. Die städtischen Gewaltschutzeinrichtungen wie die Wiener Frauenhäuser und der Wiener Frauennotruf werden ausgebaut und das Gewaltschutznetz dadurch gestärkt.

Schutz und Sicherheit sind in Wien aber mehr: Etwa auch soziale Sicherheit, Rechtssicherheit oder auch Hilfe bei Katastrophen und außergewöhnlichen Ereignissen wie der Ankunft der rund 200.000 Flüchtlinge in den letzten Monaten. Die so bewundernswert aktive Zivilgesellschaft soll daher künftig verstärkt im Sicherheitsnetzwerk der Stadt an Bedeutung gewinnen.

Sicherheit bedeutet in Wien auch Lebensmittelsicherheit und Hygienestandards auf höchstem Niveau. Die Wiener Märkte bieten gesunde, qualitativ hochwertige Lebensmittel mit gesicherter Herkunft. Die Angebote von Fairtrade-, Bio- und regionalen Produkten sollen daher ebenso wachsen wie die Stadt selbst. In Stadterweiterungsgebieten wollen wir neue Märkte errichten, bestehende ältere Märkte sanieren.

Die Digitale Agenda der Stadt sieht eine Vollversorgung mit Hochleistungsbreitband in den nächsten fünf Jahren vor. Die Datenmengen werden sich vervielfachen. In der digitalen Welt gewinnen daher auch Datensicherheit und Datenschutz an Bedeutung. Rot-Grün bekennt sich dennoch dazu, dass eine demokratische Stadt transparent ist. Eine moderne Verwaltung stellt möglichst viele Informationen zur Verfügung.

Mitbestimmung

Demokratie ist das Recht der Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Pflicht zur Mitgestaltung. Wir wollen allen ermöglichen, unsere Stadt gemeinsam zu gestalten. "Bürger-Räte" sollen verstärkt in gesellschafts- und sachpolitische Fragestellungen eingebunden, Möglichkeiten der digitalen Beteiligung ausgebaut werden. Darüber hinaus wird im parlamentarischen Bereich an der Weiterentwicklung der Minderheitsrechte gearbeitet. Ein Runder Tisch zur Demokratiereform wird Fragen von der Schuldemokratie bis zur Mitbestimmung der älteren Generation behandeln. Eine "Demokratiewerkstatt" wird als zusätzliches Angebot für Jugendliche geschaffen.

Ein Viertel der Wiener Bevölkerung ist derzeit von der Mitgestaltung ausgeschlossen, weil sie nicht wahlberechtigt sind. Rot-Grün wird sich bei dem Bundesgesetzgeber erneut für eine Reform des Wahlrechts auf Bundesebene einsetzen. Das Wiener Wahlrecht wird im Sinne einer besseren Abbildung der Stimmen in Mandaten reformiert.

Das Regierungsprogramm ist wesentlich detailreicher als ich es hier in der Kürze der Zeit darstellen kann. Ich darf Sie - die Fraktionen im Wiener Gemeinderat - ersuchen, an der Umsetzung der vielen für die Stadt nützlichen Projekte mitzuarbeiten. Gemeinsam mit dem hervorragenden Team der Wiener Stadtregierung und mit mir, der ich weiter ein Bürgermeister für alle Wienerinnen und Wiener sein werde. Denn es geht allein um Wien, seine Menschen und seine Zukunft. Damit wir in fünf Jahren sagen können: es hat sich gelohnt. Wien ist eine großartige Stadt zum Leben geblieben.

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