Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderates zum Thema "Missstände bei der Wahrnehmung der Eigentümerrechte und der Ausübung der Anteilsverwaltung des Bürgermeisters und des Finanzstadtrates bei der Wien Energie GmbH bzw. der Wiener Stadtwerke GmbH, der Behebung von Liquiditätsengpässen des Unternehmens durch die einer politischen Verantwortlichkeit unterliegenden Organe sowie damit im Zusammenhang stehende Verfügungen im Rahmen der Notkompetenz durch den Wiener Bürgermeister" 2. Sitzung vom 16. Dezember 2022 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Eröffnung der Sitzung, Feststellung der Beschlussfähigkeit S. 3 2. Auskunftsperson MMMag. Dr. Michael Böheim S. 3 3. Auskunftsperson Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber S. 20 4. Auskunftsperson Mag. Johannes Benigni S. 37 5. Beweisanträge S. 61 (Beginn um 10.00 Uhr) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Schönen guten Morgen! Es ist 10 Uhr, und ich eröffne die Sitzung. Danke fürs Kommen! Ich ersuche, das Filmen und Fotografieren während der Sitzung einzustellen. Ich begrüße sehr herzlich, neben den Mitgliedern der Untersuchungskommission und den anderen Vorsitzenden, Herrn Dr. Michael Böheim. - Vielen Dank, dass Sie gekommen sind und uns Rede und Antwort zu Dingen stehen, wo wir uns, oder ich mich zumindest, nicht auskennen. Kurz noch zum Prozedere für heute. Es sind heute erstmals schon von der Früh an drei Ersatzmitglieder anwesend, statt Herrn Juraczka Herr Peter Sittler - herzlich willkommen! -, statt Frau Hungerländer Herr Harald Zierfuß - herzlich willkommen! - und statt Herrn Peter Baxant Frau Nina Abrahamczik - herzlich willkommen! Ich wiederhole noch einmal: Aufgrund dessen, dass wir hier ständig sehr viele Namen nennen müssen, verzichte ich grundsätzlich auf akademische Titel. Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel. - Ich hoffe, auch Sie nicht, Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich bestehe darauf. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Sie bestehen darauf? (Heiterkeit.) Gut, Herr Dr. Böheim, dann werden wir das so halten. (MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich bestehe darauf, dass Sie sie nicht nennen!) Okay, Sie bestehen darauf, dass ich es nicht mache. (Heiterkeit. - MMMag. Dr. Michael Böheim: Sonst wäre es kein Scherz gewesen!) Gut, ich werde die Sitzung heute mit der Befragung der Auskunftspersonen beginnen, zunächst mit Herrn Böheim, und alles Weitere, insbesondere die offenen Beweisanträge, machen wir im Anschluss, damit die Auskunftspersonen möglichst nicht lange warten müssen. Ich bin sehr dankbar, dass die Auskunftspersonen heute da sind und uns fachlichen Input liefern können. Ich ersuche auch, bei der Befragung durch die Fraktionen darauf Rücksicht zu nehmen, dass es hier nicht darum geht, dass irgendjemand eine eigene Position oder Meinung, die man schon hat, absegnet oder widerlegt, sondern es geht hier hauptsächlich darum, dass wir fachlich Auskünfte erhalten; und ich ersuche das auch auf dieses Thema zu beschränken. Herr Böheim, Sie sind als Auskunftsperson geladen. Sie haben keine eigenen Wahrnehmungen zu dieser Sache, um die es in dieser Untersuchungskommission geht, soweit ich das verstehe, sondern Sie haben das allgemeine Verständnis dieser Materie. Ich weise dennoch darauf hin, dass Sie vor einer Verwaltungsbehörde die Wahrheit sagen müssen, und dass eine falsche Beweisaussage gerichtlich strafbar wäre. Meine Frage zunächst an Sie, weil ich Sie auch nicht kenne - ich habe Sie ab und zu einmal im Radio gehört oder dort und da gelesen -: Können Sie vielleicht kurz sagen, was Ihr Fachgebiet ist, was Sie beruflich machen, was Sie aus Ihrer Sicht hier beitragen können und wozu Sie Fragen beantworten können. Bitte immer ins Mikrofon sprechen, und es auch immer einschalten, das ist wichtig, damit das Protokoll dann vollständig ist. Danke schön. MMMag. Dr. Michael Böheim: Danke, Herr Vorsitzender. Mein Name ist Michael Böheim. Ich arbeite hauptberuflich am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung und beschäftige mich dort vor allem mit Wettbewerbsregulierung und Marktdesign, und seit rund 25 Jahren auch mit Warenterminmärkten und derivativen Instrumenten. Ich möchte mein Eingangsstatement gleich zu einer kurzen Stellungnahme nutzen: Ich sitze hier als Privatperson, was ich sage, sage ich als Michael Böheim und nicht für das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung. Das ist das Erste. Das Zweite ist: Ich verstehe mich als unabhängigen Experten und pflege, das ist sozusagen meine Street Credibility, eine Allparteilichkeit und Äquidistanz vor allem zu politischen Parteien. Jeder, jede, der, die mit mir reden will, kann das tun, aber ich vertrete niemandes Position. Ich sage das auch ganz offen: Ich bin auch nicht hier, um für irgendjemanden zu sprechen, sondern ich beantworte Ihre Fragen nach besten Wissen und Gewissen. Und ich habe verstanden, wenn ich nicht die Wahrheit sage, dass ich, sage ich jetzt einmal, gleich zwei Straßen weiter dann weitersprechen kann. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ganz genau, so ist es. (Allgemeine Heiterkeit.) Sie haben jetzt das Stichwort Termingeschäfte schon genannt. Können Sie im Zusammenhang mit dem Energiemarkt vielleicht einmal einem absoluten Laien wie mir schildern, was man sich unter einem Termingeschäft vorstellen kann? Wie kommt es zustande, wie üblich ist das in den Märkten, und was kann dabei unter Umständen schiefgehen? - Herr Böheim, bitte. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ein Warentermingeschäft oder englisch "Future" ist nichts anderes als ein Geschäft, das Sie heute festlegen, welches Gut zu welchem Preis Sie in der Zukunft kaufen oder verkaufen möchten. Das ist in vielen Märkten absoluter Standard, so auch in den Energiemärkten. Das machen viele Energieunternehmen. Und um es gleich auf den Punkt zu bringen: Ein Warentermingeschäft ist an sich nichts Schlechtes, weil es ja für die Risikoabsicherung erfunden wurde. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Wenn Sie sagen, für die Risikoabsicherung: Inwiefern kommt da überhaupt das Risiko ins Spiel, oder können Sie noch ein wenig näher ausführen, wie so ein Termingeschäft funktioniert? - Herr Böheim, bitte. MMMag. Dr. Michael Böheim: Das Risiko kommt dadurch zustande, dass natürlich niemand heute hier und jetzt weiß, wie sich ein bestimmtes Gut zu einem bestimmten Termin in der Zukunft preislich verhalten wird. Es gibt Kursschwankungen, und diese Kursschwankungen sind ein wesentlicher Parameter für den Preis, den man bezahlt, um dieses Termingeschäft abschließen zu können. Ein Warentermingeschäft hat die unangenehme Eigenschaft, dass, wenn sich der Preis in die Gegenrichtung zur Erwartung entwickelt, eben der Einsatz - der sogenannte Margin, den man hinterlegt, um das Warentermingeschäft abschließen zu können - verloren sein kann. Der Vorteil eines Warentermingeschäftes ist: Sie können mit einem vergleichsweise geringen Einsatz relativ viel Volumen belegen, weil dieser Margin, also diese Sicherstellung, nur einen gewissen Prozentsatz der Grundleistung bemisst. Wenn Sie jetzt einen Hebel von Zehn hätten, dann können Sie mit einem Einsatz von Zehn einen Kontrakt im Wert von Hundert bewegen. Das hat einen gewissen Vorteil, Sie brauchen relativ wenig Mittel. Es hat aber einen großen Nachteil, wenn Sie, sage ich jetzt einmal, die Preise falsch prognostiziert haben, dass dann relativ schnell Nachschussverpflichtungen fällig werden. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Und aus Ihrer fachlichen Einschätzung ist es in der Energiebranche üblich, solche Termingeschäfte abzuschließen? MMMag. Dr. Michael Böheim: Bitte das ja, ja, natürlich, klar. Während wir hier sitzen, werden wahrscheinlich Dutzende abgeschlossen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke schön. - Vonseiten des ersten Stellvertreters, gibt es da noch Fragen? - Die zweite Stellvertreterin, bitte. Zweite Vors.-Stv.in Dr. Regine Jesionek: Sie haben gesagt, das dient zur Absicherung. Wo ist dann jetzt der absichernde Effekt? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim, bitte. MMMag. Dr. Michael Böheim: Der absichernde Effekt ist, dass Sie heute hier und jetzt wissen, was Ihnen das Gut heute in einem Jahr kostet. Dann, wie gesagt, zahlen Sie dafür eine gewisse Prämie, wissen aber dafür genau, was Sie zu dem jeweiligen Zeitpunkt entweder bezahlen oder dafür bekommen. Das ist die Absicherung. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Darf ich das so zusammenfassen: Wenn inzwischen die Preise stark gestiegen sind, dann habe ich Glück gehabt, weil ich es etwa noch immer um den damals vereinbarten günstigeren Preis erwerben kann und ein Recht darauf habe. Und wenn die Preise gefallen sein sollten, dann habe ich ein Problem. MMMag. Dr. Michael Böheim: Also, wie gesagt, mir gefällt der Terminus "Glück" in diesem Zusammenhang nicht, weil das induziert, dass Sie das, sage ich jetzt einmal, off the cuff, einfach so gemacht haben, und sich wenig dabei gedacht haben. Modernes Risikomanagement überlegt sich sehr genau, welche Terminkontrakte es abschließt, und wenn ein Terminus im professionellen Risikomanagement keinen Platz hat, dann ist es Glück. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Sladecek, bitte. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Ich habe eine Frage: Macht Wien Energie solche Termingeschäfte? MMMag. Dr. Michael Böheim: Meines Wissens, ja. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Und gibt es andere österreichische Energieversorger, die auch solche Termingeschäfte machen? MMMag. Dr. Michael Böheim: Da bin ich mir sicher. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Das war eine gute Antwort, nur wissen Sie etwas darüber oder ist das nur eine Vermutung? MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich würde es nicht als Vermutung bezeichnen, sondern als gut fundierte empirische Evidenz aus 25 Jahren Marktbeobachtung, aber konkret kenne ich natürlich die Orderbox der einzelnen Energieunternehmen nicht. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Von meiner Seite habe ich jetzt keine Fragen. Nach der Fraktionsvereinbarung, die Sie geschlossen haben, ist meinen Informationen nach die FPÖ als Erste am Wort. - Sie haben drei Fragen, Herr Krauss, bitte schön. GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Guten Morgen, vielen Dank, dass Sie hier sind! Sie haben gerade das Thema Risikomanagement angesprochen und dass das Wort "Glück" da keinen Platz haben kann. Jetzt meine Frage: Wie würden Sie im Allgemeinen das Risikomanagement der Wien Energie beschreiben? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich kann es, wie gesagt, allgemein beschreiben. Was meinen Sie genau damit? GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Ist das schon die erste Nachfrage? - Sie haben gesagt, das Wort "Glück" hat keinen Platz. Sie haben gesagt, modernes Risikomanagement ist sehr präzise, hat genaue Vorgaben. Würden Sie sagen, dass hier modernes Risikomanagement in dem Sinne, wie Sie es sich vorstellen, angewandt wurde? MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich kann es nur vom Ergebnis beurteilen, und wie gesagt, meine persönliche Beurteilung ist: Wenn es zu Vorfällen kommt, wegen denen wir hier sitzen, dann würde ich sagen, hat das Risikomanagement seine Aufgabe nicht voll erfüllt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, weitere Fragen? GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Sie haben auch angesprochen, dass auch andere Energieunternehmungen ähnliche Termingeschäfte in Österreich tätigen. Hier meine Frage: Warum ist es dann nur bei Wien Energie zu ebensolchen Ausschlägen und zu solchen Vorfällen gekommen und nicht auch bei allen anderen Energieunternehmungen in Österreich, die ähnliche Geschäfte vornehmen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim, bitte. Entschuldigung, Herr Böheim, damit Sie sich nicht wundern, ich muss nur immer Ihren Namen vorher sagen, damit es dann im Protokoll steht. (MMMag. Dr. Michael Böheim: Ach so, wegen dem Protokoll, alles klar!) Also wir vergessen nicht, wer Sie sind. (MMMag. Dr. Michael Böheim: Dann warte ich auf meinen Einsatz, passt!) Bitte, Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Warum es bei den anderen dazu nicht gekommen ist: Ja, wie gesagt, weil das Risikomanagement offensichtlich die Kontrakte anders gemanagt hat oder, auch eine Möglichkeit, weil die viel tiefere Taschen haben. Das ist der Slang, man spricht da von "deep pockets", also eine größere Liquiditätsreserve, um eben auch solche extremen Schwankungen auszusitzen. Wie gesagt, das ist eine Beurteilung aus einer Ex-Cathedra- Perspektive, aber es bietet sich an, das so zu schließen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, nachdem die zweite Frage nur eine Verdeutlichung der ersten war, würde ich Ihnen noch eine Frage zugestehen, wenn Sie wollen, aber Sie müssen natürlich nicht. - Herr Krauss, bitte. GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Ich hätte gerne noch danach gefragt, ob Sie beurteilen können, ob möglicherweise Sorgfaltspflichten im Bereich des Risikomanagements der Wien Energie verletzt worden sind. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Entschuldigung, Herr Vorsitzender. Das kann ich nicht, weil ich die Bücher der Wien Energie nicht kenne. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut, dann sind als Nächste die NEOS an der Reihe. - Herr Gara, bitte Ihre erste Frage. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Guten Morgen, Herr Böheim, danke für Ihre ersten Ausführungen! Was mich interessieren würde, wäre Ihr Blick auf die Entwicklung der Energiemärkte in den letzten zwei Jahren, also so seit Jänner 2021. Warum haben sich diese Preise auf den Strom- und Gasmärkten am Anfang sehr schwankend und dann exorbitant entwickelt? Was waren die Ursachen dafür? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Die Ursache für die Schwankungen vor allem auf den Terminmärkten ist in einer zunehmenden Unsicherheit in den Märkten zu suchen. Immer wenn die Unsicherheit steigt, steigt die Volatilität, und wenn die Volatilität steigt, dann steigen auch die Absicherungskosten, weil das immer ein wesentlicher Parameter ist. Retrospektiv kann man diese Preisentwicklung als sehr effiziente Voraussage dafür nehmen, dass da irgendetwas ganz Großes im Busch ist. Wie gesagt, Märkte sind ein sehr effizienter Allokationsmechanismus und geben natürlich auch die Stimmungen sehr gut wieder. Wer auf Preisentwicklungen setzt, setzt eben Geld und Geld würde jemand nur setzen, wenn er eben davon überzeugt ist. Wenn sich Märkte entsprechend entwickeln, deutet es an, dass entsprechende Güter teurer werden und last, but not least wurde es dadurch bestätigt, dass durch die Spannungen, die zuerst ja nur politische Spannungen zwischen der Ukraine und Russland waren, die sich dann aber zu einem kriegerischen Konflikt ausgeweitet haben, dann schon viel in diesen Preisentwicklungen sehr, sehr früh abgebildet war. Das ist einmal die politische Ebene, und das andere ist natürlich die Energiewende. Die Transformation unseres durch fossile Energieträger dominierten Energiesystems zu erneuerbaren Energieträgern bringt natürlich auch zusätzlich Volatilität in den Markt, weil der Energiemarkt eben durch die in der Zwischenzeit zu großer Bekanntheit gewordenen Merit-Order, also die Koppelung des Gaspreises mit dem Strompreis, auch dazu führt, dass wenn sich ein Gut, nämlich das Gas, bewegt, sich das andere Gut faktisch mitbewegt. Das ist faktisch so, wie wenn Sie Tandem fahren. Da kann der eine auch nicht sagen, ich fahre jetzt in eine andere Richtung, weil er eben auf Gedeih und Verderb mit auf einem Rad sitzt. Das wäre jetzt einmal eine Grobeinschätzung der Großwetterlage. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, weitere Frage? GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sie sind ja Experte für Wettbewerbsrecht und meine Frage geht in die Richtung: Gibt es auf der europäischen Ebene Mechanismen, die sicherstellen, dass quasi eine Art von Integrität und Transparenz der Energiegroßhandelsmärkte existiert, und was würde passieren, wenn man feststellt, dass es möglicherweise zu Spekulationen des einen oder anderen Marktteilnehmers kommt? Respektiv die Frage: Ist das überhaupt möglich, und in welcher Form, und welche Behörden würden hier frühzeitig welche Informationen einfordern, um quasi Integrität und Transparenz des Marktes sicherzustellen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim, bitte. MMMag. Dr. Michael Böheim: Also der europäische Energiemarkt wurde beginnend mit Mitte der Neunzigerjahre liberalisiert und ist alles andere als ein freier Markt, weil er sehr stark reguliert ist. Auch die Preisbildung, die Merit-Order ist nicht etwas, das vom Himmel gefallen ist, sondern das ist ein Teil der Regulierung. In Österreich gibt es eben eine eigene Regulierungsbehörde, die E-Control. Das gibt es in jedem anderen EU-Land auch, und diese Institutionen wachen darüber, dass die Energiemärkte entsprechend funktionieren. Durch die Liberalisierung ist es auch dazu gekommen - was die Stromkonsumentin oder der Stromkonsument nicht unmittelbar auf der Rechnung sieht, oder nur wenn er oder sie genau hinschaut -, dass es drei Teile gibt: Nämlich das Netz, das ist der regulierte Teil, dann gibt es Steuern und Abgaben - wo gibt es das nicht? - und dann last, but not least gibt es den eigentlichen Energiepreis. Eine Faustregel vor der Energiekrise - unter Anführungszeichen - war, dass die jeweils ein Drittel, ein Drittel, ein Drittel ausmachen. Was die E-Control interessiert, sage ich jetzt einmal, ist der Netzbereich. Was den Finanzminister interessiert, sind die Steuern und Abgaben, und was die Energieunternehmen faktisch noch in der Hand haben, ist der reine Energiepreis. Dieser bildet sich nach Angebot und Nachfrage und natürlich kann man nicht ausschließen, dass es zu Kartellbildungen, zu Preisabsprachen, et cetera kommt. Allein, eine empirische Evidenz gab es dafür nicht. Wenn, sage ich jetzt einmal, Energieunternehmen für sich gewisse Positionen am Energiemarkt einnehmen, dann würde ich auch noch nicht von Spekulation sprechen, sondern dann ist das ein gewisses Geschäftsmodell. Ich sage, ich positioniere mich preislich so und hoffe halt, dass ich dadurch meinen Gewinn maximiere. Das ist in einer Marktwirtschaft Gott sei Dank nicht strafbar, weil die Kundinnen und Kunden über das Angebot entscheiden - es gibt kaum ein homogeneres Gut als elektrischen Strom, der hat gewisse physikalische Eigenschaften und that's it -, und dann steht man in einem gewissen Wettbewerb. Wenn Sie sich vor der Energiekrise am Tarifkalkulator der E-Control die Angebotsvielfalt angeschaut haben, da gibt es viele Unternehmen, die günstigere Angebote machen, als es der eingesessene Versorger macht - in der Zwischenzeit hat sich diese Situation komplett gedreht -, aber die haben dann natürlich auf den Märkten gekauft und mit einem günstigeren Angebot entsprechende Kunden lukriert. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, eine dritte Frage von Ihrer Seite? GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Also wie Sie gesagt haben, die E-Control hat eine gewisse Überwachungsaufgabe. Was genau überwacht sie in diesem Kontext der Strommärkte? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Die E-Control kümmert sich vor allem um die Netzentgelte. Netzentgelte sind ein wesentlicher Bestandteil auf der Energierechnung, und ohne den Zugang zum Netz können Sie als alternativer Versorger Ihre Kunden nicht erreichen. Die Netze sind ja in eigenen Gesellschaften ausgelagert, das nennt man Entbündelung, auch in Wien gibt es eine eigene Gesellschaft, die heißt Wiener Netze. Und dann gibt es eben Gesellschaften, die eben diese Netze nutzen und der Wettbewerb wird nur funktionieren, wenn die Wiener Netze die Tarife so festlegen, dass sie a) die eigenen Konzernunternehmen nicht begünstigen und b), dass diese auch einer gewissen Vorgabe der Regulierung entsprechen. Und darauf schaut mehr oder weniger die E-Control durch entsprechende Vorgaben. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Vonseiten der GRÜNEN, wer möchte hier die Fragen stellen? - Herr Arsenovic, bitte. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Böheim! Man hat so selten einen Experten vor sich, mit dem man über solche Themen sprechen kann. Meine konkrete Frage ist: Sie als Kenner der Energiemärkte - Sie kennen natürlich auch alle Charts auf der Leipziger Börse, die Future- Charts von Gas und Fernwärme und Strom - haben vorhin gesagt, die Volatilität ist gestiegen und irgendwann hat man gespürt, dass etwas Großes im Busch ist. So haben Sie das genannt. Was mich konkret interessiert: Sie als Experte, wann haben Sie das gespürt? Ich möchte kein genaues Datum wissen, aber ab wann haben Sie gewusst, dass die Volatilität steigt, dass da etwas im Busch ist, und haben Sie auch gewusst, dass die Leipziger Börse, weil sie das auch vermutet hat, dass da etwas im Busch ist, sogar ihre Margin- Prozentsätze in die Höhe gehoben hat? Ab wann war der Zeitraum, wo Sie als Experte gespürt haben, da ist etwas im Busch? War das im Frühjahr, im Sommer, kein genaues Datum, aber ungefähr? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim, und vielleicht für mich auch noch als Ergänzung, dass Sie kurz etwas sagen könnten, welche Bedeutung die Leipziger Börse in dem Zusammenhang hat. Danke. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich fange mit dem Letzten an, mit der Einordnung der Leipziger Börse. Die Leipziger Börse ist der zentrale Preisbildungsmechanismus für Energiemärkte. Das heißt aber nicht, dass das gesamte Volumen, das gekauft und verkauft wird, tatsächlich über die Leipziger Börse gehandelt wird. Beispiel dazu: Angenommen, ich hätte einen Philharmoniker eingesteckt und irgendjemand von Ihnen will mir den abkaufen. Da werde ich nicht zur Münze Österreich hinübergehen und das Geschäft dort abwickeln, aber sehr wohl wird der Preis der Münze Österreich eine Benchmark dafür sein, was ich für den Philharmoniker haben will und was Sie mir für den Philharmoniker zu zahlen bereit sind. Das ist eine ganz wesentliche Benchmark. Das ist eine ganz wesentliche Benchmark für sogenannte Over-the-Counter-Geschäfte, also Geschäfte, die nicht direkt über die Börse gehen; das nur einmal zur Einordnung der Leipziger Strombörse, also ganz wichtig als Benchmark und natürlich auch als Handelsplatz. Ich gebe zu, da ich nicht Energietrader bin, schaue ich natürlich nicht täglich auf die Charts der Leipziger Energiebörse, bei mir läuft kein Bloomberg-Terminal, mich interessiert das von der Großwetterlage her. Wer es im Oktober noch nicht gesehen hat, dass sich da etwas tut, der muss in einen vorzeitigen Winterschlaf gegangen sein. Spätestens dann hat man schon gesehen, da tut sich etwas und da war ja auch, vor allem mit der Verknüpfung der politischen Entwicklung klar, dass sich gewisse Entwicklungen natürlich auch auf die Preise auswirken werden, weil natürlich bekannt ist und vor allem den Insiderinnen und Insidern bekannt ist, dass Russland ein ganz starker Player am Gasmarkt ist. Wie gesagt, das hat natürlich Auswirkungen, und Unsicherheit führt dann dazu, dass auch vielleicht vermutet wird, dass etwas knapper wird, und dann steigen natürlich auch die Preise. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Sie haben jetzt gesagt, spätestens im Oktober muss es allen aufgefallen sein. Mich würde interessieren, ob Sie eine Einschätzung in die andere zeitliche Richtung auch machen können. Wann ist es Ihnen persönlich etwa aufgefallen, dass da irgendetwas am Brodeln ist, Herr Böheim? MMMag. Dr. Michael Böheim: Also ich bin nicht so ein intensiver Beobachter der außenpolitischen Situation und ich hätte eigentlich nicht damit gerechnet, dass es wirklich zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommt. In die Beobachtung des Ganzen bin ich dann auch eigentlich erst im Herbst eingestiegen, weil relativ klar war, dass sich da auch aus Sicht der Wirtschaftsforschung interessante Entwicklungen ergeben, die man beobachten muss. Ich habe es spätestens dann gemerkt, wie die Medienanfragen zugenommen haben. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Sie haben von Oktober 2021 geredet, ist das richtig? (MMMag. Dr. Michael Böheim: Ja, sonst macht das wenig Sinn, nicht?) - Herr Arsenovic, bitte eine weitere Frage. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Danke für Ihre Einschätzung, ich wollte gerade nachfragen: Oktober 2021 hat man gewusst, dass etwas Großes im Busch ist. (MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich würde nicht sagen, hat man gewusst, sondern - -!) Sie haben das gewusst, Entschuldigung. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich würde nicht sagen, ich habe es gewusst, aber ich habe es sehr stark vermutet, sagen wir es so. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Darf ich nur zu meiner ersten Frage nachfragen: Haben Sie Kenntnis, dass auch die Leipziger Börse ihre Margin-Leistungen, die Prozentsätze, erhöht hat, weil die vielleicht auch vermutet haben, dass etwas Großes im Busch ist? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Nein, das habe ich nicht gewusst, weil es in dem Sinn keine Rolle für mich spielt. Es ist für mich eine rationale unternehmerische Entscheidung: Wenn jemand das, was ich habe, stärker nachfragt, erhöhe ich meinen Preis. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, bitte. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Meine zweite Frage: Sie haben das selbst ins Spiel gebracht, Sie haben die OTC- Geschäfte ins Spiel gebracht, mit der Goldmünze verglichen. Wie Sie gesagt haben, gibt es ja nicht nur die Möglichkeit, über die Leipziger Börse Termingeschäfte zu machen, man hätte auch direkt OTC-Geschäfte gemacht. Wie wir im Nachhinein wissen, hat das die Wien Energie scheinbar nicht gemacht. Was mich interessiert: Sie als Experte, wenn Sie im Oktober 2021 gewusst hätten, dass etwas Großes im Busch ist, ich wiederhole Ihre Worte, hätten Sie sich dann, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der Wien Energie gewesen wären, hingesetzt und gesagt, da müssen wir jetzt etwas tun, da ist etwas Großes im Busch, da müssen wir jetzt vielleicht nachdenken und unsere Strategie überdenken? Hätten Sie das als Geschäftsführer der Wien Energie im Oktober 2021 gemacht? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich gehe gerne am Kahlenberg spazieren und ich fahre, da ich Inhaber eines Klimatickets bin, immer mit dem 38A hinauf. Jeder, der die Strecke kennt, weiß, das ist Kopfsteinpflaster und wenn man mit dem Bus hinunterfährt, sind da enge Kurven. Wenn ich jetzt der Busfahrer dieses Busses bin und diese Strecke schon weiß ich wie oft gefahren bin, fällt mir vielleicht dann trotzdem auf, dass ein leichter Schneenieselregen einsetzt, oder dass die Straße glatter wird. Was ich Ihnen mit dieser Geschichte verdeutlichen will, ist, wenn ich der Busfahrer bin, dann würde ich sagen, okay, dann schalte ich vielleicht einen Gang runter, fahre vorsichtiger und wenn Blitzeis kommt, bleibe ich mit dem Bus auch stehen und sage: Tut mir leid, meine Damen und Herren, die Fahrt ist hier beendet, weil das Risiko zu groß wird. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, beantwortet das Ihre Frage? GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ja, ich möchte es nur verdeutlichen: ein Ja. Das heißt, wenn Sie nicht Busfahrer gewesen wären, sondern Geschäftsführer, hätten Sie einen Gang runtergeschaltet oder Sie wären bremsbereiter gefahren, sagen wir einmal so. Habe ich das so verstanden? - Im Oktober 2021, das ist für mich die entscheidende Frage. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich hätte zumindest das Tempo etwas reduziert und hätte mir angeschaut, wie winterfit mein Bus ist, ja. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Okay, danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, eine letzte Frage, bitte. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Meine letzte Frage ist: Die Wien Energie hat es scheinbar nicht gemacht, nach dem Wissensstand, den wir heute haben. Das heißt, sie sind im selben Gang, im selben Tempo weitergefahren, obwohl scheinbar schon Schnee gelegen ist. Meine konkrete Frage, Herr Böheim: Was wäre an den Energiebörsen passiert, wenn die Wien Energie die Margin- Leistungen nicht mehr erbringen hätte können? Was wäre die Konsequenz gewesen? Was hätte es für die Wien Energie bedeutet, was hätte das für den österreichischen Strommarkt bedeutet? Was wäre die Konsequenz gewesen, wenn die das Geld, die Margin-Leistungen nicht mehr hätten aufstellen können? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Gut, das sind jetzt viele Fragen in einer Puppe verpackt, ich versuche die jetzt ein bisschen zu entflechten. Was die Wien Energie gemacht oder nicht gemacht hat, das weiß ich nicht, und ich bin eigentlich ganz froh, dass ich es nicht weiß. Wie gesagt, ich sitze nicht als Geschäftsführer der Wien Energie hier, den ich im Übrigen nicht beneide. Was wäre passiert? Um mein Busbeispiel weiterzuspinnen: Angenommen, der Busfahrer oder die Busfahrerin entscheidet sich stehenzubleiben, das wäre die Metapher dafür, einen Terminkontrakt glattzustellen, dann würde eben Folgendes passieren: dass die bisher erbrachten Sicherheitsleistungen quasi verloren sind, aber auch keine weiteren Verluste eintreten. Sie würden in diesem Beispiel auch nicht mehr weiterfahren können, sage ich jetzt einmal, oder Sie müssten eben einen Ersatzbus beschaffen, einen neuen Kontrakt abschließen. Für die Energiemärkte an sich, die sind so groß und liquide, hat das, was die Wien Energie macht, aus meiner Sicht wenig Auswirkungen. Für die österreichische Kundenversorgung muss man sich dann ganz genau anschauen, welche Kontrakte da genau abgeschlossen sind, aber wie gesagt, ich kann mir vorstellen, dass es jederzeit möglich ist, aus Kontrakten auszusteigen und dass es auch jederzeit möglich ist, neue Kontrakte abzuschließen. Wenn die Position halt falsch eingegangen ist, dann werden entsprechende Verluste realisiert. Die Verhaltensökonomie sagt Ihnen etwas, was auch der gesunde Menschenverstand natürlich sagt: Okay, niemand verliert gern ein paar hundert Millionen Euro. Wenn da halt sehr viel Margin bereits drinnen ist, dann haben Sie natürlich einen Anreiz, die Reißleine nicht zu ziehen. Wann aber der richtige Zeitpunkt ist, die Reißleine zu ziehen, das sagt Ihnen normalerweise das Risikomanagement. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke schön. Ich möchte bei der Gelegenheit noch einmal darauf verweisen, dass Sie bitte mit Ihren Fragen auch möglichst im Untersuchungsgegenstand bleiben. Was etwa genau bei der Wien Energie passiert ist, ist etwas, was wir, aus bekannten Gründen, nicht untersuchen können. Also wir müssen uns irgendwie zumindest am Rande der Wahrnehmung der Eigentümerrechte und der Ausübung der Notkompetenz halten. Als Nächste auf meiner Liste ist die ÖVP. Wer möchte vonseiten der ÖVP? - Herr Wölbitsch, bitte schön. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ja, vielen Dank. Vielen Dank, Herr Böheim für Ihre Einschätzungen, so ein bisschen auch aus der Außenperspektive einer doch sehr eng vernetzten Branche. Ich habe eine Frage: Mein Verständnis ist immer, es gibt ja zwei Arten im Großen und Ganzen von diesen Termingeschäften jetzt an der Energiebörse: Das eine Termingeschäft ist, ich kaufe Strom zu einem späteren Zeitpunkt ein, sichere mir dort einen Preis ab, und kann daher - wenn der Preis zu diesem späteren Zeitpunkt allgemein höher ist - meinen Kunden trotzdem noch einen günstigeren Preis zur Verfügung stellen. Das heißt, das einzige, was ich verlieren kann, ist, dass zu dem Zeitpunkt vielleicht der Preis gefallen ist und ich sozusagen das nicht mehr realisieren kann, dass der Preis eigentlich jetzt noch günstiger wäre, wenn ich Strom einkaufen würde. Das Risiko aber ist, wenn man so will, nach unten hin begrenzt, denn auf null wird der Energiepreis nie fallen. Dann gibt es die anderen Geschäfte, wo ich Strom verkaufe, wo es im schlimmsten Fall so sein kann, dass ich ein Risiko habe, das nach oben hin offen ist. So wie das in meinem Verständnis jetzt auch im Fall rund um die Wien Energie war. Wie sollten diese beiden Geschäfte zueinanderstehen? Beim einen geht es darum, Kundenpreise abzusichern, und beim anderen, wenn man Strom verkauft, geht es - nehme ich an, aber bitte auch noch kurz um Ihre Einschätzung! - darum, Unternehmensgewinne oder Unternehmensergebnisse zu verbessern. Wie sollten die beiden Dinge im Verhältnis zueinanderstehen? Und ist es wirklich so, dass es auch Geschäfte an der Energiebörse geben kann, die ein nach oben hin offenes Risiko haben? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Also gibt es solche Geschäfte, Herr Böheim? MMMag. Dr. Michael Böheim: Ja, natürlich gibt es solche Geschäfte. Das sind eben sogenannte Short-Positionen. Als Short-Position bezeichnet man eine Position, wo Sie eben zu Termin verkaufen. Ich bleibe wieder bei meiner Goldmünze, weil das weit vom Untersuchungsgegenstand weg und deswegen wahrscheinlich unverfänglich ist. Wenn ich jetzt sage, ich verkaufe Ihnen diese Goldmünze in einem Jahr um 2 000 EUR, dann ist das gar kein Problem, wenn ich diese Goldmünze habe. Dann gebe ich Ihnen diese Goldmünze und ich kriege nächstes Jahr 2 000 EUR dafür. Das Problem entsteht dann, wenn ich diese Goldmünze nicht habe. Das bedeutet nämlich, dass ich dann zu dem Zeitpunkt diese Goldmünze kaufen muss, und dann kann es natürlich sein, dass der Goldpreis je Unze bei 3 000 EUR steht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Nur als Zwischenfrage von mir: Was Sie gerade beschreiben, ist wahrscheinlich, was man so unter dem Stichwort "Leerverkäufe" in den Medien immer wieder gelesen hat? MMMag. Dr. Michael Böheim: Genau, genau, das ist der klassische Leerverkauf. Leerverkauf bedeutet: Sie haben das Gut nicht, schließen aber trotzdem einen Verkaufsvertrag zu einem bestimmten Termin ab, verpflichten sich, zu einem bestimmten Zeitpunkt, bei meinem Beispiel eben die Goldmünze, zu verkaufen. Wenn Sie diese Goldmünze eben nicht haben, dann müssen Sie, um den Kontrakt erfüllen zu können, diese Goldmünze zum ausgemachten Zeitpunkt beschaffen. Wenn der Preis jetzt sehr stark steigt, dann fahren Sie natürlich einen großen Verlust ein. Denn Sie bekommen ja heute, hier und jetzt 2 000 EUR für die Goldmünze, und dann können Sie sie um 3 000 EUR erst wiederbeschaffen. Dann haben Sie einen Verlust von 1 000 EUR gemacht. Das sind in dem Fall 50 Prozent, also relativ viel. Dabei habe ich noch gar nicht berücksichtigt, dass das realiter mit einem Hebelgeschäft gemacht wird. Also das Risiko der Short-Position liegt eindeutig drinnen, wenn Sie das zugrundeliegende Gut nicht haben, eben einen Leerverkauf realisieren. Wann machen Sie ein Short-Geschäft? - Natürlich, wenn Sie erwarten, nicht, dass die Preise steigen, sondern dass die Preise sinken. Sie erwarten heute, dass das Gold in einem Jahr 1 500 EUR kostet, und dann haben Sie einen schönen Gewinn eingefahren. Denn dann kaufen Sie die Goldmünze um 1 500 EUR, haben aber heute 2 000 bekommen und die 500 EUR wären dann eben Ihr Gewinn. - Wenn Sie die Preisentwicklung richtig prognostiziert haben - Konditionalsatz! - Rufzeichen, Rufzeichen, Rufzeichen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch. Eine weitere Frage. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Wir hören aus der Branche, dass es andere Energieunternehmen gibt, die solche Geschäfte, wie Sie es vorher auch angedeutet haben, glattgestellt, sprich aufgelöst haben und damit diesem klassischen Logikfehler entgangen sind, dieser Sunk-Cost-Fallacy. Sie haben es auch kurz beschrieben, wenn etwas im Moment nicht so läuft, dass die Hoffnung da ist, dass man vielleicht in Zukunft irgendwie doch noch das Ruder herumreißen kann und noch einmal mehr Geld hineinschießt. Also man hat immer die zwei Auswahlmöglichkeiten: Entweder man schließt und beendet es, auch mit Verlusten, oder man macht halt weiter und zahlt halt weiter ein. Angeblich gibt es Energieunternehmen, die sich entschieden haben, die Dinge glattzustellen und daher wahrscheinlich aus dem heurigen Jahr auch Verluste realisieren werden. Das ist ja der Unterschied, so wie ich es verstanden haben, ein bisschen bei der Wien Energie, weil ja anscheinend mit Glück - apropos, das ist eine Unterstellung, gebe ich zu - sich der Preis so entwickelt hat, dass die Wien Energie wahrscheinlich sogar mit einem Gewinn aus diesen Geschäften aussteigt. Meine Frage ist daher: Ist diese Wahrnehmung, die ich habe, richtig, dass es andere Energieunternehmen gibt, die aus Ihrer Erfahrung diese Dinge im Laufe des Jahres glattgestellt haben? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Diese Information ist auch bei mir angekommen. Ich weiß nicht konkret, welche Unternehmen das sind, aber ex post muss man das folgendermaßen einordnen: Vor ein paar Monaten war das sicher die richtige Strategie; heute, hier und jetzt war es vielleicht nicht einmal die richtige Strategie. Das soll eines verdeutlichen: Wie volatil diese Märkte sind, und dass Termingeschäfte schon auch das Potenzial haben, wenn die Liquiditätsreserven nicht groß genug sind, Unternehmen auch in Insolvenz führen. Das ist jetzt weniger ein Thema für Unternehmen im staatlichen Eigentum, weil es da immer Eigentümer und Länder of last resort gibt. Wenn das aber eine private Energiehandelsfirma ist, die nicht so leicht staatliche Garantien bekommt, dann ist das natürlich durchaus auch unternehmensgefährdend, und da hilft Ihnen wenig, dass Sie sechs Monate später sehr große Gewinne gemacht haben. Sie können das mit der Causa Intertrading vergleichen, die älteren Anwesenden hier werden vielleicht das noch dem Namen nach kennen. Da hat es eben eine Handelstochter der Voest gegeben, die Ölkontrakte gehandelt hat und wie gesagt, die haben auch zum falschen Zeitpunkt Liquiditätsprobleme bekommen. Die Preise aber haben sich dann schon so entwickelt, wie die Prognose war, nur eben zum falschen Zeitpunkt. Das heißt, das ist eine höchst delikate, riskante Angelegenheit. Und wie gesagt, dass es heute, hier und jetzt sehr gut ausschaut, sagt nichts darüber, was dazwischen war, denn unter Umständen gibt es das Unternehmen auch gar nicht mehr. Dann können Sie die Gewinne gar nicht mehr realisieren, weil Ihnen der Insolvenzverwalter die Kontrakte glattstellt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, letzte Frage. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Eine Frage, die sich uns natürlich auch stellt und die wir hoffentlich im Rahmen der Untersuchungskommission irgendwann beantworten können, ist: Wie muss, auch aus Sicht des Eigentümers, der da ja federführend in der Verantwortung ist, das Risikomanagement, die Compliance-Standards ausschauen, um in diesem Ausmaß auf der Energiebörse zu handeln? Die Frage auch an Sie, wie Sie das beurteilen, weil, Minizusatzfrage, nur damit das, glaube ich, auch allen hier klar ist: Die Summen, über die wir reden, die die Wien Energie als Garantien bekommen hat, das sind ja nur die Summen, die für Nachschüsse zu Sicherheitsleistungen notwendig waren. Das heißt, das Geschäftsvolumen, das wirklich gehandelt wurde, muss ja ein Vielfaches von dem sein, über den Summen, über die wir jetzt reden, was an Garantieleistungen auch seitens Stadt und Staat zur Verfügung gestellt wurden. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, ich ersuche nur, dass Sie bei der Frage bleiben, und nicht so sehr bei Ausführungen. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Richtig, daher stellt sich für mich die Frage: Wie muss aus Ihrer Sicht ein Unternehmen aufgestellt sein, damit es in diesem Ausmaß an der Energiebörse handelt? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Natürlich ist es so, dass es hier um Nachschussverpflichtungen geht und die Logik des Termingeschäftes natürlich sagt, dass die Kontraktgrößen größer haben sein müssen. Wie gesagt, da ich sehr viel unterrichte, habe ich gelernt, in Bildern zu sprechen. Jetzt kommt gleich meine nächste Metapher: Wir haben Fußball- Weltmeisterschaft und Ihre Aufgabe als Teamchef ist jetzt, Lionel Messi irgendwie unschädlich zu machen, sodass Ihnen der kein Tor schießt. Es gibt mehrere Möglichkeiten: Sie können mit Raumdeckung spielen, das heißt, Sie haben keinen bestimmten Verteidiger, den Sie auf die Nummer 10 der Argentinier ansetzen, oder Sie spielen mit Manndeckung. Ich hätte gesagt, je gefährlicher der Ihnen erscheint, desto eher werden Sie ihm einen Bewacher oder vielleicht sogar zwei zuteilen. Das bedeutet in dem konkreten Fall, dass, wenn ich sehe, dass sich die Wolken verdunkeln, dann muss ich das Risikomanagement an die kürzere Leine nehmen, also die Geschäfte mehr, sage ich jetzt einmal, engmaschiger und auch genauer kontrollieren. Ich muss dann jederzeit faktisch in der Lage sein, den Exit-Button zu drücken. Ob das passiert ist oder nicht, weiß ich nicht, aber das ist, was ich theoretisch empfehlen würde. Wie gesagt, je volatiler die Märkte sind, desto kürzer muss die Leine für das Risikomanagement sein und desto engmaschiger muss das kontrolliert werden. Ich weiß, jetzt kommt die Nachfrage: Haben Sie Wahrnehmungen, ob das bei der Wien Energie gemacht worden ist? - Nein, die habe ich nicht, aber wenn ich beurteile, dass es zu solchen Nachschussverpflichtungen kommt, dann muss ich sagen, dass die Leine doch nicht sehr kurz war. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Eine Nachfrage von meiner Seite noch: Sie haben jetzt gesagt, irgendwann muss man dann den Exit-Button drücken. Wie drückt man denn so einen Exit-Button oder was macht man denn, um aus dem Ganzen wieder herauszukommen, wenn das Risiko wirklich nach oben hin offen ist? MMMag. Dr. Michael Böheim: Sie haben einen Handelsbildschirm und da gibt es eine Taste, die "Return" heißt und da drücken Sie drauf. Also das ist in diesem Sinne der Exit-Button, da verkaufen Sie das Ganze halt, Sie stellen das glatt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Okay, der Exit-Button ist von den Begrifflichkeiten "Glattstellen". MMMag. Dr. Michael Böheim: Der Exit-Button ist Glattstellen. Sie verlassen diesen Kontrakt und wenn sich der halt in die Gegenrichtung entwickelt hat, verlassen Sie den auch mit einem großen Verlust. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ist überhaupt gesichert, dass ich diesen Kontrakt jederzeit wieder loswerde, also findet sich quasi für jedes schlechte Geschäft immer ein Käufer oder eine Käuferin, Herr Böheim? MMMag. Dr. Michael Böheim: Das ist ja der große Vorteil von Börsengeschäften, dass Sie natürlich eine Börse haben, wo sie diesen Kontrakt zum sekündlich festgestellten Kurs verkaufen. Das wird sekündlich, oder in noch kleineren Einheiten, bewertet und dann können Sie zu diesem Preis den Kontrakt auch wieder loswerden. Das ist im Übrigen auch der große Vorteil zu Over-the-Counter-Geschäften, die laienhaft als risikolos dargestellt werden, denn beim Over-the-Counter-Geschäft haben Sie das sogenannte Gegenseiten- oder Counterparty-Risiko. Also wie gesagt, da müssen Sie darauf vertrauen, dass es das gegenteilige Unternehmen, dass Ihnen den Kontrakt eben verkauft hat, überhaupt noch gibt. Das haben Sie an der Börse nicht. Wenn Sie das einmal hätten, dann würde die Leipziger Börse zusammenbrechen. Also das garantiert ja genau im Börsengeschäft, dass Sie jederzeit rauskommen, also es gibt eine Tür. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich muss noch einmal nachfragen, einfach nur, weil ich als Laie diese Fragen sehr spannend finde. Wenn ich jetzt ein Geschäft offen habe, wo ziemlich sicher klar ist, das wird jetzt schon ein großer Verlust, das wird zukünftig ein noch größerer Verlust und mit Decke nach oben hin offen, kann ich da trotzdem davon ausgehen, dass sich an der Börse immer irgendjemand findet, der mir trotzdem Geld dafür gibt, das loszuwerden? Also ich stelle mir das laienhaft ja irgendwie sehr praktisch vor. Ich gehe riskante Geschäfte ein und wenn der Verlust größer wird, dann verkaufe ich es einfach und habe noch ein Taschengeld dafür. Das wird sicher nicht so gehen, bitte sagen Sie mir, warum meine Annahme falsch ist. MMMag. Dr. Michael Böheim: Nein, nein, Sie brauchen nicht für alles eine wissenschaftliche Erklärung, da reicht der Hausverstand vollkommen aus. Ja, es gibt jemanden, der eben von der Börse quasi als Marketmaker für so Kontrakte eingeteilt ist und Ihnen diesen Kontrakt abnimmt. Es kann aber halt auch nur 1 Cent sein, auch wenn Sie dafür 100 EUR bezahlt haben. Sie bekommen etwas, aber unter Umständen sehr wenig. Also wenn die Laufzeit sich dem Ende nähert und die entsprechende Entwicklung gegen Ihre Prognose ist, na ja, dann kriegen Sie fast nichts mehr. Sie werden aber den Kontrakt zumindest ohne einen weiteren Verlust los, also Sie können das glattstellen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut, der Begriff des Glattstellens, den werden wir noch öfter hören. - Seitens der SPÖ, bitte, Herr Reindl. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Danke, Herr Böheim, für Ihre Ausführungen. Sie führen halt in sehr weite Weiten, aber okay. Ich möchte nur bemerken, dass es bei Wien Energie immer ein Grundgeschäft gibt, dass dann auch über die Terminbörse abgehandelt wird, genauso wie bei anderen Unternehmen. Und natürlich gibt es auf normalen Börsen auch Mechanismen, wenn Kursschwankungen in die eine oder andere Richtung extrem sind, der Börsenhandel auch ausgesetzt wird und Sie Ihren Kontrakt nicht auflösen können. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Reindl, auch hier mein Ersuchen, sich bitte auf die Frage zu beziehen. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Daher meine Frage, nachdem ich sehr viele Zahlen lese und gelesen habe und Sie auch der Energieexperte sind: Ich habe da: Drittes Quartal vom Verbund, der jetzt veröffentlicht wurde im Abschluss, wo Umsatzerlöse um 170 Prozent auf 7,6 Milliarden gestiegen sind, obwohl im Schnitt 24 Prozent weniger Wasser in der Donau war und gleichzeitig die kurzfristigen Schulden um 7 Milliarden EUR auf 13,2 Milliarden gestiegen sind, und der Verbund noch dazu in diesem Bericht über die Probleme, die es am Energiemarkt gibt, sehr ausführlich schreibt und auch sehr gut schreibt und auch sagt, dass er 50 Prozent - - Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Reindl, bitte wirklich zur Frage kommen (GR Mag. Thomas Reindl: Ja, ich komme schon zur Frage!), auch der Verbund ist nicht Gegenstand unserer Untersuchung. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Ja, ich weiß. Nein, nein, ich will ja auf etwas hin. 50 Prozent seiner Produktion verkauft er über die Börse, sagt er auch in diesem Bericht. Sind Sie auf Grund dieser Zahlen der Meinung, dass der Verbund sein Geschäft wegen der Marktentwicklung eingeschränkt hat oder hat er so weitergemacht wie bisher? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich kenne die konkreten Zahlen nicht. (GR Mag. Thomas Reindl: Ich kann Sie Ihnen geben, wenn Sie wollen!) Ja, wie gesagt, da ich sie nicht analysiert habe, kann ich dazu nichts sagen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Es ist kein Problem, wenn Sie zu irgendetwas nichts sagen können, da gibt es keine Konsequenz daraus. - Herr Reindl, bitte eine weitere Frage. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Die zweite Frage wäre: Sie haben erwähnt, dass es im Oktober vorigen Jahres schon Verwerfungen auf den Märkten gegeben hat. Ich nehme an, Sie haben den Jahresabschluss von Wien Energie gelesen. Dann würden Sie merken, dass auf den Seiten 8 und 9 hier sehr konkret auf die Preisentwicklungen und auch auf die Maßnahmen, wie Wien Energie darauf reagiert hat, eingegangen wird. Um jetzt bei Ihrem Autobus-Beispiel zu bleiben: Wenn Sie diesen Bericht gelesen hätten, könnten Sie dann sagen, dass Wien mit dem Autobus mit erhöhter Geschwindigkeit durch die Kurve gefahren ist? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Nur damit ich das richtig verstehe, es geht um die Einschätzung, wenn Herr Böheim bestimmte Informationen hätte, die er jetzt nicht hat, ob er dann eine Einschätzung treffen könnte? (Heiterkeit. - GR Mag. Thomas Reindl: Na ja, darf ich konkretisieren, Herr Vorsitzender?) - Bitte. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Herr Böheim hat gesagt, man hätte schon voriges Jahr im Oktober erkennen müssen, wohin die Reise geht. Wien Energie stellt das im Jahresabschluss eindeutig fest, und meine Frage war, ob er jetzt weiß, ob Wien Energie deswegen weiter eine falsche Strategie gefahren ist oder nicht - ich stelle die Frage halt so -, weil ja das indirekt unterstellt wurde. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich möchte nur noch anmerken: Also ob es eine falsche oder richtige Strategie ist, darum geht es ja hier auch nicht, sondern es geht ja nur darum, was im Konkreten passiert ist. - Herr Böheim, können Sie zu dieser Frage etwas sagen? MMMag. Dr. Michael Böheim: Nein, kann ich nicht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ja, tut mir leid, Herr Reindl, ich kann auch nichts tun. Bitte Ihre dritte Frage. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Ja, ich habe mir hier auch keine Antwort erwartet, sage ich auch ganz offen. (Zwischenruf.) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Dann würde ich um Fragen ersuchen, wo eine Antwort zu erwarten ist, damit wir möglichst zu einem Erkenntnisgewinn kommen. (Heiterkeit.) GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Die Strombörse in Leipzig ist ja eine sehr spezialisierte Börse. Gibt es da Mechanismen, wenn hier Preisentwicklungen in die eine oder andere Richtung gehen, die die ausschalten oder gibt es auch eine Börsenaufsicht, die hier tätig wird, und welche Beobachtungen haben Sie da, bitte? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Wie gesagt, ich beobachte die Leipziger Energiebörse nicht regelmäßig, weil ich eben kein Energiehändler bin. Natürlich, Sie haben es ja auch angemerkt, kann bei extremen Preisbewegungen der Börsenhandel ausgesetzt werden. Jetzt ist mir nicht bekannt, dass das im großen Stil an der Leipziger Börse der Fall gewesen wäre. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut, wir sind mit der ersten Runde durch, es wäre wieder die FPÖ am Wort, wenn es noch weitere Fragen gibt. - Herr Krauss, bitte. GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Ja, ich würde gerne noch einmal auf die Liquidität zu sprechen kommen. Sie haben vorhin gesagt, dass andere Unternehmen möglicherweise nicht in Schieflage geraten sind, weil mehr Liquidität vorhanden war. War es daher von der Wien Energie richtig, trotz eben mangelnder oder geringer werdender Liquidität das Tradingmodell trotzdem nicht umzustellen, sondern einfach so weiterzumachen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Auch noch einmal hier mein Hinweis: Bitte, so etwas wie richtig und falsch bei Fragestellungen möglichst vermeiden, weil damit ja schon impliziert wird, dass irgendetwas so gewesen ist. - Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Also, ich kenne die konkrete Liquiditätssituation der Wien Energie nicht. Das Einzige, was ich kenne, ist, dass eben entsprechende Sicherheitsleistungen für zusätzliche Liquidität angefragt wurden. Und es ist für mich auch eine Evidenz dafür, dass die Liquiditätssituation eben für die konkrete Situation nicht gepasst hat. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, eine weitere Frage. GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Sie haben vorhin gesagt, dass man spätestens ab Oktober 2021 erkennen hätte können, Schrägstrich müssen, dass es zu größeren Veränderungen kommen kann. Hätte man aus diesen Erkenntnissen schließen können, dass man für mehr Liquidität sorgen muss, oder war das dann erst tatsächlich im Sommer 2022 plötzlich notwendig? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Also die konkrete Beurteilung so eines Sachverhaltes ist immer auch erst ex post möglich. Es wurde ja schon gesagt, so wie es sich aktuell entwickelt hat, könnten diese Kontrakte sogar zu einem Gewinn geführt haben, aber das wissen Sie natürlich erst ex post. Das war ex ante in dieser extremen Form wahrscheinlich im Oktober nicht vorhersehbar. Aber, wie gesagt, man nähert sich dem Oktober ja an, nicht, indem man vom Oktober, sage ich jetzt einmal, sechs Monate nach vor springt, sondern es gibt ja immer einen nächsten Tag. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, eine dritte Frage noch? Gut. - Seitens der NEOS, Herr Gara. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Danke, Herr Böheim, für die bisherigen Ausführungen. Sie haben ja von Großwetterlage gesprochen, sehr schillernd und blumig. Ich sage einmal, es gibt Länder, die haben einen ganz guten Wetterdienst. Also die können schon frühzeitig erkennen, wann ein Sturm kommt, wann ein Regen kommt. Zum Beispiel Deutschland: Deutschland hat sich darauf eingestellt und gemeint, es könnte ein großer Sturm kommen. Die skandinavischen Länder haben das gemacht, die Schweiz hat das gemacht. Warum hat Österreich das aus Ihrer Sicht eigentlich nicht gemacht? Oder wäre das aus Ihrer Sicht eigentlich notwendig gewesen, dass man in Österreich hier auch einen solchen Schutzschirm spannt? Denn der wesentliche Punkt, den Sie hier erläutert haben, ist, dass aufgrund dieser erhöhten Margin-Zahlungen die Liquidität exorbitant wird, und auf der anderen Seite muss man auch kurz dazusagen, ich kann nicht alle Positionen glattstellen, ich habe ja auch das Thema der Versorgungssicherheit, ich habe ja auch hier eine Gesamtverantwortung für die Versorgungssicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, auch der Unternehmen. Wie sehen Sie das bezüglich der Großwetterlage und des Wetterberichtes und der Vorkehrungen dazu? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Jetzt eine ganz persönliche Anmerkung von mir: Es ist die Tragik der Europäischen Union, dass sie meistens nicht da ist, wenn man sie am meisten braucht. Natürlich wäre ein gemeinsamer Schutzschirm über alle EU-Ländern das absolut Vernünftige gewesen. Man sieht es jetzt auch bei den Energiesubventionen. Da prescht ein großes, starkes Land wie Deutschland vor und presst andere, kleinere Länder damit faktisch in eine Situation, so etwas auch machen zu müssen. Aber zu Ihrer Frage: Natürlich wäre das sinnvoll gewesen, aber nicht auf nationaler Ebene. Wir haben eben einen gemeinsamen europäischen liberalisierten Energiemarkt und wie bei so vielem wäre eben der große Schutzschirm sinnvoller gewesen. Also nicht der deutsche Alleingang, der österreichische Alleingang, sondern wirklich ein europäisches Modell, aber, wie gesagt, da sind wir wahrscheinlich sehr, sehr weit davon entfernt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, weitere Frage? GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Also ich sehe das auch so, dass natürlich eine europäische Lösung immer eine gemeinsame bessere Lösung ist, aber da es eben in vielen Bereichen keine europäische Lösung gibt, haben eben Länder wie Deutschland dieses Risiko frühzeitig antizipiert und Österreich nicht. Eine Frage: Diese Marktsituation war ja nicht erst seit Herbst 2021 erkennbar. Das hat sich ja schon früher abgezeichnet, eigentlich schon im Frühsommer, weil da sich die Preise nahezu verdoppelt haben, von 20 EUR auf 40, 50 EUR. Also da ist schon etwas passiert, da war schon ein Grundsentiment in dieser Richtung. Meine Frage an Sie ist: Wirkt sich diese extreme Marktvolatilität vor allem im Oktober auf die verschiedenen Energieunternehmen je nach ihrem Erzeugungsportfolio unterschiedlich aus? Also auf gut Deutsch: Haben die entsprechenden Quartalsprodukte der Futures unterschiedliche Preise? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Natürlich wirkt sich die Preisentwicklung auf den Futures-Märkten unterschiedlich aus. Wenn Sie jetzt ein Erzeugungsportfolio haben wie der Verbund, das quasi aus abgeschriebenen Wasserkraftwerken besteht, dann erzeugen sie Strom faktisch zu Grenzkosten. Und wenn die Preise sehr stark steigen, spült Ihnen das eine Menge Geld in die Kasse, weil das Grenzkraftwerk, das den Preis bestimmt, ein Gaskraftwerk ist. Und natürlich, solche Unternehmen und auch andere Erneuerbare-Unternehmen profitieren von so etwas. Wenn Sie jetzt ein Unternehmen haben, das wenig Erzeugungskapazität aus erneuerbaren Energieträgern hat, schaut dann die Situation natürlich anders aus. Das ist aber, sage ich einmal, geschäftsmodellgegeben, dass das natürlich andere Auswirkungen hat. An der Strombörse Leipzig aber bezahlt man für den gleichen Kontrakt gleich viel, nur brauchen Sie vielleicht unterschiedliche Kontrakte und unterschiedliche Kontraktgrößen und unterschiedliche Verknüpfungen der Kontrakte. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, noch eine Frage von Ihrer Seite? GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Ich möchte noch einmal auf die Quartalsprodukte gehen. Aber es war schon so, dass die Quartalsprodukte zum Beispiel für das Quartal 4, Quartal 1, sehr, sehr hoch waren im Oktober, während die Quartalsprodukte für das Quartal im Frühjahr, also Q 2, Q 3, deutlich niedriger waren. Das erklärt, so wie Sie es auch gesagt haben, unterschiedliches Erzeugungsportfolio, schon auch unterschiedliche Volumina, die ich dann an Liquiditäten brauche, weil Q 4 war bei 1 000, Q 2 war bei 200. Ist das auch ein Grund dafür, dass manche Energieversorger hier extrem exponiert waren und andere weniger? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Natürlich. Wenn Sie einen bestimmten Kontrakt brauchen, weil Sie eben die Versorgung sicherstellen müssen, dann müssen Sie den Kontrakt kaufen. Wenn Sie jetzt einen Kontrakt für das Quartal 4 brauchen, dann hilft Ihnen ein Kontrakt für das Quartal 2 nicht. Also dann brauchen Sie den Kontrakt, und wenn der Kontrakt aufgrund der Markteinschätzung eben teurer ist, dann brauchen Sie natürlich auch mehr Liquidität, um so einen Kontrakt handeln zu können. Strom ist zwar auch ein homogenes Produkt, aber der Strom zum Quartal 4 ist ein anderes Produkt am Terminmarkt als der Strom zum Quartal 2. Und wenn die Markteinschätzung so ist, dass der Strompreis jetzt von mir aus einen Gipfel macht zu einem Termin, wo Sie das brauchen, dann müssen Sie diesen Kontrakt eben teurer kaufen, und da nutzt Ihnen nichts, dass es ein paar Monate später eben günstiger ist. Sie können natürlich durch Verschränkungen der Kontrakte etwas an Absicherung gewinnen, aber die meisten dieser Kontrakte werden ja auch sehr lange vorher abgeschlossen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Eine ganz kurze Nachfrage, Herr Gara. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Das bedeutet für mich, man muss die Energieversorger sehr differenziert betrachten und kann quasi nicht alle über den Kamm scheren. Ist das so? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bitte nicht die Antwort schon in Ihrer Frage vorwegnehmen, sondern möglichst eine offene Frage formulieren. - Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Na, die Suggestivfrage ist schon okay, aber es ist so wie bei T-Shirts: One size fits all, das passt dann niemandem. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Für das Protokoll halte ich fest, dass Herr Guggenbichler statt Herrn Krauss Platz genommen hat. Die GRÜNEN wären jetzt an der Reihe in der zweiten Runde. - Herr Arsenovic, bitte. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Herr Böheim, als Floridsdorfer mag ich Ihre Metapher und die Fußballmetapher gefällt mir eigentlich fast noch besser als die Busfahrermetapher, weil der Kahlenberg, das ist schon über der Donau, deswegen bleibe ich bei der Fußballmetapher (MMMag. Dr. Michael Böheim: Der Bisamberg ist nicht so steil!), weil zum Bisamberg kein Bus hinauffährt. (MMMag. Dr. Michael Böheim: Schade!) Das habe ich mir eh schon überlegt, eine Bisamberg-Frage. Wir sollten einmal hinauffahren. Meine Fußballfrage ist: Sie haben das Trainerbild gezeigt, also da spielt Messi, er ist ein guter Spieler, und Sie würden als Trainer, Sie haben das ja schon gesagt, ab Oktober 2021 reagieren und würden etwas machen. Da gibt es ja Möglichkeiten, die Sie gesagt haben. Jetzt komme ich wieder zurück auf die Energiemärkte, auch die hätten ja mehrere Möglichkeiten. Man könnte OTC-Geschäfte machen, man könnte die zukünftigen Termingeschäfte kürzer machen, mit weniger Volumen machen, oder man könnte zum Beispiel ja mehr Liquidität haben, um zukünftige Margins besser abzusichern. Also diese vier Möglichkeiten grob, die hätten Sie jetzt auch als Trainer. Und jetzt meine Frage: Als Trainer beziehungsweise, wenn Sie Risk Manager gewesen wären, hätten Sie dann gesagt, wir müssen in der Strategie etwas ändern? Sie haben vorhin gesagt, Oktober 2021 spätestens. Wenn man diesen Zeitpunkt versäumt hätte, also wenn der Trainer gesagt hätte, die erste Hälfte hat er ein bisschen verschlafen, hätte es dann noch mehrere Zeitpunkte gegeben, bis zu diesem Ende August, wo Sie gesagt haben, dann aber jedenfalls hätten wir es machen müssen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Dass ich sage, der 32. Dezember wäre jetzt genau der Tag gewesen, da wäre dann gar nichts mehr gegangen: Nein, den gibt es natürlich nicht, weil das ja auch in Entwicklungen geht. Ex post ist man aber natürlich immer schlauer, und meine Position ist einfach von oben darauf schauend. Wie gesagt, die Details in dem Sinn interessieren mich nicht. Da gibt es sicher Auskunftspersonen, die dazu profunder Stellung nehmen können, aber mein Punkt ist einfach ein Hausverstandspunkt. Wenn das, was an diesem Black Viennese Friday rausgekommen ist, das Ergebnis ist, dann muss im Vorfeld etwas schiefgelaufen sein, und es ist Ihre nicht beneidenswerte Aufgabe, dahinterzukommen, was das ist. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich ergänze nur wieder: Was genau schiefgelaufen ist, werden wir hier nicht klären können, weil - und hier bin ich die hängengebliebene Schallplatte - die Gebarung der Wien Energie halt nicht Gegenteil dieser Untersuchung ist. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Mir ging es ja nur um seine Trainermeinung, und da habe ich schon herausgehört, dass er früher agiert hätte. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Das wollte ich nur allgemein noch einmal festhalten und das werde ich in dieser Runde noch des Öfteren tun. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Er hätte nicht bis zur 90. Minute gewartet, sondern schon früher etwas gemacht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, eine weitere Frage, bitte. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Die zweite Frage betrifft die Leerverkäufe. Kollege Reindl hat auch gesagt, dass ja die Wien Energie das Grundgeschäft gemacht hat. Ich weiß nicht, darf ich vortreten und Ihnen ein Zettel geben, oder ist das nicht gewünscht? Darf ich das? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Es sollte nur nicht so sein, dass jetzt die Auskunftsperson irgendwie Studium betreiben muss, um sich weiter vorzubereiten. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Es ist nur ein A4-Zettel. Wenn ich Ihnen den ganz kurz geben darf? Dann stelle ich zu dem eine Frage. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bitte, geben Sie es ihm. Und dann bitte eine Frage dazu. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ja. Es geht um Leerverkäufe, und das Entscheidende bei der Frage um Leerverläufe ist ja: Hat jemand etwas verkauft, was er nicht produziert hat? Jetzt wissen wir ja ungefähr, dass die Wien Energie 5 bis 6 Gigawattstunden pro Jahr verkauft, also Umsatz macht, also Strom produziert. Hier in dieser Grafik sieht man, dass es Gaskäufe und Stromverkäufe über Quartale hinweg, 22, 23 und 24 gibt. Die verschiedenen Termingeschäfte sind also von der Wien Energie. Wenn Sie das so sehen und wenn Sie die Summen sehen: 11 Gigawattstunden Gas gekauft und 4,4. Ich weiß, es geht über zwei Jahre, aber wenn Sie das sehen, und Sie wissen mit Ihrer Expertenmeinung, das Unternehmen hat 5 bis 6 Gigawattstunden Strom verkauft: Würden Sie dann sagen, dass Leerverkäufe passiert sind oder nicht? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Das traue ich mir auf Basis dieser Information nicht zu sagen Aber was ist ein Leerverkauf? Wie gesagt, das ist relativ leicht zu beurteilen, wenn Sie ein Geschäft sehen. Ich nehme an, bei der Wien Energie gibt es Dutzende, Hunderte, vielleicht sogar Tausende Terminkontrakte, die irgendwie zusammenhängen. Ob es da jetzt wirklich eine Netto-Leerposition gegeben hat, fragen Sie den, der dafür in der Wien Energie verantwortlich ist, und das ist der Riskmanager, das bin nicht ich. Der kann das wirklich eins zu eins beurteilen. Wenn das nicht der Untersuchungsgegenstand ist, kann ich Ihnen diese Frage auch nicht beantworten. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, noch weitere Fragen? GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ja, danke vielmals. Ich komme jetzt zu diesem Black Friday. Nach unserem heutigen Wissensstand wissen wir ja, dass einer der Hauptgründe war, dass eben genau das passiert ist, was man sich wünscht. Der Gaspreis und der Strompreis haben sich nämlich an diesem Tag besonders stark voneinander getrennt und sind nicht, wie Sie das vorhin gesagt haben ... Ich weiß nicht: Wie haben Sie das vorhin gesagt? Sie haben so eine coole Metapher gehabt. Im Paarlauf - nein, irgendwie? MMMag. Dr. Michael Böheim: Meine Metapher war Tandem. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Tandem! Ja, ich habe ja gewusst, es war irgendetwas mit Fahrrad. MMMag. Dr. Michael Böheim: Sie können aber auch die Doppelpassmetapher nehmen, wenn Sie fußballaffiner sind. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Nein, Tandem gefällt mir, als Grüner finde ich Fahrrad super. Nein, Fahrrad passt auch als Grüner. An dem Tag hat sich also das Tandem getrennt, und es waren auf einmal zwei Fahrräder. So ist mein Bild. Ist das davor auch schon irgendwann einmal passiert? Vielleicht jetzt nicht in diesem Ausmaß, aber ist das in den Jahren davor passiert oder war das immer ein hundertprozentiges Tandem? Ist das auch im Vorfeld schon einmal passiert, dass sich Strom und Gas nicht so hundertprozentig gleich entwickelt haben? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Da komme ich wieder auf mein Ausgangsstatement zurück. Dass der Strompreis und der Gaspreis aneinander gekoppelt sind, ist jetzt nicht zwangsläufig so, sondern das ergibt sich aufgrund des Designs des Energiemarktes. Und das Design des Energiemarktes ist so, dass die Kraftwerkkapazitäten nach ihren Kosten gereiht werden, das nennt man Meritorder. Da sind zuerst die Wasserkraftwerke, dann kommen die ganzen erneuerbaren, und irgendwann einmal brauchen sie für die letzte Kilowattstunde auch noch ein Kraftwerk, und das ist, wie der Strombedarf und das Angebot und die Nachfrage sind, meistens ein Gaskraftwerk. Märkte haben es an sich, dass das sogenannte Law of One Price gilt, dass es auf einem Markt also immer nur einen Preis gibt. Der Preis ist nämlich jener Preis, den sie am Schluss für die letzte Kilowattstunden Erzeugung bezahlen. Das ist ein Vorteil für den, der am Anfang der Kette steht, weil der einen großen Gewinn macht, weil seine Kosten niedriger sind, und der Letzte produziert halt gerade noch zu Grenzkosten. Und da das ein Gaskraftwerk ist, gibt es eine Kopplung zwischen Gaspreis und Strompreis. Wenn das einmal nicht mehr so ist, dann ist es ein anderes. Auf diesen Zusammenhang kann man sich schon verlassen. Das ist quasi eine hohe Korrelation, aber: Wie heißt es so schön in einem Lied? - Nichts ist fix, und woanders heißt es, alles ist möglich. Das heißt, sich darauf zu verlassen und zu sagen, das wird schon so sein, da kann man sich halt sehr irren, weil es Tage geben kann - der Markt begründet nicht, das ist ein Faktum -, an denen sich das entkoppelt. Aus welchen Gründen auch immer; das können Gründe sein, die nachvollziehbar sind, das können aber auch Marktmanipulationsgründe sein. Das ist aber vollkommen egal, ihr Kontrakt entwickelt sich dann eben in eine Richtung, den Sie in einer Ex-ante-Risikobetrachtung nicht auf dem Schirm gehabt haben, und dann ist oha. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Wenn es dieselbe Frage betrifft und kurz ist - Herr Arsenovic. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Mir fällt jetzt kein Lied ein, aber Sie haben gesagt, ein Riskmanager ... Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bitte weniger Vergleiche und mehr wirklich eine Frage, wenn Sie eine Nachfrage stellen wollen. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ja, gut. Ich steige ja nur darauf ein. Also ein Riskmanager, der sich hundertprozentig darauf verlässt, dass es so ist, ist ein schlechter Riskmanager? MMMag. Dr. Michael Böheim: Der ist gar kein Riskmanager. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Gut, danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Die ÖVP wäre wieder als Nächste am Wort. Herr Wölbitsch, bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Vielleicht anschließend an die Frage von Kollegen Gara: Sie haben bei einem runden Tisch am 30. August einmal gesagt, man soll nicht immer gleich nach dem Staat rufen, sondern auch die Branche selbst in Verantwortung nehmen. Was haben Sie damals damit gemeint? Da ging es unter anderem auch um die Thematik Schutzschirm und wie man jetzt mit der Branche in Österreich umgeht, glaube ich. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ja, meine Idee von damals war einfach, dass es quasi etwas wie eine brancheninterne Rückversicherungslösung gibt. Wir haben ja eben schon erfahren, dass es auch Energieunternehmen gibt, die durch entsprechende Preisentwicklungen sehr hohe Gewinne schreiben. Da würde es sich aus meiner Sicht sehr anbieten, dass es auch einen brancheninternen Schutzschirm gibt, wo sich die Unternehmen quasi dann selbst aus der Patsche helfen, indem eben Unternehmen, die durch eine Preisentwicklung aufgrund ihrer Erzeugungskapazitäten sehr gut verdienen, jenen Unternehmen auch mit Liquiditätshilfen und Garantien beistehen, bei denen das nicht so ist. Das würde natürlich eine entsprechende Branchenkoordination bedürfen, aber aus makroökonomischer Sicht halte ich das allemal für sinnvoll. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, eine weitere Frage. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Die zweite Frage ist: Sie haben es indirekt schon angesprochen, eine große Herausforderung war, dass ein Markt, der für stabil gehalten wurde, also speziell der Markt rund um Strompreise, wo man davon ausgegangen ist, dass es kalkulierbare Ausschläge gibt, eben mit Ende letzten Jahres oder Mitte letzten Jahres auf einmal begonnen hat, hoch volatil zu werden. Gehen Sie jetzt weiterhin davon aus, dass dieser Markt hoch volatil oder zumindest bis zu einem gewissen Grad volatil bleiben wird? Was heißt das aus Ihrer Sicht für die Strategie von Energieunternehmen und auch für die Strategie für Energieunternehmen an den Energiebörsen? MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich glaube, dass wir die Zeiten der höchsten Volatilitäten, wenn nicht wieder etwas sehr Unvorhergesehenes passiert, hinter uns gelassen haben, aber klare Sicht sehe ich noch immer nicht. Das heißt, immer wenn es ein bisschen nebelig wird, sollte man halt eher auf Sicht fahren und sicher nicht weiter beschleunigen. Das würde bedeuten, dass man das natürlich engmaschiger kontrolliert und entsprechende Risken vielleicht kritischer sieht. Ich glaube, eines sollte man schon gelernt haben, nämlich dass es so etwas wie Gewissheiten an der Börse nicht gibt. Das ist ja genau der Begriff des Risikos. Risiko unterscheidet sich ja dadurch vom Glück, dass ich sage, ich habe eine Analyse und ich habe eine Prognose, ich muss aber auch jederzeit bereit sein, das zu revidieren, damit ich sicher auf Kurs bleibe. Ich nehme an, das sind die Lehren, die man jetzt einmal, ohne jetzt sehr ins Detail zu gehen, wohl zu ziehen hat. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Nur um das für mich noch einmal zusammenzufassen: Das heißt aus Ihrer Sicht, man muss also die Strategien entsprechend adaptieren, weil der Markt einfach nicht mehr so ist, wie man ihn Mitte oder Anfang letzten Jahres angenommen hat? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich glaube, was man gelernt hat, ist, dass man faktisch, um das Beispiel zu bringen, bremsbereiter fahren muss, um entsprechend eingreifen zu können. Das bedeutet natürlich, dass das Risikomanagement auch in Zukunft vor großen Herausforderungen stehen wird. Das kann eben dadurch passieren, dass man sagt, man hält Kontraktgrößen kleiner, man nimmt auch einen OTC-Anteil dazu, man kauft Spot, verlässt sich nicht rein auf das Eingefahrene. Was macht Risikomanagement? - Risikomanagement nimmt Risiko raus, und ich suche mir einfach ein Asset, das quasi eine andere Korrelation mit dem Markt hat, und verlasse mich nicht darauf, dass etwas so ist, wie es die letzten Jahre eben war. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, haben Sie noch eine dritte Frage? Allgemein möchte ich nur anmerken, ich bin darauf hingewiesen worden, dass ich fürs Protokoll den Namen konsequenter nennen soll. Ich bitte, auch immer darauf zu achten, dass wir nicht dazwischen in kurze Zwiegespräche ausbrechen, auch wenn es entspannter ist, so salopp darauf zu reagieren, damit ich immer die Möglichkeit habe, das ins Protokoll zu sprechen, damit es am Ende passt. Gibt es seitens der SPÖ weitere Fragen? Bitte schön, Herr Schober. GR Mag. Marcus Schober (SPÖ): Herr Böheim, vielen Dank für Ihre Ausführungen, auch diesen Hinblick. Es hat ja viele gegeben, die 2021 schon gesagt haben, dass da jetzt etwas kommt. Jetzt wissen wir, dass wir seitens Österreichs nicht reagiert haben und auch keinen europäischen Schutzschirm haben. Was mich interessiert, um noch einmal den Bus herzunehmen, es tut mir leid, dass ich das mache, aber der fährt für mich persönlich jetzt noch im Niesel: Was ist, wenn es 2023 jetzt gar keine Tankstelle mehr gibt? Sie haben in Ihrer letzten Wortmeldung gesagt, wir können jetzt für 2023 eigentlich wieder einschätzen, dass es doch wieder eine planbare, ich sage jetzt einmal, Struktur gibt. Ich persönlich sehe das nicht. Wie ist Ihre Einschätzung, was überhaupt die Versorgung für 2023 betrifft? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Meine Einschätzung ist, dass Energie und vor allem fossile Energie nie wieder so günstig sein wird, wie sie vor dem Krieg war. Das heißt, wir müssen uns auf höhere Preise einstellen. Wie gesagt, wir sind auf dem Weg, fossile Energieträger hinter uns zu lassen. Das ist ein langer Weg, da sind wir wahrscheinlich erst am Beginn der Reise. Über die Zeit wird uns das aber helfen, unabhängiger von fossilen Energieträgern zu sein. Das wird nicht 2023 sein, aber ich gehe nicht davon aus, dass der Gasbus dann kein Gas mehr hat. Die Frage ist nur, ob ich dann so viele Busse betreiben kann. Es ist aber eine Frage, ob Sie auch bereit sind, das zu zahlen, und Österreich als reiches Land wird das zahlen können. Ich glaube, da kommen andere Länder viel mehr ins Schwitzen als wir. Das bedeutet aber natürlich gewaltige Kosten. Noch makroökonomische Anmerkungen: Selbst wenn Sie die Preise jetzt deckeln, müssen Sie ja irgendwie eine entsprechende Kompensation machen, denn sonst treiben Sie die Unternehmen in die Insolvenz. Sie können ja Unternehmen nicht verpflichten, ihnen das Gas zu x zu liefern, wenn es ihnen selber 2x kostet. Das geht so lange, wie das Eigenkapital da ist. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Auer-Stüger hat aufgezeigt. Bitte. GR Mag. Stephan Auer-Stüger (SPÖ): Herr Böheim, weil Sie gerade das Wort Marktökonomie angesprochen haben, ein Zitat von Ihnen aus einer Publikation vom September, da haben Sie für das WIFO zum Strompreisdeckel geschrieben: Was für normale Marktbedingungen entworfen wurde und unter moderaten Preisen für fossile Energieträger gut funktioniert hat, stößt in der aktuellen Krisensituation an seine Grenzen und wird zu einem zunehmend dysfunktionalen Allokationsmeachanismus mit erheblich unerwünschten Verteilungswirkungen. Die Ebene des einzelnen Marktteilnehmers verlassend, wenn man diese Analyse sieht - und ich sehe das als Nichtmarktökonom auch so -: Muss man sich nicht bei dem, was Sie jetzt gesagt haben, was die Zukunft der fossilen Energieträger betrifft, generell, sowohl europäisch als national, überlegen, wie man in Zukunft zur Marktpreisbildungen kommt, wenn gleichzeitig der Auftrag der EigentümerInnen der Energieunternehmen ist, ihr habt für Versorgungssicherheit zu sorgen? Wir wollen, dass unsere Leute, also unsere Bürgerinnen und Bürger Strom haben und dass sie im Winter geheizte Wohnungen haben. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich habe ein Forschungsprojekt zu dem Thema eingereicht, und natürlich bin ich der Meinung, dass man hier auf Basis empirischer Evidenz und guter Theorie entsprechende wirtschaftspolitische Handlungsoptionen evaluieren und dann auch umsetzen muss. In anderen Publikationen habe ich auch geschrieben, dass aus meiner Sicht - wieder einmal aus ganz persönlicher Sicht, da gibt es auch andere Expertinnen und Experten, die das anders sehen - eine temporäre Aussetzung des Meritorderprinzips, also der Koppelung von Gas und Strom, durchaus Sinn macht. Das bedeutet aber natürlich, dass ich da einen europäischen Verbund und keinen deutschen Doppelwumms brauche, sondern dann richtig etwas Großes auf europäischer Ebene. Wenn das Österreich allein macht, funktioniert das erstens nicht und hat nur negative externe Effekte. Aber natürlich braucht es einen gesamthaften europäischen Ansatz, um zu sagen, wie wir aus dieser Krise rauskommen. Und der gesamthafte Ansatz ist nicht, mehr Wasser in das Fass schütten, das Löcher hat. Das heißt, man muss über den Preisbildungsmechanismus reden. Subventionen am Ende sind gut, sollten aus meiner Sicht auch mehr sozialpolitisch gesehen werden, also weniger Gießkanne, sondern mehr zielgerichtet. Das ist aber ein anderes Thema. Natürlich muss man aber drüber reden, das ist das ganz, ganz Entscheidende, und das hat jetzt mit dem konkreten Fall relativ wenig zu tun. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gibt es noch eine dritte Frage von irgendjemand seitens der SPÖ? Dann hätten wir noch eine weitere Runde. Herr Guggenbichler, Sie haben vorhin noch nicht die Möglichkeit gehabt. Wollen Sie noch etwas an Fragen ergänzen? GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ja, ich habe noch ein paar Fragen zur Versorgungssicherheit. Weil Kollege Auer-Stüger das jetzt angesprochen hat: § 4 des ElWOG besagt ja nicht nur, dass man Versorgungssicherheit gewährleisten muss, sondern sie auch zu einem günstigen Preis für die Bevölkerung leisten muss. Jetzt stellt sich die Frage: Diese Geschäfte, die wir hier gemacht haben und von denen wir auch gehört haben, sichern ja heuer, weil die Liquidität gefährdet war, zum Beispiel ab, dass einige Unternehmen vielleicht am Schluss hohe Gewinne machen werden. Wir kennen das ja alle. Sie sollten aber eher absichern, dass die Kunden günstige Preise haben. Kann es sein, dass diese Systematik dazu führt, dass die Unternehmen Gewinne machen, die Kundenpreise aber auch regelmäßig höher werden, dass hier nicht für die Kunden für Preisstabilität, sondern eher für die Gewinne der Unternehmen gesorgt wird? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. Generell ersuche ich nur, dass wir nicht zu sehr in allgemein rechtspolitische Fragestellungen abkippen, wie man jetzt ein System neu organisieren sollte, denn dann sitzen wir sehr lange da und werden uns am Ende wahrscheinlich nicht einig sein. Herr Böheim, bitte darauf eine Antwort. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich muss immer schmunzeln, wenn ich solche Gesetzespassagen sehe. Dann weiß ich, da hat es keine ökonomische Beratung gegeben, um das wirklich gut zu texten. Denn was ist ein günstiger Preis? In einer Marktwirtschaft gibt es keinen günstigen Preis, da gibt es den Preis, den der Markt erzielt, und kein Unternehmen kann sich auf einem liberalisierten Energiemarkt über das hinwegsetzen. Das können Sie auch von Unternehmensführern und -führerinnen nicht verlangen, dass sie jetzt Preise unter dem Marktpreis anbieten, denn sie sind über das Aktiengesetz verpflichtet, auch den Gewinn des Unternehmens eben entsprechend zu maximieren. Das ist Marktwirtschaft. Wenn man das nicht gewollt hätte, hätte man die Energiemärkte nicht liberalisieren können, aber selbst dann hätte es nicht funktioniert, weil der Handel natürlich auch auf einer anderen Basis stattgefunden hätte. Was mit der Gesetzespassage aber natürlich gemeint ist, ist, dass ein Preis angeboten wird, der durch Marktabsprachen et cetera nicht verzerrt ist. Wenn Sie jetzt ein Energieunternehmen sind und Sie verkaufen Strom zu x, dann können Sie das nur tun, wenn es irgendjemanden gibt, der Ihnen x bezahlt, denn sonst werden Sie halt den Strom nicht verkaufen. Dann wechsle ich von Ihnen zu einem anderen Energieunternehmen. Der größte Irrtum in der Betrachtung einer marktwirtschaftlichen Preisbildung ist, dass der Preis auch nur irgendetwas mit den Erzeugungskosten zu tun hat. Das ist die absolute Preisuntergrenze. Der Preis bildet sich nach der Zahlungsbereitschaft der Konsumentinnen und Konsumenten. Wenn Ihnen niemand das bezahlt, werden Sie bald out of business sein, und damit Sie nicht out of business sind, werden Sie den Preis senken. Wenn Sie merken, die Leute rennen Ihnen die Tür ein, dann wären Sie nicht nur verrückt, sondern auch ein schlechter Kaufmann, wenn Sie diese Zahlungsbereitschaft nicht abschöpfen würden. Das machen natürlich die Energieversorger auch. Der Verbund sitzt auf abgeschriebenen Wasserkraftwerken und trotzdem verkauft und kauft er seinen Strom zum Marktpreis. Ist der Verbund jetzt ein schlechtes Unternehmen? - Nein, das ist ein börsennotierter Konzern, der die Preise so bildet, wie er seinen Gewinn maximiert. That's it. Das kann einem nicht gefallen, aber es ist so. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Guggenbichler, gibt es noch eine weitere Frage? Ich bitte, möglichst im Bereich des Themas zu bleiben, das wir hier untersuchen. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ich glaube, wir sind mit der Versorgungssicherheit genau am Thema. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Versorgungssicherheit ist jetzt nicht Thema dieser Untersuchungskommission, bitte. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Es wurde schon vorhin angesprochen, es geht um die Konkretisierung. Das heißt, es geht darum, Gewinne zu maximieren und nicht einen günstigen Endpreis für den Endkunden zu haben, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, was Sie jetzt gesagt haben. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: So würde ich das als Unternehmer sehen, ja. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Eine weitere Frage, Herr Guggenbichler? GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke schön. Als Nächste wären noch die NEOS. Gibt es von Ihrer Seite noch eine Frage? Herr Gara, ich weise nur darauf hin: Wenn wir im Zeitplan bleiben wollen, sollten wir demnächst fertig sein. Herr Gara, bitte. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Noch einmal vielen Dank für die Ausführungen. Ich möchte noch einmal auf das Thema Energieregulierungsbehörden zurückkommen, also gerade auch die europäische Ebene, die hier ganz extrem wichtig ist, und noch einmal das Thema Integrität und Transparenz der Energiegroßhandelsmärkte betonen. Sie haben zuerst gesagt, die einzigen Daten, die die E-Control bekommt, sind eigentlich jene, die letztendlich dann in die Netzentgelte münden. Darüber bekomme ich also diese Informationen. Für mich ist die Frage: Welche Daten genau? Soweit es mir bekannt ist, vielleicht korrigieren Sie mich hier, werden hier schon auch Handelsvolumina rückgemeldet. Zumindest muss ich ja die physikalischen Größen am Markt kennen, um einfach auch diese Gesamtstabilität zu gewährleisten. Also welche konkreten Daten bekommt die E-Control oder in dem Fall die APG, um sicherzustellen, dass wir hier tatsächlich auch einen physikalischen Markt haben und dass, wie zuerst gesagt, das Thema der Spekulation letztendlich hintangehalten wird? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Dass das Energiesystem, also die Verteilung, funktioniert, liegt jetzt nicht in der Hand der E-Control, sondern das macht die APG in Österreich. Das ist diese Tochter des Verbunds, die Austrian Power Grid. Die schauen eben - und das ist das Unangenehme an elektrischer Energie -, dass immer gleich viel da sein muss, wie rausgezogen wird. Und wenn zu viel da ist, ist das nicht gut, und wenn zu wenig da ist, ist das auch nicht gut. Dieses Netzmanagement ist eine ganz andere Ebene, das hat mit den Netzgebühren nichts zu tun. Das wissen die natürlich sehr genau, die melden das auch an die E-Control, wie die entsprechenden Stromflüsse et cetera sind. Das kann man ja auch daran erkennen, dass es eine große Herausforderung war, als Österreich von dieser gemeinsamen Strompreiszone mit Deutschland abgeschnitten wurde. Da werden einfach Leitungen wirklich physisch gekappt, und das hat natürlich dazu geführt, dass sich die Preise bei uns nach oben entwickelt haben, weil ihnen faktisch das Ableiten fehlt. Sie können das dann nicht mehr so günstig wohin verkaufen, müssen sich andere Abnehmer suchen, und natürlich ist das eine Frage der Netzstabilität. Das hat jetzt nicht unbedingt direkt etwas mit den Netzgebühren zu tun. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, war das Ihre letzte Frage? GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Nein, ich habe noch eine Nachfrage dazu. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bitte, eine kurze Nachfrage. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Eine ganz kurze. Für mich noch einmal zum Verständnis. Wenn das aber so ist, und ich muss wirklich zu jedem Zeitpunkt diese Stabilität gewährleisten, sonst bricht mir das Netz ja zusammen: Können dann von den großen Energieversorgungsunternehmen in großen Mengen einfach Leerverkäufe gemacht werden? Das geht sich ja nicht aus, oder schon? Nur vom Verständnis her, denn tatsächlich muss dem ja physisch ein Produkt hinterlegt werden, sonst habe ich ein tatsächliches Problem im gesamten Netz. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Die Stabilität gilt hier und jetzt. Das muss nicht unbedingt mit der Terminstrategie so abgebildet werden, weil die APG ja heute hier und jetzt nicht daran interessiert ist, dass das Netz genau in einem Jahr stabil ist, sondern es muss jetzt stabil sein. Terminmäßig können sie sich da auch anders positionieren. Diese Möglichkeit gibt es sicher und das obliegt schon den einzelnen Unternehmen, das zu tun. Aber natürlich werden die Unternehmen ihre Termingeschäfte daran ausrichten, wie sie eben ihre Kunden versorgen. Das ist eben der große Unterschied eines Energieunternehmens von einem reinen Händler. Einem reinen Händler ist das vollkommen egal, der handelt Stromkontrakte, der handelt Ölkontrakte, der handelt Weizenkontrakte. Dem geht es einfach darum, rein am Kontraktmanagement zu verdienen. Ein Energieunternehmen hat einen zugrundeliegenden Versorgungsauftrag und braucht natürlich zu einem gewissen Zeitpunkt genau diese Menge Strom, oder welchen Energieträger auch immer. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch etwas leer verkaufen kann, außer die internen Richtlinien untersagen ihnen das. Aber im ElWOG steht zum Beispiel nicht, Leerverkäufe sind Energieunternehmen strikt verboten. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gibt es seitens der GRÜNEN noch eine Frage? Herr Ellensohn, bitte schön. GR David Ellensohn (GRÜNE): Ich möchte es, Herr Böheim, mit den Eigentümerrechten, vor allem für die drei Vorsitzenden genau machen. Das ist schon richtig, dass wir nicht den Busfahrer überprüfen können, denn das ist quasi die Wien Energie, nur es gibt einen Eigentümer von dem ganzen Busunternehmen und das ist in dem Fall auch die Politik, in dem Fall Herr Hacker und der Herr Bürgermeister. Deswegen ist eine Frage dazu nicht nur zulässig, sondern genau der Untersuchungsgegenstand. Wenn zehn Busse abwärtsfahren und neun bremsen, von mir aus acht bremsen, einer stoppt und einer fährt gnadenlos weiter und wenn er unten ankommt und heute kein Unfall passiert ist, dann frage ich schon alle: Am nächsten Tag, wenn wir wieder das Gleiche machen und wir wissen es: In welchen Bus steigen Sie ein? Ich steige nicht in den ein, der gestern ein Glück gehabt hat. Ich ziehe zwei Fragen zusammen, damit ich es abkürze. Jetzt haben Sie mehrere Strategien, was man in dem Fall machen hätte können, Stehenbleiben und so weiter und so fort. Haben Sie als Experte den Eindruck, dass alle Energieversorger die gleiche Strategie gewählt haben, nämlich: Wir lassen es einfach wie wir es vorher gemacht haben? Haben Sie quer durch Österreich einen Unterschied bei der Beobachtung der verschiedenen Energieunternehmungen festgestellt oder würden Sie sagen, die Wien Energie hat aus meiner Anschauung dasselbe gemacht wie alle anderen, ist weitergefahren und zum Glück ist uns vorerst nirgends etwas Dramatisches passiert? Und haben es alle gleich gemacht, oder haben Sie den Eindruck, die Wien Energie hat etwas Exklusiveres gewählt? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Ich glaube, dass jedes Energieunternehmen seine eigene Handelsstrategie hat. Zum Beispiel macht die KELAG nach eigenen Angaben wenig bis gar nichts an den Terminbörsen, die machen viel Over- the-Counter. Wie gesagt, wie würden wir jetzt über die KELAG reden, wenn von denen drei Geschäftspartner pleitegegangen wären? Ich möchte nur eines festhalten: Börsengeschäfte geraten immer dann in Misskredit, wenn die, die sie angewendet haben, etwas falsch gemacht haben. Aber grundsätzlich ist ein Termingeschäft etwas Gutes, das dient zur Risikoabsicherung. Man muss halt die Gebrauchsanweisung der Termingeschäfte genau lesen und sich genau klar sein, was dieses Geschäft kann und welche Gefahren das Geschäft für mich hat. Andere Energieunternehmen machen das anders, haben auch einen anderen Erzeugungsmix, und ob zu welchem Zeitpunkt irgendetwas dann falsch gelaufen ist, kann ich nicht genau beurteilen. Ich kenne aber so wie Sie die Entwicklung von diesem berühmten Freitag, und aus meiner Sicht dürfte es zu solchen Liquiditätsnachschussbedarfen nicht kommen, wenn das Risikomanagement entsprechend nah am Geschehen ist oder entsprechend nah am Geschehen sein darf. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Ellensohn, noch eine Frage. GR David Ellensohn (GRÜNE): Was wäre nach Ihrer Ansicht passiert, Herr Böheim, wenn der Liquiditätsengpass der Wien Energie nicht durch die Bundesregierung behoben worden wäre. Also die kommen nach dem Black Friday dort hin und bekommen nichts: Was passiert dann am nächsten Tag auf der Leipziger Strombörse, wenn jemand tatsächlich die eigenen Geschäfte nicht mehr bedecken kann? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Was passiert an einer Börse, wenn Sie eine Nachschussverpflichtung nicht leisten? - Der Kontrakt wird einmal glatt gestellt. Das heißt, Sie realisieren die Verluste und müssen die entsprechenden Verluste natürlich auch in Ihrer Bilanz abfangen. Wenn zu wenig Eigenkapital da ist, bedeutet das, dass es zwei Möglichkeiten gibt: Der Eigentümer schießt Eigenkapital nach, oder das Unternehmen ist zahlungsunfähig, und Sie dürfen sich beim Handelsgericht melden. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Ellensohn, eine letzte Frage. GR David Ellensohn (GRÜNE): Sie haben im mehrfach angesprochenen Text, der auch im "Standard" erschienen ist, am Schluss gesagt, der Deal ist am Schluss ein gutes Geschäft, man weiß nur leider nicht, für welche Seite. Dann haben Sie gesagt: Wir Steuerzahlerinnen und Steuerzahler drücken der Wien Energie ganz fest die Daumen. Das klingt jetzt aber schon ein bisschen nach Glück. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ist das eine Frage, Herr Ellensohn? Ich habe es nämlich nicht als Frage aufgefasst. MMMag. Dr. Michael Böheim: O ja, das war schon eine Frage. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim, bitte. MMMag. Dr. Michael Böheim: Im Gegensatz zu einem wissenschaftlichen Paper lebt ein Zeitungskommentar von der Zuspitzung. Um das weiterzuspinnen: Offensichtlich hat mein Daumenhalten ja genützt. (Heiterkeit.) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich habe vorhin Herrn Wölbitsch wahrgenommen. Ich wäre sehr glücklich, wenn es die allerletzte Frage wäre. Bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ja, ganz kurz. Ich habe eine kurze Frage. Ich muss nur eine Anmerkung machen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Möglichst eine Frage und keine Anmerkung. Bitte, Herr Wölbitsch. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Eine Anmerkung, wir können es auch gerne nachher diskutieren: Versorgungssicherheit ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Teil diese Untersuchungskommission. Ich kann es nur ganz kurz in einem Satz begründen: Der Eigentümer, sprich 100 Prozent Eigentümer, die Stadt, legt die grundsätzliche Strategieausrichtung für dieses Unternehmen fest. Wenn das Unternehmen davon abweicht, dann sind wir im Kern der Frage, ob die Eigentümerrechte richtig wahrgenommen worden sind oder nicht. Daher ist aus meiner Sicht Versorgungssicherheit sehr wohl ein Thema, das in diese Untersuchungskommission hineinpasst; meiner Ansicht nach zumindest. Die Frage, die ich habe, ist: Sehr geehrter Herr Böheim, Sie sind ja auch aufmerksamer Zeitungsleser, auch viel unterwegs, auch in Ihrer Rolle als Ökonom. Haben Sie eine Wahrnehmung zur ersten Jahreshälfte 2022, dass ein österreichischer Politiker für die Energiebranche einen Schutzschirm gefordert hat? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim, wenn Sie dazu etwas sagen können. MMMag. Dr. Michael Böheim: Im Detail kann ich mich nicht erinnern, aber ein Schutzschirm wurde vonseiten der Politik zur Diskussion gestellt. Welche Person das genau war, ist mir jetzt entfallen, aber ich würde sagen, es war eine vernünftige Forderung. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut, dann sind wir mit der Befragung fertig. Ich danke Ihnen. Ah, von der Vorsitzenden Jesionek gibt es noch eine Frage und dann Herr Auer-Stüger. Bitte schön. Zweite Vors.-Stv.in Dr. Regine Jesionek: Ich habe noch eine kurze letzte Frage, die in die Vergangenheit führt. Hat es in den letzten 20 oder 30 Jahren in der Dimension vergleichbare Turbulenzen auf den Energiemärkten gegeben, wie Sie jetzt 2021, 2022 stattgefunden haben? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim, bitte. MMMag. Dr. Michael Böheim: Also seit der Liberalisierung der Energiemärkte hat es Geschehnisse dieser Art nicht gegeben. Aber genau auf solche Geschehnisse muss auch ein Risikomanagement trotz allem vorbereitet sein, denn genau deswegen habe ich es. Wenn das immer in eingefahrenen Bahnen laufen würde, kann ich das wirklich allein einen Computer machen lassen, und dessen Modelle können fehlerhaft sein. Deswegen sitzt ja beim Risikomanagement noch immer eine physische Person hinter dem Schirm, die das in einen größeren Zusammenhang stellen kann. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Auer-Stüger hat noch aufgezeigt. Bitte. GR Mag. Stephan Auer-Stüger (SPÖ): Herr Böheim, jetzt unabhängig von der Einschätzung, ob man das europäisch macht oder ob es national noch sinnvoll ist. Wenn gar keine politische Aktivität erfolgt wäre - ich spiele jetzt auf Unternehmen wie Uniper oder Axpo an -, also wenn man es ganz dem Markt überlassen hätte und es folgt Zahlungsunfähigkeit: Was wäre dann Ihrer Ansicht nach in den Sommermonaten mit dem Markt passiert? Hätte das der Markt ausgehalten? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Meine ganz persönliche Ansicht ist folgende: Ich bin grundsätzlich gegen das Unternehmenretten. Aus welchem Grund? - Unternehmen tragen Risiko. Und wenn Sie jetzt das Beispiel Uniper ansprechen, ist es aus meiner Sicht nicht die richtige Strategie, wie sie gemacht wurde. Uniper ist ein Unternehmen, das Energie handelt, und offensichtlich haben sie durch die Marktentwicklung Probleme bekommen. Aber man rettet ja in dem Fall nicht das Unternehmen, sondern wen rettet man wirklich? Man rettet die Aktionäre des Unternehmens. Mein Vorschlag in diesem Fall ist das Gleiche, was ich bei der Finanzkrise gesagt habe und immer wieder empfehlen werde: Das Unternehmen kann ruhig in die Insolvenz gehen, dann haben die Eigenkapitalgeber ihr Kapital verloren. Die öffentliche Hand kauft das dann zu 1 EUR, übernimmt die entsprechenden Schulden, rekapitalisiert das Unternehmen und stellt die Versorgungssicherheit sicher. In dem Fall werden meistens die Aktionäre dieser Unternehmen gerettet, wobei, um fair zu sein: Das ist die deutsche Situation in privaten Energieunternehmen und nicht die öffentliche Situation in Österreich. Das macht es leichter, aber auch viel schwerer, weil das atmende Konstrukt eines Insolvenzrechts nicht greift, denn ein Unternehmen, das zu 50 oder sogar 100 Prozent im öffentlichen Eigentum steht, quasi so etwas wie einen Blankoscheck hat. To near on the state to fail würde ich das nennen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Guggenbichler, Sie haben sich noch gemeldet. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Sie haben es gerade angesprochen, man rettet nicht das Unternehmen, sondern die Aktionäre. In dem Fall hat man ja auch die Gewinne der Wien Energie und nicht die Versorgungssicherheit gerettet, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich bitte, das als Frage zu formulieren, wenn es eine Frage ist. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Hat man in dem Fall die Gewinne der Wien Energie mit einer Liquidität aus einem anderen Bereich gesichert, die die Wien Energie selber nicht mehr stemmen hat können, oder hat man die Versorgungssicherheit gerettet? Und eine andere Frage noch dazu: Warum sind dann die Preise jetzt viel höher als sie waren, wenn ja alles gerettet wurde? Wie ist das mit dem Gesetz in Einvernahme zu bringen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. Was können Sie vor allem zu den Preisen sagen? MMMag. Dr. Michael Böheim: Wie gesagt, die Preise bilden sich halt am Energiemarkt nach Angebot und Nachfrage. Es sind zumindest keine Manipulationsaktivitäten bekannt oder sanktioniert worden, sodass die Situation an den Märkten eben so ist, wie sie ist. Die Preise haben momentan diese Höhe und können auf absehbare Zeit niedriger oder höher sein. Wir wissen das nicht. Zum anderen glaube ich, die österreichische Situation ist einfach nicht damit vergleichbar, weil wir ja Unternehmen im öffentlichen Eigentum haben. Das ist eine Entscheidung, die im Gesetz festgelegt ist, dass Energieunternehmen zumindest 51 Prozent im öffentlichen Eigentum sind, und natürlich die Interkonnektivität mit der Politik und der öffentlichen Hand dann natürlich eine viel größere ist. Ich würde aber im Umkehrschluss sagen, wenn sogar private Unternehmen gerettet werden, würde ich mit einem Größenschluss sagen, na umso mehr werden dann halt auch öffentliche Unternehmen gerettet. Bei privaten hätte ich sogar die Option, aber da scheinen entsprechende Interessensvertreter auch ganz gut verhandelt zu haben. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Noch eine allerletzte Frage, Herr Guggenbichler. Bitte schön. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Nur zur Verfahrensweise: Ich habe nicht gewusst, dass wir zumindest in den Runden in den Fragen eingeschränkt sind. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Sie sind auch nicht eingeschränkt in den Fragen. Es ist nur mein Ersuchen, weil auch die nächste Auskunftsperson schon wartet und wir eine Pause machen müssen. Wir wollen einfach nur, glaube ich, in voller Frische noch durch das Programm heute kommen. Das ist es nur. Wenn Sie darauf bestehen, dann bitte gerne noch eine weitere Frage. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ich habe noch eine Frage zum Risikomanagement. Was wäre die übliche Vorgangsweise, wie man ein Risikomanagement macht, wenn man weit über seine eigene Liquidität hinausgehen muss? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Wenn Sie weit über Ihre eigene Liquidität hinausgehen, haben Sie per se kein Risikomanagement, weil das Risikomanagement genau die Liquidität im Auge hat. Was kann sich das Unternehmen an Risiko leisten? Wie tief sind meine Taschen, damit ich auch Ereignisse abfedern kann, die vielleicht sehr unwahrscheinlich sind? Da gibt es ein hervorragendes Buch, es ist bald Weihnachten, vielleicht haben Sie ja ein paar ruhige Tage. "Der schwarze Schwan" heißt das. Das empfehle ich zur Lektüre. Da werden Sie viele Einsichten zu diesem Thema und zu Risiko finden. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Noch eine Frage, Herr Guggenbichler. Bitte. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Wenn ein Geschäft glattgestellt wird, weil es nicht mehr möglich ist, dass man an Liquidität nachschießen kann: Wie handelt dann dieses Unternehmen am nächsten Tag? Oder gibt es das dann gar nicht mehr? Kann das Unternehmen unter anderen Voraussetzungen wieder an der Börse einsteigen? Wie schaut das dann aus? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Böheim. MMMag. Dr. Michael Böheim: Da muss man die Theorie von der Praxis unterscheiden. Natürlich können Sie das eine Unternehmen in die Pleite gehen lassen und am nächsten Tag als 2.0 wieder aufsperren. Die Frage ist, welche Glaubwürdigkeit et cetera Sie haben. Das geht in der Theorie, in der Praxis geht das eher nicht. Wenn Ihnen jetzt der Verlust das Eigenkapital auffrisst, haben Sie ja handelsrechtlich gar keine andere Möglichkeit, als Zahlungsunfähigkeit anzumelden, außer der Eigentümer deckt Ihnen diese Eigenkapitallücke ab. Dann sind Sie weiter im Spiel, und das Unternehmen gibt es weiter. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Guggenbichler, bitte schön. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Das heißt, Sie haben nicht der Wien Energie die Daumen gedrückt, sondern am Ende des Tages den Steuerzahlern, weil die ja mit einer hohen Liquidität drinnen gesessen sind. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Das Thema mit dem Daumendrücken für die Steuerzahler, glaube ich, hatten wir aber auch schon, meine ich mich zu erinnern. Ich glaube, das hat Herr Böheim schon beantwortet. Bitte, Herr Böheim, verbessern Sie mich. MMMag. Dr. Michael Böheim: Das habe ich schon einmal beantwortet. Natürlich gehört ein öffentliches Unternehmen last but not least den Steuerzahlern. Ja, das ist so. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich sehe, wir sind jetzt wirklich mit der Befragung fertig. Herr Böheim, vielen Dank für Ihre Zeit, die Sie sich genommen haben, und für die auch bildhaften Antworten. Alles Gute für den Verkauf Ihrer Goldmünze, die Sie dabeihaben. MMMag. Dr. Michael Böheim: Nein, die habe ich leer verkauft. (Heiterkeit.) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Sie sind fertig; eigentlich gefährlich. Ich danke fürs Kommen. Ich glaube, dass wir dennoch eine ganz kurze Pause bis 11.50 Uhr brauchen. Das sind zehn Minuten. Ich bitte, pünktlich wieder hier zu sein. MMMag. Dr. Michael Böheim: Meine Damen und Herren, vielen Dank für die interessanten Fragen. Ich wünsche Ihnen weiter gutes Gelingen. Auf Wiederschauen. Wer die Sehnsucht hat, mit mir über Energiemärkte und Sonstiges zu sprechen, kann das auch außerhalb des Untersuchungsausschusses jederzeit tun. Danke schön. (Unterbrechung um 11.41 Uhr) (Wiederaufnahme um 11.50 Uhr) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich ersuche, dass Sie wieder hereinkommen und Platz nehmen. Herzlich willkommen Herr Dipl.-Ing. Anzengruber. Danke fürs Kommen und fürs Warten. Ich kläre die technischen Details mit Ihnen, während der Rest noch hereinkommt. Zunächst verwende ich keine Grade oder Titel oder Ähnliches. Ich hoffe, das ist für Sie in Ordnung. Ich ersuche, wenn Sie dann sprechen, auf die grüne Taste zu drücken, um das Mikrofon einzuschalten. Ich muss Sie immer namentlich aufrufen, damit das Protokoll weiß, wer spricht. Das heißt, wundern Sie sich nicht, auch vor jeder Frage, die an Sie gerichtet wird, werde ich noch einmal einwerfen: "Herr Anzengruber, bitte". Bitte das auch abzuwarten. Herr Auer-Stüger ist noch abgängig, glaube ich. Ist das der Einzige? (Zwischenruf) Nach 48 Stunden, oder wie ist das? So lange werden wir hoffentlich nicht sitzen. Okay. Darf ich beginnen? Wird das nicht als unhöflich ausgelegt? Gut. Ich habe Herrn Anzengruber schon begrüßt. Vielen Dank noch einmal fürs Kommen. Sie sind als Auskunftsperson in dieser Untersuchungskommission geladen. Als Auskunftsperson, nehme ich an, dass Sie jetzt keine Wahrnehmungen zu den Vorgängen bei der Wien Energie aus eigener Hand haben, sondern es geht um Ihre fachliche Einschätzung, um Ihren Hintergrund und dass Sie uns unseren Wissensstand in dieser Kommission zu Fragen des Energiemarktes erweitern können. Das war der Plan dieser heutigen Einvernahme. Ich muss dennoch darauf hinweisen, dass eine falsche Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde gerichtlich strafbar ist. Sagen Sie also bitte die Wahrheit, wenn es um Ihre Wahrnehmungen geht. Manche kennen Sie vermutlich, ich ersuche Sie dennoch, dass Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang oder Ihre berufliche Position schildern und mir auch sagen, zu welchen Fragen Sie uns gut Auskunft geben können, also wo Ihre Expertise liegt und wo Sie sich berufen fühlen, etwas dazu zu sagen. Bitte, Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Einmal Grüß Gott von meiner Seite. Vielleicht zu meiner Person: Mein Name ist Wolfgang Anzengruber, ich bin verheiratet, habe drei Kinder, bin in Oberösterreich geboren - vielleicht das als Hintergrund. Ich habe Maschinenbau und Betriebswissenschaften an der Universität in Wien studiert, habe meine Karriere damals bei der Simmering-Graz-Pauker AG begonnen, die es mittlerweile in dieser Struktur ja nicht mehr gibt, habe sie dann im Wesentlichen eine Zeit lang in der Unternehmensberatung fortgesetzt. Ich war dann sieben Jahre bei der ABB, also der Asea Brown Boveri, bin dann von der Asea Brown Boveri nach Salzburg gegangen, war in Salzburg vier Jahre bei der Salzburg AG im Vorstand, war dann in weiterer Folge fünf Jahre Vorstandsvorsitzender von Palfinger AG, auch ein börsennotiertes Unternehmen in Salzburg, und war die letzten zwölf Jahre bis zum Ende 2020 Vorstandsvorsitzender im Verbund und bin jetzt praktisch vor knapp zwei Jahren aus dem Verbund ausgeschieden. Ich glaube, ich habe im Wesentlichen 16 Jahre in der Energiewirtschaft verbracht, also unmittelbar auf der Energieversorgungsseite, und den anderen Teil auf der Lieferantenseite, wenn man es so will, der Industrie, was ABB und Simmering-Graz-Pauker betrifft. Ich glaube, dass ich den Energiemarkt oder den Strommarkt am Energiemarkt in Österreich, aber auch in Europa ganz gut kenne. Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen, wenn sie anspruchsvoll sind, auch beantworten kann. Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Aus Transparenzgründen: Haben Sie aktuell noch irgendeine Position in einem Aufsichtsrat oder Ähnliches bei einem Energieunternehmen inne, Herr Anzengruber? Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Bei keinem Energieversorger. Ich bin in mehreren Aufsichtsräten, also ich bin in dem Aufsichtsrat der Siemens, bin im Aufsichtsrat der ASFINAG, bin im Aufsichtsrat der Global Hydro, das ist ein Maschinenhersteller, ein Turbinenhersteller, und bin also in verschiedenen Nachhaltigkeitsbeiräten, von einer BIG und anderen. Ich bin selbstständig, bin auf der einen Seite zwar Pensionist, aber auf der anderen Seite auch selbstständig, mache also gewisse Consultingaufgaben. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gibt es seitens der anderen Vorsitzenden Eingangsfragen? Dann würde ich das gerne an die Fraktionen übergeben. Mein Ersuchen von Beginn an, ist, dass wir möglichst fokussiert Fragen stellen, auch auf die Zeitdisziplin achten und wirklich versuchen, allgemeine Fragen in Bezug auf den Energiemarkt zu klären und auch nicht jetzt auf einzelne Unternehmen abseits der Wien Energie hinzuzielen. Herr Gara, bitte, startet. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Schönen guten Tag, Herr Anzengruber. Sie haben es ja erwähnt, Sie sind ja doch ein sehr profunder Experte in der Energiewirtschaft. Daher direkt meine Frage an Sie, ganz im Sinne des Vorsitzenden: Ihre Einschätzung der Marktsituation an den Energiemärkten in den letzten beiden Jahren. Warum ist es zu diesen extremen Turbulenzen gekommen? Und hat es das in dieser Form in Ihrer Erfahrung schon vorher jemals gegeben? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber, bitte schön. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Vielleicht gleich, um die letzte Frage zu beantworten: Die Märkte, die wir heute kennen, also der Strommarkt, Strombörse, gibt es in etwa seit dem Jahr 2000. 2000 wurden ja die europäischen Märkte liberalisiert. Vorher war ja das in dem Zusammenhang monopolwirtschaftlich organisiert. Ich muss ein bisschen ausholen, um die heutige Situation auch zu verstehen. Damals war jedes Land für sich und für seine Stromversorgung zuständig. Das heißt also, da gab es den berühmten Versorgungsauftrag, den damals die Verbundgesellschaft hatte. Das war der Bundeslastverteiler, das war in Österreich so aufgeteilt. Im Wesentlichen hat der Verbund den Strom erzeugt, und die Landesenergieversorger haben ihn an die Kunden verteilt. Das war das System dieser Zeit. Mit dem Jahr 2000 in etwa - das war ein bisschen eine schrittweise Liberalisierung der Strommärkte in Europa - hat es diesen Zusammenschluss in Europa gegeben. Wenn man sich die Preisentwicklung damals noch anschaut - man muss ein bisschen die Vergangenheit auch verstehen, wie das entstanden ist -, zu dem Zeitpunkt, als die Märkte in Europa zusammengeschlossen wurden, war plötzlich zu viel Strom da, und zwar ganz einfach deshalb, weil in einem isolierten Strommarkt ein jedes Land für seine Notfälle, für seine Reserven selber sorgen musste. Das heißt, in etwa 20, 25 Prozent des Normalbedarfs mussten noch als Reserve da sein. Durch den Zusammenschluss der europäischen Märkte sind die Reserven alle auf den Markt gekommen, und die Reservehaltung war kleiner. Die Konsequenz war, dass der Strompreis abgestürzt ist. Der Strompreis ist solange massiv nach unten gegangen, bis die Nachfrage das Angebot quasi wieder gedeckt hat. Dann ist es weitergegangen. Das heißt, die Entwicklung ist im Wesentlichen so gegangen. 2000 war ein Riesendrama, keiner hat geglaubt, dass das funktionieren wird. Es hat dann in dieser Sache gut funktioniert. Die Strompreise sind gesunken, massiv nach unten gegangen, es gab Überkapazitäten am Markt. Im Wesentlichen ist er dann gedümpelt, dann hat der Strompreis wiederum begonnen, anzuziehen und hat damals einen Höchstpreis erreicht, der ungefähr bei 70, 80 EUR die Megawattstunde gelaufen ist. Das war jetzt im Wesentlichen die Situation. Das waren die sogenannten goldenen Zeiten, wo man gesagt hat, da verdient man wahnsinnig gut. Das ist also alles eine Riesensache. Das war vor etwa 15 Jahren. Dann ist das in etwa bis zum Jahr 2000 gegangen, und dann sind verstärkt erneuerbare Energien in das System gekommen. Wir hatten dann die Finanzkrise, wenn man sich noch zurückerinnert. Die Nachfrage ist zurückgegangen, gleichzeitig sind erneuerbare Energien stärker reingekommen, und der Strompreis ist wiederum nach unten gegangen. Dann hat er vor sieben, acht Jahren einen Wert von etwas unter 20 EUR gehabt; nur damit man das ein bisschen versteht. Er hat sich dann in den Jahren darauf bis zum Jahr 2020 in etwa wiederum so auf eine Größenordnung von circa 50 EUR, erholt. Das war die Situation, die wir vor zwei Jahren hatten, da war er also bei 50. Die Forward-Dotierung, das heißt die Marktperspektive war damals ungefähr, wenn ich mir die Prognosen anschaue, da gibt's ja immer verschiedene Prognosen, aber die höchsten Prognosen haben zum Beispiel für dieses Jahr, für das Jahr 2022 einen Wert gezeigt, der ungefähr bei 60, 70 gelegen wäre. Das heißt also, um die letzte Frage zu beantworten, so eine Verwerfung hat es noch nie gegeben seit es diese Börse gibt, also in den letzten 20 Jahren hat man diese Ausschläge nicht gesehen. Es hat schon immer wieder Ausschläge gegeben. Da gab es einmal Tschernobyl, den Unfall, dann gab es den Tsunami in Japan. Das hat natürlich schon Werte getrieben und hat auch eine Volatilität erzeugt. Aber die Volatilität war dort in einer Größenordnung von maximal 20 Prozent. Das waren geringe Volatilitäten. Was wir jetzt gesehen haben ist, und gerade dieses Jahr ist natürlich etwas passiert, und ich kenne keine Prognose, die nur annähernd das gezeigt hat, was jetzt der Markt aufgerufen hat und was, glaube ich, auch Gegenstand dieser Diskussion ist, dass wir an diesem ominösen Freitag Schlusspreise gehabt haben von 1 000 EUR. Das heißt, das muss man sich vorstellen, wir sagen, was weiß ich, 50 EUR war damals der Preis, 70 EUR war irgendwo die Prognose für dieses Jahr, und dann wird ein Preis von 1 000 EUR aufgerufen. Also das sind schon Volatilitäten, die es in diesem Markt noch nie gab. Vielleicht, wenn ich ganz kurz, ich will es nicht zu lange machen, aber nur ganz kurz darauf hinweisen: Was ist die Ursache dieser Thematiken? Warum sind diese Preise gekommen? Ich glaube, es ist eine Gemengelage. Es waren verschiedene Inputs, die da drinnen waren. Ein großer Input war natürlich die Ukraine-Thematik, ganz klar: Krieg in der Ukraine, Gaslieferungen sind nicht mehr in dem Umfang gekommen, waren zögerlich - Gaspreisnachfrage ist gestiegen. Also es war da und die Versorgung war zu wenig. Warum, werden Sie jetzt fragen, was hat jetzt der Gaspreis mit dem Strompreis zu tun? Das ist relativ einfach, das heißt, Sie können rechnen Gaspreis mal zwei plus CO2-Kosten ist der Strompreis. Das ist ganz einfach, das hängt mit der Merit-Order- Bildung zusammen: Das Gaskraftwerk erzeugt immer den Strom, also Gaskraftwerk heißt: Gaspreis mal zwei plus CO2-Kosten in etwa, ja. Das war der eine Punkt. Der zweite Punkt ist, der in diesem Jahr dazugekommen ist, dass sehr, sehr viele Kraftwerke oder etwa 40 Prozent der Atomkraftwerke in Frankreich stillgelegt wurden oder rausgegangen sind aus Service- und Risikothemen, die da drinnen waren. Ein nächster Punkt war, die Flüsse waren relativ schlecht wasserführend. Damit hatten die anderen Atomkraftwerke zu wenig Kühlwasser und mussten ihre Produktion zurückfahren. Der Kohletransport in Europa, in Deutschland ist auch zum Erliegen gekommen. Kühlwasser für die thermischen Projekte gab es zu wenig. Also da ist viel dazugekommen und zusätzlich auch noch die Ankündigung, Deutschland steigt aus der Nuklearenergie aus und auch der Kohleausstieg. Das sind alles Indikatoren, die da reingegangen sind. Und dieses Zusammenwirken hat dann diese aus unserer Sicht, und ich glaube für einen jeden, verrückte Situation an diesen Märkten hervorgerufen, die dann zu diesen Preisausschlägen und zu diesen Volatilitäten geführt hat, dass wir heute Volatilitäten haben wie zum Beispiel an diesem Freitag eine Volatilität von 50, 60 Prozent, also wo man innerhalb eines Tages solche Ausschläge gesehen hat, was sicher niemand jemals prognostiziert hätte. Aber auch Dinge, die man nicht prognostiziert, können passieren. Das ist ganz klar so ein bisschen die Gemengelage, die dahintersteht, und die ist nach wie vor gegeben. Es ist zwar die Spitze wieder nach unten gegangen, aber wenn Sie sich die Forward-Notierungen für das nächste Jahr anschauen, dann sind wir ungefähr bei 350 EUR. Ich habe Ihnen schon gesagt, die goldenen Zeiten waren einmal bei 70 EUR. Aber jetzt ist es, nachdem es schon runtergegangen ist, immer noch bei 350 EUR und ich glaube, es kann auch heute kein Prognostiker sagen: Das ist in einem Jahr wieder herunten. Ich würde generell nicht ausschließen, dass, wenn sich solche Rahmenbedingungen ändern, ähnliche Ausschläge wieder passieren können. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, weitere Fragen? GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Vielen Dank für die Ausführungen. Sie haben gesagt, kein Prognostiker hätte das erkennen können. Ein wesentliches Instrument, um solche Dinge trotzdem zu antizipieren, ist das Risikomanagement. Ein Unternehmen trägt auch diese Verantwortung, auch Worst-case-Szenarien zu antizipieren. Wie sehen Sie das in dieser konkreten Situation generell jetzt für die Landschaft der Energieversorger in Österreich? Wie sehen Sie es hier generell um das Thema Risikomanagement bestellt? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber, bitte. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Das Risikomanagement - wie gesagt, ich kenne jetzt die Interna bei der Wien Energie nicht, ich kann nur allgemein sprechen oder aus der Erfahrung aus meinem Unternehmen und wo ich tätig war -, also Risikomanagement ist natürlich eine große Dimension, gerade bei diesen Themen, wobei man hier auch ein bisschen das Risikomanagement so positionieren sollte oder muss: Was für ein Unternehmen bin ich überhaupt, was ich mache? Der Verbund ist ein sogenannter Asset-based-Trader oder Asset-backed-Trader. Das heißt, er verhandelt seine Assets oder die Produktion seiner Assets und damit seinen eigenen Bedarf. Jetzt gibt es andere Trader, die gibt es praktisch in Österreich nicht, die kenne ich nicht, die jetzt praktisch ohne Assets traden. Woran ich mich erinnern kann ist, vor ungefähr 20 Jahren oder mehr als 20 Jahren oder 25 Jahren gab es einmal eine Firma Enron. Die Enron war eine der größten Pleiten, die sich in der Welt abgespielt haben. Das war ein Nicht-Asset-backed- Trader, das heißt, er hat ohne Kraftwerke gehandelt. Das ist einmal das Erste. Das heißt, die österreichischen Energieversorger, soweit ich sie kenne, sind sogenannte Asset-backed-Trader, die haben eigene Kraftwerke und traden dieses Volumen. Das ist einmal das Eine. Und so gehe ich davon aus, dass das tatsächlich alle hier machen, also wir beim Verbund haben es immer so gemacht. Das heißt, man hat das Eine. Und das Zweite ist das, man lässt keine offenen Positionen zu, das war zumindest bei uns immer das Thema. Also ich glaube, wenn es passiert wäre, dass irgendein Mitarbeiter im Trading am Abend eine offene Position gehabt hätte, dann wäre das ein Entlassungsgrund gewesen. Das geht nicht aus. Das ist also das kleine Einmaleins beim Traden, weil dann ist man nämlich im Wetten drinnen, wenn man offene Positionen zulässt. Das heißt, die sind alle geschlossen und ich gehe davon aus, dass das in Österreich auch überall so üblich ist. Das ist im Wesentlichen die Situation. Hat das jetzt Ihre Frage beantwortet, oder? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Naja, noch ein bissel auch in diesem Kontext, also Risikomanagement in normalen Märkten, die gewisse Schwankungen haben, 20 Prozent, 30 Prozent, da kann man das ganz gut beherrschen. Wenn solche Extremsituationen eintreten, erste Ausschläge in diese Richtung beginnen, wie muss ich mich dann umstellen auch im Kontext des Risikomanagements, weil dann komme ich ja in eine Situation, in einen solchen Black Swan, der zu dramatischen Auswirkungen führen kann? Kann ich das rechtzeitig antizipieren? Wie sehen Sie da die Situation? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber bitte. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Danke. Im Risikomanagement werden alle Risikoklassen statistisch bewertet, Eintrittswahrscheinlichkeiten, und das ist auch gemacht worden. Ich gehe jetzt davon aus, dass jedes handelnde Unternehmen auf der Strombörse auch so handelt und sagt: Was kann jetzt passieren? Klar, man kann nie etwas zu 100 Prozent ausschließen oder sagen, das kann nie passieren. Es können eben Dinge, die vollkommen unerwartet sind, natürlich auch passieren. Aber man geht halt immer davon aus und sagt, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das weg ist, und sichert parallel dazu - ich kenne das von unserem Unternehmen - immer freie Liquiditätslinien, um die Spielregeln der Börse auch einhalten zu können. Da gibt es ganz bestimmte Spielregeln, die - also gerade diese Margin Calls oder Collaterals, was man hier auch hinterlegen muss zur Absicherung dieses Geschäfts - auch da sind. Das geht auf der einen Seite. Entweder man hat Cash-Positionen, die man dazu verwenden kann, oder man hat sogenannte zugesicherte Kreditlinien, die man nur für solche Zwecke ziehen kann. Da muss man Bereitstellungsgebühren zahlen für diese Sachen. Ich weiß das, im Verbund haben wir das immer gemacht, dass wir so eine offene, unbeanspruchte Linie hatten, um im Bedarfsfall darauf zurückzugreifen. Ob die natürlich im Extremfall dann ausreicht, ist eine zweite Sache, das kann man nicht sagen. Wenn der Strompreis auf 2 000 ist, dann schaut die Welt auch wieder ganz anders aus. Was man normal tut, wenn man sieht, der Strommarkt fängt jetzt an, verrückt zu spielen, ist, dann nimmt man den Handel zurück. Das heißt, man handelt nicht in das System hinein. Ich sag' nicht, dass das getan wurde, aber man sagt: Ich geh' raus, ich handle jetzt nicht noch mehr. Das Thema, das Sie aber damit nicht wegbringen, ist das, was Sie schon gehandelt haben. Das ist schon draußen. Das muss man dann trotzdem da drinnen absichern. Aber man nimmt die Handelstätigkeit in dieser Zeit zurück, wo es so verrückt wird. Wie das in Wien war, kann ich jetzt nicht sagen, weil das weiß ich nicht. Aber ich kenne es von anderen Unternehmungen, die sagen: Okay, er spielt verrückt, der Markt, wir handeln jetzt nicht neue Trades oder neue Futures in den Markt hinein. Aber man muss die alten, die draußen sind, ja noch betreuen. Von denen komm' ich nicht weg, weil ich hab' einmal vor einiger Zeit irgendetwas verkauft und muss die Hinterlegung nach den Börsenspielregeln dann auch durchführen. Da komm' ich nicht weg. Ja wenn man das nicht tut, dann fliegt man von der Börse. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Fragen seitens der GRÜNEN bitte? Herr Arsenovic. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Danke. Herr Anzengruber, ich schließe gleich bei dem an, was Sie jetzt gesagt haben und komme eigentlich ganz schnell zum Punkt. Sie als Experte, der die Entwicklung der Strom- und Gasmärkte vor allem der letzten zwei Jahre auch kennt, wann wäre bei Ihnen der Zeitpunkt gewesen - Sie müssen es mir nicht aufs Datum genau sagen -, Frühjahr 21, Sommer 21, wo Sie gesagt hätten: Aha, die Volatilität erhöht sich, ich brauche höhere Margin-Leistungen, die Börse verlangt höhere Margin-Leistungen? Wann wäre der Zeitpunkt gekommen, wenn Sie Geschäftsführer der Wien Energie gewesen wären, wo Sie gesagt hätten: Jetzt sollten wir uns zusammensetzen und sollten darüber nachdenken, ob wir die bestehende Strategie so weiterfahren oder ob wir in die Strategie eingreifen? Wann wäre mit Ihrem Wissen der Zeitpunkt gewesen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber bitte. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja danke. Also ich weiß jetzt nicht, was bei der Wien Energie passiert ist, ich sitze nicht dort drinnen. Grundsätzlich ist eines: Die Märkte haben schon, sag' ich einmal, am Jahresanfang ein bisschen angefangen, die Volatilität zu steigern. Das muss man sagen. Das ist hin- und hergegangen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Zwischenfrage: Jahresanfang 2021? Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: 22. Ich red' von 22. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: 22, 2022. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Also bis Ende 21 war die Welt noch relativ in Ordnung. Da ist auch schon die Volatilität gestiegen. Aber da ist sie noch nicht explodiert in dem Sinn. Das war noch alles einigermaßen gut unter Kontrolle. Ich meine, mit dem Beginn des Ukraine-Krieges 24. Februar ist es losgegangen. Also da sind die Auswüchse gekommen. Alle Staaten haben gesagt, sie füllen jetzt die Gasspeicher auf und machen jetzt forcierte Gasspeichersachen. Das zieht den Gaspreis hoch und hat automatisch den Strompreis hochgezogen. Und was auch passiert ist in dem Sinn, und das war also auch zu dem Zeitpunkt, der, glaube ich, jetzt da zur Diskussion steht, war eine ganz schwierige Sache oder eine merkwürdige Sache, die ich so in dem Umfang auch noch nie gesehen habe, dass Strommarkt und Gasmarkt plötzlich auseinandergefahren sind. Normal geht der Strom so: Wenn der Strommarkt hochgeht, geht der Gasmarkt auch hoch. In diesem Zeitraum war es plötzlich so, dass der Strommarkt zur Spitze gezogen ist bis auf 1 000 EUR. Ich meine, man muss sich vorstellen, das ist an einem Tag von zirka 600 EUR auf über 1 000 EUR gegangen. Also so etwas hat man noch nie gesehen und man kann sagen: Was kann man dagegen tun? Das ist jetzt die zweite Sache. Aber da war es natürlich dramatisch. Und das Gas ist nicht mitgegangen, weil es hier eine Gegenposition ist für ein Unternehmen wie es Wien ist, nicht für den Verbund. weil der Verbund hat jetzt keinen Gasbedarf drinnen. Aber dann hat es begonnen. Ich weiß nicht, was jetzt wirklich passiert ist, aber ich kenne es von einigen Häusern. Die haben dann gesagt: Okay, wir handeln jetzt nicht mehr so intensiv, wir geben jetzt nicht neue Trades rein. Aber man hat sie schon draußen gehabt. Das hilft jetzt nichts mehr für die alten Dinge, die schon draußen waren. Wenn man dann aber noch nachschiebt, dann weiß ich nicht, was jetzt dort passiert ist, dass ich neue Trades reingeb', das, keine Ahnung, weil es gibt ja... Diese Trades werden ja nicht gemacht, weil sich irgendwer hinsetzt und sagt, die Strompreise sind jetzt günstig oder ungünstig, jetzt verkaufen wir was, sondern das ist ja ein ganz anderer Punkt. Ich sichere damit, ich hab' eine Hedging-Politik und Hedging hat nichts mit Wetten zu tun. Das muss man irgendwo sagen. Das ist so wie eine Feuerversicherung. Sie werden sich nicht eine Feuerversicherung kaufen, wenn das Haus brennt, sondern Sie werden sich vorher eine kaufen. Und Hedging heißt also eine Strategie, die man immer wieder diskutieren kann und wir haben sie auch immer wieder sehr umfangreich mit vollen Aufsichtsräten diskutiert: Was ist die richtige Hedging-Politik? Das ist oft ein bissel eine philosophische Sache. Aber im Wesentlichen heißt das, damit auf der einen Seite eine gewisse Planbarkeit für das eigene Unternehmen zu geben. Das Unternehmen muss ja auch wissen, was kann ich investieren, was kann ich nicht investieren. Aber auch eine Planbarkeit für den Kunden zu geben, das darf man ja nicht vergessen. Wenn man nicht hedged, dann ist man am Spot-Markt. Und am Spot-Markt spielt die Welt, also da spielt die Sache schon sehr, sehr verrückt. Also darum machen alle größeren Unternehmen, das macht jetzt nicht ein kleines EVU, das macht es nicht, aber alle größeren Unternehmen machen ein sogenanntes Hedging. Und dieses Hedging passiert halt durch... Produkte, Quartalsprodukte, Jahresprodukte, Monatsprodukte, Wochenprodukte, also in dem Sinn nach eine ganz normale Sache. Wenn jetzt solche Auswüchse sind, dann setzt man sich normal zusammen und sagt: Müssen wir jetzt unser Hedging, sollten wir das jetzt verändern, was man immer sehr vorsichtig machen soll. Man sollte nicht anlassbezogen das Hedging zu verändern beginnen, weil dann ist es zu. Das heißt, man muss eine Linie fahren, die hält man durch. Man muss aber auch sehen, was sich auf den Märkten tut. Darum glaube ich, in solchen Fällen geht man da ein bissel mit den neuen Trades zurück. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Darf ich da nur nachfragen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ja, ich möchte nur nachfragen, weil mir geht es wirklich um den Zeitpunkt ungefähr. Also Sie haben jetzt angedeutet, oder so hab' ich es verstanden, dass man sagt: Okay, vorsichtig zurückfahren, die Geschäfte, die draußen sind, sind schon draußen, aber bei neuen Geschäften vielleicht überdenken. Deswegen frage ich jetzt noch einmal konkret nach: Wann wäre ungefähr der Zeitpunkt gewesen, wenn Sie Geschäftsführer eines Energieunternehmens gewesen wären, das hauptsächlich an der Leipziger Börse handelt, wo Sie sagen, bei zukünftigen Trades ab dem Zeitpunkt sollten wir ein bissel vorsichtiger sein. War das Anfang 22, Februar 22? Das würde mich interessieren. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber bitte. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ich glaub' vielleicht, Entschuldigung, dass ich da jetzt ein bissel ins Detail gehen muss, aber wenn Sie heute, das war ja... Worum es da geht, war ein Verkaufsgeschäft. Das war kein Kaufgeschäft, sondern ein Verkaufsgeschäft. Das ist einmal das Erste. Das Zweite ist, grundsätzlich ist beim Verkauf ein hoher Preis nicht schlecht, weil wenn ich sag' ich handle, bei einem hohen Preis geh' ich raus, dann hab' ich in weiterer Folge keine Margin-Themen drinnen, weil da krieg' ich als Lieferant sogar ein Geld zurück, wenn die Preise wieder fallen. Schwieriger und das Problem sind die Verträge, die vorher gehandelt wurden. Die müssen mit Margen hinterlegt werden und das ist so skurril. Ich mein', ich hab' das auch einmal bei uns erlebt, dass man gesagt hat, wenn ein Erzeuger - der Verbund ist ein Stromerzeuger, das heißt, er hat viel mehr Strom als er jetzt wirklich unmittelbar verkaufen muss, das ist ein starker Erzeuger. Wenn die Strompreise steigen, dann ist ja normal der Erzeuger glücklich, weil er da jetzt viel kriegt. Nur, der Cashflow geht in die Knie, weil er Margin machen muss. Das heißt, er muss hinterlegen und hat plötzlich einen negativen Cashflow aus dem heraus. Das heißt, für das Thema was draußen ist, hilft mir das Bremsen nicht mehr. Da geh' ich nur hin in dem Sinn zukünftig. Das heißt, als Verkäufer kann ich dann schon .... Als Käufer muss ich dann aufpassen, weil dann kauf' ich mich ein, logg' ich mich ein bei sehr hohen Preisen. Trotzdem hat man die Handelstätigkeit etwas zurückgenommen, zumindest manche haben es gemacht. Ich weiß jetzt nicht, was da jetzt im... (Zwischenruf). Eigentlich seit der Ukrainekrise ist der Markt verrückt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, eine weitere Frage? GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ja, die nächste Frage ist ein Thema, das Sie angesprochen haben, wo ich hellhörig geworden bin. Sie haben über Asset-Trader gesprochen. Das heißt, jemand verkauft etwas, eine Ware, die er besitzt, machen wir es einmal so. Und das Gegenteil davon wäre, ich verkaufe eine Ware, die ich nicht besitze, also es geht um Leerverkäufe. Jetzt hab' ich aber in fast 20 Jahren politischer Tätigkeit gelernt, dass es nicht immer nur Schwarz oder Weiß gibt, sondern dass es manchmal auch etwas dazwischen gibt. Dass Unternehmen sagen, sie verkaufen einen großen Teil von dem, was sie produzieren, aber kaufen trotzdem. Also das ist nicht ein Entweder/oder, sondern bei manchen auch ein Sowohl/als auch. Meine konkrete Frage bezieht sich jetzt darauf: Ich hab' da eine Liste, die die Wien Energie betrifft, wo ich sehe, dass 11 Gigawattstunden Gas gekauft worden sind auf Termin und 4,5 Gigawattstunden verkauft worden sind. Sie wissen, dass die Wien Energie im Jahr zirka 4 bis 5 Gigawattstunden Strom verkauft. Wenn Sie nur diese zwei Zahlen hören, würden Sie dann sagen, da ist auch gekauft und verkauft worden? Da sind nicht nur 100 Prozent Assets verkauft und gekauft worden, sondern wenn diese zwei Zahlen stimmen, dann wäre es auch ein Teil, dass nicht nur Assets verkauft oder gekauft worden sind? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Soweit ich informiert bin, reden wir jetzt über Terrawattstunden und nicht über Gigawattstunden, aber ist egal. Aber ich glaube, die 4,5 Terrawattstunden, ich weiß, diese Zahlen kennen Sie im Detail nicht, das muss ich fairerweise dazu sagen, aber ich glaub', die Wien-Erzeugung ist ungefähr bei 3, 3,5 Terrawattstunden im Jahr, also in dieser Größenordnung glaub' ich. Das kann ich jetzt nicht sagen, ist das für ein Jahr gemacht worden oder für längere Zeit. Verstehen Sie, wenn ich jetzt sag', ich kauf' das für zwei Jahre, kann ich 6 Terrawattstunden machen. Das weiß ich nicht, was die Fristigkeit dahinter ist. Man kann auch mehr verkaufen als was man hat, aber man darf keine offenen Positionen zulassen. Das ist jetzt auch kein Problem, weil wenn zum Beispiel ein Kunde jetzt herkommt und sagt, ich kaufe jetzt zu viel, das habe ich zwar nicht, dann verkaufe ich ihm zwar den Strom, kaufe aber sofort im gleichen Atemzug den Strom an der Börse. Das heißt, ich schließe das Geschäft immer gleich, ich lass' keine offene Position zu. Und das ist jetzt das. Wenn man offene Positionen hat, dann ist das aus meiner Sicht, und ich sag' jetzt, ich bin jetzt nicht der Börsenhändler, dann ist das Zocken. Also offene Positionen lässt man nicht zu. Das machen größere Unternehmungen, die halt glauben, hier am Markt spielen zu können. Die spekulieren ja wirklich auf Preisveränderung. Normalerweise ist es so, wenn ich einen Vertrag mit einem Kunden mache, dass ich sage, wir verkaufen dir jetzt so und so eine Menge Strom. In diesem Zeitraum ist alles dabei. Diesen Strom, unabhängig davon, ob ich ihn selber erzeuge oder nicht, deck' ich sofort an der Börse zurück, weil ja mein Erzeugungsprofil nicht mit dem Absatzprofil zusammenpasst. Das ist ein bisschen ein Unterschied und darum sind Unternehmen nicht so leicht vergleichbar. Verbund und Wien Energie sind zwar beides Energieunternehmen, aber nicht so ganz vergleichbar, weil Wien erzeugt im Wesentlichen den Strom, hat die Stromerzeugung im letzten Quartal und im ersten Quartal immer in Q4 und in Q1, weil da die Gaskraftwerke laufen. Alles andere ist, sag' ich, ein bissel Kleinvieh was da ist. Aber in dem Zusammenhang erzeugt Wien sehr viel Strom oder mehr Strom als es braucht, muss aber während des Jahres auch Strom liefern und kann den Strom selber nicht decken. Darum muss sie diese Absicherung durchführen, also so sehe ich die Sache. Ich weiß jetzt nicht die Zahlen, kann es leider nicht nachvollziehen, inwieweit das konsolidierte Zahlen sind, weil immer das Thema ist, wenn Tochtergesellschaften miteinander handeln, kann es leicht dazu kommen, dass die Zahlen doppelt aufscheinen. Das ist aber jetzt auch kein Verbrechen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Eine Frage vom Herrn Sladecek dazwischen. Dann kommen Sie wieder zu Wort. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Wir haben vor Ihnen den Herrn Dr. Böheim vernommen und der hat gesagt, die Alarmzeichen waren bereits im Oktober 21 erkennbar, während Sie gesagt haben, ab dem Ukrainekrieg. Das scheint mir auch plausibel. Ich möchte nur - können wir das aufklären? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber bitte. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Da muss man immer sagen: Was sind Alarmzeichen? Alarmzeichen, wenn die Volatilität zu steigen beginnt und eine Volatilität von 10, 20 Prozent da ist, dann würde ich das noch nicht als Alarmzeichen sehen. Das sind also jetzt Sachen, wo es schon heftiger wird. Aber so Auswüchse von 60 Prozent, das ist dann schon heftig. Und wenn Sie sich die Volatilität an den Märkten anschauen, da gibt es ja Diagramme, die kann man sich anschauen, die haben im Wesentlichen, es war eine leichte Zunahme, die aber im langjährigen Vergleich nicht so dramatisch war. Erst dann, also so quasi mit der Ukraine und mit den auch ein bissel... Vielleicht war es eine Woche vorher, wo es schon begonnen hat, wo da etwas vermutet wurde, dass das angezogen hat, dass da die Alarmzeichen... Aus meiner Sicht, soweit ich das kenne, war das im Wesentlichen Mitte/Ende Februar, wo das hochgegangen ist. Was man nicht vergessen darf und das, was ein bisschen vorher schon da war, war, dass die Gasspeicher in Europa von den Gasspeichern, die den Russen gehört haben, aus meiner Sicht strategisch schon nicht aufgefüllt wurden. Das heißt, die waren dann nicht plötzlich leer, sondern die sind schon im vergangenen Jahr nicht aufgefüllt worden oder waren unterdeckt. Das hat jetzt dann schon Nachholeffekte gehabt, die dann begonnen haben, die Volatilität nach oben zu ziehen. Aber so richtig losgegangen ist es mit dem Ukrainekrieg. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Sladecek noch einmal bitte. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Das heißt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, im Oktober waren nach Ihrer Einschätzung noch nicht Alarmzeichen da, dass man das Risikomanagement völlig umstellt? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, ich meine, die Margin-Zahlungen sind wahrscheinlich auch schon gestiegen. Aber damals hat man offensichtlich, haben alle gedacht, es ist beherrschbar, also Margin-Zahlungen oder Margin- Hinterlegungen. Wenn man auf die Börse geht, muss man wissen, das ist dabei, das ist eine der Spielregeln, da hilft's nix. Ich kann nicht sagen, ich geh' an die Börse und will aber keine Margin-Zahlungen. Dann darf ich dort nicht hingehen. Also ich kann das auch vermeiden. Ich meine, da gibt's dann nachher die G'scheiten, die sagen: Na geh' zum Spotmarkt. Ich mein', ich muss ja nicht absichern. Ich kann ja sagen, ich mach's so, wie täglich der Preis kommt, so mach' ich mein Geschäft. Na das gibt erst eine Volatilität! Also das würde ich nicht tun. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, dritte Frage. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ja, die dritte Frage, ich präzisiere meine zweite Frage. Sie haben gesagt, solange die Trades am Abend geschlossen sind, alles okay. Sie haben gesagt, es ist auch nichts Schlimmes, wenn man Gas im Verhältnis 4,5 oder zwischen 4 und 5, wie Sie sagen, kauft und Strom verkauft, wenn das immer parallel geht. Aber meine konkrete Frage, Sie sind Experte, Sie waren so lange Chef des Verbundes: Hat die Wien Energie immer die Menge, nur die Menge Strom verkauft an der Leipziger Börse, die sie auch selbst produziert hat? Ganz eine konkrete Frage. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Zu jedem Zeitpunkt? GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Zu jedem Zeitpunkt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ich muss gleich sagen, das weiß ich nicht. Ich mein', ich kenne die Interna dort jetzt nicht. Das kann ich nicht sagen, das würde mir nicht zustehen, das zu beantworten. Ich glaub', ein jedes Unternehmen, wenn es an der Börse handelt, handelt das, was es selber erzeugt und das, was sie selber an Kunden verkauft. Es gibt genug Energieversorger, die wesentlich mehr verkaufen als sie selber haben. Ist so, ja. Und die müssen natürlich auch, um ihre Kunden zu beliefern, an der Börse kaufen. Das heißt, die kaufen dann auch Strom, den sie physisch nicht selber erzeugen. Das ist auch legitim. Beim Verbund ist es ein bissel anders. Nur dass man dort sagt, der hat jetzt mehr Strom, der muss den Strom auch verkaufen, auch wenn er ihn nicht unmittelbar an Kunden, Industriekunden, weggibt, er braucht die Börse als Handelsplatz, ja. Aber wie das jetzt - die Interna kenne ich da jetzt nicht, was da gemacht worden ist. Ich geh' nicht davon aus, dass man aus Spekulationsthemen das macht. Also das weiß ich nicht. Aber es ist mir nicht bekannt gewesen, dass in Österreich irgendjemand sowas gemacht hat aus Spekulation, ohne einen Bedarfsträger dahinter zu haben, also einen Kunden oder einen Bedarf aus der eigenen Stadt heraus. Das kann ja auch sein. Oder ohne Assets. Also entweder das eine oder das andere muss dagewesen sein, glaube ich. Aber, wie gesagt, ich kann das jetzt nicht beantworten. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Vonseiten der ÖVP, wer möchte eine Frage stellen? Herr Wölbitsch bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ja, sehr geehrter Herr Anzengruber, vielen Dank. Sie sind seit vielen Jahren Teil dieser Branche und Sie waren ja auch sehr erfolgreich als Manager des Verbundes. Ich gehe kurz auf etwas ein, das Sie vorher gesagt haben. Sie haben gesagt, eine gute Hedging-Strategie sollte natürlich Teil auch des Risikomanagements sein. Ich nehme an, damit ist auch ein gutes Verhältnis zwischen Kauf und Verkauf auf der Strombörse gemeint, also dass man versucht, gewisse Risiken, die mit dem Kauf einhergehen, auch vielleicht mit dem Verkauf, entsprechend abzusichern. Und zumindest meiner Wahrnehmung nach ist eine gute Hedging-Strategie die, die nicht nur auf ein Instrument vertraut, weil Sie die Spotmärkte erwähnt haben, sondern ein Portfolio an unterschiedlichen Maßnahmen beinhaltet. Daher umgekehrt die Frage gestellt: Wenn Sie so ein Hedging-Portfolio schnüren müssten oder auch gemacht haben, wäre es da schlau, sich nur auf ein einziges Instrument zu verlassen, zum Beispiel Handel an der Strombörse? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Die Praxis, zumindest was mir bekannt ist und was wir gemacht haben, wir haben ja, ich sag' jetzt Interna, auch nicht 100 Prozent unserer Erzeugung an der Börse gehandelt, weil gerade in der Wasserkraft muss ich ja immer mit der Situation rechnen, dass ich einmal weniger Wasser hab' und das Schlimmste ist, wenn ich mehr verkauft hab', als ich dann selber produzieren kann. Dann muss ich nämlich bei schlechter Wasserführung am Markt zurückkaufen und das kann auch teuer sein. Darum hat man da ja Reserven drin gehabt. Das ist einmal das Eine. Das Zweite ist, ich hab' ja unterschiedliche Möglichkeiten, meinen Strom zu verkaufen oder zu kaufen. Ich kann ihn über die Börse verkaufen oder über die OTC, also im bilateralen Geschäft machen mit einem Kunden. Das kann ich machen. Einschränkend muss man dazusagen, dass oft nicht diese Kunden vorhanden sind, die diese Mengen auch aufnehmen können. Da brauche ich einfach einen größeren Markt. Das sind im Wesentlichen die beiden Instrumente, die ich dazu verwende, um Strom zu beschaffen beziehungsweise um Strom zu verkaufen. Kleinere, die also jetzt... Trading ist ja ein gewisser Aufwand. Da setzt sich ja nicht einer hin und sagt, ich verkauf' jetzt am Bildschirm und mach' das Ganze. Da sind ja Richtlinien auf europäischer Ebene, Remit, MiFID, Richtlinien, die alle eingehalten werden müssen, um ja keine Manipulation dort auf der Börse durchzuführen. Darüber wird ja mit Argusaugen gewacht. Das ist auch relativ wenig und wenn was ist, dann werden immer gleich riesige Untersuchungen abgehalten. Das ist im Wesentlichen. Was machen kleinere EVUs? Die suchen sich ein größeres EVU und liefern dem Strom und das macht dann das für sie. Drum, ich glaube, der Kollege hat vorher gesagt, die Kelag macht das gar nicht, die geht gar nicht an die Börse -, ja, aber da ich geh' davon aus, das macht der RWE, nämlich der Eigentümer dahinter, der das machen wird. Also das kann ich mir nicht ganz vorstellen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, eine weitere Frage. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ich muss nur einmal nachfassen. Das heißt, aus Ihrer Sicht wäre es - wenn ich Sie falsch zusammenfasse, dann bitte korrigieren Sie mich -, aber aus Ihrer Sicht wäre es im Sinne des Hedgings auch angeraten, unterschiedliche Instrumente zu wählen und so zusammenzustellen, dass sie einander möglichst gut ergänzen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, ich gehe davon aus. Wie gesagt, das hängt immer vom Erzeugungsprofil ab. Der Verbund hat im Wesentlichen, nur wenn ich das vergleiche, eine Erzeugung, die ist jetzt inputfrei. Das heißt, ich brauch' keine Brennstoffe kaufen, weil Wind, Sonne, Wasser ist da oder auch nicht. Das ist die eine Sache, das kann ich nicht besorgen. Ein Unternehmen wie die Wien Energie, die braucht Gas. Die hedged ja nicht weniger den absoluten Strompreis, sondern die hedged ja nur die Marge zwischen Gas und Strom, weil das ist ja das Thema. Das heißt, das ist ein bisschen eine andere Strategie. Auch die Fristigkeit ist oft eine andere. Der Verbund tradet etwa eineinhalb Jahre im Voraus mit verschiedenen, strukturierten Produkten. Es ist ja auch nicht so, dass man eine Menge hernimmt und sagt, die handle ich jetzt ein Jahr voraus und das ist meine gesamte Menge. Sondern man sagt, ich handle so einen Prozentsatz ein Monat im Forward, ein Quartal Forward, ein Jahr Forward. Wir haben maximal zwei Jahre Forward gemacht, weil alles, was darüber ist, das kann man zwar auch handeln, aber da ist die Liquidität zu gering, dass durch die Liquidität ich mit meinem Handeln schon fast den Strompreis beeinflusse. Das will man natürlich vermeiden, weil ich zieh' ihn mir hoch, wenn ich kaufe, oder ich drück' ihn mir, wenn ich verkaufe. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, noch eine Frage? GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ja, also das war eine Zusatzfrage. Jetzt würde ich meine zweite Frage stellen, die ehrlicherweise mit der ersten noch zusammenhängt und ich hab's ein bisschen verpackt, Sie haben es, glaube ich, nur noch nicht so konkret beantwortet. Kann es auch Teil oder ist es Teil auch einer Hedging-Strategie zu schauen, dass die Positionen, die man draußen hat im Sinne von Auf-der-Börse-Strom-kaufen und -verkaufen, halbwegs in einer Balance zueinander stehen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber bitte. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Die Balance wird hergestellt aus dem, was ich an Strom erzeuge beziehungsweise was ich an Strom brauche, was ich verkaufe. Wenn Wien, jetzt sag' ich mal ganz einfach, ich will mich gar nicht so auf das konzentrieren, aber wenn ich weiß, ich muss meine Stadt versorgen, meine Kunden versorgen, dann muss ich mir in einer Hedging-Form den Strom sichern, dass ich ihn auch habe, weil sonst muss ich, wenn ich das nicht mache, unter Umständen am Spotmarkt zu ungeplanten Preisen kaufen. Das ist einfach eine Sicherungspolitik. Sie können aber auch ein Unternehmen führen, das Sie nur mit dem Spotmarkt bedienen. Das ist klar, aber würde ich niemandem raten. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, unter der wohlwollenden Annahme, dass das vorher nur (Zwischenruf GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM, ÖVP.) eine Nachfrage war, bitte jetzt Ihre dritte Frage, aber nicht eine Nachfrage zur zweiten. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Es hat auch immer mit der ersten Frage zu tun, weil der große Punkt ist... Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Nein, wir sind bei der dritten Frage jetzt. Herr Wölbitsch bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ja, ja, das akzeptiere ich eh. Das, was Sie jetzt gesagt haben, Sie haben davon gesprochen von einer Art von Strategie, nämlich auf der Börse zu kaufen und Preise für die Endkunden abzusichern, da, glaube ich, wird jeder hier sagen, vollkommen legitim. Es gibt aber eben auch eine andere Strategie, nämlich, und die war ja auch schon kurz Thema, Strom zu verkaufen. Und die Frage ist, weil Sie spekulieren dann mit diesen Geschäften in gegensätzliche Richtungen, und die Frage ist daher: Muss es auch Teil einer guten Hedging- Strategie sein zu schauen, dass diese beiden Dinge, also einmal spekuliere ich, wenn ich das so sagen darf, für den Unternehmensgewinn, und einmal, um die Kundenpreise abzusichern, aber das Ganze geht ja in die Gegenrichtung in der Erwartungshaltung. Daher könnte man sagen, das ist in sich ein Hedging. Die Frage ist: Sollten diese beiden Dinge daher in einer Balance bleiben? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Naja, ich glaube, wir vermischen gerade ein paar Sachen. Also wie gesagt, das Hedging und das Trading, zumindest soweit ich es kenne, wenn es wo anders ist kann es auch so sein, ist so dazu da. Da geht es jetzt nicht um eine Wette aufzubauen auf hohe Preise oder niedrige Preise, sondern da geht es ganz einfach darum, diese Preise, die ich dem Kunden genannt habe - wir gehen ja auf einen Endkunden und sagen, ich verkaufe dem Haushaltskunden jetzt mit einer Sicherung für ein Jahr oder zwei Jahre den Strom um X und ich muss jetzt schauen, dass ich den Strom auch um dieses Geld bekomme, das, was ich schon verkauft habe. Das heißt, das ist eine klassische Absicherungsstrategie, um einfach Unternehmen planen, Unternehmen führen zu können, dass ich weiß, was hab' ich für Erlöse. Und nach diesen Erlösen richtet sich ja auch, was kann ich investieren, was hab' ich für Ausgaben und wie verschulde ich mich. Das ist ja die Schwierigkeit, weil ich kann ja die Preise nicht immer tagesaktuell machen. Also ich glaub', drum tu' ich mir ein bissel schwer, wenn man das so mit Spekulationen in Verbindung bringt, weil wir haben Hedging noch nie als Spekulation gesehen, sondern ganz einfach man legt sich fest und sagt, ich verkaufe meinen Strom oder kaufe meinen Strom nach einer Regel. Da gibt es Expertengutachten, die kommen eh alle zu einem ähnlichen Thema heraus, und das vertut der Strommarkt in etwa auf etwa ein bis zwei Jahre. Die meisten handeln ein bis zwei Jahre dort. Die jetzt also Rohstoffe kaufen müssen, sprich Gas oder Kohle, da haben meist diese Kohlekontrakte längere Kontrakte gehabt. Zum Beispiel, weil ich zuerst so gerade mitgehört hab', die Uniper. Die Uniper ist jetzt nicht der gleiche Fall, den wir da jetzt haben. Das ist was ganz anderes. Da ist es auch nicht darum gegangen, das Unternehmen zu retten. Da ist es darum gegangen, die Stadtwerke zu retten, weil die wären untergegangen. Also das ist, muss man, glaube ich, auch ein bisschen unterschiedlich sehen. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier um eine Wette geht, die man macht, um eine Spekulation, sondern dass man hier eine Absicherung seines Geschäftes durchführen kann, um planbare oder einigermaßen planbare Kosten und Ergebnisse zu realisieren. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Wer möchte seitens der SPÖ? Herr Reindl bitteschön. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Ja vielen Dank für die Ausführungen, Herr Anzengruber, bist jetzt, die sehr interessant sind. Meine Frage bezieht darauf, Sie haben ja schon die Besonderheiten des Verbundes in seiner Produktion herausgestrichen. Können Sie uns auch als Energieexperte für den österreichischen und internationalen Markt auch die Besonderheiten von Wien Energie sagen? Sie haben eh schon ein paar Dinge erwähnt, aber was so die Besonderheiten oder besonderen Anforderungen in der Energieerzeugung und Zurverfügungstellung für Wien Energie sind. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber bitteschön. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ich will mich nicht als Experte der Wien Energie sehen, aber man kennt sich in der Branche, man weiß, was ungefähr los ist. Wien Energie hat eine spezifische Situation, da sie wesentlich einen fossilen Kraftwerkspark besitzt, also das sind praktisch Gaskraftwerke. Das ist die Haupterzeugungseinheit, die man derzeit in Wien hat. Und dass diese Gaskraftwerke, ich glaube alle, wenn ich das jetzt so richtig sehe, auch für die Fernwärmeproduktion eingesetzt sind. Das heißt, dort wird eigentlich die Wärmeversorgung von Wien durchgeführt. Und jetzt kommt es dazu, und ursprünglich war ja die Wärmeversorgung aus Kraftwerken, die Wärme, eher ein Nebenprodukt, und der Strom war das Hauptprodukt. Das war früher so. Da hat man gesagt, man holt sich bessere Wirkungsgrade und mit der Erdwärme kann ich die Menschen versorgen. Das hat sich in den letzten Jahren, nicht erst seit einem Jahr, so gedreht, dass die Kraftwerke der Wien Energie hauptsächlich wärmegeführt sind. Das heißt, Strom ist nicht die erste Priorität, sondern es muss sichergestellt sein, dass im Winter die Leute nicht frieren. Das heißt, die laufen nach der Wärmeversorgung und der Strom ist quasi, ich will jetzt nicht sagen ein Nebenprodukt, aber ein Zweitprodukt. Und da wird bei steigendem Wärmebedarf, und da sind ja mehr Kunden dazugekommen, natürlich die Stromerzeugung höher als man sie in diesen Monaten braucht, weil im Sommer laufen die ja nicht oder ganz wenig. Im Sommer muss aber die Wien Energie auch ihre Kunden versorgen. Ich meine, die kann jetzt nicht sagen, wenn wir keine Wärme haben, gibt's auch keinen Strom. Das heißt, sie müssen jetzt die Kunden versorgen. Kein Unternehmen hat eine exakte Produktion wie es einen Bedarf hat. Das heißt also; die geht jetzt her und verkauft quasi den Strom, den sie in dieser Zeit produziert und kauft ihn so zurück, wie sie ihn über das Jahr hinaus braucht. Das ist der Punkt. Und das ist der große Unterschied zwischen einem Verbund und einer Wien Energie. Der Verbund wieder erzeugt den Strom aus den Wasserkraftwerken, das ist die Hauptproduktion, wie das Wasser da ist. Und wir wissen, das Wasser ist hauptsächlich im Q2 und Q3 da, weil im Winter friert es und da ist weniger Wasser da. Das ist ganz einfach, außer es ist Trockenheit, dann kann es auch dazu kommen. Das heißt, der Verbund hat jetzt eher einen Verkaufsdruck, was er hat eben für die Produkte des zweiten und dritten Quartals, während die Wien Energie den Druck hat, das vierte und erste Quartal zu verkaufen. Und das sind ein bisschen die Unterschiede, das ist auch so. Darum ist die gravierende Situation, weil der Verbund hat ja natürlich das auch gesehen, was auf ihn zukommt. Nur die Produkte, die teuer geworden sind oder die so explodiert sind, das waren ja nicht die Q2- und Q3-Produkte, sondern es waren die Q4- und die Q1-Produkte. Die Winterprodukte waren hoch, die haben verrückt gespielt. Drum war die Margin-Forderung für den Verbund nicht extrem, nicht so extrem wie sie für die Wien Energie war, aber auch dort. Ich glaube, so ruhig geschlafen hat in dieser Zeit keiner. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Reindl, eine weitere Frage. Entschuldigung, Frau Fitzbauer bitte. GRin Ilse Fitzbauer (SPÖ): Gleich in diesem Zusammenhang eine ganz einfache Frage: Wie bewerten Sie die Bedeutung der Wien Energie in der kompletten Ostregion in Bezug auf Energieversorgung und ihre Rolle, die sie in diesem Zusammenhang spielt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ich glaube erstens einmal, die Wien Energie ist das größte Verteilungsunternehmen in Österreich. Das heißt jetzt nicht, das größte Erzeugungsunternehmen, aber es ist das größte Verteilungsunternehmen. Das heißt, sie hat die meisten Kunden. Ich glaube, die Wien Energie ist damit auch ein wichtiges Unternehmen in Österreich und spielt halt gerade in der Ostregion eine bedeutende Rolle. Also wie gesagt, man kennt ja die handelnden Personen in der Branche, das ist ja nichts Unbekanntes. Sie haben sehr große Herausforderungen. Da ist also einfach einmal der CO2-Ausstieg in der nächsten Zeit: Wie macht man die Wärmeversorgung CO2-frei? Also das ist ein Riesenthema. Gleichzeitig ist, glaube ich, auch bewusst, dass man bei der Gasproduktion oder bei der Stromproduktion aus Gas aussteigen wird, weil aus Gas muss man auch mittelfristig rausgehen. Ich glaube, das ist sicher eine große Herausforderung und mein Eindruck ist, dass macht die Wien Energie in Österreich recht gut. Das ist mein Eindruck, aber da müssen Sie ja andere fragen. Das ist jetzt ein subjektiver Eindruck. Aber da können Sie andere fragen. Nur Sie wissen eh, die Energiewirtschaft ist eine verfreundete Branche und... (Heiterkeit) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Seitens der SPÖ eine dritte Frage, Herr Reindl bitte schön. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Ich möchte noch ein bissel auf den europäischen Aspekt eingehen, den Sie ja auch sehr gut kennen als langjähriger CEO vom Verbund. Es hat im Frühjahr, wie die Verwerfungen begonnen haben, vom Interessensverband, vom europäischen, schon zahlreiche Publikationen gegeben, die sich an die Regierungen gerichtet haben, dass man hier Sorge hat, dass eine Short Term Liquidity oder Garantien für den Börsenhandel dringend gefordert sind. Es haben auch sehr viele Länder ja auch reagiert mit Rettungsschirmen oder mit Strompreisbremsen oder ähnlichen Dingen. Können Sie uns da sagen, wie Sie die Lage einmal international einschätzen? Und warum in Österreich - oder wäre so ein System in Österreich auch sinnvoll gewesen in der Vergangenheit? Man weiß ja auch nicht, was die Zukunft bringt. Sollte man für die Zukunft zumindest so ein System ins Auge fassen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber bitte schön. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, die eine Sache mit Rettungsschirmen, ich bin ein bissel skeptisch, was Rettungsschirme betrifft. Und zwar kann ich mir schon im Extremfall vorstellen, dass man sagt... Also okay, bleiben wir beim gegenständlichen Beispiel: Wenn der Strompreis, und ich kann nichts mehr ausschließen jetzt in dem Sinn von 1 000, was er da einmal gezeigt hat, dass er vielleicht einmal 1 500 zeigt, dann würde das Thema noch einmal schlagend werden. Das ist ganz klar. Also bei solchen exorbitanten Auswüchsen kann ich mir schon vorstellen, weil das ist wirklich nicht kalkulierbar, dass man da was einzieht. Aber generelle Rettungsschirme, da bin ich dagegen, und zwar wissen Sie warum? Weil dann geht ja jeder aus.... Dann sichert sich keiner mehr Liquidität, um die Hinterlegung durchzumachen. Dann sagt er, das ist ein Free Lunch. Also das geht nicht meiner Meinung nach. Man kann sagen, okay, bis zur einer Größenordnung, ich weiß jetzt nicht, das muss man jetzt abschätzen, dass ich sag', ich weiß nicht eine Milliarde, das muss in einer Größenordnung wie der Verbund - jetzt red' ich nicht über die Wien Energie - muss er irgendwo als sichere, zielbare Kreditlinien haben, und was vielleicht drüber geht, da muss halt vielleicht der Staat eingreifen. Das ist so. Aber nicht von a priori. Also jetzt gleich hergehen und sagen, machen wir wieder einen Rettungsschirm, dann machen wir nämlich demnächst für alles Rettungsschirme. Also ein bisschen muss schon ein jeder was dahinter stellen. Die Strompreisbremse ist was anderes. Ja das hat jetzt nichts mit dem Rettungsschirm zu tun, das ist jetzt mehr vom Konsumenten. Da ist meine Meinung, dass ich sage, für die Privatpersonen und für die Privatkonsumenten wird man etwas machen müssen, sonst fliegt uns die Gesellschaft um die Ohren. Das ist, da kann man jetzt diskutieren, Marktwirtschaft hin oder Markwirtschaft her. Das ist aber jetzt alles meine Meinung, um das auch klar zu sagen. Bei der Wirtschaft sag' ich, bei denen, die wirklich im globalen Wettbewerb sind, sollte man sich vielleicht was überlegen. Aber es ist nicht jeder im globalen Wettbewerb. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Seitens der FPÖ Herr Guggenbichler bitte, haben Sie Fragen? GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Sie haben früher angesprochen, dass bei EVN eine eigene Kreditlinie (Zwischenruf) für diese Margin-Geschichten sichergestellt wurde. Wie schaut das aus bei Wien Energie zum Beispiel? Haben wir diese Kreditlinie bei weitem überschritten und sind weit über die Liquidität des Unternehmens hinausgegangen? Wie weit kann man da gehen als seriöser Geschäftsmann? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ich möchte jetzt keine Interna, weil das steht mir aus dem Verbund nicht zu, aber es war immer Usus, dass wir eine, sag' ich einmal, Notfallkreditlinie aufgebaut haben, die wir gehabt haben. Die war jetzt nicht ausschließlich für Margining, es kann ja etwas anderes auch passieren, was man nicht rechnet. Da haben wir auch den Banken zugesichert, die werden wir nicht in Anspruch nehmen für irgendwelche Investitionen oder sowas, sondern nur für extreme Notfälle, ja, nur für sowas. Da müssen Sie ja eine Bereitstellungsgebühr zahlen, das ist ja nicht gratis. Der sagt, ich sichere das zu, das sind meist so syndizierte Kreditlinien, die man hat. Das sind ja ein paar hundert Millionen in dieser Größenordnung, das kann man ja machen. Die muss man zahlen, die kosten was, das ist klar, die kriegt man nicht gratis. Die haben wir auch noch nie gebraucht, zumindest in meiner Zeit haben wir die nie angegriffen. Ob sie es jetzt angreifen, das weiß ich nicht mehr, also die letzten zwei Jahre. Also sowas macht man eigentlich als Liquiditätsreserve für Extremfälle, weil das Schlimmste ist, wenn ich dann nicht mehr kann und keine Mittel da sind. Dann habe ich unter Umständen andere Konsequenzen zu tragen. Das ist eine Vorsichtsmaßnahme. Inwieweit das bei der Wien Energie gemacht wurde oder man sagt, man hat aus der Cash-Pooling-Seite so viel Zugriffsmöglichkeiten, das weiß ich nicht. Also da muss ich dazu sagen, das entzieht sich meiner Kenntnis. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Guggenbichler, eine zweite Frage? GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Sie haben früher angesprochen, dass die Aufgabe eines Energieunternehmens auch ist, die Preise des Endkunden planbar zu sichern. Jetzt haben wir aber die Situation, dass aufgrund dessen, was in der Wien Energie passiert ist, das heißt, sie sind am Markt geblieben, werden wahrscheinlich am Ende des Jahres Gewinne daraus lukrieren, haben die Liquidität des Unternehmens bei weitem überschritten, sodass die Stadt einspringen hat müssen, am Schluss die Republik, Cash-Pooling aus den Stadtwerken, wir kennen das alle. Und jetzt hab' ich aber die Situation, dass damit in Wahrheit nur der Gewinn der Wien Energie gesichert wurde, aber nicht die Preise des Endkunden, weil die Preise des Endkunden, wie wir alle wissen, mit 1. September beziehungsweise 30. September in die Höhe gegangen sind und jetzt ein Vielfaches von dem kosten, was es noch im August gekostet hat. Heißt das, dass am Ende des Tages nur die Gewinne der Wien Energie gesichert wurden und nicht die Preise des Endkunden? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Grundsätzlich ja, das stimmt. Ich bin ja auch teilweise Kunde von der Wien Energie und weiß, was... (Heiterkeit) geworden sind. Ja, ich meine, als Privatkunde habe ich ja das Glück, dass ich vielleicht erst - ich meine, die Preise sind jetzt mit 1. Jänner oder Oktober, ich weiß nicht genau, wann es war, erhöht worden sind. Wären sie nicht gesichert gewesen bis dorthin, hätte ich schon im Februar höhere Preise gezahlt. Ich meine, das muss ich so sagen. Das heißt, die gesicherten Preise können sie nicht für ewig sichern. Aber sie sagen halt, für diesen Zeitraum mache ich halt eine Jahresgarantie oder es gibt die Jahresbindungen zu Preisen. Ich weiß jetzt nichts über die geschäftliche Gebarung der Wien Energie, aber im Normalfall haben jetzt in dieser Zeit oder mit dieser Situation die Energieversorger, die viele Kunden haben und weniger Erzeugung haben, eher schlechtere Ergebnisse. Wenn Sie sich anschauen, gestern wurde das Ergebnis der EVN veröffentlicht, dann sehen Sie, was sich abspielt. Das heißt also, die Gewinne explodieren jetzt bei denen, die erzeugungslastig sind, die viel Erzeugung haben und insbesondere erneuerbare Erzeugung. Darum ist ja die Regierung auf die Idee gekommen mit einer... (Heiterkeit) oder sowas. Aber ich glaub' nicht, das weiß ich jetzt nicht, wo das herkommt, aber ich glaube, damit hat Wien in der nächsten Zeit jetzt nicht den großen Gewinnschub, würde ich erwarten. Vielleicht aus anderen Bereichen, aber aus dem glaube ich nicht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Guggenbichler, eine dritte Frage von Ihrer Seite. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ja, ich hätte noch eine Frage, weil Sie angesprochen haben, dass der Strompreis beziehungsweise der Gaspreis eigentlich verrückt gespielt hat ab dem Zeitpunkt des Ukrainekrieges. Und Sie haben ja auch früher angesprochen, dass man sagen kann, der Strompreis ist der doppelte Gaspreis plus CO2- Preise. Ich glaube, so haben Sie das konkret gesagt. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Wenn man sich den Chart vom Strom- und Gaspreis aber anschaut, hat es schon am 1. Oktober einen Peak um 100 Prozent gegeben und nicht nur so 10, 20, wo Sie gesagt haben, dass das sehr stabil ist. Dann hat es weiterhin einen am 1.12. gegeben, wo wir beim Strom schon bei 400 waren innerhalb von wenigen Tagen. Und dann natürlich die Ukraine-Krise. Da brauchen wir nicht reden vom 1. März. Und dann am Schluss dieser Freitag, wo wir fast auf die 1 000 raufgegangen sind. Aber wenn ich schon im Oktober und im November mehr als hundertprozentige Ausschläge am Strom- und Gaspreissektor hab', was ich vorher über Jahre nicht hatte, hätte ich dann nicht im Oktober und November schon vorsichtiger agieren müssen als ordentlicher Geschäftsmann? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, da waren schon Ausschläge, das stimmt schon. Die waren relativ kurz, diese Ausschläge, waren aber offensichtlich noch beherrschbar aus dem Margining heraus. Ich muss das einfach so sehen. Nur, da haben wir Preise gesehen, Strompreise von 400 EUR, und da haben wir schon geglaubt, das ist ein Wahnsinn. Dann haben wir aber ein paar Monate später 1 000 EUR gesehen. Das ist auch noch einmal ein gewaltiger Hub. Ich sag' ja nicht, dass es total ruhig war bis dorthin und am 24. Februar das Ganze explodiert ist, aber dort war es noch einigermaßen. Da haben auch schon alle gesagt, das geht dorthin. Aber wenn wir jetzt sehen, wo jetzt jeder wieder sagt, das hat sich jetzt alles beruhigt oder es geht wieder alles runter - wir haben 350 EUR noch fürs nächste Jahr in dem Ganzen drinnen. Und wenn Sie dann noch umrechnen, was das dann für Kunden in weiterer Folge bedeutet, dann war das noch nicht alles, was wir jetzt gesehen haben. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Wir sind mit einer ersten Runde durch. Herr Gara, gibt es weitere Fragen von Ihrer Seite? GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Jawohl. Vielen Dank für die bisherigen Ausführungen. Ich möchte auf den einen Aspekt noch einmal zurückkommen. Sie haben es sehr gut erklärt, diesen Unterschied auch aufgrund des Erzeugungsportfolios Verbund und Wien Energie und damit die unterschiedliche Relevanz der Futures in Q4, Q1, also Winterzeit, während Q2, Q3 Richtung Sommer. An diesem Black Swan waren ja Q4, Q1 bei über 1 000 EUR, während eben Q3, Q2 bei 400/500 EUR waren. Da entsteht schon ein gigantisch unterschiedlicher Liquiditätsbedarf. Meine Frage ist: Gibt es einen zweiten Energieversorger in Österreich, der dermaßen exponiert ist in dieser Situation wie es jetzt die Wien Energie am Markt ist. Also gäbe es da noch einen aufgrund des Geschäftsmodells, den Sie vergleichen würden? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Also so einen großen wie Wien gibt es keinen zweiten in Österreich. Einer, der eine ähnliche Struktur hat, aber viel kleiner ist, ist zum Beispiel Salzburg, die auch Fernwärmeversorgung haben, einen relativ großen Teil. Die haben prozentuell aber mehr Wasserkraftwerke drinnen als Wien Energie. Also so direkt vergleichbar fällt mir eigentlich keiner ein. Das ist ein bisschen eine Sonderstellung von Wien. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, eine weitere Frage? GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Das heißt, die Sonderstellung kann man vor allem auch aufgrund des Themas der Fernwärme betrachten? Also das ist der relevante Punkt? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Und der Erzeugungsmarkt. Wien hat ja praktisch keine Wasserkraftwerke oder nicht viel Erneuerbare. Die holen zwar jetzt auf und die sind auch beteiligt bei Wasserkraftwerken, beim Verbund auch, das schon. Das ist ein thermischer Erzeuger oder ein fossiler Erzeuger heute aufgrund der Situation, das ist halt einmal so. Und damit sind sie, sag' ich mal aus dem heraus, aus der Technologie, auch bissel eine spezifische Funktion, weil sie so eine Lastigkeit auf der fossilen Seite haben. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, eine weitere Frage? GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Das heißt, demzufolge kann das aus Ihrer Sicht jetzt ein Grund sein, warum die Situation gerade bei der Wien Energie eingetroffen ist und nicht bei anderen Energieversorgern, weil die Frage wird ja oft gestellt, warum nur hier und nicht bei den anderen Energieversorgern? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja im Wesentlichen. Ich glaube, die Situation war ähnlich bei vielen. Aber die Schärfe war da größer, weil es um Q4 und Q1 gegangen ist. Und die Preise, wenn Sie sich den Voranschlag fürs nächste Jahr anschauen, dann zeigt der jetzt 350 fürs gesamte Jahr. Schauen Sie sich den fürs Q1 an, dann ist der bei 420 oder 450, ich mein', ich kann nachschauen. Das heißt, man sieht da auch, das Q1 ist viel teurer als der Durchschnitt vom nächsten Jahr. Während den Verbund vielleicht, sage ich jetzt einmal wenn wir das jetzt nur hernehmen, die 350 treffen, wo ich ein Margening machen muss, wird Wien Energie eher die 450 treffen, weil sie wieder im Q1 drin sind. Aber das ist jetzt kein Verschulden, das ist die Struktur ihrer Erzeugung. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Seitens der GRÜNEN bestehen noch weitere Fragen? Herr Arsenovic. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ich komme auf den Punkt, den Sie jetzt angesprochen haben, Wien Energie Sonderstellung. Und Sie haben das auch angesprochen, dass Wien Energie natürlich besonders viele Gaskraftwerke zur Wärmeproduktion hat und deswegen Strom als Abfallprodukt, nein, als Zweitprodukt hat, haben Sie gesagt. Was mich interessiert ist, an diesem Freitag ist ja Folgendes passiert, dass eigentlich was passiert ist, das man sich wünscht, dass sich Strom- und Gaspreis entkoppeln. Das ist an dem Tag besonders arg passiert und da hat man dann gesagt: Okay, das ist jetzt einzigartig, das betrifft besonders Wien. Aber meine Frage ist: Hat es auch in den letzten zwei Jahren immer wieder, Sie haben gesagt, sie gehen zwar im Tandem, aber hat es da auch schon Zeiten gegeben, wo es sich doch immer wieder ein bisschen entkoppelt hat, nicht in diesem Ausmaß, aber ja? Also rennen die immer hundertprozentig gleich? Das ist meine konkrete Frage. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber bitte. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Es ist nicht immer hundertprozentig gleich, aber es müsste hundertprozentig gleich sein, und zwar aus dem Grund, das ist ein bisschen ein kleiner Konstruktionsfehler der Merit-Order-Börse, dass die Schlusskurse unterschiedlich gemacht werden. Die sind verschoben. Würden die gleich sein, dann wäre es nur logisch, dass das so sein muss, weil bei Merit-Order zieht das letzte Kraftwerk den Preis. Das ist das, das letzte Kraftwerk ist immer das Gaskraftwerk. Und nachdem die variablen Kosten da drinnen stehen in dem System, kann es nur Gaspreis plus CO2-Preise sein. Aber das kann schon sein. Das korrigiert sich zwar meist am nächsten Tag raus, aber so eklatant hab' ich es noch nicht gesehen, dass die so auseinandergefahren sind. Aber das ist ein bisschen, da glaube ich, da sind ein paar Reformbedürfnisse auch auf der Börse gegeben, wo man sagen muss, ich glaub', die Gasbörse schließt eine halbe Stunde später als die Strombörse, irgend sowas, eine zeitliche Differenz. Die müssten gleich schließen, dann hätten wir diese Sachen nicht. Ich würde aber auch nicht ausschließen, dass an diesem Freitag jemand in diesem Markt was gemacht hat, aber sicher nicht die Wien Energie, das ist klar. Das ist schon woanders gespielt worden, wenn das war. Aber das kann ich nicht ausschließen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, eine weitere Frage. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Meine zweite Frage betrifft das, was Sie jetzt gesagt haben, auch das Risk Management. Das heißt, ein Risk Manager hat schon im Vorfeld gewusst, dass es passieren kann, auch wenn es nicht sein dürfte, dass sich Gas-und Strompreise auseinanderdividieren können. Aber was mich interessiert, wir haben die Diskussion vorher gehabt, ob es jetzt Oktober oder Jänner ist, wie Sie gesagt haben, für mich ist wichtig, jedenfalls vor dem Juli: Wären Sie Risk Manager gewesen, hätten Sie dann zu dem Zeitpunkt, den Sie für richtig halten - Sie haben, glaube ich, Jänner, Februar, weiß ich nicht mehr genau, gesagt -, hätten Sie Ihrer Geschäftsleitung geraten: Vorsicht, da tut sich was, wir müssen uns zusammensetzen und wir müssen die bestehende Strategie, nämlich alles jetzt in Leipzig zu handeln, hätten Sie gesagt, da müssen wir darüber nachdenken und darüber reden? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ich glaub' grundsätzlich beim Hedging ist immer die Notwendigkeit gegeben, dass man darüber redet. In meiner vergangenen Tätigkeit war es immer so, dass eigentlich jede dritte Aufsichtsratssitzung Hedging auf der Tagesordnung war, weil natürlich ein jeder wieder gesagt hat: Sind die Preise gestiegen? Haben wir zu wenig gehedged? Sind sie gefallen? Da war immer dieses, im Nachhinein ist man immer g'scheiter. Ich glaube, was ich getan hätte, das wäre mein persönlicher Zugang wenn ich sehe, es geht in die Richtung und Hedging ist für mich elementar, das würde ich jetzt nicht ausschließen, dann hätte ich mich vielleicht rechtzeitig umgeschaut, dass ich meine Liquidität wieder auf Kurs bring', um diese Margenings, die unerwartet sind - ich muss das immer wieder sagen: An einem Tag 60 Prozent und das sind 400 EUR gewesen, und rechnen Sie einmal 400mal 3,5 Terrawattstunden, dann sind Sie bei 1,6 Milliarden. Also das hat mich jetzt nicht gewundert von der Größe des Betrags her, aber das ist natürlich zu daheben, das ist eigentlich so von der Außensicht. Was mich ein bissel gewundert hat ist, dass man die Liquidität nicht aus irgendwelchen Mitteln bereit hatte oder dass man nicht kurzfristig diese Liquidität kriegt. Aber das weiß ich jetzt. Wie gesagt, ich kenn' die Finanzgebarung nicht, ich kenn' die Cash-Reserven nicht, ich weiß die Kreditlinien nicht. Das ist halt ganz einfach das. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, noch eine dritte Frage. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Meine dritte Frage. Also ich habe rausgehört, dass Sie jetzt ein Hedgingfan sind. Sie würden jetzt nicht auf Spotmärkte oder OTC gehen, habe ich verstanden. Aber Sie haben gesagt, man kann ja Mengen zurückfahren, und was das Wichtigste ist, Liquidität aufbauen. Das waren zwei Dinge. Und jetzt meine konkrete Frage. Scheinbar ist bei der Wien Energie zu wenig passiert, Liquidität aufzubauen. Das ist ja jetzt im Nachhinein offensichtlich. Sie haben aber auch gesagt, Sie kennen die Branche, man kennt sich: Haben andere Landesenergieversorger oder Energieversorger in Österreich ihre Strategie ab dem Zeitpunkt Ukraine irgendwie geändert, Liquidität in die Höhe gefahren oder sind Sie mit neuen Geschäften zurückgefahren? Ist das passiert? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Man hat ein bissel was gehört, aber wirklich, ich muss noch einmal sagen: Es gibt kein vergleichbares Unternehmen wie die Wien Energie, die in dieser Situation ist, die jetzt wirklich immer am teuersten drauf ist aufgrund der Struktur. Das heißt, es hat alle getroffen. Wenn Sie sich in der Branche umhören, haben nicht alle ruhig geschlafen in der Zeit. Also es hat alle getroffen. Nur die Vehemenz war bei Wien am größten aufgrund dieser Struktur. Es hat auch den Verbund getroffen. Der hat jetzt auch nicht gesagt: Alles locker. Da war schon auch die Anspannung drinnen, drum hat er auch diesen Schutzschirm. Diese Schutzschirmdebatte, die hat ja nicht die Wien Energie aufgebracht, sondern die Österreich Energie, sprich die Interessensgruppe hat das aufgebracht. Also offensichtlich muss es eine Bedarfsgeschichte für mehrere gewesen sein. Nur, am nächsten Tag oder am Montag danach sind die Preise eh wieder runtergeschossen. Dann war wieder die Entspannung da. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, eine kurze Nachfrage bitte. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Eine kurze Nachfrage. Sie haben gesagt, man hat ein bissel was gehört. Deswegen jetzt noch einmal meine konkrete Frage: Haben Sie gehört, dass irgendwer in der Branche nach dem Februar, nach der Ukraine, die Strategie angepasst hat, indem sie mehr Liquidität erhöht haben oder zum Beispiel Mengen reduziert haben? Haben Sie das gehört? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Man hat das gehört: Teilbereiche, ja. Man hat das gehört, dass manche moduliert haben. Sie haben es nicht weggeworfen, sie haben es moduliert. Die haben gesagt: Okay, da müssen wir ein bisschen heraus gehen oder müssen schauen, dass wir Liquidität haben, aber wie gesagt: Ich weiß nicht. Ich bin jetzt auch nicht so drinnen, dass ich jetzt bei einem jeden sehe, was er getan hat, aber was man so gehört hat, war die Anspannung nicht unbedeutend, auch bei anderen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Seitens der ÖVP gibt's noch ein Fragebedürfnis. Herr Wölbitsch. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Vielen Dank. Ja, ein paar Fragen noch. Herr Anzengruber, Sie waren ja - das ist schon einige Male angesprochen worden -, selber auch Vorstand im Verbund und haben da unter anderem auch einiges für Qualitätsverbesserungen getan, was zum Beispiel Risikomanagement betrifft, was Transparenz-, Compliancekriterien betrifft. Meine Frage daher - das ist vom Kollegen von den GRÜNEN schon ein bisschen angesprochen worden -: Wenn Sie im letzten Jahr, also in diesem Jahr, in dieser Situation gewesen wären und auch noch Manager im Verbund gewesen wären: Wie hätten Sie das Risikomanagement ausgestaltet, sprich, wie hätten Sie sich berichten lassen? In welcher Form und vielleicht auch wie oft, wenn man das so sagen kann? Und wie hätten Sie Ihrem Eigentümer gegenüber über die Situation in dem jeweiligen Energieunternehmen Bericht erstattet, in Ihrem Fall jetzt zum Beispiel im Verbund? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber, bitte schön. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Also generell besteht das Risikomanagement ja nicht nur aus dem Tradingrisiko, sondern es gibt ja auch andere Risiken, die man hat. Risikomanagement war aber ein fixer Tagesordnungspunkt auf der Aufsichtsratssitzung - bei uns. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ja, ich muss noch einmal nachfragen: Kann man das noch ein bisschen ..., weil es für uns wichtig ist, dann auch in der Folge nachzuvollziehen, wie ein State-of-the-Art- Risikomanagement - und ich behaupte einmal, das haben Sie im Verbund auch geführt - aussieht oder wie Sie es auch gehandhabt haben. Das hilft uns natürlich auch im Verständnis und in der Einordnung. Deshalb möchte ich nur noch einmal nachfragen: Wie ist Ihnen berichtet worden, oder wer hat Ihnen berichtet - jetzt nicht ad personam natürlich, sondern funktionsbezogen? In welcher Frequenz und wie oft haben Sie dem Eigentümer in welcher Form berichtet? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, schauen Sie: Grundsätzlich ist Risikomanagement so, dass man es quasi auf einer Matrix aufträgt. Die sagt mir die Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Risikos und die Materialität, also was es bedeuten würde, wenn es kommt, also der Schaden aus dem heraus. In dieser Matrix werden die Risiken zugeordnet. Es gibt ja viele Risiken. Es ist ja nicht nur das eine Risiko. Die Toprisiken, die also in diesen beiden Parametern herausscheinen - das sind also, ich weiß nicht, die zehn Toprisiken oder fünf Toprisiken, die also da sind, die waren ... Bei uns war es üblich, dass Risikomanagement fixer Bestandteil von jedem Aufsichtsrat war, wo das immer wieder diskutiert wurde, und da hat man auch die Veränderung der Risiken ..., weil es bei den Risiken ja nicht nur darum geht, wie das absolute Risiko ist, sondern wie sich das im Betrachtungszeitraum von der einen Sitzung zur anderen Sitzung verändert hat. Ist es kleiner geworden? Ist es größer geworden? Sind Risiken dazugekommen? Zum Beispiel war ein Pandemierisiko vor zwei Jahren oder vor drei Jahren, glaube ich, auf der Risikomatrix nicht oft drauf. (Heiterkeit bei Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber.) Das heißt, das ist dann drinnen. Es sind viele Risiken drinnen, und die Toprisken werden beurteilt. Da wird dann gesagt: Was sind die Maßnahmen dazu? Hat man Maßnahmen? Hat man keine Maßnahmen? Denn ich meine, ich sage einmal, dass der Euro abstürzt - was auch eines der Risiken war -, da kann ich jetzt keine große Maßnahme treffen. Dazu muss man wissen, was das für uns bedeutet, wenn das passiert. Oder wenn die Wasserführung auslässt. Trockenheit ist zum Beispiel auch eines dieser Risiken, das für den Verbund ein elementares Risiko war. Wie schaut das dann aus? Ja, und die werden halt dann nach der Monte-Carlo-Methode gewichtet: Wie ist das aneinandergereiht? Wo sind die Eintrittswahrscheinlichkeiten? Nach dem legt man dann fest und sagt: Auf die konzentriert man sich, auf die konzentriert man sich nicht. Ich muss aber immer dazu sagen: Wir müssen uns damit abfinden. Wir können die Zukunft nicht wirklich planen. Es ist so. Wir haben immer wieder Sachen, die ... Ich kann ja auch sagen: Wer hat sich auf die Coronapandemie vorbereitet? Also ich kenne keinen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, noch eine Frage. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ja, Risikomanagement ist die eine Frage, das andere ist Compliance. Meine Frage an Sie - auch wegen Ihrer langjährigen Erfahrung: Wie sieht aus Ihrer Sicht in der Zusammensetzung und in der Qualifikation ein optimaler Aufsichtsrat eines Energieunternehmens aus? Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Das ist immer die Frage, aus welcher Sicht: aus der Vorstandssicht oder aus der internen Sicht. (Heiterkeit bei Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber.) GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Berechtigt, aber jetzt eher aus der Sicht des mittlerweile unabhängigen Energieexperten. Für uns ist natürlich die Sicht des Eigentümers relevant. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch war jetzt noch am Wort. Bitte fürs Protokoll immer abwarten und nicht hineinreden, bitte schön, weil ich sonst am Ende wieder geschimpft bekomme. Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, Entschuldigung, das war jetzt ein Scherz. Nein, ich glaube ein Aufsichtsrat versteht sich - und ich bin jetzt ja auch in einigen Aufsichtsräten drinnen -, der hat zwei Funktionen: Aufsicht zu führen und Rat zu geben. Das heißt, Aufsicht zu führen ist das: Was steht in der Geschäftsordnung drinnen, was sind die Satzungen, worum geht's? - also diese Verpflichtung wahrzunehmen. Das kann bald einer oder eine, so Aufsicht führen, aber auch Ratgeber zu sein! Das heißt, ich würde schon dafür plädieren, dass da auch Experten drinnen sind, die vielleicht auch vom Geschäft etwas verstehen. Die Hauptaufgabe des Aufsichtsrates ist es, in dieser Facette auch den Vorstand zu fordern, zu challengen und, ich sage einmal, auch Fragen zu stellen, die nicht angenehm sind, denn das ist für den Vorstand - darum sage ich: aus der Vorstandssicht - zwar nicht immer ganz bequem, aber das gehört dazu, weil es bei einer börsennotierten Gesellschaft sonst der Aktionär macht. Dann stellt bei der Hauptversammlung eben einer mit einer Aktie auch eine stundenlange Frage. Ich glaube darum sollte ein Mix sein aus jenen, die jetzt wirklich in der Governance-Compliance gut sind, und auf der anderen Seite auch Leuten, die etwas vom Geschäft verstehen, die wissen, was das bedeutet. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Eine Frage von Herrn Sladecek, bitte. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Sie haben erwähnt, in der Aufsichtsratssitzung ist immer wieder über das Risikomanagement gesprochen worden. Wie oft waren denn diese Aufsichtsratssitzungen, also in welchen periodischen Abständen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, ich kenne das öfter als die vorgeschriebenen viermal pro Jahr. Wir haben ungefähr sechs Aufsichtsratssitzungen pro Jahr gehabt. Das waren die normalen Aufsichtsratssitzungen, aber es gab natürlich auch viele Ausschusssitzungen: den Prüfungsausschuss, dann gibt's den Projektausschuss, den Strategieausschuss, den Nachhaltigkeitsausschuss. Das ist also eigentlich in diesen Ausschüssen. Im Prüfungsausschuss war ich immer zugegen. Ich war auch im Gesamtaufsichtsrat drinnen, weil alle Aufsichtsräte ... Das war ein fixer Tagesordnungspunkt, das war immer drauf, so wie im Genehmigungsprotokoll. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Seitens der SPÖ bitte Herr Reindl. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Herr Anzengruber, Sie haben vorhin gesagt, man muss immer auf gute Liquidität schauen, wenn man Börsengeschäfte macht, und auch eine gewisse Bevorratung halten. Wenn sich jetzt die Liquidität auf Grund von Marktverwerfungen zu Ende neigt und der Eigentümer eines Unternehmens sagt: Okay, ich erkenne das Problem und ich stelle - wie es in Wien der Fall war - 1,4 Milliarden EUR zur Liquidität zur Verfügung, um Schaden abzuwenden. Würden Sie jetzt aus Ihrer Sicht als Experte sagen, dass das eine richtige Vorgangsweise war? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, ich werde politische Prozesse jetzt nicht beurteilen können. Ich meine, wenn der Eigentümer dazu in der Lage ist, dann wird er sich auf der einen Seite dem Unternehmen gegenüber sicher verpflichtet fühlen. Das sage ich, ist das eine. Das Zweite ist: Es gibt oder es gab für diesen Zeitraum ja auch Beispiele in Europa. In der Schweiz ist, glaube ich, Ähnliches auch in dieser Größenordnung bei der Axpo passiert. Das war genau ... Dieser Fall war echt gut vergleichbar, aber es ist nicht meine Aufgabe, jetzt politische Verantwortungen festzulegen. Auch dort in der Schweiz ist es meines Wissens, glaube ich, mit einer Bundesrat-Notverordnung kurz gegangen. Ich kenne das aber nur aus den Medien. Der Uniper-Fall ist aber nicht vergleichbar. Also den würde ich jetzt nicht in die gleiche Kategorie geben. Da ist eine ganz andere Thematik drinnen. Bei der Uniper geht's um echtes Geld. Also ich meine, es geht da auch um echtes Geld, aber nur bei der Uniper ist das Geld weg, das man dorthin gibt. Das Geld, Collaterals oder diese Margin Calls, das sind ja Sicherstellungen. Das ist ja quasi eine Kaution. Die ist ja nur dann weg, wenn ich mein Geschäft nicht durchführe. Damit ist also die Börse und ein bisschen Bashing, Börsenbashing, was ich bei der ganzen Diskussion da auch oft heraushöre, .... Bitte, die Börse ist für den Konsumenten der sicherste Platz. Also die Börse versichert dem Konsumenten, dem Käufer, dass er die Ware auch zu dem Preis bekommt, zu dem er sie gekauft hat. Das ist nur eine Sicherstellung dort. Sie werden sehen: Wenn die Strompreise sinken, dann werden die Erzeuger plötzlich wieder Cashvolumina hereinkriegen, weil Sie ihre Margins zurückbekommen. (Heiterkeit bei Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber.) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Sind seitens der SPÖ weitere Fragen? Bitte. GRin Ilse Fitzbauer (SPÖ): Fitzbauer. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Frau Fitzbauer, Entschuldigung. GRin Ilse Fitzbauer (SPÖ): Um auf Ihre Ausführungen zur Börse zurückzukommen: Hätte aus Ihrer Sicht ein sofortiges Aussetzen des Handels an der Leipziger Börse an diesem bewussten Black Friday dazu geführt, dass sich die Situation beruhigt? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, ich glaube, das ist eine der Korrekturnotwendigkeiten, die man braucht, so wie es bei anderen Börsen ist, dass es, wenn die Börse verrücktspielt und Ausschläge von über 10 Prozent hat, dann unterschiedliche Regeln gibt, dass an der Börse ausgesetzt wird. Ich meine ja, aber wie gesagt: Das sind vielleicht Learnings daraus. In der Vergangenheit, als diese Sprünge Tagesthemen waren, hat man das in diese Richtung nicht so gebracht. Das waren die Spielregeln. Das ist nicht überraschend. Das haben wir gewusst. Jetzt muss ich fairerweise dazusagen: Wenn ich an die Börse gehe, muss ich wissen, was die Spielregeln sind. (Heiterkeit bei Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber.) Das haben die auch alle gekannt. Jetzt aus der Erfahrung zu lernen und zu sagen, das wäre gescheit - da gebe ich Ihnen recht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Seitens der SPÖ noch einmal Frau Fitzbauer, bitte. GRin Ilse Fitzbauer (SPÖ): Meine zweite Frage, auch im Zusammenhang mit der Energiebörse, und zwar: Können Unternehmen wie die Wien Energie - Unternehmen in der Größenordnung - ihre Geschäfte ohne Energiebörsen abwickeln beziehungsweise mit welchen Konsequenzen hat das Unternehmen oder der Kunde zu rechnen, wenn die Strategien geändert werden? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ich meine, theoretisch ja. Theoretisch kann man auch ohne Börse leben. Das ist auch möglich. Da muss man eben entweder verstärkt und mit dem gesamten Risiko auf die Spotmärkte setzen - also wie gesagt, ich würde das nicht tun, dass man auf die Spotmärkte setzt, aber man kann es tun - oder man bedient sich halt - und das tun halt viele, die nicht einen eigenen Börsenhandel haben, dass sie sich an größere dranhängen, weil es da ja die großen Energieversorger gibt, die diese Dienste ja auch anbieten. Ich meine, es gab ja auch auf der Allianz-Seite in Wien einmal eine gemeinsame Handelsfirma, oder es gibt sie immer noch, das weiß ich nicht. Die poolen dort ihr Thema, weil die Kosten des Börsenhandels ja auch groß sind, und zwar nicht, weil man dort so viel Fees zahlen muss, sondern ganz einfach, weil der Administrationsaufwand - die ganzen Meldepflichten oder was da alles dahintersteht - natürlich auch einen gewissen Verwaltungsaufwand braucht, den man auch einmal verdienen muss. Ein Unternehmen in dieser Größenordnung ganz ohne Börsenhandel würde ich aber nicht machen. Was anderes wäre das - aber das ist jetzt eine dritte Facette -, was die Skandinavier stärker machen als wir. Das sind die sogenannten PPAs, also die Power Purchase Agreements, bei denen die Industrie - im Wesentlichen nicht die Privatpersonen, sondern die Industrie - halt hergeht und sagt: Wir beteiligen uns an einem Kraftwerk beim Bau und bekommen den Strom dann Cost plus Fee. Also so eine Sache geht auch. Das haben wir in Österreich nie gemacht. Ich weiß nicht, die Industrie wollte das auch nicht, aber das wäre jetzt ein Thema, was man machen kann. Also da gibt es ein paar Themen, bei denen wir aus diesen Effekten schon alle miteinander lernen könnten. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, gibt es von Ihrer Seite weitere Fragen? GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Ja, ich würde gerne mit einem kurzen Zitat aus dem aktuellen Stadtrechnungshofbericht aus diesem Dezember einleiten, der da schreibt: "Gemäß der allgemeinen Definition stellt Energiearmut ein komplexes gesellschaftliches Phänomen dar, das sowohl von globaler als auch von nationaler Bedeutung ist, da eine ausreichende leistbare Versorgung mit Energie zu den Grundbedürfnissen aller Menschen gehört und vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und der Klimakrise auch im Fokus der Politik stehen muss." Das ist mehr oder weniger auch mit dem § 4 des ElWOG ident, der besagt, dass der österreichischen Bevölkerung und Wirtschaft kostengünstige Elektrizität in hoher Qualität zur Verfügung zu stellen ist. Meine Frage: "Zu stellen ist" ist sehr feststellend und macht klar, dass das quasi etwas ist, was passieren muss. Würden Sie sagen, dass das Trading- Modell der Wien Energie normal, handelsüblich und diesem festzustellen ist, zweckdienlich ist, wenn bereits Ende 2021 14 500 Haushalten in Wien aus Zahlungsgründen der Strom abgeschaltet werden musste und dieses Jahr noch Tausende zusätzlich gefolgt sind? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber, haben Sie da eine Einschätzung dazu? Grundsätzlich ersuche ich, nicht so suggestive Fragen zu stellen, die quasi schon eine Botschaft vorwegschicken. Bitte. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Das ist eine gesellschaftspolitische Frage, die diskussionswürdig ist. Ja, gar keine Frage. Das muss man machen. Da könnte ich Ihnen jetzt eine persönliche Meinung dazu sagen, aber ich werde sie nicht sagen, weil das jetzt, glaube ich, nicht der Zweck dieses Ausschusses hier ist. (Heiterkeit bei Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber.) Ich glaube nur, eines muss man schon: Man hat sich entschlossen - und ich glaube, dass das für den Konsumenten, für die Industrie und für die Wirtschaft auch gut war -, den Markt zu liberalisieren. Ich glaube, das war nicht die schlechteste Idee, was man da gemacht hat. Solange aber die Teilnehmer dieses Marktes Kapitalgesellschaften darstellen, muss man nach den Regeln einer Kapitalgesellschaft spielen. Das kann sich der Eigentümer aussuchen. Wenn er das nicht will, muss er das wieder verstaatlichen. Dann kann er diese Dinge so in diese Richtung auch vollumfänglich darstellen, wird aber sicher nicht wirtschaftlich sein. Ich kann Ihnen nur sagen: Vergleichen Sie die Preise, die wir beim Strom vor der Liberalisierung hatten! Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, eine weitere Frage. GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Eine Nachfrage - also nicht Nachfrage -, eine weitere Frage: Wenn wir uns die Volumina der Termingeschäfte im Zeitraum von 2019 bis 2021 ansehen, dann sind die Volumina der Wien Energie stark gestiegen. Das hat darin gegipfelt, dass 2021 9,6 Terrawattstunden verkauft wurden, obwohl nur 6,3 Terrawattstunden produziert wurden. Würden Sie retrospektiv mit Ihrem heutigen Wissen sagen, dass das die richtige Strategie war? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja, das kann ich nicht einschätzen, weil ich nicht weiß: Ist das ein Jahresprodukt oder sind das mehrere Jahre? Verstehen Sie? Das weiß ich nicht. Wenn Sie sagen, Sie haben ein Jahr gehandelt, dann ist mehr gehandelt worden, als man selber erzeugt. Das ist auch noch kein Verbrechen, wenn ich es rückgedeckt habe. Das kann ich machen. Das tun die Firmen auch. Das ist jetzt nichts ..., weil ich da ja offensichtlich Konsumenten dahinter gehabt habe. Wenn ich jetzt aber zwei Jahre gehandelt habe: Ich weiß es nicht. Also, da muss ich wissen, welche Produkte draußen sind. Das kann ich jetzt von außen nicht einschätzen, aber das sieht man ja, wenn man ... Sie brauchen ja nur hineingehen und sagen: Ich habe für das Jahr 2023 so viele Terrawattstunden zu einem Preis x am Markt verkauft. Sie haben für das Jahr 2024 so und so viele Terrawattstunden mit einem Preis y verkauft. Das ist ja verfügbar. Das ist ja auch ein Gegenstand, den man in Unternehmen sieht, deren ... man auch immer wieder betrachtet und anschaut und sagt: Wie schaut denn unsere Hedging-Struktur aus? Nur sind das, bitte, unternehmensinterne Daten. Auf die habe ich natürlich keinen Zugriff, und das ist auch gut so. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, noch eine Frage? Gut, danke. Wir sind jetzt mit der zweiten Fragerunde durch. Bei der Gelegenheit verweise ich darauf: Es gibt das Fragerecht, aber keine Fragepflicht. Also man kann auch wie Herr Krauss schneller zum Schluss kommen. Wir sind etwas über der Zeit. Herr Mag. Benigni wartet schon. Das schicke ich für die dritte Fragerunde nur unverbindlich als Anregung voraus. Herr Gara, Sie wären wieder dran. Bitte schön. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Danke, ich hätte viele Fragen, aber ich stelle nur eine, ein bisschen auch in Bezug auf die europäische Ebene und das gesamte Thema Energieregulierungsbehörden. Die EU achtet hier ja streng auf Transparenz und Integrität des Energiegroßhandels. Das ist ja auch ganz, ganz wesentlich, um hier auch auf der Europäischen Ebene die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund und bei den strengen Spielregeln, die sich ja dann in den einzelnen nationalen Agenturen wie bei der E- Control und so weiter abbilden: Kann es sein, dass Marktteilnehmer hier im Sinne von großen Leergeschäften, also im Sinne dann von Spekulation ... Würde das auffallen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ich weiß nicht, ob das gleich auffallen würde. Ich glaube, es würde in Europa nicht so schnell auffallen, wenn das gespielt würde. Ich kann nicht sagen, ob es in Österreich auffallen würde, ob das wirklich auffallen würde. Was auf jeden Fall, glaube ich, gut verhindert wird, ist echte Manipulation. Also das wird nicht sein, denn ein Erzeuger könnte grundsätzlich ja gut manipulieren. Na, der sagt, ich nehme mein Kraftwerk heraus und bringe es erst dann hinein, wenn der Preis oben ist. Solche Sachen sind strengstens verboten. Also die müssen sich melden. Wenn sie ein Kraftwerk herausnehmen, weil es ein Gebrechen hat, muss das der E-Control innerhalb von - ich weiß nicht - Minuten gemeldet werden, damit der Markt weiß, da fällt jetzt ein Kraftwerk aus, damit nicht Preismanipulationen daran sind. Also wenn das jemand nicht tut ... Es hat also auch in Österreich immer wieder Themen gegeben, bei denen man gesagt hat: Das muss man jetzt untersuchen. Was ist da passiert? Also das ist, glaube ich, recht gut im Griff, aber ich kann auch nicht ausschließen, dass es dort kriminelle Aktivitäten gibt. Das glaube ich aber nicht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut. War das Ihre eine Frage oder kommt noch etwas, Herr Gara? Sie schmunzeln. Ich nehme an, es kommt noch etwas. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Nein, ich halte mich an diese eine Frage. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke schön. Seitens der Grünen, Herr Ellensohn. Bitte schön. GR David Ellensohn (GRÜNE): Danke. Herr Anzengruber, Sie haben im Laufe der Befragung gesagt: Irgendwann Richtung August und Black Friday hin war es schwierig, Prognosen zu machen. Das kann ja aber unmöglich bedeuten, dass man dann sagt: Jetzt mache ich einfach gar nichts mehr, es ist so unübersichtlich. Ich stehe da und schaue einfach, was passiert. Was bedeutet das für das Liquiditätsmanagement von der Wien Energie und von allen anderen, wenn ich sehe, jetzt verliere ich wirklich langsam die Übersicht? Ich weiß nicht: Werden es 100, 500 oder 1000 Prozent Aufschlag? Was wird das Ganze am Schluss? Müsste man das Liquiditätsmanagement dann ändern? Denn das haben ja einige gemacht. Der Eindruck ist - das werden wir dann auch versuchen, hier herauszufinden -, dass die Wien Energie sehr, sehr, sehr, sehr lange gewartet hat, bis sie zum Bund gegangen ist und um Unterstützung nachgefragt hat. Hätte sie das nicht gemacht, wäre sie einfach ... wäre der Black Friday ein Black Monday geworden, und hätte der Bund nicht mitgeholfen, wäre die Wien Energie am Montag konkursreif gewesen: alles glattstellen, alles mit Minus und weit über die eigenen Möglichkeiten. Ab wann, sagen Sie, kann man im August keine Prognosen mehr stellen? Denn alle tun ja irgendetwas. Das machen sie ja nicht mit Würfeln, sondern Sie haben vorhin gesagt - es hat fast fatalistisch geklungen -, es war nichts mehr möglich. Dann schauen wir halt. Augen zu und warten, was bis zum ersten September passiert. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Also die Frage war jetzt, was Herr Anzengruber persönlich anders gemacht hätte. Habe ich das richtig verstanden? Herr Anzengruber, bitte. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Also wie gesagt, nachdem ich die ganzen Ingredienzien bei der Wien Energie nicht wirklich vollinhaltlich oder nur teilweise kenne: Ich glaube, das Signal - jetzt muss ich im Konjunktiv sprechen -, wäre vielleicht früher gewesen, die Liquidität zu sichern, wirklich Kreditlinien aufzumachen oder zu sichern, dass ich zugreifen kann, weil ich an der Börse ja nicht mit Bankgarantien arbeiten kann. Das muss man wissen. Das heißt, ich muss wirklich cash überweisen, was auch gut ist, weil das der Schutz des Kunden ist, denn sonst wäre es ein Problem. (Heiterkeit bei Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber.) Ich glaube, die Botschaft muss heißen: Wenn Sie mich vor einem Jahr gefragt hätten, hätte ich gesagt, das werden nie 1000 Euro sein. Nie. Sie müssen sich vorstellen, die Erzeugungskosten sind ganz woanders. Aber auch etwas, das ich mir nie habe erwarten können, kann eintreten. Also in solchen Fällen. Ich würde auch nicht ausschließen, dass so etwas wieder passieren kann. Also im Moment kann man nichts ausschließen. Die einzige Chance ist vielleicht das: Alles, was man jetzt verkauft, verkauft man eh zu hohen Preisen. Da kommen die Collaterals, also die Margin Calls, nicht hinein. Die Schwierigkeit ist: Bei dem, was man schon alles verkauft hat, muss man bis zur Lieferung nachschießen. Wenn es geliefert wird, wird es eh wieder glattgestellt, und das ganze Geld kommt zurück. Wie gesagt, ich kenne die Fälligkeit der Futures von Wien nicht. Darum ist meine Aussage ein bisschen schwierig, weil ich nicht weiß, wann es verkauft wurde. Ist es im vorigen Jahr verkauft worden oder Anfang des Jahres? Das weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, mit welchem Tag etwas verkauft worden ist. Ist es 23 oder 24 verkauft worden. Das muss man kennen. Dann kann ich sagen, wie die Rückflüsse aus diesen Margin Calls wieder zustande kommen oder wie viel noch draußen ist, weil ich es jetzt einmal zu einem hohen Preis - aber noch deutlich unter dem, was der Markt jetzt zeigt - verkauft habe und damit die Nachschusspflichten entstehen. Also die einzige Chance, die man, glaube ich, in so einer Situation hat, ist: sorgen, aufpassen, Liquiditätslinien sicherstellen, um diese Phase durchzustehen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Ellensohn, eine weitere Frage. GR David Ellensohn (GRÜNE): Sie haben uns vorhin genau erklärt, wie Aufsichtsratssitzungen beim Verbund abgelaufen sind, auch in Bezug auf Risikomanagement. Jetzt nehmen wir wahrscheinlich beide an, dass bei der Wien Energie im Aufsichtsrat wohl etwas Ähnliches passiert, noch dazu, da Herr Meinhold in beiden Häusern quasi zu Hause ist. Also ich darf davon ausgehen oder Sie gehen davon aus, dass bei der Wien Energie natürlich auch genau über diese Entwicklung gesprochen wurde: im Oktober des vergangenen Jahres eine Verdreifachung innerhalb von einer Woche, im Dezember wieder einmal kurze Ausschläge, aber wieder Verdreifachung, im Februar - noch vor dem Krieg, vor dem Putin-Überfall auf die Ukraine - noch einmal eine Verdreifachung - eine Situation, in der man mehrfach gesehen hat: Moment! Achtung! Es ist fast außer Kontrolle oder zumindest müssen wir uns auf etwas einstellen. Würden Sie dann sagen: Okay, ab jetzt passiert es auch nicht mehr, oder ich kümmere mich nicht darum? Sie haben einmal gesagt - nur, damit ich es richtig zusammenfasse -: in der Situation nicht in den Handel hineinverhandeln und das Volumen erhöhen. Es ist der Verdacht, dass die Wien Energie das gemacht hat. Ich sage jetzt einmal: Verdacht. Sie sagen: Die Liquidität zu erhöhen, das haben wir auch nicht gemacht. Also ich sehe jetzt alleine dadurch schon zwei gröbere Fehler. Haben Sie einen Vergleich, was andere gemacht haben? Denn der Zusatzeindruck, der auch medial schon verbreitet ist, ist: Die Wien Energie hat eine Strategie gewählt, alle anderen haben eine andere gewählt. Die Wien Energie ist fast abgesoffen und die anderen nicht. Das ist das, was auch medial nachzulesen ist. Sie kennen den Verbund besser. Sie sind natürlich jetzt auch nicht mehr dort, aber wird im Verbund anders, genauer gearbeitet? Haben die ein anderes Risikomanagement? Haben die einen Risikomanager? Der vorige Experte hat gesagt: Wenn man das so macht, hat man gar kein Risikomanagement. Das ist kein Risikomanagement, wenn man am Ende so dasteht, dass die Liquidität derart gefährdet ist. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bitte, Herr Ellensohn, auf eine möglichst fokussierte Frage hinarbeiten. GR David Ellensohn (GRÜNE): Ich bin eh beim Risikomanagement. Dann hat das Risikomanagement versagt. Würden Sie aus Ihrer Erfahrung sagen, dass der Verbund und die Wien Energie unterschiedlich mit Risikomanagement umgehen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Das weiß ich nicht. Ich kenne das Risikomanagement vom Verbund, ich kenne das Risikomanagement bei der Wien Energie nicht. (Heiterkeit bei Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber.) Das müssen Sie verstehen, aber ich gehe davon aus, weil das, soweit ich die Branche kenne, glaube ich, alles Leute sind, die gewissenhaft mit diesen Dingen umgehen. Ich gehe davon aus, dass es genauso ein Risikomanagement gibt, dass es genauso gut ist und dass es genauso diskutiert wurde. Wenn dem nicht so ist, dann kann ich das leider nicht beurteilen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Ellensohn, noch eine weitere Frage? Danke schön. Dann wäre die ÖVP als Nächster an der Reihe. Herr Wölbitsch. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Vielen Dank. Ich würde einen Aspekt noch gerne beleuchten. Aus Ihrer Erfahrung: Welche "incentive schemes" gewähren Eigentümer in der Energiebranche Managern in der Regel, oder wonach werden deren Leistung oder deren Boni, wenn es sie gibt, was ja in den meisten Fällen der Fall ist, bewertet? Welche Kriterien sind Ihnen da noch erinnerlich? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Also ich kann das jetzt auch wieder nur an meinem konkreten Beispiel darstellen. Grundsätzlich gibt es oder gab es bei uns - ich gehe davon aus, dass es die so immer noch gibt - sogenannte "short term incentives" und "long term incentives". Das heißt, es gibt Zielsetzungen, die jetzt in Bezug auf das aktuelle Jahr drinnen sind. Die richten sich dann meist auf - was weiß ich - budgetäre Einhaltungen oder Investitionen oder was auch immer. Dann gibt es "long term incentives". In den "long term incentives" gibt es ausschließlich quantitative Kriterien, also keine qualitativen Kriterien mehr. Also "schöner", "besser", "billiger" ist kein Kriterium, sondern alles, was man erreichen kann, ist mit Zahlen hinterlegt. Das waren zum Beispiel in der Nachhaltigkeit die CO2-Reduktionen im Scope 1, Scope 2 und Scope 3, also solche Themen, die auditiert und nachvollziehbar sind. Der Börsenkurs selber war teilweise auch drinnen, das muss ich fairerweise dazusagen. Der hat sich aber nicht nach der absoluten Entwicklung gerichtet, sondern nach der Peergroup: Wie geht es den anderen, also was tut der Markt? Das ist drinnen. Das war dieser Mix an Zielsetzungen, wobei es also immer in etwa 60 Prozent kurzfristige Ziele und 40 Prozent "long term"-Dreijahresziele waren. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Nur, um noch einmal nachzufragen: Bei den kurzfristigen Zielen war das erzielte Unternehmensergebnis nach Ihrer Erfahrung also immer dabei? Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Ja. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Sonst keine Fragen von Ihnen? Gibt es hier seitens der SPÖ noch etwas? Gut, dann sehe ich, wir sind allgemein ... eine von Herrn Ellensohn, bitte. GR David Ellensohn (GRÜNE): Eine ganz kleine Frage zum Verbund. Hat sich die Politik jemals dafür interessiert, welches Risikomanagement der Verbund hatte? Hat sich die Politik jemals eingeschaltet und irgendetwas dazu gefragt, was der Aufsichtsrat dort macht, oder hat es dort alle immer nicht interessiert? Ich frage Sie nicht, wie es bei der Wien Energie ist - das frage ich dann jemand anderes -, aber hat es im Verbund irgendwann, während Sie dort tätig waren, auch aus der Politik, also vom Eigentümer oder Mehrheitseigentümer, Leute gegeben, die sich dafür interessiert haben, was da gearbeitet wurde? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Anzengruber. Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber: Meine Zeit beim Verbund umfasst zwei Eigentümerperioden, wenn ich das dazusagen kann. (Heiterkeit bei Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber.) In der einen Eigentümerperiode waren wir direkt dem Ministerium zugeordnet, weil wir ja in dem Sinne nicht Teil der ÖIAG waren. Derzeit, wo jetzt die ÖBAG gegründet wurde und die ÖBAG seitens der Republik einen Managementauftrag hat, sind wir auch nicht Mitglied der ÖBAG. Wir werden aber dort quasi verwaltet. Es war also in der Vorphase, als wir nicht bei der ÖBAG waren oder verwaltet wurden, eher untergeordnet. Während der ÖBAG-Zeit, die ich zwei Jahre miterlebt habe, war das schon sehr intensiv. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gibt es seitens der anderen Vorsitzenden noch Fragen? Gut, ich danke Ihnen ganz herzlich fürs Kommen und für Ihre Zeit, Herr Anzengruber. Ich glaube, dass wir trotzdem bis 13:40 Uhr eine kurze Pause machen müssen und um 13:40 Uhr weitermachen. (Sitzungsunterbrechung um 13.29 Uhr) (Wiederaufnahme um 13.40 Uhr) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Es ist 13.40 Uhr. Ich bitte Sie, wieder hereinzukommen und Platz zu nehmen. Herr Reindl fehlt noch, aber ich glaube, er wird es mir verzeihen, wenn ich einmal die Begrüßung des Herrn Johannes Benigni ohne ihn vornehme. Herzlichen Dank, dass Sie gekommen sind. Herzlich willkommen! Sie werden als Auskunftsperson in dieser Untersuchungskommission befragt. Das heißt, ich nehme an, Sie haben keine eigenen Wahrnehmungen zu den Vorgängen, die bei der Wien Energie passiert sind, sondern es geht darum, dass wir Ihr Wissen anzapfen dürfen und Ihre Expertise in Anspruch nehmen. Sie stehen dennoch unter Wahrheitspflicht vor einer Verwaltungsbehörde. Eine falsche Beweisaussage kann mit gerichtlicher Strafe bestraft werden. Ich würde Sie am Anfang bitten, dass Sie sich kurz vorstellen und sagen, was Sie grundsätzlich beruflich tun, in welchen Feldern Sie aktiv sind und was Ihr Fachgebiet ist, also wo Sie uns am ehesten etwas sagen können und wo es am sinnvollsten ist, Ihnen Fragen zu stellen. Bitte schön. Mag. Johannes Benigni: Ja, Grüß Gott. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, fürs Protokoll. Mag. Johannes Benigni: Grüß Gott. Ich bin jetzt dreißig Jahre im Energiemarkt tätig. Ich habe dazu auch mehrere Unternehmen gegründet, habe ein Beratungsunternehmen, mit dem ich weltweit Unternehmen, Energieunternehmen, und Regierungen beraten habe. Hauptexpertise: Marktanalyse, Risikomanagement und Bepreisung von Energie. Wozu können Sie mich fragen? Ja, zu all diesen Themen. Toben Sie sich aus! Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Waren Sie in die Vorgänge rund um die Wien Energie insbesondere letzten Sommer durch Beratungsleistungen oder Ähnliches irgendwie konkret involviert? Ich frage das nur der Transparenz halber gerne. Mag. Johannes Benigni: Nein. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke, Herr Benigni. Zunächst sind die Vorsitzenden ... Gibt es von dieser Seite noch Fragen? Dann sind die GRÜNEN am Wort, diesmal das erste Mal. Wer von Ihnen beiden möchte? Herr Arsenovic, bitte. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Sie sind seit dreißig Jahren Experte. Sie verfolgen die Börsen, die Energiepreise schon sehr lange. Sie kennen wahrscheinlich auch die Kursentwicklungen auf der Leipziger Börse schon lange, auch wenn Sie vielleicht nicht im Tagesgeschäft sind. Wir haben heute schon zwei unterschiedliche Aussagen gehört, ab wann man eigentlich hätte wissen müssen: Da ist irgendetwas im Busch, da beginnt sich die Volatilität der Preise zu erhöhen. Meine erste Frage wäre: Ab wann hätten Sie als Experte das Gefühl gehabt: Da tut sich etwas, da gibt es jetzt Ausschläge, die größer sind, als sie bisher waren? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte schön. Mag. Johannes Benigni: Na ja, es ist immer die Frage, welchen Energieträger wir uns da jetzt genauer anschauen. Der Markt ist im Jahre 2021 auf jeden Fall deutlich nach oben gegangen, und je nachdem, in welchem von diesen Märkten man sich gerade befindet, hat man größere oder kleinere Sorgen. Von meiner Warte her war der Gasmarkt der Markt, der am meisten von einem Bruch in der Wahrnehmung begleitet worden ist, weil wir gesehen haben, dass die Nord-Stream-2-Pipeline, obwohl fertiggestellt, nicht in Betrieb genommen werden sollte. Das hat eigentlich sehr vieles infrage gestellt. Warum? Dass es da Interessen gegeben hat, dass man da sagt: Ja, die Amerikaner wollten das nicht. Das war ja schon lange bekannt. Das hat man aber eigentlich abgetan, weil man davon ausgegangen ist: Na, jetzt ist die Pipeline fast fertig, und dann war sie fertig. Na, wer baut eine Pipeline oder lässt zu, dass sie gebaut wird, und dann wird sie nicht in Betrieb genommen? Also, dass das passieren würde, konnte man sich als Beobachter hier eigentlich nie vorstellen. Ich würde sagen, das war im Herbst, Frühherbst 2021, da war bei mir Feuer am Dach. Da habe ich mir gedacht: Oje, das wird nichts mehr. Irgendwie hat sich das dann auch so weiter aufgebaut, weil die Märkte auf das natürlich auch nicht vorbereitet waren. Die Gaslagerbestände waren niedrig. Das hat damit zu tun, dass im Winter davor in Asien enorme Ausschläge waren. Wir haben dann in Europa einen kalten Spätwinter gehabt. Brasilien hat dann enorme Dürre gehabt, bei der die Wasserkraftwerke nicht funktioniert haben. Die haben sehr viel LNG einkaufen müssen, und die Amerikaner haben noch nicht so viel exportiert wie heute. Wir waren dann in Europa einfach oder Europa war in Summe relativ spät dran, die Lager aufzufüllen. Man hat dann auch gesehen, dass die russischen Lager in Europa nicht wirklich aufgefüllt worden sind. Im Nachgang muss ich sagen: Na ja, die haben sich das vielleicht doch vorstellen können, dass da vielleicht etwas kommt. Vielleicht haben sie das deswegen nicht aufgefüllt und haben gesagt: Da positionieren wir uns schon. Also das war der Zeitpunkt, zu dem ich von meiner Warte her das Gefühl hatte, da passiert etwas. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, eine weitere Frage? GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Frühherbst 2021, das habe ich jetzt registriert. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Da war der Gasmarkt für mich zumindest schwierig, ja. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, bitte. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Okay, meine zweite Frage ist: Sie haben gesagt, Sie sind nicht der Berater der Wien Energie, aber sagen wir, Sie wären schon im Herbst 2021 der Berater der Wien Energie in Sachen Riskmanagement gewesen und Sie wären in dem Wissen gewesen, dass die Wien Energie ja eben hauptsächlich in Leipzig ihre Geschäfte macht - weniger OTC-Geschäfte -, und Sie wären in dem Wissen gewesen, welche Liquidität die Wien Energie hat. Ab welchem Zeitpunkt hätten Sie als Berater gesagt: Liebe Wien Energie, Vorsicht, da kommt etwas auf uns zu, wir müssen die Strategie überdenken, mehr Liquidität aufbauen, vielleicht den Handel verkürzen, Summen herunterfahren? Ab welchem Zeitpunkt wäre das gewesen, wenn Sie Berater gewesen wären? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte. Mag. Johannes Benigni: Also, ich war selber als Externer in Konzernen im Risikomanagementkomitee. Das sage ich gleich dazu, weil ich also auch im Operativen mit der Thematik schon etwas mehr vertraut bin. Ich habe dort auch in einigen Konzernen die Risk Management Committees aufgebaut. Deswegen ist es nicht unbedingt meine Art, das Ganze so von außen ... jetzt gescheit daherzureden. Man muss das wirklich im Detail kennen. Wenn Sie im Risk Management Committee sind, dann sind Sie gewöhnlich mit sehr vielen von diesen Themen befasst. Dann hängt es sehr stark davon ab: Was sind die Unbekannten, die jemandem dann wehtun können oder nicht? Prinzipiell ist es ja so: Im Risikomanagement wollen Sie nicht hoffen, sondern wissen. Das ist der große Unterschied zwischen Spekulation - bei der man halt hofft, hoffentlich geht der Preis hinauf, dann mache ich einen Gewinn - oder ob man etwas absichert und dann weiß, was man hat. Ob die Strategie, die die Wien Energie gefahren ist, so stimmt, ob sie so passt oder nicht, kann man wirklich nur dann beurteilen, wenn man sie sich im Detail anschaut und wenn man auch die Annahmen kennt, die dahinter waren. Das muss man wirklich dazusagen, weil ich seriös bleiben möchte. Es hat keinen Sinn, wenn ich Ihnen jetzt sage: gut oder schlecht. Aber schauen Sie, in Wirklichkeit war der Krieg per se nicht vorstellbar. Natürlich sind die Volatilitäten im Vorfeld dazu deutlich gestiegen. Normalerweise ist das nicht etwas, was jemanden dazu veranlasst, aus Hedging-Positionen auszusteigen, sondern ganz im Gegenteil. Das bestätigt ein Risikomanagement, weil man diese Volatilität ja nicht möchte. Das heißt, nur weil die Volatilitäten im Winter vor einem Jahr schon hoch waren, ist es nicht so, dass das unmittelbar dazu führt, dass man sagt: Aber jetzt hören wir auf zu hedgen, weil es am Ende des Tages sein kann, dass uns das auf den Kopf fällt. Ich würde das so nicht akzeptieren. Sondern die Unsicherheiten sind massiv gestiegen. Die Firma hat gehedgt - was auch immer. Ich weiß nicht, was sie genau gehedgt hat. Der Krieg hat aber eine neue Dimension eröffnet. Die hat sich aber, muss ich sagen, dann erst in weiterer Folge in einer Art und Weise verschärft, als seitens der EU die Ölsanktionen verhängt worden sind. Warum? Die Ölsanktionen haben die Gassanktionen der Russen bedingt. Das, nämlich die Ölsanktionen, ist eine Strategie, die enorme Konsequenzen nach sich zieht. Meines Erachtens war das Ganze ab dem Zeitpunkt außer Kontrolle, nicht davor, denn davor wusste man: Die Russen versuchen sich so darzustellen, als seien sie ein langfristig seriöser Lieferant von Gas. Das war immer das Wichtigste für die Russen. Von diesem Paradigma haben sie sich in dem Moment verabschiedet, als man angefangen hat, die Ölsanktionen auf sie zu werfen. Da musste man aber wieder umdenken. Das war dann das erst Mal, dass man gesagt hat: So, jetzt haben wir nicht nur keine Nord-Stream-2-Pipeline, sondern jetzt ist die Frage: Was machen sie? Werden sie Gassanktionen lostreten? Das war quasi der Zeitpunkt, zu dem bei mir dieses Grundkonzept des Marktes, auf dem wir arbeiten, infrage gestellt worden ist, weil ohne genügend Gas heißt, dass bei uns der Strommarkt dann entsprechend nicht mehr managebar oder nicht mehr wirklich managebar ist. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, eine dritte Frage. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Wir sitzen ja alle hier, weil Ende August die Liquidität für Margin-Leistungen der Wien Energie knapp geworden ist. Punkt. Deswegen sitzen wir hier. Deswegen ist meine konkrete Frage: Sie haben gesagt, Sie würden die Hedging-Positionen nicht verändern. Okay, aber hätten Sie dem Unternehmen zumindest geraten, für mehr Liquidität zu einem früheren Zeitpunkt zu sorgen, weil sich Margin-Leistungen erhöhen können? Damit man da gewappnet ist. Hätten Sie das gemacht? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte. Mag. Johannes Benigni: Ja, wie gesagt: Ich kann die Positionen nur konkret beantworten, wenn ich wirklich weiß, was da war, aber Sie fragen mich ja, zu welchen Zeitpunkten sich jeweils das Risikoempfinden bei mir zu ändern angefangen hat. Da haben wir die zwei vorher besprochen. Die Margin-Leistungsthematik ist an und für sich eine andere, oder sie ist eine, die natürlich im Zusammenhang mit den Börsen zu beurteilen ist. Die Börsen setzen selber fest, wie viel Margenleistung sie verlangen. Da war eigentlich schon der Beginn des Krieges ein Schlüsselmoment. Das ist jetzt wieder ein anderer Zeitfaktor, weil es eine andere Frage ist, aber die Margin-Leistungen sind im Zusammenhang mit dem Kriegsbeginn ... haben sich deutlich verändert. Ich kann das ... Im Ölmarkt habe ich das direkt beobachtet. Da sind die Margin-Leistungen, die normalerweise, sagen wir, zwischen 5 und 10 Prozent der Warenwerte sind, kurzfristig auf 100 Prozent gegangen. Das hat dazu geführt, dass die Liquidität ausgetrocknet ist. Die Firmen haben auf Teufel komm heraus aus Positionen herausmüssen, weil sie es sich nicht leisten konnten. Das hat sehr viele Komplikationen mit sich gebracht. Ich kenne Firmen, die beschließen mussten, dass sie nicht mehr hedgen, weil sie es sich nicht leisten konnten, was ich an und für sich als ein Riesenproblem erachte, weil du, wenn du im physischen Markt nicht mehr hedgst, ein Blindflieger bist. Das kannst du normalerweise nicht machen. Aber wir haben aufgrund dieser Margin Requirements enorme Konsequenzen an den Börsen gesehen. Wann genau das bei der Strombörse der Fall war und in welchem Ausmaß, kann ich nicht beurteilen. Das weiß ich nicht, aber bei der Ölbörse war das am Beginn des Krieges. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Wer möchte seitens der ÖVP eine Frage stellen? Herr Taborsky, bitte. GR Hannes Taborsky (ÖVP): Ja, sehr geehrter Herr Benigni, ein herzliches Dankeschön, dass Sie uns hier als Fachmann einer eng vernetzten Branche zur Verfügung stehen. Ich hoffe, dass wir zu den Vorgängen bezüglich der Wien Energie, aber vor allem auch der Eigentümerverantwortung auch mehr Aufklärung bekommen. Meine Frage: Sie haben, wie Sie jetzt vorhin schon ausgeführt haben, im November 2021 in einem Artikel in der "Wiener Zeitung" davor gewarnt, dass es hier einen massiven Umbruch in den Energiemärkten gibt. Sie haben da also offensichtlich (erheitert) sozusagen eine weise Voraussicht aus einer noch ganz anderen Situation getroffen. Jetzt die Frage: Wenn es also bereits damals ersichtlich war und sich dann im Frühjahr 2022 noch einmal zugespitzt hat, wie Sie gesagt haben, wie hätten Sie - und jetzt möchte ich da noch einmal kurz nachfragen - im Risikomanagement agiert? Wie hätten Sie, wenn Sie da Verantwortung getragen hätten, in den Aufsichtsratssitzungen, in den Vorstandssitzungen entsprechend Maßnahmen gesetzt? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte. Mag. Johannes Benigni: Es gibt wenige Möglichkeiten - realistische Möglichkeiten - aus abgesicherten Geschäften herauszugehen. Das ist leider so. Wenn Sie heute eine Position absichern, dann sollte an und für sich, bis die Position dann liquidiert wird, eigentlich alles klar sein. Also wenn in der Zwischenzeit der Markt verrücktspielt, sollte es eigentlich egal sein. Das heißt, die Szenarien, dass die Liquiditätserfordernisse so komplett krass aus dem Rahmen gehen, sind unter normalen Umständen nicht Teil einer ernsthaften Überlegung, wenn man das jetzt nicht wirklich antizipiert. Das heißt, das hört sich jetzt komisch an, aber Sie müssen sich vorstellen, Sie schauen sich jeden Tag diese Berichte an. Sie schauen jeden Tag, was da läuft. Dass der Markt jetzt von hundert auf tausend heraufgeht und dass dann vielleicht der Finanzvorstand ein Problem hat, das ist nicht das, womit Sie rechnen, weil man immer davon ausgeht, dass diese Gelder bei den großen Konzernen zur Verfügung stehen. In dem Fall dürfte das aber ein Thema gewesen sein. Das heißt, es ist offensichtlich ein Problem, und Sie fragen mich, was man da macht. Das Erste ist normalerweise: Man kauft Zeit. Was kann man machen, wenn man Zeit kauft? Man kauft Optionen, damit man sich aus dieser Position irgendwie absichert. Das Problem ist nur, es gibt keine Liquidität in diesen Optionen. So, das heißt, diese theoretische Möglichkeit, die Sie jemandem normalerweise empfehlen, was er machen sollte, nämlich Zeit kaufen, haben Sie in diesem Markt wahrscheinlich nicht, denn soweit ich mir das ein bisschen angeschaut habe, gibt es die Liquidität in den Optionen im Strommarkt nicht. Gegenpositionen zu fahren? Da ist dann die Frage: Was tun die zur bestehenden Position? Die ist ja schon kompliziert genug. Da fixieren Sie ja etwas. Wenn Sie jetzt eine Position dazugeben, dann öffnen Sie das Ganze. Dann würden Sie eventuell einen Verlust realisieren, der eigentlich ein Gewinn ist. Das ist ziemlich blöd. Das heißt, es geht dann eigentlich nur mehr darum, dass man versucht, das Geld aufzustellen, so wie man es auch hier gemacht hat. Es ist also, so blöd es sich anhört, in dem Moment, in dem man Positionen in die Zukunft eingeht, bei den Konzernen immer ein Thema: Wie viel hedge ich in die Zukunft? Denn Hedging heißt, ich sichere ab. Na, wie lange in die Zukunft sichere ich ab? Ich kann ja fünf Jahre in die Zukunft gehen. Wenn die Preise passen, lege ich mich zurück und sage: Das war es. Das macht man nicht, weil man nicht weiß, was nächstes Jahr, geschweige denn morgen und übernächstes Jahr passiert. Bei den Airlines ist es so: Eine Lufthansa hat zum Beispiel für das bestehende Jahr bis zu 100 Prozent oder fast 100 Prozent abgesichert, für das Folgejahr vielleicht bis zur Hälfte oder so. Das heißt, die Volumina, die man in die Zukunft absichert, nehmen ab, je länger das in die Zukunft geht, weil man eben nicht genau weiß, was passieren wird. Das ist eigentlich das einzig Praktikable, was man hier empfehlen oder machen kann: dass man nicht zu weit in die Zukunft geht, weil man eben nicht weiß, was sein wird. Noch etwas zu machen, wenn die Position eingegangen ist, hängt davon ab, ob die Märkte liquide sind, aber meistens erlaubt das den Einsatz von Instrumenten, die dann praktisch wären, nicht wirklich. Ich hoffe, das ist beantwortet. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Taborsky, eine weitere Frage. GR Hannes Taborsky (ÖVP): Zusatzfrage, weil wir natürlich auch vieles nicht wissen, was jetzt in den Internas war: Ich zitiere Sie da aus einem Artikel - ich glaube, das war im August des heurigen Jahres -, in dem Sie gesagt haben, man kann also Laufzeit feintunen, an Instrumenten feintunen. Da ist es um die Frage Spekulation oder Absicherung gegangen. Da kann man sehr viel machen, nur ist das normalerweise etwas, das man dann im Risk Management Committee bespricht, wo wir wahrscheinlich keinen Einblick haben, dass wir das überhaupt genauer kommentieren. Jetzt Ihre Einschätzung der Lage nach: Würde bei solchen Liquiditätsproblemen, wie Sie gesagt haben, das Aufstellen ganz einfach von schlichtweg viel Geld, das dann notwendig ist, ohne einen entsprechenden Kontakt des Eigentümers über die Bühne gehen, beziehungsweise wo würden wir solche Dinge finden, von denen Sie hier gesprochen haben? Damit wir da etwas Erhellung in dieser Situation kriegen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte. Mag. Johannes Benigni: Wenn ich es wieder realistisch beantworte, denn sonst hilft es Ihnen nichts: Es hängt immer davon ab, was Ihr Erfahrungswert ist. Wenn man die letzten zehn Jahre hernimmt, dann hat man einen gewissen Erfahrungswert, von dem geht man aus, egal, wie die Standardnormalverteilung ausschaut. Die gibt im Prinzip das vor, was man rechnet, dann gibt's die Marktanalyse, die vielleicht hier noch Abweichungen sieht, und das bestimmt in Wirklichkeit die Strategie. Dementsprechend - Sie haben mich jetzt gefragt, in welchem Komitee, oder wann war das, Entschuldigung, wenn ich da noch einmal Ihre Frage repliziere. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Taborsky. Mag. Johannes Benigni: Nein, ich weiß schon, was ich gesagt habe, Ihre Frage war, in welchem Komitee man das bespricht, oder? GR Hannes Taborsky (ÖVP): Sie haben gesagt, man müsste dazu Dinge wissen, die man normal im Risk Management Committee bespricht, die Sie nicht wissen. Dann könnte man genauer kommentieren, was ... Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Risk Management Committee ist gewöhnlich in der Firma das Komitee, das sich operativ mit allen Strategien und Derivategeschäften auskennt, weil normalerweise im Aufsichtsrat oder im Vorstand das nicht jedermanns Sache ist. Das heißt, man delegiert oft vom Vorstand technische Fragen des Risikos an ein Risikomanagement-Komitee, damit die sich überlegen, wie funktioniert das mit Futures und Optionen und Basisrisiko und so weiter. Das ist ja nicht trivial, bei diesem Mandat wird klar definiert, ab wann wird das Ganze heikel, was sind die Ziele, die vorgegeben werden. - Und all diese Dinge sind klar beschlossen und werden auch vom Aufsichtsrat normalerweise vorgegeben. Das ändert aber nichts daran, dass natürlich im Risk Management Committee dann Entscheidungen getroffen werden, die ein halbes Jahr später vielleicht nicht mehr so gut ausschauen. Und das sind die Dinge, die natürlich regelmäßig reported werden müssen. Im Risk Management Committee haben Sie jeden Tag einen One-Page-Report, mindestens einen. Ich würde meinen, der Vorstand schaut sich auch einen One-Pager normalerweise regelmäßig an, aber es hängt halt immer davon ab, was im Unternehmen als relevant erachtet wird. Der Aufsichtsrat ist gewöhnlich mit diesen Themen nicht so vertraut, oder auch nicht so befasst, denn der schaut das nur mehr abstrakt an. Das heißt, in dem Fall ist das Thema ein Liquiditätsrisiko, das Sie ansprechen, beziehungsweise das rechtliche Risiko. Das Liquiditätsrisiko - bekomme ich oder habe ich Zugriff auf genug Geld, damit ich meine Margin- Leistung machen kann, beziehungsweise, wenn nicht, dann würde das dazu führen, dass meine Position an der Börse glattgestellt wird, das ist ja dann auch ein rechtliches Thema. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Taborsky, noch eine Frage? GR Hannes Taborsky (ÖVP): Nein danke, einstweilen, vielleicht zweite Runde. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Dann bitte SPÖ. - Herr Stürzenbecher, bitte schön. GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Benigni, Sie gelten ja international als echter Experte zum gegenständlichen Thema, waren viele Jahre im Ausland, haben zehn Jahre in Singapur gelebt und so weiter. Wir können uns bei Ihnen wirklich auf eine hohe Expertise verlassen und wir haben es auch schon in Medien gesehen. Und da komme ich zu meiner Frage: Es wurde ja der Wien Energie auch vorgeworfen, dass sie in dieser volatilen Zeit angeblich zu sehr im Börsenhandel geblieben wäre und dass Over-the-Counter-Geschäfte auch möglich gewesen wären. Ich darf aus der Fernsehsendung "Runder Tisch" zitieren, das ist nach meinem Wissensstand am 29. oder 30. August übertragen worden, und da sagten Sie: "Börsengeschäfte gelten als sicher, weil jeder eine Sicherheitsmarge abgibt. Liefert bei OTC-Geschäften einer nicht, sind beide froh, dass keine Sicherheitsleistung hinterlegt werden musste, zahlt aber derjenige dann nicht, ist der andere der Angeschmierte!" - Also Sie sind offenbar der Meinung, diese OTC-Geschäfte sind mehr oder weniger alternativlos, auch in dieser konkreten Situation? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Sie meinen die Börsengeschäfte sind alternativlos? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Stürzenbecher. GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Die Börsengeschäfte natürlich, die Börsengeschäfte sind alternativlos. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Ja, wenn ich da zum Verständnis vielleicht ein bisschen aushole. Es gab zwei wichtige Entwicklungen in den letzten zwanzig Jahren. Vor ziemlich genau zwanzig Jahren war der Fall Enron. Was war Enron? Das war ein Marktteilnehmer, der hat für die Zukunft Geschäfte abgeschlossen. Der hat für sie, wenn man es auf die heutige Zeit runterbricht, für die nächsten fünf oder zehn Jahre Derivatepositionen angeboten und hat die Gewinne, die er dort antizipiert hat, sofort als solche verbucht. Dann kam die Zeit, da ist sich das nicht mehr ausgegangen und die sind pleitegegangen. So, aber was war das Interessante? Die Leute, die mit dieser Firma Geschäfte gemacht haben, praktisch ein jeder, haben dann einen Ausfall gehabt, denn Enron hat Geld geschuldet. Und es hat genug Firmen gegeben, die dann pleitegegangen sind, weil ihnen Geld von Enron geschuldet worden ist. Ich kann mich erinnern, die Tochterfirma von General Electrics, ein großes Powerunternehmen in Amerika, ist auch pleitegegangen, weil eben Enron pleitegegangen ist und General Electrics gesagt hat, 400 Millionen Dollar zahlen wir nicht, wir lassen die jetzt pleitegehen. Sie können sich vorstellen, was das für ein Knock-on Effekt war. Ähnliches haben wir 2008 bei der Lehman-Krise gesehen, und es kam dann von den Börsen und der Börsenaufsicht der Auftrag, dass man Geschäfte nicht OTC-mäßig unbesichert machen soll. Heute würde ich sagen - wiederum, ich kann das im Ölmarkt ein bisschen besser beurteilen, aber ich weiß, das gibt's auch im Strom- und Gasmarkt -, selbst wenn Sie ein bilaterales Geschäft machen, over the counter, mit einem bestimmten Gegenspieler, können Sie dieses Geschäft nehmen und sozusagen an der Börse clearen. Das heißt, das Clearing findet statt, die Börse ist ja bezahlbar. Das heißt, man zahlt der Börse eine Gebühr dafür, dass sie diese zwei Parteien versichern. Das ist eigentlich eine große Errungenschaft der 2008er- Finanzkrise. Wenn jetzt jemand ein bilaterales Geschäft abschließt, mit jemandem bestimmten, etwa Wien Energie mit Verbund, und beide geben dieses Geschäft auf die Börse zum Clearen, ist das eine super Sache, funktioniert. Wenn jetzt aber Wien Energie und Verbund ein Geschäft machen, ohne dass Sie das an die Börse zum Clearen geben, dann hängen beide voneinander ab, dass sie auch wirklich vertragstreu sind. Und wenn sie nicht vertragstreu sein sollten, dann hat einer ein Problem. Und das habe ich damit gemeint, dann wäre der eine halt angeschmiert und vielleicht muss er dann auch Konkurs anmelden. Also das sind die Errungenschaften der letzten 20 Jahre, was das Clearing anlangt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Stürzenbecher, noch eine Frage? GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Ja. Ihr Vorgänger als Experte, der Herr Anzengruber, hat in dem Zusammenhang gesagt, die Börse ist für den Konsumenten der sicherste Platz. - Können Sie sich dem Satz anschließen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Der Konsument hat da überhaupt nichts verloren, aber im Prinzip ist die Börse an Terminmärkten ein sicherer Platz. Zumindest bis heute haben wir es nicht geschafft, dass irgendwelche Terminmärkte pleitegegangen wären, weil das System so ist, dass eben jeder dazu beiträgt - mit seiner Sicherheitsmarge -, dass hier genug Sicherheiten hinterlegt werden, und wenn nicht, wird sofort die Position glattgestellt. Das heißt, das Risiko kann nicht entsprechend groß werden, weil jeden Tag Geld eingesammelt wird. Dementsprechend gilt es als sicher. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Stürzenbecher, noch eine Frage? GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Für den Konsumenten, nur um das zu erklären, hat der Herr Anzengruber gemeint, wenn die Wien Energie das dort abschließt, nützt das ja letztlich auch dem Konsumenten. Und so war das vermutlich gemeint. Aber trotzdem - noch eine weitere Frage - kann auf diesen Börsen ein Problem entstehen, wie wir da Ende August gesehen haben. Und wie würden Sie das einschätzen, weil wir ja auch für die Zukunft nachdenken sollen, wie kann man künftig Probleme minimieren, wäre es dann richtig, wenn man auf dieser Börse den Handel aussetzt, wäre das ein gangbarer Weg? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Das Problem, egal, bei welchem Handel, ist, wenn die Liquidität nicht ausreichend ist. Das ist das Hauptproblem. Die meisten Warengeschäfte finden immer mit den Instrumentarien statt, die am liquidesten sind. Es gibt weltweit extrem viele Commodities. Der Handel hat immer nur ganz wenige Instrumente an den Börsen, und die wiederum nur dort, wo sie sehr liquide ist. Das heißt, die Liquidität an den Börsen ist eigentlich der Schwachpunkt. Die Börsen selber bieten Ihnen hunderte Verträge an, jede Börse hat hunderte Kontrakte gelistet. - Vollkommen wurscht. Sie müssen schauen, welche davon haben wirklich einen Umsatz, welche davon werden wirklich gehandelt. Und Sie werden feststellen, dass bei jeder Börse die Anzahl der wirklich gehandelten Kontrakte extrem gering ist. Und das bestimmt dann die Fähigkeit dieser Börse, einen sinnvollen Dienst zu erweisen. Das heißt auf Ihre Frage hin, um Liquidität zu generieren, zu beruhigen, im Handel auszusetzen, ja, ist sicher eine Möglichkeit, das macht man ja auch an den Aktienmärkten. Ist ja auch nicht so blöd. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss. Von Ihrer Seite eine Frage? GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Ja. Und zwar, wenn wir uns den Jahresabschluss 2021 der Wien Energie ansehen, dann können wir dort erkennen, dass mit Warentermingeschäften 2021 gut eine halbe Milliarde Euro Verlust gemacht wurde. War es aus Ihrer Sicht trotzdem richtig und schlau, das Trading-Modell nicht zu ändern, obwohl die Preise ja weiter gestiegen sind? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Also, ich muss zugeben, mein Interesse an der Wien Energie war nicht so groß, dass ich mir jetzt den Jahresabschluss angeschaut hätte. Und ich kann die Zahlen auch nicht kommentieren, weil ich nicht weiß, wie die zustande gekommen sind. Die Strategien sind normalerweise bei Unternehmen relativ schlüssig, wenn man sich das im operativen Bereich anschaut. Von außen mag das manchmal nicht sehr schlüssig sein, deswegen ist es schwierig, das jetzt zu kommentieren. Gewöhnlich glaube ich nicht, dass jemand freiwillig einen Verlust absichert. Also, wenn Sie sagen, da ist eine halbe Million Minus abgesichert worden, dann würde ich meinen, das kann es ja wohl nicht sein. Aber das kann ich jetzt nicht beurteilen, kenne ich nicht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, eine weitere Frage? - Gut, dann NEOS, Herr Gara. - Bitte. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Guten Tag, Herr Benigni. Sie haben zuerst einen Punkt skizziert, dass es aufgrund dieser massiven Verzerrungen auf den Strom- und Gasmärkten natürlich auch bei den ganzen Energieversorgern einen enormen Liquiditätsbedarf gibt, um die Margen entsprechend zu hinterlegen. Jetzt hatten wir das in mehreren Stufen, mit einer Extremsituation Ende August. Auf der anderen Seite haben Sie gesagt, es gibt kaum Möglichkeiten, aus abgesicherten Geschäften auszusteigen. Ich habe also da ein bisschen eine Dilemma-Situation für einen Energieversorger am Markt. Welche Strategie würden Sie dann bezüglich der Liquidität empfehlen, hier geht es ja um enorme Summen? Was wäre da aus Ihrer Sicht die richtige Strategie, um Liquidität sicherzustellen, damit das System mancher Energieversorger nicht auch kollabiert? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Das, was derzeit gemacht wird und was gemacht wurde in den letzten Monaten, in ganz Europa, in fast jedem Land, sind Schutzschirme für die Energieversorger. Das ist ex post, das ist quasi im Nachhinein zu helfen, damit man diese wahnsinnige Situation bewerkstelligt. Im Vorhinein, wie ich vorher schon auf die Frage, was kann man machen, erwähnt habe: Laufzeiten reduzieren, das ist eigentlich das Logische. In dem Fall ist auch die Frage, zu welchem Zeitpunkt hat man wie lang in die Zukunft gehandelt. Natürlich, wenn jetzt im Herbst 2021 für die nächsten zwei Jahre abgesichert worden ist, dann war eigentlich eh nicht sehr viel zu machen, dann konnte man nicht viel machen. Zu dem Zeitpunkt war es wahrscheinlich noch nicht erkenntlich, dass das passiert. Die Frage ist dementsprechend schwierig zu beurteilen. Wann war der Zeitpunkt des Einstiegs in diese Transaktionen? Ist man erst zu dem Zeitpunkt eingestiegen, wo die Ölsanktionen losgetreten worden sind? Dann würde ich das eher kritisch betrachten, denn dann würde ich sagen, na ja, aber da hätten wir schon ein Szenario haben müssen, wahrscheinlich beim Beginn des Krieges auch schon. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, weitere Frage? - Bitte. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Also aus Ihrer Sicht, bewerten Sie das, was Deutschland hier mit dem Schutzschirm gemacht hat, als sinnvoll? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Der Schutzschirm in Deutschland. Das, was wir hier haben in Deutschland, ist meines Wissens nach, dass die Uniper verstaatlicht worden ist. Das ist einfach, weil sie kein Gas haben, das hat eigentlich ein anderes Risiko hier. Man hat in Deutschland bei Landesversorgern wie Nordrhein-Westfalen, glaube ich, oder Baden- Württemberg - da bin ich mir jetzt nicht sicher - auch einen Schutzschirm gegeben seitens des Landes. Ja (in Unterlagen blätternd), in Nordrhein-Westfalen hat man auch 5 Milliarden an die Stadtwerke gegeben, damit man eben diese Liquiditätssituation überbrückt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, eine Frage noch? - Bitte. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Das heißt, diese Vorgangsweise würden Sie als sinnvoll erachten, dass dort vonseiten des Landes entsprechend Liquidität zur Verfügung gestellt wurde? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. - Bitte. Mag. Johannes Benigni: Also es ist alternativlos, denn überlegen Sie sich, es gibt immer nur die Möglichkeit, so oder so. Wenn ich es nicht mache, realisiere ich Milliarden Verluste oder hundert Millionen Verluste, was auch immer. Das ist die eine Möglichkeit. Dann ist das Risiko zwar begrenzt und es ist vorbei, aber nicht sehr intelligent. Und die andere ist, man stellt das Geld zur Verfügung in Form von einem Schutzschirm und wartet, bis das Problem vorbeigeht. Das heißt, deswegen habe ich vorher auch gesagt, Sie müssen sich das überlegen, von vor einem Jahr oder eineinhalb Jahre, da wird, wenn man sich die Historie der Preise anschaut, das Szenario, dass man nicht genügend Liquidität hat, absolut kein Thema gewesen sein. Warum kein Thema? - Weil es nie ein Thema war. Und das sage ich deswegen: Ich bin ein Praktiker, ich bin in diesen Komitees gesessen, ich weiß, wie das abläuft. Sie können mir doch nicht erzählen, dass, wenn jetzt einer daherkommt und sagt, wir haben jetzt ein Thema und jetzt sollen wir das Hundertfache an Liquidität hier berücksichtigen: Ja aber bitte, auf welcher Basis? Das wird sofort dismissed, weil es einfach nicht sehr realistisch klingt. Deswegen ist immer die Frage: Zu welchen Zeiten bin ich in eine Position gegangen? Wie haben meine Szenarien ausgeschaut? War es zu dem Zeitpunkt bereits erkenntlich, dass es weniger oder keine Gaslieferungen mehr geben wird? Dann ist es kritisch zu betrachten, denn das sind die großen Unterschiede. Aber schauen Sie, das Gleiche: War es vorhersehbar, dass wir in Europa zum Beispiel ein Ölembargo machen? Ich weiß, ein jeder trägt das mit, ich nicht, weil ich ein bisschen mehr über Angebot und Nachfrage weiß. Nur, so einen Schwachsinn habe ich überhaupt noch nie erlebt, aber man darf es nicht artikulieren. Ich habe erst gestern mit dem OPEC- Generalsekretär gesprochen, wir haben ein Mittagessen gehabt: Die Annahmen vor einem halben Jahr, als man diese Sanktionen beschlossen hat, waren alle falsch, heute sind sie alle anders. Heute heißt es, das Ziel ist ein ganz anderes. Aber das ist wichtig, denn, wenn wir hier über Maßnahmen des Absicherns oder Maßnahmen im Hedging sprechen, dann gehen Sie von einem Szenario aus. - Das Szenario war nicht absehbar, weil es absolut unlogisch ist. Das ist sehr schwierig, dann im Nachhinein zu sagen: Na, aber warum hat man das nicht gemacht? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gibt es seitens der GRÜNEN weitere Fragen? - Herr Arsenovic, bitte schön. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ich glaube, jetzt sind wir auch beim Pudels Kern und ich möchte mich da gleich anhängen. Ich glaube, wir haben rausgehört, dass es zu wenig Liquidität gab, als Hauptursache. Für mich ist aber der entscheidende Punkt, ab welchem Zeitpunkt man das hätte wissen sollen. Die Wien Energie, wie wir jetzt im Nachhinein wissen, ist im Sommer und dann endend mit Ende August zu den jeweiligen EigentümerInnen gegangen und hat gesagt, sie braucht mehr Liquidität. Gut. Sie haben vorhin gesagt, dass die Leipziger Börse im Februar, März, also im Frühjahr zumindest sogar die Margin-Leistungen erhöht hat. Was auch so war, denn das waren ja ursprünglich 5, 10 Prozent und die sind dann wirklich bis auf 100 Prozent raufgegangen. Das heißt, sogar die Leipziger Börse hat gesagt, Leute, das könnte ein bisschen turbulenter sein und damit ich abgesichert bin, möchte ich mehr Margin- Leistung, das heißt, liebes Unternehmen, schau, dass du mehr Liquidität herbringst. Deswegen meine konkrete Frage: Hätten nicht schon - und auch ein Schutzschirm geht in Richtung mehr Liquidität - spätestens im Frühjahr 2022 alle Alarmglocken schrillen müssen und hätte man nicht sagen müssen, Hilfe, ich komme mit meiner Liquidität in meinem Unternehmen wahrscheinlich nicht mehr aus, weil das und das passiert, ich muss mich jetzt darum kümmern, dass ich zusätzliche Liquidität bekomme, egal, ob das ein Rettungsschirm ist oder was auch immer? Hätte man das tun müssen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte. Mag. Johannes Benigni: Ich habe mich vorher mit dem Anstieg des Margin Requirements auf 100 Prozent des Warenwertes auf die ICE, also auf die Ölbörse bezogen. Bei Leipzig weiß ich es nicht, kann sein - macht auch Sinn, wenn es so war, aber das weiß ich eben nicht. Und wenn diese Margin Requirements so stark gestiegen sind, ist es das Eine, und die Frage, wo ist der Preis, ist dann das Zweite. Aber natürlich ist das eine Situation, wo man, wenn man in der Risikobetrachtung ist, aufpassen muss, denn das kann einen dann treffen. Das ist richtig. Also ich nehme an, wenn die Position schon zum Zeitpunkt des Kriegsausbruches so war, dann war das ungemütlich, denn dann hat man gesehen, auf einmal ist sehr viel an Margin Requirements da, und dann, nehme ich an, wurde das auch intern reported. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, eine weitere Frage. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Eine Frage, die an die erste Frage anschließt. Haben Sie Kenntnis, dass andere Energieversorger sich schon ab dem Frühjahr verstärkt um Liquidität gekümmert haben? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Ich weiß, dass es Marktteilnehmer gegeben hat, die keinen Zugang mehr zu den Banken hatten. Russische Unternehmen im Ausland sind abgeschnitten worden von der Liquidität, von gewissen Banken, und die mussten aus Derivategeschäften aussteigen, das weiß ich, weil sie sich diese Margin Requirements nicht mehr leisten konnten. Ich weiß, dass es Händler gegeben hat, die dann auch Positionen zurückgefahren sind, weil es ihnen zu viel gekostet hat. Bei Energieversorgern ist mir dies nicht bekannt, aber das heißt nichts, es ist mein Wissensstand. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, noch eine Frage? GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Meine dritte Frage bezieht sich jetzt auf ein ganz anderes Thema, das Thema Leerverkäufe. Ich habe jetzt ein bisschen einen Wissensvorsprung Ihnen gegenüber. Ich habe da ein Blatt vor mir liegen - ich gebe es Ihnen dann auch gerne -, quasi ein Auszug aus dem Handelsbuch der Wien Energie. Ich finde das nicht unseriös, ich finde das überhaupt nicht unseriös. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Darf ich nur fragen Herr Arsenovic, weil ich mich auch nicht auskenne: Sie haben mehrfach dieses Blatt erwähnt, was ist das für ein Blatt, nur als Erklärung? GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ich gebe es dann gerne herum. Aber meine konkrete Frage ist, wenn man weiß, dass die Wien Energie zirka 4 Terrawattstunden Strom im Jahr produziert, und man weiß ungefähr, dass dieselbe Menge, 4 bis 5 Terrawattstunden an Endkunden verkauft wird, und hier im Handelsblatt dann per August 2022 3,5 Terrawattstunden offene Future-Geschäfte waren, kann man davon ausgehen, dass dann ein Unternehmen mehr verkauft hat, als es tatsächlich produziert hat? Würde man das als Leerverkauf bezeichnen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Also ohne dass ich jetzt diese Reports im Detail kenne, hat es keinen Sinn, das zu kommentieren, denn das ist eventuell nachher nur eine partielle Positionsbetrachtung und das bringt einfach nichts. Gewöhnlich stehen sich physische und Derivatepositionen gegenüber und neutralisieren sich. Das heißt, das Risiko wird dadurch reduziert, und nicht erhöht. Wenn Sie jetzt sagen, es gibt da einen Leerverkauf, dem nichts gegenübersteht, dann heißt das, man hat gehofft, dass die Preise runtergehen, und wenn man hofft, dass die Preise runtergehen und sie gehen nach oben, dann verliert man, das wäre ja Spekulation. Nur gewöhnlich sind die Handelsbücher von Unternehmen derart komplex, dass es als Außenstehender extrem viel Zeit braucht, sich da erst einmal einzuarbeiten, damit man versteht, um was es geht. Deswegen bin ich da sehr vorsichtig. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, meine Bitte nur an Sie, dass ich verstehe, worum es geht. Ich weiß auch nicht, was ein Handelsbuch ist oder wo man sowas herbekommt, können Sie das nur kurz schildern, was Sie da für ein Dokument meinen und worauf Sie sich beziehen. - Bitte schön, Herr Arsenovic. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Die viel zitierten unterschiedlichen Termingeschäfte zu unterschiedlichen Quartalen, also wenn die Wien Energie jetzt in dem Fall Gas gekauft und Strom verkauft hat - warum, haben wir schon mehrmals gehört -, werden natürlich dokumentiert. Ich glaube, sie sind einerseits gespiegelt an der Leipziger Börse, aber andererseits auch bei der Aufsichtsbehörde. Also man kennt zwar nicht die Liquidität, aber das Handelsvolumina. Und aufgrund dieses Handelsvolumens sehe ich, wie die Wien Energie zusammengefasst auf die Quartale Gas gekauft und Strom verkauft hat. Und meine Interpretation ist jetzt so, dass ich auch weiß, wie viel die Wien Energie im Jahr produziert und wie viel sie an Kunden verkauft, und dass diese Mengen mehr sind. Und da geht es darum, was wir vorher gehört haben, dass nicht nur die tatsächliche Menge, die produziert wird, verkauft wird, sondern eben auch Dinge, die ich vorher in Form von Gas eingekauft habe, in Strom verkaufe. Und da möchte ich wissen, ob man das als Leerverkauf bezeichnen würde. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Meine Frage hat sich mehr auf das Dokument bezogen, ist das etwas öffentlich Einsehbares oder wo haben Sie das her, nur damit ich das nachvollziehen kann, wenn es darum geht. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Also öffentlich, ich weiß nur, dass man es in Leipzig an der Börse hat, man kann sich das zusammensuchen. Ich habe mir das sehr mühsam zusammengesucht, und die Aufsichtsbehörde hat das natürlich auch. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke schön. Die ÖVP wäre als Nächste am Wort. - Bitte schön, Herr Wölbitsch. Kurze Pause noch, weil da die Frage war, ob man das kopieren kann. Das weiß ich nicht, denn ich kann es Ihnen nicht aus der Hand reißen, zwangsweise kopieren. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ja gerne, ich bringe es euch bis zum nächsten Mal und ihr habt es dann. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bis zum nächsten Mal wird dieses Dokument kopiert und verteilt, dann bitte auch an die Vorsitzenden. - Herr Wölbitsch. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Sehr geehrter Herr Benigni, es wurde auch immer wieder eine TV- Diskussion zitiert, auch im ORF. Es gab da einen kurzen Dialog zwischen Ihnen und dem Herrn Weinelt, wo Sie gesagt haben, was man wahrscheinlich dem Herrn Weinelt vorwerfen muss, ist, dass er hier Terminkontrakte gehandelt hat, obwohl wir in einem Wirtschaftskrieg sind. Ich nehme an, Sie sprachen davon, dass weiterhin Kontrakte gehandelt werden, denn der Herr Weinelt hat dann gemeint: Wie wir die Terminkontrakte gehandelt haben, zwei Jahre im Voraus, hat keiner den Ukrainekrieg am Radar gehabt. - Also er hat von Terminkontrakten gesprochen, anscheinend, die er davor geschlossen hat, und ich wollte nur wissen, ob ich es richtig interpretiere aus diesem Zusammenhang, dass Sie davon ausgehen, dass dann auch noch danach Terminkontrakte geschlossen wurden? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte. Mag. Johannes Benigni: Es ist zwar schon ein paar Monate her, aber ich habe ihn ein bisschen veräppelt und er hat das auch so verstanden. Ich habe gesagt: "Aber wirklich, Herr Weinelt, Sie haben das wirklich nicht gewusst, dass wir in einen Krieg gehen?" Das war das Gespräch. Also das war eigentlich nur ein ... Wir haben uns ein bisschen amüsiert darüber, dass man nicht vorher gewusst hat, dass der Krieg ausbricht. Ja, wir wussten es nicht. Und natürlich ändert der Krieg sehr vieles. Und er hat gesagt. er hat die Positionen vorher abgeschlossen. Also für mich war es klar, dass er das nicht antizipiert hat. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Dann nur die Zusatzfrage: Gehen Sie davon aus, dass die Wien Energie nach den Ereignissen, die Sie genannt haben - Ukrainekrieg, Ölsanktion -, weiterhin auch Kontrakte eingegangen ist? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Ich kenne die Strategie der Wien Energie nicht, aber ich glaube, dass die Wien Energie, wenn sie rational vorgeht, wahrscheinlich die Laufzeit dessen, was sie handelt, reduziert hat, um eben die Margin Requirements zu reduzieren. Das heißt, sie werden wahrscheinlich nicht mehr so lange in die Zukunft gehandelt haben, aber ich kenne sie nicht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, noch eine Frage? GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Wir haben vorher viel über OTC-Geschäfte gesprochen und es ist - Gott sei Dank haben Sie das auch klargestellt - vorhin im Raum gestanden, dass man gesagt hat, na ja, Börsengeschäfte sind abgesichert, deshalb sind sie besser für die Endkonsumenten, transparenter, wie auch immer, sicherer, aber Sie haben es dann auch richtig angesprochen, natürlich kann man OTC-Geschäfte auch absichern. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, soweit mir bekannt ist - sind Sie der Experte -, aber eine haben Sie auch erwähnt: über das Clearing auf der Strombörse. Würden Sie sagen, dass es gescheit ist, generell für Energieunternehmen, vielleicht auch für die Wien Energie, auch im Sinne des Hedgings hier einen Mix an Instrumenten zu haben, also auf der einen Seite vielleicht klassische Börsengeschäfte abzuschließen, auf der anderen Seite vielleicht auch einen Anteil OTC-Geschäfte zu haben, oder kann man sagen, dass es - überspitzt formuliert - gescheit ist, im Einkauf nur auf ein einziges Instrument zu setzen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte. Mag. Johannes Benigni: Das Hauptproblem in der Realität ist, dass Sie meistens etwas umsetzen wollen und oft dann die Liquidität nicht vorfinden. Die Märkte sind nicht so perfekt, wie wir alle glauben. Sie glauben, Sie sehen am Bildschirm einen Preis, und den wollen Sie handeln. Ich habe auch oft mit Arbitrage zu tun gehabt. Es gibt ganz wenige Märkte, wo man arbitrieren kann, ja, wo man da kauft und da verkauft, und das geht irgendwie. Das geht oft deswegen nicht, weil die Liquidität nicht da ist. Und deswegen, wenn ich das heute von der praktischen Seite sehe, sage ich, wenn ich ein gewisses Volumen umsetzen möchte und ich habe an der Börse nicht so viel, dass ich handeln kann, dann muss ich OTC gehen. Das wird sich die Waage halten, je nachdem, wie viel Liquidität die Börse mir anbietet. Wenn die Börse genug Liquidität hat, dann brauche ich nicht erst suchen, denn OTC heißt, ich gehe in einen Markt, der nicht so transparent ist, den bilateralen Markt. Wenn ich einen Counterpart anrufe, muss ich mich mit dem auf einen Preis einigen, und davon wissen nur wir zwei. Ob das jetzt der beste Preis ist, das ist dann nicht immer gesagt. Deswegen sind die OTC-Geschäfte ja nicht so das Gelbe vom Ei, weil sie eben diese Transparenz vermissen. Und im Börsengeschäft sieht man sofort, für jeden ersichtlich, was ist der Preis. Das heißt, ich habe da immer die Vorteile und Nachteile. Aber der Hauptentscheidungsgrund, warum ich das eine oder andere mache, ist die Liquidität. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gibt es seitens der SPÖ weitere Fragen? - Herr Stürzenbecher. GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Vor der Frage darf ich noch einmal der guten Ordnung halber darauf hinweisen, dass es bisher in Untersuchungskommissionen üblich war, dass, wenn jemand ein Dokument vorlegt, einer Auskunftsperson sogar hingelegt hat, und diese das gesehen hat, und dann bei zwei weiteren Auskunftspersonen auch daraus zitiert hat, dann alle in der Untersuchungskommission dieses Dokument bekommen, weil das sonst keine faire Vorgangsweise wäre, wenn hier sozusagen ein Geheimpapier zirkuliert, das aber niemand anderer sieht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Also, ich ersuche auch, so etwas vorzulegen, wenn es dann hier Gegenstand ist, jetzt nicht, weil ich glaube, dass Sie ein Geheimpapier daraus machen wollen, sondern einfach, weil ich gerne Ihre Gedanken auch mitverfolge, um das geht es mir eher. Herr Stürzenbecher, haben Sie jetzt noch Fragen an die Auskunftsperson? GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Habe ich auch. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bitte. GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Wir werden sicher auch noch das Thema des Schutzschirms ansprechen müssen. Sie haben es, glaube ich, schon zur europäischen Ebene und in Deutschland bei der Uniper erwähnt. Sicher ist die Uniper eine ganz andere Sache, das sehen wir schon ein. Und auch der vorige Zeuge, der Herr Anzengruber, hat schon richtig gesagt, ein Schutzschirm soll natürlich nicht dazu dienen, dass sich von Haus aus quasi alle zurücklehnen können und sagen, es ist eh auf jeden Fall der Schutzschirm da. Das ist schon klar. Aber was schon auch vom vorigen Zeugen, von Herrn Anzengruber, gesagt wurde, ist, wenn die Volatilität ein gewisses Niveau erreicht, also ein nie gekanntes Niveau, dass dann natürlich schon ein Schutzschirm sinnvoll wäre. Am Besten, das haben wir heute auch schon gehört, wäre natürlich ein europaweiter, wenn es das aber nicht gibt, und bei der komplizierten Struktur der Europäischen Union ist das eben so, dann sind eben einige Staaten - relativ viele - vorgeprescht und haben das in ihren Ländern gemacht. Wäre jetzt speziell für die österreichische Situation Ihrer Ansicht nach ein Schutzschirm sinnvoll? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Ja, so wie in vielen anderen Ländern ja auch ein Schutzschirm gemacht worden ist. Die technische Ausformung ist mitunter unterschiedlich, teilweise wurden Garantien an die Banken gegeben, damit die Kredite zur Verfügung stellen, teilweise eben Schutzschirme direkt an die Unternehmen, teilweise Verstaatlichungen wie in Deutschland mit der Uniper und der EDF in Frankreich. Im Großen und Ganzen aber haben diese Schutzschirme alle das gleiche Ziel gehabt, nämlich diese Liquiditätsspitzen zu bedienen, die sich aufgrund der Margin Requirements ergeben haben. Deswegen sind sie ja auch oft gebunden, dass das wirklich auch Hedging-Transaktionen sind, und nicht jetzt für irgendetwas anderes, also, sie haben einen konkreten Zweck. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Stürzenbecher. GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Die Frau Wieninger will noch etwas fragen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Frau Wieninger, bitte schön. GRin Mag. Mag. Pia Maria Wieninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Benigni! Nachdem in den letzten Monaten ja immer wieder der Wien Energie auch Spekulation vorgeworfen wurde und Sie ja heute schon mehrmals von einem nicht absehbaren Szenario auf den Strommärkten gesprochen haben, 2022, wollte ich Sie fragen, ob die gesetzten Handlungen beziehungsweise ob die gewählte Strategie der Wien Energie Ihrer Meinung nach etwas mit Spekulation zu tun hat. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, kann man überhaupt diesen Terminus Spekulation in dem Zusammenhang so definieren? - Bitte. Mag. Johannes Benigni: Also, ich habe diesen Spaß öfters, dass ich Spekulation definieren muss. Also, so ist es nicht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Freut mich, wenn Sie ihn jetzt hier in diesem Zusammenhang noch einmal haben. Mag. Johannes Benigni: Schauen Sie, es kommt alles auf eine Definition an, Unsicherheit zu reduzieren. Perfekte Hedges gibt es oft nicht. Das ist einmal das Erste. Das heißt, Sie haben normalerweise eine Position und Sie haben eine andere Position. Die eine Position würde nach oben gehen, die andere würde nach unten gehen. Wenn Sie sie kombinieren, haben Sie eine abgesicherte Position. Wenn Sie auf der einen gewinnen, verlieren Sie auf der anderen, und in Summe betrachtet sind beide zusammen am Ende des Tages genauso, wie man es antizipiert. Das heißt, es ist keine Unsicherheit gegeben, was am Ende rauskommt. Und das ist erstrebenswert, man möchte ja keine Überraschungen haben, man möchte nicht hoffen. Wenn ich aber eine Position eingehe, wo ich hoffe, dann spekuliere ich. Das heißt, Spekulanten versuchen oft zu antizipieren, wo wird der Markt morgen sein. Der glaubt, es geht rauf, also kauft er. Oder ein Spekulant versucht Einnahmen zu generieren, indem er eine Position eingeht, damit er dann durch diese Einnahmen einen Gewinn macht. Das ist Spekulation. Hedging heißt, ich fixiere etwas, ich weiß das Resultat, bevor die Periode überhaupt anläuft. Und das sind so die Unterschiede in der Definition, die Ihnen helfen werden. In Wirklichkeit ist das Ganze nur feststellbar, wenn man es sich konkret anschaut, ob das jetzt Spekulation war oder nicht, im Detail. Das hat aber nichts zu tun mit der Frage, ob gewisse Risiken außer Acht gelassen worden sind, das ist eine komplett separate Frage. Deswegen war es relativ einfach auch bei dieser Sendung im "Report" zu antworten, ob das jetzt Spekulation ist oder Hedging, denn ein anderes Risiko kann immer schlagend werden. Ich kann ein Rechtsrisiko haben, das auf einmal schlagend wird, mit dem keiner gerechnet hat, das kann passieren. Ich kann ein Liquiditätsrisiko haben, mit dem keiner gerechnet hat, es kann trotzdem passieren. Das heißt jetzt nicht, dass es gut ist, das heißt, es kann immer noch was passieren. Das ist auch, wenn Sie heute ein Schiff von A nach B verschicken. Der Handel international findet so statt: Sie chartern das Schiff erst, wenn Sie die Ware schon im Vorhinein verkauft haben, für die Destination. Dann chartern Sie das Schiff, beladen das, schicken das dorthin. Keiner kauft heute eine Ladung, wurscht was, und schickt das an den Zielhafen in der Hoffnung, dass er, wenn es am Zielhafen ankommt, dann einen Gewinn macht. Also, den schaue ich mir an, der das so macht. Das gibt es gar nicht, das heißt, in Wirklichkeit sichert das jeder ab. Das heißt aber nicht, dass nichts passieren kann. Es kann das Schiff untergehen, das kann passieren. Es gibt Versicherungen, die kommen dann rein, die müssen das abdecken. Für diese Dinge gibt es Dinge. Das heißt, es kann passieren, dass diese Dinge anders ausschauen. Nur, wenn man über Spekulation spricht, spricht man gewöhnlich über Marktrisiko. Marktrisikomanagement. Und das Marktrisiko ist relativ klar definiert, ob man das jetzt absichert oder nicht. Ich hoffe, das beantwortet Ihre Frage. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Seitens der SPÖ noch weitere Fragen? -Nein. Herr Krauss von der FPÖ, haben Sie noch eine Frage? - Bitte, Herr Krauss. GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Ich würde gerne fragen, ob es für ein Energieunternehmen allgemein normal ist, dass, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, die Marktsituation komplett ändert, Liquidität vielleicht auch nicht mehr gegeben ist, man trotzdem auf dem gleichen Trading-Modell draufbleibt und das eigene Modell nicht umstellt oder adaptiert? Ist das ein normaler Vorgang oder würden Sie das anders tun? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Normalerweise werden die Strategien ständig beobachtet und reevaluiert. Änderungen in der Marktanalyse führen immer dazu, dass man sich Szenarien überlegt und anschaut, was könnte sein, was könnte passieren. Und diese Szenarien führen dann dazu, dass man überlegt, was kann man am Portfolio ändern. Das ist ein normaler Vorgang, der regelmäßig diskutiert wird in den Risk Management Committees. Das heißt jetzt nicht, dass ich eine bestehende Position, die ich abgeschlossen habe, wieder aufmache. Das kann mitunter nichts bringen, denn wenn Sie heute auf einem gewissen Niveau abgesichert haben und wir sind jetzt da oben, deutlich höher, dann können Sie nicht viel ändern, das bringt dann nichts, aber es wird Ihre Entscheidung für zukünftige Positionen beeinflussen. Das heißt, gewöhnlich diskutiert man zukünftige Handlungen, nicht so sehr historische. Historische Handlungen werden dahingehend evaluiert, ob man, ex post betrachtet, was daraus lernen kann, man was anders machen kann. Diese Diskussionen sind gewöhnlich fokussiert auf Themen wie Basisrisiko: Ich hedge was ab mit gewissen Instrumenten, da verändert sich die grundlegende Korrelation und ich sage, okay, ich möchte jetzt andere Instrumente nehmen, weil das so nicht optimal gelaufen ist, müssen wir die Absicherungsstrategie anders zusammenstellen. Aus dem lernt man ständig, das ist ein ständiger Prozess. Die Liquiditätsdiskussion wird auch dazu führen, dass man, wenn man sieht, dass sich da die Liquiditätserfordernisse deutlich erhöhen, dann für die Zukunft überlegt, ob man nicht die Positionen anders fährt, also sprich kürzere Laufzeiten. Und da würde ich sagen, selbstverständlich wird das für die Zukunft einen Einfluss auf die Strategie haben. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, weitere Fragen? GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Eine Frage, ein bisschen ein anderer Bereich. Auf Basis welcher Informationen sollte die Stadt Wien als Eigentümerin entscheiden, ob sie einem Energieunternehmen, das in ihrem Eigentum ist, wie die Wien Energie, Liquidität oder Sicherheiten zur Verfügung stellt. Welche Informationen sollten vorliegen und wie schwierig ist es und wie lange würde es dauern, diese zu prüfen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Zu prüfen? - Also, eine öffentliche Prüfung von Risikostrategien würde ich nicht empfehlen. Das ist genauso - Entschuldigung, ich möchte Sie jetzt nicht angreifen -, wenn Sie da jetzt einen Zettel haben mit irgendwelchen partiellen Informationen aus einem Portfolio. Das ist nicht lustig, denn das ist eine ernste Geschichte. Strategien muss man verstehen, sonst kann man nichts entscheiden. Und die Strategien sind nicht so trivial. Ja, man kann wahrscheinlich, wenn man einigermaßen vertraut ist mit Risikothematiken und dem Markt, sich da in kurzer Zeit einarbeiten, aber prinzipiell würde ich diese Fragestellung in dem Gremium belassen. Es muss ein Gremium geben in der Wien Energie. Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob sie es hat, aber ich gehe davon aus, sie hat ein Risikomanagementkomitee, sie haben einen Vorstand, da gibt es gewisse Delegation an Autoritäten dorthin, und einen Aufsichtsrat. Das heißt, diese Gremien müssen sich in gewisser Weise mit dem auseinandersetzen und das dann billigen. Und das jetzt in einer öffentlichen Art und Weise zu sezieren oder zu interpretieren ist extrem schwierig, weil ich in meiner Erfahrung noch nie gesehen habe, dass das Wissen, das man braucht, um Derivategeschäfte zu verstehen, in breiter Masse gegeben ist. Es ist nicht einmal im Unternehmen selbst einfach, denn da haben Sie oft im Aufsichtsrat nicht dieses Wissen. Deswegen wird das ja delegiert, deswegen gibt es ja eigene Komitees, die sich da mit dem im Detail auseinandersetzen. Das heißt nicht, dass sie machen können, was sie wollen. Aber man muss meines Erachtens dann überlegen, dass man das simplifiziert und in den Gremien behandelt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Krauss, sonst noch? - Gut, dann wäre der Herr Gara wieder am Wort, wenn es noch etwas gibt. - Bitte schön, Herr Gara. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Vielen Dank für die ausführlichen Antworten, ich habe keine Frage mehr. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gibt es seitens der GRÜNEN hier noch Fragen? - Herr Ellensohn, bitte schön. GR David Ellensohn (GRÜNE): Herr Benigni, wir haben vorher über alternative Strategien zum Börsenhandel gesprochen. Zumindest die einzelnen Energielandesversorger, der Verbund können untereinander risikolos OTC- Geschäfte tätigen, ja oder nein? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Also, das ist eine lustige Frage. Ich habe das über meine 30 Jahre im Markt immer wieder gehört, wo die Banken dann kommen und sagen, du kannst mit mir Open Account handeln, ja, Open Account. Ich weiß aber, wie die Banken funktionieren. Die geben Open Account vielleicht für 10 oder 20 Millionen, und wenn du das Limit erreicht hast, dann kommen sie, klopfen an und sagen, weißt eh, wir haben ein Thema. Was heißt das in der Realität? - Jeder Marktteilnehmer, der eine Position eingeht, muss die täglich bewerten. Und selbst, wenn man super miteinander befreundet ist, bewertet man diese Position jeden Tag. Und irgendwann einmal sagt man, du, aber jetzt möchte ich von dir Sicherheiten haben. Das ist normal. Und es ist auch logisch, denn wenn Sie jetzt im Entscheidungsgremium in dieser Unternehmung sind, und von mir aus nehmen Sie zwei österreichische Landesversorger, dann hat der Vorstand dort auch Verantwortlichkeiten und muss jemandem gegenüber Rechenschaft ablegen. Und wenn das Geld, das der andere Landesversorger einem schuldet, sehr viel wird, dann ist die Frage, wann gehst du fragen, ob das okay ist oder wann fragst du nicht. Also, prinzipiell ja, es wird oft sehr salopp gesagt, du wir arbeiten miteinander auf Open Account, ich habe aber oft genug in meinen 30 Jahren erlebt, dass das nur eine Zeitlang gehalten hat. Dementsprechend sage ich immer, es gibt immer ein Limit und das muss man immer im Auge behalten. Ja, es ist oft nicht relevant, weil oft dieses Limit nicht erreicht wird, aber man darf nie den Respekt vor Limits verlieren. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Ellensohn. GR David Ellensohn (GRÜNE): Vorher im Zusammenhang mit Liquidität sagten Sie natürlich, Sie wissen nicht die genauen Zahlen der Wien Energie, denn Sie können ja die Bücher nicht lesen. Hätte nicht einfach jedes Unternehmen, das von stark steigenden, um nicht zu sagen explodierenden Margin-Zahlungen betroffen ist, die Liquidität erhöhen müssen, unabhängig davon, ob wir jetzt die Bücher kennen oder nicht? Es muss doch jedes Unternehmen, wenn es sieht, Achtung, die Margin-Zahlungen steigen exorbitant an, ich muss mich anders absichern, sich jemanden suchen, der die Liquidität sicherstellt - unabhängig davon, ob Sie die Bücher einsehen können oder nicht? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Ich glaube, das sind eigentlich zwei verschieden Fragen oder zwei verschiedene Themen, die ich sehe. Wenn ich eine bestehende Position habe, dann muss ich natürlich schauen, dass ich die Liquidität aufbringe, um sie entsprechend bedienen zu können. Und wenn ich sehe, die Preise gehen nach oben, die Liquiditätserfordernisse sprich die Margin Requirements steigen - beides zusammen macht ja diesen Margin Call dann in Wirklichkeit aus -, dann ist es sicher meine Aufgabe, dass ich das nach oben delegiere und schaue, dass ich das Geld bekomme. Denn die Alternative ist, dass ich Verluste realisiere, die unnötig sind, also ist es in Wirklichkeit nur die Frage, dass man irgendwo eine Kreditlinie zieht. Da geht es um Bonität und sonst nichts. Und das ist genau das, was meines Erachtens hier passiert ist. Es ist jetzt nicht lustig gewesen, gerade im Handel versucht man aus der Politik raus zu bleiben, weil genau sonst das passiert, dass man trivial über Positionen diskutiert, ob das jetzt Hedging war oder Spekulation. Aber offensichtlich hat man hier dieses Liquiditätsrisiko ausgefasst in einer Art und Weise und man hat hier eben seine Gremien damit befassen müssen. Das ist passiert. Ob aber, nachdem das Ganze erkennbar war, Positionen eingegangen worden sind, als wäre nichts gewesen oder nicht, das weiß ich nicht. Also, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, glaube ich. Das eine, dass man eine bestehende Position durchhält, denn das wäre blöd, wann du einen Gewinn machst und nachher, nur weil dir niemand das Geld borgt, machst einen Verlust, das müsste man wirklich vermeiden, aber dass man dann die Strategie vielleicht nicht anpasst und sagt, wir ändern was, sodass wir hier besser aufgestellt sind, ich glaube, das wäre zwingend notwendig. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer Herr Ellensohn, gibt es noch eine Frage? GR David Ellensohn (GRÜNE): Nein, ich möchte nur ein abschließendes Statement machen. Sie haben alle Fragen als Experte auch entsprechend beantwortet. Ich bin von den GRÜNEN, also ist relativ klar, wie wir zu den Sanktionen und zu den Embargos stehen, damit nicht im Protokoll nur eine Position steht, nämlich Ihre abweichende, wie Sie selber formuliert haben, betreffend dem Ölembargo, weil wir da eine andere Einschätzung haben. Ich bin von den GRÜNEN, Sie sind - es steht eh in den Medien - seit 2019 bei der Lukoil-Tochter Litasco im Aufsichtsrat und wir haben unterschiedliche Positionen, ob die Embargos und die Sanktionen gegen Herrn Putin ... Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut, aber Herr Ellensohn, läuft es noch auf eine Frage hinaus, denn ich muss schon ein wenig auf die Disziplin achten, also für Statements ist hier nicht die Zeit. GR David Ellensohn (GRÜNE): Herr Vorsitzender, nachdem ein politisches Statement zu den Embargos gefallen ist und das momentan in Europa nicht ganz wurscht ist, muss es erlaubt sein ... Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Trotzdem bitte, sonst fangen alle an, politische Statements zu allen möglichen Fragen zu machen. Bitte entweder eine Frage stellen oder sonst machen wir weiter. GR David Ellensohn (GRÜNE): Gut, dann stelle ich eine Frage, dann muss ich aber den Satz fertigreden dürfen, Sie haben mich ja mitten im Satz unterbrochen. Schwierig, die Frage zu stellen, wenn ich mitten in einer Herleitung unterbrochen werde, schwierig. Meistens funktioniert es so, dass die Frage nicht der erste Satz ist, bis jetzt von niemand, bei mir auch nicht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Sie haben aber Ihr Statement damit eingeleitet: Ich werde keine Frage stellen! - Da müssen Sie mir schon erlauben, dass ich dann darauf Bezug nehme. Bitte stellen Sie Ihre Frage. GR David Ellensohn (GRÜNE): Dann stelle ich halt eine Frage dazu. Den Sachverhalt habe ich gesagt, eigentlich wollte ich nicht eine Streiterei haben, Mag. Johannes Benigni: Sie sollten den Sachverhalt fragen, Herr Ellensohn, weil Ihre Sachverhaltsdarstellung falsch ist. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni ist am Wort, aber Herr Benigni, lassen Sie auch den Herrn Ellensohn ausreden, damit wir nicht durcheinanderkommen und der Reihe nach unsere Wortmeldungen erstatten. - Bitte, Herr Ellensohn. GR David Ellensohn (GRÜNE): Dann ist das die Frage, weil Sie eh gerade gesagt haben, es stimmt nicht. Das interessiert mich dann eh. Die Herleitung war, Sie sind im Aufsichtsrat der Lukoil-Tochter Litasco, Sie sind bei JBC Vienna. Und die JBC - nicht Sie - haben ein Statement gemacht, sie sind nicht für Putin, nicht für Selenskyj, 6. Mai 2022. Das hat jetzt mit der Untersuchungskommission wenig zu tun, mit Ihrer Herleitung, was schlecht war für den Marktpreis von Strom-, Öl-, Energiekosten schon, da Sie hergeleitet haben, das Problem ist das Ölembargo. Ich glaube, das Problem war der Überfall vom Herrn Putin, sehen Sie das anders? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte schön. Mag. Johannes Benigni: Also nur, um die Fakten richtigzustellen: Ich war im Verwaltungsrat der Lukoil-Tochter Litasco in Genf bis nachdem der Krieg begonnen hat, da habe ich mein Mandat zurückgelegt. Das heißt, ich habe mich klar distanziert von diesem Krieg und habe auch meine Funktion aufgegeben. Ich habe meine Aussagen als Energiefachmann getätigt. Das hat absolut nichts mit Politik zu tun, das ist, weil ich mich mit Angebot und Nachfrage auskenne. Und es gibt absolut gar keinen Grund, das zu ignorieren, weil natürlich die Medien sich freuen, wenn Sie jemanden mit Putin-Versteher labeln können. Damit kann ich nichts anfangen, denn wenn ich das wäre, hätte ich nicht einen gut dotierten Posten aufgegeben. Ich habe es genau aus der anderen Seite gemacht, weil ich eben damit nichts zu tun haben möchte. Ich habe aber nie etwas mit dem Herrn Putin zu tun gehabt, und auch mit Moskau nicht, das war ein Unternehmen, das sehr groß ist, international einer der größten Händler, und da bin ich als Experte gewesen. Aber Sie wollten wissen, warum ich gegen die Sanktionen bin, und das sollte man schon auch begründen können, denn das Ganze hat nichts mit Politik zu tun. Wissen Sie, die Sanktionen - ist immer die Frage, von welchem Zeitpunkt betrachten Sie sie - wurden eingegangen, weil man wollte, dass Putin kein Öl verkauft, damit er nicht das Geld hat. Russland hat ungefähr 7, 7,5 Millionen Fass an Produktion und wenn sie das Öl nicht auf den Markt werfen, haben wir weltweit eine Mangelversorgung. Das heißt, die Strategie hat so einmal nicht funktioniert. Das heißt, wenn man das wirklich will, muss man sagen: Sorry, das wird so nicht funktionieren! - Die Regierung war meines Erachtens nicht gut beraten, dass sie da zugestimmt hat, weil sie auch nicht genug über Angebot und Nachfrage weiß. Die internationale Energieagentur hat davon gesprochen, die russische Produktion wird bis Jahresende um 3 Millionen Fass geringer sein. Im November war sie 200 000 Fass weniger als vor dem Krieg, bei 11,2 Millionen statt 11,4 Millionen. Das heißt, es stimmt nicht. Ich habe auch gesagt, warum ich glaube, dass es nicht effizient sein wird, weil andere das Öl kaufen werden, und genau das ist eingetreten. Aber was wir vergessen dabei, ist, wenn man eine Strategie wählt, dass der andere eine Gegenstrategie hat, und das war das Gasembargo. Und das tut uns weh. Wir haben also eine Strategie gewählt, die Russland noch nicht weh tut, denn sie haben Rekordeinnahmen generiert, haben aber als Antwort Gassanktionen bekommen, die eigentlich der Grund sind, warum wir hier sitzen, warum wir riesen Probleme haben. Das hat nichts mit der Frage zu tun, ob ich gegen den Krieg bin. No na ned, bin ich gegen den Krieg! Aber als Energieexperte muss man Angebot und Nachfrage kennen, man muss wissen, dass das Öl dorthin fließt, wo eine Nachfrage ist. Ich kenne den indischen Minister, der hat gesagt, ich kann es mir gar nicht leisten, dass ich das nicht kaufe. Der hat sofort gewusst, was genau passiert. Er hat gesagt, wenn wir das Öl nicht kaufen, geht der Preis durch die Decke, das können wir uns nicht leisten, also kaufen wir. - Das Ganze wird jetzt im Februar erst interessant, weil dann das Dieselembargo kommt. Europa importiert mehr als 1 Million Fass Diesel pro Tag, zwei Drittel davon aus Russland - werden wir sehen, wie das ausgeht. Nur, das sind Dinge, die eine Reaktion bedingen, und das heißt Gasembargo. Und wenn wir kein Gas aus Russland bekommen, dann haben wir in Österreich ein wirkliches Problem. Das ist der Grund, warum ich gegen die Sanktionen bin. Das ist nicht, weil ich irgendwas mit dem Putin zu tun habe, oder der Litasco. Ich sage das nur deswegen, weil Sie offensichtlich die Zeitungsente, die hier gebracht worden ist, als solche nicht erkannt haben. Das tut mir leid. Aber der Journalist hat mich nur angerufen und gefragt, was ich den verdiene bei der Litasco und was ich dort so mache. Und da habe ich gesagt: Wenn Sie mit mir über den Markt reden wollen, gerne, aber das andere hat keinen Sinn. Was soll das? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke für diese weiteren Erläuterungen. Das Thema, wer für oder gegen irgendwelche Sanktionen ist, werde ich jetzt hier aber nicht weiter erläutern lassen und nicht weiter zulassen. Gibt es seitens der ÖVP noch Fragen, die sich nicht auf Sanktionen beziehen? - Bitte schön, Herr Taborsky. GR Hannes Taborsky (ÖVP): Ich werde versuchen, wieder zum Untersuchungsgegenstand zurückzukehren. Sie haben ja in einer Prognose 2021 bereits ausgeführt, dass es ein Zweijahreshoch der Preise gibt, und das hat sich ja wohl jetzt bestätigt, verschärft noch durch den Ukrainekonflikt oder -krieg. Trotzdem ist es symptomatisch, wir hatten von einem vorherigen Experten gehört, dass der Preis etwa 20 bis 50 war und schon im Herbst des letzten Jahres auf 500 gestiegen ist. Das ist ein Faktor von zehn bis 25, je nachdem, von wo her man es rechnet, während die Steigerung von 500 auf 1 000 eigentlich nur der Faktor zwei ist. Nominell schaut das natürlich viel mehr aus, faktisch aber, wenn ich eine Warnglocke einbaue, dann würde ich es aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung her logischerweise davor schon einbauen. Da muss schon etwas passieren, denn solche Dinge passieren ja nicht immer nur linear, sondern auch exponentiell, und da ist exponentiell vorher schon was passiert, danach war es ja fast linear. Jetzt meine Frage: Sie haben das ja aus anderen Gründen schon prognostiziert, wie sehen Sie die Zukunft der Marktentwicklung? Wie geht das jetzt weiter, entsprechend aus Ihrer Erfahrung heraus? Und vielleicht auch gleich eine zweite Frage, die ich dazu stelle: Sie haben gesagt, es gibt eigentlich einen täglichen Report von solchen Risk Committees in den Aufsichtsrat und in den Vorstand, haben gewarnt vor einer öffentlichen Diskussion. Jetzt verstehe ich das durchaus in einer AG oder einer GmbH, wir sitzen aber hier, weil da 1,4 Milliarden und nachher noch ein paar Milliarden an Steuergeld plötzlich fällig geworden sind. Also dort, wo das nicht ist, gestehe ich das durchaus zu, dort, wo jetzt plötzlich der Steuerzahler in Vorlage treten muss, sehe ich das ein bisschen anders. Deswegen auch meine Frage: Wann, glauben Sie, wird der Eigentümer in so etwas eingebunden? Das kann ja nicht nur im eigenen Saft schmoren, irgendwann müssen die ja wissen, jetzt geht uns das Geld aus und jetzt muss ich ja einmal irgendwo anders auch hingehen, wenn es mit der Bank nicht mehr geht, irgendwann wird's ja wohl so weit sein müssen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, bitte. Mag. Johannes Benigni: Ja, also das im eigenen Saft schmoren ist gewöhnlich eine Strategiediskussion, die ja adaptiert werden sollte, wenn man merkt, dass sich da Signifikantes tut, also die Positionen für die Zukunft. Bereits eingegangene Positionen muss man natürlich daraufhin, was kann sein, was kann kommen, evaluieren. Und das wird sicher nach oben delegiert, also sprich an den Vorstand, an den Aufsichtsrat. Ich habe nicht gemeint, dass die Risikoreports an den Aufsichtsrat jeden Tag gehen, das wäre ungewöhnlich, aber Risk Management Committee- Mitglieder kriegen es sicher jeden Tag und der Vorstand je nach Interesse. Aber da gibt es sicher intern Vorgaben, ab welchem Grad man nach oben hin weiterreported und entsprechend auch Anforderungen artikuliert. Schauen Sie, die Markteinschätzung, nach der Sie gefragt haben, ist halt in erster Linie eine des Gasmarktes, die relevant ist, denn das ist der Markt, der momentan mangelversorgt ist. Natürlich ist der Strommarkt auch kompliziert, weil in Frankreich, wie wir alle schon zur Genüge wissen, die Atomkraftwerke sehr starken Wartungen unterliegen, Wetterkapriolen das ihre tun. Deutschland hat derzeit einen Rekordanteil von Kohle in der Energiegewinnung, weltweit ist heuer Kohle deutlich gestiegen, das erste Mal seit 2012, dieses Jahr der Rekordwert an Kohleverstromung weltweit. Die Frage wird sein, wo kriegen wir unser Gas her. Und das wird nicht leicht zu beantworten sein, weil es in den nächsten zwei Jahren keine zusätzlichen Gas-Liquefaction-Anlagen gibt. Das heißt, um egal wo, Gas zu verschiffen, muss ich es in flüssiger Form auf ein Schiff pumpen. Dafür muss ich Anlagen bauen, die kosten 8 Milliarden Dollar. Für die nächsten zwei Jahre ist keine einzige Anlage geplant, in Betrieb zu gehen. Das heißt, Sie werden nicht mehr kriegen. So, ist das ein Problem? - Ja, das ist ein Problem, denn wir haben heuer in Wirklichkeit von Russland noch ein halbes Jahr volle Lieferung gehabt, bis in den Juni. Nordstream 1 hat Deutschland versorgt. Wir haben über die Sojus- Pipeline aus der Ukraine und die Brotherhood-Pipeline das Gas nach Baumgarten bekommen und erst danach wurde Nordstream 1 quasi zugemacht und bei uns die Volumina auf ein Drittel reduziert. Jetzt ist die Frage: Was tun? Es ist in Wirklichkeit unmöglich, wir kriegen von außen nicht mehr Volumen. Wir können das vielleicht anderen abkaufen. Das haben wir ja auch gemacht dieses Jahr. Die Konsequenz von dem Aufkauf am Flüssiggasmarkt hat dazu geführt, dass eine ganze Liste von asiatischen Ländern, die auf den Weg "weg von Kohle" waren, in Richtung mehr Gas, sprich das ganze Energieportfolio in Richtung mehr niedriger CO2-hältiger Energieträgern umstellen, wieder auf Kohle zurückgeschaltet hat. Das ist eine Katastrophe, aber es ist trotzdem nicht mehr Gas da. Wenn wir jetzt nächstes Jahr anschauen, dann werden wir eine Mangelversorgung haben. Das ist relativ offensichtlich. Unser Problem in Österreich ist: In dem Moment, wo kein Gas mehr aus Russland kommt, müssen wir die Pipelines, die es nach Deutschland und nach Italien gibt, in der Flussrichtung umdrehen und Gas zu uns pumpen. Die Italiener haben die Wahl entweder in die Schweiz oder zu uns zu pumpen und sind an und für sich nicht besonders interessiert daran. Von Deutschland wird bereits nach Österreich gepumpt. Nur, nachdem die Pipeline in die falsche Richtung läuft, ist das so, wie wenn Sie mit dem Auto im Rückwärtsgang fahren. Wir müssten investieren, damit die Pipeline überhaupt fit ist, dass sie das Volumen, das wir brauchen, zu uns pumpt. Diese Investitionen sind bis jetzt nicht wahrgenommen worden. Das heißt, wir werden, selbst wenn wir irgendwo ein Schiffchen Gas bekommen, Schwierigkeiten haben, dass wir das, was wir in Summe in Österreich brauchen, zu uns bringen. Dafür müsste man dann die Flüssiggasbeschaffungsstrategie diskutieren, aber ich möchte Sie jetzt nicht hier langweilen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Taborsky, gibt es noch ein Informationsbedürfnis? GR Hannes Taborsky (ÖVP): Eine Zusatzfrage zur Wien Energie: Aus dieser Erkenntnis heraus haben ja Unternehmen auch ihre Situation sogenannt glattgestellt, wie wir heute schon ein paar Mal gehört haben. Wie ist Ihre Erfahrung? Wir haben andere Energieunternehmen in Österreich. Haben Sie Informationen, wie die darauf reagiert haben? Die Situation, die Sie beschrieben haben, ist ja im Energiebereich wohlbekannt, nehme ich einmal stark an. Das heißt, wie haben andere Energieunternehmen da in Österreich reagiert? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Was ist hier bekannt, Entschuldigung? GR Hannes Taborsky (ÖVP): Das, was Sie gerade beschrieben haben, ist ja wahrscheinlich in Energiekreisen bekannt. Sie sind ja Fachexperte, die Energiebranche ist gut vernetzt. Die Frage ist: Andere Unternehmen haben darauf reagiert und ihr Portfolio entsprechend verändert, haben auch Dinge glattgestellt. Wie sehen Sie das? Haben Sie da Erfahrungen oder Informationen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Dass Unternehmen Positionen glattgestellt haben, davon habe ich nichts gehört. Dass wir ein Problem mit dem Transport haben, hat man gehört, als die OMV das bekannt gegeben hat. Sie hat ja angeboten, ihr Tochterunternehmen, die Gashandelsfirma, an die Republik zu verkaufen. Der Grund, den man lesen konnte, waren große Unsicherheiten, was die Transportmöglichkeiten anlangt. Ich weiß zwar nicht, wovon die OMV genau redet, aber das, was ich seit neun Monaten fordere, ist, dass man die Pipelineinfrastruktur nach Österreich ausbaut, und das macht man bis jetzt nicht. Das ist eigentlich die einzige unlogische Maßnahme, die man nicht trifft, weil selbst wenn wir wo Gas bekämen, könnten wir es nicht zu uns bringen, weil wir nicht die Kapazitäten haben. Und da stellt sich halt die Frage, wir hoffen offensichtlich, dass wir weiter russisches Gas kriegen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gibt es noch weitere Fragen von irgendjemandem an die Auskunftsperson? Herr Arsenovic, Herr Ellensohn? (Zwischenruf.) An der Reihe sind Sie, das stimmt. Ich habe Sie nur schon als erledigt abgehakt, weil Sie vorher gesagt haben, keine weiteren Fragen. Bitte, Herr Reindl. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Entschuldigen Sie, aber es ist doch noch eine Frage aufgetaucht, oder zwei eigentlich. Herr Benigni, die Attacken der GRÜNEN verurteilen wir einerseits, auf der anderen Seite haben Sie aber - - Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bitte auch hier nur eine Frage formulieren! Danke. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Ja, natürlich, haben Sie sehr interessante Ausführungen, die die Zukunft betreffen, gemacht. Nachdem Wien Energie von Gas sehr abhängig ist, wir aber als Land Wien ja leider überhaupt keine Möglichkeit haben, weil Gas ja vom Bund reguliert ist, etwas zu machen: Was wären eigentlich jetzt Maßnahmen, die gesetzt werden müssen, Sie haben ja schon ein paar gesagt, damit wir die Versorgungssicherheit für die Kundinnen und Kunden für das nächste Jahr sicherstellen können? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ganz generell möchte ich dazu nur anmerken: Der Termin heute ist ja von vornherein nicht dazu geeignet, zum Untersuchungsgegenstand rein faktisch etwas beizutragen. Sie haben das als Mehrheitsbeschluss gefasst, ich habe das so zur Kenntnis genommen. Also ich kann jetzt dann auch nicht selektiv einschreiten und bei bestimmten Themen sagen, nein, die erörtern wir nicht, weil wir von Anfang an heute nur Dinge erörtert haben, die eigentlich nicht dem Untersuchungsgegenstand dienen, auch wenn sie interessant sind für uns, und mich auch weitergebildet haben. Deshalb bitte, Herr Benigni, auch gerne auf diese Frage zu antworten. Mag. Johannes Benigni: Ja, also das Ministerium sollte sich schon mit dem Gaspipelinebetreiber in Verbindung setzen und die Empfehlungen umsetzen, die hier auf dem Tisch liegen, damit man auch genügend Gas nach Österreich bekommt, wenn die russische Versorgungslinie ausfällt. Das wäre sinnvoll, aber das sind Gespräche, da bin ich nicht involviert. Vielleicht finden sie statt, vielleicht finden sie nicht statt, vielleicht gibt es Gründe, dass man sie ablehnt. Mir als Experten fällt nur auf, es gibt immer eine Rangordnung. Das erste ist, ich brauche eine Versorgung. Wenn ich die nicht habe, steht alles still. Und dann muss ich schauen, dass ich es so wettbewerbsfähig und so carbonfree wie möglich mache. Das sind logische Reihenfolgen, da ist keine politische Ideologie dahinter. Ich bin genauso ein Naturliebhaber wie die GRÜNEN oder Sie, wir sind alle Naturliebhaber. Wir müssen trotzdem schauen, dass wir Angebot und Nachfrage verstehen und dass wir schauen, dass wir die Energie haben. Das ist mein Zugang zum Thema Energie. Ich bin überhaupt nicht politisch, was das anlangt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Reindl, Sie haben vorher gesagt, Sie haben zwei Fragen? Gut. - Herr Ellensohn hat sich noch zu Wort gemeldet. GR David Ellensohn (GRÜNE): Die Wien Energie hat ja 80 Prozent Gas in der Fernwärme drin, ist abhängiger von fossiler Energie als manche andere Energieanbieter in Österreich zumindest. Hätte man nicht auch deswegen sehr viel schneller sich darum kümmern müssen, dass man via Bundesregierung eine Liquidität sicherstellt? Sie haben vorher gesagt, Sie müssen öfter erklären, was Spekulation ist. Ist es deswegen am Ende keine Spekulation, weil wenn ich zur Bundesregierung gehe, weiß ich ja mit hundertprozentiger Sicherheit, dass sie mich retten müssen, weil ihnen gar nichts anderes übrigbleibt. Also kann es nie Spekulation sein, weil ich mit Garantie gerettet werde, und es ist wurscht, ob ich 24 Stunden vorher frage oder drei Monate vorher. Und deswegen ist es keine Spekulation. Würden Sie das in Ihre Definitionen mit aufnehmen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni, noch einmal das Thema: Was ist Spekulation? Mag. Johannes Benigni: Na ja, nur zur Erklärung, warum ich gesagt habe, ich muss das öfters erklären: Weil ich international in London und in Singapur bei Schiedsgerichtsverfahren als Sachverständiger bin, und da wollen die Richter dann eine klare Definition haben und da geht es oft um Milliardenbeträge. Also das ist der Grund, nicht, weil ich jetzt da hier irgendwo in einem aktuellen Fall involviert wäre. Was die Wien Energie anlangt und die Abhängigkeit vom Gas: Meines Wissens nach gibt es die Möglichkeit, auf Öl umzusteigen. Das heißt Heizöl oder Diesel, das ist das gleiche, aber man könnte das auch verwenden. Nur nach meinem Wissensstand hat die Wien Energie nur für zwei Tage Heizöllagerbestände. Mehr Lager gibt es da nicht. Das ist auch meine zweite Empfehlung, dass man hier schaut, dass man mehr Diesel auf Lager hat, denn wenn man das nicht hat, wird es auch brenzlig. Auch da ist Handlungsbedarf in Österreich. Wenn wir so stark dieselimportabhängig sind - Österreich ist zu 60 Prozent dieselimportabhängig - und wir dann wiederum ab Februar Sanktionen haben, wo unser größter Lieferant ausfällt, dann könnte das ein doppeltes Problem werden. Also noch einmal, da geht es rein um Fakten. Versorgungssicherheit kann man planen, kann man vorsehen. Wenn wir Gas nicht mehr haben, okay, dann haben wir halt Heizöl, Diesel, aber auch da muss man rechtzeitig einkaufen, sonst hat man es nicht, wenn man es braucht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, Sie haben sich auch noch zu Wort gemeldet. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ich möchte vielleicht noch einmal zurückkommen, warum wir einen Experten da haben, und ich möchte nicht auf einer politischen Ebene diskutieren, sondern einfach den Experten in Anspruch nehmen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke schön. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Wir sitzen da, weil die Wien Energie im August ein großes Liquiditätsproblem hatte. Okay. Die erste Frage, die wir schon geklärt haben, ist: Hätte man das nicht früher wissen müssen? Da war Ihre Einschätzung Spätherbst, aber spätestens dann auf jeden Fall im Frühjahr 2022 mit dem Angriffskrieg von Putin. Die zweite Klärung, und deswegen habe ich auch diesen Zettel, wie Sie es nennen, von der Wien Energie genannt, ist: Hat die Wien Energie auf der Leipziger Börse mehr gehandelt, als ihr tatsächliches Geschäft war und ist die Wien Energie mit ihrem Geschäft zurückgefahren, als sie gewusst haben, dass da jetzt ein Sturm aufzieht? Da haben Sie zu Recht gesagt, Sie können das nicht klären, weil Sie die Informationen des Handelsbuches nicht haben, und Sie haben auch gesagt, dass das Handelsbuch der Wien Energie im internen Kreis bleiben und nicht in die Öffentlichkeit kommen sollte. So habe ich das jetzt verstanden. Deshalb meine Frage: Wenn Sie die Handelstätigkeiten, das Handelsbuch der Wien Energie bekommen, könnten Sie dann und wie lange würde es dauern, dass Sie sagen, ob die Wien Energie mehr gehandelt hat wie ihr Grundgeschäft war beziehungsweise könnten Sie dann feststellen, ob die Wien Energie mit den Volumina runtergefahren ist oder nicht? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Benigni. Mag. Johannes Benigni: Also solche Risiko-Reviews habe ich weltweit bei sicher 50 oder 70 Konzernen gemacht, das heißt Risikoanalyse, Strategie, Umsetzung, Struktur, all das. Der Grund, warum ich gesagt habe, das sollte im kleinen Kreis bleiben, ist, es bringt nichts über Sachen zu diskutieren, wenn nicht jeder weiß, wovon er redet. Dann vermischt man Dinge, es kommen Emotionen dazu und es ist nicht sachlich. Also das ist mein Zugang zu dem Thema. Das Wissen ist das eine. Auf bestehenden Positionen kann man nicht wirklich viel ändern, deswegen, wenn vor einem Jahr oder im Herbst Positionen eingegangen worden sind, that's it. Das heißt, wenn der Preis durch die Decke geht, werden Sie wahrscheinlich trotzdem das Geld zur Verfügung stellen, denn sonst würden Sie einen Verlust realisieren. Die wichtige Frage ist natürlich: Wurde etwas geändert in der Strategie für die künftigen Positionen? Und das können wir nur feststellen, wenn wir uns das im Detail anschauen, wenn man es auch versteht. Da muss man mit den Leuten arbeiten, aber das kann man normalerweise in ein, zwei Wochen machen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gibt es noch weitere Fragen von irgendeiner Seite? Wenn dem nicht so ist, dann danke ich Ihnen herzlich fürs Kommen und für Ihre Zeit, Herr Benigni, und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Dem Rest noch nicht, wir haben noch einen Block vor uns. Eine Pause brauchen wir auf jeden Fall. Mir wäre es am liebsten, wenn wir weiterhin bei so einem Modus von ungefähr zehn Minuten Pause bleiben. Oder gibt es dann eine Meuterei, weil Sie mittlerweile länger brauchen? Wir haben aber nicht mehr allzu viel vor uns und ich wäre froh, wenn wir dann fertig sind. - Dann würde ich sagen, um halb, das ist in 17 Minuten, wenn ich richtig rechne, machen wir weiter. Danke. (Unterbrechung um 15.13 Uhr) (Wiederaufnahme um 15.30 Uhr) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich würde gerne weitermachen. Herr Auer-Stüger, glaube ich, fehlt wieder und Herr Guggenbichler ist noch Wasser holen. Nächstes und praktisch auch letztes Thema auf der Tagesordnung sind die offenen Beweisanträge. Dazu vorweg ein paar Worte von mir, die ich Ihnen, denke ich, noch schuldig bin. Nachdem ich beim letzten Mal gebeten habe, bei einigen Beweisanträgen noch etwas mehr Zeit zu bekommen, damit ich mir einen Kopf darüber machen kann, möchte ich Ihnen schon auch schildern, was meine Gedanken sind, damit Sie wissen, woran Sie bei mir sind und weil manches davon vielleicht Einfluss darauf hat, wie diese Beweisanträge jetzt hier in der Untersuchungskommission weiter behandelt werden. Manches von dem, was ich mir überlegt habe, hat jetzt keinen Einfluss darauf, wie diese Beweisanträge zu behandeln sind, sondern hat einen informativen Charakter, nur wie ich es sehe, weil ich es schon auch als meine Aufgabe sehe, Sie rechtlich davon zu informieren, was meine Ansicht ist. Die letztes Mal aufgetauchten, von mir als heikel bezeichneten Dinge waren jene Beweisanträge, die sich zum einen auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bezogen haben, die durch eine Unterlagenvorlage verletzt werden könnten oder auch Beweisanträge, die sich auf eine Auswertung elektronischer Kommunikationsmittel, etwa Handys, E-Mail- Postfächer, elektronische Kalender beziehen. Zu diesen Fragen habe ich ja erbeten, dass ich mir das noch anschauen kann. Grundsätzlich gehe ich davon aus - da war ich mir letztes Mal auch schon sicher, bin ich mir jetzt genauso sicher -, dass es im Gesetz keine Zwangsmittel gibt, um solchen Beweisanträgen die Durchsetzbarkeit zu verleihen. Wir haben im Gesetz Zwangsmittel im Hinblick auf Zeugenladungen, das können wir zwangsweise durchsetzen, ansonsten gibt es hier aber aus meiner Sicht keine Möglichkeit, das wirklich zu exekutieren, wenn die Betroffenen nicht mitspielen. Mir ist in den letzten Tagen auch noch die Rechtsansicht zugetragen worden, dass wir quasi in die Kompetenzen des Gemeinderates eintreten könnten, der ein Weisungsrecht gegenüber anderen Organen der Stadt Wien hat. Das teile ich aus dem Grund nicht, weil wir nach der Stadtverfassung so wie der Gemeinderat eines von vielen Organen der Stadt Wien sind, und auch aus systematischen Erwägungen in der Stadtverfassung wir nicht das Gleiche wie der Gemeinderat sind oder auch nicht ein Hilfsorgan oder ein vorgelagertes Organ des Gemeinderates. Das heißt, wenn wir hier Beweiserhebungen beschließen, wie wir es ja vor 14 Tagen auch schon umfassend getan haben, dann sind wir, wenn es nicht um Zeugenladungen geht, die hier unmittelbar passieren können, im Wesentlichen darauf angewiesen, dass uns irgendjemand bei diesen Erhebungen hilft. Das wird im Wesentlichen - dadurch, dass wir andere Behörden in Beschlag nehmen - über das Mittel der Amtshilfe sein, die uns zur Verfügung steht, wie jeder anderen Verwaltungsbehörde auch. Um die Amtshilfe in Anspruch nehmen zu können, braucht es aber grundsätzlich immer eine Rechtsgrundlage. Unsere Rechtsgrundlage wird sein, dass wir einen Sachverhalt zu ermitteln haben, den maßgeblichen in Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand. Es braucht aber, damit wir eine andere Behörde in Beschlag nehmen, auch immer eine Rechtsgrundlage aus deren Sicht, weil die Behörde nur in ihrem gesetzmäßigen Wirkungsbereich in Anspruch genommen werden kann. Grundsätzlich sind die Voraussetzungen bei der Amtshilfe immer von der Behörde einmal zu prüfen, die dieses Ersuchen stellt. Das sind in dem Fall wir. Gleichzeitig muss aber auch die Behörde, die ersucht wird, eine solche Prüfung vornehmen. Die Behörde, die ersucht wird, kann sich etwa nicht zurücklehnen und sagen, das passiert jetzt in Verantwortung der ersuchenden Behörde. Dazu gibt es eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auch das Verfassungsgerichtshofes, dass wenn etwa von einer Behörde ein Ersuchen um Einschreiten der Polizei erbeten wird, dann kann nicht die Polizei das einfach ausführen und sagen, wir wurden ja darum ersucht, sondern die Polizei muss dann auch selbst beurteilen, ob sie eine entsprechende Rechtsgrundlage hat, um ein solches Einschreiten vornehmen zu können. Das heißt, die Amtshilfe ist insofern für uns mit gewissen Einschränkungen verbunden. Wir können zwar möglicherweise alles Mögliche fordern, aber wir müssen halt damit leben, dass das von uns ersuchte Organ dann eine andere Meinung vertritt und sich dementsprechend verhält. Wenn das ersuchte Organ zu dem Ergebnis kommt, dass die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, darf es uns auch nicht helfen und darf es auch bestimmte Erhebungen gar nicht vornehmen. Gleichzeitig, das scheint mir aber auch wichtig, ist zu betonen, gibt es im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, das für uns ja subsidiär anwendbar ist, den Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel. Ich gehe deshalb davon aus, und ich mache das auch in meiner gerichtlichen Praxis so, wo ich das AVG anzuwenden habe, dass es uns nicht verwehrt ist, bestimmte Beweise zu erheben und auch quasi etwas unkonventionelle Dinge vorzunehmen, ohne dass es eine Rechtsgrundlage gibt, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Betroffenen damit einverstanden sind, dass die Betroffenen freiwillig dabei mitwirken, also in Hinblick auf diese Dinge wie etwa eine Auswertung von Telefonlisten eines Handys, et cetera. Ich meine, dafür gibt es keine Rechtsgrundlage, dass irgendeine Behörde das für uns macht. Das gibt es im eingeschränkten Bereich vielleicht in einem strafgerichtlichen Prozess oder in einem strafgerichtlichen Ermittlungsverfahren. Wir können das aus meiner Sicht nicht verfügen, aber wir können so wie jede andere, wie jede x- beliebige Person irgendjemand ersuchen, bitte, sei so freundlich und stelle uns Informationen zur Verfügung. Wenn das dann nicht passiert, dann müssen wir damit leben, dass es halt nicht passiert und wir können keine weiteren Zwangsmittel daran knüpfen. Man kann jetzt rechtsdogmatisch noch diskutieren, ob es im Verhältnis zwischen Behörden sowas wie ein freiwilliges Helfen abseits der Amtshilfe gibt. Das ist eine spannende Frage, aber für uns, glaube ich, irrelevant, weil ohnehin dann die ersuchte Behörde für sich prüfen muss, wie sie das sieht, und nicht ich zumindest. Das ist einmal vorausgestellt zur Frage, welche Beweiserhebungen uns zur Verfügung stehen. Das ist insbesondere auch relevant in Hinblick darauf, dass wir ja hier nicht nur Ersuchen an andere Behörden stellen oder vor 14 Tagen schon gestellt haben, sondern wir haben auch die Wien Energie GmbH, die Wiener Stadtwerke GmbH mit Auskunftsersuchen in Beschlag genommen, auch das sind Dritte und Private in dem Fall. Also wenn da nichts zurückkommt - und bis jetzt, glaube ich, ist noch überhaupt nichts zurückgekommen, außer das Gutachten der Vorsitzenden der Untersuchungskommission, das war im kurzen Wege zu bekommen, und auch das Gutachten von Prof. Funk zur Frage der Zulässigkeit des Untersuchungsgegenstandes, sonst sind noch keine Akten eingelangt -, sehe ich keine Möglichkeit, da noch mit Zwang darauf zu reagieren. Das ist so vorweg meine Einschätzung zu den uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Vieles von dem habe ich vor zwei Wochen auch schon gesagt. Was jetzt für Sie wahrscheinlich die spannende Frage sein wird: Was leite ich daraus für das Prozedere hier in dieser Untersuchungskommission ab? - Grundsätzlich gehe ich einmal davon aus, dass die Willensbildung in dieser Untersuchungskommission bei Ihnen liegt, bei den Mitgliedern. Ich und meine zwei anderen Stellvertretenden sind keine Mitglieder dieser Untersuchungskommission, wir haben auch kein Stimmrecht in dieser Untersuchungskommission. Das heißt, eine Willensbildung im Zusammenhang mit Beweiserhebungen muss von Ihnen ausgehen, von einer Mehrheit oder von einer qualifizierten Minderheit. Auch diese hat die Möglichkeit dazu. Es liegt aber nicht bei mir oder dem Schiedsgremium diese Willensbildung zu ersetzen. Das heißt gleichzeitig aber auch, die Verantwortung für ein etwaiges Behördenhandeln verbleibt bei diesen willensbildenden Mehrheiten oder Minderheiten. In diesem Sinne sehe ich in der Stadtverfassung keine Grundlage dafür, dass jetzt ich bei einzelnen Beweisanträgen mit der Keule drüber gehe und etwa sage, das ist unzulässig oder dafür fehlt uns die Rechtsgrundlage, und ich weise das zurück, so wie es im AVG mitunter bei Kollegialbehörden und bei mündlichen Verhandlungen für den Verhandlungsleiter vorgesehen wäre. Wir haben aber hier in der Stadtverfassung speziellere Regelungen, die dem vorgehen, und ich sehe mich nicht in der Rolle, dass ich auf dieser Grundlage schon einzelne Beweisanträge abschmettere. Es gibt in weiterer Folge die Möglichkeit, dass Beweisanträge von einer Mehrheit dem Schiedsgremium zugewiesen werden, das hatten wir vor zwei Wochen ja auch schon. Ich will dem Schiedsgremium jetzt in zukünftigen Entscheidungen nicht vorgreifen, was für eine Linie wir da vertreten, denn das müssen wir uns zu dritt hinter verschlossenen Türen jeweils ausmachen. Ich kann nur, wie schon vor zwei Wochen, auf den Gesetzeswortlaut verweisen: Das Schiedsgremium entscheidet nach der Stadtverfassung, "ob die beantragte Beweisaufnahme geeignet ist, einen Beitrag zur Ermittlung des für den Untersuchungsgegenstand maßgeblichen Sachverhaltes zu leisten". Es hat ja schon einige Entscheidungen des Schiedsgremiums gegeben. Ich nehme an, Sie haben die alle mehr oder weniger aufmerksam gelesen. Es haben sich darin auch einige allgemeine Passagen und Ausführungen befunden, aus denen mitunter ja eine gewisse Ableitung möglich ist, wie wir uns in der Zukunft verhalten werden. Weiteren Entscheidungen des Schiedsgremiums möchte ich aber in keiner Weise vorgreifen. Was mir in dem Zusammenhang nur wichtig ist zu betonen: Auch wenn das Schiedsgremium bei bestimmten Beweisanträgen das grüne Licht dahingehend geben sollte, dass ein Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand gegeben ist, dann verleiht es diesem Beweisantrag auch nicht ein zusätzliches Mittel der Durchsetzbarkeit. Also wir sind nicht so etwas wie ein richterlicher Beschluss für eine Hausdurchsuchung oder für eine Beschlagnahme oder ähnliches. Wir können überhaupt nicht entscheiden, ob jetzt irgendeine Zwangsfolge passiert, sondern wir haben nur diesen Beurteilungsmaßstab, der uns in der Stadtverfassung eingeräumt wird. Das scheint mir noch wichtig, zu betonen. Ich werde auf jeden Fall auch weiterhin bei Beweisanträgen möglichst versuchen, darauf hinzuwirken, dort, wo es notwendig ist, dass sie etwa konkretisiert werden oder dass ich durch bestimmte Nachfragen dem Ganzen zum Erfolg verhelfe, weil ich mir einfach denke, dass fokussierte und gezielte Fragen und insbesondere eine klare Stelle, an die diese Fragen adressiert werden sollen, eher dazu beitragen, dass wir vernünftige Informationen bekommen. Ich sehe es schon als meine Aufgabe, dass ich ein wenig dahinter bin, dass wir auch am Ende Fakten hier zur Verfügung haben. Das sollten wir auf jeden Fall bekommen und unsere Beweisanträge hier entsprechend formulieren, damit das möglichst reibungslos verläuft. Sollte ein Beweisantrag vom Schiedsgremium bestätigt werden, ist es meine Aufgabe, das in Folge zu unterfertigen. Das heißt, ich werde den entsprechend vorbereitenden Beschluss oder die Weiterleitung an die jeweils zuständige Behörde unterfertigen, kann dann aber keinen weiteren Einfluss darauf nehmen, wenn etwa im Zuge einer in Amtshilfe in Anspruch genommenen Behörde diese sagt, wir machen nichts, oder wir reagieren nicht auf dieses Untersuchen. Das sind so vorweg meine Überlegungen noch zu den offenen Beweisanträgen. Zum konkreten Ablauf hinsichtlich der noch ausständigen Beweisanträge: Es sind nicht ganz 40 vom letzten Mal, nur damit Sie wissen, was Sie jetzt noch erwartet. Ich möchte die noch ausständigen Beweisanträge jetzt im Einzelnen durchgehen. Dort, wo Diskussionsbedarf besteht, bitte ich das auch zu diskutieren. Ich möchte Sie mitunter im Einzelnen noch fragen, an wen diese Ersuchen jeweils zu richten sind, weil das für mich teilweise unklar ist, und ich möchte das dann auch hinsichtlich der beim letzten Mal zurückgestellten Beweisanträge zur Abstimmung bringen. Ich ersuche Sie nur um ein wenig Gnade oder zu berücksichtigen, dass wir sehr unglückliche Fristenläufe haben. Das Schiedsgremium muss binnen 14 Tagen entscheiden. Das heißt, die Frist von dem, was heute zum Schiedsgremium geschickt wird, läuft dann bis 30. Dezember. Das war eigentlich nicht mein Feiertagsprogramm, das ich mir ausgedacht und erhofft hatte, aber soll so sein. Aus diesem Grund werde ich nur in weiterer Folge bei den neuen Beweisanträgen, die eingelangt sind, diese zwar auch durchgehen, diskutieren und abstimmen lassen hinsichtlich dessen, ob eine Mehrheit vorliegt. Bei den neuen Beweisanträgen, die bislang noch gar nicht behandelt wurden, werde ich aber heute keine Abstimmungen bezüglich des Schiedsgremiums vornehmen, falls sich keine Mehrheiten für diese finden. Das würde ich dann im Jänner machen, damit wir maximal diesen Packen von etwa 40 zurückgestellten Beweisanträgen beim Schiedsgremium haben. Das waren die einleitenden Bemerkungen. Herr Wölbitsch hat vorher noch das Bedürfnis gehabt, etwas dazu zu sagen, und dann Herr Reindl. - Herr Wölbitsch, bitte zuerst. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Vielen Dank. Nur dass ich es richtig verstehe: Das heißt, eigentlich haben wir keinerlei Handhabe auf die Unterlagen und Dokumente, die wir hier in der Untersuchungskommission wollen, dass die auch geliefert werden. Das heißt, wenn sich die Stadt Wien entscheidet, etwas nicht zu liefern, dann ist das so, und dann werden wir es schlicht und einfach auch nicht bekommen und haben auch null Handhabe, dafür zu sorgen, dass wir es bekommen? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich fürchte, dass es so ist. Wenn Sie mir irgendeine andere Grundlage sagen könnten oder einen anderen Weg, bin ich dankbar dafür. Wenn man aber das etwa wieder mit den Bestimmungen zum Untersuchungsausschuss im Nationalrat vergleicht: Dort wurde extra eine Verfassungsbestimmung geschaffen, die genau das zum Gegenstand hat und wo letztlich dann auch der Verfassungsgerichtshof und in der Exekution der Bundespräsident mit den Panzern des Bundesheeres dem zum Erfolg verhelfen könnte, aber diese Möglichkeiten sind uns, glaube ich, rechtlich nicht eingeräumt. - Herr Wölbitsch. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ja, da muss ich mir nur noch den einen Satz erlauben: Das war die Hauptkritik, die wir an der Reform der U-Kommission hatten. Es bewahrheitet sich jetzt leider, und ich muss mich bei den NEOS für die Nichtreform bedanken, aber ich nehme es natürlich zur Kenntnis. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut. Also ich nehme es auch zur Kenntnis, wie die Rechtslage ist. Es ist relativ egal, wie ich dazu stehe oder was meine persönlichen rechtspolitischen Bedürfnisse sind, aber meine Aufgabe ist es halt, die Gesetze zu vollziehen, so wie sie da sind, und Sie darüber zu informieren, wie ich verstehe, was unsere Möglichkeiten sind. - Herr Reindl, bitte schön. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Herr Vorsitzender, vielen Dank für Ihre Einleitung und auch für Ihre sehr detaillierten Ausführungen. Ich darf auch für unsere Fraktion und auch für die NEOS, glaube ich, sprechen, dass wir selbstverständlich - - (Zwischenruf. - Heiterkeit. - Ruf: Ich spreche schon für mich!) Er spricht schon für sich, aber (Zwischenruf) du könntest einmal zuhören, dann lernst du vielleicht etwas. (Zwischenrufe.) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bei der Sache zu bleiben und möglichst die anderen ausreden zu lassen (GR Mag. Thomas Reindl: Ja, das ist aber - -!), und Zwischenrufe zu vermeiden, soweit es geht, bitte. Es ist schon spät, der Tag ist fortgeschritten, und ich möchte irgendwann auch nach Hause. (GR Mag. Thomas Reindl: Ich bin aber nicht der Zwischenrufer, möchte ich auch bemerken!) Ich will niemanden beschuldigen, sondern nur ein allgemeines Ersuchen an die Runde richten. - Herr Reindl, bitte. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Ja, aber das Ersuchen richtet sich an die ÖVP und nicht an mich. Wir haben natürlich auch Respekt vor den Entscheidungen des Schiedsgerichtes, das ist überhaupt keine Frage. Und wir akzeptieren natürlich auch jede Entscheidung des Schiedsgerichtes. Das ist auch keine Frage. Was uns aber schon ein bisschen auffällt anhand der Beweisanträge, die bis jetzt gekommen sind, dass man schon eine Tendenz erkennt, die in die Richtung geht: Ich stelle halt jetzt einen Beweisantrag für was auch immer ich möchte. Ob das etwas mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat oder nicht, bestimme ich selbst (Zwischenruf), und ob gegen irgendwelche gesetzlichen Bestimmungen - wie Datenschutz, Persönlichkeitsrechte, Briefgeheimnis, Amtsgeheimnis und so weiter - verstoßen wird oder ob man in Betriebsgeheimnisse eingreift oder ob man operative Unterlagen von Firmen anfordert, die Offenlegung von Firmeninterna verlangt, die zu einer marktverzerrenden Situation führen. Also das ist uns schon aufgefallen bei den zwei Sitzungen, dass hier sehr, sehr viele Anträge genau in diese Richtung gehen, die keine gesetzliche Deckung haben, die nur darauf abzielen, Betriebsgeheimnisse offenzulegen. Ich will das nur gleich klarstellen: Es kann dann nicht am Ende des Tages heißen, dass die Stadt Wien oder die Regierung Unterlagen nicht herausgibt, weil wir nicht transparent und offen die Unterlagen hergeben, sondern weil einfach schon von Anfang an, von der Antragstellung an, eine massive Verletzung von gesetzlichen Vorschriften stattfindet. Diese Verletzung hat bereits bei der Einsetzung, beim Antrag zur Untersuchungskommission stattgefunden, wie die Vorsitzenden in ihrem Gutachten festgestellt haben. Das ist jetzt kein Vorwurf, sondern das ist einfach eine Feststellung, und das zieht sich wie ein roter Faden durch, dass offenbar die eine oder andere Fraktion hier in der Untersuchungskommission massive Probleme hat, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten. Das möchte ich nur zu Beginn sagen. Wir wissen natürlich, dass das alles gegen uns verwendet wird, dass wieder behauptet wird, dass wir zudecken wollen und nichts aufdecken wollen. So wie Sie Ihre Ausführungen heute gemacht haben, unterschreibe ich die natürlich, Herr Vorsitzender, aber in der politischen Diskussion muss es auch erlaubt sein, für das Protokoll und für die Öffentlichkeit diese unsägliche Gestion, die hier offenbar von der Opposition an den Tag gelegt wird, auch aufzuzeigen. Danke schön. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich noch Herr Wölbitsch. Ich verstehe, dass es hier widerstreitende Positionen gibt. Ich ersuche nur um eine möglichst emotionsfreie Debatte und eine möglichst auch auf Sachargumente beschränkte Debatte, damit wir noch zum Inhalt kommen können und uns nicht allzu lang zuvor noch aufhalten. - Herr Wölbitsch, bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Danke, Herr Vorsitzender, ich tue natürlich mein Bestes und ich habe vollstes Verständnis. Ich habe auch in der Politik gelernt, der Standort bestimmt oft den Standpunkt, und dass die SPÖ jetzt hier eine Brandrede hält für die Rechte Dritter, für Briefgeheimnisse et cetera: Herr Kollege, da muss ich Sie schon, sorry, vor allen Anwesenden damit konfrontieren, dass Ihre Fraktion gemeinsam mit den NEOS unsägliche Anträge in die Untersuchungskommission im Parlament eingebracht hat, wo Dinge gefordert sind wie Kalendereinträge, Kommunikationsverläufe wie E-Mails, iMessages, SMS, WhatsApp, Signal, Telegram. Das ist alleine ein Beweisantrag, den ich hier von Ihrer Fraktion oder von Ihren beiden Fraktionen hier habe. Noch einmal, ich verstehe, der Standort bestimmt den Standpunkt, möchte aber nur die Motivlage natürlich hier damit herausstreichen. Es geht nicht um den Schutz irgendwelcher Dritter oder irgendwelcher Geheimnisse. Sie wissen auch, Herr Vorsitzender, wir haben oft Unterlagen oder behandeln auch oft in unterschiedlichen Sitzungen Dinge, die Betriebsgeheimnisse betreffen. Da gibt es verschiedenste Möglichkeiten, unter anderem auch eine vertrauliche Sitzung zu führen. Die Möglichkeit hätten wir auch hier, das heißt, hier ist also dafür vorgesorgt, dass hier entsprechend sorgsam damit umgegangen wird. Ich verstehe schon, die Motivlage ist auch bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Die Rolle der NEOS, finde ich da halt nur spannend, ist halt, die SPÖ bestmöglich zu schützen. Bitte nur um Verständnis, das ist nicht unsere Aufgabe, sondern unsere Aufgabe ist es auch hier, etwas zur Aufklärung beizutragen. Wie gesagt, die Dinge, die wie hier fordern, sind alles Dinge, die die SPÖ auf Bundesebene, auch bis zum Verfassungsgerichtshof, durchgesetzt hat, unter anderem auch Kommunikationsverläufe, weil die SPÖ der Meinung war, dass Kommunikationsverläufe auch Teil des Verwaltungshandelns sind, auch Kommunikationsverläufe am Handy. Ich schließe mich der Meinung der SPÖ natürlich an, und das ist der Grund warum wir, und da kommen wir vielleicht im Detail auch noch darauf, eben auch diese Kommunikationsverläufe wollen. Daher, bei aller Wertschätzung für diese sehr dramatisch vorgetragene Rede des Herrn Reindl, aber das Motiv, glaube ich, ist klar. Aber bitte, es steht ihm natürlich auch zu, es zumindest zu versuchen. Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, ich kann Ihre Position schon durchaus verstehen, ich muss nur an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass im Bund die Untersuchungsausschüsse einfach auf einer ganz anderen rechtlichen Grundlage stehen, die weitgehender ist. (Heiterkeit und Zwischenruf.) Also das lässt für mich schon eine sachliche Unterscheidung nachvollziehbar erscheinen. Wenn es dort geht und die Verfassung das einräumt, dann soll man das auch machen. Wenn es hier nicht geht, dann geht es halt nicht, dann muss man das leider zur Kenntnis nehmen. Herr Guggenbichler hat sich gemeldet. - Bitte. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ich bedanke mich für Ihre Ausführungen. Ich verweise auf § 55 AVG, dass es schon große Möglichkeiten gibt, und ich glaube, Sie wissen das besser als ich, ich bin weniger Jurist wie Sie, dass wir schon eine Möglichkeit haben, über den 55er Zugriff zu Informationen zu kommen. Von Kollegen Reindl finde ich das ja sehr spannend. Nachdem wir in den letzten Wochen hören, dass alles in Ordnung ist, dass nichts passiert ist, dass alles gut ist, weiß ich nicht, wovor man sich dann fürchtet, wenn man uns jetzt beschuldigt, dass wir Informationen einholen wollen, die uns nicht zustehen. Wenn eh alles gut ist, dann spricht ja auch nichts dagegen, alles offenzulegen. Das betrifft auch die elektronischen Korrespondenzen, et cetera pp. Sie machen das im Bund ja auch und natürlich bleibt dann ein übler Geruch übrig, wenn die SPÖ uns jetzt hier heute schon in einem Eingangsstatement erklärt, was wir alles nicht kriegen. (Zwischenruf.) Ich sehe das relativ entspannt, muss ich sagen. Man darf fordern und man darf nach Informationen fragen, eingeschränkt sind sie mit dem Untersuchungsgegenstand sowieso. Deswegen verstehe ich die Nervosität und die Angst von Kollegen Reindl jetzt nur eingeschränkt. Er hätte das auch relativ locker angehen können, denn wir vertrauen ja auch der Vorsitzführung, dass wir keine Informationen bekommen, die uns nicht zustehen, obwohl wir das schon relativ breit aufstellen sollten. Also es war sehr entlarvend, dass die SPÖ gleich am Anfang hier ein Statement abgibt und schon zeigt, wie ängstlich sie vor dieser Untersuchungskommission ist. Das ist halt so, das nehmen wir zur Kenntnis. Wir werden nichts gegen sie verwenden, was unfair ist, sondern wir sind alle hier, um Aufklärung zu betreiben und wir ersuchen die SPÖ natürlich hier mitzuarbeiten. Das war das erste, und über anderes werden wir später noch reden. Schade, dass Sie nicht von Anfang an bereit sind, mit uns vernünftig in dieser Kommission zu arbeiten. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Zu § 55 AVG noch kurz, nur weil Sie den erwähnt haben: Das ist eine Ausformung der Amtshilfe auf einfachgesetzlicher Ebene. Nach herrschender Meinung verleiht das jetzt aber auch keiner Behörde irgendein zusätzliches Pouvoir oder eine zusätzliche Rechtsgrundlage, als sie nicht ohnehin in Art. 22 B-VG schon grundgelegt ist. Also aus dem kann man, fürchte ich, hier auch nicht mehr ableiten, als dass wir das können, was in der Verfassung steht. Ganz generell scheint es mir schon auch wichtig, darauf hinzuweisen, natürlich kann man versuchen alles einzufordern, aber es sollte schon eine gewisse Redlichkeit dabei sein. Wenn man weiß, dass man etwas eigentlich nicht bekommen kann, dass man dann nicht unbedingt versucht, es auch einzuholen, wäre mein Zugang, aber ich habe das nicht zu entscheiden in dem Zusammenhang, weil ich nicht in der Willensbildung dieser Untersuchungskommission beteiligt bin. - Herr Arsenovic, bitte. (Zwischenruf.) Herr Gara war vorher, Entschuldigung, ich habe Sie übersehen. - Herr Gara, bitte. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Danke schön. Ganz kurz als Eingang: Also auch wir alle kennen natürlich ganz klar die Meinung des Schiedsgremiums und ich finde es auch gut. Sie haben ja auch bei vielen Beweisanträgen, die wir letztes Mal dem Schiedsgremium zugewiesen haben, auch eine entsprechende Entscheidung getroffen und ich halte das für einen sehr, sehr guten Vorgang. Ich möchte nur generell sagen, ich habe schon das Gefühl, und da adressiere ich das extrem auch an die ÖVP, dass hier so eine Art Revanchismus bezüglich Wie- du-mir, so-ich-dir auch auf der Bundesebene passiert. Das bedeutet, dass man beginnt - ich glaube, es ist auch für alle Außenstehende sehr wichtig, dieses Prinzip einmal ein bisschen zu sehen -, die Untersuchungskommission einmal grundsätzlich mit Beweisanträgen einfach zu fluten. Einfach zu fluten! Wir haben es letztes Mal gesehen, wie viele Beweisanträge hier einstimmig abgestimmt wurden und das ist auch absolut okay und ich bin absolut für die Aufklärung. Überall dort - na, bitte nicht lachen, Herr Wölbitsch! -, wo es wichtige Nachfragen gibt, kann man entsprechend zusätzliche Beweisanträge machen, aber was mir wirklich wichtig ist, Themen tatsächlich einzugrenzen. Wenn ich mir nur anschaue, und ich ziehe jetzt nur eines heraus, wir werden darüber noch abstimmen: Ich will jetzt die Chatprotokolle von irgendwelchen StadträtInnen aus dem Jahr 2012. Was hat das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun? Es ist selbstverständlich, dass es solche Beweisanträge gibt, die wir natürlich auch wieder einem Schiedsgremium zuweisen werden, ganz einfach, weil wir hier auch aus unserer Fraktion Klarheit und Sicherheit haben wollen, im Kontext des Untersuchungsgegenstandes. Warum ist das so wichtig? - Um das nur bitte zu vermitteln: Unternehmen in Österreich bekommen ein wahnsinniges Problem. Hier werden Beweisanträge gestellt, nach Bausch und Bogen Daten preiszugeben. Also ich bin wirklich gespannt, wie andere österreichische Energieversorger die Vorgehensweise der ÖVP diesbezüglich sehen werden, denn das ist marktschädigend, das ist schädigend für den Wirtschaftsstandort Österreich. Ich habe eingangs erwähnt, bei mir geht es immer: Recht vor Politik. Wenn es Fragestellungen zum Orderhandbuch oder sonstiges gibt, dann bitte gehört das präzisiert und dafür gibt es externe, unabhängige Gutachter, die das auch bewerten können. Hier aber einfach zu sagen, wir wollen einfach einmal alles und wir schauen es uns dann irgendwann an, hat nichts mit Aufklärung zu tun. Da steckt kein Interesse der Aufklärung dahinter und dagegen verwehren wir uns massiv. Wir lassen uns hier auch in keiner Art und Weise unterstellen, das in irgendeiner Form zu verhindern. Ganz im Gegenteil, der springende Punkt war auch schon bei der letzten Sitzung, dass wir sehr, sehr vielen Beweisanträgen natürlich sofort zugestimmt haben und ich habe jegliches Interesse, das auch entsprechend in Zukunft zu haben, denn auch ich habe Interesse und wir haben Interesse, zu wissen, was da alles passiert ist und was man in Zukunft besser machen kann. Also jetzt beginnt diese Ebene nur auf der Ebene der Chats, das ist die einzige Diskussion, alles andere interessiert hier niemanden, nach dem Motto, irgendwo könnte man irgendetwas finden. Wir haben auch überhaupt kein Problem, dass gewisse Daten auch entsprechend preisgegeben werden. Springender Punkt und für mich wirklich die Fragestellung ist, wie denn dann konkret dieser Prozess ausschaut, ohne dass es hier ein richterliches Gutachten gibt, einen Zugang gibt. Denn hier geht es schon auch immer um die Abwägung, Interesse für den Untersuchungsgegenstand, ganz klar und da kann man Dinge auch ganz klar offenlegen, das wollen wir auch, und das andere ist auch, Interesse der Personen zum Schutz ihrer Rechte. Wie wir diese Balance sicherstellen, da bin ich, ehrlich gesagt, jetzt auch vor dem Hintergrund hier noch etwas überfragt und ich halte es schon für wichtig, dass wir da auch einen Prozess finden, der beides ermöglicht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Zu dieser Balance, die Sie jetzt angesprochen haben: Aus meiner rechtlichen Sicht ist es nach der Rechtslage so, dass diese Abwägung zwischen den Interessen die jeweils in Anspruch genommene Stelle dann vornehmen muss, von der wir Informationen einfordern, und die das dann entscheidet. Ich glaube, das ist ja auch der Grund für diesen Unmut über die gesetzlichen Bestimmungen, weil das natürlich manches zahnlos macht. Zum Stichwort Flut von Beweisanträgen möchte ich nur eine Anmerkung machen: Es macht für mich großen Sinn, dass man am Anfang der Untersuchungskommission möglichst alles, was an Unterlagen beizuschaffen ist, einmal fordert und dass man dem auch möglichst schnell nachgeht. Ich würde mir bei manchen Zeugenbeweisen, die beantragt werden, vielleicht wünschen, dass Sie ein wenig geduldiger sein könnten und das nicht ab dem ersten Tag sofort einbringen müssen. Es rennt uns ja nichts davon. Die nächsten Termine werden ohnehin von unserem Programm her ausgebucht sein. Da erschiene es mir einfach nur sinnvoll, wenn man bei manchen Dingen vielleicht ein wenig Sachsubstrat sammelt, um darauf dann im Hinblick auf das, was wir schon erfahren haben, bestimmte weitere Personen hier zu laden versucht, um auch besser sagen zu können, was wir von ihnen noch wissen wollen. Das ist aber wieder nur ein Wunsch von meiner Seite. Ich werde es Ihnen natürlich nicht verbieten, dass Sie auch in großer Geschwindigkeit und großem Umfang in der Zukunft Zeugen, Zeugenbeweise beantragen. Wir haben halt schon sehr viel vor. Es wird die Liste also immer länger, und wir müssen uns dann auch irgendwann einmal ans Abarbeiten machen. Da kommt vielleicht die Ernüchterung, denn das kostet viel Zeit und Ressourcen, wenn wir das dann tun. Herr Arsenovic war als Nächster gemeldet. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ich hoffe, ihr seid ein bisschen nachsichtig mit mir, denn ich bin ein bisschen ausgestiegen und habe mir dann als Floridsdorfer Nichtjurist, der von Fußballplätzen vielleicht eine andere Sprache gewohnt ist, gedacht, worum es jetzt geht. Deswegen frage ich sicherheitshalber nach, ob ich das eh alles richtig verstanden habe. Das heißt erstens, wir bekommen von der Wien Energie und von den Wiener Stadtwerken, wenn die das nicht wollen, nichts? Das habe ich so verstanden. Okay. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Also ich kann es Ihnen nicht beantworten, weil ich nicht die Wien Energie und nicht die Wiener Stadtwerke bin, aber ich wüsste nicht, was ich noch täte, wenn wir nichts von ihnen bekommen. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Das Zweite, was ich jetzt rausgehört habe, ist, dass Ähnliches für die Informationen gilt, die wir von der Stadt gerne hätten. Wenn das nicht freiwillig kommt, dann bekommen wir das auch nicht. Und bei der dritten Frage, die ich habe, würde ich jetzt gerne Kollegen Gara ansprechen: Wenn ich dich richtig verstanden habe, hast du gesagt, okay, du magst nicht, dass wir das gesammelt bekommen, aber wenn eine Expertin sich das anschaut, zum Beispiel jetzt die Handelsbücher der Wien Energie, oder ich weiß nicht, die Chats von irgendwem, und es dann ein Ergebnis gibt, mit dem wärst du einverstanden. Habe ich das so richtig verstanden? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Zur Frage zwei möchte ich auch noch erwidern: Ja, ich glaube, wir haben keine Durchsetzungsmöglichkeiten, wenn das eine andere amtliche Stelle ist. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Also kriegen wir nichts. So habe ich es verstanden. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich kann Ihnen nur aus der gerichtlichen Praxis versichern, auch ich habe die als Gericht etwa nicht. Es kommt immer wieder vor, dass ich von Behörden Akten anfordere, die ich dringend für meine Erledigungen brauche. Wenn nichts zurückkommt, dann schreibe ich ein weniger freundliches Schreiben, wenn dann nichts zurückkommt, ein noch weniger freundliches. Wenn dann nichts zurückkommt, rufe ich einmal dort den Abteilungsleiter an und hau auf den Putz oder frage unsere Präsidenten. Manchmal passiert auch dann nichts, dann kann ich das nur achselzuckend zur Kenntnis nehmen. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Dann habe ich Sie eh richtig verstanden. Nichts. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, ja, nichts. Ja, also zusammengefasst habe ich jetzt ein langes Nichts formuliert. Herr Stürzenbecher ist noch gemeldet. GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Ich habe mich jetzt für eine Stunde vertreten lassen, weil ich in Vertretung des Herrn Bürgermeisters drei Ehrungen durchzuführen hatte. Ich habe mich aber von Mitarbeitern über den Stand der Debatte informieren lassen und möchte schon auch eine grundsätzliche Bemerkung sagen. Wir sind im höchsten Ausmaß interessiert, dass im Rahmen der Stadtverfassung und im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes alles aufgeklärt wird, dass wir alles erfahren, was hier noch notwendig ist, und dass wir gesetzeskonform auch alle Unterlagen dazu bekommen und dass wir auch alle Auskünfte von Auskunftspersonen und Zeugen dazu bekommen. Dazu bekennen wir uns voll und ganz. Das Einzige, was nicht geht, weil auch Herr Wölbitsch schon einmal gesagt hat - ich glaube, das war im letzten Untersuchungsausschuss und auch öffentlich -, er hätte einen Beweisantrag vom Parlament abgeschrieben und die hätten das dort auch so gemacht: Dazu muss man einfach sagen, dass unsere rechtliche Grundlage eine sehr verschiedene ist. Das ist auch hier in den Begründungen von den hochgeschätzten Vorsitzenden ausgeführt worden. Die Untersuchungskommission des Nationalrates ist nach Artikel 53 Bundes-Verfassungsgesetz eingerichtet. Sie ist bundesverfassungsgesetzlich dazu festgelegt, das Interpellationsrecht des Nationalrates gegenüber allen Behörden des Bundes, Organen des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und sonstigen Selbstverwaltungskörpern auszuüben. Das heißt, sie haben ein sehr umfassendes Recht, und die diesbezüglichen Behörden sind eben aufgerufen und verpflichtet, alles vorzulegen. Dort geht eine Interpretation sogar so weit - wobei das, soviel ich weiß, noch nicht letztinstanzlich vom Verfassungsgerichtshof entschieden ist -, dass man sogar in Grundrechte eingreifen kann. Es ist die Frage, ob das wirklich so ist, aber jedenfalls ist das eine sehr weite Vorgangsweise, die dort aufgrund des Artikels 53 des Bundes-Verfassungsgesetzes ermöglicht wird. Wir haben eine Wiener Stadtverfassung, wo im Artikel 59a und so weiter unsere Untersuchungskommission geregelt ist, und wir sind eine Verwaltungsbehörde und haben als Verwaltungsbehörde das als Grundlage. Und das unterscheidet sich doch ganz wesentlich eben vom Nationalrat. Das ist etwas anderes, und wir sind alle dem Gesetz verpflichtet. Wir sind hoffentlich alle mit den rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft verbunden, wie es so schön auch im Gesetz heißt, und das heißt, wir müssen uns daran halten. Wir können da nicht einfach agieren und in Grundrechte eingreifen. Das heißt, dass Beweisanträge, die Grundrechte verletzen würden oder wo doch sehr viele Fakten dafürsprechen, dass es so ist, nicht einfach zugelassen werden können, auch vom hohen Präsidenten und beiden Stellvertretern nicht so einfach, weil dafür keine rechtliche Grundlage besteht. Deshalb würde ich wirklich sehr darum ersuchen, dass wir unsere Untersuchung, die sehr sinnvoll und wichtig ist und zu der wir uns bekennen, mit größtmöglicher Transparenz auf Basis der geltenden Rechtsordnung durchführen und nicht aufgrund einer Rechtsordnung, die für uns nicht gilt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Einen Punkt möchte ich dazu anmerken, weil Sie den Eingriff in Grundrechte erwähnt haben: Ich persönlich gehe davon aus, dass wenn wir ein Ersuchen stellen, das offensichtlich auf Freiwilligkeit basiert und jemanden ersucht, etwas vorzulegen, damit, glaube ich, kein Grundrechtseingriff verbunden sein kann, weil ja die ersuchte Stelle es in der Hand hat, darauf zu antworten oder nicht. Ich habe jetzt auf der Rednerliste noch fünf Personen: Guggenbichler, Taborsky, Wölbitsch, Ellensohn, Gara. Ich wäre sehr glücklich, wenn wir nach diesen Wortmeldungen die allgemeine Debatte beenden könnten. Es wird immer jemand von Ihnen etwas sagen, wo man dann wieder darauf reagieren will. Wir haben doch noch einiges an Programm vor uns, damit wir irgendwann zu einem Ende kommen. Die Positionen scheinen mir von den einzelnen Fraktionen jetzt schon ganz gut dargelegt. Herr Guggenbichler, bitte. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ich finde das schon sehr spannend. Sie haben es ja schon gesagt, Herr Vorsitzender, dass unsere Möglichkeiten sehr zahnlos sind, und wir haben ja in den letzten Monaten erfahren dürfen, wie toll das Gesetz nicht reformiert wird und wie transparent das jetzt nicht alles ist. Wir leben aber leider Gottes in der Kommission hier mit dieser Zahnlosigkeit, die wir eben rechtlich einfach vorgegeben haben. Von den Regierungsparteien finde ich es wirklich enttäuschend. Ich habe von Ihnen echt mehr erwartet. Am ersten Tag dieser ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ja, ich finde es wirklich enttäuschend. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich ersuche Sie, Zwischenrufe möglichst zu unterlassen, weil das die Diskussion verzögert. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Fürs Protokoll: Mit dem Zwischenruf ist jetzt Herr Reindl gemeint und nicht ich. (Heiterkeit.) Und Herr Stürzenbecher natürlich auch. Ich finde es ein bisschen komisch von euch, denn wir haben keine Rechte, etwas anzufordern, also können wir, so wie Sie sagen, ein Grundrecht nicht verletzen. Natürlich werden wir unsere Schlüsse daraus ziehen, wenn wir etwas nicht kriegen, das ist ganz klar. Das ist eine politische Auseinandersetzung, die man am Ende des Tages führen wird. Natürlich wird es auch so sein, wenn wir einen breiteren Beschlussantrag einbringen, werden wir uns auch den demokratischen Entscheidungen hier in diesem Gremium fügen. Deswegen können wir am Ende des Tages gar kein Grundrecht verletzen, und wenn es außerhalb des Untersuchungsgegenstandes ist, wird es wahrscheinlich auch geschwärzt werden, so wie wir das aus anderen Untersuchungskommissionen ja schon kennen. Also ist die Angst der SPÖ und der NEOS, dass hier Grundrechte verletzt werden, vollkommen unbegründet. Ich finde es nur sehr spannend, dass uns die Regierungsfraktionen mittlerweile auch schon vorzuschreiben versuchen, welche Anträge wir stellen dürfen und welche Fragen wir stellen dürfen. In dieser Form werden wir in der Kommission den Regierungsparteien nicht folgen, wir werden unsere Fragen stellen, wir lassen uns das von Ihnen nicht vorschreiben. Wir werden aber dann auch mit einem demokratischen Votum leben, wenn Sie unsere Fragen nicht zulassen. Politisch müsst ihr es halt selber aushalten. Schade. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Für das Letzte bin ich gleich vorweg dankbar, wenn Sie es akzeptieren würden, wenn Fragen nicht zugelassen werden. Nur zu einem möchte ich noch etwas ergänzen, Stichwort Grundrechtsverletzungen: Wo ich schon einen heiklen Bereich sehe, wäre, wenn wir so auftreten, dass wir den Eindruck vermitteln würden, dass die in Beschlag genommenen Personen jetzt gezwungen sind. Das, glaube ich, könnten wir wirklich nicht tun, dann wäre es allenfalls ein sogenannter Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die Betroffenen könnten eine Maßnahmenbeschwerde beim Verwaltungsgericht Wien einbringen. Das wäre eine Posse, die ich uns ersparen möchte. Das würde niemandem etwas bringen, und bis es durch die Höchstgerichte entschieden ist, ist dieses Gremium längst vorbei. Also ich hoffe, dass wir nicht an diesen Punkt kommen. Herr Taborsky ist der Nächste auf meiner Liste. GR Hannes Taborsky (ÖVP): Ja, ich mache es ganz kurz. Weil sehr stark auf Betriebsgeheimnisse und diese Dinge reflektiert wurde, möchte ich anmerken: Ich bin Herrn Stürzenbecher sehr dankbar, dass er den Rechtsrahmen und mehrfach das Wort Verwaltungsbehörde erwähnt hat, denn eine Verwaltungsbehörde hat gewisse Regeln, unter denen sie agiert, zum Beispiel Amtsverschwiegenheit, zum Beispiel Amtsgeheimnis und so weiter. Als Teil einer Verwaltungsbehörde bin ich persönlich zumindest gewohnt, dass ich zum Beispiel der Amtsverschwiegenheit unterliege. Wir haben auch als Untersuchungskommission ja mehrere Instrumente - Herr Wölbitsch hat es schon angeführt -, vertrauliche Sitzungen zu machen, und dieses Instrument ist ja gut, weil eben Behörden grundsätzlich, wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeit tätig sind, auch Betriebsgeheimnisse haben. Ich komme selber aus einer Behörde, wo das üblich ist. Die müssen alles offenlegen, aber ich darf darüber nicht reden. Das ist ganz klar. Das heißt, es gibt ja Instrumente, wie wir das trotzdem machen, und ich würde das jetzt nicht als Totschlagargument verwenden, dass wir nichts kriegen, denn ein Betriebsgeheimnis muss jeder Behörde bekannt gegeben werden. Das kann auch hier nicht der Grund sein, warum wir es nicht erfahren dürfen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Sladecek, bitte. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Ich verfolge mit Interesse die ganze Debatte hier. Ein bisschen ist es ein Streit um Kaisers Bart. Erstens einmal, Herr Wölbitsch, Sie kritisieren, dass die Stadt Wien nicht anders reformiert hat. Ich meine, wir haben jetzt im Gegensatz zu früher das Schiedsgremium dazubekommen. Die Stadt Wien oder das Land Wien kann also nicht den Verfassungsgerichtshof ganz einfach verpflichten, dass er entscheiden muss. Das wäre eine Novelle der Bundesverfassung. Dafür ist die Stadt Wien nie im Leben zuständig, also bitte bleiben wir am Boden der Verfassung. Das ist einmal das Erste. Zweitens würde ich ersuchen: Bevor man die Debatte noch verlängert, warten wir einmal ab, was die Zeugen sagen und was wir an Unterlagen überhaupt bekommen. Die ganze künstliche Aufregung, dass wir nichts bekommen, ist für mich ein bisschen seltsam und wirklich ein Getöse. Warten wir ab. Wenn wir es kriegen, können wir immer noch protestieren, dass wir zu wenig bekommen haben, aber, ich meine, von vorneherein zu sagen, wir bekommen gar nichts, ist für mich ein bisschen merkwürdig. Wir wollen ja aufklären, was da passiert ist und nicht uns gegenseitig polemisch irgendetwas an den Kopf werfen. Dann werden wir auch sehen, wie das mit den Grundrechten ist, was da verletzt wird oder was nicht verletzt wird. Ich meine, ich würde um ein bisschen Geduld bitten. Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke schön. Herr Wölbitsch ist der Nächste auf meiner Liste. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Da muss ich jetzt auf den Herrn Vorsitzenden referenzieren. Vielleicht nur ganz kurz: Das Wort Getöse von einem unabhängigen Vorsitz gegenüber all jenen, die hier in der Untersuchungskommission vertreten sind, halte ich für nicht angebracht. Das Zweite, was Sie angesprochen haben, ist schon: Es gibt so etwas im Burgenland, nämlich den Verwaltungsgerichtshof, wo es sehr wohl die Möglichkeit für eine zweite Instanz gibt. Es muss nicht der Verfassungsgerichtshof sein, im Burgenland ist es der Verwaltungsgerichtshof, und das war auch eine der Forderungen, die wir für die Reform der U-Kommission gehabt haben. Eine der Forderungen war auch, weil Sie es vorhin angesprochen haben, Herr Gara, dass man auch eine Klassifizierung von Dokumenten und Informationen vorsieht. Auch das ist jetzt nicht drinnen und das führt dazu, dass wir zumindest jetzt einmal vor der Situation stehen, dass wir darauf vertrauen müssen, Herr Vorsitzender, dass wir Unterlagen und Dokumente bekommen, die uns freiwillig netterweise die Stadt liefert. Es tut mir sehr leid: Für alle, die halt auch in der Opposition schon länger politisch tätig sind, ist daher das Vertrauen relativ gering, weil es auch ansonsten mit der Transparenz, zumindest aus unserer Erfahrung als Oppositionspartei, sehr schlecht ausschaut. Daher bitte ich auch um Verständnis, dass unser Grundvertrauen ein bisschen eingeschränkt ist. Warum wir hier auch so verweilen, ist, weil natürlich dann schon die Frage besteht, ob die Self fulfilling Prophecy der SPÖ dann irgendwie eintritt, dass man zuerst sagt: Na ja, es ist nichts passiert. Dann hat man eine Untersuchungskommission, wo man nichts untersuchen kann und eigentlich nichts geliefert wird, dann sagt die SPÖ: Na ja, es ist nichts geliefert worden, man hat nichts gefunden, also eigentlich ist nichts passiert. Ich komme dann gerne auch noch darauf zu sprechen, weil Sie das angesprochen haben, Herr Gara, warum uns die Dinge so wichtig sind. Wir haben uns zu allen Beweisanträgen - ich glaube, man sieht es auch sehr gut in der Begründung; wurscht, muss man nicht vergleichen - die Dinge auch relativ gut überlegt, warum wir sie haben wollen, und ich unterstelle, dass Sie das auf der Bundesebene auch getan haben, also dass Sie das gemeinsam mit der SPÖ auch getan haben, dass Sie nicht aus Jux und Tollerei Beweisanträge gestellt haben, sondern dass Sie sich das wahrscheinlich auch sehr gut überlegt haben. Gleiches gilt auch für uns. Ich weiß, es ist dann die Erzählung, dass man sagt, man relativiert es dadurch, das ist jetzt Bund gegen Wien, aber der Punkt ist: Sie haben auf Bundesebene verschiedene Maßnahmen eingefordert, um einen Sachverhalt aufklären zu können. Ich will das gar nicht bewerten. Sie werden einen guten Grund gehabt haben, wir haben ihn auch. Wir können ihn dann gerne durchgehen, wenn wir zu den einzelnen Beweisanträgen kommen. Was ich nur unterscheiden will: Begonnen hat es mit der Wortmeldung von Herrn Reindl, und das war eine moralische Diskussion. Deshalb wollte ich Ihnen das nur gegenüberhalten. Man kann natürlich sagen, es gibt einen rechtlichen Unterschied, es gibt einen Unterschied in den Rahmenbedingungen. Ich habe auch gerade gesagt, wir hätten uns auch eine andere Form der Untersuchungskommission gewünscht, deswegen haben wir auch nicht zugestimmt. Nur diese beiden Dinge würde ich dann schon auseinanderhalten. Also entweder man sagt: Wahnsinn, was die Opposition alles will. (Zwischenruf.) - Na ja, es war schon ein bisschen so. Dann muss man halt schon gegenüberstellen, was die SPÖ im Parlament eingefordert hat. Oder man sagt, es ist eine rechtliche Diskussion, okay, aber die Dinge so zu vermischen, hat mich schon dazu geführt, das ein bisschen emotionaler zu beantworten. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Vermischen ist ein gutes Stichwort. Ich möchte schon darauf pochen, dass wir so seriös bleiben, dass nicht ein Verhalten von irgendwelchen Leuten im U-Ausschuss im Bund relevant dafür sein kann, wie diese Behörde arbeitet oder funktioniert. Da hat das eine mit dem anderen, glaube ich, nichts zu tun. Das mag für einzelne Beteiligte emotional so sein, aber für mich hat es keine Relevanz. Herr Sladecek noch einmal, bitte. Gut, dann ist Herr Ellensohn der Nächste auf der Liste. GR David Ellensohn (GRÜNE): Wir haben auf Bundesebene völlig andere Regeln als in Wien, das ist jetzt ausgeführt worden. Ich höre aber bei allen ein großes Bedauern darüber, dass es andere Regeln sind, also muss es ja ein Leichtes sein - nicht das eins zu eins anzupassen, das geht nicht, aber eine neue Verfahrensordnung et cetera ist ja alles möglich. Ich höre dazwischen, es geht nur aus rechtlichen Gründen nicht. Gut, dann ändert man halt die Rahmenbedingungen. Es muss ja ein Leichtes sein, dass man das innerhalb von ein paar Monaten - nicht für die laufende, das ist mir schon klar, aber für die nächsten Untersuchungskommissionen - macht. Wenn ich zuhöre: Es ist es sehr schade, dass es so nicht geht. Im Bund nutzen es alle aus, nämlich die Parteien, die hier die Mehrheit für Änderungen beschaffen könnten. Dann kann man ja möglichst nahe an die Bundesregelungen herankommen. Was wir trotzdem in Wien haben, ist: Zeugen und Zeuginnen müssen kommen, da gibt es sogar eine Beugehaft, und wenn sie hier sind, müssen sie unter Wahrheitspflicht aussagen. Da muss man halt das mehr strapazieren. Wenn man kein Material kriegt, wird man die alle nach solchen Sachen fragen müssen. Natürlich wäre es günstig, wenn man es vorher hat, aber dann wird man halt mit Zeugen und Zeuginnen entsprechend verfahren müssen, natürlich immer innerhalb der Regeln, die in der Untersuchungskommission gegeben sind. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herrn Gara habe ich noch auf der Liste. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Ich möchte dem auch nichts mehr hinzufügen. Die Ausführungen vom Stellvertretenden Vorsitzenden Sladecek waren, glaube ich, sehr klar, und dem möchte ich mich auch anschließen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ich möchte nur bei Herrn Gara noch einmal nachfragen, weil er ja vorhin gesagt hat, dass er einverstanden ist, dass ExpertInnen das überprüfen können. (Zwischenruf.) - Das hat er gesagt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic, wollen Sie noch einmal die Frage an Herrn Gara formulieren? Nur damit klar ist, worüber wir reden. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): In meiner Erinnerung hat Herr Gara vorhin gesagt, dass er nicht möchte - er hat das auf die Wien Energie bezogen -, dass wir zum Beispiel in Handelsbücher der Wien Energie reinschauen, aber auch in Chats der Stadt Wien, aber er ist einverstanden, wenn das Gutachter machen, ExpertInnen machen, die uns dann berichten. So habe ich ihn verstanden, und deswegen wollte ich noch einmal nachfragen. Wenn das so ist, dann kann ich damit leben. Deswegen wollte ich noch einmal nachfragen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Zunächst dazu: Ich glaube, auch wenn sich alle einig sind, können wir auch nicht Kompetenzen erfinden, die wir dem Gesetz nach nicht haben. Herr Gara, wollen Sie noch etwas dazu sagen, ob Sie das so gemeint haben? Nur um Missverständnisse aufzuklären. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Nein, ich möchte jetzt nicht viel mehr dazu sagen. Grundsätzlich geht es mir wirklich darum, Beweisanträgen, die für den Sachverhalt sachdienlich sind, werden wir natürlich zustimmen. Das haben wir bis dato auch so gemacht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Dann komme ich jetzt zu einem konkreten Beweisantrag und nicht nur zu den Beweisanträgen in der Theorie, nämlich 116 (Anm. 2088928-2022/116) habe ich als Nächsten liegen, ein Beweisantrag der ÖVP, den wir beim letzten Mal zurückgestellt haben. Es geht um die Vorlage von Akten, Dokumenten und Unterlagen, inklusive elektronischen E-Mail-Postfächern des Herrn Bürgermeisters in Zusammenhang mit dem Notkompetenzrecht. Meine Frage - und das werden Sie noch öfter hören heute - an Sie von der ÖVP: An wen soll diese Anfrage gerichtet werden, Herr Wölbitsch? GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Vielleicht weil auch gefragt worden ist, wie wir die Dinge begründen: aus unserer Sicht an die Magistratsdirektion. Analog ist es im Bund entweder in einem Ministerium das Generalsekretariat oder eine Sektion, die Informationen beschafft, daher, glaube ich, in der Analogie bei uns die Magistratsdirektion. Ich darf nur auch die Begründung noch einmal kurz anführen, weil auch vorhin einiges an Rechtsmeinungen gekommen ist. Übrigens sind die Rechtsmeinungen nicht so eindeutig. Wir werden uns auch erlauben, natürlich hier entsprechende Dinge auch zur Verfügung zu stellen, denn so, wie das dargestellt wurde, ist es eindeutig, dass es nicht geht. So eindeutig ist es nicht, auch wenn man sich unterschiedliche Rechtsmeinungen anschaut. Warum wollen wir das beim Thema Notkompetenz? - Wir müssen beim Thema Notkompetenz nachvollziehen, wann der Bürgermeister das erste Mal darüber informiert wurde, dass die Wien Energie jetzt in dem konkreten Fall - nehmen wir das erste Mal her - 700 Millionen braucht. Wie er das gesagt hat und was auch die Notkompetenz rechtfertigt, ist, dass er nur wenige Stunden oder nur sehr kurz Zeit hatte, zu entscheiden und deshalb mit einer Unterschrift dieses Geld vergeben hat. Warum ist uns das so wichtig? - Weil die Notkompetenz natürlich schon ein Mittel ist, das einem Bürgermeister sehr viel Macht in die Hände gibt. Er kann eben, wie wir gesehen haben, bis zu Milliardenbeträge mit einer Unterschrift vergeben, und wir sind der Meinung, es muss daher sorgsam damit umgegangen werden. Um herauszufinden, ob der Herr Bürgermeister das richtig gezogen hat, müssen wir wissen, wann der Herr Bürgermeister informiert wurde. Jetzt können wir uns darauf verlassen, was der Herr Bürgermeister sagt, wenn er hier ist. Wir können uns auf Gesprächsunterlagen oder offizielle Protokolle beziehen, die es gibt. Natürlich gibt es nicht bei jedem Gespräch ein Protokoll. Natürlich können Situationen auftreten, um es gleich konkret zu machen, dass der Herr Finanzstadtrat den Herrn Bürgermeister zwei Wochen vorher, über welchen Kanal auch immer, darüber informiert, dass die Wien Energie in einer Schieflage ist, einen dringenden Kapital- und Liquiditätsbedarf hat und daher die Stadt einspringen muss. Wenn er das wirklich zwei Wochen vorher getan hätte, dann würde das schon bedeuten, dass die Notkompetenz nicht zu Recht gezogen wurde, sondern dass andere Gremienentscheidungen möglich gewesen wären. Und um das nachvollziehen zu können, brauchen wir die Kommunikationen, die im Bereich des Verwaltungshandelns liegen. Da beziehen wir uns natürlich schon auch darauf, was jetzt sozusagen in Bezug auf Verwaltungshandeln auch auf Bundesebene bisher definiert wurde. Das heißt natürlich auch Kommunikationen mit dem Diensthandy, das heißt aber auch E-Mails und das heißt natürlich auch Kalendereinträge, wo zum Beispiel ersichtlich wäre, es gab ein Treffen zu diesem Thema, lange bevor diese Notkompetenz gezogen wurde. Daher gibt es bei aller Aufregung einen, glaube ich, sehr gut sachlich rechtfertigbaren Grund, warum wir zur Aufklärung dieses Sachverhalts diese Dinge auch hier brauchen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Nur letztlich meine Frage, um es mir nachher dann zu ersparen: Das heißt, ich frage immer, sofern das am Ende so durchgehen sollte, die Magistratsdirektion auch bei ähnlich gelagerten Beweisanträgen, auch bezüglich Telefonlisten et cetera? Danke, Herr Wölbitsch. Gibt es noch eine Wortmeldung? - Stürzenbecher. GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Wir sind an umfassender Aufklärung interessiert, und alles, was zur Aufklärung sachlich beiträgt, ist im elektronischen Akt, im sogenannten ELAK drinnen. Ich gehe davon aus, dass das auch vorgelegt wird. Darüberhinausgehend in Grundrechte einzugreifen, scheint mir nicht sinnvoll, wenn das angefordert würde. Im Übrigen verweise ich auf das, was ich in der allgemeinen Debatte über das Rechtliche ausgeführt habe. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut, in der allgemeinen Debatte wurde ja viel ausgeführt. Ich ersuche, das nicht bei jedem Punkt jetzt noch einmal zu wiederholen. Ich habe mir alles gemerkt, das Protokoll sicher auch. Gibt es weitere Wortmeldungen konkret zu diesem Beweisantrag. Wenn dem nicht der Fall ist ... Ja, Herr Gara. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Erstens zu diesem und vielleicht auch zu Folgendem, weil es exemplarisch ist: Hier ist eine gesamte Auflistung von Personen, die vollkommen unklar ist. Wir wollen hier Chatprotokolle, das möchte ich hier nur auch klarstellen, von Personen, die nicht einmal namentlich genannt sind, also quasi weit auslaufend, so nach dem Motto: Irgendjemand hat hier mit irgendjemandem telefoniert. Das kann es nicht sein, und daher ist es schon wichtig, dass hier das Schiedsgremium auch eine Stellung bezieht. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, noch einmal. Bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Minikommentar, ich muss es leider wirklich sagen: Es gibt genug Beweisanträge auch von den NEOS auf anderer Ebene. Die Rede ist von allen Mitarbeitern, allen Mitarbeitern! (Zwischenruf.) Ich nehme an, Sie haben einen guten Grund gehabt, warum Sie das tun und warum Sie das auch in Frage stellen, weil natürlich für uns nicht nachvollziehbar ist, oder vor allem noch nicht nachvollziehbar ist, wer aller in welche Entscheidungen, Gremien, Sitzungen et cetera involviert war. Das, nehme ich an, ist der Grund, warum Sie das auf Bundesebene so gestellt haben, noch ein bisschen weitläufiger, als wir das tun. Das hat also auch eine sachliche Rechtfertigung, und ich nehme an, es hatte auch bei Ihren Anträgen auf Bundesebene eine. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ganz kurze Pause für eine Besprechung. (Unterbrechung um 16.25 Uhr) (Wiederaufnahme um 16.26 Uhr) Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Gara, noch einmal. Bitte. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Ich muss auf Herrn Wölbitsch antworten. Das bezieht sich nicht nur auf diesen Beweisantrag, sondern einige andere auch. Ich halte fest, die ÖVP möchte Chatprotokolle von Personen, die sie nicht einmal namentlich nennen kann. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Weitere Wortmeldungen. Herr Ellensohn, bitte schön. GR David Ellensohn (GRÜNE): Wir haben ja folgendes Problem: Viele glauben nicht, dass der Herr Bürgermeister nie davon erfahren hat, was bei der Wien Energie los ist und dann plötzlich irgendwo drücken musste, 700 Millionen EUR, und wieder sechs Wochen lang geschlafen hat, wieder nichts mitkriegt und wieder drücken muss. Das glauben wir einfach nicht. Unser Problem ist, jetzt haben wir nur eine Chance. Da sitzt der Herr Bürgermeister, den fragen wir, der sagt: Ich habe nichts gewusst. Dann fragen wir den Nächsten, der sagt auch: Ich habe nichts gewusst. Und dann ist es das gewesen, denn wir müssen es dann glauben, weil wir ja annehmen müssen, dass er unter Wahrheitspflicht ausgesagt hat, und wir haben keine Möglichkeit, dann irgendetwas herauszufinden, wenn man nicht die Unterlagen hat. Man muss ja nur überlegen, was auf Bundesseite alles nicht da wäre. Wenn man die Leute nur gefragt hätte, würden wir heute allerhand nicht wissen. Deswegen werden wir dem Antrag auch zustimmen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut, ich würde mich sehr freuen, wenn ich jetzt über den Antrag abstimmen lassen könnte. Wer stimmt für diesen Antrag? - Das sind die Fraktionen FPÖ, ÖVP, GRÜNE. - Das ist keine Mehrheit, aber mehr als vier Personen, oder mindestens vier Personen. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums in dieser Angelegenheit? - Das sind NEOS und SPÖ, die GRÜNEN auch und die FPÖ auch. Beweisantrag 117 (Anm. 2088928-2022/117). Ich glaube, da werden jetzt manche Dinge recht analog passieren, weil sie sehr ähnlich gestaltet sind. Ich möchte aber trotzdem nichts im Bündel abstimmen lassen, weil der Teufel im Detail liegt, damit nicht irgendwo dann der Hund ausgegraben wird, den ich gerade begrabe. Beweisantrag 117. Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind SPÖ, NEOS, GRÜNE, FPÖ. Beweisantrag 118 (Anm. 2088928-2022/118), wieder ähnlich gestrickt. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Beweisantrag 119 (Anm. 2088928-2022/119), ein wenig anders gestrickt. Hier geht es um Telefonatlisten des dienstlichen Mobiltelefons des Herrn Bürgermeisters. Gibt es hier zusätzliche Wortmeldungen? Dann stimmen wir auch darüber ab. Wer stimmt für diesen Antrag?- Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums in dieser Angelegenheit? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 120 (Anm. 2088928-2022/120). Hier geht es wieder um Telefonatlisten betreffend den amtsführenden Stadtrat Peter Hanke. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 122 (Anm. 2088928-2022/122). Hier geht es wieder um E-Mail-Postfächer betreffend Stadträtin Ulli Sima für Zeiträume in der Vergangenheit. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 123 (Anm. 2088928-2022/123). E-Mail-Postfächer betreffend Stadträtin außer Dienst Renate Brauner. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - ÖVP, GRÜNE, FPÖ. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 124 (Anm. 2088928-2022/124). Unterlagen betreffend den amtsführenden Stadtrat Peter Hanke. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Beweisantrag 125 (Anm. 2088928-2022/125) betrifft Herrn Magistratsdirektor außer Dienst Erich Hechtner betreffend Unterlagen im Zusammenhang mit der Anteilsverwaltung als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Wiener Stadtwerke GmbH. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 126 (Anm. 2088928-2022/126) betrifft Magistratsdirektor Dietmar Griebler, Unterlagen in Bezug auf die Ausübung der Anteilsverwaltung als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Wiener Stadtwerke ab dem 13.7.2022. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - ÖVP, FPÖ GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 127 (Anm. 2088928-2022/127) betrifft, ähnlich gestrickt, wieder den Bürgermeister im Zusammenhang mit Ausübung der Anteilsverwaltung. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Nummer 127 ist von der ÖVP. (Zwischenruf.) Möglicherweise habe ich sie anders sortiert als Sie. (Zwischenruf.) - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. 128 (Anm. 2088928-2022/128) betrifft wieder die ÖVP, einen Beweisantrag im Zusammenhang mit Dr. Michael Häupl, Bürgermeister außer Dienst. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Ich glaube, ich habe mich bis jetzt bei den Parteibezeichnungen noch nicht versprochen. Ich bin stolz auf mich. Sind Sie es auch, bitte. (Heiterkeit.) Danke schön. Nummer 132 (Anm. 2088928-2022/132) ist ein wenig anders gestrickt. Viele Argumente passen auch hier wieder aus der vorigen Diskussion. Hier geht es um die Vorlage des elektronischen und allenfalls analogen Kalenders beziehungsweise sämtlicher Kalendereinträge betreffend Finanzstadtrat Peter Hanke. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 133 (Anm. 2088928-2022/133). Hier geht es um Kalender betreffend Bürgermeister Michael Ludwig. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. 138 (Anm. 2088928-2022/138). Es geht hier wieder um eine neue Kategorie, Vorlage der elektronischen Dateien der Kommunikationsverläufe auf dem Diensthandy beziehungsweise einem etwaigen Diensttablet, wie SMS, I-Message, WhatsApps, Signal, Telegram et cetera betreffend den amtsführenden Stadtrat Peter Hanke. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind die Stimmen von ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 139 (Anm. 2088928-2022/139), ähnlich gestrickt, der Beweisantrag betreffend den Bürgermeister betreffend Notkompetenzverfügungen. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Dann Nummer 143 (Anm. 2088928-2022/143). Da war beim letzten Mal noch ein Beweisantrag der ÖVP. Hier wird die Vorlage sämtlicher Protokolle der Aufsichtsratssitzungen der Wiener Stadtwerke GmbH beziehungsweise vormals Wiener Stadtwerke AG ab 24.11.2012 beantragt. Da waren Sie beim letzten Mal so freundlich, das noch zurückstellen zu lassen, in meiner möglicherweise naiven Hoffnung, dass man in Zwiegesprächen noch eine Einigung auf eine bestimmte Einschränkung erzielen kann. Herr Wölbitsch, können Sie etwas dazu sagen? Bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Ja, zwei Dinge. Erstens haben wir den Untersuchungszeitraum ja auch deshalb gewählt, weil wir eine gewisse Pfadabhängigkeit vermuten, die sozusagen zu dieser Entscheidung oder zu verschiedenen Entscheidungen, die bei der Wien Energie durchgeführt wurden, geführt haben. Das beginnt mit unterschiedlichen Compliancedingen, Änderungen im Unternehmensrecht, die sich über diesen Zeitraum entwickelt haben. Wir haben auch heute gerade in der Sitzung wieder einen weiteren Aspekt dazubekommen, der aus meiner Sicht diesen Zeitraum auch rechtfertigt, nämlich die große Frage: Was hat alles dazu geführt, dass die Wien Energie Anfang des Jahres, die jetzt auch von Experten bestätigte fehlende Liquidität hatte? Nachdem das nicht von heute auf morgen passiert, sondern auch schon eine Geschichte haben muss und auch schon über einen gewissen Zeitverlauf so sein muss, dass man auf einmal keine Liquidität mehr hat, ist es weiterhin auch unser Wunsch, dass wir eben diese Pfadabhängigkeit, von der ich gesprochen habe, auch entsprechend überprüfen können. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Das heißt, ich nehme aus Ihrer Wortmeldung mit, der Beweisantrag bleibt in dieser Form vollinhaltlich aufrecht. Herr Reindl, bitte schön. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Wir werden um Prüfung bitten. Aufsichtsratsprotokolle sind streng vertraulich. Es liegt aus unserer Sicht hier auch ein Erkundungsbeweis vor. Ich finde es sehr schade, dass die ÖVP nicht in der Lage war, das zu konkretisieren, aber so ist das halt. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Dann ersuche ich hier um Abstimmung. Wer stimmt für diesen Beweisantrag 143? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Überraschend NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 144 (Anm. 2088928-2022/144), Protokolle der Aufsichtsratssitzungen der Wien Energie GmbH. Ich nehme an, hier wird das Verhalten ähnlich sein. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Dann kommen wir zu Nummer 180 (Anm. 2088928-2022/180). Thematisch habe ich mir 180 als Nächsten dazugelegt, betrifft die FPÖ. Hier geht es um Protokolle der Gesellschafterversammlungen der Wien Energie GmbH seit Jänner 2017. Da ist noch meine Frage an die FPÖ: Soll ich das beim Magistrat erfragen oder soll ich das bei der Wien Energie erfragen? Bitte, Herr Guggenbichler. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Am besten wäre bei beiden. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Bei beiden hätten Sie gerne, also beim Magistrat und bei der Wien Energie. Herr Reindl, bitte noch eine Wortmeldung. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Wir werden auch hier um Prüfung bitten. Erstens: Die notwendigen Informationen über Gesellschafterversammlungen kann man aus dem Firmenbuch abrufen. Zweitens ist es auch hier ein Erkundungsbeweis, weil nicht genau definiert ist, welche Inhalte gefragt werden. Das ist einfach zu weit gefasst und zu unbestimmt, und es geht letztlich auch wieder um Betriebsgeheimnisse. Danke schön. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Dann habe ich als Nächstes - verzeihen Sie mir, wenn ich es anders als bei Ihnen angeordnet habe. Ich habe es versucht, thematisch ein wenig zu gliedern. 208 (Anm. 2088928-2022/208) und 209 (Anm. 2088928-2022/209) sind zwei Beweisanträge der GRÜNEN, die, glaube ich, und Sie werden mir gleich sagen, ob ich das richtig verstanden habe, nicht mehr aktuell sind, weil sie durch 237 (Anm. 2088928-2022/237) und 238 (Anm. 2088928-2022/238) ersetzt wurden. Ist das richtig? - Ich sehe nach oben gehobene Daumen. Das heißt, 208 und 209 werte ich als zurückgezogen, möchte aber gleich im Anschluss die neuen Beweisanträge 237 und 238 diskutieren, damit Sie jetzt nicht dadurch einen Nachteil haben, dass Sie es neu eingebracht haben, sondern konkretisiert auf diesem Weg. 237 betrifft Vorlage aller Geschäfts-, Jahres- und Quartalsberichte sowie Sonderberichte et cetera ab dem 1.1.2018 betreffend Wien Energie GmbH und Wiener Stadtwerke GmbH. Soweit ich das gesehen habe, haben Sie im Vergleich zu den Beweisanträgen beim letzten Mal den Zeitraum eingeschränkt. Ansonsten hat sich, glaube ich, nichts verändert. Gibt es dazu zusätzlichen Diskussionsbedarf über das letzte Mal hinaus? Dann ersuche ich um ein Zeichen, wer diesem Beweisantrag zustimmt. - Das ist einstimmig. 237 und 238 betrifft Protokolle des Aufsichtsrats der Wien Energie GmbH ab 1.1.2018. Hier ist nur wieder meine Frage an Sie: Bei wem fordere ich das an, an wen ist das zu richten, Herr Ellensohn? GR David Ellensohn (GRÜNE): 237 bitte beim Magistrat, bei der Wien Energie und bei den Stadtwerken, und 238 beim Magistrat und bei der Wien Energie. Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Dann sind wir jetzt bei 238 bei der Abstimmung. Eine Wortmeldung von Herrn Reindl. Bitte. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Wir werden auch bei diesem Antrag um Überprüfung bitten. Ich verweise hier auf meine Ausführungen zu 180, wo es um die Protokolle der Gesellschafterversammlungen gegangen ist. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Wer stimmt für den Beweisantrag 238? - Das sind die GRÜNEN und die FPÖ, die ÖVP auch nach einigem Zögern. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind NEOS, SPÖ und die FPÖ. Dann habe ich als nächstes Beweisantrag 174 (Anm. 2088928-2022/174), der wurde beim letzten Mal auch zurückgestellt. Ein Beweisantrag der FPÖ. Hier habe ich eine Rückfrage an die FPÖ. Hier wird nämlich auf die Wiener Stadtwerke Holding GmbH Bezug genommen. Meines Wissens gibt es die Wiener Stadtwerke GmbH oder die Wien Holding GmbH, aber keine Mischform aus den beiden. Können Sie noch konkretisieren, Herr Guggenbichler, wer gemeint ist? GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Es geht um die Stadtwerke GmbH. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Es geht um die Stadtwerke GmbH. Das habe ich fast angenommen. Diese Wortmeldung darf ich dann auch auf weitere Beweisanträge beziehen, wo das ähnlich formuliert ist? - Er nickt, also werde ich das so deuten. Gibt es zu diesem Beweisantrag sonst noch Wortmeldungen? - Herr Reindl, bitte schön. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Ich verweise auf die Grundsatzdiskussion, die wir ja schon geführt haben, und möchte nur hinweisen: Alles was für uns relevant ist, ist sicher im elektronischen Akt, und wir werden hier auch um Überprüfung bitten. Danke schön. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind die Stimmen von ÖVP, FPÖ, GRÜNEN. Wer stimmt in dieser Angelegenheit für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 175 (Anm. 2088928-2022/175). Geklärt haben wir das mit der Stadtwerke Holding Gmbh. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das ist ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 176 (Anm. 2088928-2022/176). Wir nähern uns dem Ende der liegengebliebenen Beweisanträge. Hier geht es um Protokolle - in Klammer -, auch Telefon-, Handyprotokolle, Chatprotokolle et cetera. Gibt es hier weitere Wortmeldungen? Sonst lasse ich den Antrag abstimmen. Wer stimmt für diesen Antrag? - Das sind die ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Zuweisung an das Schiedsgremium? - Das sind NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. 177 (Anm. 2088928-2022/177), ähnlich wie zuletzt. Wer stimmt für diesen Antrag? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. Nummer 178 (Anm. 2088928-2022/178), Beweisantrag der FPÖ. Wieder Telefonprotokolle, E-Mail-Verkehr et cetera. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. 179 (Anm. 2088928-2022/179), ähnlich gelagert. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Wer stimmt für eine Anrufung des Schiedsgremiums? - Das sind NEOS, SPÖ, GRÜNE, FPÖ. 170 (Anm. 2088928-2022/170) habe ich als Nächsten bei mir liegen. Da habe ich beim letzten Mal darauf hingewiesen, dass ich eine Zeugenladung, die sich nur auf Einvernahme eines Zeugen bezieht, kaum ausfertigen kann, weil ich auch nicht wüsste, an wen sie zu schicken ist. Ich bin mit Herrn Krauss im Grunde so verblieben, dass er möglicherweise eine Stellungnahme an die Freshfields Bruckhaus Deringer formulieren möchte, wer denn jetzt überhaupt zuständig war, um dann einen Zeugen zu nennen. Jetzt weiß ich nicht, wie der Stand aktuell hinsichtlich dieses Beweisantrags ist, ob ich den als zurückgezogen werten kann oder ob ich den offenlassen soll. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Lassen Sie ihn bis zum nächsten Mal noch offen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut, Herr Guggenbichler sagt, noch offenlassen, dann kommt der auf den Stapel mit zurückgestellt und hat damit den Titel als ältester offener Beweisantrag dieser Untersuchungskommission, nachdem alle anderen erledigt wurden. Verbessern Sie mich, wenn ich irgendeinen von den alten vergessen habe, aber das scheint nicht so zu sein. Gut, ich möchte noch zu den neuen Beweisanträgen kommen. Wir haben leider ein großes Paket im Schiedsgremium, das wir in den nächsten zwei Wochen behandeln müssen. Ich möchte die neuen Beweisanträge jetzt dennoch auch abstimmen lassen, aber eine Zuweisung zum Schiedsgremium, wie gesagt, würde ich nicht abstimmen lassen, sondern nur zunächst überprüfen, ob es eine Mehrheit gibt und den Rest dann im Jänner machen. Gut, Beweisantrag 212 (Anm. 2088928-2022/212). Herr Reindl. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Entschuldigen Sie, Herr Vorsitzender, aber könnten wir uns darauf einigen, wenn wir jetzt eine Zuweisung machen, dass dann quasi die Frist mit der nächsten Sitzung zu laufen beginnt, oder wollen Sie das aus formalen Gründen nicht? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ich möchte es nicht, weil ich mit Fristen, die in der Verfassung normiert sind, mit großem Respekt und Unterwürfigkeit umgehen will. Es wird nichts passieren, Sie haben keine Möglichkeit, uns rauszuwerfen oder sonst wie zu sanktionieren, wenn wir es nicht tun, aber ich möchte hier schon ordentlich arbeiten und auch den Anschein wahren, dass wir ordentlich arbeiten. 212 ist der Beweisantrag. Meine Frage an den Vertreter der FPÖ: An wen wäre ein solches Auskunftsersuchen zu richten? Bitte, ich habe es jetzt nicht im Protokoll. Herr Guggenbichler. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): An den, der damit beschäftigt war. Das können wir ja nicht sagen, weil wir es ja nicht wissen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Aber irgendeine Stelle muss ich ja wissen. Wenn ich das unterzeichne, muss am Briefkopf oben quasi irgendein Adressat stehen, sonst kann ich es nur zu den Akten nehmen und es läuft nirgendwohin. Ich kann es also entweder dem Magistrat oder der Wien Energie schicken. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Beiden. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Beiden. An Magistrat und Wien Energie wollen Sie es. Gut. Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Beweisantrag? Dann ersuche ich um Zustimmung zu diesem Beweisantrag Nummer 212. - Das ist einstimmig. Das freut mich besonders, wenn das einstimmig funktioniert, dann brauchen wir das auch in weiterer Folge nicht mehr beschäftigt haben. 213 (Anm. 2088928-2022/213). Hier geht es wieder um Telefon-, Chatprotokolle, E-Mail-Verkehr. Ich nehme an, hier wird die Einstimmigkeit nicht mehr vorherrschen. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind die Stimmen von ÖVP, FPÖ, GRÜNEN. Wie angekündigt, ich lasse jetzt nicht über die Anrufung des Schiedsgremiums abstimmen. Das machen wir beim nächsten Mal, aber wir haben schon quasi für das übernächste Mal ein Programm in Vorbereitung. 214 (Anm. 2088928-2022/214) betrifft eine Zeugeneinvernahme, Vorstand CEO der BAWAG P.S.K., namentlich genannt. Gibt es dazu Wortmeldungen? Wir haben ja auch schon einen Vorsitzenden der UniCredit beschlossen. Gut, wer stimmt diesem Antrag 214 zu? - Ist einstimmig. Nummer 216 (Anm. 2088928-2022/216). Da hätte ich nur eine Frage an die Runde, sei es Herr Guggenbichler oder wer auch sonst, als Laie: Ich weiß nicht, was eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung oder für den Aufsichtsrat genau ist. Sind das öffentlich einsehbare Dokumente, sind das geheime Dokumente? Wissen wir, dass es solche Dokumente überhaupt gibt? Das ist nur für mich als Information gedacht, Herr Guggenbichler. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ich glaube, es ist in solchen Unternehmen üblich, dass es solche Dokumente gibt, deswegen kann man sie auch anfordern. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut. Gibt es irgendwelche Einwände gegen diese Anforderung? - Herr Reindl, bitte. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Nein, gibt es nicht, aber in Geschäftsordnungen wird in der Regel die Kompetenzaufteilung geregelt. Welche Beschlüsse darf der Vorstand allein fassen, zu welchen Beschlüssen braucht er einen Aufsichtsrat? Genauso gibt es so eine Geschäftsordnung für die Handlungen, die der Aufsichtsrat setzt. Welche Unterausschüsse gibt es, wie werden Beschlüsse gefasst und so weiter und so fort? Also das ist mit Geschäftsordnung gemeint. Die Geschäftsordnung für den Vorstand wird in der Regel vom Aufsichtsrat beschlossen, und der Aufsichtsrat gibt sich selbst eine Geschäftsordnung. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Danke für diese Erläuterungen. Das heißt, es wird möglicherweise auch niemandem wehtun, uns das vorzulegen; könnte sein. Meine Frage nur an Sie, Herr Guggenbichler: Soll ich da die Wien Energie direkt fragen? GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ja natürlich. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut, dann werde ich die Wien Energie fragen. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das ist einstimmig. 217 (Anm. 2088928-2022/217) wird dann ähnlich ablaufen betreffend Wiener Stadtwerke GmbH. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Auch das ist einstimmig. 218 (Anm. 2088928-2022/218), Bericht des Risikomanagements der Wien Energie GmbH an die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat sowie an den Vorstand der Wiener Stadtwerke für 2021 und 2022. Soll ich dieses Ersuchen auch an die Wien Energie richten, Herr Guggenbichler? GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ja, das wäre besonders interessant, da wir heute schon gehört haben, teilweise ist das täglich üblich, dass es Berichte gibt, teilweise nur in den Aufsichtsratssitzungen, teilweise befasst sich der Vorstand damit. Bitte an die Wien Energie und vielleicht auch noch an den Eigentümervertreter Stadtrat Hanke. Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Also auch an das Magistrat zusätzlich? GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ja. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut. Gibt es dazu Wortmeldungen? - Herr Reindl, bitte schön. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Man muss aber damit rechnen, wenn man so einen Antrag stellt - darum weise ich darauf hin -, dass in solchen Berichten auch Betriebsgeheimisse stehen oder halt auch gewisse Einschränkungen bezüglich des Inhaltes gemacht werden, weil sie halt verschiedene strategische Informationen haben. Wir werden uns nicht verwehren, aber ich möchte dann keinen Vorwurf bekommen, wenn dann halt gewisse Dinge nicht lesbar sind. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Sie meinen, es ist zu erwarten, dass uns hier gewisse Schwärzungen vorgelegt werden, aber gut: Sie müssen nicht in die Glaskugel schauen, was passieren wird, aber ich nehme zur Kenntnis, dass das aus Ihrer Sicht passieren kann. Wir haben noch eine Wortmeldung. Herr Guggenbichler, bitte. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Wenn auch das Logo geschwärzt ist, werden wir uns natürlich darüber beschweren. Ich glaube, wir wissen beide, was wir hiermit meinen, und es wird eine Diskussion geben, wenn es überbordend geschwärzt wird. Wenn wir ordentliche Informationen kriegen, werden wir uns natürlich nicht beschweren. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Also über ein geschwärztes Logo werde ich mich nicht beschweren, sondern herzlich lachen, wenn das passieren sollte. Aber schauen wir, was daherkommt. Herr Wölbitsch, bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Nur eine kurze Nachfrage, wie wir generell damit umgehen. Was mir nur wichtig ist, ist, dass jetzt nicht ständig der Lösungsweg ist, wenn es vertrauliche Unterlagen gibt, dass es geschwärzt wird. Wir haben noch eine zweite Möglichkeit, die ich halt auch noch einmal in den Raum stellen möchte, nämlich eine vertrauliche Sitzung zu führen. Natürlich wäre es mir im Sinne der Aufklärung lieber, wir haben eine vertrauliche Sitzung, wo nicht sozusagen drei Viertel der Unterlagen geschwärzt sind, als wir kriegen jetzt Unterlagen, mit denen wir eigentlich nichts anfangen, weil die ganzen Unterlagen schwarz angestrichen sind. Ich möchte also nur noch einmal in den Raum stellen, es gibt für diese Dinge nicht nur die Möglichkeit der Schwärzung, sondern auch die Möglichkeit einer vertraulichen Sitzung. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ja, diese Möglichkeit gibt es im Gesetz, ich wüsste nur nicht, wie ich das bei einem Ersuchen um Urkundenvorlage prozessual verwerten sollte. Zunächst einmal werden wir die Urkunden ohnehin auch nicht wortwörtlich verlesen. Ich nehme an, dass Sie nicht darauf bestehen, sondern Sie werden diese Unterlagen bekommen und dann allenfalls bei weiteren Zeugeneinvernahmen verwerten. Man müsste de facto ja dann auch jede Zeugeneinvernahme in der Zukunft und die gesamte U-Kommission für die Öffentlichkeit sperren. Wenn Sie das beschließen, dann ist das zur Kenntnis zu nehmen, aber wahrscheinlich haben Sie auch kein absolutes Interesse daran, das zu tun. Ich sehe ja Ihr Argument, nur sehe ich gewisse praktischen Schwierigkeiten. Bei Zeugeneinvernahmen eignet sich das punktuell, glaube ich, sehr gut, dass man das vertraulich macht, bei Unterlagenvorlagen wüsste ich es nicht, weil ja auch die vorlegende Behörde dann keinen Einfluss darauf hat. Die kann es ja auch vorlegen, und Sie sagen dann ällabätsch, jetzt beschließen wir es wieder anderwärtig und dann ist es passiert. Ich weiß nicht, wie das gehen sollte. Ich kann ohnehin nur über diesen Antrag abstimmen lassen, wie er ist. Herr Gara, Sie wollten noch etwas sagen. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Es sind viele Dokumente, die zweifelsohne Betriebsgeheimnisse betreffen. Mir ist das extrem wichtig, ich betone das noch einmal. Ich glaube nicht, dass auch andere österreichische Energieversorger darüber glücklich wären, wenn hier so vorgegangen wird. Deswegen haben wir - und das betone ich auch hier - eine Prüfung des Bundesrechnungshofs und auch eine Prüfung des Stadtrechnungshofes, der sich genau diese Themen im Detail anschaut. Dort habe ich höchstes Vertrauen, und auch hier gilt wieder mein Spruch: Recht muss vor Politik gehen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut. Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - Das ist einstimmig. Nummer 219 (Anm. 2088928-2022/219), würde ich jetzt, Herr Guggenbichler, nach dem, was Sie vorhin gesagt haben, an Stadtwerke und den Magistrat richten. Wer stimmt diesem Beweisantrag zu. - Das ist einstimmig. Dann kommen wir zu einer Serie von Zeugeneinvernahmen. 220 (Anm. 2088928-2022/220) und fortfolgende. Gibt es dazu Wortmeldungen, noch bevor wir darüber abstimmen? Wer stimmt dem Beweisantrag 220 auf Ladung des Herrn Karl Mahrer zu? Eine Wortmeldung von Herrn Wölbitsch. Bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Die kann ich mir nicht verkneifen. Wir werden natürlich zustimmen, aber nur weil der Herr Stellvertretende Vorsitzende auch einmal gesagt hat, er möchte keine Show in dieser U- Kommission: Die Begründung halte ich in dieser Hinsicht doch sehr interessant, aber ist in Ordnung. Wir werden vielleicht dann auch noch einmal darauf zurückkommen, wenn wir einen ähnlichen Vorwurf wegen unserer Beweisanträge bekommen. Danke. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Ansonsten scheint ja Einstimmigkeit zu sein. Man muss ja über die Begründung nicht glücklich sein, um zuzustimmen. Und nach wie vor keine Show. Also ich will ganz grundsätzlich auch keine Show. Wer stimmt diesem Beweisantrag 220 zu? - Das ist einstimmig. 221 (Anm. 2088928-2022/221), nicht amtsführende Stadträtin Mag. Judith Pühringer. Nur fürs Protokoll halte ich fest, soweit ich weiß, ist die Namensvetterin nicht verwandt oder verschwägert mit mir. Ich habe sie auch noch nie persönlich getroffen, glaube ich. Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - Das ist einstimmig. Dann Dominik Nepp, 222 (Anm. 2088928-2022/222). Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - Auch das ist einstimmig. Dann Mag. Isabelle Jungnickel, 223 (Anm. 2088928-2022/223). Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - Das ist einstimmig. Dann 224 (Anm. 2088928-2022/224), Frau Dipl.-Ing. Andrea Faast, Zweite Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Wiener Stadtwerke GmbH. Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - Das ist einstimmig. Dann kommen wir zu 225 (Anm. 2088928-2022/225). Hier möchte ich mich bei der ÖVP bedanken, dass Sie mir die Fragen, an wen das jeweils zu richten ist, bei diesen neuen Beweisanträgen vorweggenommen haben. Das macht es ein wenig straffer, weil ich nicht nachfragen muss. Es geht hier um Vorlage von Beratungsverträgen und Unterlagen zu Mandatierungen von drei Instituten, PricewaterhouseCoopers, Freshfields Bruckhaus Deringer und Ithuba Capital. Gibt es dazu Wortmeldungen? - Herr Reindl, bitte. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Ich verweise auf die Eingangsdiskussion und dass wir bei 225 bis 234 eine Überprüfung beantragen werden, auch wenn sie heute nicht abgestimmt wird. Wir sehen hier doch sehr, sehr maßgebliche operative Abfragen, die sehr tief reingehen und auch sehr viele Betriebsgeheimnisse betreffen. Danke schön. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gut. Ich bringe es zur Abstimmung hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse für diesen Beweisantrag. Wer stimmt dafür? - Das ist ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Das heißt, ich lege das auf den Stapel für das nächste Mal weiter behandeln. 226 (Anm. 2088928-2022/226), nehme ich dann an, dass das hier ähnlich sein wird. Wer stimmt dem zu? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. 227 (Anm. 2088928-2022/227). Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. 228 (Anm. 2088928-2022/228). Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. 229 (Anm. 2088928-2022/229). Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. 230 (Anm. 2088928-2022/230). Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. 231 (Anm. 2088928-2022/231). Wer stimmt diesem Beweisantrag zu? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. 232 (Anm. 2088928-2022/232). Da habe ich nur eine Nachfrage. Mir ist beim Lesen aufgestoßen, dass hier als Beweismittel Vorlage von Unterlagen betreffend den Verkauf von Gas und Strom für 2023 gefordert wird. Ich tu' mir etwas schwer, das in Einklang mit unserem in der Vergangenheit liegenden Untersuchungsgegenstand zu bringen. Möchten Sie da irgendwas dazu sagen, Herr Wölbitsch? GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Naja, es geht natürlich schon um die Frage, die wir uns ja auch in dieser Untersuchungskommission stellen, nämlich hoffentlich dann auch am Ende: Was kann man dann auch mitnehmen und gab es oder gibt es einen Bedarf, die Strategie bei der Wien Energie zu ändern, was die Geschäfte betrifft? Daher ist es natürlich schon auch interessant, ob sozusagen weiterhin solche Geschäfte gemacht werden und darauf zielt der Antrag auch ab, und in welcher Größenordnung. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Reindl bitteschön. GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Also Herr Vorsitzender, ich gebe Ihnen Recht, der Antrag betrifft die Zukunft, wir prüfen die Vergangenheit auf der einen Seite. Und auf der anderen Seite geht es hier um sehr, sehr tiefgreifende strategische und geschäftspolitische Ausrichtungen in der Wien Energie. Wir verwehren uns schon ein bisschen, dass man hier offenbar ein bissel Schnuppern für die Konkurrenz macht, um hier die Aufstellung in der Strategie von Wien Energie erfahren zu dürfen. Danke schön. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch, haben Sie noch aufgezeigt? Ich wünsche mir nur, wir sind fast durch, dass wir keine ausschweifenden bilateralen Debatten mehr führen. Und dann Herr Sladecek nach dem Herrn Wölbitsch noch. Oder ich würde gerne den Herrn Sladecek vorher drannehmen, bitteschön. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Ja ich hab' nur eine Frage vor allem an den Herrn Wölbitsch. Ich meine, wo ist ein Missstand im Jahr 23? Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Wölbitsch bitte. GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Es geht nicht um einen Missstand, sondern es geht ja darum, was sozusagen geplant war oder welche Unterlagen, die uns einen Rückschluss geben, was jetzt sozusagen geplant wird und was jetzt in der Wien Energie getan wird, auch in Bezug auf die Notkompetenz, weil man natürlich in der Notkompetenz gesagt hat: Naja, die Geschäfte waren irgendwie unausweichlich, und dann zwischendurch immer gesagt hat, man wechselt jetzt die Strategie. Man hat sehr viel Steuergeld in die Hand genommen, daher muss man Dinge anders machen. Jetzt wollen wir natürlich nachvollziehen, auch in Bezug auf die Notkompetenz, ob das wirklich so ist. Und um das nachvollziehen zu können, müssen wir natürlich wissen, was ist jetzt geplant in Zukunft, um einen Rückschluss zu ziehen, ob die Notkompetenz in der Form wirklich zurecht gezogen wurde. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Sladecek noch einmal. Erster Vors.-Stv. HR Dr. Einar Sladecek: Es geht aber bitte um Missstände, die in der Vergangenheit passiert sind. Und ich meine, ich kann das mit meiner bescheidenden Logik nicht irgendwo kapieren, was Sie wollen. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Ellensohn hat vorher aufgezeigt. GR David Ellensohn (GRÜNE): Es steht 2023, aber das ist ungefähr so, wie wenn ich meine nächsten fünf Sommerurlaube geplant habe und bereits bezahlt habe, dann finden sie zwar in der Zukunft statt und jemand fragt mich, wieviel sie kosten und die Rechnungen sind... Das sind die Futures. Hat die Wien..., das haben wir heute drei ExpertInnen gefragt, haben sie ihre Strategie geändert, nachdem die ganze Welt gewusst hat, es passt nicht mehr auf den Energiemärkten? Oder haben sie fleißig weitergekauft, verkauft, was auch immer? Was hat die Wien Energie gemacht? Um das geht's. Und welche werden fällig nächstes Jahr? Entscheidung war schon. Und welche Verkäufe finden in Zukunft statt und sind schon abgeschlossen worden? Heute waren drei Leute da, die uns das erklärt haben wie das funktioniert. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Arsenovic. GR Johann Arsenovic (GRÜNE): Ich wollte es ergänzen. Es ist ein ganz normales Future-Geschäft. Der Abschluss war schon, Herr Vorsitzender, der passiert nicht, sondern der Abschluss war schon. Und der Zeitpunkt der Lieferung findet im Jahr 23 statt und es geht schon darum, ob die 6 Monate, 12 Monate oder 24 Monate im Voraus die Futures abgewickelt haben. Deswegen das Jahr 23. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Gara bitte. GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Ich möchte hier die Auskunftsperson Benigni kurz zitieren, der da sagte, der Einblick in Orderbücher von Unternehmen in dieser Komplexität ist für Außenstehende, ohne dass sie den Zusammenhang der Gesamtgeschäfte verstehen, einfach nicht nachvollziehbar. Das ist genau mein Punkt und ich betone es hier noch einmal: Wir diskutieren hier tatsächlich über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und ich glaube nicht, dass sich die österreichische Energiewirtschaft wirklich darüber freut, wenn die Art der Vorgangsweise hier gepflegt wird. Das ist tatsächlich eine Gefährdung für den Wirtschaftsstandort. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Herr Guggenbichler. GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ich bedanke mich beim Kollegen Gara, dass er uns gerade erklärt, dass wir das nicht beantragen dürfen, weil wir es eh nicht kapieren. Das ist, glaube ich, kein Zugang in einer Untersuchungskommission. Wir haben von den Auskunftspersonen heute mehrfach gehört, dass es ein gravierender Unterschied ist, wenn die Geschäfte jetzt abgeschlossen worden sind, ob sie für ein Jahr, ein halbes Jahr, für zwei oder drei Jahre abgeschlossen wurden. Das können wir aus den öffentlichen Unterlagen momentan nicht so sehen und das ist auch wichtig für die Geschäftsgebarung. Und deswegen sind wir der Meinung, dass es ganz wichtig ist, dass wir diese Unterlagen auch bekommen. Den Zugang vom Herrn Kollegen Gara, dass man das anfordern darf, den man auch nachhaltig von vornherein verstehen kann, finde ich ein bissel komisch. Wir können uns ja auch informieren. Vorsitzender Mag. Martin Pühringer: Es ist ja legitim, dass Sie hier unterschiedliche Meinungen vertreten und wir können am Ende darüber abstimmen. Das mache ich jetzt auch. 232 (Anm. 2088928-2022/232). Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - Das sind ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Nummer 233 (Anm. 2088928-2022/233), Vorlage der gesamten Kommunikation, elektronische E-Mails und analoger Schriftverkehr betreffend ein weiter genanntes Thema. Ich les' nicht alles vor, scheint mir in eine Schiene zu fallen mit vergangenen Beweisanträgen. Wer stimmt für diesen Beweisantrag? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Beweisantrag Nummer 234 (Anm. 2088928-2022/234), Vorlage der Zwischenbilanzen der Wien Energie GmbH. Ich glaube, das hatten wir noch nicht. Gibt es dazu zusätzliche Wortmeldungen? Dann ersuche ich um Zustimmung. Wer für diesen Beweisantrag stimmt? - ÖVP, FPÖ, GRÜNE. Gut, und jetzt sind wir beinahe durch, 235 (Anm. 2088928-2022/235), Herr Mag. Ernst Machart, Leiter Konzernfinanzen und Strategie Wiener Stadtwerke GmbH. Dazu gibt's Wortmeldungen, als erstes hab' ich den... (Zwischenrufe) Also gibt's keine Wort..., dann bitte abstimmen (Zwischenrufe). Ja dann, jaja bitte, bitte, alle, gern alle. Also eine einvernehmliche Lösung nehme ich gern zur Kenntnis. Und Herr Ing. Mag. Josef Eitzenberger, Leiter Konzerncontrolling, et cetera, scheint auch einstimmig zu sein (Zwischenruf). Danke. Dann sind wir mit den Beweisanträgen soweit durch. Ich ersuche die Fraktionssprecher und die jeweiligen sachkundigen Personen noch nicht wegzulaufen und noch kurz hier zu bleiben, weil wir uns noch das Programm für die nächste Sitzung ausmachen müssen. Ich würde gerne, weil hier im Raum dann meistens etwas Unruhe herrscht, in dieses Besenkammerl im Hintergrund gehen und schauen, ob wir alle reinpassen. Ansonsten wünsche ich Ihnen einen schönen Abend und ein schönes Wochenende. Danke für die Sitzungsdisziplin. (Schluss um 17.07 Uhr)