Wiener Landtag 21. Wahlperiode 8. Sitzung vom 24. November 2021 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. Fragestunde 1. Anfrage (FSP-1377247-2021-KGR/LM) S. 3 2. Anfrage (FSP-1379323-2021-KVP/LM) S. 5 3. Anfrage (FSP-1377384-2021-KSP/LM) S. 7 4. Anfrage (FSP-1377542-2021-KFP/LM) S. 10 5. Anfrage (FSP-1377079-2021-KGR/LM) S. 13 3. AST-1379672-2021-KVP/AL: Aktuelle Stunde zum Thema "Probleme der Jugendwohlfahrt in Wien" Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Sabine Keri S. 15 Abg. Maximilian Krauss, MA S. 16 Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc S. 17 Abg. Ömer Öztas S. 18 Abg. Christian Oxonitsch S. 19 Abg. Stefan Berger S. 19 Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad S. 20 Abg. Mag. Ursula Berner, MA S. 21 Abg. Julia Klika, BEd S. 22 Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS S. 22 4. Begrüßung der Volksanwälte Mag. Bernhard Achitz, Werner Amon, MBA und Dr. Walter Rosenkranz S. 18 5. MIT-1392060-2021-ML: Mitteilung von Amtsf. StR Peter Hacker und Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup- Hasler zum Thema "Präsentation des Berichtes der Historikerkommission zur Rothschild'schen Stiftung" Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup-Hasler S. 23 Amtsf. StR Peter Hacker S. 24 Redner: Abg. Maximilian Krauss, MA S. 25 Abg. Thomas Weber S. 25 Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies S. 27 Abg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA S. 27 Abg. Dr. Gerhard Schmid S. 29 6. Mitteilung des Einlaufs S. 30 7. Umstellung der Tagesordnung S. 30 8. 1306215-2021; MD-LTG, P 8: Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates Abstimmung S. 30 9. 1238917-2021; MD-LTG, P 1: 42. Bericht der Volksanwaltschaft 2020 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Mag. Dietbert Kowarik S. 30 Abg. Mag. Dolores Bakos, BA S. 33 Abg. Mag. Aygül Berivan Aslan S. 34 Abg. Ingrid Korosec S. 35 Abg. Dr. Claudia Laschan S. 36 Abg. Stefan Berger S. 38 Abg. Mag. Ursula Berner, MA S. 41 Abg. Mag. Patrick Gasselich S. 42 Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS S. 43 Abg. Dr. Katarzyna Greco, MBA S. 44 Abg. Mag. Dietbert Kowarik S. 45 Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz S. 46 Volksanwalt Werner Amon S. 49 Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz S. 50 Abstimmung S. 51 10. LG-348144-2021; P 2: Änderung des Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 2005 - WEIWG 2005 (Beilage Nr. 21/2021) Berichterstatterin Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál S. 52 Abstimmung S. 52 11. LG-844151-2021; P 3: Änderung der Bauordnung für Wien (Beilage Nr. 27/2021) Berichterstatterin Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál S. 52 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Mag. Dietbert Kowarik S. 52 Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic S. 57 Abg. Georg Prack, BA S. 58 Abg. Dr. Peter Sittler S. 59 Abg. Mag. Marcus Schober S. 61 Abg. Mag. Heidemarie Sequenz S. 62 Berichterstatterin Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál S. 63 Abstimmung S. 64 12. LG-596917-2020; P 4: Änderung des Wiener Fischereigesetzes (Beilage Nr. 11/2021) Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky S. 64 Abstimmung S. 64 13. LG-759159-2019; P 5: Änderung des Wiener Landwirtschaftskammergesetzes (Beilage Nr. 24/2021) Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky S. 65 Rednerin bzw. Redner: Abg. Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia S. 65 Abg. Ernst Holzmann S. 66 Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky S. 67 Abstimmung S. 67 14. LG-1323077-2021-LAT; P 6: Änderung der Dienstordnung 1994, Besoldungsordnung 1994, Pensionsordnung 1995 und des Wiener Bezügegesetzes 1995 (Beilage Nr. 28/2021) Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky S. 67 Abstimmung S. 67 15. LG-1362033-2021-LAT; P 7: Änderung des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 - Wr. KAG (Beilage Nr. 29/2021) Berichterstatter Amtsf. StR Peter Hacker S. 68 Abstimmung S. 68 (Beginn um 9.02 Uhr.) Präsident Ernst Woller: Einen schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren, die 8. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet. Ich ersuche, die Plätze einzunehmen und auch die Türen zu schließen. Entschuldigt sind ganztägig Abg. Gremel, Abg. Karner-Kremser, Abg. Mahdalik, Abg. Meidlinger, Abg. Seidl und Abg. Taucher. Zeitweise entschuldigt sind Abg. Akcay von 9 Uhr bis 12 Uhr, Abg. Omar Al-Rawi ab 16.30 Uhr, Abg. Auer-Stüger ab 16 Uhr, Abg. Eppinger von 9.30 Uhr bis 15 Uhr, Abg. Hungerländer von 9 Uhr bis 11 Uhr, Abg. Malle von 9 Uhr bis 11 Uhr, Abg. Neumayer von 9 Uhr bis 11.30 Uhr sowie Abg. Reindl von 9 Uhr bis 10 Uhr. Umso mehr begrüße ich Sie alle herzlich, die Sie hier in den Sitzungssaal im Festsaal des Wiener Rathauses gekommen sind. Wir kommen zur Fragestunde. Die 1. Anfrage (FSP-1377247-2021-KGR/LM) wurde von Abg. Berner gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz gerichtet. (Wiener Pflegeeltern bekommen ein Pflegekindergeld nach dem Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz und der Pflegekindergeldverordnung. Der Richtsatz ist so angesetzt, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Schulartikeln, anteiligen Wohnungs- und Energiekosten sowie den Aufwand für eine altersgemäß gestaltete Freizeit decken soll. Warum wurde das Pflegekindergeld trotz erhöhten Aufwandes durch Corona bei den Eltern (mehr Pflege daheim, Zusatzunterricht, technische Ausstattung für Home Schooling etc.) nur um 1 Prozent erhöht, tatsächlich war die Erhöhung der Konsumkosten in Österreich in den letzten 12 Monaten deutlich höher als 1 Prozent, mit einer ungebrochenen monatlichen Steigerungstendenz seit dem Frühjahr von rund 3 Prozent?) Ich ersuche Herrn Lhptm-Stv. Wiederkehr um die Beantwortung der Frage. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Einen schönen guten Morgen und vielen Dank für die Anfrage! Pflegeeltern und Pflegekriseneltern sind in unserer Stadt unglaublich wichtig, weil es meine Auffassung ist, dass jedes Kind unabhängig davon, in welche Familie es geboren wird, eine gute Kindheit bekommen kann. Nicht jeder hat das Glück, in eine stabile Familie geboren zu werden, und so ist es wichtig, dass Kinder, die nicht bei der Familie aufwachsen können, auch eine Heimat und eine Familie finden können. Das entweder in Wohngemeinschaften, kurzfristig in Krisenzentren oder auch bei Pflegeeltern. Deshalb ist es mir und uns in der Stadt ein großes Anliegen, auch über Informationsveranstaltungen Pflegeeltern anzuwerben, diese gut bei dieser verantwortungsvollen und wichtigen Aufgabe zu begleiten und sie auch zu unterstützen. Es gibt in Wien unterschiedliche Modelle der Anstellung für Pflegeeltern und Pflegekriseneltern. Die Sätze werden auch regelmäßig erhöht, heuer um 1 Prozent. Wichtig ist dabei, zu sagen, dass das Geld, das für dieses Anstellungsmodell ausbezahlt wird, 16 Mal jährlich ausgegeben wird, denn es gibt auch 4 Sonderzahlungen, zum Beispiel für Bekleidung oder Urlaube. Zusätzlich zu diesem Entgelt und dieser Geldleistung gibt es darüber hinaus auch Aufwände, die zusätzlich über Zuschüsse abgegolten werden. Das können unterschiedliche Mehraufwände sein wie zum Beispiel Nachhilfekosten, Kinderbetreuung, aber auch Zuschüsse zu Urlauben oder zu technischen Ausstattungen. Insgesamt wurden im Jahr 2021 über diese zusätzlichen Zuschüsse 1,5 Millionen EUR investiert. Das Thema Pflegeeltern und Pflegekriseneltern ist wesentlich. Wir brauchen in der Stadt mehr und versuchen, mehr Pflegeeltern zu gewinnen. Wir sind auch gerade dabei, das Modell der Anstellung und der Bedingungen zu evaluieren. Es gibt dazu aktuell eine Befragung der Pflegeeltern und Pflegekriseneltern, um zu schauen, was wir noch tun können, um Anreize zu schaffen, damit sich noch mehr Wienerinnen und Wiener diese schöne, verantwortungsvolle, aber auch herausfordernde Aufgabe auch zutrauen und sich bereiterklären, als Pflegeeltern aktiv zu werden. Diese Evaluierung wird im kommenden Jahr abgeschlossen, und ich werde dann die Ergebnisse sehr gerne präsentieren. Ich möchte zum Abschluss allen danken, die diese Aufgabe in unserer Stadt wahrnehmen und damit Kindern auch ein Stück Heimat und Familie geben. Pflegeeltern sind unglaublich wichtig, auch Krisenpflegeeltern, und da zum Beispiel auch stellvertretend an den Christian Oxonitsch ein herzliches Dankeschön - ich sehe ihn nicht im Raum -, der auch als Krisenpflegepapa aktiv ist. Das ist auch ein unglaublich wichtiger Einsatz für unsere Gesellschaft. Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Berner gestellt, ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Ich begrüße natürlich sehr, dass Sie da in die Initiative gehen. Wir wissen, dass die Anstellungsmodelle leider noch nicht ausreichend sind und dass sehr viele Krisenpflegeeltern dann wieder abspringen, zu viele Kinder haben, zu viele Kinder auf einmal betreuen müssen, weil wir einfach nicht genug Krisenpflegeeltern haben. Deshalb ist es besonders verwunderlich, dass Sie ausgerechnet beim Pflegekindergeld nur 1 Prozent Erhöhung haben. Das Geld wird genau für Zeiten benötigt, in denen es schwierig ist, in denen ständig neue Kosten anfallen, kurzfristig Ausstattung, Kleidung oder Schulartikel finanziert werden müssen, weil Kinder in der Nacht geholt werden und nur mit Pyjama bei den Krisenpflegeeltern auftauchen. Gerade da gibt es leider nicht genug Geld, und das Krisenpflegegeld für Krisenpflegekinder wurde überhaupt nicht erhöht. Warum wurde das Geld für Krisenpflegekinder nicht nach den Sätzen erhöht? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Es wird da jedes Jahr darauf geschaut und da gibt es eine fachliche Einschätzung, was an Anhebungen notwendig ist. Wir sind gerade in einem Evaluierungsprozess, bei dem ich mich auch offen mit der Frage auseinandersetze, ob zusätzliches Geld mehr Menschen motivieren kann, diese Aufgabe zu machen. Es ist aber keine triviale Beschäftigung mit der Thematik, denn wir wollen auch keine Pflegeeltern und Krisenpflegeeltern, die allein wegen des Geldes Kinder aufnehmen, da gehört mehr dazu. Da gehört auch eine intrinsische Motivation dazu, ein Idealismus, und deshalb müssen dieses Entgelt und diese Entschädigung für Aufwände immer in gutem Maß sein. Natürlich müssen die Aufwände abgedeckt sein, das ist gewährleistet. Es gibt, wie vorhin auch erwähnt, Zuschüsse. Vor allem auch durch Corona waren durch Mehraufwände viele zusätzliche Zuschüsse notwendig, die wir auch sehr, sehr gerne abgelten, und mit dieser Frage werden wir uns auch in Zukunft sehr intensiv auseinandersetzen. Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Keri gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Sabine Keri (ÖVP): Guten Morgen! Ich würde Ihnen gerne eine Frage stellen beziehungsweise bitte ich um eine Aufklärung oder Klarstellung. Es geht um die Sicherheit von Krisenpflegeeltern, die ja bei Kontaktterminen ihre Krisenpflegekinder zu den leiblichen Eltern begleiten. Angeblich gibt es keine Testpflicht für die leiblichen Eltern, wenn es um Kontakttermine geht. Das heißt, sie kommen zu einem Kontakttermin und wissen nicht, ob die Eltern getestet sind, kennen das Ergebnis nicht. Angeblich gibt es nicht einmal eine Pflicht für die leiblichen Eltern, sich testen zu lassen. Sie wissen aber wie wir alle hier, dass selbst die leiblichen Kinder in einem Alter sind, wo sie noch nicht geimpft sind oder noch nicht geimpft werden können. Das heißt, da sind wir schon mit einer großen Problematik konfrontiert. Können Sie das hier klarstellen, gibt es eine Testpflicht für diese Eltern und gibt es eine rechtliche Handhabe, falls die Eltern nicht getestet zu den Kontaktterminen kommen? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Die Pandemie hat tatsächlich den Kontakt mit den leiblichen Eltern verändert und zum Teil auch stark eingeschränkt. Die Abteilung hat hier sehr früh Empfehlungen ausgearbeitet und Sicherheitskonzepte erstellt, sodass in manchen Phasen der Pandemie auch diese Kontakte zum Beispiel nur online oder unter Sicherheitsvorkehrungen, vor allem im Freien stattgefunden haben. Die Impfung, glaube ich, können wir nicht verpflichtend jemandem vorschreiben, solange es keine bundesweite Impfpflicht gibt. Wie das mit dem Testen aussieht, ob wir das so vorschreiben können, dem werde ich gerne weiter nachgehen. Es ist auf jeden Fall sichergestellt, dass die Bedürfnisse und auch die Sicherheitsaspekte und Wünsche der Pflegeeltern sehr ernst genommen werden. Es gibt hier auch Empfehlungen und einen Mechanismus, wie solche Treffen ablaufen können, um ein höchstmögliches Ausmaß an Sicherheit zu gewährleisten. Präsident Ernst Woller: Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Anderle gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Patricia Anderle (SPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Die Länder bemühen sich ja seit einigen Jahren um eine einheitliche sozialversicherungsrechtliche Absicherung von aktiven Pflegepersonen. Wie lautet hier der Entwicklungsstand? Präsident Ernst Woller: Bitte, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Guten Morgen und vielen Dank für diese Zusatzfrage! Das ist tatsächlich ein Thema, das uns schon viele Jahre lang beschäftigt, weil es hier bundesweite Regelungen bräuchte, um auch die sozialversicherungsrechtlichen Aspekte für Pflegeeltern und Krisenpflegeeltern abzusichern. Ich war erst vor Kurzem bei der Konferenz der Kinder- und JugendhilfereferentInnen aller Bundesländer, die wir in Wien ausgerichtet haben. Wir haben dort auch einen Beschluss gefasst, dass es auch bundesweit zu einem Modell kommen soll, eine ExpertInnenkommission einberufen werden soll, die ein Umsetzungsmodell erarbeiten soll. Dieser Beschluss wurde unter den Bundesländern einstimmig gefasst, in der Hoffnung und Erwartung, dass diesem Thema nachgegangen wird. Ich muss allerdings dazusagen, dass es nicht das erste Mal diesen Beschluss gab, sondern das ist schon öfters beschlossen, bisher aber leider nicht umgesetzt worden. Es gab auch noch keine solche Kommission, die sich damit auseinandergesetzt hat. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, hier direkt mit dem zuständigen Minister Mückstein in Kontakt zu treten, um zu versuchen, dass wir bei diesem sensiblen Thema auch gemeinsam vorankommen. Präsident Ernst Woller: Die 4. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Matiasek gestellt, ich erteile ihr das Wort. Abg. Veronika Matiasek (FPÖ): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Meine Frage bezieht sich auf die Krisenelternschaft beziehungsweise auf die Krisenpflege insgesamt. Der Volksanwaltschaftsbericht, der uns heute vorliegt, zeigt, dass es hier massiven Handlungsbedarf gibt, vor allem, was das Personal betrifft, und auf der anderen Seite sagt auch Kollege Oxonitsch in seinem Interview in der "Kronen Zeitung", dass es an Krisenpflegeeltern fehlt. Wir wissen das. Sie haben jetzt gesagt, die Evaluierung, wie man hier die Familien oder die Paare oder Einzelpersonen, die Kinder aufnehmen, ausstatten könnte, läuft noch. Auf der anderen Seite haben viele Experten festgestellt, dass gerade die Zeit der Pandemie dafür sorgt, dass es in den Familien zu großen Schwierigkeiten kommt. Das heißt, die Kinder, die Bedarf haben, werden sicher nicht weniger in der nächsten Zeit. Wie wollen Sie diese Lücke schließen, ist ein kurzfristiger Ausbau von Kriseneinrichtungen für Kinder geplant? Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Sie haben absolut recht, dass die Pandemie hier eine zusätzliche Herausforderung darstellt und wir zwar in der ersten Welle mit Schul-Lockdowns weniger Fälle von Kindesgefährdungen gemeldet bekommen haben, das aber vor allem daran lag, dass die Schulen diejenigen sind, die am ehesten Gefährdungen melden können, die dann auch abgeklärt werden. Wir sind tatsächlich mittlerweile in einer sehr starken Dynamik dahin gehend, dass wir mehr Kinder als früher haben, die nicht bei ihren Eltern leben können, obwohl das oberste Ziel von uns ist, so gut als möglich die Eltern zu begleiten und präventiv zu arbeiten, damit es gar nicht so weit kommt, dass die Kinder ohne ihre Eltern aufwachsen müssen. Diesen Mehrbedarf, der sich darstellt, den decken wir natürlich ab, weil es wichtig ist, diesen Kindern auch Perspektive zu geben. Wir haben deshalb auch einen erhöhten finanziellen Aufwand, der aber natürlich notwendig ist, um zusätzliche Einrichtungen zu schaffen. Das heißt, wir haben allein heuer neue Krisenzentren eröffnet, hier auch für eine Zielgruppe von verhaltensauffälligen jungen Burschen, eine sehr, sehr schwierige Zielgruppe, die leider quantitativ größer wird, und wir haben auch zusätzliche Wohngemeinschaften für Kinder geschaffen, die nicht bei ihren Eltern leben können. Zugleich ist es unsere Bemühung, mehr Krisenpflegeeltern zu motivieren. Ich verstehe allerdings, dass alle das sehr genau überlegen. Es ist eine sehr schwierige, herausfordernde Aufgabe, auch emotional, wenn man sich dann zum Teil nur ein paar Monate an ein Kind bindet und dann die Bindung wieder gelöst wird. Dafür braucht es eine starke Persönlichkeit, dafür braucht es wirklich eine große Aufopferungsbereitschaft für die Kinder und für die Gesellschaft. Diesen Mangel gibt es nicht nur in Wien, sondern überall. Wir haben in Wien Anstellungsmodelle, von denen ich weiß, dass andere Bundesländer darauf schauen, zu ähnlichen Anstellungsmodellen zu kommen. Perfekt sind wir auch nicht, wir können sicher noch besser werden, daher analysieren wir gerade, wie wir zusätzliche Anreize bieten können, damit wir mehr Krisenpflegeeltern bekommen, denn ich glaube, es ist für die Kinder noch besser, wenn sie in einer Familie aufwachsen als in wirklich toll geführten Wohngemeinschaften. Dort wird wirklich Großartiges geleistet, aber natürlich kann das nie eine Kleinfamilie ersetzen. Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung der 1. Anfrage. Die 2. Anfrage (FSP-1379323-2021-KVP/LM) wurde von Herrn Abg. Gasselich gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal gerichtet. (Die Digitalisierung soll auch beim Wiener Wahlrecht, insbesondere bei den Instrumenten der direkten Demokratie endlich Einzug halten. Bei Volksbegehren auf Bundesebene ist es bereits jetzt möglich und selbstverständlich, dass die Bürgerinnen und Bürger gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 Volksbegehrengesetz 2018 - VoBeG neben der eigenhändigen Unterschrift auch eine elektronische Abgabe der Unterstützungserklärung (Handysignatur) abgeben können. Werden Sie als zuständiges Mitglied der Wiener Landesregierung dem Wiener Landtag einen Gesetzesentwurf vorlegen, der die digitale Unterschriftsabgabe bzw. digitale Signatur auch bei Wiener Volksbegehren ermöglicht?) Ich ersuche um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete, einen wunderschönen guten Morgen! Ich könnte die Frage sehr schnell beantworten, mit einem Nein, nachdem es aber trotz Pandemie geschuldeter Kürze trotzdem notwendig ist - und das gebietet auch der Respekt -, ein bissel zu begründen, warum man sich so entscheidet, möchte ich das sehr gerne tun. Erstens einmal möchte ich mich für die Frage bedanken und möchte die Gelegenheit nutzen, dazulegen, warum ich dem Vorschlag nicht entgegenkomme. Ein wesentlicher Grund dafür ist die gesamte bundesverfassungsrechtlich vorgesehene Grundlage für die Abhaltung von Volksbegehren und die Art und Weise, wie wir uns in Wien entschieden haben, auf Basis dieser Grundlage Rahmenbedingungen zu stellen. Diese Grundlage ist erstens einmal in der Wiener Stadtverfassung zu sehen. Die Stadtverfassung regelt die Volksbegehren in § 131b, wonach - im Wesentlichen zusammengefasst - jeder Antrag auf Erlassung eines Landesgesetzes, der von einer erforderlichen Mindestanzahl an Bürgerinnen und Bürgern, also in Wien wahlberechtigten Personen gestellt wird, als Volksbegehren dem Landtag vorzulegen ist. Und diese erforderliche Mindestanzahl beträgt 5 von 100 der bei der letzten Wahl zum Landtag wahlberechtigten Personen. Dazu ist grundsätzlich zu bemerken, dass wir uns natürlich im Rahmen der Bundesverfassung befinden, die regelt in Art. 1 in Verbindung mit den Bestimmungen der Art. 26, 41 folgende und 45 folgende über die Aufgaben der Mitglieder des Nationalrates und der Landtage ein System der indirekten Demokratie für die Republik Österreich. Die Länder dürfen zwar im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie eigenständige verfassungsrechtliche Regelungen schaffen, wir müssen aber natürlich bei der Ausgestaltung dieser Regelungen - und dazu gehören eben auch Instrumente der direkten Demokratie auf Landesebene - darauf achten, dass wir nicht gegen den bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen verstoßen, uns also im Rahmen der relativen Verfassungsautonomie befinden. Diesen Rahmen habe ich jetzt genannt und die in der Wiener Stadtverfassung bestehenden Regelungen betreffend Volksbegehren stehen natürlich damit im Einklang. Der wesentliche Punkt ist, dass wir uns bemüht haben, ein im Vergleich zum Bund niederschwelliges System zu schaffen, und das darf ich vielleicht noch ganz kurz ausführen. Es ist nämlich so, und das ist vielleicht auch die Grundlage für meine generelle Antwort, dass wir betreffend die Möglichkeit der Unterstützung von Volksbegehren im Wiener Volksbegehrengesetz eine völlig andere Systematik an den Tag legen als die entsprechende Bundesregelung im Volksbegehrengesetz 2018. Wie sieht die Bundesregelung aus? Da müssen die Proponentinnen und Proponenten als erste Stufe zunächst einmal beim Bundesminister für Inneres ein Volksbegehren anmelden. Wird die Anmeldung zugelassen, dann wird das Volksbegehren im zentralen Wählerregister registriert, und dann, wenn die Registrierung erfolgt ist, können in einer zweiten Stufe Unterstützungserklärungen für ein Volksbegehren getätigt werden. Wenn jetzt die ausreichende Zahl an Unterstützungserklärungen getätigt ist, dann können die Proponentinnen und Proponenten des Volksbegehrens einen Einleitungsantrag beim Innenminister stellen, und wenn dem Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens vom Minister für Inneres stattgegeben wird, dann beginnt eine dritte Stufe zu laufen, und zwar der Eintragungszeitraum. Die Stufe kennen wir alle: Sie dauert acht Tage, ist festzusetzen vom Innenministerium und muss in einem Zeitraum von mindestens acht Wochen nach der Verlautbarung liegen. Außerdem ist es so, dass die Proponentinnen und Proponenten einen Druckkostenbeitrag in der Höhe von 2.250 EUR an den Bundesminister für Inneres überweisen müssen. Im Gegensatz dazu haben wir in Wien ein lediglich einstufiges Verfahren gewählt. Was meine ich damit? Die Proponentinnen und Proponenten können jederzeit einen Antrag auf Erlassung eines Landesgesetzes beim Magistrat stellen. Dem Antrag kann man die Unterstützungserklärungen, also die sogenannten Volksbegehrenserklärungen gleich in erforderlicher Zahl anschließen, und unbeachtlich ist auch die Außerachtlassung von gesetzestechnischen Regelungen im Gesetzesentwurf, wenn jetzt der Sinn nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Die können jederzeit abgegeben werden ohne vorherige Anmeldung oder Zulassung eines Verfahrens und sie können auch abgegeben werden, ohne dass ein Kostenbeitrag geleistet werden muss. Warum habe ich jetzt so weit ausgeholt? Ich glaube, Sie sehen alle, dass wir in Wien Regelungen gewählt haben, die einen wesentlich niederschwelligeren Zugang als der Bund vorsehen. Wir glauben daher, dass es auch nicht notwendig ist, daran zu rütteln, wir sind eigentlich sehr stolz auf diese Regelungen, sie sind nämlich insgesamt wesentlich bürgernäher als jene des Bundes. Wenn ich das jetzt schon ausgeführt habe, möchte ich vielleicht noch auf eine zweite Sache hinweisen, diese betrifft nämlich alle Volksbegehren und betrifft im Grunde genommen auch Wahlen. Es ist, glaube ich, in der Eintragungswoche zu beobachten, dass die Eintragungslokale sehr stark frequentiert werden, unabhängig davon, ob das jetzt auf Bundesebene auch anders möglich ist, ob man die Unterschrift auch elektronisch abgeben könnte. Und natürlich gerade im Hinblick auf die bestehende Covid-Situation möchte ich das auch nutzen, um ganz besonders denjenigen zu danken, die für die Organisation dieser Abgabe in den Eintragungsstellen verantwortlich sind, das ist ganz besonders die MA 62. Nicht nur, dass die vergangenen Volksbegehren trotz der schwierigen Rahmenbedingung wirklich reibungslos abgelaufen sind - und wir hatten jetzt schon ein paar unter erschwerten Bedingungen -, es sind auch wirklich außergewöhnliche Serviceleistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbracht worden. Daher möchte ich das zum Gegenstand nehmen, um dafür ein großes Dankeschön auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sagen. Wie man bei der Gemeinderatswahl und bei der Bezirksvertretungswahl und eben auch bei den Volkbegehren gesehen hat, besteht ja auch die Möglichkeit, dass an Covid erkrankte Personen auf Wunsch zu Hause ihre Stimmen abgeben können, dort von speziell geschultem und medizinisch ausgestattetem Personal besucht werden. Und da sieht man auch, es handelt sich in der Regel um ältere Personen, die gar nicht über eine Bürgerkarte oder eine Handysignatur verfügen. Also lange Rede, kurzer Sinn: Wir bemühen uns sehr, erstens einen niederschwelligen Ablauf zu garantieren und zweitens aber auch innerhalb dieses niederschwelligen Ablaufes dafür zu sorgen, dass wirklich jede und jeder seiner Stimme abgeben können. Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage wird von Abg. Gasselich gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Mag. Patrick Gasselich (ÖVP): Danke, Herr Landesrat, für die Antwort. Ich glaube, dass man gerade über das, was Sie gesagt haben, durchaus diskutieren könnte. Deswegen auch meine Frage in die Richtung, wie Sie generell zum Thema Demokratiepaket stehen, sei es mit Themen direkte Demokratie, sei es auch mit Geschäftsordnung im Gemeinderat, Landtag, auch Bezirksdemokratie, hier eine Arbeitsgruppe einzurichten unter Beiziehung aller Fraktionen hier im Gemeinderat, so ähnlich, wie das bei der Untersuchungskommission schon der Fall war. Wie stehen Sie dazu, so eine Arbeitsgruppe einzurichten? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Demokratien sehen ja unterschiedliche Möglichkeiten vor, neben den Rahmenbedingungen der repräsentativen Demokratie Bürgerinnen und Bürger mit einzubeziehen. Heute treffen wir uns gerade mitten in der Pandemie unter massiven Sicherheitsmaßnahmen, natürlich gibt es neben der wichtigsten Zusammenkunft, nämlich die der gesetzgebenden Körperschaft, andere Möglichkeiten. Auch und gerade in diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass wir uns in der Fortschrittskoalition vorgenommen haben, die Untersuchungskommission zu reformieren, und jetzt den nächsten Schritt angehen, nämlich das Petitionsgesetz zu überarbeiten. Das wird in den nächsten Wochen und Monaten passieren und das ist ein nächster weiterer wichtigerer Schritt in einem umfassenden Demokratiebegriff. Dazu gibt es dann natürlich auch eine Diskussion aller Fraktionen im Haus. Ich freue mich auf diesen nächsten Schritt, und schauen wir, was dann der übernächste und überübernächste sein werden. Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Abg. Kowarik gestellt, und ich erteile ihm das Wort. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Landesrat, danke für Ihre Ausführungen, die ich zur Kenntnis nehme und die ja auch nicht falsch sind. Sie haben gesagt, Wien muss sich im Rahmen der Bundesverfassung bewegen. No na ned, machen wir auch, wenn man sich die Frage vom Kollegen durchliest, nimmt diese aber konkret Bezug auf die Unterschrift, also eine elektronische Abgabe der Unterstützungserklärung eben für dieses Instrument der direkten Demokratie bei Volksbegehren. Auf Bundesebene ist das bereits möglich, also das wäre durchaus auch bei uns möglich, da bewegen wir uns nicht außerhalb der Bundesverfassung, wenn wir das auch machen. Sie haben auch - ich möchte fast sagen - geschwärmt von der Niederschwelligkeit der Wiener Regelung. Das stimmt schon teilweise, nur noch niederschwelliger wäre natürlich, wenn man das mit Handysignatur machen kann. Ich bin ausgesprochen kritisch - und das ist, Gott sei Dank, eh keine Frage mehr -, online wählen zu dürfen, denn Wahlrecht soll geheim bleiben. Und es ist nicht geheim, man kann immer nachvollziehen, da braucht man kein Techniker sein, um das zu verstehen, was derjenige dann elektronisch gewählt hat, also das geht nicht. Bei einem Volksbegehren muss man sich aber auch so ausweisen und dafür unterschreiben, also ist das aus meinem Verständnis jetzt grundsätzlich diesbezüglich problemlos, daher noch einmal meine Nachfrage. Sie haben es eh schon mit einem Nein beantwortet, aber ich verstehe es nicht ganz, muss ich dazusagen. Daher eine andere Frage in dem Zusammenhang: Gibt es schon konkrete Überlegungen der Implementierung oder der Weiterführung direkter und demokratischer Einrichtungen oder Institutionen auf Bezirksebene? Das war ja auch immer ein Thema. Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Obwohl jetzt die Frage in der Mitte des Weges wieder zurückgezogen wird, beantworte ich sie gerne noch einmal, wenn man so will, flapsiger und in Prosa. Nein, weil wir der Überzeugung sind, dass wir in Wien im Vergleich zur Bundesregierung ein grundsätzlich bürgernäheres System haben und damit sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Wir sehen daher keine Veranlassung, weitere Änderungen zu machen. Das ist jetzt sozusagen ein bissel der flapsige Versuch, das zu beantworten, was ich vorher ein bissel umfassender gemacht habe. Zum Thema der Möglichkeiten, auch in den Bezirken ein Mehr an Mitbestimmung und ein Mehr an Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger zu wählen: Das ist mir besonders wichtig, hier laufend neue Schritte zu setzen. Der nächste große Wurf wird ein Pionierprojekt im nächsten Jahr sein, wo wir in drei Bezirken, und zwar im 5., im 11. und im 16. Bezirk das Modell eines Bürgerinnen- und Bürgerbudgets in relativ großem Stil ausprobieren. Es handelt sich um ein partizipatives Klimabudget und soll eine wirkliche Verwaltungs- und Demokratieinnovation dahin gehend sein, als dass wir an einer Möglichkeit arbeiten, wirklich als Stadtverwaltung mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam Projekte zu erarbeiten, die dann aus einem zentralen Bürgerbudget gespeist werden. Wir haben dafür für das kommende Jahr 6 Millionen EUR für die 3 Bezirke reserviert, mit denen wir das einmal als Pioniere ausprobieren wollen, das Ziel ist natürlich, solche Modelle auf die ganze Stadt auszuweiten. Das ist jetzt eine unmittelbar bevorstehende nächste Möglichkeit der BürgerInneneinbeziehung, es werden noch weitere folgen. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Kickert gestellt, ich erteile ihr das Wort. Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Guten Morgen, sehr geehrter Herr Landesrat! Es wird Sie ja nicht verwundern, dass mich Ihr Nein nicht besonders erfreut. Sie haben es zwar mit dem bürgernäheren und niederschwelligen Zugang begründet, aber was spricht aus Sicht der SPÖ dagegen, ein niederschwelliges und bürgernahes Instrument zu verbessern und den Zugang zu den Unterstützungserklärungen auch in einem einstufigen Verfahren zu erleichtern? Ich kann es trotz Ihrer Begründung nicht nachvollziehen, denn nur zu sagen, dass etwas gut ist, heißt nicht, dass man es nicht besser machen kann. Präsident Ernst Woller: Bitte, um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Danke für die Frage. Man kann grundsätzlich immer an Erweiterungen, an Ergänzungen, an Erneuerungen in allen möglichen Systemen nachdenken, und ich bin auch bereit dazu, das laufend zu machen und auch darüber zu reden. Im konkreten Fall sehe ich weder einen Missstand, noch habe ich den Eindruck, dass wir hier negative Erfahrungen mit dem Modell, das wir in der Vergangenheit gewählt haben, ausgetauscht haben. Ich bin der Überzeugung, ich habe das eh schon ein paar Mal gesagt, dass das eine gute Sache ist und dass wir uns eher bemühen müssen, wie Menschen, die - wenn man so will - der Möglichkeit, eingebunden zu werden, etwas ferner sind - und da handelt es sich ganz besonders auch um ältere Personen -, bestmöglich einbezogen werden. Und da haben wir nicht das Problem der digitalen Abgabe von Stimmen, sondern wirklich der niederschwelligen Erreichbarkeit. Ich würde gerne darüber grundsätzlich weiter nachdenken, aber auch sonst ist nichts verboten und ich stehe natürlich für allfällige Diskussionen auch in Zukunft offen. Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Die 3. Frage (FSP-1377384-2021-KSP/LM) wird von Herrn Abg. Baxant gestellt und ist an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Innovation, Stadtplanung und Mobilität gerichtet. (Das Land Wien ist im Rahmen der 'Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und Wien über Vorhaben des Hochwasserschutzes im Bereich der österreichischen Donau' verpflichtet, den 'Verbesserten Donauhochwasserschutz für Wien' inklusive Überströmstrecke Stopfenreuth herzustellen. Was ist der Stand der Umsetzung?) Ich ersuche, um Beantwortung. Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen schönen guten Morgen auch von meiner Seite! Die an mich gerichtete Frage beschäftigt sich mit dem Projekt des verbesserten Donau- Hochwasserschutzes für Wien und wie da der Stand der Umsetzungen ist, und, Herr Gemeinderat, selbstverständlich berichte ich gerne über den aktuellen Stand der Dinge. Zum Thema Hochwasserschutz muss man sozusagen in der Zeitgeschichte ein wenig zurückgreifen. Begonnen hat das ganze Thema des verbesserten Hochwasserschutzes für Wien ja bekanntlich im Jahr 1972, manche würden auch sagen, sogar schon 1969 mit dem Bau der Donauinsel, die sicher das absolut wichtigste Projekt dafür war, dass Wien hochwasserschutzsicher gemacht ist. Der eine oder andere kann sich möglicherweise noch dunkel daran erinnern, wie es davor war, der 2. und der 20. Bezirk sind damals ja wirklich regelmäßig überschwemmt worden, das war ein regelmäßiges Ereignis. Es gibt auch wirklich noch sehr beeindruckende Fotos von dieser Zeit, bevor wir die Donauinsel hatten. Mittlerweile ist es so - und ich werde da noch ein bisschen darauf eingehen, was wir alles gemacht haben in den letzten 15 Jahren -, dass wir eigentlich den gesamten Verlauf der Donau durch Wien auf ein Hochwasser von 14.000 m³ Wasser pro Sekunde ausgebaut haben und damit auch den größten Hochwassern der letzten Jahre sehr gut widerstehen konnten. Sie werden in Wien keinen Bereich finden, wo es noch Hochwasserprobleme gibt. Das ist halt dann oft leider so, dass das als selbstverständlich hingenommen wird, aber da stecken viel Arbeit und auch viel Geld dahinter. Wir haben in Summe jetzt schon mehr als 100 Millionen EUR ausgegeben. Es gab da dankenswerterweise natürlich auch eine Förderung von Bundesseite, die wir über die Jahre in Anspruch genommen haben. Unser Dammsystem beginnt am linken Ufer der Donau im Nordwesten beim Bisamberg mit dem Donaugrabendamm, der Autobahndamm der A22 übernimmt dann eine Schutzfunktion bis zum Einlaufbauwerk. Es folgt dann der Hafenumschließungsdamm, diesen haben wir ertüchtigt. Das war eines der ersten Dinge, die wir in meiner Amtszeit 2004 begonnen haben, da der Hafenumschließungsdamm beim Hochwasser 2002 sehr nahe an der Grenze war, unterspült zu werden, da haben die Mitarbeiter mit Sandsäcken, und so weiter gerade noch das Schlimmste verhindern können. Damals haben wir dann sehr intensiv begonnen und seit 2008 ist der ebenfalls auf 14.000 m³ Durchlauf von Wasser pro Sekunde ausgebaut. 2009 haben wir dann begonnen, den Marchfeld-Schutzdamm am linken Ufer zu sanieren. Der Damm ist auf eine Länge von 8 km um 1,5 m erhöht worden, vom Schwarzen Loch bis zum Schönauer Schlitz. Das klingt jetzt so banal, aber wir sind da mitten im Nationalpark Donau-Auen. Das war ein wirklich schwieriges Bauprojekt, weil wir nur in einer bestimmten Jahreszeit bauen durften, da wir dort streng geschützte Orchideen haben. Das heißt, wir haben wirklich die Grasnarben wie bei einer Hauttransplantation runtergehoben, haben die quasi irgendwo zwischengelagert und haben das dann wieder an der Originalstelle zurückverpflanzt. Das war neben vielen anderen eine der Auflagen, die wir in diesem Bereich bekommen haben, weil uns natürlich der Nationalpark Donau-Auen besonders am Herzen liegt und das ein wirklich sehr sensibles Gebiet ist, wo man sehr vorsichtig und mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen muss. Das ist uns dort, glaube ich, sehr gut gelungen. Im Herbst 2021 haben wir zwei weitere große Dammprojekte, die Überströmstrecke Stopfenreuth und den Witzelsdorfer Rückstaudamm abgeschlossen. Beide Dammsysteme befinden sich zwar in Niederösterreich, östlich von Wien, gehören aber zu dem Donau-Hochwasserschutzbereich, für den wir zuständig sind und den wir auch umsetzen müssen. Auch da hat es umfassende Maßnahmen gegeben, um dem sogenannten Projekt Hochwasser zu entsprechen, da der Hochwasserschutz in Wien darauf ausgelegt ist, dass die 14.000 m³ Wasser pro Sekunde auch künftig getragen werden können. Auch hier fanden die Bauarbeiten teilweise im Nationalpark Donau-Auen statt, wo zum Beispiel die Europäische Sumpfschildkröte in manchen Bereichen Brutplätze hatte und es auch ein besonderes Vorgehen und eine ökologische Baubegleitung gab, um für diese Tiere eine gute ökologische Lösung zu finden. Ich bin sehr stolz, die WGM, die das umsetzt, ist ja mittlerweile auch auf eine gute ökologische Umsetzung und auf eine ökologische Bauaufsicht in diesen sensitiven Bereichen spezialisiert. Jetzt kommen wir zum rechten Ufer der Donau. Da beginnt der rechte Donau-damm mit der Schleuse Nußdorf und führt bis zum Kraftwerk Freudenau. Wir haben dann auch den Hafenumschließungsdamm Freudenau, die Donaukanal-Rückstaudämme, die wir 2009 saniert haben, und den Hafenumschließungsdamm in Albern. Diese Dammsysteme sind auch alle an die 14.000 m³ Wasser pro Sekunde angepasst worden, weil es uns wirklich darum geht, bei Hochwasser einheitlich 14.000 m³ pro Sekunde gut durchleiten zu können, und da ist es wichtig, dass natürlich alle Dämme, die sich in Wien ja wie an einer Perlenkette aneinanderreihen, diesen Hochwässern in so einer Höhe dann wirklich standhalten können. Auch die Hafentore sind wir in den letzten Jahren angegangen. Ein Hafentor mache ich gerade in Kooperation mit dem Peter Hanke, der ja für den Hafen zuständig ist, das bauen wir jetzt am Hafen Albern. Wenn das abgeschlossen ist, dann ist auch der Hafen zu 100 Prozent von Hochwässern geschützt. Auch das ist natürlich eine wichtige Maßnahme, weil der Hafen in Wien ja eine immer bedeutender werdende Drehscheibe ist. Die Fertigstellung in diesem Bereich ist für Jänner 2022 geplant, und da investieren wir gemeinsam - der Peter Hanke, ich und von Bundesseite - rund 22 Millionen EUR. Auch das ist wirklich ein riesiges Projekt, ohne das der Hafen bei einem Hochwasser in dieser Größenordnung 3 m unter Wasser stehen würde. Das wäre dann schon eine substanzielle Beeinträchtigung des Hafens, und wir wissen alle, bei Hochwasser ist das Wasser ja nicht nur kurz da und dann wieder weg, sondern das bringt sehr viel Schlamm mit, der, wenn man es schon einmal gesehen hat, sich wirklich wie zu einer Art Beton verfestigt und dann sehr schwer wieder wegzubekommen ist. Wir haben alleine bis 2015 76 Millionen EUR in den verbesserten Hochwasserschutz investiert, 50 Prozent davon im Rahmen einer 15a-Vereinbarung durch den Bund, und von 2015 an weitere 31 Millionen noch einmal bewilligt, wiederum die Hälfte aus Bundesmitteln. Das allerletzte Puzzlestück, das wir jetzt gerade beginnen wollen, ist der Alberner Hauptdamm. Dieser beginnt bei der Landesgrenze Wien/Niederösterreich und verläuft bis zur Einmündung der Schwechat. Auch hier sind wir mit Maßnahmen im Natura 2000-Gebiet unter besonders naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten konfrontiert. Da ringen wir noch um die Zustimmung des Grundeigentümers. Es ist für mich immer ein bisschen schwierig, zu verstehen, warum die Stadt Wien bei Hochwasserschutzmaßnahmen von Grundeigentümern aktiv behindert wird, aber die oberste Wasserrechtsbehörde bemüht sich da sehr um eine Zustimmung. Ansonsten hoffe ich schon sehr darauf, dass man dann geeignete rechtliche Maßnahmen finden wird, damit wir unserer Verpflichtung, den Hochwasserschutz in diesem Bereich abzuschließen, auch tatsächlich nachkommen. Vielleicht noch ein Punkt, der nicht allen klar ist. Mit dem Hochwasserschutz in Wien schützen wir natürlich nicht nur Wien selbst, sondern auch viele, viele niederösterreichische Gemeinden, die vom Hochwasserschutz profitieren. Wie gesagt, wenn wir dieses letzte Stückchen abgeschlossen haben, dann sind wir unserer Verpflichtung zu 100 Prozent nachgekommen, sind damit fertig, damit ist Wien das erste und einzige Bundesland, dem das gelungen ist. Und ich glaube, das Ergebnis spricht für sich. Wir sehen das ja immer wieder, wenn Hochwässer in Österreich sind, dass wir in Wien eigentlich glücklicherweise durch die vielen Vorarbeiten und durch die vielen Investitionen der letzten Jahre keine Probleme haben. Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage wird von Abg. Irschik gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Wolfgang Irschik (FPÖ): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Eine Zusatzfrage ist immer schwierig, sie haben so viel vorweggenommen. Entscheidend für Wien ist, an der Landesgrenze, auch an der Bezirksgrenze zu Floridsdorf liegt das Einlaufbauwerk Langenzersdorf. 2009 hat es ein starkes Hochwasser gegeben, das war so groß, dass, wäre es noch ein bisschen stärker gewesen, vielleicht sogar das Donauinselfest abgesagt hätte werden müssen, weil man die Donauinsel hätte fluten müssen. Dann wäre es nichts mehr geworden mit dem Donauinselfest. Daher meine Frage, sehr geehrte Frau Stadträtin: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des Einlaufbauwerkes Langenzersdorf respektive mit den zuständigen Behörden? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Ich gestehe, ohne jetzt Detailkenntnis zu haben, wer jetzt konkret die Verantwortlichen sind, weiß ich, dass meine Abteilungen und Behörden da an sich sehr gut zusammenarbeiten, sich sehr gut vernetzen, denn wie Sie richtig gesagt haben, ein Hochwasser beginnt und endet nicht an der Landesgrenze. Wir sind ja auch - und das habe ich versucht, ein bisschen auszuführen - für den Hochwasserschutz außerhalb von Wien mitverantwortlich. Auch da gibt es keine strenge Trennung, sondern wir haben uns hier in einem Vertrag, der noch aus 1969 ist, dazu verpflichtet, die von mir aufgezählten Bauwerke zu errichten. Als ich damals begonnen habe, war das ein wenig in Vergessenheit geraten, da es sehr lange keine nennenswerten Hochwasser gegeben hat. 2002 war dann ein Weckruf, als der Hafenumschließungsdamm schon sehr an die Grenze seiner Kapazität gekommen ist. Wir haben damals dann eigentlich sofort beschlossen, dass wir in Verhandlungen mit dem Bund treten und ein riesen Paket mit fast 80 Millionen EUR auf den Weg geschickt, das wir jetzt wirklich Zug um Zug, Schritt für Schritt abgearbeitet haben, mit all der Mühsal, die man hat, wenn man halt im Nationalpark oder in anderen sensitiven Bereichen arbeitet. Ich freue mich wirklich sehr, dass wir jetzt eigentlich fast fertig sind, hoffe, dass wir die Agrargemeinschaft in Niederösterreich auch noch dazu bringen, dass sie die Zustimmungen geben, damit wir den letzten Schutzdamm errichten können, denn wenn dann das Hochwasser kommt und es ist kein Schutzdamm, werden sie auch keine Freude haben. Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Otero Garcia gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia (GRÜNE): Guten Morgen, herzlichen Dank für die Ausführungen zum Hochwasserschutz in Wien! Wir konnten ja diesen Sommer sehen, welche katastrophalen Auswirkungen Hochwasser tatsächlich haben kann. Die Klimakrise ist ja auch in Europa angekommen und insofern ist es wirklich wichtig, dass wir uns auch mit dem Thema Hochwasserschutz beschäftigen. Ein wesentlicher Beitrag zum Hochwasser betrifft jetzt nicht nur die zunehmenden Starkregenereignisse, sondern auch die Versiegelung von Flächen. Wir haben jetzt über Hochwasserschutz gesprochen, der uns eigentlich vor dem Wasser schützt, das flussaufwärts kommt, das quasi durch die Donau nach Wien fließt, wichtig ist aber auch zu betrachten, das haben Sie auch gesagt, wir haben natürlich auch eine Verantwortung gegenüber anderen, die flussabwärts von Wien sind. Und da trägt dann natürlich die Stadt Wien als Großstadt maßgeblich zum Abfluss bei, also Stichwort Stadtautobahn, aber es geht auch darum, wie wir die bestehenden Flächen in Wien auch entsiegeln können. Also wir brauchen de facto eine radikale Stadtbegrünung, wir brauchen eine radikale Entsiegelung, jetzt nicht nur, um die Abkühlung in der Stadt voranzutreiben, sondern auch um den Abfluss, den wir tatsächlich aus der Stadt einfach über den Donaukanal, und so weiter flussabwärts tragen, zu reduzieren. Meine Frage: Welche Pläne gibt es, diese Entsiegelung und Begrünung in der Stadt voranzutreiben? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, das waren jetzt viele Themen in einer Wortmeldung. Ich kann Ihnen sagen, dass wir schon im Jahr 2004 begonnen haben, uns auf Starkregenereignisse vorzubereiten, weil wir damals schon mit Wien Kanal gemerkt haben - das jetzt nicht mehr zu meinen Abteilungen zählt -, dass es vermehrt zu solchen Ereignissen kommt. Wir haben daher sehr viele Speicher- und Sammelkanäle, Sammelbecken unterirdisch errichtet, begonnen in Simmering. Warum in Simmering? Weil Simmering der topographisch niedrigste Punkt der Stadt ist und da, salopp gesagt, alles zusammenrinnt, konkret in Kaiserebersdorf. Dort haben wir ein Speicherbecken errichtet, das mich in seiner Größe ungefähr an den Stephansdom erinnert, auch wenn der Vergleich vielleicht nicht ganz richtig ist. Das ist eine richtige Kathedrale, wo wir eben diese Starkregenwässer speichern. Ebenso den Wiental-Sammelentlastungskanal und andere viele Kanäle. Es gibt noch weitere Speicherbecken, ich will jetzt nicht im Detail darauf eingehen, aber da ist wahnsinnig viel passiert. Weiters haben wir die Bauordnung angepasst, wo es eben genau um diese Versickerungsbereiche geht, denn das betrifft nicht nur den öffentlichen Raum, das betrifft natürlich auch viele private Bauflächen, wo es zu vielen Versiegelungen gekommen ist. Was den öffentlichen Raum betrifft, bin ich ja jetzt seit einem Jahr - heute genau, Jubiläumstag - zuständig und wie Sie wissen, weil wir das ja auch kommuniziert haben, haben wir da sehr viele Projekte überarbeitet, die noch von meiner Vorgängerin quasi auf den Weg gebracht worden sind. Ich habe sie noch einmal überarbeitet genau eben in Richtung Versickerung und in Richtung Begrünung, weil mir in den Projekten, zum Beispiel Praterstern oder andere, einfach zu wenig Begrünung und zu wenig Versickerungsflächen da waren. Und das ist auch die große Überschrift, die ich mir für diese Legislaturperiode gewählt habe: Raus aus dem Asphalt, stärkere Begrünung! Ich glaube, Sie wissen, dass es in Wien keine Stadtautobahn geben wird, weil wir ja als Stadt Wien keinen Autobahnen bauen, die Autobahnen baut in Österreich die Asfinag. Und da Sie auf die Flächenversiegelung zu sprechen gekommen sind, ich glaube, es ist Ihnen auch bewusst, dass wir in Wien das Bundesland mit dem geringsten Flächenverbrauch sind, mit der geringsten Versiegelungsrate, mit der geringsten Bodenverdichtung. Ich glaube, und da möchte ich die GRÜNEN durchaus mit hineinnehmen, dass es auch ein gemeinsamer Verdienst der letzten Legislaturperiode ist, dass es gerade in Wien so starke Rückgänge gegeben hat, was die Versiegelung betrifft. Klar ist, wir sind da wesentlich besser als alle anderen Bundesländer, weil wir kompakte Stadtentwicklung machen, so auch in der Seestadt. Und damit wir kompakte Stadtentwicklung machen und eben nicht alle in den Speckgürtel rausziehen oder sonst wo hin und dort Einfamilienhäuser bauen, die keinen Öffi-Anschluss haben und auch keine Fernwärme, brauchen wir die Stadtstraße. Eine Gemeindestraße, wo man 50 km/h fahren darf, brauchen wir, weil das eine Auflage aus einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist. Also das ist nicht irgendeine Phantasie von uns, sondern das ist eine Auflage aus einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die uns ermöglicht, kompakte Stadtentwicklung im Norden von Wien zu machen, die Seestadt Nord zu errichten, und die uns ermöglicht, wenig Boden zu versiegeln und trotzdem für viele Menschen guten Platz zu bieten, einen U-Bahn-Anschluss und eine Möglichkeit, in Wien zu wohnen. Präsident Ernst Woller: Die 3. Zusatzfrage wird von Abg. Mantl gestellt, ich erteile ihm das Wort. Abg. Dr. Josef Mantl, MA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Landesrätin, der Hochwasserschutz funktioniert in Wien im Großen und Ganzen. Das ist auch gut so, allerdings stellen Starkregenereignisse, wie zuletzt im vergangenen Sommer, durchaus eine große Belastungsprobe für unterschiedliche Bereiche dar, unter anderem für das Kanalnetz. Ein Problem in dieser Hinsicht stellt der Grad der Bodenversiegelung dar, der in urbanen Räumen naturgemäß hoch ist. Wie wollen Sie künftig sicherstellen, dass eine ausgewogene Balance zwischen Wohnraumbeschaffung und Erhalt von Grünräumen, insbesondere landwirtschaftlichen Flächen herrscht und damit ein Beitrag zum Stadtklima und zum Umgang mit immer öfter auftretenden Extremwetterereignissen wie Regen oder Hitze gewährleistet wird? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Ich habe, glaube ich, bei der letzten Beantwortung schon ein bisschen was zum Thema Starkregenereignisse ausgeführt. Wir merken in Wien seit 2004, dass diese stark zunehmen. Das war für mich damals auch interessant, egal, in welche europäische Stadt ich gekommen bin, was die Leute zuerst gesagt haben, ist: Was macht ihr mit diesen Starkregenereignissen? Und es gibt diesen internationalen Trend, überall unterirdische Speicherbecken zu bauen, Kanäle zu ertüchtigen. Wir haben in Wien ein ganzes Kanalsteuerungssystem, wo wir einfach die bestehenden Kanäle dazu nutzen können, dass wir bei Starkregenereignissen Wasser speichern. Es gibt ein ferngesteuertes Schiebersystem, wo das Wasser aus den Starkregenereignissen zwischengespeichert und dann, wenn das Ereignis vorbei ist, zur Kläranalage abgeleitet wird. Eines ist aber auch klar, wenn ich ein hundertjähriges Regenereignis habe, da hilft mir wenig, außer, es ist zufällig genau über einem so großen Speicherbecken. Das wird man auch in Wien merken und das ist etwas, was wir natürlich nicht als Stadt, nicht einmal als Land, vermutlich nicht einmal als Europäische Union beeinflussen können, ob das jetzt in Wien stattfindet oder nicht, mit allen Beiträgen, die wir natürlich gegen den Klimawandel leisten. Was die Stadtplanungskomponente betrifft, glaube ich, dass der Weg, den wir in der Vergangenheit beschritten haben, stimmt, sehr kompakt zu planen, natürlich mit den entsprechenden Grünräumen und mit aus meiner Sicht noch weniger Versiegelung im öffentlichen Raum, als das bisher der Fall war. Da ist mir noch immer ein bisschen zu viel Asphalt und ein bisschen zu viel Versiegelung, wo ich wirklich versuche, aktiv dagegen zu arbeiten und hier auch ein bisschen einen Paradigmenwechsel in der Umsetzung unserer stadtplanerischen Tätigkeiten herbeizuführen. Wir haben ja einen Fördertopf - gemeinsam mit dem Jürgen Czernohorszky - eingerichtet, wo es genau um Entsiegelung geht, dass man selbst dort, wo man befestigte Flächen braucht, dann eben nicht eine komplett zuasphaltierte Fläche macht, sondern mit kleineren Steinen arbeitet. Generell werden Sie das von meinen Abteilungen hören. Bei egal welcher Besprechung, sage ich immer, mehr Grün, mehr Bäume, mehr Entsiegelung. Das ist ein bisschen mein Mantra für den öffentlichen Raum und ich glaube, dass uns da noch einiges gelingen kann. Es wird sicher auch notwendig sein, noch einmal einen kritischen Blick auf diverse Vorgaben und Normen zu werfen, da wir aus meiner Sicht aus vielerlei Gründen in den letzten Jahren eine Entwicklung in die falsche Richtung hatten, und da muss man den Klimawandel noch viel mehr einarbeiten. Das ist etwas, was leider nicht über Nacht geht. Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Die 4. Anfrage (FSP-1377542-2021-KFP/LM) wurde von Herrn Abg. Berger gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz gerichtet. (Der Bund hat mit den Ländern eine 15a B-VG Vereinbarung über die Elementar-pädagogik für die Kindergartenjahre 2018/19 bis 2021/22 zur Sicherstellung eines bestmöglichen Starts der Bildungslaufbahn für Kinder in elementaren Bildungs- einrichtungen sowie zur Verbesserung der Bildungschancen als auch zur Stärkung elementarer Bildungseinrichtungen in ihrer Rolle als erste Bildungsinstitution geschlossen. Unter anderem wird auch die Verbesserung der Sprachkenntnisse geregelt. Nun war aus dem Pflichtschulbereich zu vernehmen, dass ein sehr hoher Anteil außerordentliche Schüler sind und kaum die Unterrichtssprache Deutsch können. Was läuft in den elementaren Bildungseinrichtungen falsch?) Ich ersuche zu desinfizieren und den Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Wiederkehr um die Beantwortung der 4. Anfrage. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich halte es für essenziell und wichtig, den Kindergarten und vor allem auch die Sprachförderung im Kindergarten zu stärken. Sie sprechen die 15a- Vereinbarung an, wo von Bundesebene signalisiert worden ist, die Mittel zu erhöhen. Das ist erfreulich und gut und wichtig so und dringend notwendig. Wir wissen noch nicht, in welchem Rahmen, die Verhandlungen beginnen erst zu laufen. Für mich sind in diesen Verhandlungen für Wien zwei Aspekte essenziell, nämlich mehr Flexibilität der Verwendung der Mittel, denn wir haben ja in Wien einen sehr guten quantitativen Ausbau, wir wollen verstärkt auf die Qualität und die Unterstützung der Pädagoginnen und Pädagogen schauen. Und zweitens, das Thema, das Sie auch ansprechen, ist die Sprachförderung. Wir geben nämlich in Wien wesentlich mehr Mittel für die Sprachförderung aus, als über die bisherige 15a-Vereinbarung abgedeckt ist. Und obwohl wir schon wesentlich mehr ausgeben, ist es das Ziel dieser Koalition und von mir, die Sprachförderung weiter zu professionalisieren und zu intensivieren. Wir haben deshalb das Ziel, die Sprachförderkräfte in laufender Periode von 300 auf 500 Personen zu erhöhen und haben das ja nicht nur schon auf den Weg gebracht, sondern im heurigen Jahr haben auch schon 50 neue Personen begonnen, die in diesem Feld arbeiten werden. Wir haben gleichzeitig geschaut, die Sprachförderung zu professionalisieren, auch neu aufzustellen, und nicht nur die Sprachförderkräfte anzustellen, sondern auch zu schauen, dass es Unterstützung in der Sprachförderung für Pädagoginnen und Pädagogen in privaten und auch in städtischen Kindergärten gibt. Das war mir besonders wichtig, dass die Sprachförderung sowohl für Private als auch für Öffentliche zur Verfügung gestellt wird und hier die Unterstützung stattfindet. Wir müssen in den Kindergarten investieren, weil wir hier Möglichkeiten haben, auch die Kinder auf die Schule vorzubereiten. Die Frage insinuiert aber ein bisschen, ob wir nicht im Kindergarten alles machen können, damit alle Kinder mit perfektem Deutsch und perfektem Bildungsstand in die Volksschule kommen. Das wird auch bei maximalem Mitteleinsatz nicht funktionieren, weil ein Spracherwerb für Kinder, die mit nichtdeutscher Muttersprache aufwachsen, einfach etwas Zeit braucht und die Kinder auch sehr unterschiedlich lange brauchen, um die Sprache zu erwerben. Wichtig ist eine frühe Begleitung der Kinder, um den Spracherwerb zu unterstützen. Hier ist mir im Kindergarten besonders die deutsche Sprache und der Erwerb der deutschen Sprache wichtig, allerdings immer mit dem Bewusstsein, dass Mehrsprachigkeit und Vielsprachigkeit erstens in Wien Tatsache und zweitens auch ein Vorteil ist, wenn damit gut umgegangen und gleichzeitig intensiv der Erwerb der deutschen Sprache gefördert wird. Wir wollen diesen Weg weitergehen, nämlich die sprachliche Bildung der Kinder zu unterstützen, weil diese sprachliche Bildung für den späteren Bildungserwerb und auch für ein geglücktes und selbstständiges Leben von zentraler Bedeutung ist. Deshalb unterstützen wir die Pädagoginnen und Pädagogen und vor allem die Einrichtungen der Elementarpädagogik sehr stark, um im Spracherwerb das Beste zu leisten. Präsident Ernst Woller: Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn Abg Berger gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Stefan Berger (FPÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat, vorweg einmal danke für die Ausführungen! Ich möchte aus aktuellem Anlass eine Zusatzfrage stellen, die zwar vom Spracherwerb weggeht, aber im Bereich der Pflichtschulen und der Elementarpädagogik bleibt. - Da hinten knallen schon Sektkorken, aus welchem Grund auch immer. - Aber meine Zusatzfrage geht dahin gehend: Wahrscheinlich geht's Ihnen nicht unähnlich, bei aller Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung und auch der aktuellen Lockdown-Maßnahmen muss man doch anmerken, es ist einmal ein guter Schritt, die Schulen und die entsprechenden Bildungseinrichtungen offen zu halten. Allerdings ist es jetzt wieder so, dass ein Zickzack-Kurs von Seiten des Bundesministers beginnt und neue Quarantäneregeln etabliert werden sollen. Er hat das gestern in einer ORF-Sendung am Abend näher ausgeführt und kündigt eine Umsetzung schon für morgen an. Und deshalb meine Frage an Sie. Es soll ja so sein, dass in Zukunft, wenn es zwei nachgewiesene Corona-Fälle in einer Klasse gibt, dann die ganze Klasse in den Heimunterricht geschickt werden soll und die Ausstellung des Bescheides nicht mehr durch das Gesundheitsamt erfolgt, sondern durch die entsprechende Bildungsdirektion. Ist das eine Vorgangsweise, die Sie unterstützen und befürworten, wie sehen Sie diese Entwicklung? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Ich glaube, es ist allgemein bekannt, dass ich ein großer Anhänger von offenen Schulen auch in der Pandemie und auch beim Lockdown bin, weil es hier einerseits um die Bildungschancen der Kinder, aber auch um Themen wie die psychosoziale Gesundheit geht. Das ist in diesem Lockdown zum Glück geglückt, mit einem entsprechenden Sicherheitskonzept, das jetzt unglaublich wichtig ist, mit Testungen, aber auch Masketragen, um so Fälle rechtzeitig zu identifizieren und keine Clusterbildungen an Schulen zu ermöglichen. Wir haben allerdings jetzt schon die Situation, dass es in einigen Klassen kleinere Cluster gibt, wo es dann zu Teilsperren kommt. Darum halte ich es für sinnvoll, dass es eine standardisierte Regel gibt, dass nach dem zweiten Infektionsfall in einer Klasse einerseits aus Sicherheitsgründen, andererseits aber auch aus bildungspolitischen Gründen die Klasse ins Distance Learning geht, und so alle Kinder - auch die, die isoliert oder in Quarantäne sind - am Unterricht teilnehmen können, wenn es ihnen gesundheitlich gut geht. Ich finde diese Regelung sinnvoll und auch praktikabel, und ich finde es auch wichtig, strenge Sicherheitsmaßnahmen zu erlassen, um die Schulen offen zu halten. Ich halte auch die Regelung, dass die Eltern, die ihre Kinder zu Hause lassen wollen, das auch dürfen, für sinnvoll, um da auf individuelle Bedürfnisse und auch auf Familienentwicklungen eingehen zu können. Ich stehe also hinter dieser Regelung, und wir werden diese in Wien auch so einführen. Präsident Ernst Woller: Danke. Die nächste Zusatzfrage wird von Abg. Emmerling gestellt. Ich ersuche Sie um die Zusatzfrage. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Ich komme jetzt doch wieder zur Sprachförderung und zum Kindergarten zurück. Sie haben bereits ausgeführt, dass da massiv investiert und auch ausgebaut wird. Jetzt abseits der Sprachförderkräfte: Welche Maßnahmen kann man noch für die sehr frühkindliche Sprachförderung treffen? Was ist da geplant? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Wir haben bei der Intensivierung der Qualität und Quantität in der Sprachförderung zwei Zielgruppen: Die eine sind die Kinder selbst, um mit ihnen individuell zu arbeiten und sie zu fördern. Die zweite sind die Pädagoginnen und Pädagogen, um sie in diesem Prozess der Sprachförderung und Sprachentwicklung zu begleiten. Wir haben höchste pädagogische und sprachwissenschaftliche Standards, um da für bestmögliche Qualität zu sorgen. Wir haben diese 50 neuen Personen, die schon im Feld arbeiten. Gleichzeitig haben wir auch zusätzliche SprachberaterInnen ab 2022 - 5 Personen -, die auch direkt als Anlaufstelle für die pädagogischen und elementarpädagogischen Einrichtungen zur Verfügung stehen werden. Und wir haben SprachteamleiterInnen, die die Sprachförderkräfte begleiten und so den direkten Kontakt auch zu den Kindergärten und Kindergruppen ermöglichen. Darüber hinaus haben wir viele unterschiedliche didaktische und methodische Materialien, zum Teil auch in Kooperation mit privaten Anbietern. Was mir sehr, sehr gut gefällt, ist zum Beispiel "Papperlapapp". Das ist eine mehrsprachige Bilderbuchzeitschrift für mehrsprachige Kinder, die wir an den Kindergärten zur Verfügung stellen und damit auch den Spracherwerb über aktuelles Material, das auch für Kinder spannend und interessant aufbereitet ist, begleiten. Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Die 3. Zusatzfrage wird von Abg. Stadler gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Felix Stadler, BSc (GRÜNE): Vielen Dank. Guten Morgen, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Vielen Dank für die bisherigen Ausführungen. Ich möchte noch einmal auf die 15a-Vereinbarung zurückkommen. Sie haben ja schon gesagt, dass neu verhandelt wird. Das ist, glaube ich, an dem Kanzlerrücktrittswochenende leider ein bisschen untergegangen. Es ist aber unserer Meinung nach eine wirkliche Chance für die Elementarbildung, da mehr Geld hineinzustecken und etwas weiterzubringen, wenn alle Länder und der Bund gemeinsam daran arbeiten. Sie haben auch ausgeführt, dass Sie bei dieser neuen 15a-Vereinbarung für eine flexible Mittelverwendung sind. Das ist aus Ländersicht natürlich verständlich. Trotzdem reden wir oft darüber, dass wir den Fleckerlteppich ein bisschen harmonisieren und einheitliche Regelungen und Standards setzen wollen. Daher meine einfache, aber konkrete Frage: Welche Positionen werden Sie in die Verhandlungen einbringen? Wollen Sie einheitliche Standards? Wollen Sie einheitliche Standards für ganz Österreich, und mit welchen Positionen wird Wien in die Verhandlungen gehen? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Danke für die Frage und für die Möglichkeit zur Präzisierung, was ich mit Flexibilisierung meine. Flexibilisierung heißt für mich nicht, alle Bundesländer können machen, was sie wollen, sondern Flexibilisierung heißt für mich, dass wir in Wien mehr Mittel für den qualitativen Ausbau verwenden können. Wir sind nämlich in Wien, auch im Bundesländervergleich, zum Glück sehr weit, was den quantitativen Ausbau anbelangt. Bei den Drei- bis Sechsjährigen haben wir mittlerweile sogar eine leichte Überversorgung, die auch sinnvoll ist, zustande gebracht. Wir haben die niedrigsten Schließstage und die höchste Anzahl an Öffnungsstunden. Das heißt, wir sind im quantitativen Ausbau einfach sehr, sehr weit, und darum ist es mein Anliegen, in den Verhandlungen für Wien zu erreichen, dass wir auch in den qualitativen Ausbau investieren können. Ziel ist: mittelfristig kleinere Gruppen, ein besserer PädagogInnen-zu-Kind-Schlüssel. Das können wir nur erreichen, wenn wir PädagogInnen auch besser unterstützen können, zum Beispiel indem wir Assistenzkräfte aufstocken oder mit zusätzlichen Fördermaßnahmen. Dafür müssen wir die zusätzlichen Gelder auch verwenden können, und darum ist ein Anliegen von mir Flexibilität, und natürlich mehr Mittel, denn wir geben in Wien fast 1 Prozent des BIP aus. Im bundesweiten Vergleich gibt es Bundesländer, in denen nicht einmal ein halbes Prozent ausgegeben wird. Das heißt, wir sind da auf einem sehr, sehr hohen Niveau. Wir kommen 2023 das erste Mal auf die Summe von 1 Milliarde EUR, die wir in Wien für Elementarbildung ausgeben. Das ist gut und wichtig, und da hilft natürlich auch jede zusätzliche Million vom Bund. Wir wissen noch nicht, um wie viel es erhöht wird. Ich gehe nicht von den 1,2 Milliarden EUR aus, die in einer früheren Regierung einmal im Gespräch waren. Ich hoffe aber trotzdem auf eine substanzielle Unterstützung, um da auch gemeinsam investieren zu können. Ich bin auch sehr, sehr offen, einen gemeinsamen Bildungsrahmenplan für Österreich zu verhandeln und zu diskutieren, auch gemeinsame Standards, auch zum Beispiel für die Ausbildung, festzulegen. Ich halte nichts davon, dass man dem Fachkräftemangel damit begegnet, dass man die Anforderungen so weit nach unten schraubt, dass die Qualität im Kindergarten leidet. Das heißt: Ja, ich bin offen für gemeinsame Verhandlungen, für gemeinsame Qualitätsstandards mit einer gemeinsamen Finanzierung und damit hoffentlich mehr Mittel auch vom Bund. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 4. Zusatzfrage wird von Abg. Zierfuß gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Harald Zierfuß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Stadtrat, Sie haben vorhin ausgeführt, dass Ihnen Spracherwerb wichtig ist. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht, weil der Spracherwerb von Kindern natürlich essenziell für die Erfolgschancen im späteren Leben ist. Jetzt berichten Wiener Pädagoginnen und Pädagogen, dass insbesondere die Eltern beim Spracherwerb eine große Rolle spielen. Deswegen meine Frage: Welche Maßnahmen planen Sie, dass auch die Eltern besser Deutsch lernen, um so auch ihren Kindern bessere Chancen geben zu können? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Die Perspektive der Eltern ist tatsächlich im Bildungserwerb eine wesentliche, vor allem im österreichischen Bildungssystem, aber auch generell. Darum ist es mir auch ein Anliegen, die Eltern gut und noch besser zu erreichen und auch stärker in die Verantwortung mithineinzunehmen. Wir hatten vor mittlerweile einem Dreivierteljahr einen Förder-Call zur Elternarbeit und Elternbildung. Dieser war bewusst offengehalten, um zu schauen, wie wir die besten Ideen identifizieren können, um bei der Elternarbeit auch voranzukommen. Er war auch in Richtung Kindergarten oder Schule bewusst offengehalten. Wir haben zum Beispiel ein Projekt im Kindergarten gefördert, das mehrsprachig Elternkommunikation über das Handy ermöglicht. Eltern laden eine App herunter und die Kindergärten können da in einem Pilotversuch direkt mit den Eltern mehrsprachig kommunizieren und so auch Informationen zur Verfügung stellen. Wir kennen das System von SchoolFox auf Schulebene, wo es sehr, sehr gut funktioniert, und der erste Erfahrungsbericht zeigt, dass es auch im Kindergarten gut funktioniert. Was man in dieser App zum Beispiel machen kann, ist, Deutschförderaufgaben für die Eltern mitzuschicken, und die verwendet werden, um so auch die Eltern spielerisch in den Deutscherwerb hineinzubringen. Es gibt andere wirklich gute Projekte der Stadt wie "Mutti lernt Deutsch", mit dem wir versuchen, auch spezifisch Mütter, die beim Spracherwerb der Kinder eine zentrale Bedeutung haben, zu erreichen und sie zu motivieren, Deutsch zu erlernen. Das sind zwei Projekte, exemplarisch für viele, die wir gefördert haben, um auch die Elternbildung und die Elternarbeit zu intensivieren. Besonders relevant ist der Übergangszeitpunkt vom Kindergarten zur Schule. Wenn man nicht in Österreich aufgewachsen ist und das Bildungssystem nicht so gut kennt, sind genau diese Übergänge oft sehr, sehr heikel. Auch hier haben wir Programme von unterschiedlichen Anbietern, die wir unterstützen, um die Eltern bei dieser Transition besser begleiten zu können. Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Damit ist die 4. Anfrage erledigt. Die 5. Anfrage (FSP-1377079-2021-KGR/LM) wurde von Abg. Huemer gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Soziales, Gesundheit und Sport gerichtet. (Ziel 8 der Wiener Gesundheitsziele 2025 lautet: 'Lebensraum Stadt weiter attraktivieren, Umweltbelastungen geringhalten und Bewegung fördern'. Sehen Sie einen Widerspruch zwischen dem Ziel 8 der Wiener Gesundheitsziele 2025 und dem Bau der Stadtautobahn?) Ich ersuche um Beantwortung. Amtsf. StR Peter Hacker: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Sie stellen mir eine interessante Ja-Nein-Frage, nämlich eine Entscheidungsfrage, Lebensraum Stadt weiter attraktivieren, Umweltbelastungen gering halten und Bewegung fördern, das ist eines der Wiener Gesundheitsziele. Sie stellen mir die Frage: Sehen Sie einen Widerspruch zwischen Ziel 8 der Wiener Gesundheitsziele und dem Bau der Stadtautobahn? - Meine Antwort lautet: Nein. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Huemer gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Gesundheitslandesrat! Ich finde Ihre Antwort bemerkenswert. Wir wissen, dass beispielsweise Stickoxide, Feinstaub extrem gesundheitsschädlich sind und viele Menschenleben kosten. Meine Zusatzfrage geht dahin: Die Wiener Gesundheitsziele 2025 sind ja ein Instrument von Public Health, es sind neun Einzelziele darin formuliert. Dass Sie das Konzept von Health in All Policies, gerade wenn es um Autobahnbau oder großen Straßenbau in der Stadt geht, in keinem Widerspruch zur Gesundheit sehen, ist wirklich irritierend. Worauf ich jetzt abziele, ist, dass in diesem Dokument 2025 die Wörter Klima und dementsprechend auch Klimawandel, Klimaerhitzung gar nicht vorkommen. Das ist interessant - da es ja noch gar nicht so alt ist -, dass dieses drängende Thema darin noch keinen Platz hat. Wir werden den nächsten und den übernächsten und den überübernächsten Hitzesommer haben. Es braucht also Maßnahmen. Und meine Frage ist, ob Sie im Budget 2022/23 neue, zusätzliche Mittel vorsehen, die eine Gesundheitsförderung im Zusammenhang mit Klimaerwärmung, Klimaerhitzung durchführbar machen lassen. Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Peter Hacker: Danke vielmals. Selbstverständlich gibt es neue Ideen für zusätzliche Maßnahmen. Ich will mich da jetzt nicht alterieren, aber zur Frage der Klimapolitik der Stadt: Ich glaube, wir haben jede Menge Beschlüsse zu diesem Thema, jede Menge Vorgangsweisen, jede Menge Maßnahmen zu diesem Thema, in denen sich dann auch diese Gesundheitsziele, die Sie erwähnt haben, eben als Querschnittsmaterie wiederfinden. Wenn Sie aber schon in die Historie von Beschlüssen blicken, dann muss ich Sie schon daran erinnern, dass in den letzten Regierungen Umweltverträglichkeitserklärungen abgegeben worden sind, ganz im Sinne dieser Querschnittsmaterie von Gesundheitszielen, und zwar sowohl zur Seestadt Aspern, als auch zur Stadtstraße. Beide Umweltverträglichkeitserklärungen haben auch die Inhalte der Gesundheitsziele zum Inhalt gehabt, haben genau darauf reflektiert, welche Auswirkungen die Maßnahmen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben. Und wenn ich mich nicht ganz irre, war es eine Fraktionskollegin von Ihnen, die diese Anträge formuliert und eingebracht hat. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Korosec gestellt. Ich ersuche sie um die 2. Zusatzfrage. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Guten Morgen, Herr Landesrat! Ich beschäftige mich auch mit den Gesundheitszielen und zwar mit dem Ziel 8, das mir ein besonderes Anliegen ist, vor allem die Generationenparks und zwar vor allem deshalb, weil das Miteinander von Jung und Alt für unsere Gesellschaft ja sehr wichtig ist. Gerade aber auch für die Jugend, bei der Adipositas eigentlich schon schön langsam zur Volkskrankheit wird, halte ich diese Parks natürlich auch für sehr entscheidend, weil man doch annehmen kann, dass damit vielleicht auch die Lust auf Sport geweckt wird. Für die Senioren von besonderer Bedeutung: Wir wissen, wie wichtig Sport für alle Menschen ist, auch für die ältere Generation - gerade Rücken, und so weiter, auch Kraft ist notwendig, also nicht nur Spazierengehen, sondern auch Kraft- und Muskelaufbau - ist er entscheidend, um eben nicht krank zu werden und dann darunter leiden zu müssen. Daher grundsätzlich sehr positiv, mir geht es darum: Der Masterplan ist ausgelegt bis 2025. Können Sie sich vorstellen, ich nehme an, Sie tun es, gerade in dem Bereich, wo es heißt, dass jeder Euro, der da mehr investiert wird, 14 Mal zurückkommt - wir kennen die Berechnungen, die es dazu gibt - noch mehr zu investieren als bisher angegeben? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Peter Hacker: Also das wissen Sie, mich brauchen Sie nicht davon zu überzeugen, dass es eben nicht nur ums Spazierengehen geht, sondern auch darum, seinen Kreislauf in Bewegung zu bringen, sein Herz in Bewegung zu bringen, das ist eigentlich die entscheidende Phase in der gesundheitsfördernden Sportausübung. Das wissen wir beide. Klar ist, dass diese Gesundheitsziele 2025 auslaufen, und selbstverständlich werden wir auch rechtzeitig wieder zu einem Dialog einladen, diese Gesundheitsziele neu zu formulieren. Es ist jetzt sicherlich zu früh dazu, wir haben nächstes Jahr 2022. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass wir 2024 mit dem Diskurs beginnen, wie unsere neuen Gesundheitsziele ausschauen, und selbstverständlich ist das immer damit verknüpft, dass wir auch zielgerichtet Maßnahmen machen. Ich möchte aber auch klar sagen, und das wissen Sie auch, ich glaube, dass es auch wichtig ist, dass Gesundheitsziele für eine Stadt nicht nur die Frage einer Budgetposition sind, sondern es geht letzten Endes um den Sinn und den Geist von Policy insgesamt. Ich glaube, da haben die Gesundheitsziele der Stadt schon einiges Gutes bewirkt, dass sie sich eben als Querschnittsmaterie in vielen verschiedenen Bereichen wiederfinden, und nicht nur namentlich genannt. Sie wissen aber, weil Sie bei mir im Ausschuss sitzen, dass die Wiener Gesundheitsförderung ja durchaus ein sehr offensives Instrument ist und selbstverständlich werden da weitere Maßnahmen gesetzt. Das betrifft, wie Sie es eh richtig sagen, auch alle Generationen, und bei allen Generationen heißt es auch, unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen. Das betrifft mich als Sportstadtrat, wenn es um Sportstätten geht, das betrifft unsere Spielflächen, auch die kleinen Spielflächen, im Bereich der Bezirke. Ich glaube, da haben wir als Stadt gezeigt, dass wir bei den Gesundheitszielen für die Bevölkerung - nämlich auch Möglichkeiten zu schaffen - wirklich sehr, sehr gut im Umsetzen sind. Es ist aber gut, wenn wir das dann in zwei, drei Jahren evaluieren, durchdiskutieren und sagen, was gut funktioniert hat, wo wir noch Verbesserungsbedarf sehen und vielleicht auch das eine oder andere Thema dazunehmen. Klar ist, als die Gesundheitsziele formuliert wurden, war das Klimathema eben noch nicht so sehr auf der Agenda der öffentlichen Wahrnehmung. Ich gehe davon aus, auch im Sinne der Frage der Kollegin von vorhin, dass wir in den nächsten Gesundheitszielen zweifelsohne auch etwas zu diesem Thema drinnen haben werden. Wir werden aber eine Kommission haben und die soll da unbeeinflusst die Evaluierung machen und unbeeinflusst dann neue Ziele vorschlagen. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Matiasek gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Veronika Matiasek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Landesrat, guten Morgen! Also ich gebe zu, auch mir fällt es ein bisschen schwer, zu der vorliegenden Anfrage jetzt etwas dazu zu fragen. Ich darf mich auf zwei Bereiche, nämlich Lebensraum und Bewegung, konzentrieren und Sie in Ihrer Eigenschaft als für den Sport Zuständigen fragen: Gibt es eine neue Entwicklung - im Moment ist es um das Areal des Postsportplatzes und seine weitere Entwicklung sehr still geworden -, gibt es da Neues, was Ihr Ressort betrifft? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Peter Hacker: Wie Sie richtig sagen, ist dort "in Entwicklung". Der Leiter der MA 51 und ich hatten vor, ich glaube, zwei, drei Monaten, einmal einen Jour fixe, bei dem wir über dieses Thema gesprochen haben. Wichtig war, dass zunächst der Eigentümer für sich entscheidet, was er aus der Fläche machen will. Ich habe das Gefühl, dieser Entscheidungsprozess ist abgeschlossen. Ich glaube, dass zur Zeit der Eigentümer der Grundfläche mit seinem Pächter und der wiederum mit den anderen Nutzern in einem intensiven Dialog über die Ausrichtung ist. Ich würde vermuten, dass wir dann nächstes Jahr ein sehr brauchbares Konzept sehen werden, das dann auch Realisierungschancen hat. Das ist auch ein bisschen mit einem Umwidmungswunsch verknüpft, wie Sie wahrscheinlich wissen, wo es um die Realisierung von neuer Infrastruktur geht, wo es um diese alte Halle geht, die eventuell ersetzt werden soll, et cetera. Also da läuft jetzt gerade der Dialog. Sie wissen, der Eigentümer ist nicht die Stadt, das sind nicht wir, sondern wir müssen schauen, was der Eigentümer letzten Endes auch tut. Sie wissen, der Pächter, der Zentralpächter, ist ein Verein und die sind in einer Interaktion, aber wie ich wahrgenommen habe, hat das am Anfang ein bisschen gebremst, sagen wir es einmal so. Ich glaube, da war ein bisschen eine Bremse auch in der Interaktion. Es ist, auch mit unserer Hilfe, gut geglückt, diesen Bremsklotz rauszukriegen, und ich habe durchaus das Gefühl, dass es im Augenblick sehr konstruktive Gespräche gibt, um ein brauchbares Projekt zu entwickeln. Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Die Fragestunde ist damit beendet. Wir kommen zur Aktuellen Stunde. Der ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema "Probleme der Jugendwohlfahrt in Wien" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte die Erstrednerin, Frau Abg. Keri, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass ihre Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Sabine Keri (ÖVP): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Wir haben dieses Thema heute bewusst gewählt, denn die Jugendwohlfahrt für Kinder oder wie es in Wien heißt, das Amt für Kinder- und Jugendhilfe ist ein sehr wichtiges Thema. Die Fremdunterbringung von Kindern ist nach wie vor ein Tabuthema und das sollte es nicht sein. Wir sollten offen darüber sprechen. Wir sollten offen darüber sprechen, wie es den Kindern geht, wie es den Familien geht, denen die Kinder abgenommen werden und auch wie es den Menschen geht, die mit diesen Kindern arbeiten und die den Jugendlichen und Kindern Schutz geben, sofern sie diesen zu Hause nicht erhalten. Der letzte Tätigkeitsbericht, der von der MA 11 zur Einsicht ist, ist aus dem Jahr 2019, und da hat man gesehen, dass es fast 11.000 Gefährdemeldungen gab, die meisten auf Grund von Vernachlässigung. Zur Zeit befinden sich anscheinend um die 5.000 Kinder in Fremdunterbringung, das heißt, sie leben nicht zu Hause. Ich möchte Ihnen nur sagen, das sind 200 Schulklassen. Was wir brauchen, um diesen 5.000 Kindern Schutz und Sicherheit zu geben, sind Menschen, die die Kraft haben, die die Unterstützung der Stadt haben, um mit diesen Kindern gut arbeiten zu können und ihnen nicht nur Sicherheit geben zu können, sondern auch Wärme. Wir haben zur Zeit die Situation, und der Herr Stadtrat oder Landesrat hat heute das auch betont, dass die Stadt Wien händeringend nach Krisenpflegeeltern oder Pflegeeltern sucht. Ich möchte später noch darauf eingehen, warum ich glaube, oder eigentlich ziemlich überzeugt bin, dass dieses Problem in Wien hausgemacht ist. Wir sind früher, als Sie vor einigen Jahren noch in der Opposition waren, in Wirklichkeit immer Schulter an Schulter gestanden und haben gesagt, wie wichtig es ist, dass es eine Entlastung der Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, der SozialarbeiterInnen, der Krisenpflegeeltern geben muss, weil sie einfach zu viel um sich haben. Wir haben auch darüber gesprochen, wie die Situation in den Krisenpflegezentren ist, dass es eine Überlastung gibt, weil, und das ist nach wie vor so, es viele Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger gibt, die in diesen Krisenpflegezentren oder WGs arbeiten und mit dieser Situation oft allein gelassen und überfordert sind. Da hilft auch diese kleine Bonuszahlung nicht, die die Stadt Wien ausbezahlt hat, sondern es ist einfach zu viel. Wenn Sie dann ankündigen, dass Sie evaluieren werden oder dass es ein neues Krisenzentrum gibt, muss ich Sie nur fragen: Was hilft denn das, wenn wir kein Personal haben, das dort arbeitet? Alle Ihre Ankündigungen sind leider nicht mehr als ein kleines Pflaster auf einer großen Wunde. Ich möchte jetzt ein wenig näher auf die Krisenpflegeeltern, die Krisenpflegemütter eingehen, weil Sie da jetzt wirklich gerade vehement Werbung machen und suchen. Ich sage, wenn Sie nicht endlich die Rädchen drehen, die man drehen kann, dann werden Sie nie genug Frauen oder Männer oder Familien haben, die diese Belastung und die diesen Job ausüben werden. Wir haben in Wien gerade 35 Krisenpflegeeltern, davon sind die meisten Frauen, davon sind auch sehr viele alleinerziehend. Wir haben die Situation, dass es drei große Modelle gibt: Das eine Modell sind Menschen, die es sich leisten können, Krisenpflegeeltern zu sein, die das aus freien Stücken machen, wo es keine Bezahlung gibt, die darüber auch frei entscheiden können, nehme ich ein Kind oder nehme ich keines. Wir haben das kleine Modell, das 1. Modell, das 1 EUR über der Geringfügigkeitsgrenze ist, wo die Frau, der Mann, die Eltern auch noch sagen können, wir nehmen nur ein Kind. Und wir haben das große Modell, bei dem man 1.350 EUR brutto bekommt - und da ist der große Fehler - und die Stadt vorgibt, wie viele Kinder die Krisenpflegemutter nehmen muss, wenn sie das große Modell hat. Die Stadt gibt auch vor, wie alt diese Kinder sind. Das funktioniert nicht, denn das kann die Stadt nicht entscheiden. Das können am besten die Menschen entscheiden, die dieses Kind oder diese Kinder aufnehmen und sagen, ich schaffe es noch oder ich schaffe es nicht. Nicht die Stadt, sondern die Krisenpflegeeltern selber sollen entscheiden dürfen, wie viele Kinder sie aufnehmen und wie viele nicht, egal, in welchem Modell sie sich am wohlsten fühlen. Ich möchte Ihnen da nämlich schon ein Bild aufzeichnen: Wir haben eine Krisenpflegefamilie, zum Beispiel vier Kinder und vielleicht auch noch ein eigenes, und jetzt überlegen Sie sich einmal den zeitlichen Aufwand. Der zeitliche Aufwand bei vier Krisenpflegekindern ist unabhängig vom Kochen für fünf Kinder, Wäschewaschen für fünf Kinder, es gibt verpflichtende Arzttermine für die vier Krisenpflegekinder. Es gibt die vorgeschriebene Supervision mit dem Jugendamt, es gibt die Kontaktrechte der leiblichen Eltern, diese Termine werden aber meist an verschiedenen Tagen gemacht, jetzt stellen Sie sich das einmal vor. Zu Ihrer Information, auch für Krisenpflegeeltern hat der Tag nur 24 Stunden. Wie soll denn das bitte machbar sein? Wie soll das ohne Hilfe für eine Familie, geschweige denn für eine Person machbar sein? Was man braucht, ist ganz viel Zeit. Man braucht viel Zeit - ich glaube, Herr Oxonitsch hat das in dem Zeitungsbericht gesagt -, man braucht ganz viel Zeit, damit man auch die Kinder zum Blühen bringt. Diese Zeit haben sie aber zur Zeit nicht. Sie haben auch eine Evaluierung angekündigt, jetzt auch wieder. Zuerst hat es geheißen, im Herbst liegen die Ergebnisse der Evaluierung der Krisenpflegemodelle vor, dann war es Ende des Jahres, jetzt hören wir, es wird nächstes Jahr sein. Ich muss Sie schon fragen - die Befragung der Krisenpflegeeltern war vor, ich glaube, einem Dreivierteljahr -: Wie lange braucht man, um 35 Fragebögen auszuwerten? Also das hat nichts mehr mit Wertschätzung zu tun, und ich muss Sie schon auch noch fragen: Wie oft haben Sie wirklich persönlich mit diesen Frauen gesprochen, mit den 22 Frauen, die in einem Anstellungsverhältnis waren? Ich weiß, Sie haben einmal ein Interview gegeben oder in irgendeinem Bericht gesagt, man kann ja auch als Krisenpflegeeltern nebenbei arbeiten. Da haben Sie, glaube ich, von einigen bitterböse E-Mails bekommen. Diese haben Sie dann auch beantwortet, allerdings ist meisten nur die Anrede verändert worden und nicht der Text, und das hat nichts mit Wertschätzung zu tun. Ich würde Sie wirklich bitten, dass Sie die Tätigkeit und die Arbeit dieser Menschen ernst nehmen. Ich habe nur noch zwei Minuten. Ein großes Thema, warum es sich viele nicht mehr leisten können, als Krisenpflegemütter zu arbeiten, ist die Ausbezahlung des gesamten Tagsatzes, diese 1.000 EUR, die man für ein Kind bekommt, wenn man es einen Monat hat. Das Problem ist nur, das wird im Nachhinein ausbezahlt. Das heißt, wird das Kind dann in eine Pflegefamilie weitergegeben oder vielleicht auch nach Hause, dann wird dieser Tagsatz ausbezahlt. Jetzt wissen wir aber, oder die MA 11 gibt selber an, dass im Durchschnitt ein Kind zwei Monate bei einer Krisenpflegemutter ist. Das heißt, jede Krisenpflegemutter streckt der Stadt Wien 2.000 EUR vor, weil erst danach abgerechnet wird. Wir haben Krisenpflegemütter, die haben ein halbes Jahr lang ein Kind, vielleicht auch mehrere. Das sind dann 6.000 EUR bei einem Kind. Wer soll sich das bitte leisten können? Das ist, warum wir sagen: Das geht ganz einfach, das kann man ganz einfach viel schneller berechnen, das kann man viel schneller ausbezahlen. Denn wirklich, diese Frauen, diese Männer und Eltern, die sich dieser Arbeit annehmen, können es sich bald nicht mehr leisten, und ich bitte Sie wirklich, da endlich in die Gänge zu kommen. Das ist eine ganz wichtige Nahtstelle, die wir da haben, und das ist ganz einfach zu machen. Eine zweite Sache: Warum, und das kann mir bis jetzt keiner erklären, dürfen Krisenpflegefrauen, die im Burgenland oder in Niederösterreich leben, nicht das große Modell in Anspruch nehmen? Man darf das große Modell nur in Anspruch nehmen, wenn man in Wien gemeldet ist, und ich frage mich: Hat die Stadt Wien wirklich nur Mitarbeiter, die in Wien gemeldet sind und in Wien leben? Ich glaube nicht. Denken Sie bitte an die Kinder, denken Sie bitte an die Krisenpflegemütter! Die Zeit ist vorüber, bitte hören Sie auf zu evaluieren, setzen Sie sich mit den 22 Krisenpflegemüttern zusammen und nehmen Sie sie ernst! Danke schön. Präsident Ernst Woller: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächster Redner ist Herr Abg. Krauss zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat viel Richtiges und viele richtige Kritikpunkte über diesen hochsensiblen Bereich formuliert, und ich möchte vielleicht zu Beginn meiner Wortmeldung auch ein wenig in die Vergangenheit schauen, wie man in der Stadt Wien in der Vergangenheit mit dem Thema Jugendwohlfahrt umgegangen ist, welche groben und schweren Fehler gemacht wurden, und wie Kinder, die damals Kinder waren und die heute erwachsen sind, noch heute unter diesen Fehlern, die seitens der Stadt Wien gemacht wurden, leiden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich beim Wiener Kinderheimskandal beginnen. Hunderte Kinder und Jugendliche waren Opfer von psychischer und physischer Gewalt und teils auch von sexuellem Missbrauch. So gut wie jedes der betroffenen Kinder, die heute Erwachsene sind, die heute teilweise bereits im hohen Alter sind, kämpft heute noch mit den Folgen. Für viele Betroffene ist es bis heute unmöglich, ein normales Leben zu führen, ist es unmöglich, berufliche Stabilität zu finden und ist es auch unmöglich, ein normales familiäres Verhältnis aufbauen und familiäre Bindungen eingehen zu können. Meine sehr geehrten Damen und Herren, all diesen jungen Menschen wurde damals die Kindheit im wahrsten Sinne des Wortes in Wiener Kinderheimen aus dem Leib geprügelt. Diese Menschen standen damals in der Obhut der Stadt Wien, sie waren Bewohner von Wiener Kinderheimen. Die Verantwortlichen für die damaligen Skandale, die Verantwortlichen für den damaligen Missbrauch wurden juristisch oftmals bis heute überhaupt nicht zur Verantwortung gezogen. Seitens der Stadt Wien wurde auch bis heute keine echte politische Verantwortung übernommen, und das ist schändlich. Verantwortung für diese Verbrechen zu übernehmen, würde einerseits eine ehrliche Entschuldigung bedeuten, andererseits aber natürlich auch eine entsprechende finanzielle Entschädigung. Das Leid, das damals angerichtet wurde - das ist mir schon klar -, kann man nicht finanziell aufwiegen. Allerdings könnte man damit das Leben der Menschen und die existenziellen Sorgen, die oftmals auf die damals begangenen Verbrechen zurückgehen, zumindest ein wenig erleichtern. Wir Freiheitlichen haben das oft verlangt. Wir haben es oft beantragt, und es ist mir unverständlich, warum man seitens der Stadt Wien, seitens der alten Stadtregierung, aber auch seitens der neuen Stadtregierung diese damaligen Kinder mit derartigen Almosen abspeist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch unsere Forderung nach einer Gedenktafel wurde nie erfüllt. Bgm Häupl hat sie nicht umgesetzt. Ich hatte gehofft, vielleicht würde es Bgm Ludwig tun. Auch er tut es nicht. Herr Jugendstadtrat, ich ersuche Sie, sich vielleicht dieses Themas noch einmal anzunehmen. Ich glaube, da ist auf der einen Seite noch eine nötige finanzielle Entschädigung ausständig, aber auf der anderen Seite auch eine weitere offizielle Entschuldigung der Stadt mit der Würdigung mit zumindest einer Gedenktafel. Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute gibt es zum Glück derart schlimme und brutale Zustände fast nicht mehr in Wien. Die Jüngsten in unserer Gesellschaft werden allerdings auf vielen anderen Ebenen im Stich gelassen. So erleben wir gerade heute einen Mangel an Kinder- und Jugendpsychiatriestellen. Wir haben in Wien, einer Zwei- Millionen-Stadt genau sechs Kassenstellen für Jugendpsychiater. Das ist viel zu wenig. Gerade in Zeiten der Pandemie, gerade in einer Zeit, wo junge Menschen monatelang weggesperrt wurden, auch aktuell keine Freizeiteinrichtungen besuchen dürfen, wo wir Statistiken kennen, dass die Selbstmordraten bei Kindern und Jugendlichen zugenommen haben, sich teilweise verdoppelt haben, gerade jetzt wäre es auch in diesem Bereich notwendig, mehr finanzielle Mittel in die Hand zu nehmen, mehr Planstellen zu schaffen und für eine entsprechende Betreuung von Kindern zu sorgen, die eine jugendpsychiatrische Betreuung notwendig haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir uns auf der anderen Seite ansehen, wo das Geld der Stadt Wien sehr locker sitzt, dann ist das beispielsweise bei sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Da gibt die Stadt Wien 95 EUR pro Tag aus, das sind im Monat 3.000 EUR pro unbegleiteten, angeblich minderjährigen Flüchtling, während gleichzeitig viele Wiener Familien im Monat mit 2.500, 2.000 EUR und weniger auskommen müssen. Das ist eine Ungerechtigkeit, die man schleunigst abstellen müsste, denn die Leidtragenden dieser Fehlsituation sind die Kinder, das sind die jungen Kinder in unserer Stadt, und dafür sind Sie mit Ihrer falschen Politik verantwortlich. Ich möchte abschließend noch einmal an Sie, Herr Jugendstadtrat, appellieren, unsere Forderungen im Gedenkbereich umzusetzen, aber sich auch aktuell mehr dafür einzusetzen, dass Kinder nicht weiter weggesperrt werden, dass Kinder nicht Opfer weiterer Lockdowns werden, dass Kinder nicht weiterhin keine Freizeiteinrichtungen besuchen können und dass Schulen nicht weiter geschlossen werden. Ich ersuche Sie, dies endlich zu tun, so wie Sie es ja auch in der Vergangenheit oft versprochen haben. Vielen Dank. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Emmerling zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bildungslandesrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörende! Der Titel der Aktuellen Stunde war "Probleme in der Jugendwohlfahrt". Das ist wohl sehr weit gefasst, obwohl ich natürlich auch ahnen konnte, worauf meine Vorrednerin hinaus wollte, natürlich auf die herausfordernde Situation der Krisenpflegeeltern. Ich möchte aber trotzdem noch die Gelegenheit nutzen, auch sehr allgemein über die Wiener Kinder- und Jugendhilfe zu sprechen. Ja, Probleme, wenn man sie auch als Herausforderung betrachtet, sind definitiv da und auch an der Tagesordnung. Das liegt natürlich am Feld per se, weil die Kinder- und Jugendhilfe zur Aufgabe hat, Schutz zu bieten, jenen Kindern Schutz zu geben, die ihn an anderer Stelle nicht bekommen, wo man ihn eigentlich erwarten würde, wo er aus welchen Gründen auch immer nicht gegeben oder nicht aufgebracht werden kann. Immer dann, wenn dieser besondere Schutz für Kinder nötig ist, passiert das oft aus sehr dramatischen, traurigen Gründen: Herausforderungen, Traumatisierungen, Gefährdungen innerhalb der Familie, sehr unschöne Vorgeschichten für die Kinder und Jugendlichen. Deshalb ist es etwas, auf das wir unser höchstes Augenmerk richten müssen, denn ich glaube, es ist nichts wichtiger als das Wohl und der Schutz von Kindern in dieser Stadt. Das Ziel jeder Krisenunterbringung, wenn es dann soweit ist, ist auch, neben einem sicheren Ort auch eine Atmosphäre zu schaffen, die es den Familien ermöglicht, mitzutun, mitzuarbeiten, die dabei hilft, Probleme zu bearbeiten und alternative Beziehungs- und Handlungsmuster für die Familie, für das familiäre Miteinander zu lernen. Ich möchte an dieser Stelle aber auch besonders allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Krisenpflegezentren meinen größten Respekt und meine Wertschätzung aussprechen. Ich glaube, diese Arbeit, die sie tagtäglich leisten, ist eine Riesenherausforderung und vor allem von unschätzbarem Wert. Das ist vor allem in Pandemiezeiten wirklich noch einmal herausfordernder geworden, und diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Außergewöhnliches. Meinen aufrechten Dank dafür! Sie versuchen, den Kindern einen sicheren Platz zu geben, mit Geborgenheit, Begleitung und Unterstützung, um in eine positive Zukunft zu blicken. Und ja, um dieses Ziel zu erreichen, wird auch das Angebot der Kinder- und Jugendhilfe wieder vielfältig und stetig erweitert und angepasst. Und jetzt vielleicht noch kurz auch zu den Krisenpflegeeltern, wir haben es heute in der Fragestunde auch schon gehört: Da gibt es die Anstellungsmodelle, die Frage, warum wir so wenig Krisenpflegeeltern gewinnen können, und ja, das sind durchwegs Analysen, die ich mit meiner Vorrednerin teile. Da gibt es viele Punkte, die geändert werden, und der Landesrat hat auch vorhin schon angekündigt und auch in anderen Aussagen gesagt, dass genau dieser Bereich evaluiert werden soll und evaluiert werden muss, und dass, ich glaube, diese Evaluierung sogar noch bis Jahresende vorliegen wird und die nötigen Schlüsse daraus gezogen werden. Ich glaube, der Anspruch ist immer, dort, wo es möglich ist, rasche Verbesserungen durchzubringen, für Optimierung zu sorgen, aber natürlich gibt es da viel, was getan werden muss. Die MA 11 arbeitet stetig an der Weiterentwicklung und Adaptierung der Angebote, zuletzt auch der ambulanten Angebote, die Eltern unterstützenden Angebote, die weiter ausgebaut werden sollen. Da ist mit einer Vergabe von neuen Leistungen mit Beginn des Jahres 2022 zu rechnen. Dann die Stärkung der sozialen Arbeit in den 18 Regionalstellen, da gibt es 2021 18 Dienstposten mehr, 2022 sollen 6 weitere Dienstposten dazukommen. Es sollen auch 2 weitere sozialtherapeutische Wohngemeinschaften geschaffen werden, und auch das Sonderkrisenzentrum soll mit nächstem Jahr dann wirklich eröffnet werden, ich hoffe, relativ bald. Es geht aber nicht nur um die zusätzliche Unterstützung, was das Personal betrifft, oder auch die Evaluierung der Krisenpflegeeltern und ihrer Anstellungsverhältnisse, sondern natürlich gilt immer auch das Motto Prävention vor Krisenzentrum, ambulant vor stationär. Es ist viel, viel wichtiger, hier frühzeitig zu investieren, dass es gar nicht so weit kommt, dass Kinder in ein Krisenzentrum kommen müssen, denn natürlich ist das Verbleiben in der Ursprungsfamilie, wenn das unter Voraussetzungen möglich ist, auf jeden Fall die bevorzugte Variante. Auch für den präventiven Bereich gibt es viele unterschiedliche Projekte in der ambulanten Betreuung, aber auch zur Erweiterung der familienunterstützenden Angebote, der Ausbau der Frühen Hilfen und dergleichen. Das heißt, ja, die Probleme und Herausforderungen sind da, aber ja, sie werden auch erkannt und angegangen. Ich glaube und hoffe, dass das, was derzeit auf dem Weg ist, auch sehr kurzfristig Abhilfe schaffen wird. Vielen Dank. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als nächster Redner ist Herr Abg. Öztas zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm hiermit. Abg. Ömer Öztas (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Arbeit der Kinder- und Jugendwohlfahrt in Wien ist eine enorm wichtige, nicht nur für diese Stadt, sondern auch für alle Kinder und Jugendliche, die davon betroffen sind. Besonders jetzt in der Krise wird das umso deutlicher, denn in Krisenzeiten leiden besonders Kinder und Jugendliche am meisten. Der Druck auf sie wurde auch durch unzählige wissenschaftliche Studien bereits bestätigt. Depressionen, Essstörungen, Schlafstörungen, Suizidgedanken. Die Liste kennen Sie und sie ist sehr lang. Und als ob das nicht reichen würde, kommen bei einigen Kindern eben zu Hause Probleme dazu, sei es häusliche Gewalt, sei es sexueller Missbrauch oder seien es eben Familienkrisen, die durch die aktuellen notwendigen Covid-Maßnahmen gestärkt werden. Genau da setzt die Kinder- und Jugendwohlfahrt federführend mit der MA 11 und ihren MitarbeiterInnen an und hilft ihnen, aus dieser Krisensituation zu entfliehen und in Richtung sicherer Gewässer zu kommen. Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei allen MitarbeiterInnen der MA 11 bedanken, die auch in Krisenzeiten einen kühlen Kopf bewahren und das Beste für das Wohl der Kinder und Jugendlichen tun. Es gibt aber auch da, wie bei allen Bereichen der Politik, immer Luft nach oben. Wenn wir uns den Bericht der Volksanwaltschaft anschauen, den wir heute auch später im Plenum diskutieren werden, sehen wir, dass sowohl im Bereich des Personals als auch im Bereich der Infrastruktur noch sehr viel Luft nach oben ist. Wir müssen unbedingt personell sowie technisch aufstocken, wenn wir eine funktionstüchtige und stets aktive Kinder- und Jugendwohlfahrt in unserer wunderschönen Stadt haben möchten. Wir müssen mehr Personal und mehr Stunden hineinstecken, damit auch mehr Erreichbarkeit des Personals möglich ist. Wir müssen eine technische Modernisierung andenken, die unserer Zeit auch gerecht wird. Meine Kollegin Berner wird später noch im Detail auf unsere Verbesserungsvorschläge eingehen. Wenn wir eine funktionstüchtige Kinder- und Jugendwohlfahrt wollen, müssen wir proaktiv ansetzen und auch präventiv agieren. Wir müssen Probleme in der Familie vorab erkennen und sie sofort an der Wurzel packen. Wir müssen uns vor Augen führen, dass es sich hierbei um das Leben, gar das Überleben von Kindern, Säuglingen und Jugendlichen handelt. Es geht da letztendlich um das Wohl der Schwächsten der Gesellschaft. Das Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz verpflichtet Eltern - Zitat -: "Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit." Ist das durch die Eltern nicht gegeben, muss das Land beziehungsweise die Stadt eingreifen und dieses Recht garantieren. Deshalb plädiere ich an alle hier im Landtag vertretenen Parteien, die Probleme sachlich anzupacken und auch parteiübergreifend zu bekämpfen, denn durch viel Blabla und Streitereien ist keinem Kind und keinem Jugendlichen da draußen geholfen. Wir müssen gemeinsam an einem Strang ziehen, damit wir ihnen ein lebenswertes Leben ermöglichen und eine lebenswerte Zukunft garantieren können. Vielen Dank. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie, dass ich unabhängig von der Tagesordnung die soeben eingetroffenen Volksanwälte Mag. Bernhard Achitz, Werner Amon und Dr. Walter Rosenkranz ganz herzlich in unserer Runde begrüße. Wir werden zu einem etwas späteren Zeitpunkt den Bericht der Volksanwaltschaft für 2020 ausführlich diskutieren. - Herzlich willkommen im Wiener Landtag! Als nächster Redner ist Herr Abg. Christian Oxonitsch zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm hiermit. Abg. Christian Oxonitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja keine Frage, die vergangenen Monate - mittlerweile muss man leider schon Jahre sagen - sind natürlich sowohl für Familien als auch für Kinder, aber natürlich ganz speziell für die Jugendwohlfahrt eine wirklich besonders große Herausforderung. Das ist gar keine Frage. So wie für Familien im Kleinen, ist es für die Jugendwohlfahrt in ihrer Zuständigkeit für tausende Kinder in dieser Stadt, die es nicht gut erwischt haben, natürlich eine besonders herausfordernde Zeit. Eine besonders herausfordernde Zeit natürlich auch deshalb, weil für die Jugendwohlfahrt durch diese Herausforderungen in den Familien zusätzlicher Druck auch in der Jugendwohlfahrt entsteht, gar keine Frage. Wir wissen, die Enge des Raumes ist ein großes Problem für viele. Wir merken es, sowohl bei der Gewalt gegen Frauen, bei Gewalt innerhalb der Familie und besonders natürlich auch bei der Gewalt gegen Kinder spielt sie eine große Rolle. Darum war es für uns in Wien zum Beispiel auch immer wieder wichtig, neben der großen Aufgabe der Jugendwohlfahrt unterstützend öffentlichen Raum offenzuhalten - leider bei den Bundesgärten am Anfang nicht so gelungen - und vieles andere mehr zu tun. Für viele ist aber tatsächlich, und das wurde ja schon mehrfach angesprochen, die Jugendwohlfahrt und die Kinder- und Jugendhilfe natürlich ein ganz besonders wesentlicher und wichtiger Bereich. Keine Frage, wie in vielen anderen Bereichen leiden auch die Sozialarbeit und die Sozialpädagogik unter einem eklatanten Personalmangel. Ich kann nur an jene, die jetzt in der Regierung sind, appellieren - was ich wie ein Mantra seit, glaube ich, zwölf Jahren sage -, ein Mal mehr tatsächlich auch über neue Ausbildungsmodelle in dem Bereich nachzudenken, Oberstufengymnasien mit einem Sozialschwerpunkt zu errichten, wo dann die Tertiärausbildung für Sozialpädagogen, für Sozialarbeiter, für KindergartenpädagogInnen, aber auch für Pflegerinnen und Pfleger leichter und besser möglich ist. Ich glaube, da sind wir alle gefordert, und ja, es wurden von der Kollegin von der Österreichischen Volkspartei auch einige wichtige Verbesserungsvorschläge gemacht, gar keine Frage. Wir werden uns bemühen, dass wir gerade diese Frage der nachträglichen Auszahlung auch rasch in den Griff kriegen, damit man das wirklich regelmäßiger auszahlen kann. Gar keine Frage, das ist für viele ein Problem. Nur sage ich jetzt auch dazu: Vielleicht können Sie auch ein bisschen zu Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung gehen. Beim Kindergeld wartet man 14 Monate - 14 Monate! -, bis man sein monatliches Kindergeld vom Finanzministerium bekommt. Das ist für die Leute eine wesentlich größere Voraussetzung, weil es vielfach nicht die Frage gibt, kriege ich es oder kriege ich es nicht, weil schlicht und ergreifend die Bewilligung fehlt. Setzen Sie sich im Finanzministerium mit dafür ein - so wie wir uns dafür einsetzen werden, Ihre Vorschläge aufzugreifen -, dass zum Beispiel in der Frage des Nichtvorliegens der Rot-Weiß-Rot-Card bei den Eltern die Bewilligung für das Kinderbetreuungsentgelt trotzdem erteilt wird. Diese wird derzeit seitens des Ministeriums nicht erteilt. Also da gibt es auf vielen Seiten vieles zu tun und das ist wichtig. Was ich aber besonders wichtig finde, ist, dass es trotz alledem dem Herrn Stadtrat und der MA 11 gerade in den letzten Wochen gelungen ist, in dem auch vom Vorredner verlangten Präventionsbereich neue Initiativen zu setzen, zusätzliches Personal hineinzubekommen. 18 Dienstposten, die wir im heurigen Jahr dazubekommen haben, 6 Dienstposten, die wir im kommenden Jahr dazubekommen werden. Ich sage es aber noch einmal: Die Dienstposten sind immer nur der bürokratische Rahmen dafür, wir müssen die Leute auch finden. Wir wollten heuer zwei sozialtherapeutische Wohngemeinschaften neu errichten. Tatsache ist, bei der Ausschreibung haben wir keine entsprechenden Bewerber gefunden, weil die nicht sicherstellen können, dass sie auch das Personal haben. Das heißt, ich glaube, wir brauchen im gesamten Ausbildungs- und Fortbildungsbereich neue Initiativen, dass wir hier besser zurandekommen, damit wir das gemeinsam tun können. Ich möchte mich an dieser Stelle abschließend aber wirklich ein Mal mehr bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 11 bedanken. Ich habe sowohl in der Ausbildung als auch im täglichen Leben sehen können, wie unheimlich unterstützend das Personal in dieser schwierigen Situation ist. Man muss daran denken, dass wir derzeit 20 Wohngemeinschaften in Quarantäne haben. Wir haben da derzeit zusätzliche Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen in Quarantäne. Was das für die anderen heißt, die die tägliche Arbeit haben, können wir uns alle gemeinsam wahrscheinlich gar nicht wirklich ausmalen. Umso größer mein Dank an alle, die hier ihr Bestes geben. Danke schön. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als nächster Redner ist Abg. Berger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Stefan Berger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktuelle Stunde zum Thema Jugendwohlfahrt: Mir fällt auf, dass die Vertreter der Regierungsfraktionen heute auffallend ruhig sind. Ansonsten stehen die Herrschaften hier heraußen, wenn es um Kinder- und Jugendpolitik geht, und ich habe mir da ein paar Zitate und ein paar hohle Phrasen notiert. Da geht es darum, Kindern Paläste zu bauen in Wien. Es ist das Ziel Wiens, die kinder- und jugendfreundlichste Stadt der Welt oder Österreichs oder von wo auch immer zu werden. Heute, wenn es um ein sehr ernstes Thema geht und wenn zeitgleich de facto auch ein Bericht der Volksanwaltschaft vorliegt, wie es um das Kindeswohl in Wien in manchen Institutionen und insbesondere dort, wo auch die Stadt Wien eben ihren Kompetenzbereich hat, steht, da ist man auffallend kleinlaut an dieser Stelle. Was mir schon auch auffällt: Die MA 11 fällt ja in den Zuständigkeitsbereich von Herrn LR Wiederkehr und schön langsam hat man doch auch den Eindruck - ich verweise wieder auf den Bericht der Volksanwaltschaft -, dass die MA 11 wahrscheinlich nach der MA 35 mit Sicherheit einer der Geschäftsbereiche ist, der in Wien, glaube ich, eine der größten Baustellen aufweist, wo mittlerweile zum Teil auch akuter Handlungsbedarf besteht und wo ich auch nicht verstehe, wieso bei gewissen Entwicklungen da jahrelang so zugesehen wurde. Herr Oxonitsch als Vorredner steht hier heraußen und sagt: Ja, das Personalproblem, das wissen wir eigentlich seit Jahren. Dann frage ich mich, wieso haben Sie als zuständiger Stadtrat beziehungsweise Landesrat nicht entsprechend gehandelt? Das, meine Damen und Herren, vermisse ich hier an dieser Stelle. So wie in anderen Bereichen - insbesondere im Bericht der Volksanwaltschaft werden über Jahre hindurch immer wieder dieselben Probleme aufgezeigt - fehlen mir einfach die entschlossenen Handlungen. Offensichtlich ist es in der Stadt Wien kein Problem, irgendeinen Schnitzel-Gutschein oder Ähnliches auf die Beine zu stellen. Hier in diesem Bereich sind Sie leider sehr ideen- und phantasielos und untätig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Der Kollege von den GRÜNEN hat es auch bereits angesprochen: Wir kommen zwar noch später dazu, aber der Bericht der Volksanwaltschaft ist in diesem Bereich ja dermaßen umfassend, dass ich auch hier die Gelegenheit nutzen möchte, um im Bereich der Kinder- und Jugendwohlfahrt auf ein paar sehr denkwürdige Beispiele hinzuweisen, wo man sich durchaus auch fragen kann, was manche Stellen in der MA 11 den ganzen Tag so machen. Da gibt es zum Beispiel den Fall eines Mädchens, wo bereits im Jahr 2008 angezeigt wurde, dass es nicht sehr gut um das Kindeswohl bestellt ist und sich die MA 11 de facto über Jahre hindurch von der Mutter auf der Nase herumtanzen lässt, die das Kind immer wieder zu sich nimmt, mit dem Kind sogar zwischenzeitlich untertaucht, das Kind aus der Schule herausnimmt, auf Revers aus dem Krankenhaus herausnimmt und lauter solche Dinge. Die MA 11 setzt da aber nicht alle Hebel in Bewegung, um das untergetauchte Kind und die Mutter wieder ausfindig zu machen, obwohl die Mutter sehr wohl regelmäßig die Termine bei AMS und sonstigen Stellen wahrnimmt, bei denen man dann eben die finanziellen Zuwendungen erhält. Es ist auch vollkommen unverständlich, wieso bei einer Anzeige von sexuellem Missbrauch dem nicht mit der notwendigen Dringlichkeit und dem entsprechenden Nachdruck nachgegangen wird und dass bei Beratungen zu Unterhaltsvertretungen mangelhaft dokumentiert wird. Das Hauptproblem haben wir ja schon angesprochen: Die mangelnde Personalabdeckung insbesondere in den WGs der Kinder- und Jugendhilfe diskutieren wir hier Jahr für Jahr, nur, eine Besserung tritt de facto nicht ein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich komme auch schon zum Abschluss, weil die Redezeit bald verstrichen ist. Man sieht, dort, wo es in dieser Stadt politisch gewünscht ist, da ist man durchaus zu entschlossenem Handeln fähig. Ich möchte an dieser Stelle auch einmal zwei Vergleichszahlen in den Raum stellen: Die Stadt Wien hat 14 Kindergartenkontrollore, deren Zahl im Übrigen erhöht wurde, früher waren es noch weniger, für rund 1.000 Kindergärten und rund 67.000 Kindergartenkinder. Die Stadt Wien hat aber gleichzeitig wiederum über 600 Kontrollorgane für die Parkraumüberwachung und ist mittlerweile sogar bereit, diese um weitere 300 zu erhöhen. Also, ich sage ganz offen, mir persönlich wäre es lieber, es würde mehr Kontrollorgane für die Kindergärten in dieser Stadt geben als für die Parkraumüberwachung. Da sieht man aber halt auch, meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsfraktionen, wo Sie Ihre Schwerpunkte setzen. Meine Damen und Herren, setzen Sie die Schwerpunkte lieber dort, wo es um unsere Zukunft geht, und nicht dort, wo es um die Einnahmequelle für die Stadtkasse geht. Danke schön. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Konrad, nach Desinfektion des Pultes erteile ihm dieses. Danke schön. Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Landesrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, ein wichtiges Thema heute in der Aktuellen Stunde: Es geht um die Wiener Kinder- und Jugendhilfe, ein Bereich, der uns allen sehr am Herzen liegt. Das hat auch die heutige Diskussion hier gezeigt, auch die Diskussion, die wir heute in der Fragestunde bereits hatten, und wir hatten dieses Thema schon einmal ausführlich am Anfang dieses Jahres anlässlich eines Rechnungshofberichtes zu den Krisenzentren besprochen. LR Wiederkehr hat damals auch eine Anfrage hinsichtlich der stark gestiegenen Herausforderungen in diesen Zentren gestellt. Tatsache ist nämlich leider, dass wir schon seit einigen Jahren beobachten, dass die Fälle in den Krisenzentren oftmals schwieriger und damit auch personalintensiver werden. Es gibt vermehrt Fälle von schweren Verhaltensauffälligkeiten und psychiatrischen Diagnosen. Dabei muss man aber auch positiv anmerken, dass viele der sehr schwierigen Fälle früher auf der Psychiatrie gelandet sind und dort sozusagen weggesperrt wurden, während sie heute eben in diesen Krisenzentren landen und wir uns bemühen, alle Fälle da auch entsprechend zu betreuen. Die Herausforderungen sind aber natürlich enorm. Es geht um jährlich über 10.000 Gefährdungserklärungen und Gefährdungsabklärungen. Die Corona-Pandemie hat die Situation leider nicht einfacher gemacht, wie man sich vorstellen kann. Es ist zu beobachten, dass die Pandemie auch die familiären Krisen deutlich verschärft hat. Arbeitslosigkeit, finanzielle Verluste, Betreuungsnöte, gesundheitliche Sorgen und andere Ängste bleiben oftmals nicht ohne Folgen. Familien haben oftmals Probleme, das Nötigste für ihre Kinder bereitzustellen und auch die Gefährdungsmeldungen sind deutlich gestiegen, was zur Folge hat, dass die Krisenzentren besonders belastet sind. Die Berichte der Volksanwaltschaft und des Stadtrechnungshofs sind daher sehr wichtig, um Verbesserungspotenziale aufzuzeigen, und ich möchte mich an dieser Stelle sehr herzlich für die geleistete Arbeit dieser Institutionen bedanken. Wir NEOS haben die Arbeit immer schon sehr geschätzt, denn unser Anspruch war es immer, dort, wo es möglich ist, sehr rasch Verbesserungen herbeizuführen. Es geht schließlich um das Wohl der Kinder in unserer Stadt und darum, Kinder, die in widrigen Umständen aufwachsen, zu unterstützen, sie zu begleiten und ihnen einen Platz der Geborgenheit zu geben. Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe ist natürlich dazu verpflichtet, Kinder vor Gewalt zu schützen und bei Gewalt einzuschreiten. LR Christoph Wiederkehr hat im ersten Jahr unserer Regierungsbeteiligung bereits ganz wichtige Schritte gesetzt, um diesen gestiegenen Herausforderungen in der Kinder- und Jugendhilfe gerecht zu werden. Meine Kollegin Bettina Emmerling und auch Christian Oxonitsch haben hier schon wesentliche Punkte festgehalten, und auch Christoph Wiederkehr hat in der heutigen Fragestunde beispielsweise eine Evaluierung des Modells der Pflegeeltern und der Krisenpflegeeltern angekündigt. Uns ist bewusst, dass die Herausforderungen allerdings weiterhin groß bleiben. Wir sehen dies beispielsweise in der jetzigen Situation insbesondere in den sozialpädagogischen Einrichtungen, wo auf Grund von Covid-Infektionen, aber auch auf Grund eines allgemeinen Mangels an qualifiziertem Personal die personelle Situation weiterhin angespannt ist. Ich möchte daher am Ende meines Beitrages auch allen MitarbeiterInnen in der MA 11, allen MitarbeiterInnen in den Regionalstellen, in den Betreuungseinrichtungen, in den Krisenzentren und allen Pflegeeltern und Krisenpflegeeltern hier für die geleistete Arbeit meinen Dank aussprechen und ihnen versichern, dass wir weiterhin an den notwendigen Verbesserungen im Wiener System der Wiener Kinder- und Jugendhilfe arbeiten werden. - Herzlichen Dank. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Klika gemeldet. - Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen das Wort. - Entschuldigung! Entschuldigung, ein Fehler meinerseits. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Mag. Berner. Ich bitte um Verzeihung, Abg. Klika in Vorbereitung. Abg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Ich möchte an den Anfang stellen: Danken allein reicht nicht, es braucht bessere Bedingungen, wenn wir mehr sozialarbeitende und andere Personen in der Krisenpflege und in der Pflege für Kinder außer Haus brauchen. Deshalb bitte ich hier, das ernst zu nehmen! Jedes Kind braucht einen sicheren Ort, wo es aufwachsen kann. Wir als Land sind in der Verantwortung, den Kindern diesen sicheren Ort zu bieten. Leider gelingt das nicht immer. Die letzte große Reform nach dem Skandal um den Wilhelminenberg in der Kinder- und Jugendhilfe datiert aus den frühen 90er Jahren und wurde bis Anfang der 2000er-Jahre umgesetzt. Das ist jetzt schon eine Zeit lang her und seither haben sich die Herausforderungen ein bisschen geändert. Warum sage ich das? - Auch heute und insbesondere im Zusammenhang mit Corona wurden weitere Probleme festgestellt, die schon lange bestehen und die wir auch schon alle kennen. Interessant ist, dass alle Prüfungen - von Stadtrechnungshof, Kinder- und Jugendanwaltschaft und Volksanwaltschaft - zu ähnlichen Schlüssen kommen, was zu tun wäre. Es fehlt an Supervision in den Teams, es gibt keine einheitlichen verbindlichen Qualitätsstandards für Krisenzentren und stark verzögerte Genehmigungsverfahren für Wohngemeinschaften an einzelnen Standorten. In regionalen Krisenzentren waren in einigen Fällen bis zu 14 Kinder aufgenommen, wo nur 8 vorhandene Plätze sind. Das heißt, es entspricht einer Auslastung von 175 Prozent. Da ist eine individuelle Betreuung nicht mehr möglich, wie Sie sie vorher genannt haben, Herr Kollege. Viele Kinder und Jugendliche bleiben weit länger als sechs Wochen im Krisenzentrum, manchmal auch mehrere Monate, weil keine passenden Plätze in Folgeeinrichtungen oder Pflegefamilien zu finden waren und die Krisenzentren dann die einzige Übergangslösung sind. 2.539 Mal kam es zu einer Überschreitung der Gruppe, das heißt, in einzelnen Einrichtungen waren bis zu 43,5 Prozent aller Tage überbelegt. Das ist nahezu die Hälfte der Tage, an denen mehr Kinder als möglich dort leben müssen. Es ist laut Stadtrechnungshof und laut Volksanwaltschaft dringend erforderlich, dieser Entwicklung der systematischen Überbelegung der Krisenzentren konkret entgegenzuarbeiten. Vorschläge zur Reduktion sind die Schaffung zusätzlicher Krisenzentren, eine Stärkung der sozialen Arbeit, die Vermehrung der ambulanten Ressourcen und auch der Kapazitäten an sich. Was bisher geschah, nämlich die Eröffnung eines weiteren Krisenzentrums, ist wunderbar, aber das hilft nur acht Kindern. Das heißt, Evaluierung ist gut, aber ehrlich gesagt wissen wir seit Jahren, was fehlt. Und zwar, was fehlt? - Es braucht mehr Personal und eine Restrukturierung der Aufgabenbereiche der MA 11. Nicht nur die Ausbildung ist ein Problem, Herr Oxonitsch, es sind auch die Arbeitsbedingungen. Und es braucht im Bereich der Krisenpflege und Erziehung einen Ausbau in vielen Bereichen, zum Beispiel Entwicklung von unterschiedlichen Aufgabenprofilen in den WGs, vermehrte Möglichkeiten für Qualitätszeiten mit Kindern und Jugendlichen und ihrem Betreuungspersonal, bessere Betreuungsschlüssel, angepasste Personalplanung, mehr WG-Plätze, kontinuierliche Supervision und Teamentwicklung für das Betreuungspersonal, Mentoringkonzepte für NeueinsteigerInnen durch erfahrene PädagogInnen und kontinuierliche Begleitung der Jugendlichen auf dem Weg ins Erwachsenenleben, das heißt, ein Ausbau der Careleaver, Ausbildungsbegleitung auch über den 18. Geburtstag hinaus. Wir wissen, was es braucht, Herr Wiederkehr, bitte kümmern Sie sich um Verbesserungen. - Herzlichen Dank. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Nun ist aber wirklich als nächste Rednerin Frau Abg. Klika zu Wort gemeldet. Jetzt stimmt die Reihenfolge wieder. Ich erteile ihr das Wort. Bitte. Abg. Julia Klika, BEd (ÖVP): Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Werte Damen und Herren! Das Thema unserer heutigen Aktuellen Stunde ist ein unglaublich sensibles und wichtiges Thema in unserer Gesellschaft, schließlich geht es hierbei wirklich um das Wohlergehen vieler Kinder in unserer Stadt. Es geht um Kinder, die kurzfristig oder auch längerfristig in extremen und akuten Gefährdungslagen innerhalb ihrer Familie sind, Kinder, die Schutz, Sicherheit, Geborgenheit und Hilfe brauchen. Meine Kollegin hat vorhin schon ziemlich eindrucksvoll geschildert, wie schwierig die Situationen für die Krisenpflegeeltern sind. Wir diskutieren heute im Landtag aber auch den Bericht der Volksanwaltschaft, der in der Kinder- und Jugendhilfe leider viele Missstände aufzeigt. Daher möchte ich mich als Allererstes auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft für diese unglaubliche Arbeit, die sie leisten, bedanken. Ich habe den Bericht zu diesem Thema auch sorgfältig gelesen und die Schilderung besonderer Einzelfälle hat mich extremst schockiert. Da geht es um Missbrauch, um Vernachlässigung und Nichtwahrnehmung der Obsorgepflicht der Eltern. Es geht aber auch um Fälle, in denen die Kinder- und Jugendhilfe leider zu wenig genau und zu wenig nachdrücklich gehandelt hat. Und das möchte ich mir als Lehrerin gar nicht vorstellen. Ich hatte vor ein paar Jahren auch einen ähnlichen Fall, und zwar einen Schüler, der zirka zwölf Jahre alt war, der einfach wochen-, man muss schon sagen, monatelang wirklich unentschuldigt gefehlt hat. Nach wirklich vielen Gefährdungsmeldungen, Telefonaten und auch Geldstrafen für die Familie kam dann zirka nach einem halben bis dreiviertel Jahr endlich eine Mitarbeiterin der MA 11 an die Schule, um ein Gespräch mit der Mutter und dem Kind zu führen. Sie haben versucht, Mutter und Schüler zu überreden, dass es vielleicht besser wäre, wenn der Schüler vorübergehend, für eine kurze Zeit, in ein Krisenzentrum kommt, bis sich die Mutter endlich ordnen kann und sich wieder ordentlich um ihn kümmern kann. Der Versuch ist leider gescheitert, und es passierte einfach gar nichts. Am Ende des Schuljahres wurde der Schüler von der Schule abgemeldet, und wir haben nie wieder etwas von ihm gehört oder gesehen. Das sind natürlich Einzelfälle, aber ich stelle mir schon die Frage, ob tatsächlich wirklich immer alles in der Macht Stehende getan wird, um das Kindeswohl zu schützen. Der Bericht der Volksanwaltschaft zeigt auch echte strukturelle Defizite in der Kinder- und Jugendhilfe, etwa die Tatsache, dass in Wien im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr wenige ambulante Hilfen angeboten werden und dass dieses Angebot einfach unbedingt ausgeweitet werden muss, oder, wie wir schon gehört haben, die Überbelegung der Krisenzentren und die damit verbundene Überforderung des Personals. Natürlich habe ich auch die Stellungnahmen des zuständigen Stadtrates dazu gelesen, und ja, da wird wirklich viel versprochen und viel angekündigt. Ich bin wirklich gespannt und hoffe sehr, dass das dann auch umgesetzt wird, denn am Ende zählt nur, ob und wann es bei den Kindern auch ankommt. Je besser auch die strukturellen Bedingungen vor Ort sind, desto einfacher wird es hoffentlich auch sein, entsprechend motivierte, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, denn sie sind es schließlich, von denen die Kinder- und Jugendhilfe lebt. Ohne diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird sich leider überhaupt nichts verbessern. Da reicht es einfach nicht, dass wir sie an einem Tag im Jahr, am Tag der Kinderrechte, würdigen, sondern wir müssen sie 365 Tage im Jahr unterstützen. SozialpädagogInnen haben im Tätigkeitsbericht auch 2018 gesagt, dass das Aufgabenspektrum in der Sozialpädagogik vielfältig und in der individuellen Situation einzigartig ist - Information, Beratung, Vernetzung und Administration. Es braucht Spontanität und Flexibilität, aber leider gehen mir aktuell diese Spontanität und Flexibilität ab. Im Namen Kinder- und Jugendhilfe steckt schon alles, was es braucht, unseren Kindern und Jugendlichen muss jetzt sofort geholfen werden! - Vielen Dank. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Florianschütz. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst: Das ist eine angenehme Diskussion, die wir hier führen, weil sie versachlicht ist und weil sie sich um konkrete Probleme kümmert, die alle im Saal offensichtlich betreffen. Das ist erfreulich und es stimmt optimistisch für die Weiterentwicklung der Materie und die Weiterentwicklung im Interesse und im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen in Wien. Meine Damen und Herren, bevor ich über das, was hier im Wesentlichen als Symptombekämpfung umrissen worden ist, diskutieren möchte, möchte ich Ihr Augenmerk darauf richten, dass laut einer internationalen Studie der Europäischen Union - wir haben das gerade im Ausschuss in der Frage soziale Sicherheit und Kinderrechtsgarantie behandelt -, in Wien 37 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Armut betroffen sind. Das ist eine Grundursache, um die wir uns kümmern müssen. Der Herr Landesrat weiß das, es geht mir in einem großen Ausmaß immer darum, im aktuellen Fall Krisen zu managen und Symptome zu bekämpfen, damit sie nicht schlagend werden. Viel wichtiger ist aber die Frage der Bekämpfung der Grundursachen, die hinter dem Problem stehen. Heute ist ein Zitat von - ich darf das stolz sagen - meinem Genossen Tandler zitiert worden: "Wer Kindern Paläste baut, reißt Kerkermauern nieder." - Das ist kein leerer Spruch, er findet sich definitiv haptisch verbaut in der Stadt wieder, ist die Tradition der Jugendwohlfahrt, und es ist die Jugendwohlfahrt, die die Fortschrittskoalition fortsetzt. Darauf bin ich stolz und dafür möchte ich mich auch bedanken. In dem Zusammenhang ein Hinweis, und darauf komme ich dann gleich: Natürlich ist das Bessere der Feind des Guten und wir haben eine ganze Menge vor, und darauf bin ich stolz - man schaue ins Koalitionsprogramm. Es ist ja jetzt begonnen worden und ich schaue mit Interesse dem Vorhaben, Herr Landesrat, der Evaluierung entgegen. Ich bin mir sicher, dass wir da etwas zuwege bringen werden. Wahr ist aber auch, dass wir vieles zusammengebracht haben, und wahr ist auch, dass der Spruch, der bei uns an der Stadtgrenze prangt - "Wien ist anders" -, gilt. Viele Einrichtungen, über die geklagt wird, dass wir zu wenige davon haben, gibt es woanders gar nicht. Darüber muss man auch einmal diskutieren. Ich bin heute zum Bericht der Volksanwaltschaft ein zweites Mal zu Wort gemeldet und ich möchte Ihnen in Vorbereitung auf diese Wortmeldung eine Gedankenfigur mitgeben: Wir leben nicht im Vergleich, aber ein bissel schon, und manchmal ist es so, dass man nicht immer sagen sollte, wie schlecht es bei uns ist, dass wir viel Verbesserungsbedarf haben. Vielleicht sollte man einmal das Wiener Modell auf Bundesebene übertragen, zum Beispiel beim Gurgeln, denn da höre ich, dass es bei uns gut läuft und es woanders halt nicht so gut läuft. Da würde ich dann meinen, dass sich andere ein Beispiel an uns nehmen sollten. Das gilt auch für die Kinder- und Jugendwohlfahrt in Wien. Meine Damen und Herren, meine Redezeit neigt sich dem Ende entgegen. Vieles, was heute gesagt worden ist, stimmt, wir brauchen mehr Personal, wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen, wir brauchen eine bessere Bezahlung. Das ist alles kein Problem und wir müssen das Spannungsfeld in der Frage: wir leben ein Kind auflösen. Ich habe mir das unlängst am Julius-Tandler-Platz angeschaut - da sind wir wieder beim Julius Tandler -, weil am Julius-Tandler-Platz ein großer Bahnhof ist und auf diesem großen Bahnhof gibt es arme Leute und diese armen Leute haben Kinder, und dann denke ich mir, da müssten wir etwas machen. Und dann entsteht dieses Spannungsfeld, über das heute hier ja indirekt geredet wird. Krisenmanagement: Belassen wir die Kinder im Familienverband oder nehmen wir im Interesse des Kindes die Kinder aus dem Familienverband heraus und geben sie in andere Einrichtungen? Das ist eine der härtesten Entscheidungen, die man treffen kann. - In dem Zusammenhang vielen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Expertinnen und Experten der MA 11, die Tag für Tag diese Entscheidungen treffen und verantworten. Das ist eine schwere Entscheidung, die nicht jeder machen kann, und da verdienen sie Lob und Anerkennung. Lob und Anerkennung an die Menschen, die sich dann um diese Kinder kümmern, in welcher Einrichtung auch immer. Sie wissen, wir stehen hinter ihnen und versuchen, ihnen zu helfen, um dieses Spannungsfeld aufzulösen. Damit kehre ich zum Anfang meiner Wortmeldung zurück: Es war eine sachliche und schöne Diskussion, vieles wollen wir hier gemeinsam entwickeln und mit gemeinsamer Anstrengung werden wir, und das ist das Wichtigste, für unsere Kinder das Optimale erreichen, denn das Wohl der Kinder ist die höchste Priorität, die wir haben. - Danke schön, meine Damen und Herren. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Die Rednerliste ist erschöpft, die Aktuelle Stunde ist somit beendet. Der Herr Amtsführende Stadtrat der Geschäftsgruppe für Soziales, Gesundheit und Sport sowie die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Kultur und Wissenschaft haben sich gemäß § 16 der Geschäftsordnung zu einer Mitteilung betreffend "Präsentation des Berichtes der Historikerkommission zur Rothschild'schen Stiftung" zu Wort gemeldet. Ich bemerke, dass laut Geschäftsordnung für die Mitteilung die Redezeit mit maximal 40 Minuten beschränkt ist. Als erster Rednerin erteile ich Frau StRin Kaup-Hasler das Wort. Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup-Hasler: Einen schönen guten Vormittag! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete zum Wiener Landtag! Ich freue mich wirklich sehr, gemeinsam mit meinem Kollegen StR Hacker über die Ergebnisse des Berichts der unabhängigen Expertenkommission zur Rothschild'schen Stiftung zu berichten und Sie zu informieren. Im März 2020 beschloss der Wiener Landtag, die Geschichte der Rothschild'schen Stiftung wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Ich muss dazusagen, das war uns ein großes Anliegen, die Wissenschaft hier auch von Anfang an mit einzubeziehen, um auch strittige Fragen zu klären. Im September 2020 fand mit der konstituierenden Sitzung der ExpertInnenkommission der Auftakt dazu statt. Als Aufgabe und Ziel der wissenschaftlichen Untersuchung wurden die Aufarbeitung der Geschichte der Stiftung vor ihrer Errichtung 1907 über die Auflösung im Nationalsozialismus bis jedenfalls zur Wiederherstellung in der Nachkriegszeit sowie Verortung der Stiftung und ihrer Institutionen, das sind die Heilanstalt Rosenhügel und das Maria-Theresien-Schlössel, in einem zeithistorischen Kontext klar umrissen. Die ExpertInnenkommission war mit Univ.-Prof. Ilse Reiter-Zatloukal, sie war die Vorsitzende, Dr. Gerhard Baumgartner, Univ.-Prof. Oliver Rathkolb, Univ.-Prof. Roman Sandgruber und Dr. Ulrike Zimmerl namhaft besetzt. Darüber hinaus wurde die Kommission bei Recherche und Organisation von der Direktorin des Wiener Stadt- und Landesarchivs Dr. Brigitte Rigele und ihrem Team unterstützt. Als wissenschaftliche MitarbeiterInnen konnten mit Dr. Verena Pawlowsky und Dr. Harald Wendelin zwei in der Zeitgeschichte und NS-Forschung höchst ausgewiesene HistorikerInnen gewonnen werden. Nach mehr als einem Jahr intensiver Forschungsarbeit liegt jetzt der Bericht - Zitat - "Geschichte der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke von ihrer Errichtung bis zu ihrer Reorganisation in der Nachkriegszeit" vor, über dessen Ergebnisse wir nun Bericht erstatten. Der Bericht umfasst mehr als 300 Seiten und behandelt in 15 Kapiteln und zahlreichen Subkapiteln unter anderem die Stiftungsgründung und den Stiftungszweck, die Auflösung der Stiftung, die Stiftungsreorganisation und Rückstellungsverfahren sowie Fragen zum Stiftungskuratorium. Er ist online auf der Seite der Stadt Wien unter "wien.gv.at/rothschildkommission" zugänglich. Ich möchte einige zentrale Erkenntnisse aus dieser Studie herausgreifen. Erstens, die Geschichte der Stiftung war seit ihrer Errichtung außerordentlich bewegt. Der Bau musste errichtet werden, es folgten der Erste Weltkrieg und der Zusammenbruch der Monarchie. Dies alles hatte zur Folge, dass die Anstalt am Rosenhügel gerade einmal zwei Jahre strikt im Sinne des Stifters Nathaniel von Rothschild für Nervenleidende - das war die Diktion der Zeit - betrieben wurde. Also nur zwei Jahre wurde sie eigentlich entsprechend dem ursprünglichen Stiftungszweck betrieben. Zweitens, die Stiftung wurde nie als jüdische Stiftung eingestuft, weil die Begünstigten immer die gesamte Bevölkerung und nicht explizit Jüdinnen und Juden waren. Deshalb kann aus Sicht der Historiker auch nicht von einer Arisierung gesprochen werden. Das hätte zugetroffen, wäre das eine jüdische Stiftung für jüdische MitbewohnerInnen der Stadt gewesen, dem war aber nicht so. Drittens, im Schlusskapitel empfiehlt die ExpertInnenkommission die Anbringung von Gedenktafeln, wie sie ursprünglich dem Stiftungsbrief entsprechend im Benützungsübereinkommen von 1963 zwischen den die Stiftung vertretenden Magistratsabteilungen vorgesehen war. Es wird von der Kommission empfohlen, den Namen des Stifters Nathaniel von Rothschild sowie das Datum der Stiftungsgründung gut sichtbar an jedem Pavillon anzubringen und somit ein dauerhaftes Zeichen des Gedenkens an das humanitäre Wirken des Stifters sicherzustellen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Bericht einen profunden Einblick in die bewegte Geschichte der gemeinnützigen Rothschild-Stiftung für Nervenkranke und damit auch in ein Stück Wiener Geschichte gibt. Mit der Beauftragung einer ExpertInnenkommission ist die Stadt ihrer Verantwortung zur Aufarbeitung der eigenen Geschichte nachgekommen, wie zuvor auch schon mit der Untersuchung der Wiener Straßennamen und der Ehrengräber. Ich denke, dass in Zeiten, in denen die Wissenschaft immer wieder auch von politischer Seite hinterfragt wird und ihre Bedeutung in Abrede gestellt wird, wir gut beraten sind, wirklich ein klares Commitment zu einem Handeln von wissensbasierter Politik abzugeben, einem Handeln in sehr schwierigen Bereichen. Wir haben hier auf das Wissen und die Recherche von HistorikerInnen vertraut, und das ist für mich ein ganz wichtiges Commitment für eine Wissenschaftsstadt und für eine andere Politik, wie wir uns das in anderen Bereichen auch wünschen und wie es eigentlich dem Wissensstand unserer Gesellschaft auch entspricht. - Ich danke Ihnen. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Ich danke der Frau Landesrätin für ihren Teil der Mitteilung und erteile nun Herrn LR Peter Hacker das Wort für seinen Bericht. Amtsf. StR Peter Hacker: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mich noch einmal ausdrücklich für die Möglichkeit bedanken, dass wir hier im Landtag gemeinsam Seite an Seite über das Ergebnis dieses gemeinsamen Auftrages berichten können. Ich freue mich sehr, dass die ExpertInnenkommission trotz der zweifelsohne schwierigen Ausgangslage nun ihren umfassenden und qualitativ sehr anspruchsvollen Bericht fertigstellen konnte, der uns einen bis jetzt einmaligen Blick in die Geschichte der Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke liefert. Ich kann wirklich empfehlen, einen Blick in den Bericht zu machen, weil er sehr beeindruckend ist, weil er beeindruckend ist, uns einen Blick in die Geschichte unserer Stadt zu geben. Es wurden aus meiner Sicht unglaubliche Dokumente gefunden und man muss auch den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, die in den Archiven nach diesen Dokumenten gesucht haben und sie gefunden haben. Nur mit solchen Mitarbeitern, die in den Archiven unserer Stadt in den unterschiedlichsten Bereichen nach solchen Dokumenten suchen, ist es dann möglich, einen solchen Bericht in Händen zu halten. Ich kann es offen und ehrlich sagen, ich war tief beeindruckt, diese Dokumente zu sehen und tief beeindruckt, dass sie gefunden wurden und so wunderbar zu einem derartigen Bericht zusammengefügt werden konnten. Es ist ein Dokument über das außergewöhnlich humanitäre Wirken von Nathaniel Freiherr von Rothschild, der über seinen Tod hinaus die gesundheitliche Versorgung von jenen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Wien feststellen und sicherstellen wollte, die auf Grund chronischer und unheilbarer Leiden erwerbsunfähig und mittellos waren. Das ist schon ein sehr ungewöhnlicher Akt, auch jetzt noch zurückblickend betrachtet, und er hat auch ein unglaubliches Finanzvolumen zur Verfügung gestellt, aus dessen Erträgen dann das, was er haben wollte, finanziert hätte werden sollen. Im Stiftbrief, also im Gründungsakt der Stiftung von 1907, wurde festgehalten, dass zwei Anstalten auf Basis eines medizinischen Expertengutachtens errichtet werden sollten, und diese sollten nicht, wie es damals üblich war, als große Unterbringungsstätten, sondern als aus damaliger Sicht moderne Pavillons errichtet werden. Im Stiftbrief ist auch festgehalten - ich zitiere: "Auf den Pavillons ist mein Name als Stifter mit dem Datum der Stiftung ersichtlich zu machen." - Darauf hat uns die Expertenkommission auch im Bericht und in ihrem Resümee aufmerksam gemacht und sie hat empfohlen, diesem Versäumnis nachzukommen. Daher brauchen wir gar nicht darüber zu diskutieren, das haben wir von Anfang an gesagt. Ich habe das auch gesagt, als wir den Beschluss zur Einrichtung und Bestellung der Kommission hier gefasst haben. Es war von Anfang an klar, dass das Ergebnis dieses Berichtes richtungsweisend für den weiteren Umgang mit dem Erbe der Familie Rothschild sein wird. Diese Empfehlung und diesem damaligen Versprechen werden wir selbstverständlich auch nachkommen. Wir brauchen darüber auch gar nicht zu diskutieren, ich habe bereits den Auftrag erteilt, diese Tafeln zu formulieren, diese Tafeln zu gestalten. Ich habe selbstverständlich den Auftrag erteilt, sie auch anzubringen, allerdings nur mit Zustimmung oder in Absprache mit dem Bundesdenkmalamt. Die Tafeln wurden bereits geziert, wie sie aussehen können und es läuft bereits der Abstimmungsprozess mit dem Bundesdenkmalamt. Wenn mit dem Denkmalamt alles gut geht und dieses seine Zustimmung erteilt, werden wir noch im Dezember dieses Versäumnis nachholen können und die Würdigung des Stifters auf den Gebäuden entsprechend anbringen. Auf Grund des gewonnenen Eindrucks durch diesen Bericht habe ich auch angeregt, darüber hinaus - und das steht an sich nicht im Bericht drin, aber es hat mich einfach inspiriert, diesen Bericht so zu lesen und auch besser zu verstehen, was da im Laufe der Geschichte unserer Stadt passiert ist - ein Memorial, ein Denkmal, ein Monument, wie auch immer, zu errichten, einfach, um die Geschichte der Familie Rothschild, insbesondere die Geschichte des Stifters, anders zu würdigen als nur mit den Erinnerungstafeln, wie er selbst sie vorgesehen hatte. Ich glaube, dass es möglich sein kann, eine moderne und zeitgemäße Aufbereitung der Geschichte der Stiftung auf dem Gelände der Stiftung selbst, auf dem Areal anzubringen. Ich habe vorgeschlagen, dass wir ein Komitee dafür einsetzen, das über die konkrete Umsetzung berät. Das muss ein modernes Ding sein, das muss ein modernes Monument sein, ein Memorial sein. Ich finde, die Geschichte ist wirklich bewegend, auch die Entwicklung dieser Stiftung ist bewegend, auch die Tragik dieser Stiftung ist bewegend, die mehreren Tragiken genau genommen, die schon mit der Weltwirtschaftskrise in den 20er Jahren beginnt, und so weiter. Ich glaube also, dass es würdig und richtig ist, dem Wirken dieses großartigen Mannes entsprechend auch ein Zeichen zu setzen. Ich habe in der Zwischenzeit auch mit dem Nachfahren, mit Goeffrey Hoguet, der ja vom Namen her aus diversen Medienberichten bekannt ist, sehr guten Kontakt aufgebaut. Wir haben uns mehrmals getroffen und vor allem lange Telefonate geführt. Wir haben auch sehr beeindruckende Gespräche geführt, und ich möchte ihn auch explizit einladen, respektive habe ich das schon getan, ihn eingeladen, an diesem Komitee mitzuwirken. Er ist im Augenblick sehr krank, lebt bekannterweise in New York, es ist ein bisschen schwierig, und er denkt darüber nach. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, wenn es gelingt, ihn dazu zu gewinnen, in diesem Komitee zur Errichtung eines solchen Memorials mitzuwirken. Abschließend möchte ich mich noch einmal sehr herzlich bei den Expertinnen und Experten der Kommission bedanken, die unglaublich viel Zeit investiert haben. Ich möchte mich nochmals bei den MitarbeiterInnen bei diversen Recherchearbeiten bedanken, die Unglaubliches zusammengebracht haben, und natürlich, last but not least bei der Leiterin der Expertenkommission Frau Univ.-Prof. Reiter-Zatloukal. Ich kann nur sagen, beim Lesen des Berichts habe ich vieles über die Geschichte unserer Stadt dazugelernt. Ich glaube, wir haben wirklich einen guten Beitrag geleistet, einen neuen Puzzlestein in die Geschichtsschreibung unserer Stadt, auch zur Erinnerung an die großartige Geschichte unserer Stadt, beizufügen, und ich danke vielmals für Ihre Zustimmung. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Ich danke Herrn LR Hacker für seine Ausführungen. Die Geschäftsordnung bestimmt, dass bei der nun folgenden Besprechung kein Redner öfter als 2 Mal und mehr als insgesamt 20 Minuten sprechen darf. Ausgenommen von dieser Beschränkung sind der Landeshauptmann und die zuständigen Landesräte, deren Redezeit mit 20 Minuten pro Wortmeldung beschränkt ist. Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Maximilian Krauss. Ich erteile es ihm. Abg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich zu diesem Punkt eher kurz halten, möchte aber vorweg sagen, dass es uns doch gewundert hat, dass dieser Tagesordnungspunkt zwar noch knapp geschäftsordnungskonform, aber dann doch sehr, sehr kurzfristig eingeschoben wurde. Und das, wo sonst immer in den Präsidialen besprochen und allgemein gewünscht wird, dass wir uns pandemiebedingt kurz halten sollen. Warum man das also heute ohne Eile und ohne den entsprechenden Druck plötzlich eingeschoben hat, erschließt sich uns nicht ganz, im Gegenteil, wir sehen uns durch den vorliegenden Bericht darin bestätigt, dass wir vor gut eineinhalb Jahren dem Einsetzen dieser Kommission nicht zugestimmt haben. Die Geschichte der Familie Rothschild und die grausamen Verbrechen, die der Familie durch die Nationalsozialisten angetan wurden, waren bereits vor diesem Runden Tisch aus Historikern sehr, sehr weitreichend erforscht, es ist wenig historisch Neues ans Tageslicht gekommen. Was allerdings nicht erforscht wurde und was explizit im Bericht ausgeklammert wurde, ist das, worum es den Nachfahren der Familie eigentlich gegangen ist. Es wurde nicht nur der Zeitraum nicht umfasst, es wurde auch sonst keinerlei Stellungnahme dazu abgegeben. Des Weiteren gibt es auch ein Gerichtsverfahren, das am Bezirksgericht in Hietzing begonnen hat, wo es jetzt eine erste Entscheidung gibt, wobei wir allerdings bereits medial gehört haben, dass es einen weiteren Gang in die Instanzen geben wird. Wir glauben, dass es besser ist, einmal diese Entscheidungen abzuwarten, die Gerichte sprechen zu lassen und dieses Thema nicht hier im Landtag weiter zu politisieren. - Vielen Dank. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Weber. Ich erteile es ihm. Abg. Thomas Weber (NEOS): Vielen lieben Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Herr Landesrat! Frau Landesrätin! Liebe Gäste via Livestream! Schön, dass Sie bei uns sind und vor allem auch schön, dass wir heute die Möglichkeit haben, über den Bericht der ExpertInnenkomission zur Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke zu sprechen. Herzlichen Dank für die Möglichkeit, herzlichen Dank für die abgegebenen Erklärungen dazu. Gleich vorab: Die Einsetzung dieser Kommission war etwas, das wir NEOS im Vorfeld auch sehr begrüßt haben, nämlich diesbezüglich in einen Dialog zu gehen, diese Kommission einzusetzen und vor allem auch die Erinnerung an den Stifter, an Nathaniel Freiherr von Rothschild öffentlich sichtbar zu machen. Persönlich erachte ich die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte für die Psyche und für die Seele einer Stadt wie Wien für extrem wichtig. Dies ganz besonders deshalb, weil die Geschichte unserer Stadt sowohl von Licht aber auch von dunklen historischen Perioden durchzogen ist und wir als Stadt, aber auch als Gesellschaft natürlich auch in einer Verpflichtung stehen, unserer Verantwortung nachzukommen, diese eigene Geschichte aufzuarbeiten. Dieser Verantwortung kommen wir im Übrigen auch in vielen anderen Bereichen in der Stadt nach, beispielsweise bei der Aufarbeitung von Straßennamen, bei der Aufarbeitung von Ehrengräbern oder bei der Reflexion um Gedenkorte, wie etwa das Lueger-Denkmal. Ich möchte Sie zum besseren Verständnis dieses Berichts und dieser Thematik auf eine kurze Reise in das Jahr 1907 mitnehmen. Da wurde am 28. Februar im Stiftbrief der Stiftungszweck festgelegt, und das finde ich eigentlich etwas besonders Schönes. Wenn man das heute liest, steht da zu lesen: Anstalten für mittellose Nervenleidende, die ohne Unterschied der Konfession in gesunder Lage in Wien oder möglichst in der Nähe von Wien nach dem Pavillonsystem zu errichten und zu erhalten sind. Es war darauf zu achten, dass sich bei jeder Anstalt möglichst ein Raum für Garten- und Feldarbeit nebst Turnplatz befinde und sie mit natürlichem, gutem Trinkwasser und den erforderlichen Bädern und den für ärztliche Behandlungen erforderlichen Apparaten versehen seien. - Ein schöner Gedanke, ein schöner Stiftungszweck, den wir diesem Stiftungsbrief entnehmen können. Das Grundstück selbst war damals nicht Teil von Wien, das Grundstück selbst war am sogenannten Rosenhügel angesiedelt. Das war damals ein Teil von Mauer, also nicht im Stadtgebiet von Wien. Das Grundstück ist dann mit Zustimmung der Gemeinde Mauer in Wien eingemeindet worden und damit sind auch die Fragen etwa von Kanalisation oder Trinkwasserversorgung auch gelöst worden. 1912 sind dann die ersten Patientinnen und Patienten dort in die Heilanstalt eingezogen, 92 Betten hat es damals gegeben, und im Ersten Weltkrieg diente diese Heilanstalt als Lazarett. Die Organisation der Stiftung selbst war in dem Stiftbrief von 1907 ebenso festgelegt, nämlich durch ein Kuratorium, bestehend aus zwölf Personen, neun davon von der Familie einzusetzen, drei weitere durch die öffentlichen Behörden. Als es dann zur Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1938 kam, wurde die Stiftung im April 1938 per Dekret aufgelöst und das Vermögen fiel der Stadt Wien zu. Überdies wurden die Familienangehörigen in den Gefängnissen von der Gestapo zur Übertragung aller Vermögenswerte der Familie Rothschild in Österreich gezwungen. Nach dem Sieg über die Nationalsozialisten ist das Familienvermögen zum Teil restituiert worden - teilweise sehr langwierig, 1999 etwa erst die Kunstgegenstände aus dem Kunsthistorischen Museum. Nach Beendigung der NS-Terrorherrschaft wurde die Stiftung mit Beschluss der Wiener Landesregierung 1956 in ihrer Rechtspersönlichkeit wiederhergestellt. Zum Verwaltungsorgan wurde damals - und jetzt kommen wir zum Ausgangspunkt dieser Debatte - aber nicht das zwölfköpfige Kuratorium bestimmt, sondern der Magistrat als Stiftungsverwaltungsorgan implementiert. 2017 gab es dann eine Satzungsänderung, indem festgelegt wurde, dass anstelle des Kuratoriums, das es ja nicht mehr gegeben hat, die Stiftung von der Leiterin oder dem Leiter jener Dienststelle zu verwalten sei, die für Stiftungen mit gemeinnützigem und mildtätigem Zweck allgemein zuständig ist. Die Satzungsänderung wurde angefochten und zuletzt eine Beschwerde gegen diesen Bescheid vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Im März 2020 haben wir dann hier im Wiener Gemeinderat die Einsetzung und die wissenschaftliche Aufarbeitung der Rothschild'schen Stiftung beschlossen. Im September 2020, wir haben es schon gehört, war die konstituierende Sitzung. Das Ziel dieser Kommission war ganz klar definiert, nämlich die Aufarbeitung der Geschichte der Stiftung von ihrer Errichtung 1907 über die Auflösung im Nationalsozialismus bis jedenfalls zur Wiederherstellung in der Nachkriegszeit sowie der Verortung der Stiftung und ihrer Institution in einem zeithistorischen Kontext. Der Bericht ist sehr umfangreich. Wir haben es gehört, es lohnt sich, in diesen Bericht hineinzublättern, er ist öffentlich zugänglich. Es gibt auch eine kurze Managementzusammenfassung. Aber egal, an welcher Stelle man in diesen Bericht hineinblättert, man spürt die wissenschaftliche Expertise in diesem Bericht und die Leidenschaft nicht nur für Wissenschaft, sondern für das akribische Erkunden der historischen Vorgänge. Ich möchte mich an dieser Stelle sehr herzlich bei den Mitgliedern der Kommission, bei Frau Univ.-Prof. Ilse Reiter-Zatloukal als Vorsitzende, bei Herrn Dr. Gerhard Baumgartner, bei Univ.-Prof. Oliver Rathkolb, bei Univ.-Prof. Roman Sandgruber und bei Dr. Ulrike Zimmerl bedanken, aber auch bei der Direktorin des Wiener Stadt- und Landesarchivs Dr. Brigitte Rigele und bei ihrem Team, aber auch bei den beiden wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Dr. Verena Pawlosky und Dr. Harald Wendelin, zwei, wie wir schon gehört haben, in der Aufarbeitung der Zeitgeschichte ausgewiesene Expertinnen und Experten. Und, das haben wir auch schon gehört, der vorliegende Bericht kommt zum Entschluss, dass im Umgang mit dem historischen Erbe nach der NS-Zeit keine maßgeblichen Fehler gemacht worden sind. Wir haben auch schon gehört, lediglich - unter Anführungszeichen - die Anbringung der aus dem Jahr 1963 zugesicherten Gedenktafeln sei nachzuholen. - Ja, das ist auch unumstritten, das wird natürlich nachgeholt werden. Ich persönlich würde es auch schön finden, wenn wir es schaffen, bei der Anbringung dieser Tafeln auch einen entsprechenden Gedenkakt zu setzen, um die Stiftung und den Stifter auch feierlich und entsprechend öffentlich zu würdigen. Abschließend möchte ich sagen, es ist gut, dass wir die Geschichte der Stiftung aufgearbeitet haben, weil wir damit auch einen ganz bedeutenden Teil der Geschichte unserer Stadt aufgearbeitet haben. Es ist gut, dass wir uns dieser Verantwortung gestellt haben, denn ein Wissen über die Vergangenheit ist die Basis für alle Entscheidungen, die wir mit Blick in die Zukunft treffen. - Herzlichen Dank. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Herr Abgeordneter, Sie haben etwas über 7 Minuten gesprochen, es verbleibt damit eine etwaige Restredezeit von 12 Minuten 20. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Margulies. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Liebe KollegInnen! Auch ich beginne mit einem großen Danke für einen Bericht, der sehr ausführlich und sehr gut recherchiert die Zeit von 1907 bis Mitte der 60er Jahre beschreibt. Meines Erachtens gibt er im Gegensatz zu dem, was Kollege Krauss gesagt hat, eine eindeutige Antwort auf die zentrale Frage, die mitausschlaggebend dafür war, weshalb wir als Wiener Landtag eine höchstrangige Kommission ersucht haben, einen Bericht zu erstellen, nämlich dahin gehend, ob das Kuratorium rechtmäßig eingesetzt wurde oder nicht. Jetzt kann man das immer noch für sich selbst persönlich bewerten, wie man will, aber es wurde ausführlichst dargelegt, weshalb die gewählte Konstruktion, hergeleitet aus dem Stiftungsbrief, über die verwandtschaftlichen Verhältnisse bei der Neugründung, de facto der Neukonstituierung, so gewählt wurden, wie sie gewählt wurden und weshalb sie rechtmäßig sind. Am Ende des Tages werden solche Sachen wahrscheinlich von Gerichten entschieden. Nehmen wir aber wissenschaftliche Berichte als Grundlage, dann muss man tatsächlich sagen, dass darüber eine eindeutige Aussage getroffen wurde und diese auch gut begründet ist. Wie gesagt, ob ein Gericht am Ende eines Tages so entscheidet - keine Ahnung. Das Erstgericht hat so entschieden, aber die Begründung ist nachvollziehbar und schlüssig. Und deshalb so zu tun, als ob nichts rausgekommen wäre, das wäre meines Erachtens neben der inhaltlichen Dokumentation der Zeitgeschichte eine Verfehlung im Lesen des Berichts. Deshalb noch einmal danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie wurden alle schon erwähnt, ich möchte sie nicht noch einmal gesondert aufzählen. Ich finde es ganz großartig, ein Stück Zeitgeschichte, ein Stück jüdische Zeitgeschichte aufzuarbeiten, insbesondere in dem Wissen, was der jüdischen Bevölkerung in der Zeit des Nationalsozialismus angetan wurde. Wir erinnern uns jetzt auf unterschiedlichsten Ebenen, seien es "Steine der Erinnerung" bis hin zu der unlängst eröffneten Namensmauer. Wir erinnern mit vielen Dokumentationen, wie "Sprich mit mir." Wir erinnern mit Theater - es gibt in Wien nach wie vor ganz großartige Theater in der jüdischen Tradition. Und ich glaube, dass wir den heutigen Tag auch dazu nützen können, uns ganz generell damit auseinanderzusetzen, was die Ursachen für Antisemitismus sind und wie es uns gelingen kann, Antisemitismus entgegenzutreten - genau dafür dienen solche Diskussionen. Man kann auch sehr schön ableiten, dass das, was Juden und Jüdinnen auch heute immer noch entgegengeworfen wird, auf anderer Ebene nicht nur Juden und Jüdinnen betrifft, sondern selbstverständlich auch Muslime oder auch andere Religionsgemeinschaften oft genug davon betroffen sind, nämlich immer dann, wenn es um Minderheiten geht, wenn eine Mehrheit glaubt, mit Vorurteilen auf Minderheiten hinschlagen zu müssen. Das müssen wir entschieden ablehnen. Das müssen und werden wir als Stadt Wien immer entschieden ablehnen. Deshalb gilt es, dem Antisemitismus und dem Rassismus massiv entgegenzutreten. So etwas macht auch solch ein Bericht, indem er aufklärt, indem er uns gemeinsam zeigt, wie eigentlich eine bessere Welt aussehen könnte, eine Welt, in der Menschen, die zu Reichtum gekommen sind, die belesen sind, selbstverständlich einen Teil ihres Vermögens abgeben. Ich glaube, es würde uns allen miteinander gut anstehen, wenn Vermögen nicht so ungerecht verteilt wäre, dass knapp 1 Prozent der auf der Welt lebenden Menschen fast 70 Prozent des Vermögens besitzt, dann ginge es uns allen besser. Ich glaube, dass es tatsächlich auch darum geht, solche Sachen langfristig sicherzustellen. Einen letzten Punkt habe ich mir noch aufgehoben, den ich gerne auch in diesem Zusammenhang sagen würde: Ich sage gleich vorweg, wir sind in der Gesundheitsdebatte und ich will jetzt überhaupt niemanden bekehren. Ich bin drei Mal geimpft. Am Ende des Tages ist es jedem seine eigene Entscheidung. Ich will es jetzt auch überhaupt nicht bewerten. Was ich hier jedoch sehr wohl sagen möchte, ist Folgendes: Wenn Menschen auf Impfgegner-Demos mit einem Judenstern herummarschieren und dann herumerzählen, es wird schon wieder wie 1939, dann mag ich schon daran erinnern, dass meine Großmütter, mit denen ich noch die Gelegenheit hatte, darüber zu reden, Zwangsarbeiter waren, am Morzinplatz gefoltert wurden und in KZs waren. Sie haben mir erzählt, was das bedeutet hat. Es ist so eine Verharmlosung und so eine Leugnung des Holocausts, sich mit einem Judenstern auf die Straße zu stellen und jetzt zu sagen: Uns geht es genauso wie damals den Juden! - Das ist Holocaust-Leugnung! Das ist Verharmlosung! Das kritisiere ich zutiefst, und das erlaube ich mir, hier in dieser Debatte zu sagen. Ich würde mir wünschen, dass jeder von Ihnen - es sei Ihnen unbenommen, wie Sie zur Impfung stehen - Menschen, die mit einem Judenstern herumrennen und sagen: "Es geht schon wieder los!", die Geschichte erklärt, und erklärt, was von 1939 bis 1945 los war, dass die Situation tatsächlich anders ist, dass wir weitab von einer Diktatur leben und glücklich sein können, in Zeiten wie diesen zu leben und dass wir unser wichtigstes Ziel, dass niemals wieder etwas ist, gemeinsam hochhalten müssen. Bitte machen Sie das! Niemals wieder! - Ich danke sehr für die Aufmerksamkeit. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit betrug 7 Minuten. Sie haben eine etwaige Restredezeit von 13 Minuten. - Vielen herzlichen Dank. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Gorlitzer. Ich erteile es ihm hiermit. Abg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Bericht der Expertenkommission ist mit 300 Seiten und 15 Kapiteln sehr umfangreich, sehr interessant zu lesen und behandelt die Geschichte der Rothschild'schen Stiftung. Es gilt ein besonderer Dank an die Leitung, Frau Univ.-Prof. Dr. Reiter-Zatloukal, dass das sehr umfangreich und sehr genau analysiert wurde. Die Entwicklung der Rothschild'schen Stiftung kann man in diesem Bericht gut nachlesen. Das einzige Manko ist, dass dieser Bericht 1962 endet und das, was nachher passiert ist, nicht so genau beleuchtet wurde. Der in den USA lebende Nachfahre der Wiener Rothschild-Linie kämpft um sein Vermächtnis. Der Urgroßenkel von Nathaniel Rothschild heißt Geoffrey Hoguet. Er ist seit 22. März 2021 auch österreichischer Staatsbürger und fordert sein Recht im Bezirksgericht Hietzing ein. Dieser Sache wollen wir nicht vorgreifen. Das ist nicht Sache und Gegenstand des Wiener Landtages. Kurz noch zur Geschichte der Rothschild'schen Stiftung: Nathaniels Bruder Albert hat 1907, zwei Jahre nach seinem Tod, in dessen Auftrag die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke gegründet und mit 20 Millionen Kronen ausgestattet, heute entspricht das 120 Millionen EUR. Dies ermöglichte 1912 die Gründung der Nervenheilanstalt am Rosenhügel und zwei Jahre später des Maria-Theresien-Schlössels in Döbling. Wie Kollege Weber schon gesagt hat, der Zweck war, mittellose Österreicher ohne Rücksicht auf Nationalität, politische Richtung und Konfession, die unter psychischen und neurologischen Problemen litten, zu behandeln und zu unterstützen. Das ist aus heutiger Sicht eine sehr weitsichtige und sehr zukunftsorientierte Ausprägung seines Gedankens. Diese Gründung, geprägt von gesellschaftspolitischer und sozialer Verantwortung, soll auch für nachfolgende Generationen zur Verfügung stehen. Das steht auch im Stiftungsbrief - wie Sie gesagt haben, Herr Kollege Weber -: Nicht nur die Nervenheilanstalt zu gründen, sondern auch zu erhalten. Auf diesen Punkt möchte ich kurz zu sprechen kommen: Wie auch schon erwähnt wurde, bestand bis 1938 das ursprüngliche Stiftungskuratorium aus zwölf Personen, neun davon von der Familie Rothschild, zwei Mitglieder vom Land Niederösterreich und eines vom Land Wien. Die Stiftung wurde 1938 in der NS-Zeit aufgelöst und das Bar- und Immobilienvermögen der Stadt Wien übertragen. 1956 wurde auf Grund des Urteils der Rückstellungskommission die Rechtspersönlichkeit der Stiftung wieder gegründet und auch ihre ursprüngliche Satzung wiederhergestellt, bis auf die Einsetzung des Kuratoriums im ursprünglichen Zustand. Es wurde der Stadt Wien das Vorverkaufsrecht auf alle Liegenschaften der Stiftung auf Grund eines Vergleichs zugestanden. Und jetzt sage ich Ihnen, wer sich da verglichen hat. Es hat sich die Stadt Wien mit der Stadt Wien verglichen. Das ist eine ganz eigene Konstruktion gewesen, und es ist eine sehr fragwürdige Konstruktion. Nach dem Verkauf des Maria-Theresien-Schlössels 2002 erfolgte 2017 eine Änderung der Stiftungssatzung, die die Stadt Wien als Letztbegünstigte des Stiftungsvermögens eingesetzt hat. Apropos Maria-Theresien-Schlössel: Die Magistratsabteilung 40 verkauft als Stiftungsverwaltung an die Stadt Wien das Maria-Theresien-Schlössel, das seither profitabel vermietet wird, und der Erlös dieser Stiftung wurde notabene zur Sanierung des Otto-Wagner-Spitals eingesetzt im Wissen, dass das Otto-Wagner-Spital zum größten Teil schon wieder geschlossen ist und dort das Areal zum Bau von Wohnbauprojekten verwertet wurde. Ich frage Sie, meine Damen und Herren, ist das ein sauberer Umgang mit Stiftungsvermögen? Ich sage Ihnen: sicher nicht! Es stellen sich daher drei wesentliche Fragen. Erstens: Wieso wurden bei der Wiedererrichtung der Stiftung nach dem Krieg die Nachkommen der zur Emigration gezwungenen Familie Rothschild wiederholt übergangen? Ist es ein adäquater Umgang mit dem jüdischen Erbe und ein richtiger Umgang mit der Ungerechtigkeit, die den Juden während der Zeit des Nationalsozialismus widerfahren ist? Zweitens: Warum musste Geoffrey Hoguet bis heute um die Einsicht in die Aktenstücke immer wieder kämpfen und sogar gerichtlich vorgehen? Das zeigt ja augenscheinlich, dass da etwas verschwiegen oder vertuscht werden soll. Drittens: Warum fällt es der Stadt Wien immer wieder so schwer, historisch und moralisch das jüdische Erbe betreffend reinen Tisch zu machen? Auch wenn die Frau Stadträtin gesagt hat, es handelt sich da nicht um eine jüdische Stiftung, glaube ich, dass sie sich irrt. Diese Fragen sind bis jetzt ungelöst und befinden sich allerdings in der Verantwortung der Stadt Wien, wie Sie auch im Abschlussbericht der Historikerkommission der Republik Österreich im Jahr 2004 nachlesen können. Die Stadt Wien bereitet seit 2020 den Verkauf dieses Grundstücks vor. Die Abteilungen der Neurologie werden sukzessive in die Klinik Hietzing oder andere Kliniken übersiedelt und damit wird für weitere Verwertung freigemacht. Es liegen uns Akten aus dem Jahr 2018 vor, die eine Grundstücksteilung des Neurologischen Zentrums am Rosenhügel zum Gegenstand haben, und weiters Baupläne aus den 80er Jahren, wo dort dann Gemeindebauten errichtet werden sollen. Dafür müssten außerdem noch 172 Bäume gefällt werden, und das historische Erbe würde damit vernichtet werden. Egal, wie der Rechtsstreit zwischen Geoffrey Hoguet und der Stadt Wien ausgehen möge, die neue Wiener Volkspartei tritt vehement dafür ein, dass das Neurologische Zentrum am Rosenhügel als Neurologisches Zentrum erhalten bleibt. Wir sprechen uns vehement gegen eine Umwidmung des Areals aus. Das Areal soll im Sinne des Stifters Nathaniel von Rothschild weiterhin zur Behandlung neurologischer und psychischer Probleme dienen. Das ist vor allem jetzt in Zeiten der Pandemie wichtig, in denen die Anzahl der psychischen Erkrankungen deutlich ansteigen wird. Die Angst von Geoffrey Hoguet und den Nachkommen des Stifters Albert Freiherr von Rothschild, dass die Stiftung endgültig aufgelöst wird, ist nachzuvollziehen und auch von Seiten der Expertenkommission bestätigt. Ich freue mich, dass die Stadtregierung gewillt ist, eine Gedenktafel anzubringen, immerhin ist dieser Plan ja schon seit 1962 in den Akten nachzulesen. Ich hoffe, dass es ein respektvoller Erweis der Tätigkeiten und der Taten der Familie Rothschild ist. Deswegen möchte ich noch einen letzten Appell an alle anwesenden Abgeordneten von SPÖ und NEOS sowie an den Herrn Bürgermeister und an die gesamte Stadtregierung richten: Bitte hören Sie mit diesem sehr fragwürdigen Umgang auf und gewähren Sie den Nachkommen der Familie Rothschild ein Mitsprache- und ein Mitwirkungsrecht durch die Wiedereinsetzung des Stiftungskuratoriums, das seit 1945 von der MA 40 geführt wird, damit es neu organisiert und auf saubere Beine gestellt werden kann. - Vielen Dank. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Herr Abgeordneter, für den Fall einer etwaigen Zweitmeldung haben Sie eine Restredezeit von elf Minuten und zehn Sekunden. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Schmid. Ich erteile es ihm. Abg. Dr. Gerhard Schmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Landesrätin! Herr Landesrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, der vorliegende Bericht zeigt in seiner beeindruckenden Tiefe wirklich in einer großartigen Art und Weise, wie wichtig dieses Zusammenwirken von Wissenschaft und Politik ist und sein kann. Politik und Wissenschaft können ein großartiges wechselseitiges Verhältnis eingehen. Sie zeigen in diesem Bericht, der in so umfassender Weise und mit so großem Tiefgang erarbeitet wurde, einen Spiegel der österreichischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, der wunderbar vermittelt wird, weil wir die gelebte Geschichte aus diesem Bericht herauslesen. Daher halte ich es für richtig und notwendig, dass man sich entschieden hat, diese sehr heikle und sensible Thematik einer wissenschaftlichen Untersuchung zu unterziehen. Das ist mit dieser Studie auch dahin gehend gelungen, dass Menschen unserer Generation ja die Verpflichtung haben, aus der Geschichte die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Das ist eine Verantwortung, die wir von den uns vorausgegangenen Generationen mitgenommen haben, wir sind aufgerufen, sie mitzunehmen. Was mich persönlich beeindruckt hat, war die Zusammensetzung der Kommission, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit unterschiedlichsten Zugängen, vor allem in der historischen Materie, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, mit unterschiedlichen Biographien, sodass schon auf Grund der Tatsache der Zusammensetzung der Kommission klar sein konnte, dass da eine sehr weite und breite Sicht der Materie hergestellt werden kann. Wenn Sie sich die Thematik im Detail anschauen, dann genügt einmal nur der Blick aufs Inhaltsverzeichnis und Sie sehen, welche Detailfragen da angegangen wurden und welche Detailfragen Berücksichtigung gefunden haben. Wenn wir uns dann das Jahr 1905 anschauen, eine Zeit der Polarisierung, eine Zeit, in der auch in Wien der Nationalitätenkonflikt der alten Monarchie an allen Ecken und Enden spürbar war, in der Antisemitismus praktisch bei vielen Menschen zum Umgangston des täglichen Lebens gehört hat und Antisemitismus auch ein Instrument der Politik geworden war. Ich möchte Frau Stadträtin, heute Landesrätin, auch ganz herzlich für die Auseinandersetzung mit der Lueger- Problematik danken, wobei es darum gegangen ist, sozusagen einen Kontrapunkt zu setzen. Daher ist diese Stiftung des Freiherrn von Rothschild im Jahr 1905 vor diesem historischen Hintergrund nicht genügend zu schätzen, denn das ist ein klares Zeichen von politischem Humanismus gewesen, das ist auch ein klares Zeichen der Toleranz gewesen. Wenn jemand mit einem jüdischen Hintergrund im Jahr 1905 sagt, ich setze da Stiftungsvermögen ein, ja, das mittellosen Menschen zu Gute kommen soll, wurscht, welche Nationalität sie haben, wohlgemerkt am Höhepunkt des Nationalitätenkonfliktes, wurscht, aus welchen sozialen Milieus sie kommen und welche religiöse Gesinnung sie haben, es soll für alle da sein und diesen Zweck erfüllen, dann war das eine für diese Zeit extrem mutige Entscheidung und ein Akt der Toleranz und Humanität von jemandem, den wir heute, wahrscheinlich auch in meiner Gesinnungsrichtung, als Großkapitalisten bezeichnen würden. Das wäre eine Aufforderung an alle jene, die jetzt große Kapitalvermögen scheffeln, sich heute noch ihrer sozialen Verantwortung bewusst zu werden, was sie bewusst aber nicht tun. Dieses Beispiel aus der Geschichte könnte da auch schon sehr, sehr wichtig sein. Die Abhandlungen ersparen wir uns jetzt. Dass das Stiftungsvermögen durch die Hyperinflation der 20er Jahre gelitten hat, dass man dann später auf das Vermögen zugreifen musste, um die Einrichtungen am Leben zu erhalten, dass schlussendlich in den 20er Jahren die neu aufkommenden Krankenkassen ein soziales Gesundheitssystem sozusagen auch sichern konnten, sei als Anmerkung hinzugefügt. Im Nationalsozialismus hat es ja dann die Zwangsauflösung vieler Stiftungen gegeben. Die Historiker haben diese Frage sehr detailliert und sehr genau und sehr präzise untersucht und sind zum Ergebnis gekommen, dass es sich um keine Arisierung handelt. Aber sie sind auch zum Ergebnis gekommen, dass vermutlich auch ein politischer Kriminalfall dahintersteckt, weil sie vermuten, dass vor allem Wertpapiervermögen direkt in die NSDAP übertragen wurde und man wahrscheinlich auch aus heutiger Sicht gar nicht ausschließen kann, dass sich damals führende NSDAP-Funktionäre auch persönlich bereichert haben. Aber das alles ist im Bericht detailliert dargestellt. Ich glaube, es ist wichtig und ein gutes Zeichen, dass die Stadt Wien im Rahmen vieler Aufarbeitungsinitiativen - es sind die Ehrengräber, es sind die Straßenbezeichnungen, und so weiter, das wurde heute bereits genannt - diese Initiative gesetzt hat Es gibt aber viele andere punktuelle Aufarbeitungen in sensiblen Bereichen unserer Geschichte, die aber kritisch und offen und ohne Scheuklappen erfolgen müssen. Das ist gut so, dass es das gibt, und das ist auch entsprechend hervorzuheben. Dass es im Jahr 1945 oder in der Zeit nach 1945 ja auch verschiedene Aufrufe gegeben hat, auch im Zuge der Arisierung, und da keine Meldungen erstattet wurden, das ist ja auch aus dem Bericht deutlich zu erkennen. Ich komme daher zum Schluss, sehr geehrte Damen und Herren, und möchte die Worte der beiden Landesräte noch unterstützen. Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Tafeln zur Erinnerung an diese Rothschild-Stiftung anzubringen, wie es auch die Historikerkommission empfiehlt. Mir ist auch das, was Herr LR Hacker gesagt hat, sehr sympathisch, dass man nämlich ein über die Empfehlung der Historikerkommission hinausgehendes Zeichen der Erinnerung setzt, das auch spätere Generationen zum Nachdenken anregen sollen. Zeichen der Erinnerung müssen immer so gestaltet sein, dass sie auch aus heutiger Sicht Diskussionen provozieren, Neugier provozieren, Nachdenken provozieren. Wenn das gelingt, dann haben wir da, glaube ich, einen sehr, sehr guten Beitrag geleistet. Ich vertraue dem, was die Historikerinnen und Historiker in dieser Studie gesagt haben. In diesem Sinne sind wir da ein gutes Stück vorwärts gekommen. - Vielen herzlichen Dank. Präsident Ernst Woller: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 50 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Landtagsabgeordneten des ÖVP-Klubs zwei und des Klubs der GRÜNEN drei schriftliche Anfragen eingelangt sind. Vor Sitzungsbeginn sind von Landtagsabgeordneten des Klubs der Wiener Freiheitlichen fünf Anträge eingelangt. Den Fraktionen wurden alle Anträge schriftlich bekannt gegeben. Die Zuweisungen erfolgen wie beantragt. Die Abgeordneten Abrahamczik, Auer-Stüger, Höferl, Hursky, Pipal-Leixner und Gara haben am 5. November 2021 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem die Dienstordnung 1994, die Besoldungsordnung 1994, die Pensionsordnung 1995 und das Wiener Bezügegesetz 1995 geändert werden, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal zugewiesen. Die Abgeordneten Wagner, Deutsch, Däger-Gregori, Höferl und Gara haben am 15. November 2021 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem das Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 geändert wird, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Sport zugewiesen. Nach Beratung in der Präsidialkonferenz nehme ich folgende Umstellung der Tagesordnung vor: Die Postnummern 8, 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 werden in dieser genannten Reihenfolge verhandelt. Gegen diese Umreihung wurde kein Einwand erhoben, ich werde daher so vorgehen. Wir kommen nun zur Postnummer 8, sie betrifft die Wahl eines Mitglieds, eines Ersatzmitglieds des Bundesrates. Bevor wir über den vorliegenden Wahlvorschlag abstimmen, ist über die Art der Abstimmung zu entscheiden. Gemäß § 28 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Wiener Landtag sind Wahlen mittels Stimmzetteln vorzunehmen, wenn der Landtag nicht mit Zweidrittelmehrheit anderes beschließt. Ich schlage auch im Einvernehmen mit der Präsidialkonferenz vor, diese Wahl durch Erheben der Hand vorzunehmen. Ich bitte nun jene Damen und Herren des Wiener Landtages, die mit diesem Vorschlag einverstanden sind, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig und daher werde ich so vorgehen. Das an erster Stelle gereihte Mitglied des Bundesrates, Herr Wolfgang Beer, ist am 31. Oktober 2021 verstorben, das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Abg. Kurt Wagner hat mit Wirkung vom 2. November 2021 auf sein Mandat als Mitglied des Bundesrates verzichtet. Die Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates schlägt als neues Mitglied für die erste Stelle Herrn Mag. Sascha Obrecht und als an gleicher Stelle gereihtes Ersatzmitglied Herrn Abg. Kurt Wagner zur Wahl vor. Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist so einstimmig angenommen. Ich darf daher Mag. Sascha Obrecht sehr herzlich zur Wahl zum Bundesrat gratulieren. (Allgemeiner Beifall.) Lieber Sascha, du wirst Wien wunderbar vertreten. Ich wünsche dir für diese wichtige Aufgabe alles, alles Gute. Postnummer 1 der Tagesordnung betrifft den 42. Bericht der Volksanwaltschaft 2020 an den Wiener Landtag. Die Herren Volksanwälte wurden schon begrüßt, ich darf es noch einmal wiederholen: Ich begrüße ausdrücklich die Volksanwälte Bernhard Achitz, Werner Amon und Walter Rosenkranz. Herzlich willkommen im Wiener Landtag! Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich als Erster Herr Abg. Kowarik zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Volkanwälte! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wir verhandeln den Bericht der Volksanwaltschaft 2020 an den Wiener Landtag und können eingangs feststellen, dass natürlich auch die Situation mit Covid an der Volksanwaltschaft nicht ganz spurlos vorübergegangen ist. Es wird im Bericht auch kurz darauf Bezug genommen, es hat selbstverständlich auch für die Volksanwaltschaft Einschränkungen gegeben, insbesondere beim Parteienverkehr. Ich gratuliere auch dem Herrn Bundesrat, vielleicht kann er auch zuhören, die Volksanwaltschaft betrifft ja auch den Bundesrat. Ich möchte einige wenige Bereiche herausziehen und dem Wiener Landtag darstellen, wo es meiner Meinung nach in den Berichten der Volksanwaltschaft wiederholt Hinweise zu Problemen, auch in der Wiener Landesgesetzgebung, gibt. Das ist ja auch leider nichts Neues, ich werde dann kurz darauf Bezug nehmen. Die Arbeitsweise der Volksanwaltschaft und die umfangreiche Arbeitsweise in diesem Zusammenhang sind eindrucksvoll. Wie gesagt, unsere Fraktion hat auch noch einen zweiten Redner, Herr Kollege Berger wird dann noch andere Sachen im Geschäftsbereich vor allem des Herrn Vizebürgermeisters beleuchten. Ich darf in der gebotenen notwendigen Kürze trotzdem wieder herausziehen und auf die Seite 69 des folgenden Berichtes verweisen. Hier geht es um die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, Sie kennen das Problem, es ist auch nichts Neues. Nachdem die diesbezügliche 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern außer Kraft getreten ist, hat es im Jahr 2019 eine dementsprechende Gesetzgebung, die Grundsatzgesetzgebung des Bundes mit dem Ziel einer Vereinheitlichung der Österreich-weit sehr unterschiedlichen Regelungen gegeben, was aus meiner Sicht ausgesprochen notwendig war. Wir kennen auch die Geschichte, der Verfassungsgerichtshof hat einige wenige Bestimmungen diesbezüglich aufgehoben, nichtsdestotrotz ist dieses Sozialhilfe-Grundsatzgesetz noch immer in Wirkung und natürlich auch die verfassungsrechtliche Vorgabe des Gesetzesspielraums unseres Wiener Landtages. Leider Gottes muss die Volksanwaltschaft wieder darauf hinweisen, dass wir sehenden Auges mit einem verfassungswidrigen Gesetz agieren. Ich darf auf die wieder relativ deutliche Sprache der Volksanwaltschaft hinweisen, die ich mir teilweise auch für unseren Stadtrechnungshof wünschen würde. Ich darf vorlesen: "Es ist unbestreitbar, dass das Wiener Mindestsicherungsgesetz in jenen Bereichen, in denen es den grundsatzgesetzlichen Vorgaben immer noch nicht entspricht, seit 1. Jänner 2020 verfassungswidrig ist." Ja, das sagt jetzt nicht nur der Abg. Kowarik, sondern das sagt die Volksanwaltschaft. Ich darf weiter zitieren: "Es ist in rechtsstaatlicher Hinsicht mehr als bedenklich, wenn in Teilen verfassungswidrige Gesetze in Geltung stehen." Also noch einmal, das sagt nicht nur der Kollege Kowarik, sondern das sagt die Volksanwaltschaft. Das ist in Wirklichkeit, und das ist meine eigene Einschätzung, rechtsstaatlicher Wahnsinn oder unglaubliche rechtsstaatliche Ignoranz, die wir uns da als Wiener Landtag leisten, indem wir einfach sagen, na ja, das ist halt leider verfassungswidrig, es ist uns wurscht, wir sind viel gescheiter. Das rüttelt tatsächlich an den Regeln unseres Rechtsstaates. Ich darf weiter zitieren: "Folglich ist es nach Auffassung der Volksanwaltschaft dringend geboten, unter Ausnutzung der den Landesgesetzgebern auch nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung eingeräumten Spielräume nunmehr so rasch wie möglich Rechtssicherheit durch Herstellung einer verfassungskonformen Rechtslage zu schaffen." - Zitat Ende. Also eine Selbstverständlichkeit wird hier abermals ausgesprochen, wie gesagt, wir haben das Problem schon in einem anderen Bericht auch behandelt. Die Aufforderung an uns als Landesgesetzgeber und die Aufforderung insbesondere an die Mehrheit in diesem Haus, die angebliche Fortschrittskoalition: Nehmen Sie sich das zu Herzen und machen Sie endlich verfassungskonforme Gesetze. Wir werden Sie dabei in jeder Hinsicht unterstützen. Der jetzige Zustand ist in Wirklichkeit unhaltbar und unerträglich, meine Damen und Herren von SPÖ und NEOS. Das dazu. Es ist traurig, dass die Volksanwaltschaft das wieder aufgreifen musste, es ist traurig, dass ich es wieder anführen musste. Ja, Sie werden es jedes Mal wieder von mir hören, solange Sie nicht darauf reagieren. Wir kommen weiter, ich darf auch kurz auf andere Bereiche eingehen: Heimbewohner und Behindertenrecht, das ist natürlich auch ein Rechtsbereich, der sehr sensibel ist. Da hat die Volksanwaltschaft ab Seite 73 das Problem - unter Anführungszeichen - mit unserem § 330a ASVG beleuchtet, auch das Problem kennen wir. Da können wir als Landesgesetzgeber jetzt nichts dafür, sage ich einmal. Der etwas verunglückte § 330a ASVG ist seinem Inhalt nach durchaus verständlich, ich glaube, das wurde damals auch mit Unterstützung der FPÖ im Bund, also im Nationalrat beschlossen. Inhaltlich war es aber wohl nicht die stringenteste Gesetzgebung, die wir in unserer Republik gehabt haben, um es vorsichtig zu sagen. Das muss man ehrlich zugeben. Wir haben natürlich große Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit diesem § 330a ASVG gehabt, es geht um die Abschaffung des Pflegeregresses, wer es nicht weiß. Nach monatelangem Chaos, schreibt die Volksanwaltschaft, in der Vollziehung dieser sehr unklaren Regelung entschied der Verfassungsgerichtshof, und zwar ziemlich weitgehend, dass eben alles, was nach 1. Jänner 2018 vorgeschrieben war, in Wirklichkeit unzulässig war. Es hat natürlich eine Zeit lang gebraucht, bis der Verfassungsgerichtshof das festgestellt hat, jetzt wissen wir es. Ich glaube, dass man den Fonds Soziales Wien, der bei uns in Wien zuständig war, grundsätzlich kaum einen Vorwurf machen kann, das möchte ich ausdrücklich betonen. Die haben versucht, mit dieser Rechtslage eben umzugehen und haben dann auch entschieden, dass die weitere Eintreibung tatsächlich abgeschlossen oder nicht mehr weiterbetrieben wird. Darüber hinaus hat der FSW beschlossen, alle 2018 eingelangten Kostenersatzzahlungen zu refundieren, also zurückzuzahlen. Also das ist nur konsequent und ging wahrscheinlich auch auf Grund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gar nicht anders. Allerdings, und das ist jetzt die Kritik, die auch die Volksanwaltschaft dankenswerterweise aufgegriffen hat, hat es in einigen Fällen sehr, sehr lange gedauert, bis die zugesagte Rücküberweisung dann tatsächlich stattgefunden hat. Es wird hier ein Fall herausgegriffen, bei dem bis zum Februar 2020 oder im Februar 2020 die Rücküberweisung noch immer nicht vorgenommen wurde, da ging es um einen Betrag von 48.000 EUR, das ist nicht wenig, also das ist ja doch ein sehr erheblicher Betrag, den zu haben oder nicht zu haben, das schmerzt, glaube ich, jeden. Wir sehen in diesem Bericht aber auch, und das ist der Dank an die Volksanwaltschaft, die Volksanwaltschaft hilft und wirkt vor allem auch. Nachdem die Volksanwaltschaft mit dem Fonds Soziales Wien Kontakt aufgenommen hat, wurde dann im März 2020 der Betrag tatsächlich angewiesen, Gott sei Dank. Allerdings, und das ist auch ein Kuriosum und für den Betroffenen wahrscheinlich sehr unangenehm, erhielt er Mitte Mai 2020, also zwei Monate später, zu seiner großen Verwunderung ein Mahnschreiben, mit dem er aufgefordert wird, den rücküberwiesenen Betrag wieder zur Einzahlung zu bringen. Also da hat sich der Fonds Soziales Wien tatsächlich nicht mit Ruhm bekleckert. Zuerst braucht man irrsinnig lange, bis man es zurückzahlt, dann zahlt man es zurück und fordert es dann wieder ein. Geholfen hat auch in diesem Fall die Volksanwaltschaft, es wurde umgehend Kontakt mit dem Fonds Soziales Wien aufgenommen, und dieser teilte dann schließlich mit, dass die Mahnung irrtümlich versandt wurde. Also ich glaube, keiner von uns will, auch nicht irrtümlich, eine Aufforderung bekommen, 48.000 EUR zu zahlen. Ich darf feststellen, dass sich dieser Fall aber dann im Endeffekt dank der Volksanwaltschaft in Wohlgefallen aufgelöst hat, trotzdem ist das für den jeweiligen Betroffenen natürlich ausgesprochen unangenehm. Ich darf mich dafür bedanken, dass das aufgegriffen und einer Lösung zugeführt wurde. Kurz noch zur Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen, der auch mich als Ausschussmitglied betrifft, da haben wir einen Fall, der auch schon im Ausschuss besprochen wurde und auch zu meiner großen Verwunderung beigetragen hat, das ist auf Seite 79 folgend: Keine Einbeziehung der Nachbarin im Baubewilligungsverfahren. Da ging es um ein Problem einer Betroffenen, die sich darüber beschwert hat, dass am Nachbargrundstück Wärmepumpen beziehungsweise Klimageräte ohne Bewilligung angebracht worden sind. Sie hat das 2015 zur Anzeige gebracht, das wurde dann von der Behörde auch tatsächlich versagt und diese Entscheidung auch durch das Landesverwaltungsgericht bestätigt. Tatsache ist aber, dass die Nachbarin dem Baubewilligungsverfahren, das auf Grund der Anzeige dann durchgeführt wurde, nie beigezogen worden ist, was doch sehr verwunderlich ist. Die Volksanwaltschaft schreibt: "Zur Frage, warum die unmittelbare Nachbarin dem Bewilligungsverfahren im Jahr 2016 nicht als Partei beigezogen worden war, wurde als Grund angeführt, dass das Ansuchen versagt worden sei." Also die Stadt Wien stellt sich auf den Standpunkt, na ja, es ist eh sozusagen im Sinne der Beschwerdeführerin entschieden worden, das heißt, wir brauchen die gar nicht als Partei laden, was natürlich haarsträubend ist, meine Damen und Herren, das muss man schon sagen. Sowohl das AVG als auch die Wiener Bauordnung sprechen sich ganz klar dafür aus, wer es nicht glaubt, liest es auf Seite 80 dieses Berichtes nach. Es gibt dann auch eine Missstandsfeststellung, das macht die Volksanwaltschaft auch nicht jeden Tag, also dieses Versäumnis ist dann doch etwas gröber. Ich habe es im Ausschuss schon gemacht und appelliere jetzt in der Landtagssitzung sozusagen öffentlich an die MA 37, die Bestimmungen, die Verfahrensbestimmungen unserer Verwaltungsgesetze einzuhalten und tatsächlich auch die Nachbarrechte dementsprechend ernst zu nehmen, die Nachbarn tatsächlich auch zu laden und ihnen die Möglichkeit zu geben, eben Einwendungen einzubringen, auch wenn man selber davon überzeugt ist, dass das nicht genehmigt wird, aber trotzdem: Diese Nachbarrechte sind wohl nicht diskutabel. Noch ein anderer Fall, er betrifft den Gemeindebau, den Gemeindewohnungssektor, auf Seite 83 gibt es einen relativ speziellen Fall - Abstellung eines Rollstuhls im Stiegenhaus -, da ging es hin und her und man hat dann schlussendlich, nachdem die MA 68 bestätigt hat, dass es keine weiteren Einwände gibt, festgestellt, dass der Rollstuhl in der Nische beim Aufzugszugang abgestellt werden darf. Also da geht es vor allem um feuerpolizeiliche Bestimmungen und die Frage, was darf sozusagen im Gang stehen und was nicht. Das ist sicherlich eine sensible Thematik, das muss man ehrlich zugeben, da gibt es auch nichts zu bekritteln, dass Wiener Wohnen das ernst nimmt, aber es gibt in diesem Zusammenhang - ich weiß nicht, wer Zeitung liest, wahrscheinlich alle hier herinnen - immer wieder Probleme mit Wiener Wohnen. Unlängst habe ich gelesen, dass ein Kalender abgenommen wurde und ich weiß nicht, wie viel Euro dann dafür verrechnet wurden. Also ich würde mir erwarten, dass man da ein bisschen sensibler vorgeht, ohne die wichtigen Bestimmungen hinsichtlich des Feuerschutzes zu vernachlässigen. Der letzte Punkt, der auch der letzte Punkt, glaube ich, in diesem Bericht ist, ist auf Seite 84/85: "Verzögerung bei Weitergabe einer Gemeindewohnung". Da geht es um das Problem mit dem Callcenter von Wiener Wohnen. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass das vielleicht nicht so funktioniert, wie es uns immer mitgeteilt wird. Eine Wienerin wandte sich an die Volksanwaltschaft, nachdem sie über einen Monat lang erfolglos versucht hat, Wiener Wohnen telefonisch zu erreichen. Sie hat zwar auf Grund ihrer Anrufe acht Geschäftsfallnummern via SMS bekommen, sehr schön, da hat man dann acht Nummern zu ein und demselben Geschäftsfall, aber sie hat keinen Rückruf und keine entsprechenden Informationen von Wiener Wohnen erhalten, also das sollte eigentlich nicht passieren. Festgestellt wurde, dass alle Telefonate durch das Callcenter erfasst wurden, na immerhin, aber es hat ihr nichts geholfen, rückgerufen wurde nicht. Es wird dann vom Magistrat beziehungsweise von Wiener Wohnen auch eingestanden, dass das leider nicht ordnungsgemäß erledigt worden ist, es wurden dann in weiterer Folge, nachdem es dadurch zu Verzögerungen bei der Weitergabe der Gemeindewohnung gekommen ist, auch zwei Monatsmieten gutgeschrieben. Auch dafür ein Danke an die Volksanwaltschaft, dass man da eingeschritten ist und der Dame dann tatsächlich direkt geholfen hat. Nichtsdestotrotz sollte Wiener Wohnen in sich gehen und schauen und evaluieren, ob dieses System mit dem Callcenter tatsächlich die letzte Weisheit ist. Offensichtlich ist es das nicht. Wir würden uns wünschen, dass auch da genauer hingeschaut wird. Ich darf mich abschließend bei der Volksanwaltschaft bedanken, darf Ihnen in dieser für uns alle schwierigen Zeit weiterhin viel Erfolg beim Aufgreifen der Beschwerden beziehungsweise der Anliegen der Bevölkerung wünschen. Die Volksanwaltschaft ist aus meinem Verständnis vor allem dazu da, die Verwaltung zu überprüfen und dazu kritisch Stellung zu nehmen. - Das ist geschehen, dafür herzlichen Dank von mir persönlich und meiner Fraktion, bitte weiter so. - Danke schön. Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Bakos. Bitte. Abg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte! Ich möchte mich gleich vorweg, gleich zu Beginn im Namen unserer Fraktion ganz herzlich für Ihr Kommen bedanken, für Ihren Bericht bedanken, für Ihre wichtige Arbeit bedanken. Ich möchte gleich zu Beginn auch betonen: Jede einzelne Beschwerde ist eine, die unsere vollste Aufmerksamkeit verdient, und jede für sich muss auch im vollsten Umfang ernst genommen werden, ganz gleich, worum es geht und ganz gleich, welches Themengebiet das betrifft. Ich möchte jetzt allerdings auch die Gelegenheit nutzen und auf ein ganz bestimmtes Themengebiet eingehen, nämlich auf die Verzögerungen und die Mängel bei der Vollziehung des Niederlassungs- und des Staatsbürgerschaftsrechtes. Gerade wenn es um die MA 35 geht, also die zentrale Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsbehörde, ist es für uns klar, dass Probleme und Herausforderungen ernst genommen werden müssen, wir müssen sie ehrlich und offen ansprechen. Ich möchte mich daher nochmal ganz herzlich bedanken, jede einzelne Beschwerde ist eine, die schmerzlich ist, aber jede einzelne zeigt uns auch, wo es Handlungsbedarf gibt und wo es Verbesserungsbedarf gibt. Ja, Verbesserung und Handlung sind unter anderem Gründe, warum wir in die Stadtregierung gegangen sind. Wir wollen die Stadt besser machen und damit natürlich auch die MA 35. Die MA 35, ich weiß, wir haben das hier in diesem Haus schon öfters gehört, ist eine Behörde, die mit ganz, ganz vielen Herausforderungen zu kämpfen hat. Ich könnte ganz allgemein sagen, sie hat mit der internationalen Zuwanderung nach Wien eigentlich schon genug an Herausforderungen, aber es gibt ganz viele andere riesen Herausforderungen, zum Beispiel Corona. Wir sind jetzt gerade mitten im vierten Lockdown, damit verbunden ist eine Einschränkung der Kundinnen- und Kundenkontakte, die gerade bei der MA 35 ganz zentral sind und jetzt gerade sehr beschränkt werden. Zweitens, ich weiß, es ist nicht mehr aktuell und das haben wir alle schon längst vergessen, aber zum Beispiel der Brexit: Für 5.000 Britinnen und Briten hat das das Ende des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes bedeutet. Oder um ein anderes Beispiel zu nennen: Der sehr aufwändige, aber natürlich sehr erfreuliche § 58c Staatsbürgerschaftsgesetz, also die Novellierung des Staatsbürgerschaftsrechtes, die vorgenommen wurde, um Nachkommen von NS-Verfolgten die österreichische Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. All das bedeutet natürlich Arbeit und Herausforderungen. Mir ist diese Kontextualisierung sehr wichtig, weil ich weiß, dass ich die zweite Rednerin bin und nach mir natürlich noch einige Rednerinnen und Redner kommen werden und natürlich auch die MA 35 Thema sein wird. Was kann ich sonst noch zur Kontextualisierung sagen? - Jährlich bearbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 35 150.000 Anträge, jährlich kommen die dazu. Pro Monat gehen derzeit rund 25.000 Anrufe ein, das wissen wir, weil wir ein telefonisches Servicecenter eingerichtet haben, und pro Jahr gibt es sage und schreibe 1 Million Kundinnen- und Kundenkontakte. Aus all diesen Gründen, diese Kontextualisierung ist mir wichtig, aus alle diesen Gründen hat VBgm Christoph Wiederkehr bereits nach rund 100 Tagen einen Reformprozess gestartet, immer mit der Maxime, die MA 35 noch serviceorientierter zu machen, zu einer Behörde mit guter Erreichbarkeit und kürzeren Verfahren zu machen. Wie gesagt, weil ich weiß oder es zumindest vermute, dass hier noch einige nach mir zu dieser Behörde sprechen werden, möchte ich einige Komponenten aus diesem Prozess hervorgreifen. Erstens: Genügend Personal zu haben, ist das Um und Auf jeder Behörde, das wissen wir. Als Sofortmaßnahme wurde das Personal der MA 35 daher um 10 Prozent aufgestockt. Diese 50 neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind jetzt seit Herbst vollumfänglich in den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen tätig. Aber ganz klar, nur weil ich das erwähne, heißt das natürlich nicht, dass eine Personalaufstockung bereits alles ist, aber wenn ich von dieser einen Million KundInnenkontakten spreche, können Sie sich vorstellen, wie wichtig so etwas ist. Zweitens: Die Problematik der eingeschränkten Erreichbarkeit gerade auch auf Grund von Corona war ein großes Thema. Mit 1. Dezember geht das telefonische Servicecenter, das initiiert wurde, das jetzt momentan im Testbetrieb ist, in Vollbetrieb. Gerade diese Testphase zeigt uns, wie wichtig und wie richtig dieser Schritt war, wenn man von 25.000 Anrufen pro Monat ausgeht. Man bekommt jetzt sofort Auskunft, ein großer Teil der Anrufe kann bereits im First-Level-Support erledigt werden, der Rest wird via Ticket-System in das Second Level weitergeleitet und dort bearbeitet. Was bedeutet das, abgesehen davon, dass man Auskunft erhält? - Das bedeutet natürlich als Konsequenz auch, dass Referenten, SachbearbeiterInnen natürlich auch weiterhin freigespielt sind, um weiter ihre Akten bearbeiten zu können. Apropos Vorantreiben: Es wird ein mehrstufiger Organisationsentwicklungsprozess gestartet, der auch sehr bewusst von extern begleitet wird, weil wir auch eine professionelle Evaluierung aller Prozesse inklusive Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vollziehen wollen, immer mit dem Ziel, Arbeitsprozesse agiler zu gestalten, vielleicht auch Problemfelder aufzudecken, die sich systematisch durchziehen, auch immer mit dem Ziel, eine Kulturveränderung in der Behörde herbeizuführen und, ganz wichtig, eine digitale Transformation herbeizuführen und zu erreichen. Noch ein Stichwort: In den nächsten Monaten führt die MA 35 den elektronischen Akt für alle Neuverfahren und Neuakten ein, wie gesagt, ich habe es erwähnt, das sind 150.000 Neuakten pro Jahr. Zu guter Letzt, was ich natürlich auch nicht unerwähnt lassen möchte: Wir haben das Business Immigration Office eröffnet, wodurch wir Zuständigkeiten zentralisieren, Wege und Aufwand für Antragsteller und Antragstellerinnen verkürzen und damit auch den bestmöglichen Service bieten, um künftig Aufenthaltsverfahren für Fach- und Schlüsselkräfte unkomplizierter abwickeln zu können. Das sind nur einige Punkte, um zu zeigen, wir drehen an allen möglichen Schrauben. Was mir wichtig ist zu betonen: Wir drehen nicht nur an den kleinen Schrauben, sondern wir drehen auch an den großen Schrauben. Das bedeutet aber natürlich auch im Umkehrschluss, dass Veränderungen nicht von heute auf morgen möglich sind, denn wenn man nachhaltig Veränderungen herbeiführen will, dann bedeutet das, immer auch nachhaltig zu handeln, was natürlich auch seine Zeit braucht. Nichtsdestotrotz möchte ich eines jetzt zu guter Letzt allerdings auch erwähnen und nicht vergessen zu erwähnen: Viele unnötige Verzögerungen, ich sage nicht, alle, aber einige, die in Wien auf die MA 35 zurückgeführt werden, sind schlichtweg einfach dem österreichischen Fremden- und Staatsbürgerschaftsrecht geschuldet. Ich sage absichtlich, nicht alle, sondern tatsächlich einige, und das möchte ich hier nicht unter den Tisch fallen lassen. Es sind teilweise, ich möchte fast sagen, absurde Bestimmungen, die nicht mehr ins 21. Jahrhundert, in eine globalisierte Welt, in der wir leben, gehören. Ich möchte nur eine erwähnen, die ich sehr spannend finde, die ich auch im Jusstudium gelernt habe, zum Beispiel die Voraussetzung für die Einbürgerung nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz, wonach sich Antragsteller und Antragstellerinnen maximal 20 Prozent der für die Einbürgerung nötigen Wartezeit im Ausland haben aufhalten dürfen. Gut, wurde diese Grenze um einen einzigen Tag überschritten, muss dieser Antrag abgewiesen werden. Da haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keinerlei Ermessensspielraum. Das führt natürlich bei Kundinnen und Kunden ebenso zu Frustration. Dazu möchte ich auch ganz klar sagen, und damit komme ich auch zum Schluss, es liegt teilweise auch am Bund, diese Frustration zu verhindern, und es liegt am Bund, Gesetze in eine Welt mit ihren Bestimmungen, die vielleicht auch unserer Zeit angemessen sind, hineinzuführen, zu ändern, daher auch zu modernisieren, und dafür ist es - zumindest meiner Meinung nach - höchste Zeit. Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Aslan. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Aygül Berivan Aslan (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr VBgm Christoph Wiederkehr! Sehr geehrte Volksanwälte, herzlich willkommen! Ein großes Danke noch einmal an die Volksanwaltschaft für den Bericht, den sehr, sehr, wertvollen Bericht. In einer gelebten Demokratie müssen wir mit all unseren Instrumenten dafür sorgen, dass Transparenz und demokratische Werte gewährleistet sind. In einer gelebten Demokratie müssen wir auch dafür sorgen, dass eine Behörde, dazu gehört auch die MA 35, alle Menschen gleich behandelt, egal, woher sie kommen und was sie überhaupt sind. Gerade deswegen sind wir gewählt, um die demokratischen Errungenschaften zu erhalten. Das ist in erster Linie die Aufgabe und die Verantwortung der Politik. Umso wichtiger ist es, dass es Institutionen wie die Volksanwaltschaft gibt, die uns und unsere Behörden überwachen und dafür sorgen, dass unsere demokratischen Grundwerte geschützt werden. Die Zustände in der MA 35 sind mittlerweile vielen bekannt. Die Missstände werden auch in diesem Bericht der Volksanwaltschaft nochmals unterstrichen. 163 Prüfverfahren betreffen die MA 35 als Staatsbürgerschaftsbehörde, wie immer war der Schwerpunkt der Beschwerde die Verfahrensverzögerung und die organisatorischen Missstände. 2020 betrafen 264 Verfahren die MA 35 als Niederlassungsbehörde. Da haben sich die Beschwerden im Vergleich zum Vorjahr 2019 verdreifacht. Weitere Feststellungen waren: Langes Zuwarten bei Anmeldebescheinigungen von EU-Bürgerinnen und -Bürgern, lange Untätigkeit trotz Vorliegen aller Unterlagen, jahrelange Forderung über Existenzmittel und auch die überlange Bearbeitungsdauer - auch im Normalbetrieb - von Anfragen der Volksanwaltschaft. Das ist aber schon lustig, ich meine, wir sind es schon gewohnt, dass die MA 35 Personen zu lange warten lässt, aber wir sind es nicht gewohnt, dass die MA 35 noch dazu auch Behörden lange warten lässt. Im Großen und Ganzen können wir die gesamten Feststellungen im Bericht auch unterstreichen, das sind auch immer wieder unsere Kritikpunkte, die wir ja einbringen. Natürlich begrüßen wir die Veränderungen, die Herr VBgm Wiederkehr in diesem Jahr sozusagen in Gang gebracht hat. Es freut uns, dass da überhaupt was in Bewegung ist, no na ned. Es ist, nehme ich an, im Interesse aller, dass Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt so schnell wie möglich Fuß fassen können, aber dafür braucht es mal effiziente und auch rasche Schritte, denn nach einem Jahr Reformankündigung wird immer noch fast wöchentlich über Missstände berichtet. Nach einem Jahr wird medial groß die Personalaufstockung von 50 Personen gefeiert - sorry, aber mit einer Personalaufstockung von 50 Personen ist das Problem bei Weitem nicht gelöst. Eine große mediale Ankündigung ist auch das telefonische Servicecenter. Dort hebt zwar im Gegensatz zu früher jemand ab, aber die Anruferinnen und Anrufer bekommen keine Auskünfte, sondern ihre Anliegen werden an die zuständigen Mitarbeiterinnen beziehungsweise Mitarbeiter, welche sich melden sollten, weitergeleitet. Der Umgang am Telefon ist mittlerweile freundlicher, allerdings melden sich nach unseren Erfahrungen die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotzdem nicht beziehungsweise nur dann, wenn Antragstellerin und -steller rechtsfreundlich vertreten sind und auch rechtliche Schritte angedroht werden. Sorry, aber mit einer Einrichtung, einer telefonischen Beratungsstelle sind auch die Probleme in der MA 35 einfach nicht gelöst. Die Probleme in der MA 35 sind so groß wie sehr weite Risse in einem Beton. Was dieses Jahr gemacht worden ist, das ist nur ein Zukleben mit einfachem Pflaster. Die Probleme in der MA 35 müssen unbedingt auf allen Ebenen gleichzeitig angegangen werden, dass sie überhaupt beseitigt werden können. Also wir sprechen da von jahrelanger Untätigkeit, menschenunwürdigen Verfahren, taktischen Verzögerungen und neuerdings von einer Abschreckungspolitik gegen kritische Stimmen zur MA 35, Stichwort: Einschüchterungsbrief an Herrn Pantiukhov. Da sage ich Ihnen eines: Es ist egal, welche Behörde es in diesem Land gibt, so geht man nicht mit Bürgerinnen und Bürgern um, so geht man nicht mit Meinungsfreiheit um, so geht man nicht mit kritischen Stimmen um. Ich hoffe, das ist jetzt der letzte Einschüchterungsbrief, der von einer Behörde an einen Bürger geht. Für diese Verzögerungen hat Kollegin Bakos drei Gründe genannt, der erste Grund war die Covid-Phase. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass es in einer Covid-Phase zu Verzögerungen kommt und sogar auch Mehrarbeit gemacht wird. Trotzdem muss es auch in einem Terminbuchungssystem möglich sein, zeitnah Termine zu finden, bevor die Aktualität der Unterlagen dann überhaupt nicht mehr gegeben ist. Darüber hinaus muss man auch sagen, es gibt online kein Terminvergabesystem für Staatsbürgerschaftsanträge, das ist auch absurd. Noch schlimmer ist die Situation von Bürgerinnen und Bürgern, die so verzweifelt sind, dass sie extra Geld für RechtsvertreterInnen ausgeben, um nicht jahrelang warten zu müssen. Da passiert trotz Rechtsvertretung nichts, weil die Rechtsvertreterinnen und Rechtsvertreter ewig warten müssen, bis sie einen Termin nur für Akteneinsicht bekommen. Ich rede da nur von Akteneinsicht, also die Anwälte beziehungsweise Anwältinnen müssen auch ewig lange warten, bis sie überhaupt einen Termin für eine Akteneinsicht bekommen. Das ist genau einer der vielen, vielen Gründe für diese Verfahrensverzögerungen. Ja, kein Wunder, dass die Volksanwaltschaft in ihren Berichten immer wieder auch diese Verfahrensverzögerungen auflistet. Der zweite Grund, den Kollegin Bakos angeführt hat, war Brexit. Brexit ist auch schon ewig lange her, das Regierungsübereinkommen wurde letztes Jahr beschlossen, und die Missstände in der MA 35 sind nicht alle letztes Jahr zustande gekommen, sondern die gibt es schon seit Ewigkeiten. Als dritten Grund hat Kollegin Bakos die Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes genannt, das war 2019, das ist auch schon eine Ewigkeit her. Also ich hätte mir schon mehr erwartet. Ja, Personalaufstockung ist gut, super, wirklich, das muss unbedingt sein, no na ned, aber das eine schließt das andere nicht aus. Personalaufstockung plus Qualitätsmanagement, Personalaufstockung plus, plus, plus, also man hätte diese Personalaufstockung schon letztes Jahr gleich am Beginn der Legislaturperiode einführen können. (Zwischenruf.) - Zuhören ist eine schwierige Kultur, Herr Kollege. Also Sie dürfen dann reden und ich rede dann auch nicht dazwischen. Soweit ich mich erinnere, haben Sie als vierten Grund noch die bundesgesetzlichen Bestimmungen genannt, ja. Ich bin als Verfechterin der Grundwerte, der Grundrechte und auch der Menschenrechte absolut bei Ihnen, es ist katastrophal, was Österreich für ein Fremdenrecht hat. Wir haben ein kaputtes Fremdenrecht, wir haben ein kaputtes Staatsbürgerschaftsgesetz. Im EU-Vergleich ist es eine Katastrophe, da bin ich ganz bei Ihnen, aber es rechtfertigt trotzdem all die Missstände in der MA 35 nicht, denn die letzte Fremdenrechtsnovelle hat es, soweit ich mich erinnern kann, im Jahr 2017 gegeben - und wir haben bald 2022. Also Sie haben schon vorher gewusst, welche gesetzlichen Bestimmungen schon im Raum stehen, und wir reden hier nicht nur von gesetzlichen Bestimmungen, sondern von Behördenversagen. Ja. Sorry to say, aber Sie haben es verabsäumt, mehr zu investieren, um Ihr eigenes Personal zu unterstützen und den Bürgerinnen und Bürgern einen guten und menschenwürdigen Service bieten zu können. Wenn jemand für diese Probleme verantwortlich gemacht werden sollte, dann sind es sicher nicht die Mitarbeiterinnen und die Mitarbeiter der MA 35, sondern die politisch Verantwortlichen, die diese Behörde zu einer problematischen Behörde gemacht haben. Deshalb: Stoppen Sie diese Verzögerungspolitik und setzen Sie die angekündigten Reformen so rasch wie möglich um, denn jeder Tag, der vergeht, geht auf Kosten der Betroffenen und der Chancengleichheit. Wir werden auf jeden Fall nicht locker lassen und wir unterstützen Sie bei Ihren Reformen. - Danke. Präsident Ernst Woller: Bitte das Rednerpult desinfizieren. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Korosec. Ich erteile es ihr. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Herr Landtagspräsident! Meine, ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die hier noch anwesend sind, danke, dass Sie da sind! Den lockeren Spruch, das Recht, das vom Volk ausgeht, hat bis heute nicht nach Hause gefunden, den kennt vermutlich jeder. Die meisten Juristen finden ihn weder komisch noch nachvollziehbar, die meisten Normalbürger allerdings verstehen sofort, was damit gemeint ist. Unser Rechtssystem, unsere Verwaltung sind komplex, ich würde meinen, sogar sehr komplex, und es ist schwierig, es zu durchschauen. Wegen der Fachsprache ist es auch schwierig, zu verstehen, was gemeint ist. Das gilt für die Gesetzestexte selbst, aber auch für Bescheide und Urteile. Maria Theresia war ja an sich eine sehr bodenständige Frau, sie hat seinerzeit veranlasst, dass ein Gesetzestext, bevor er beschlossen wird, zwei Wochen angeschlagen wird und sich der Bürger das anschauen kann, um festzustellen, ob das auch zu verstehen ist, was da drinnensteht. Wenn das der Fall war, ist das Gesetz dann beschlossen worden. Das war ja vor ein paar Jahrhunderten. Heute kommt da die Volksanwaltschaft ins Spiel. Seit 1977 prüft sie, ob die Verwaltung im Rahmen der Gesetze handelt, konkret, ob den Menschen Recht geschieht. Für die Bürgerinnen und Bürger stellt sie eine Anlaufstelle dar, wenn sie sich, und das ist ja sehr oft der Fall, ungerecht behandelt fühlen, wenn sie nicht verstehen, wie ihnen geschieht. Daher bringt die Volksanwaltschaft den Menschen, ich würde sagen, den Staat näher, aber auch umgekehrt. Was besonders wichtig ist, die Volksanwaltschaft gibt den Menschen das Gefühl, dass ihnen jemand zuhört, aber nicht nur zuhört, sondern sich ganz konkret für seinen, ihren Fall engagiert. Sie lässt auch darauf vertrauen, dass der Staat grundsätzlich funktioniert, eben weil es diese Kontrollinstitution gibt. Wie wichtig das Vertrauen in den Staat ist oder besser, was es bedeutet, wenn das Vertrauen abnimmt, das erleben wir in diesen Tagen, das zeigt die Pandemie. Daher ist die Arbeit der Volksanwaltschaft für das Funktionieren unseres Gemeinwesens unentbehrlich. Sie gibt dem abstrakten Staat ein menschliches Gesicht, deshalb bedanke ich mich ganz besonders bei Ihnen, meine Herren - und natürlich bei Ihrem Team, denn gerade die Volksanwaltschaft hat unglaublich tolle Mitarbeiter -, für Ihre akribische Arbeit. Ich glaube, Sie sind ja bereits schon zweieinhalb Jahre im Amt und Sie werden sicher die Erfolgsgeschichte der Volksanwaltschaft auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Lob ist hier angesagt. Ich war ja selbst jahrelang Volksanwältin, nein, was heißt, jahrelang, vor Jahren, vor Jahrzehnten kann man sagen. Ich kann sagen, niemals lernte ich mehr über die Konsequenzen und die realen Auswirkungen der politischen Arbeit als während dieser Zeit. Bis heute profitiere ich davon und denke mit wirklich großer Dankbarkeit an diese Funktion zurück. Ich glaube, dass ich es da schon einmal gesagt habe, weil ich es wirklich auch so empfinde: Vermutlich wäre es gut, wenn jeder Politiker, jede Politikerin Praktika in der Volksanwaltschaft machen würden, dort ein paar Monate arbeiten würden, um diesen Einblick zu bekommen. Ich halte das eigentlich für ganz, ganz wesentlich, aber vielleicht kommt das noch einmal. Ja, meine Damen und Herren, es war mir heute ein Anliegen, über die Volksanwaltschaft zu sprechen. Meine Vorrederinnen und auch Vorredner haben ja schon über viele Fälle gesprochen, daher mache ich das jetzt kurz. Natürlich gibt der Tätigkeitsbericht Einblick, wie die Arbeit der Behörden in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und er hilft natürlich häufig, Probleme zu identifizieren. Es geht bei diesen Anfragen nicht immer um Rechtsverstöße, sondern es geht auch sehr oft um Ungerechtigkeiten und natürlich um das Fehlverhalten der Behörde. Meine Kollegin vor mir hat ja sehr deutlich darauf hingewiesen. Also ich habe mir das angeschaut: Von all den Missstandsfeststellungen, die Sie gemacht haben, betreffen 60 Prozent die MA 35. Das ist ja an sich unglaublich und es zeigt ja ein Totalversagen. Da geht es um Menschen, die ihre Unterstützung brauchen, daher ist großer Handlungsbedarf. Der Herr Vizebürgermeister ist bereits nicht mehr da, aber ich nehme an, er hört es und wird sich danach richten. Als Gesundheits- und Sozialsprecherin interessieren mich natürlich besonders Beschwerden, die dieses Ressort betreffen. Das ist auch ein sehr emotionelles Thema, wenn es um Gesundheit und um Soziales geht, das bewegt natürlich die Betroffenen stark und vor allem werden sie stark verunsichert. Die Beschwerden kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, ich greife nur einige heraus, die man auch sofort beheben könnte. Zum Beispiel gibt es seit Jahren die Forderung nach einem entsprechenden Gesetz, damit die MA 15 Daten nach dem Personenstandsgesetz abfragen darf. Das darf sie nämlich noch immer nicht. Das klingt recht abstrakt, wie nötig aber so eine Änderung ist, zeigt ein konkreter Fall. Eine Tochter erfährt vom Tod des Vaters erst nach der Beerdigung. Warum ist das möglich? - Sie hatte wenig, unregelmäßigen Kontakt zum Vater. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass sie für ihn ein Armenbegräbnis wollte. Ein Dauerthema ist natürlich Pflege und Betreuung. Der Pflegeregress wurde bereits 2018 abgeschafft, die Rückzahlungen zogen sich über Jahre. Das sehe ich aber eher als Kleinigkeit im Vergleich zu dem Fall jener Mutter, die mit vier Tagen Verspätung vom Tod des Sohnes informiert wurde. Nachträgliche tröstliche Gespräche, um die Sie sich bemühen, wie es in der Stellungnahme hieß, ist ein bisschen wenig. Auch der Fall einer fast Hundertjährigen, die innerhalb kurzer Zeit mehrfach vom Heim auf die Psychiatrie gebracht wurde, zeigt, dass beim Umgang mit Demenzerkrankten, der natürlich sehr schwierig ist, der natürlich sehr zeitaufwändig ist, noch Veränderungen, Verbesserungen unbedingt angesagt sind. Das zeigt natürlich auch, dass in den Heimen, es wurde auch heute schon aufgezeigt, zu wenig Personal und vor allem gerade im Bereich von Demenz einschlägig ausgebildetes Personal da ist. Ja, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das sind zwar Einzelfälle, da geht man dann drüber hinweg, aber diese Einzelfälle sind für die Betroffenen unglaublich wichtig, weil sie ihr ja ihr Leben betreffen. Ich bin daher den Volksanwälten und der Volksanwaltschaft sehr, sehr dankbar, dass diese Missstände klar aufgezeigt werden, dass sie gesammelt werden, dass sie uns in die Verantwortung nimmt, denn wir sind der Wiener Bevölkerung gegenüber verantwortlich, dass die Stadt gut funktioniert. Dafür haben wir, ganz im Besonderen natürlich die Mitglieder der Landesregierung, zu sorgen. Noch einmal: Recht herzlichen Dank Ihnen, meine Herren, aber auch allen MitarbeiterInnen Ihrer Organisation. - Danke. Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Laschan. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Dr. Claudia Laschan (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Volksanwaltschaft ist von der Bundesverfassung beauftragt, vermutete Missstände in der Verwaltung zu prüfen und die Menschenrechte zu schützen und zu fördern. In einer Ausnahmesituation, wie während einer Pandemie, ist es natürlich besonders wichtig, dass sich Menschen an eine unabhängige Institution wenden können, die auch die Möglichkeit hat, Missstände nicht nur aufzuzeigen, sondern auch abzustellen. Ich möchte mich einleitend für die akribische, transparente und die Bevölkerung unterstützende Arbeit von ganzem Herzen bedanken. Ich möchte auf einige Problembereiche eingehen, die infolge der Pandemie und der damit einhergehenden Maßnahmen aufgetreten sind, und die einzelnen Punkte kurz besprechen. Erster Punkt sind die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen. Insgesamt sind vor allem die Menschen, die in Langzeitpflegeeinrichtungen sind, besonders hart getroffen worden. Viele sind gestorben, und alle waren praktisch eingesperrt. Angehörige durften nicht auf Besuch kommen, und man durfte nicht einmal die Einrichtung verlassen, um sich die Füße zu vertreten. Die Maßnahmen waren wesentlich weitergehend als für die übrige Bevölkerung im Lockdown - gut gemeint, aber nicht zielführend und nicht rechtmäßig. Viele sind trotz dieser massiven Einschränkungen an Covid erkrankt, und viele sind auch verstorben. Einsam zu sein, keinen Trost durch Verwandte zu bekommen und nicht zu wissen, wie es weitergeht, kann für alte Menschen - im Übrigen auch für junge Menschen, aber in diesem Fall waren alte Menschen betroffen - massive psychische und physische Folgen haben. Das Pflegepersonal musste oft Unmenschliches leisten, um die Bedürfnisse der alten Menschen einigermaßen abzudecken, nämlich die körperlichen und die psychischen Bedürfnisse. Sehr deutlich hat sich in dieser Zeit gezeigt, dass es zu wenig Pflegepersonal gibt. Ich bin der Meinung, es muss doch Gründe geben, warum sich junge Menschen nicht für pflegende Berufe interessieren, und ich bin der Meinung, man müsste eigentlich nur nachfragen. Man müsste die Menschen nur fragen, warum sie sich nicht für einen pflegenden Beruf interessieren. Meiner Meinung nach muss der Pflegeberuf völlig neu gedacht werden, nämlich völlig neu gedacht werden. Bessere Bezahlung ist nur ein Teil. Die Strukturen in der Pflege sind noch hierarchischer als im ärztlichen Bereich. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Die Diensteinteilung ist zu wenig selbstbestimmt. Es muss doch möglich sein, dass trotz Nachtdiensten eine familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung erreichbar ist. Das muss doch möglich sein - und ich bin überzeugt, dass das möglich ist. Die Bürokratie muss sicher nicht so überbordend sein, wie sie derzeit ist. Ich halte es für besonders problematisch, wenn es jeden Tag erforderlich ist, dass die Pflegenden kategorisieren. Das heißt, sie müssen die einzelnen Patientinnen und Patienten nach dem Pflegeaufwand, den sie verursachen, bewerten und eine Liste erstellen - für jeden einzelnen Tag in Wirklichkeit - mit dem Ziel, eine Personalbedarfsplanung machen zu können. Nur: Was hat dieser Aufwand überhaupt für einen Sinn, wenn zwar herauskommt, dass zwei Pflegepersonen fehlen und um zwei mehr da sein sollten, wenn wir aber das Personal nicht haben? Was hat das für einen Sinn? Das frage ich mich doch. Ich glaube, dass man da einfach umdenken muss, denn sonst ist das nicht mehr tragbar und sonst braucht man über die Problematik in der Pflege überhaupt nicht mehr weiterzureden. Außerdem gehört meiner Meinung nach während der Ausbildung eine ordentliche Bezahlung her - wie es auch in anderen Bereichen der Fall ist, wie zum Beispiel bei der Polizei -, damit man davon auch leben kann. Das gilt vor allem auch für Berufswechsler, denn oft sind Menschen, die schon eine Berufserfahrung in einem anderen Beruf haben, besonders wertvoll, wenn sie sich für einen Pflegeberuf entscheiden, sind besonders wertvolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil sie schon eine gewisse Lebenserfahrung haben und weil sie sich auch bewusst für diesen Beruf entschieden haben. Dass es in Wien nunmehr eine deutliche Aufstockung der Ausbildungsplätze geben wird, ist zu begrüßen und besonders zu erwähnen, denn nur mit einer Vollbesetzung einer Station kann eine gute Betreuung garantiert werden. Ich komme zum zweiten Punkt: fehlende Schutzmasken und Schutzkleidung am Anfang der Pandemie. Obwohl immer wieder über Pandemien und über Pandemiepläne geredet worden ist und auch manche erstellt worden sind oder vielleicht sogar viele erstellt worden sind - wir haben immer wieder die Berichte darüber bekommen -, war zu Beginn im März keine Spur eines Plans zu spüren, und das übrigens in ganz Europa. Das medizinische Personal - und dazu gehören alle, die im Spital oder im niedergelassenen Bereich arbeiten - ist praktisch ohne Schutzmaßnahmen dagestanden. Vor allem im niedergelassenen Bereich hat es kaum Masken oder Schutzkleidung gegeben. Und manche haben nach dem Motto "Der Fuchs und die Trauben" verkündet, die Masken seien eigentlich nutzlos, die bringen gar nichts. Das hängt uns übrigens bis heute nach. Ich gehe davon aus, dass für die Zukunft praxisnahe, umfassende Pandemiepläne erarbeitet werden, die unter anderem eine ausreichende Ausstattung mit Schutzmaßnahmen garantieren. Ich komme zum dritten Punkt: Krisenkommunikation der Regierung. In Krisenzeiten muss die Kommunikation mit der Bevölkerung verständlich, nachvollziehbar, transparent und vor allem ehrlich sein. Selbstdarstellung, Angstmache, Populismus und Schuldzuweisungen sind fehl am Platz. Parteipolitisches Gestreite verunsichert. Es ist in so einer Situation die Aufgabe der Regierenden, nach bestem Wissen die Pandemie zu bekämpfen - und sonst gar nichts. Das Gestreite ist unnötig und schädlich. Die Wissenschaft stellt die Forschungsergebnisse zur Verfügung, interpretiert sie und macht Vorschläge. Die Wissenschaft kann und soll keine politischen Entscheidungen treffen. Ich sage das deswegen, weil bei einigen Menschen der Eindruck entstanden ist, dass Wissenschaftler auch nur streiten. Das vermeintliche Streiten ist aber der Motor der Wissenschaft. Eine These kann verifiziert werden oder falsifiziert werden, eine Studie muss nachvollziehbar sein und kann trotzdem durch eine neue Studie mit neuen Erkenntnissen überholt werden. Der Fortschritt ist nur durch den Austausch von Meinungen, Erkenntnissen, Diskussion und manchmal auch unterschiedliche Interpretation möglich. Ich komme zum letzten Punkt: Kollateralschäden. Das Vertrauen in Politik ist noch weniger geworden, als es vor der Pandemie schon war. Viele Gruppen in unserer Gesellschaft sind längst abgetaucht in die virtuelle Welt. In Social- Media-Blasen werden Horrorszenarien geteilt, die mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun haben. Die klassischen Medien spielen in diesen Parallelgesellschaften überhaupt keine Rolle mehr. Wir sind alle aufgerufen, wieder mehr andere Meinungen anzuhören, miteinander zu reden und zu versuchen, einander wenigstens zu respektieren. Kollateralschäden sind aber auch im medizinischen Bereich, im Gesundheitsbereich entstanden, vor allem durch die Notwendigkeit, Covid-Stationen und Covid-Intensivstationen zu betreiben, und das mit dem vorhandenen Personal. Da müssen viele Patientinnen und Patienten ambulant betreut werden, weil es keine freien Betten gibt. Das heißt, viele ältere Menschen, die eigentlich auf Grund ihres schlechten Allgemeinzustandes, zum Beispiel nach einer Chemotherapie oder nach einer onkologischen Operation, ein Spitalsbett brauchen würden, um dort aufgepäppelt und intensiv betreut zu werden, müssen täglich ambulant einbestellt werden - mit einem riesigen Aufwand an Transportwegen und Transportwartezeiten -, und dann bekommen sie eine Infusion, damit es ihnen ein bisschen besser geht, und werden am nächsten Tag wieder bestellt. Das ist ein Kollateralschaden vor allem für ältere Menschen. Onkologische Patientinnen und Patienten erhalten ihre Chemotherapien mittlerweile ambulant, auch wenn es in Wirklichkeit notwendig wäre, dass sie sich stationär aufnehmen lassen, nur: Wir haben die Betten dafür nicht. Es werden Operationen, die nicht akut notwendig sind, verschoben. Die Wartezeiten für nicht akute ambulante Termine sind lang, und ich möchte nicht wissen, wie viele Vorsorgeuntersuchungen derzeit nicht stattfinden. In Wien geht sich derzeit alles noch ganz gut aus. Hätten wir jedoch, wie von vielen sogenannten Gesundheitsökonomen und Ähnlichen gefordert wurde, Spitalsbetten reduziert, dann würden wir anders dastehen. Ich möchte nur anmerken, dass auch der Rechnungshof übrigens empfohlen hat, Intensivbetten zu reduzieren, dass auch die PatientInnenanwältin, als sie noch Abgeordnete war, gemeint hat, dass wir zu viele Spitalsbetten haben und diese reduziert werden müssten. Auch ein Generaldirektor des damaligen Krankenanstaltenverbundes war der Meinung, es müssen die Betten massiv reduziert werden. Diese Meinungen waren Meinungen, aber sie waren falsch, und wir sehen jetzt, in einer Gesundheitskrise, dass wir richtig gehandelt haben, indem wir die Spitalsbetten nicht in dem Ausmaß abgebaut haben, und dass wir genug Intensivbetten haben, um mit dieser großen Gesundheitskrise fertig zu werden. Das ist ein Verdienst des Landes Wien. Ich bin daher unbedingt überzeugt, dass ein gut ausgebautes öffentliches Gesundheitswesen mit guter Personalausstattung die einzige Möglichkeit ist, in guten wie in schlechten Zeiten für alle Menschen eine ausgezeichnete Gesundheitsversorgung zu garantieren - und das ist mein Anspruch als Sozialdemokratin. Zum Schluss möchte ich noch eine persönliche Bemerkung anfügen: Anfang Juli 2021 wollte ich eigentlich unserem Bürgermeister eine SMS schreiben. Der Anlass war, dass sich einige junge Mütter bei mir über die Notwendigkeit von Gurgeltests für Kinder während der Ferien beschwert haben. Für mich waren diese Beschwerden nachvollziehbar, weil es ein großer Aufwand - für die jungen Mütter größtenteils - war, diese Tests durchzuführen, um die Möglichkeit zu haben, in ein Bad zu gehen oder sonstigen Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Für mich war das nachvollziehbar und ich habe mich gefragt, ob diese Testungen über den Sommer wirklich notwendig seien. Die Realität hat aber gezeigt, dass der Wiener Weg mit strengeren Regeln und engmaschigen Testungen einfach richtig war. Michael Ludwig hat unpopuläre Maßnahmen verordnet und hat sich dafür auch einiges anhören können - mit dem Ergebnis, dass die Metropole Wien mit fast zwei Millionen Menschen zumindest so gut mit der Delta-Welle zurechtgekommen ist, dass wir uns Zustände wie in Salzburg und in Oberösterreich erspart haben. Michael Ludwig hat auf die Expertinnen und Experten gehört, sich stets mit ihnen ausgetauscht. Er hat keine populistischen Entscheidungen getroffen, sondern Entscheidungen für die Gesundheit und das Leben. Und Michael Ludwig lässt sich trotz massiver medialer Nachfragen nicht dazu hinreißen, über andere Landeshauptleute zu urteilen und ihnen etwas auszurichten. Und ich bin der Meinung, genau so kann es gehen. Aus der Pandemie rauszukommen, so schnell und so gut wie möglich, das geht nur gemeinsam. - Ich danke für die Aufmerksamkeit. Präsident Ernst Woller: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Berger. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Stefan Berger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Volksanwälte! Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne und auf den Bericht zu sprechen komme, möchte ich schon noch einiges aus den Aussagen meiner Vorrednerin zurechtrücken. Sie sagt zwar, die Pandemie ist nicht der Zeitpunkt, über andere zu urteilen oder was auch sonst immer, was sie allerdings jetzt gemacht hat, ist, sich hier herauszustellen und zu behaupten, dass die SPÖ und insbesondere die Stadt Wien in den vergangenen Jahren immer alles richtig gemacht und in dieser Angelegenheit sehr weise und in weiser Voraussicht gehandelt hat. Sie sind ja mittlerweile auch lange genug Abgeordnete dieses Hauses, um sehr wohl zu wissen, wie oft wir uns in den vergangenen Jahren immer auch darüber unterhalten haben, wie viele Gangbetten in den Spitälern der Stadt Wien in der jedes Jahr wieder so überraschend hereingebrochenen Grippezeit gestanden sind. Es ist also nicht ganz so, wie Sie es hier darstellen, sondern die Realität ist durchaus eine andere, meine sehr geehrten Damen und Herren. Auch hinsichtlich der Personalpolitik möchte ich der Darstellung, dass auch da die Stadt Wien immer besonders weitsichtig war, Folgendes entgegenhalten: Wir sehen jetzt in diesem Bericht der Volksanwaltschaft wieder - und es ist ja Jahr für Jahr dasselbe, ich bin seit 2015 Mandatar in diesem Haus, jedes Jahr liest man wieder von denselben Problemen im Bereich der MA 11, im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe -, dass der Ausbau der ambulanten Hilfen unbedingt vorangetrieben gehört. Jahrelang hat man dort absolut nichts getan, und mittlerweile ist es halt so, dass einmal sozusagen ein zartes Pflänzchen wächst, aber für eine Stadt mit fast zwei Millionen Einwohnern ist es halt doch noch viel, viel zu wenig. Im Bericht werden die präventiven Angebote angesprochen, die unbedingt verbessert werden müssen. Was macht die Stadt Wien? - Die Stadt Wien sagt: Na ja, die Volksanwaltschaft hat absolut kein Verständnis dafür, dass die Stadt Wien halt kein ländlich geprägtes Bundesland ist, sondern eben eine Großstadt. - Na, besonders für eine Großstadt wäre es wichtig, insbesondere im psychologischen Bereich für Kinder gesonderte Maßnahmen zu treffen und viel mehr Kraftanstrengung zu unternehmen! Aber auch in diesem Bereich ist die Stadt Wien in der Vergangenheit säumig gewesen, und die Fortschritte - sofern man sie überhaupt als Fortschritte bezeichnen kann - sind eher Zwergenschritte, die Sie in diesem Bereich setzen, und genügen absolut nicht, wie auch die entsprechenden Zahlen zeigen. Um noch einmal kurz auf das Thema Krisenzentren zu sprechen zu kommen: Der Personalmangel ist eklatant und seit Jahren bekannt, und insbesondere, wenn Krisenzeiten wie diese Covid-Pandemie anbrechen, dann kommen auch diese Missstände noch viel schwerer zum Tragen, indem es zu einer massiven Überbelastung des Personals kommt. Wenn man diesen Bericht genau durchliest, läuft es einem zum Teil ja wirklich kalt über den Rücken angesichts dessen, welche Zustände da in gewissen Krisenzentren herrschen oder geherrscht haben: Dass gleich einmal die Hälfte der Betreuer - die ohnehin schon viel mehr Kinder betreuen mussten, als ursprünglich geplant - weggefallen ist. Da haben einzelne Betreuer 48-Stunden-Dienste übernehmen müssen. Auf Grund der Kontaktbeschränkungen und der Lockdowns im vergangenen Jahr war es auch nicht möglich, dass Kinder dann am Wochenende zu ihren Eltern oder Angehörigen fahren konnten, sodass die Betreuer auch noch am Wochenende zusätzlich eingespannt waren. Sie sind nachgereiht worden bei Impfungen, Testungen, bei Schutzausrüstung, und so weiter. Es gibt nach wie vor einen Mangel an technischen Geräten, die einzelnen Krisenzentren und Unterkünfte sind nicht ausreichend mit Internet versorgt worden, es sind Psychotherapien ausgefallen. All das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ergibt halt nicht dieses sogenannte rosige Bild, das die Kollegin vor mir zu zeichnen versucht hat. Auf andere Missstandsfeststellungen bin ich schon in der Aktuellen Stunde eingegangen, das möchte ich aus Zeitgründen hier nicht mehr deponieren. Ein besonderes Anliegen ist mir, durchaus auch jährlich und immer wiederkehrend, die Causa Heimopfer. Da ist es leider Gottes nach wie vor so, dass Wien das einzige Bundesland ist, in dem es keine Anlaufstelle mehr für die Abwicklung von Pauschalentschädigungen und die Übernahme von Therapiekosten gibt. Man kann sich zwar hier grundsätzlich an die MA 11 wenden, aber alle anderen Bundesländer haben dafür eine Anlaufstelle. Auch andere Organisationen, wie die Kirche, und so weiter, und so fort, die Heime betrieben haben, haben entsprechende Anlaufstellen. Und auch in diesem Bericht ist nach wie vor und jährlich wiederkehrend und diesmal leider Gottes auch schon wieder zu lesen, dass die Volksanwaltschaft an die Gemeinde Wien appelliert, das Entschädigungsprojekt für Betroffene von Gewalt in Einrichtungen im Wirkungsbereich der Gemeinde Wien wieder zu eröffnen und auch die Kosten für Therapien wieder zu übernehmen. Im Vorjahr haben wir mit einem Antrag einen entsprechenden Versuch gestartet, auf dass vielleicht der neue ressortzuständige Stadt- beziehungsweise Landesrat hier einen anderen Zugang wählt, aber das ist leider Gottes nicht der Fall: Auch dieser Antrag wurde abgelehnt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich glaube, diese Vorgehensweise ist eine Schande für die Stadt Wien, und man sieht, dass andere Bundesländer durchaus mit besserem Gewissen mit dieser Frage umgehen. Auf einen Punkt möchte ich auch noch zu sprechen kommen, und zwar auf das Thema MA 35. Die Frau Kollegin von den GRÜNEN steht hier heraußen und erzählt in einer - tut mir leid - heuchlerischen Art und Weise, welche Missstände sich dort nicht in den letzten Jahren entwickelt haben. Sie werden gemerkt haben, dass es mir etwas schwergefallen ist, bei Ihren Ausführungen ruhig zu bleiben. Aber, meine Damen und Herren von den GRÜNEN in Wien, Sie waren von 2010 bis 2020 in dieser Stadtregierung vertreten, Sie waren offensichtlich nicht imstande, da zu irgendeiner Verbesserung beizutragen, ganz im Gegenteil, Sie haben geschwiegen, Sie haben offensichtlich mitgeholfen, das Ganze zuzudecken. Wo waren in den letzten zehn Jahren Ihre Maßnahmen, die Sie vorangetrieben hätten, um dort zu kürzeren Verfahrenszeiten zu kommen? Ganz im Gegenteil, Sie haben zugeschaut, und jetzt, wo Sie aus der Stadtregierung rausgeflogen sind, stellen Sie sich hier heraußen her und kritisieren und nehmen den Mund ziemlich voll. Ich glaube, etwas mehr Demut würde Ihnen in diesem Bereich besser anstehen, meine Damen und Herren. Eines muss man aber natürlich auch festhalten: Es gibt im Bereich der MA 35 natürlich auch nichts schönzureden. Wenn man sich mediale Berichterstattungen oder auch diesen Bericht der Volksanwaltschaft durchliest, dann wird man leicht an die MA 2412 erinnert, auch wenn man sich die einzelnen Missstände anschaut. Ich habe das in der Vergangenheit auch hier im Sitzungssaal immer wieder beobachtet. Jetzt ist ja der NEOS-Stadtrat für die MA 35 verantwortlich, aber es hat ja auch Personen gegeben, die zuvor für diesen Bereich verantwortlich waren, und das war zum einen Herr StR Czernohorszky, der ja mittlerweile für einen anderen Geschäftsbereich die Verantwortung hat, aber ich frage mich schon: Wieso fällt einem Regierungsmitglied da nichts auf, sodass man vielleicht irgendwann einmal auf die Idee kommt, da vielleicht personell irgendetwas zu tun, im Ablauf etwas zu tun, im organisatorischen Bereich an irgendwelchen Rädchen zu drehen? - Das ist einmal zum einen die politische Komponente. Und zum anderen frage ich mich schon auch, warum der ehemalige Leiter der MA 35 nicht an die Politik herangetreten ist, wieso er nicht offen kommuniziert hat, dass man da unbedingt nachjustieren muss. Ja, das geht wahrscheinlich auch nur in Wien: Wenn man einmal Chef dieser Behörde war, dann kann man auch Stadtrechnungshofpräsident werden. Das verwundert einigermaßen und, wie gesagt, geht anscheinend auch nur hier in Wien. Einige Punkte sind eh schon aufgezählt worden: Bezüglich Vollzug des Niederlassungsrechts und Staatsbürgerschaftsrechts sollen grundsätzlich die Verfahren in sechs Monaten abgeschlossen sein. In der Realität schaut es halt so aus, dass Verfahren bis zu zehn Jahre dauern, meine Damen und Herren. Da werden Anträge nicht bearbeitet, wofür aber in der Vergangenheit auch nicht wirklich Gründe angeführt wurden, sondern das offensichtlich auf Nachfrage der Volksanwaltschaft einfach achselzuckend hingenommen wurde. Man könnte ja sagen: Personalmangel oder - keine Ahnung, was auch immer - das Telefon funktioniert nicht oder etwas dergleichen, aber es wurden schlichtweg keine Gründe angeführt. Es wurde auch nicht bei anderen Behörden wie beispielsweise beim BFA urgiert, wenn Akten oder Unterlagen ausständig waren. Man hat auch nicht reagiert, wenn von Seiten des Antragstellers Dokumente nicht nachgebracht wurden. Es ist allerdings auch so, dass Akten unsachgemäß geführt wurden, E-Mails nicht den Akten zugeordnet wurden - also alles chaotisch und unübersichtlich. Es ist auf der einen Seite gut, dass die Initiative ergriffen wurde, um diese Missstände endlich abzustellen, aber was ich schon auch gerne hätte, ist einfach, auch von Herrn LR Wiederkehr zu hören, welchen Zeithorizont man im Auge hat, um dort auch die sechs Monate Verfahrensdauer zu verwirklichen. Denn mehr Personal einzustellen und eine bessere Telefon-Hotline sicherzustellen, das ist einmal der eine Punkt, aber wenn es darum geht, tatsächlich auf diese Vorgabe, auf diese sechs Monate Verfahrensdauer zu kommen, ist man die Antworten bisher schuldig geblieben. Ich komme zum letzten Punkt, und zwar zum Thema der Covid-Maßnahmen, mit denen sich die Volksanwaltschaft ja auch in einem eigenen Band befasst hat, und ich möchte da auf zwei Punkte zu sprechen kommen, und zwar zum einen einmal auf die Maßnahmen des Bundes: Ich hätte es sehr begrüßt, wenn ein Vertreter der ÖVP hier heraußen vielleicht Stellung genommen hätte zu den Missständen bei den unterschiedlichsten Unterstützungsleistungen für Familien, die ja immer großartig medial angekündigt wurden, bei denen sich aber im Zuge ihrer Beleuchtung durch die Volksanwaltschaft eklatante Missstände, Ungleichheiten, Ungerechtigkeiten herausgestellt haben, die leider Gottes bis jetzt auch nicht abgestellt wurden. Die Volksanwaltschaft hat sich insbesondere mit dem Familienhärteausgleichsfonds auseinandergesetzt, wo es zu eklatant langen Verfahrensdauern gekommen ist, wo Familien bis zu einem halben Jahr auf ihre Auszahlung warten mussten, wo es eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Selbstständigen gegeben hat - etwas, was auch ewig lange nicht bereinigt wurde und dem auch von Seiten der Ministerien nicht konkret nachgegangen wurde, geschweige denn, dass es abgestellt wurde. Irgendwann einmal sind die Richtlinien auf der Homepage geändert worden, aber das war es dann im Großen und Ganzen schon. Beim Familienkrisenfonds ist es so, dass grundsätzlich eine Einmalzahlung für Familien gewährt wird, bei der es 100 EUR pro Kind gibt. Und ja, da ist es so, dass die Eltern zum Stichtag am 28. Februar arbeitslos gemeldet sein müssen, damit sie das als Covid-Hilfeleistung in Anspruch nehmen können. Ein Pech haben die Eltern allerdings, wenn sie am 28. Februar 2020 zwar arbeitslos waren, aber krank waren und Krankengeld bezogen haben. Das Ministerium war auch nicht bereit, diesen Missstand entsprechend abzustellen, sondern das ist einfach sozusagen ein Härtefall, einer der Härtefälle, die einfach billigend in Kauf genommen wurden. Auch mit dem Corona-Kinderbonus hat sich die Volksanwaltschaft genauer auseinandergesetzt, so wie auch mit vielen anderen Punkten im Familienbereich. Ich habe noch den Auftrag, zwei Beschlussanträge einzubringen. Und zwar betrifft es das Ressort des LR Wiederkehr, und wir sprechen ja auch jetzt hier hauptsächlich über diesen Bereich aus dem Volksanwaltschaftsbericht. Es ist ja so, dass angesichts der zum Teil auch unklaren Regelungen in den Schulen leider Gottes immer mehr Eltern ihre Kinder nicht in die Schule schicken, sondern als Externisten betreuen, wobei diese Externisten, diese Schüler dann jeweils zum Semesterende eine entsprechende Prüfung abzulegen haben. Da war es leider Gottes so, dass der zuständige StR Wiederkehr im Herbst bereits verlautbaren hat lassen, dass man hier entsprechend die Daumenschrauben ansetzen wird, dass man gezielt versuchen wird, die Zahl hier entsprechend niedrig zu halten. Jetzt liegt es mir und genauso auch dem Herrn Stadtrat fern, zu beurteilen, welche Gründe tatsächlich dafür ausschlaggebend sind, Fakt ist, dass wir meines Erachtens und unseres Erachtens alles daransetzen müssen, ein bestmögliches Fortkommen auch dieser Externisten sicherzustellen. Es war leider Gottes so, dass diese Externisten zum Teil - ich würde es jetzt einmal umgangssprachlich formulieren - geschnitten wurden, dass nicht entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden, dass selbst von Seiten der Stadtregierung, von Seiten des Ressorts angekündigt wurde, dass sich die Externisten nicht mehr die Schule aussuchen dürfen, an der sie dann ihre Prüfung ablegen können. Wir haben einen Beschlussantrag vorbereitet, der vorsieht, dass sich der Wiener Landtag dafür aussprechen möge, diese Externisten auch bestmöglich zu unterstützen, diese Kinder bestmöglich zu unterstützen und auch die Prüfungen für dieses Schuljahr entsprechend sicherzustellen. Zum Zweiten wird in diesen Minuten schon wieder medial kolportiert, dass es mit den offenen Schulen vielleicht doch nicht so weit her ist, wie es in den vergangenen beiden Tagen von Seiten der Bundesregierung propagiert wurde. Meine Damen und Herren! Wir haben mittlerweile an den Schulen ein Testsystem, das Mehrfachtestungen in der Woche vorsieht. Wir halten es für ganz, ganz wichtig, insbesondere auch auf Grund der Berichte aus den vergangenen Monaten, dass die Kinder in einem geregelten Schulbetrieb bleiben können, und wir haben dementsprechend auch einen Beschlussantrag vorbereitet, für den uneingeschränkten Präsenzunterricht an den Wiener Schulen zu sorgen, und fordern den zuständigen Stadt- beziehungsweise Landesrat entsprechend hierzu auf. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich an dieser Stelle namens meiner Fraktion noch einmal herzlich für den Bericht bedanken. Bitte bleiben Sie weiter so aktiv in Ihrer Arbeit! - Danke schön. Präsident Ernst Woller: Ich danke. Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Berner. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Herzlichen Dank an die Volksanwaltschaft - an Sie - für den vorliegenden Bericht und für die breite Prüfung an vielen Teilen der Stadt! Ich weiß, das ist kompliziert, und danke, dass Sie uns so einen umfassenden Bericht liefern. Was gleich vorweg auffällt: Die Volksanwaltschaft erkennt ähnliche Mängel, wie die Kinder- und Jugendhilfe in Wien sie schon im Juni festgestellt hat und wie sie auch vom Stadtrechnungshof festgestellt werden. Zirka 4.000 Kinder und Jugendliche in Wien werden fremdbetreut, zirka 6.500 werden ambulant betreut. Der Bedarf liegt deutlich darüber, sagt auch die Volksanwaltschaft. Im Osten Wiens gibt es de facto keine ambulante Betreuung durch die Frühen Hilfen, die sind nur im Westen Wiens ausgebaut. Wir haben dazu schon einige Anträge eingebracht und wir hoffen, dass es, wenn das jetzt auch im Volksanwaltschaftsbericht steht, noch mehr ernst genommen wird. Auch für ältere Kinder war auf Grund von Corona die ambulante Betreuung leider nicht immer sichergestellt, es braucht auch da deutlich mehr. Die ambulante, aber individuell zugeschnittene Betreuung, wie sie die Frühen Hilfen anbieten, kann - das ist breit getragene ExpertInnenmeinung - Kindesabnahmen vermeiden, weil Familien frühzeitig und nachhaltig auf die Beine geholfen und in Krisensituationen kompetent beigestanden wird, den Alltag zu meistern. Wenn das alles nicht mehr geht, wenn ambulante Hilfe nicht mehr ausreicht, dann kommen die Kinder ins Krisenzentrum. Und leider, auch dort herrscht Mangel, das wird im Bericht der Volksanwaltschaft zur Kinder- und Jugendhilfe noch einmal ausgeführt. "Problematisch2, steht hier, "ist in Wien immer noch die drastische Überbelegung der Wiener Krisenzentren. Die vorgesehenen 8 Plätze waren fast das ganze Jahr mit 12, manchmal sogar mit 14 Kindern belegt." - Das ist eine Überbelegung von 6 Kindern oder eine Auslastung von 175 Prozent. Das ist eindeutig zu viel. Weiter heißt es in dem Bericht auf Seite 34: "Dadurch ist keine umfassende, fachlich fundierte Abklärung der Lebenssituation und der Ressourcen des Kindes und der Familie, wie dies in der Krisenabklärung stattfinden sollte, mehr möglich. Die Arbeitsbelastung des Personals der Krisenzentren, das hauptsächlich aus Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern besteht, ist durch die Auslastung der Krisenzentren besonders hoch." Diese Mängel werden seit Jahren festgestellt. Bisher wurden höchstens kleine Pflaster angeboten - ein paar Dienststellen hier oder dort, eine neue WG -, aber das ist leider zu wenig, um in Wien allen Kindern in Not zu helfen. Oft müssen Kinder aber auch in den Krisenzentren bleiben, trotz der Überbelegung, weil ambulante Hilfe nicht mehr zur Verfügung steht oder weil es keine passenden WG-Plätze gibt oder weil keine passenden Pflegeeltern gefunden werden können. Unter diesen Voraussetzungen ist es besonders unverständlich, warum sich das Land nicht dazu entscheiden kann, zumindest das Pflegegeld für Kinder, die nicht zu Hause leben können, den allgemeinen Kostensteigerungen anzupassen. Erhöhungen des Pflegekindergeldes um nur 1 Prozent, während die Kosten im letzten halben Jahr um 3,7 Prozent angestiegen sind! Das Pflegegeld für Krisenpflegeeltern wird überhaupt nicht angepasst und das für Kinder unter sechs Jahren auch nicht. Warum nicht? Das haben wir heute in der Früh gefragt, und Ihre Antwort, Herr Landesrat, war nicht gerade empathisch: Die Pflegeeltern sollen ihre Arbeit nicht nur für Geld machen. - Sie, Herr Landesrat, appellieren also an die Solidarität von Menschen, die eh schon bereit sind, Aufgaben für die Gemeinschaft zu übernehmen. Man könnte das auch zynisch nennen. Was, glauben Sie, heißt das eigentlich konkret? - Wenn ein Kind in der Nacht im Pyjama vor der Tür der Krisenpflegemutter steht, muss diese ad hoc alles vorfinanzieren, was für den Alltag des Kindes notwendig ist: Gewand, Körperpflegemittel, Gitterbett, aber auch medizinische Geräte wie eine neue Brille oder neue Schuheinlagen. Das Pflegekindergeld, das sie erst im Nachhinein ausbezahlt bekommt, kann den tatsächlichen Bedarf dafür nicht decken. Die Krisenpflegemutter ist darauf angewiesen, wieder Anträge auszufüllen und Amtswege zu nehmen, in der Hoffnung, dass sie zumindest Teile der Ausgaben refundiert bekommt. Es ist also ein Mehraufwand für diese Krisenpflegemutter. Ihr werden Steine in den Weg gelegt. Da ist es kein Wunder, wenn der emotionale Stress, ergänzt um den finanziellen Stress, viele dazu bringt, dass sie den Beruf Krisenpflegeeltern wieder aufgeben. Da reicht es nicht, an Solidarität zu appellieren, da braucht es langfristige strukturelle Maßnahmen. Als erste Maßnahme schlagen wir einmal vor, das Pflegekindergeld an die tatsächlichen Kosten anzupassen. Dazu bringen wir heute einen Antrag ein. Wir bitten um die Zustimmung aller Fraktionen. Die Schwierigkeiten in WGs und Krisenzentren sind auch strukturelle. Wir haben auch in der Aktuellen Stunde schon darüber geredet. Wieder ein Zitat: "In Wien waren nach der aktuellen Kinder- und Jugendhilfestatistik insgesamt 4.047 Kinder unter 18 Jahren in Fremdbetreuung. Damit blieb der Anteil der fremdbetreuten Kinder je 1.000 Einwohner unter 18 konstant bei 12,3. Wien lag wieder an 1. Stelle im Österreich-weiten Vergleich. Gleichzeitig wurden 6.316 ambulante Hilfen gewährt." Ja, Wien ist eine Großstadt, und ja, da gibt es andere Voraussetzungen als am Land. "Faktum ist aber, dass Wien sehr wenige ambulante Hilfen im Vergleich zu anderen Bundesländern gewährt und dieses Angebot unbedingt ausgebaut werden sollte." Es wäre gerade Aufgabe des Kinder- und Jugendhilfeträgers, auf den besonderen Bedarf der Stadtbevölkerung durch präventive Angebote gezielt einzugehen. Für belastete Herkunftssysteme müssten im Rahmen der Frühen Hilfen mehr und passgenauere Möglichkeiten geschaffen werden, um Familien zu erreichen, die zu anderen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe nicht leicht Zugang finden." - Das sind Zitate aus dem Bericht der Volksanwaltschaft. Wie schon in der Aktuellen Stunde liegen hier Verbesserungsvorschläge für die Situation auf dem Tisch, und ich werde sie hier wiederholen. Wir als GRÜNE schlagen vor: Erstens: Ausbau der Frühen Hilfen zur Prävention und Begleitung besonders belasteter Familien. Zweitens: Ausbau der ambulanten Betreuung durch ExpertInnen der MA 11. Drittens: Entlastung der MitarbeiterInnen der MA 11 - das heißt, weniger zu betreuende Familien pro Sozialarbeitende. Das kann nur durch Personalaufstockungen erreicht werden. Nur so kann Fehleinschätzungen von problematischen Situationen, wie sie im Bericht der Volksanwaltschaft beschrieben werden, in Zukunft vorgebeugt werden. Viertens: Regelmäßige, strukturierte Supervisionen für alle MitarbeiterInnen als Teil der Arbeitszeit statt nur auf Anfrage. Fünftens: Entwicklung von unterschiedlichen Aufgabenprofilen in der Wohngemeinschaftsbetreuung. So können MitarbeiterInnen sich spezialisieren, und es gibt dann vermehrte Möglichkeit für Qualitätszeiten von Kindern und Jugendlichen mit ihrer jeweiligen Betreuungsperson in der Einrichtung der Stadt Wien durch bessere Betreuungsschlüssel. Sechstens: Angepasste Personalplanung, das heißt, mindestens zwei Betreuungspersonen pro WG. Siebentens: Um Krankenstände, et cetera auszugleichen, braucht es dafür mehr SpringerInnen und mehr Überlappungszeiten. Achtens: Mehr WG-Plätze. Neuntens: Mentoringskonzepte für NeueinsteigerInnen durch erfahrene PädagogInnen, sodass nicht immer unerfahrene BerufseinsteigerInnen in den Krisenzentren allein gelassen werden. Zehntens: Kontinuierliche Begleitung für Jugendliche auf dem Weg ins Erwachsenenleben. Das heißt: Ausbau der Konzepte für Careleaver und - ganz wichtig - Ausbildungsbegleitung auch über den 18. Geburtstag hinaus, damit Jugendliche, junge Erwachsene den Start ins Leben wirklich selber finden können. Wir wissen, was es braucht. Alle ExpertInnen, Stadtrechnungshof, Volksanwaltschaft, Kinder- und Jugendanwaltschaft gehen in eine selbe Richtung. Sie, Herr Wiederkehr, wissen es auch. Bitte kümmern Sie sich um die Umsetzung. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Vielen Dank. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Gasselich. Ich erteile es ihm hiermit. Abg. Mag. Patrick Gasselich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wie schon vielfach erwähnt wurde, ist der Bericht der Volksanwaltschaft natürlich ein unfassbar wichtiges Instrument für die Opposition: Als Grundlage, um viele Missstände hier aufzuklären und einfach die Verwaltungsführung gut zu überprüfen. Leider nimmt auch im diesjährigen Bericht die MA 35 wieder einen sehr großen und prominenten Teil ein, und gerade in den letzten Wochen und Monaten haben die Negativschlagzeilen leider wieder einmal überwogen. Was ist die Basis für unsere Kritik? - Das sind direkt Betroffene, das sind Anfragebeantwortungen, aber eben vor allem auch der Bericht der Volksanwaltschaft. Was darin wieder an Missständen berichtet wurde, ist wirklich dramatisch, und auf einige von den Kritikpunkten möchte ich kurz eingehen. Es beginnt beim Thema der Staatsbürgerschaft. Da gibt es unbegründete Verfahrensstillstände. Normalerweise sollte die MA 35 in sechs Monaten entscheiden. Oftmals fehlt auch einfach eine Begründung, wieso das nicht der Fall ist. Es gibt jahrelange Ermittlungen und Verzögerungen, berichtet wird zum Beispiel von einer Gesamtverzögerung von sechs Jahren. Was den Verfahrensbeginn betrifft, werden erste Verfahrensschritte teilweise erst nach fünf Monaten gesetzt, und auch dafür fehlt eine Begründung. Die Mitwirkung im Verfahren zeigt keine Wirkung. Es werden Unterlagen zum Beispiel ein halbes Jahr einfach liegen gelassen. Das alles gibt es auch noch in einem zweiten Block, nämlich beim Niederlassungsrecht. Dort gibt es zum Beispiel einen Beschwerdeanstieg um mehr als 100 Prozent, und die Zahl der berechtigten Beschwerden ist sogar um das Dreifache gestiegen. Trotz des Vorliegens aller Unterlagen gibt es zum Beispiel auch eine sehr lange Untätigkeit, wo einfach ein halbes Jahr lang wieder keine Verfahrensschritte gesetzt werden. Die Volksanwaltschaft beschwert sich über die Untätigkeit trotz einer klaren Rechtslage: Es werden für 2 Jahre keine Verfahrensschritte gesetzt, und der Rechtsanwalt bekommt überhaupt erst nach 100 Tagen einen Termin für eine Akteneinsicht. Weiters geht es in der Beschwerde um eine fehlerhafte Aktenablage, wodurch übermittelte Unterlagen verlegt wurden und überhaupt erst nach zehn Monaten wieder gefunden wurden. Wie kann man all diese Missstände zusammenfassen? - Es herrscht dort leider einfach absolutes Chaos vor, und das ist einer Weltstadt wie Wien nicht würdig. Neben dieser allgemeinen Kritik, die aus meiner Sicht beinahe schon fast Alltag ist - leider Gottes -, gibt es im Bericht auch noch zwei spezifische Aussagen, die besonders spannend sind und die durchaus auch mit einer gewissen Härte getätigt wurden. Und zwar sagt die Volksanwaltschaft, wenn ich es zitieren darf: "Nicht nachvollziehbar bleibt, dass trotz jahrelanger Kritik und Aufzeigen dieser Missstände keine geeigneten Maßnahmen zur Abhilfe dieses Problems gesetzt werden. Des Weiteren läuft die Argumentation, dass die längere Bearbeitungsdauer sowie die Dauer der Beschaffung der Dokumente durch die Covid-Ausnahmesituation begründet sei, insoweit ins Leere, als diese erst seit März 2020 besteht und daher die fehlende Entscheidungswilligkeit in Bezug auf die bereits seit Jahren anhängigen Altfälle nicht entkräften kann." Was bedeutet das? - Auch wenn die NEOS hier jetzt ein bisschen sozusagen zu Verteidigern der MA 35 werden - das war in der Zeit, als sie in Opposition waren, noch ein bisschen anders, wenn ich mich an Pressekonferenzen des jetzigen Herrn Stadtrates Wiederkehr erinnere -, aber Corona, weil es auch vorher Kollegin Bakos genannt hat, ist keine Ausrede für die Zustände hier. Diese Probleme gibt es nicht erst seit gestern, und Covid darf man auch nicht als Ausrede nehmen. Ich hoffe, dass man das in dieser Diskussion über die MA 35 auch endlich einmal wirklich akzeptiert. Der Bericht aus dem Jahr 2020 ist keine Seltenheit, sondern das gab es schon öfter. Erschreckend ist es aber, wenn man sich die Missstandsfeststellungen auf der Homepage der Volksanwaltschaft anschaut: Fast zwei Drittel der Beschwerden im Bereich der gesamten Bundesverwaltung entfallen auf die MA 35. Das bedeutet, zwei Drittel aller Beschwerden in Österreich betreffen eine einzige Wiener Behörde! Das ist leider nur die Bestätigung meiner Kritik der letzten Wochen und Monate und zeigt nur noch einmal die dramatische Situation dort. Und ja, Reformen sind auf dem Weg, man sieht an diesem Bericht aber auch, wie wichtig und wie notwendig diese Reformen sind. Nur durch diese Reformen kann das jahrzehntelange Chaos, das die Wiener SPÖ da angerichtet hat, auch wirklich beseitigt werden. Gerade diese unglaubliche Zahl von zwei Dritteln aller Fälle sollte eigentlich auch Ihnen, Herr Bürgermeister, zu denken geben und dazu führen, dass Sie sich hier viel stärker einbringen, denn es kann nicht sein, dass zwei Drittel der Fälle eine einzige Wiener Behörde betreffen. Von den Volksanwälten selber, die da sehr engagiert sind, würde mich auch einfach diese Relation interessieren: Ob das normal ist beziehungsweise wie da das Verhältnis zu anderen Behörden ist, was diese zwei Drittel betrifft, ob es dort ähnlich viele Missstände gab und gibt. Nach dieser Kritik möchte ich mich abschließend persönlich und auch im Namen der ganzen Fraktion bei Ihnen für den Bericht bedanken. Sie liefern damit wirklich eine hervorragende Grundlage für unsere Oppositionsarbeit. Vielen Dank dafür! Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Florianschütz. Ich erteile es ihm. Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Vorweg mein Dank für die ausgezeichneten Berichte und die ausgezeichnete Arbeit der Volksanwaltschaft und für die Anregungen für die Verwaltung des Landes und der Stadt Wien, die wir daraus ableiten können! Lassen Sie mich zu den Berichten der Volksanwälte ein paar grundsätzliche Gedankengänge zum Ausdruck bringen: Erstens: Bedarfsorientierte Mindestsicherung oder Wiener Mindestsicherung. Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass Teile des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in Wien noch nicht umgesetzt sind, und deshalb wird bemängelt, dass es eventuelle Verfassungsgebrechen geben könnte. Das betrifft nicht nur Wien, das betrifft auch andere Bundesländer und das ist ein bröckelnder Prozess, trotzdem muss man diesen Vorwurf in einer gesetzgebenden Körperschaft eines Landes ernst nehmen. Meine Damen und Herren, die Aufgabe der Volksanwaltschaft ist eine noble Aufgabe: die Überprüfung der Tätigkeit der Verwaltung, der Exekutive - und das tut die Volksanwaltschaft in hervorragender Art und Weise. Lassen Sie mich aber einen Gedankengang einbringen und Ihnen mitteilen, sehr geehrte Herren Volksanwälte: Wie wäre es, wenn die Volksanwaltschaft auch einmal darüber nachdenken würde, sich nicht nur über die Tätigkeit der Exekutive, sondern auch über die Grundlage der Tätigkeit der Exekutive und ihren Sinn und Zweck und ihre Qualität den Kopf zu zerbrechen, nämlich die bundesgesetzlichen Grundlagen beispielsweise? Das betrifft sowohl die Wiener Mindestsicherung als auch die Tätigkeit der MA 35. Lassen Sie mich das ausführen: Es ist eine nicht sehr große, aber doch nennenswerte Anzahl von Einzelfällen angeführt, in denen bestimmte Vorgangsweisen der Verwaltung bei der Wiener Mindestsicherung gerügt werden. Wenn ich das richtig gelesen habe, ist kein einziger Fall dabei, in dem gerügt wurde, dass durch die Verwaltung zu viel Leistung geboten wurde, sondern es wurde immer gerügt, dass es zu wenig war. Und das ist natürlich gerechtfertigt, weil es hier Rechtsansprüche gibt. Und daran arbeitet die Behörde. Die MA 15 ist bemüht, zügig und den Leistungsportfolios der Stadt Wien entsprechend Auszahlungen an die Anspruchsberechtigten zu tätigen. Es liegt allerdings keine einzige Beschwerde vor, in der eine Bürgerin oder ein Bürger dieser Stadt sich darüber beschwert hätte, dass er oder sie zu viel gekriegt hätte. Hier liegt also kein Behördenversagen aus Sicht der Bürger vor. Und jetzt ist die Frage: Wie wird das Wiener Mindestsicherungsgesetz gesehen? - Sie legen, und das ist ja gerechtfertigt, das grammatikalisch wörtlich aus. Das ist in Ordnung. Ich rege an, dass Sie in Zukunft vielleicht auch erwägen - das wäre eine Bitte an Sie -, eine teleologisch-historische Auslegung zu überlegen, sprich: Was hat der Gesetzgeber, die Gesetzgeberin auch auf Bundesebene sich bei der Frage des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes überlegt? Ich gebe einen Hinweis, wie ich mir das vorstelle: Die verfassungsrechtliche Zentralgrundlage ist das Armenwesen, die Bekämpfung von Armut - und der Sinn des Gesetzes ist ja, dass Armut bekämpft wird, und das zieht sich dann durch bis zum Wiener Mindestsicherungsgesetz. Und das Wiener Mindestsicherungsgesetz ist ja nicht das "Wir zahlen möglichst wenig Sicherung aus"-Gesetz, und so gesehen, teleologisch betrachtet, erfüllt das Wiener Mindestsicherungsgesetz offensichtlich den Zweck. Dort, wo es zu wenig leistet, wird gerügt - das steht im Bericht der Volksanwaltschaft -, und dort, wo es das leistet, was im Wiener Mindestsicherungsgesetz steht, erfüllt es die Bedürfnisse der Wiener Bevölkerung. Was wäre, wenn wir oder besser gesagt - ich ja nicht - Sie anregen würden, dass man die bundesgesetzlichen Vorschriften näher an das Wiener Mindestsicherungsgesetz heranführt, weil das Wiener Mindestsicherungsgesetz ja offensichtlich der teleologischen Intention näher ist als das Sozialhilfegesetz? Ich weiß, das ist ein abstrakter Gedankengang, aber ich breche es Ihnen herunter auf eine andere Idee. Heute hat meine Vorrednerin Kollegin Laschan ja gesagt: Hätte man Empfehlungen unterschiedlichster Art, unter anderem auch von Rechnungshöfen, Folge geleistet, hätte man die Spitalsbetten abgebaut. Es wäre ein Fehler gewesen, wie man heute sieht. Was aber, wenn man die Leistungen der Mindestsicherung senken würde? Wäre es dann nicht so, dass man in der Zukunft viele arme Menschen auf der Straße sehen würde, es quasi eine Armutsbewegung gäbe, man erkennen würde, wie verzweifelt die Lage der Welt ist, und man im Nachhinein in diesem Hause sagen müsste, es war ein Fehler, zu kürzen, man muss es korrigieren, so wie es ein Fehler gewesen wäre, die Spitalsbetten zu kürzen? Meine Damen und Herren, ich weiß, wie schwierig das für den Herrn Stadtrat ist, ich weiß auch, wie schwierig das für den Herrn Bürgermeister ist, aber ich bedanke mich herzlich für ihre Tätigkeit und ihre Standhaftigkeit im Interesse der sozialen Lage der Wienerinnen und Wiener und rege an, diese Bemühungen dahin gehend zu würdigen, dass man darauf drängt, dass der Bundesgesetzgeber sich bei seinen Vorgaben für die Landesgesetzgeber etwas überlegt, und zwar in die richtige Richtung und nicht in die falsche, meine Damen und Herren. Das muss man nicht machen, aber man könnte, und nach meinem Verständnis sollte man es tun. Es wäre ein Beitrag zu einer weniger armen Welt, und eine weniger arme Welt wäre eine bessere Welt - und die streben wir ja jedenfalls in der Fortschrittskoalition in Wien an, und darauf bin ich auch ein bisschen stolz. Der zweite Gedankengang ist der Gedankengang zur MA 35. Dort tritt dasselbe ein: Ist es vernünftig, von bundesgesetzlicher Ebene her einer Verwaltungsbehörde der untergeordneten Ebene Verwaltungsvorschriften aufzuoktroyieren - das ist das falsche Wort, es ist natürlich rechtlich in Ordnung, aber jedenfalls: vorzusehen -, die dazu führen, dass es quasi denkunmöglich wird, in vernünftigen Maßstäben - und das ist ja ein Kriterium des Rechnungshofs - zu sagen, die Verwaltung soll sparsam und effizient sein? Man kann natürlich Vorschriften machen, die so angelegt sind, dass sie sparsam und effizient nicht bewältigbar sind. Das heißt nicht, dass man sich nicht daran halten muss, meine Damen und Herren, das verstehe ich schon, aber der Hinweis an den Bundesgesetzgeber, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Staatsbürgerschaftsgesetz nicht so zu regeln, dass es zu einem bürokratischen Moloch wird, der mit vernünftigem Aufwand für die Gebietskörperschaften nicht bewältigbar ist, dieser Hinweis an den Bundesgesetzgeber wäre schön, und ich ersuche Sie, das einmal zu machen. Man muss ja nicht immer eine Einbahnschiene haben. Sie könnten ja als Behörde auch dem Bund gute Ezzes geben, wie er sich zu verhalten hätte. Vielleicht ist der Bund auch dankbar dafür. Vielleicht sind die noch gar nicht auf die Idee gekommen, vollziehbare Gesetze zu machen. Wenn ich es mir dann wieder historisch anschaue, weiß ich ja, warum die Bundesgesetze existieren. Die Bundesgesetze sind ja in Wirklichkeit - jetzt muss ich aufpassen wegen der Ordnungsrufe - eine Ansammlung von Garstigkeiten zur Verhinderung von anderen Dingen. So ist das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, und so ist zum Teil auch das Staatsbürgerschaftsgesetz. Das ist das Gesetz, das dem Standpunkt entspricht: Ich will keine hier haben! Und so ist es auch angelegt, und das ist schlecht. Vielleicht sollte man dem Bund den Tipp geben, dass es nicht notwendig ist, Vorschriften zu machen, bei denen Unterlagen so schnell verfristen, dass das Verfahren nicht rechtzeitig fertig werden kann und man jedes Mal neue Unterlagen finden muss und die Behörde dann im Anruch steht, boshaft zu sein, und die Partei sich nicht mehr auskennt. In Wirklichkeit wäre es sinnvoll - da bin ich mit meiner Kollegin von den GRÜNEN einer Meinung -, das Staatsbürgerschaftsrecht und das Niederlassungsrecht schleunigst zu kodifizieren, ein vernünftiges, handhabbares, menschliches und modernes Gesetz zu machen und das jetzige Gesetz aufzugeben, weil es nicht gut vollziehbar ist, meine Damen und Herren. Diese grundsätzlichen Gedankengänge stehen überhaupt nicht in Widerspruch zu meinem Dank an die Behörde. Denn die Behörde hat sich natürlich die Verwaltung der Stadt Wien angeschaut, hat eine Menge Missstände gefunden, und - das klingt jetzt komisch, wenn wir das sagen - dafür sind wir ihnen dankbar, dass sie diese gefunden haben, weil sie für uns ein Ansporn sind, diese Missstände zu beheben. Am besten sieht man das bei der MA 35, wo ein großer Evaluierungsprozess begonnen hat, und man sieht es im Bereich der Mindestsicherung und des Armenwesens, weil es uns in Wien gelingt, das Armenwesen so auszugestalten, dass niemand Not und Elend leiden muss, und es uns sogar gelungen ist, die Anzahl der Mindestsicherungsbezieher auf eine vernünftige und menschliche Art und Weise zu senken. Das führe ich auch auf die Anregungen des Rechnungshofs zurück. Dafür bedanke ich mich sehr herzlich. Richten Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Dank des Wiener Landtags aus! Ihre Arbeit ist unverzichtbar. - Herzlichen Dank, meine Damen und Herren. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Abg. Greco. Ich erteile es ihr. Abg. Dr. Katarzyna Greco, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein herzliches Hallo an alle, die auch heute wieder via Livestream mit dabei sind! Ich darf jetzt heute bereits die zehnte Rednerin zu Ihrem Bericht sein. Das zeigt auch, wie wichtig er ist, wie viele ganz konkrete Anhaltspunkte es gibt, wie viele Baustellen wir hier haben. Insgesamt wandten sich im vergangenen Jahr 1.081 Wienerinnen und Wiener an die Volksanwaltschaft. Viele Probleme konnten gelöst werden, aber bei doch 22 Prozent waren es ganz klare Missstände. Das ist über ein Fünftel, an dem gearbeitet werden kann, an dem gearbeitet werden muss. Viele meiner Vorrednerinnen und Vorredner der neuen Volkspartei haben bereits das große Thema der MA 35, die gravierenden Missstände angesprochen. Ich darf dieses Thema auch noch einmal von einer anderen Perspektive her beleuchten, nämlich die Wichtigkeit einer funktionierenden MA 35 für den Wirtschaftsstandort Wien. Wenn es Jahre braucht, bis internationale ArbeitnehmerInnen hier offiziell arbeiten können, dann schwächt das nicht nur diese einzelne Person in ihrer Arbeit, in ihrem Wollen, hier in Wien zu sein, sondern dann schwächt das die Expertise, die wir nach Wien holen können und wollen, um international ein weiter und ständig wachsender Standort der Industrie und der Wirtschaft zu sein. Das Business Immigration Office ist eine sehr gute Initiative, um zeitnah Rot-Weiß-Rot-Karten zu holen. Bitte dran bleiben! Es ist ein erster wichtiger Schritt, den wir gemeinsam gehen. Die MA 35 ist ein plakatives Beispiel, aber sie ist nicht die einzige Baustelle, die wir dabei haben. Weil schon vieles genannt wurde, darf ich hier nur einige konkrete Beispiele ansprechen. Ich glaube, wenn uns dieser Bericht eines gezeigt hat, dann sind es viele Missstände, aber auch ganz konkrete Ansätze, wie wir diese hier in Wien lösen können und lösen müssen. Lassen Sie mich bitte an dieser Stelle auch zu Corona als Ausrede sagen: Corona gab es vor 2020 nicht, die Missstände sehr wohl. Missstände auf den Bund abzuschieben, bedeutet wegzuschauen. Seien wir so ehrlich miteinander, nutzen wir dank dieses Berichtes die Chance, genau hinzuschauen und die Probleme auch ganz konkret anzugehen. Drei Beispiele möchte ich noch bringen, eines aus der Geschäftsgruppe Innovation, Stadtplanung und Mobilität. Das Parkpickerl, Parkzonen, Parkstrafen sind etwas, was die Gemüter in ganz Wien bewegt. Ganz konkret habe ich mir im 15. Wiener Gemeindebezirk Bodenmarkierungen herausgeholt. Es wurde eine Hauseinfahrt im Jahr 2012 entfernt, bis 2019 wurde dort gestraft. Es kam zu einer Verwaltungsstrafe, und genau dieser Fall wurde dann 2019 auch an die Volksanwaltschaft gebracht, weil dort nicht mehr gestraft werden soll, wo eine vorhandene Hauseinfahrt ganz einfach nicht mehr besteht. Umtausch alter Parkscheine, Wartezeiten im Gesundheitsbereich, Mehrfachkostenbelastung, Gemeindebauten. - Wir haben schon viele Themen gehört, es wurden ganz viele zitiert. Ich persönlich kenne ein junges Paar, das die Chance auf eine neue Gemeindewohnung hatte, und es ist an einer Unterschrift gescheitert, auf die sie wochenlang warten mussten. - Mehrfachkosten! Muss das sein? Doppelte Miete bezahlen, doppelte Energiekosten, doppelt Strom. Das ist nicht das, was wir wollen. Es geht auch anders und es geht auch besser. Wer mich kennt, weiß es: Ich bin eine Optimistin. Ich bitte Sie, halten Sie sich daran, dass wir diese Anlassfälle ernst nehmen, denn sie betreffen nicht nur eine einzelne Person, sie betreffen die Lebensqualität in unserer Stadt. Wir proklamieren immer wieder Wien als eine der lebenswertesten Städte dieses Landes, überhaupt der Welt. Wir wollen, dass Menschen zu uns kommen. Erledigen Sie, nämlich die rot-pinke Stadtregierung, bitte diese ganzen Punkte, die heute hier aufgewiesen wurden. Machen Sie all das, was nötig ist, nicht für uns als Opposition, nicht für mich, machen Sie es bitte für die Wienerinnen und Wiener. Sie haben es sich besonders in Krisenzeiten verdient, eine Verwaltung zu haben, die funktioniert, auf die sie vertrauen können. Machen Sie es auch für den Wirtschaftsstandort, der gerade jetzt in der Pandemie und am Weg aus der Pandemie jegliche Unterstützung benötigt. Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle aber auch noch an die Volksanwaltschaft, die diesen Bericht in diesen einzelnen Bereichen aufgezogen hat. Danke an Ihre Teams, und bitte liefern Sie uns auch weiterhin gute Ideen, wie wir alle gemeinsam an unserer Stadt arbeiten können. Danke schön. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Herzlichen Dank. Es hat sich nun Herr Abg. Kowarik noch ein zweites Mal zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich melde mich nur noch einmal ganz kurz, denn das, was Kollege Florianschütz vor mir gesagt hat, ist sagenhaft. Ich darf das so ausdrücken. Offensichtlich hat er keine Ahnung vom Rechtsstaat, von unseren rechtsstaatlichen Funktionen und Funktionsweisen, und er hat auch offensichtlich keine Ahnung von Demokratie. Anders kann man seinen Beitrag nicht interpretieren, wenn er sich hier herstellt und an die Standfestigkeit des Stadtrates appelliert, der im Übrigen gar nicht oder nur sehr am Rande für die Gesetzwerdung zuständig ist, sondern das sind wir. Wenn er aber an die Standhaftigkeit appelliert, dass dieser verfassungswidrige Zustand des Wiener Mindestsicherungsgesetzes beibehalten wird: Herr Kollege, wo leben Sie denn? Sozialismus in seiner real existierenden Form ist Geschichte, auch wenn Sie es offensichtlich nicht wahrhaben wollen. Wir reden hier von einem verfassungswidrigen Gesetz. Stellen Sie sich einmal vor, das wäre irgendeine andere Gesetzesmaterie und es wären andere Vorzeichen. Was würden Sie dann plärren, was würden Sie dann schreien? Aber nein, da betrifft es halt eine Sache, die dem Herrn Kollegen unangenehm ist, oder die er anders sieht. Das ist auch gut so, dass man es auch anders sieht, das ist ja auch Sinn der Sache, dass wir hier darüber reden. Trotzdem: Demokratische Entscheidungen sind zu vollziehen und einzuhalten. Ich weiß nicht, ob Ihnen der Stufenbau unserer Rechtsordnung irgendetwas sagt, ich glaube, offensichtlich nicht, oder er ist Ihnen vollkommen wurscht. Sie stellen sich wirklich her und stellen 1.000 Überlegungen - 1.000 waren es eh nicht, aber eine - an, warum verfassungswidrige Zustände eigentlich eh ganz super sind. Ich muss Sie enttäuschen, Herr Kollege Florianschütz. Der Richter über unsere Verfassung und über die Verfassungsmäßigkeit unserer Gesetze ist nicht ein Kollege Florianschütz oder sonst irgendwer hier im Haus, das ist der Verfassungsgerichtshof. Dieser hat seine Entscheidung getroffen. Es hat ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gegeben, und dieser hat entschieden. Punkt, aus, Schluss, basta. Das ist anzuerkennen. Was fällt Ihnen ein, hier so etwas zu sagen? Es ist atemberaubend und in Wirklichkeit traurig. Ich erspare mir die Kraftausdrücke, die können Sie besser, aber mit Rechtsstaat und Demokratie haben Sie offensichtlich nicht viel zu tun. Genauso peinlich waren dann die Ausflüchte hinsichtlich des Versagens der MA 35. Ja, der Bundesgesetzgeber, der muss etwas anderes machen, bla, bla, bla. Und schuld sind alle anderen. Das kennen wir ja bei der Sozialdemokratie: Schuld sind immer alle anderen. Es ist aber komisch, dass acht andere Bundesländer das wesentlich besser als die Stadt Wien schaffen. Es stimmt schon, die Stadt Wien ist natürlich die größte Kommune, was die Einwohner betrifft. Trotzdem sind das aber billige Ausreden, Herr Kollege, billige Ausreden, und im ersten Fall, im Zusammenhang mit unserem Mindestsicherungsgesetz, demokratiefeindliche Aussagen. Und das ist eigentlich schon sehr bedenklich. Danke, meine Damen und Herren. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Da die Rednerliste der Abgeordneten nun abgearbeitet ist, kommen wir zu den Stellungnahmen der Volksanwälte. Ich habe in Erfahrung gebracht, dass als erster Volksanwalt Dr. Rosenkranz sprechen wird. Wir freuen uns darüber, und ich darf ihm das Wort erteilen. Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz: Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Hoher Landtag! Warum ich jetzt in der Reihe der Volksanwälte als erster das Wort ergreife, hat den Grund einfach darin, dass wir ein rotierendes System in der Vorsitzführung haben. Jedes Jahr ist ein anderes Mitglied des Kollegiums der Vorsitzende. Es hat sich an sich auch sehr gut bewährt, dass wir das abwechseln, und daher ist die Reihenfolge so, bis dann auch wiederum der Vorsitz bei uns wechseln wird. Zunächst möchte ich einmal allgemein sagen: Die Volksanwaltschaft erreichen im Jahr ungefähr 18.000 Beschwerden von Menschen mit Problemen in diesem Land, die unter Umständen in Relation zum Klimaschutz, zum Klimawandel, zum Weltfrieden, was auch immer, sehr, sehr klein sein mögen. Für diesen Menschen ist aber das Problem, das er an uns heranträgt, im Moment gerade das wichtigste für sein Leben, für seine Existenz, und dabei versuchen wir, dieser Person mit bestem Wissen und Gewissen zu helfen. Die Menschen haben auch deswegen Vertrauen in unsere Institution, was wir auch über Umfragen, wie die Volksanwaltschaft gesehen wird, regelmäßig abfragen, weil sie auch unsere Kooperation im ORF, die Sendung "Bürgeranwalt", vor vielen Jahren noch "Ein Fall für den Volksanwalt", in Erinnerung haben oder sehen und dadurch eben ein großes Vertrauen in unsere Institution haben. Diese ungefähr 1.100 Beschwerden sind eine sehr konstante Zahl an Beschwerden, die wir haben. Nicht für alle Beschwerden, die uns erreichen, sind wir auch zuständig. Manche Menschen glauben auch, weil dort Volksanwalt steht - der Verfassungsgesetzgeber hat diesen Begriff gewählt -, dass wir quasi als kostenloser Rechtsbeistand wie ein Rechtsanwalt für sie einschreiten können. Das können wir nicht leisten und für viele Dinge, insbesondere dann, wenn die Menschen Ungerechtigkeit sehen oder für sich so verstehen, wenn das zum Beispiel Gerichtsentscheidungen betrifft, sind wir absolut unzuständig. Nur versuchen wir nicht, das zu tun, was die Menschen in Österreich sehr oft erleben, nämlich "dafür sind wir nicht zuständig" zu sagen und dann den Telefonhörer aufzulegen, sondern wir versuchen, auch bei diesem Problem zumindest in einer Art Beipackzettel oder Handlungsanleitung diesen Menschen zu sagen: Bitte wendet euch jetzt doch besser an eine Patientenanwaltschaft, geht zur Rechtsanwaltskammer oder zu einem Amtstag, wo es kostenlose Rechtsberatungen gibt, oder geht zum Amtstag bei einem Bezirksgericht. Sie können von uns somit zumindest eine richtige Richtung bekommen, wo ihr Problem, ihre vermeintliche Ungerechtigkeit, gut aufgehoben ist. Es heißt allerdings auch nicht, dass jede Beschwerde, die wir auch prüfen, berechtigt ist. Ich komme dann vielleicht später, weil auch die MA 35 angesprochen wurde, darauf zurück. Dann gibt es bedauerlicherweise natürlich auch die Beschwerden - das ist nicht in Wien allein der Fall, sondern das ist in ganz Österreich so -, die wir als berechtigt anerkennen und wir als einzige Möglichkeit haben, das als Missstand zu titulieren. Dieser Begriff Missstand ist kein Begriff, der sich auf irgendeiner Skala abbilden lässt: Was ist ein geringer Missstand, was ist ein großer Missstand? Ein Missstand kann sein, dass ein Polizeibeamter auf der Straße oder ein Beamter bei einer Amtshandlung oder sonst unfreundlich ist. Auf der Skala kann es aber auch ans andere Ende bis zu einem richtig eklatanten Behördenversagen gehen. Es heißt beides Missstand, und wir können hier von Gesetzes wegen nicht differenzieren, sondern es einfach nur so benennen. Es wurde zuvor von einem Abgeordneten erwähnt, dass wir das seien, aber wir sind keine Behörde. Wir können keine Bescheide erlassen oder auch Bescheide und Entscheidungen von Verwaltungsbehörden aufheben. Das können wir nicht. Dazu gibt es einen Instanzenzug, der letztlich auch bei Verwaltungsgerichten endet, die wir als Volksanwälte auch nicht kritisieren dürfen, weil wir die Gerichtsbarkeit bis logischerweise hin zum Verfassungsgerichtshof nicht kritisieren können. An diese Entscheidungen sind wir auch gebunden beziehungsweise können kein entsprechendes Prüfverfahren einleiten, wenn Gerichte entschieden haben. Wir stehen hier heute - es wurde auch die Bundesverfassung zitiert - als Ihre Landesvolksanwälte. Sie haben bei Einrichtung der Volksanwaltschaft von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, uns auch als Ihr Hilfsorgan - das ist so, obwohl wir eigentlich ein sogenanntes oberstes Organ sind -, in dem Fall des Wiener Landtags, tätig zu sein. Wir sind Hilfsorgan der Gesetzgebung auf allen Ebenen, um eben auch auf Grund von Missständen in der Verwaltung dem Gesetzgeber - es ist schon angesprochen worden: Das Recht geht vom Volk aus - zu zeigen, es gibt in der Verwaltung diese Missstände und es muss unter Umständen auch gesetzlich dagegen Abhilfe geschaffen werden. Das führt mich eigentlich zu den Ausführungen, die jetzt ganz zum Schluss der Debatte eingebracht worden sind. Es hat auch ein Zitat gegeben, dass die Volksanwaltschaft ja auch eine durchaus ideologische Anmerkung in die richtige Richtung der Gesetzgebung geben kann. Dabei weiß ich mich grundsätzlich mit meinen Kollegen eins, weil wir als Volksanwälte natürlich auch unter der Beobachtung sind, tatsächlich in unserer weisungsfreien Tätigkeit auch unabhängig zu sein. Das wird sehr gemischt betrachtet. Die Volksanwaltschaft ist bis jetzt sehr gut damit gefahren, ideologisch richtige Richtungen bei uns nicht anzusehen und entsprechend zu äußern. Sehr wohl können wir bei Ungerechtigkeiten auch Vorschläge an Gesetzgeber machen, und das tun wir auch. Auch wenn es relativ selten ist, dass wir das machen, kommen wir aber in diversen Prüfverfahren sogar drauf, dass es tatsächlich gesetzliche Lücken gibt. Erst zuletzt hat sich in meinem Geschäftsbereich eine solche im Land Oberösterreich ergeben, wo auf einmal wirklich und tatsächlich niemand zuständig war und die Bürger dort seit Jahren eigentlich gegen Wände gelaufen sind. Jeder hat zu Recht gesagt, ich bin nicht zuständig, aber das Problem war vorhanden, und wir hoffen natürlich auch, dass Lösungen kommen. Ich möchte den Dank, der von den vielen Vorrednern hier an die Institution der Volksanwaltschaft und vor allem an unsere Referenten, die die Prüfverfahren durchführen, gerichtet wurde, gerne weiterleiten. Es ist eine echte Freude, die Expertise, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, zu sehen. Ich möchte auch noch auf die Covid-Situation eingehen, die uns als Institution natürlich auch betrifft. Es war uns im letzten Jahr und ist es auch jetzt möglich, durch einen sehr niederschwelligen Zugang zur Beschwerdemöglichkeit an uns - telefonisch, postalisch, per Mail, es würde sogar noch per Fax funktionieren, aber auch in dieser Zeit im Besucherzentrum - und mit einem sehr ausgewogenen Sicherheitssystem, den einzelnen Bürger zu uns vorzulassen. Auch zu dieser Stunde, in dieser Minute hat die Volksanwaltschaft trotz Lockdown im Besucherzentrum die Möglichkeit gegeben, dass sich die Menschen an uns wenden können. Durch diesen niederschwelligen Zugang haben wir auch wieder die entsprechenden Beschwerdezahlen erreicht, und die Menschen haben sich an uns gewendet. Umgekehrt ist unser Büroapparat so ausgestattet und ausgerüstet, dass jetzt sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von uns - eigentlich grundsätzlich alle, bis auf die, die eben systemrelevant sind - von zu Hause aus ihrer Tätigkeit nachgehen können. Wir haben in unserem System einen vorbildlichen elektronischen Akt. Es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Laptops, mit Diensttelefonen so ausgerüstet, dass sie die Akten ohne Verzögerungen bearbeiten können und wir zu raschen Erledigungen kommen können. Ergänzend möchte ich noch erwähnen, dass im Bereich des Bundeslandes Wien durch unsere Kommissionen insgesamt 87 Besuche von Einrichtungen, die eine Freiheitsentziehung praktizieren müssen, stattgefunden haben: Justizanstalten, Polizeiinspektionen, Polizeianhaltezentren und vor allem in großer Zahl Alten-, Pflegeheime, Kinder-, Jugendeinrichtungen, Behinderteneinrichtungen, et cetera. Wir können dadurch den nationalen Präventionsmechanismus zur vorbeugenden Menschenrechtskontrolle auf Grund des OPCAT-Mandats durchführen, abarbeiten und auch trotz Pandemie erfüllen. Zu Wien selbst - ich habe es erwähnt - sind 1.100 Beschwerden bei uns eingelangt, ungefähr auch die gleiche Anzahl konnte bearbeitet werden. Ich glaube, es differiert um vier, wir sind in diesem Jahr also wirklich immer zeitnah mit der Erledigung. Davon waren 440 unberechtigte Beschwerden, die mit der Volksanwaltschaft gar nichts zu tun haben, wofür wir nicht zuständig sind. Und dann gibt es im Verhältnis eins zu zwei die Beschwerden, die wir uns inhaltlich angeschaut haben. Von diesen Beschwerden waren zwei Teile inhaltlich unberechtigt, und nur ein Teil konnte zu einer Missstandsfeststellung führen. Wenn Sie das jetzt in Relation zu allen Verwaltungsakten setzen, die Land Wien und Stadt Wien tagtäglich treffen - ich glaube, es werden zig Tausende sein -, so mag es für Sie beruhigend sein, dass es nur wenige Beschwerden sind, aber jede einzelne - und das wurde auch schon von dieser Stelle gesagt - Beschwerde, die berechtigt ist, ist eine zu viel, und man sollte hier an Verbesserungen arbeiten. In meinem Geschäftsbereich, den ich zu betreuen habe, möchte ich vielleicht auf zwei Fälle hinweisen, bevor ich mich der oft angesprochenen Magistratsabteilung 35 widme. Eine Mutter hat sich beschwert, weil sie ihr Kind nicht in einer Ganztagsschule mit verschränktem Unterricht, sondern in einer offenen Schule unterbringen konnte. Sie wollte an sich den verschränkten Unterricht der Ganztagsbetreuung haben, es war aber kein Platz. Was bedeutet das für diese Mutter? Sie muss, weil die Nachmittagsbetreuung an der offenen Schule nicht kostenfrei ist, rund 1.500 EUR im Jahr bezahlen. Das hat sie als ungerecht empfunden. Ich habe diesen Fall auch gemeinsam mit Bildungsdirektor Himmer, mit dem ich eine - das möchte ich auch erwähnen - ausgezeichnete Gesprächsbasis habe, besprochen. Das hat dazu geführt, dass er gesagt hat, na ja, an sich bekommen sehr viele, die auch nicht in dieser Ganztagsform mit verschränktem Unterricht, sondern in der offenen sind, ohnehin auf Grund ihres geringen Einkommens diese Gebühren ersetzt. Das heißt, es ist aus unserer Sicht eine Gerechtigkeitsdebatte, und der Bildungsdirektor hat auch gesagt, er möchte noch prüfen, ob die Kosten für die wenigen, die diese 1.500 EUR im Jahr zahlen müssen, nicht auch von der Stadt Wien, vom Bundesland Wien getragen werden können. Es wurden auch Dinge zitiert, die die Straßenverkehrsordnung, et cetera betreffen. Das war die Frage des Anrainerparkens, bei der am Anfang die Verordnung nach Meinung der Volksanwaltschaft sehr unzureichend war, weil man auf den Zusatzschildern nur geschrieben hat: Hier ist für sechs PKW-Stellplätze Anrainerparken erlaubt. Wir haben das dann durchgemessen und haben festgestellt, an sich würden selbst bei einer großen Autogröße acht Autos hinpassen. Das wäre für uns im Bestrafungsfall schlicht und ergreifend nicht nachvollziehbar, denn welches ist dann das siebente oder achte Auto, das dort eigentlich unerlaubt stehen würde. Dazu hat an sich die zuständige Magistratsabteilung Abhilfe geschaffen, eine Verbesserung gemacht und eine aus unserer Sicht richtige, nachvollziehbare und auch kontrollierbare Verordnung erlassen, wie auch generell bei sehr vielen Beschwerden, die uns erreichen, wenn wir diese an das Land Wien, an die Stadt Wien herantragen, immer auch Kooperation gezeigt wird und Abhilfe geschaffen wird. Bei einem - unter Anführungszeichen - vielleicht skurril anmutenden Fall wurde auch zugesagt zu prüfen, wir haben es aber noch nicht erlebt. Eine Frau, die unter schweren rheumatischen Beschwerden leidet, ist, da sie in der Nähe der Donauinsel wohnt, auf die Idee gekommen, mit ihrem Mann gemeinsam ein Fahrrad zu kaufen, mit dem man auch eine Person transportieren kann. Sie würde dann mit ihrem Mann gerne Ausflüge auf die Donauinsel machen. Sie hat dann die Förderrichtlinien für diese Fahrräder gesehen. Es gibt ja die Mobilitätsagentur, die das dann auch abwickeln wird. Es ist zu begrüßen, wenn man sich eines solchen Fortbewegungsmittels bedient, es wird für Lasten und - Schrägstrich - oder Personen gefördert. Diese Frau hat sich, oh Wunder, als Person gefühlt und hat daher ein Förderansuchen gestellt: Es kam die Antwort: Na na, für Sie gibt es das nicht, denn für ein Fahrrad, das nur für den Personentransport ist - drinnen steht und/oder, also klarer geht es an sich nicht -, gibt es keine Förderung. Wir mussten dann aber feststellen, dass es sehr wohl eine Förderung gibt, wenn Kinder mit so einem Fahrrad befördert werden. Jetzt stehen wir vor dem großen Rätsel, wie jetzt bei der Stadt Wien bei der Förderung der Begriff Person ausgelegt wird. Sind Kinder die einzigen Personen, Erwachsene nicht, oder umgekehrt, sind es nur erwachsene Personen und Kinder nicht? Die Stadt hat zugesagt, diesen Fall noch einmal zu prüfen. Ich hoffe, dass dieser Fall hinsichtlich der Förderrichtlinien für die Dame gut ausgehen wird. Jetzt möchte ich zur MA 35 kommen. Es wurde Kritik an der Bundesgesetzgebung und an den Verfahren geübt. Ich muss dazu eines sagen: Nicht jede Beschwerde - und das sieht die Volksanwaltschaft - ist eine berechtigte. Es gibt durchaus Beschwerdefälle, dass Menschen zu uns gekommen sind, die gesagt haben: Was ist da los? Ich kriege nichts. Und dann bekommen wir von der MA 35 die Antwort: Wir haben denen einen Brief geschickt, sie müssen diese oder jene Unterlagen vorlegen. Und da geht es nicht um die dritte, zehnte Vorlage von immer der gleichen Unterlage, sondern tatsächlich darum, dass sie die Unterlagen nicht vorgelegt haben. Dann sagen wir denen: Ihr braucht euch nicht zu beschweren, denn ihr seid eigentlich diejenigen, die das Versäumnis begangen haben. Das ist für uns eine unberechtigte Beschwerde und führt zu keinem Missstand. Es gibt aber eben auch diese vielen anderen Fälle. Diese Zahl von zwei Drittel, die geäußert worden ist, habe ich jetzt nicht ganz verstanden. Wir prüfen Bundesbehörden, aber ich habe das jetzt so verstanden, wie wenn Österreich-weit zwei Drittel aller Beschwerden bei allen Behörden, die es gibt, nur auf die MA 35 fallen würden. Das kann nicht einmal ein Wiener Phänomen sein, denn es gibt auch andere Beschwerden und Behörden. Wie diese Zahl zustande kommt, würde ich dann gerne vielleicht noch gesondert diskutieren. So ist es jedenfalls nicht. Vielleicht wären es die zwei Drittel bei den berechtigten Beschwerdefällen in Wien insgesamt. Das könnte sein, das müsste ich mir noch einmal herausrechnen. Es sind aber dennoch sehr viele und oft sehr harte Fälle, die passiert sind. Ich möchte Ihnen aus Zeitgründen meine Erfahrungen mit der MA 35 aus meinem Zivilleben als Rechtsanwalt bei der telefonischen Erreichbarkeit ersparen. Ich möchte Sie nicht damit belasten, ich glaube, der eine Mitarbeiter, der aus der Schule geplaudert hat, hat es an sich eh klar gesagt. Der neue Leiter der MA 35 Hufgard-Leitner hat mit seiner Mannschaft auch bereits das Gespräch mit der Volksanwaltschaft gesucht und uns auch diverse Verbesserungsvorschläge gemacht. Wir sind sehr guter Dinge, dass das auch greifen wird, vielleicht auch dieses telefonische Service, damit dort für einen Antragsteller endlich auch einmal ein Mensch erreichbar sein wird. Ich möchte aber jetzt nicht aus der Vergangenheit erzählen und nur auf eines hinweisen: Es ist nicht neu, es ist nur jetzt auf einmal besonders drastisch geworden, da offensichtlich ein persönlicher Bekannter eines Medienredakteurs ein Problem gehabt hat. Dann ist diese Sache in die Medien gekommen. Die Volksanwaltschaft selbst kritisiert die MA 35 wegen schleppender Verfahren bereits seit 2015. Ich möchte abschließend auf das Jahr 2021 hinweisen, damit Sie auch dazu ein Bild haben: Die rund 300 Beschwerden, die uns 2020 erreicht haben - diesen Stand von 300 Beschwerden hatten wir bereits zu Beginn des Julis erreicht. Es wird eine ungefähre Verdoppelung der Beschwerden sein, nicht nur, was Aufenthaltstitel betrifft, jetzt ziehen auf einmal die Staatsbürgerschaftsverfahren noch mit dazu. Das heißt, es ist eine Aufwärtsbewegung, wahrscheinlich auch nicht zuletzt auf Grund der Medienberichterstattung, weil Menschen, die davon betroffen sind, sagen: Aha, bei der Volksanwaltschaft kann man sich über die MA 35 beschweren. Dann kommen sie zu uns. Manche schreiben ja auch hinein: Wir haben jetzt gehört, wenn ihr die Volksanwaltschaft beschäftigt, dann geht es schneller mit dem Verfahren. Das ist aber leider nicht richtig. Wenn jemand schon nach zwei Monaten schreibt, es dauert mir zu lange, werden wir ihm sagen müssen: Die Zeit ist sechs Monate. Wenn der Antragsteller selbst, wie ich bereits ausgeführt habe, nach den sechs Monaten mit manchen Leistungen säumig ist, dann ist es eben kein Missstand. Ich möchte nur zur Illustration ein kleines Schmankerl aus einem aktuellen Prüffall bringen. Es wurde auch die Qualifikation bei der Rot-Weiß-Rot-Karte angesprochen. Es ist jemand hier, Akademiker, Diplomingenieur, der im Jänner 2021 seinen ersten telefonischen Kontakt mit der MA 35 Staatsbürgerschaft gehabt hat und völlig ordnungsgemäß eine Check-Liste für die Antragstellung bekommen hat. Er hat dann, nachdem er alle Unterlagen beisammen gehabt hat, am 20.9.2021 angerufen beziehungsweise ein Mail geschickt: Ich habe jetzt alle Unterlagen beisammen. Wann kann ich persönlich vorsprechen, um das abzugeben und den Antrag zu erledigen? Die Antwort per E-Mail war: Wir haben den ersten freien Termin für Ihr Ansuchen um Staatsbürgerschaft - das ist nicht der 1. April, sondern der 4. - am 4.4.2022 um 8 Uhr Früh. Sie können sich vorstellen, dass selbst wir in der Volksanwaltschaft gestaunt haben, dass so eine Auskunft überhaupt möglich ist, dass es anscheinend wirklich nicht schneller geht und bei der Staatsbürgerschaftsabteilung eine Wartezeit vom 20. September 2021 bis 4. April 2022 in Aussicht gestellt wurde. Dem Fall gehen wir aktuell selbstverständlich auch nach. Ich möchte Ihnen aber absolut Mut zusprechen: Bitte tun Sie etwas in der MA 35! Sie ist bei uns tatsächlich ein Dauerbrenner und wird es immer mehr. Ich habe selbst in meiner Geschäftsabteilung zwei zusätzliche Dienstposten besetzt, die sich nur um die MA 35 kümmern. Ich bedanke mich für Ihre Geduld und hoffe, Sie bereuen es nicht, dass Sie uns als Landesvolksanwaltschaft auserkoren haben. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Herzlichen Dank für diesen Bericht. Als Zweiter zu Wort gemeldet ist Volksanwalt Werner Amon. Herr Volksanwalt, ich darf Sie um Ihren Bericht ersuchen. Volksanwalt Werner Amon, MBA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann und Bürgermeister! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es nach den Ausführungen meines Amtskollegen Dr. Rosenkranz ein wenig knapper halten, möchte aber doch auf ein paar Punkte eingehen. Wir haben uns erstmals im Jahr 2020 dafür entschieden, einen dreiteiligen Bericht der Volksanwaltschaft zu machen, nämlich die nachprüfende Kontrolle der Verwaltung, den nationalen Präventionsmechanismus zum Schutz der Menschenrechte und einen Covid-Sonderbericht. Ich glaube, es war mehr als gerechtfertigt, im Jahr 2020 einen Covid-Sonderbericht zu machen, zumal uns die Pandemie nach wie vor fest im Griff hat. Immerhin haben wir im Jahr 2020 mit über 18.000 Beschwerden ein "all time high" an Beschwerden erreicht, und davon waren gut 1.500 unter die Überschrift Covid zu subsumieren. Meine Damen und Herren, das sind immerhin 72 Beschwerden, die pro Arbeitstag in der Volksanwaltschaft einlangen. Ich glaube, es war eine unserer Amtsvorgängerinnen, Frau Abg. Korosec, eine Grande Dame, wenn ich so sagen darf, der österreichischen Innenpolitik, die auf die exzellenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Volksanwaltschaft verwiesen hat. Ich möchte wirklich sagen, wir können auf diese Expertise, die wir bei uns im Haus haben, und die Objektivität, die wir bei der Prüfung haben, stolz sein. Wenn wir jetzt zum Teil online, zum Teil in Präsenzsituationen die Berichte der jeweiligen Landtage diskutieren, dann ist es natürlich da und dort nachvollziehbar und legitim, dass sich die jeweilige Opposition einmal sachlich, einmal in diebischer Freude über den ein oder anderen Missstand äußert. Ich möchte aber ausdrücklich sagen und auch hier im Landtag betonen, meine Damen und Herren: Es ist nicht der Bericht irgendeiner Seite, es ist Ihr Bericht, denn wir agieren auch als verlängerter Arm des Wiener Landtages. Wir prüfen im Auftrag des Wiener Landtages, und es ist ein gesamthafter Bericht über die Verwaltung Wiens an den Wiener Landtag. Ich möchte für meinen Geschäftsbereich ausdrücklich betonen, dass die Zusammenarbeit mit der Magistratsdirektion und den einzelnen Abteilungen eigentlich sehr, sehr gut funktioniert. Ich muss schon sagen, Sie werden im Bericht 2020, insbesondere was das Wiener Wohnen anlangt, ein paar sehr heikle und kritische Fälle finden. Ich glaube, es war Herr Abg. Mag. Kowarik, der in seinem ersten Redebeitrag sehr detailliert auf die einzelnen Fälle eingegangen ist. In der Tat, im Jahr 2020 war die Zusammenarbeit mit Wiener Wohnen ein wenig sperrig. Ich habe dann auch das Gespräch mit dem Herrn Landeshauptmann und Bürgermeister gesucht. Adam Smith hätte wahrscheinlich gesagt, dass hier eine "invisible hand" unterwegs war, denn siehe da, im Jahr 2021 funktioniert die Zusammenarbeit mit Wiener Wohnen sehr gut. Ich möchte das ausdrücklich betonen. Herr Bürgermeister, ich möchte mich bei Ihnen auch ausdrücklich bedanken. Es hilft ja nichts! So wie es Frau Abg. Korosec gesagt hat, ist natürlich jeder Fall für sich genommen ein Einzelfall. Kollege Dr. Rosenkranz hat gesagt, es ist für die jeweilige Person wegen der unmittelbaren Betroffenheit aber der wichtigste Fall. Insofern ist die Aufgabe der Volksanwaltschaft in Ihrem Auftrag auch, gleichsam fast ein bisschen demokratiehygienisch zu arbeiten, einzelne Situationen ernst zu nehmen, die im Prüfungsaufwand einmal kleiner und einmal größer sind, in der jeweiligen Situation aber ganz einfach wichtig sind. Es ist ganz gleich, ob es jetzt der Schimmel in der Wohnung ist, ob es der Rollstuhl ist, der am Gang vor der Wohnung nicht abgestellt werden darf, ob es ein defekter Türschließer ist. Das sind natürlich Kleinigkeiten, würde man annehmen, aber im Einzelfall für die betroffene Person von großer Wichtigkeit. Herr Abg. Florianschütz, den ich auch bald, glaube ich, 30 Jahre kenne, hat gesagt, man muss in der einen oder anderen Frage an den Bundesgesetzgeber herantreten. Ja - und ich möchte betonen, wir tun das auch. Es ist zwar nicht immer der Fall, dass wir Gesetze prüfen. Ich glaube, Theresia Stoisits hat als Volksanwältin den Begriff des gesetzlichen Missstandes geprägt. Das gibt es natürlich so nicht, aber es bringt ein bisschen das zum Ausdruck, was manchmal gemeint ist. Und wir tun das ja, wenn wir einen systemischen Fehler sehen, und das sehen wir dann, wenn einzelne Fälle eben keine einzelnen Fälle mehr sind, sondern wenn sie gehäuft auftreten und in der Vollziehung offensichtlich Probleme auftreten. Dann treten wir natürlich an den jeweiligen Landes- oder eben auch Bundesgesetzgeber heran, um ihn aufmerksam zu machen, dass es erforderlich ist, eine entsprechende Adaptierung vorzunehmen. Ich darf schon sagen, dass deutlich über 90 Prozent unserer Vorschläge von den jeweiligen Gesetzgebungen auch aufgegriffen beziehungsweise übernommen werden. Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist, glaube ich, gerade für Wien als Stadt für internationale Organisationen auch interessant. Peter Kostelka war es seinerzeit, dem es im dem Jahr 2009 gelungen ist, das International Ombudsman Institute, also die globale Organisation aller Volksanwaltschaften nach Wien zu holen. Der ursprüngliche Sitz dieses 1978 gegründeten Institutes, in dem mittlerweile über 200 Organisationen aus über 100 Staaten Mitglied sind, war in Kanada. Ich freue mich, mitteilen zu können, dass wir schon in den nächsten Tagen eine Verordnung des Außenministers erwarten, wonach das IOI, das International Ombudsman Institute, zu einer internationalen Einrichtung wird, gleichsam also unmittelbar nach einer internationalen Organisation gereiht wird. Bisher waren wir eine internationale NGO, was schlicht und einfach nicht unserer Aufgabe entspricht und der Aufgabe gerecht wird, zumal es sich ja um lauter staatliche, also verfassungsrechtlich zugrunde gelegte Einrichtungen handelt. Wir bemühen uns gemeinsam mit unseren internationalen Kollegen bei den Vereinten Nationen um einen Beobachterstatus. Wir haben vor drei Wochen mit den Gesprächen begonnen und werden im nächsten Frühsommer einen diesbezüglichen Antrag bei den Vereinten Nationen stellen. Ich bedanke mich sehr herzlich beim Wiener Landtag für die wertschätzende und inhaltsreiche Debatte und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz. Wir freuen uns auch auf Ihren Bericht. Vielen herzlichen Dank. Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz: Herr Präsident! Herr Bürgermeister! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Vielen Dank für das Lob für die Berichte und auch für die lobenden Worte, die Sie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksanwaltschaft gefunden haben. Ich erlaube mir, jetzt das Lob zurückzugeben. Wir haben mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Wien nur gute Erfahrungen gemacht. Es handelt sich um äußerst engagierte und fleißige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in einem konstruktiven Dialog mit uns normalerweise versuchen, die Probleme der Menschen, die sich bei uns beschweren, auf kurzem Weg zu lösen. Ich sage das deswegen, denn wenn man unseren Bericht liest, ist das eine Aneinanderreihung von Pannen und Fehlern und man könnte glauben, da rennt ja gar nichts richtig. Das Gegenteil ist der Fall: Wien ist eine sehr gut verwaltete Stadt, und wenn Sie die Beschwerden und die Missstände, die wir feststellen, dem gesamten Verwaltungshandeln dieser Stadt gegenüberstellen, so werden Sie feststellen, dass es sich um einen sehr kleinen Ausschnitt handelt, den wir hier beleuchten. Trotzdem - und das haben meine Vorredner schon gesagt - ist das natürlich ernst zu nehmen und für die Personen, die betroffen sind, ganz, ganz wichtig. Und es ist umso ernster zu nehmen, wenn es sich um Missstände, um Fehler, um Probleme handelt, die wir Jahr für Jahr aufzeigen. Daran sind aber sehr oft nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schuld, und ich möchte das, weil die Jugendhilfe heute ein großes Diskussionsthema war, am Beispiel der Jugendhilfe ein bisschen ausführen. Wir haben schon über mehrere Jahre hinweg kritisiert, dass in Wien verhältnismäßig viele Jugendliche fremduntergebracht sind. Das liegt daran, dass die ambulante Hilfe und die Frühe Hilfe zu wenig ausgebaut sind. Jetzt müssen sie den Spagat schaffen, einerseits die derzeit schon fremduntergebrachten Kinder mit dem Ziel, sie zu ihren Eltern zurückzuführen, optimal und gut zu betreuen. Andererseits brauchen sie zusätzlich Leute, die verhindern, dass Kinder in Zukunft abgenommen werden, die präventiv tätig werden und ein Hilfsangebot in diese Richtung aufbauen. Das verschlingt natürlich doppelt Ressourcen, und diese Ressourcen müssen zur Verfügung gestellt werden. In Pandemiezeiten ist leider eher das Gegenteil zu bemerken. Die Ressourcen werden knapp, und daher sind präventive Maßnahmen nicht möglich. Daher werden wir nächstes Jahr wieder das kritisieren, was wir dieses Jahr schon kritisiert haben. Das ist ein bisschen ein Teufelskreis, den zu durchbrechen, natürlich auch der Gesetzgeber gefordert ist. Ich kann überhaupt aus Sicht der Volksanwaltschaft sagen: Alle die, die einen schlanken Staat oder in Ihrem Fall eine schlanke Stadt sexy finden, finden nicht die Zustimmung jener Menschen, die sich bei uns beschweren. In der Verwaltung hat man es mit Menschen zu tun, und wenn diese überfordert sind, wenn sie zu viel zu tun haben, dann passieren Fehler, und dann kommen die Leute zu uns und beschweren sich. Das ist in der nachprüfenden Kontrolle der Verwaltung so, und am Beispiel der Jugendhilfe habe ich schon versucht, das ein bisschen auszuführen. Viel, viel mehr merken wir das allerdings noch in allen Bereichen der präventiven Menschenrechtskontrolle. Überall dort, wo wir in einer Behinderteneinrichtung, in einer Jugend-WG, in einem Alten- und Pflegeheim schauen, ob die Menschenrechte eingehalten werden, ob die Verhältnisse so gestaltet sind, dass es zu keinen Verstößen kommt, stellen wir fest, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen personeller Ausstattung und Beschwerden über die Verhältnisse gibt. Überall dort, wo genug Personal vorhanden ist, halten sich die Beschwerden in Grenzen beziehungsweise sind es Einzelfälle, die nach einem Hinweis leicht zu beheben sind. Überall dort, wo zu wenig Personal vorhanden ist. kommt es zu systematischen und immer wiederkehrenden Verstößen, nicht, weil die Leute, die dort arbeiten, das böswillig machen, sondern weil sie einfach überfordert sind und an ihre Grenzen stoßen. Wir werden daher auch nicht müde, darauf hinzuweisen, dass gerade in diesem Bereich und im Moment vor allem in der Pflege auf eine entsprechende Personalausstattung zu achten ist. Die MA 35 wurde mehrfach angesprochen. Es wurde ja auch schon versprochen, dort mehr Personal zur Verfügung zu stellen. Ich möchte auf einen Aspekt hinweisen und Sie bitten, diesen bei der Abarbeitung des Rückstands vielleicht zu priorisieren, der von der MA 35, die eigentlich in den Geschäftsbereich des Kollegen Rosenkranz fällt, in meinen Geschäftsbereich ausstrahlt. Es gibt Menschen, die durch Fehler der MA 35, durch zu langsame Behandlung von Anträgen ihren Krankenversicherungsschutz verlieren. Wenn diese dann das Pech haben, schwerer zu erkranken, bekommen sie von einer anderen Stelle der Stadt eine saftige Rechnung. Ich hatte heuer den Fall eines Menschen, der einen Herzinfarkt erlitten hat, keinen Krankenversicherungsschutz gehabt hat, weil er gerade bei der MA 35 zwischen allen Stühlen gesessen ist, und dann von der Stadt Wien eine entsprechende Rechnung über die Behandlung des Herzinfarkts bekommen hat, die zum Glück stattgefunden hat. Wir bemühen uns jetzt, dass das irgendwie nachgesehen wird, denn der Fehler, dass er nicht krankenversichert war, ist auf die Untätigkeit der MA 35 in dem Bereich zurückzuführen. Weil sie auch öfter angesprochen wurde, möchte ich noch die Mindestsicherung kurz erwähnen, da es natürlich so ist, wie Herr Abg. Florianschütz es gefordert hat, dass wir das nicht nur in Wien thematisieren. Wir thematisieren das auch in anderen Bundesländern, und es ist leider so, dass wir dort, wo dieses Sozialhilfe-Grundsatzgesetz zu 100 Prozent umgesetzt wurde, kritisieren müssen, dass vielen Menschen, die jahrelang, weil sie es benötigen, problemlos die Mindestsicherung bezogen haben, auf einmal die Leistungen eingestellt werden. Das ist dort das Problem. Trotzdem gibt es ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und Ausführungsgesetze der Länder. Wenn das nicht zusammenpasst oder wenn die Ausführungsgesetze dann zu unerwünschten Folgen wie Kürzungen führen, muss man sich einfach in Verhandlungen begeben, denn das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz ist von den Ländern nicht änderbar. Da müssen zumindest Verhandlungen mit der Bundesregierung aufgenommen werden. Zuletzt hat aber Gesundheitsminister Mückstein schon signalisiert, dass er zu derartigen Gesprächen bereit wäre. Ich hoffe daher, dass wir diese Kritikpunkte bis zum nächsten Mal lösen können. Ein letzter Punkt zu den Heimopfern: Es gibt in unserem Land Menschen, die in ihrer Jugend in Heimen nicht gut behandelt wurden. Die Volksanwaltschaft hat im Auftrag des Parlaments die sogenannte Heimopferrente abzuwickeln, das ist eine pauschalierte Entschädigung, eine Geste der Anerkennung für Menschen, denen dort Böses geschehen ist. Wirkliche Entschädigungsleistungen, Schadenersatzzahlungen sollten die Träger der Einrichtungen bezahlen, das ist die Katholische Kirche, das sind andere kirchliche Organisationen, das sind Länder oder teilweise auch private Einrichtungen. Diese haben das auch getan und die allermeisten tun es auch noch, nur die Stadt Wien hat ab einem gewissen Punkt gesagt, wir stellen diese Entschädigungszahlungen ein. Fakt ist aber, dass sich noch immer viele Menschen bei uns melden, die in Einrichtungen der Stadt Wien untergebracht waren und bisher keine Entschädigung bekommen haben. Als positives Signal werte ich, dass der Steinhof, das Otto-Wagner-Spital, nach Intervention der Volksanwaltschaft für Leute, die dort untergebracht waren, die Entschädigungszahlungen wiederaufgenommen hat und dass wir jetzt dutzende Fälle abwickeln können. Es haben auch alle anderen Bundesländer, die vorerst eingestellt haben, diese Entschädigungszahlungen wiederaufgenommen, weil glaubhaft gemacht werden konnte, dass betroffene Menschen oft eine sehr große Hemmschwelle haben, sich zu melden, und dass es eben lange Zeit dauert, bis sie sich dazu durchringen können, sich zu melden. Ich hoffe, dass Wien für diese Menschen auch noch ein offenes Ohr finden wird und die Entschädigungszahlungen wiederaufgenommen werden. Die Menschen, die betroffen sind, hätten es sich verdient. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist somit geschlossen. Wir kommen somit zur Abstimmung des Berichtes. Ich darf jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Bericht der Volksanwaltschaft zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. - Ich stelle hiermit die Einstimmigkeit fest. Es liegen mir drei Beschlussanträge vor, die ich nun zur Abstimmung bringen darf. Beschlussantrag 1, der FPÖ-Abgeordneten Maximilian Krauss und Stefan Berger, betreffend uneingeschränkter Präsenzunterricht an den Wiener Schulen. Ich bitte alle Mitglieder des Landtages, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist nur der Antragsteller selbst. Der Antrag hat somit keine notwendige Mehrheit. 2. Antrag, ein Beschlussantrag der FPÖ-Abgeordneter Krauss und Berger betreffend Benachteiligung der zum häuslichen Unterricht angemeldeten Kinder. Ich darf auch hierbei alle Mitglieder des Wiener Landtages, die diesem Antrag die Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. - Auch hier gibt es Zustimmung beim Einbringer, bei der FPÖ. Das ist keine Mehrheit. Der Antrag ist somit abgelehnt. Der 3. Antrag ist ein Beschlussantrag der Abgeordneter Berner, Spielmann, Öztas, Margulies und Ellensohn betreffend Erhöhung des Pflegekindergeldes entlang der tatsächlichen Preissteigerungen. Ich darf alle Mitglieder des Landtags, die diesem Antrag die Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. - Zustimmung bei ÖVP, FPÖ und GRÜNEN. Das ist keine Mehrheit. Der Antrag ist somit nicht angenommen. Ich darf mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei den drei Volksanwälten bedanken, nicht nur für die Erstellung des hochinformativen Berichts, nicht nur für die Teilnahme an der heutigen Debatte, sondern vielen herzlichen Dank vom, ich glaube, gesamten Wiener Landtag für die verantwortungsvolle Tätigkeit zum Wohl der Wienerinnen und Wiener und letztendlich aller österreichischen Staatsbürger. Vielen herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.) Postnummer 2 der Tagesordnung betrifft die Lesung der Vorlage des Gesetzes, mit dem das Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz 2005 - WElWG 2005 geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Lhptm-Stv.in Gaál. Ich darf Sie ersuchen, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatterin Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die der Vorlage in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Es liegt kein Beschlussantrag vor. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Auch das ist einstimmig. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtags, die dem Gesetz in zweiter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Es bleibt einstimmig. Damit ist das Gesetz in zweiter Lesung beschlossen. Postnummer 3 betrifft die Lesung der Vorlage des Gesetzes, mit dem die Bauordnung für Wien geändert wird - Bauordnungsnovelle 2021. Berichterstatterin hierzu ist wiederum Frau Lhptm-Stv.in Gaál. Ich darf Sie ersuchen, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatterin Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál: Ich bitte auch für diesen Gesetzentwurf um Ihre Zustimmung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen diese Zusammenlegung ein Widerspruch erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Kowarik. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin und Landeshauptmann-Stellvertreterin! Meine Damen und Herren! Wir verhandeln heute eine Novelle zu unserer Wiener Bauordnung. Dieses Gesetzesvorhaben wurde auch in Begutachtung geschickt, was grundsätzlich erfreulich ist und auch notwendig war. Ich glaube, seit Ende August ist es aufgelegen. Es hat auch eine sozusagen öffentliche Begutachtung und auch eine interne Begutachtung gegeben. Die Stellungnahmen hinsichtlich der öffentlichen Begutachtung sind öffentlich einsehbar, das ist ja Sinn und Zweck einer entsprechenden Begutachtung. Es hat aber auch eine interne Begutachtung gegeben, bei der auch interessante Stellungnahmen abgegeben worden sind. Ich darf für die Zukunft anregen, dass man die Ergebnisse dieser internen Begutachtung auch den Abgeordneten grundsätzlich gleich von Anfang an zur Verfügung stellt. Ich darf mich bei den Mitarbeitern der Frau Stadträtin bedanken, dass mir diese das auf Nachfrage gleich geschickt haben. Ich glaube, es macht wohl Sinn, wenn man das aber gleich von Anfang an auch den Abgeordneten zur Verfügung stellt. Wir müssen ja hier entscheiden und haben durchaus auch Interesse, was andere Magistratsabteilungen oder sonstige Abteilungen der Stadt Wien zu dem Gesetzesvorhaben sagen. Worum geht es, meine Damen und Herren? Die Bauordnungsnovelle betrifft ja mehrere inhaltliche Bereiche. Der erste ist Bezug nehmend auf diese sogenannten Seveso-Betriebe. Das sind Betriebe, die in der Verarbeitung, Herstellung, Verwendung oder Lagerung von gefährlichen Stoffen tätig sind. Da hatten wir auch ein Vertragsverletzungsverfahren. Es ging um die Umsetzung einer Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates aus dem Jahr 2012. Es gab schon ein Mahnschreiben der Europäischen Kommission. Die Änderungen sind einerseits in einer neuen Zielbestimmung vorgesehen, in § 1 Abs. 2 Z 17. Es gibt auch Ergänzungen in zwei Bestimmungen in Bezug auf die Raumordnung und das Widmungsverfahren, § 1 Abs. 4a lit b und § 2a Abs. 6, und die Schaffung von besonderen Vorschriften für solche Betriebe in § 61a. Es war Dringlichkeit geboten, das umzusetzen. Ich werde später noch zur Beurteilung der vorgenommenen Normierung kommen. Was auch enthalten ist, ist eine Verschärfung der Verwaltungsstrafen in § 135 Abs. 3 unserer Bauordnung. Das betrifft vor allem die Strafen bei gesetzeswidrigem Abriss von Gebäuden, für die es eben keine Freigabe des Magistrates gibt. Da gibt es zumindest als Strafdrohung eine Erhöhung auf 300.000 EUR. Das ist auch ein Teilaspekt dieser Novelle. Dann werden noch einmal die Ziele der Stadtplanung ergänzt. Im § 1 Abs. 2 haben wir eine Ziffer 16. Der Schutz der UNESCO-Welterbe-Stätten findet sich jetzt auch wieder im § 1. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, ich werde noch dazu kommen. Wir haben auch eine Ergänzung, wenn man so will, im § 62a unserer Bauordnung. Das betrifft die Aufstellung von Containern, das soll vereinfacht werden in Fällen, wie wir sie gerade erleben, nämlich in Fällen von Epidemien. Und wohl das Wichtigste und das Herzstück dieser Novelle, auch wenn man es vorab so nicht vermutet hat, aber jetzt betrifft es am meisten die Einschränkungen in der Bauklasse I. Worum geht's da? Hier gibt's Änderungen in mehreren Paragraphen. Ich darf das kurz einmal ausführen, damit wir wissen, über was wir diskutieren. Ich werde nicht ins letzte Detail gehen, aber vielleicht doch, dass man sich ein bissel überlegt, worum geht's. Also § 76, das Ausmaß der bebaubaren Fläche: Hier wird im Abs. 10 eben eine neue Regelung normiert. Bis jetzt ist es ja so, dass beim Grundstück ein Drittel der Fläche bebaut werden darf, bisher aber in der Bauklasse I nicht mehr als 470 m². Das soll jetzt geändert werden. Jetzt kommen wir auf 350 m², also doch eine relativ große Einschränkung, eine massive Einschränkung, ungefähr 25 Prozent weniger möglich. Dann § 79 wird auch geändert. Er betrifft den Abstand des jeweiligen Gebäudes zu den Nachbargrenzen. Vielleicht vorweg, ich komme dann nachher noch zur Beurteilung der Änderungen, die vorliegen. Vielleicht vorweg, einfach ist die Bauordnung dadurch nicht geworden. Worum geht's? Es gibt in diesem § 79 Abs. 3 die Regelungen hinsichtlich des Abstandes zu den Nachbargrenzen, das haben wir schon gesagt. Da ist grundsätzlich vorgesehen, auch in der Bauklasse I, dass der Abstand mindestens 6 m sein muss. Aber es gab schon bisher die Möglichkeit, eben in diese Abstandsfläche zwischen Gebäudefront und Grenze, das ist die Abstandsfläche, dass man da hineinbauen darf oder hineinragen darf mit dem Gebäude. Bisher war normiert, dass in die Abstandsflächen auf höchstens die Hälfte des Abstandes, nämlich 6 m durch 2 sind also 3 m, in diese gedachte Abstandslinie hineingebaut werden darf, maximal aber 45 m². Jetzt ändert sich diese Bestimmung. Jetzt wird das gekoppelt mit der Gebäudehöhe. Wir haben jetzt die Bestimmung: In die Abstandsflächen darf mit Gebäuden in Wohngebieten der Bauklasse I in der offenen Bauweise auf höchstens die halbe Gebäudehöhe der der Nachbargrenze zugewandten Gebäudefront mit einer Frontlänge von maximal 15 m, das hat sich auch erneuert, an die jeweilige Nachbargrenze herangerückt werden, wobei der Abstand mindestens 3 m betragen muss. Und dann wird weiterhin noch wie bisher normiert, dass 45 m² eben bebaut werden dürfen. Sie sehen schon, ich habe Ihnen das vorgelesen, ich habe mir schon erlaubt anzumerken: Wirklich einfach ist unsere Bauordnung nicht geworden, wirklich lesbar für einen Nichtjuristen - oder auch für einen Juristen ist es teilweise schon sehr schwer - ist es leider nicht geworden. Das wird vielleicht auch noch, das gebe ich nur mit, eine Aufgabe sein, die zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist, aber die vielleicht auch den Landtag in Zukunft beschäftigen soll, die gesetzlichen Bestimmungen so zu machen, dass sie verständlicher werden. Wir haben dann noch im § 81 betreffend Giebelflächen beziehungsweise auch bei Dachhöhen sozusagen Änderungen vorgesehen. Wir hatten bisher, dass der oberste Abschluss des Daches keinesfalls höher als 7,5 m sein darf. Jetzt haben wir die Einschränkung, keinesfalls höher als 4,5 m. Also auch da gibt's eine Änderung in dem § 81 Abs. 1, 2 und 3. Das sind in Wirklichkeit die wesentlichen Bestimmungen, mit denen wir uns heute beschäftigen müssen. Ich darf, so wie ich es vorgetragen habe, ganz kurz eingehen auf die Änderungen und auf die Beurteilungen hinsichtlich unserer Fraktion. Seveso-Betriebe, die Änderungen habe ich schon ausgeführt, hier haben wir eine gewisse zeitliche Komponente. Wir müssen das relativ rasch umsetzen. Ich gehe davon aus, soweit ich das verstanden habe, ich geb' auch ganz ehrlich zu, ich bin auch kein Spezialist, bis ins letzte Detail sind diese Bestimmungen, die wir umsetzen, alternativlos, "es wird uns nichts anderes übrig bleiben", macht aber Sinn. Also das ist grundsätzlich in Ordnung. Tatsache ist aber, dass wir diesbezüglich einen Zeitdruck haben, vielleicht hinsichtlich der anderen Bestimmungen, die auch noch mitgeändert werden, vielleicht nicht ganz so in Zeitdruck wären. Da kann man auch anderer Meinung sein. Dann das Zweite war eben der Strafrahmen § 135 Abs. 3 Bauordnung. Hier ist doch eine sehr eklatante Strafdrohung jetzt ausgesprochen, die als Ergebnis des Begutachtungsverfahrens auch noch erhöht wurde. Das wurde dann auch noch nach oben gesetzt, betrifft jetzt 300.000 EUR. Der auf den ersten Blick enorm hohe Strafrahmen bezüglich illegaler Abbrüche erklärt sich im Endeffekt mit der derzeitig außerordentlichen Rendite, die jetzt der Immobilienmarkt hergibt. Hier soll eben verhindert werden, dass der Bauherr oder auch der Baumeister sozusagen, der es umsetzt, sagt: Es ist wurscht, diese Strafe schlucken wir und dafür geht sich das noch immer schön aus. Also 300.000, diese Strafdrohung ist aus unserer Sicht nachvollziehbar. Ich glaube, die GRÜNEN haben jetzt da mit einem Abänderungsantrag einen eklatant viel höheren Betrag vorgesehen, soweit ich es gesehen habe. Das geht vielleicht schon ein bissel, schießt aber über das Ziel hinaus, bin ich der Überzeugung. Dann kommen wir zur Schutzbestimmung § 1 Abs. 1 Z 16 neu, der Schutz der UNESCO-Welterbe-Stätten. Ja eh. Schön, dass wir das jetzt umsetzen können. Der Herr Präsident nickt auch, ja, schön. Nur eines muss uns auch klar sein, meine Damen und Herren, und ich glaube, das gehört in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich ausgesprochen: Ein bissel spät sind wir halt leider dran. Dort, wo es wirklich entscheidend gewesen wäre, Stichwort Heumarkt, dort zieht es natürlich nicht mehr. Die Sache pickt dort, also picken tut es noch nicht ganz, wie wir wissen. Aber die Einreichung ist natürlich schon viel früher geschehen, das ist dort nicht zu beachten. Hier zeigt sich halt leider Gottes, dass das bisher viel zu wenig beachtet wurde. Ich brauche Ihnen jetzt da nicht den ganzen Sündenfall ausführen. Darf ich es einmal nennen, vor allem für die GRÜNEN hinsichtlich des Heumarktes, wie es da zugegangen ist oder wen das noch immer beschäftigt, nämlich teilweise auch Gerichte. Also dafür ist es zu spät. Wir nehmen es zur Kenntnis, dass es für künftige Bauvorhaben jetzt auch zu beachten ist. § 82a Container, habe ich schon gesagt, das ist, soll so sein. Das wird hoffentlich nur betreffen oder betrifft uns hoffentlich, hoffentlich, hoffentlich nicht sehr oft. Jetzt, zur Zeit betrifft es uns halt leider. Da macht es wohl Sinn, dass man da eine rasche Möglichkeit schafft auch in unserer Bauordnung, dass man da reagieren kann drauf. Dann kommen wir zu den wesentlichen Bestimmungen hinsichtlich der Einschränkung der Bauklasse I, meine Damen und Herren. Hier wurde ja schon im Vorfeld auch medial sozusagen mitgeteilt, auch von Seiten der Frau Stadträtin beziehungsweise von der Koalition, was damit geändert werden soll oder was damit bezweckt werden soll, und es ist auch im Antrag an den Ausschuss beziehungsweise an den Landtag ausgewiesen. Ich darf zitieren: "Änderung von gesetzlichen Bestimmungen zur Wahrung des Siedlungscharakters locker bebauter Gebiete mit offener oder gekuppelter Bauweise im Wohngebiet der Bauklasse I." Also ein bissel sperrig heißt das, wird das umschrieben. Worum geht's? Es sollen sogenannte Monsterbauten im Siedlungsgebiet der Bauklasse I verhindert werden. Das ist grundsätzlich nachvollziehbar, sage ich einmal. Wir haben tatsächlich sehr viele Bereiche, wo Anrainer es als durchaus extrem störend empfinden, dass in der unmittelbaren Nachbarschaft Bebauungsbestimmungen bis zum letzten Quadrat- oder Kubikzentimeter ausgereizt werden, und dass dann vielleicht in Siedlungsgebieten, wo das nicht hinpasst, riesengroße Bauten hingestellt werden. Das ist nachvollziehbar. Dieses Problem haben wir, das ist keine Frage. Nur, meine Damen und Herren, und da komme ich jetzt zur Kritik, zur wesentlichen Kritik: Ich glaube nicht unbedingt, dass das ein Problem der Gesetzgebung ist, meine Damen und Herren. Es ist auch bis jetzt schon möglich gewesen, und zwar punktgenau für die jeweiligen Grätzl wenn man so will, entsprechend Regelungen zu treffen, die die Flächenwidmung auch einschränken. Die sogenannten Bebauungsbestimmungen geben Auskunft darüber, was man dort wirklich im konkreten Fall bebauen darf und was nicht. Ich darf Ihnen ein Beispiel, ein sehr aktuelles Beispiel dazu anführen, das im 13. Bezirk ein sehr, sehr großes Thema ist, Stichwort Napoleonwald. Sie haben das sicher alle mitbekommen, dort gibt's sehr großes Ärgernis der Anrainer hinsichtlich des Bauvorhabens, das dort eingereicht wurde. Ich glaube, das ist gerade im Verfahren, also eingereicht ist es schon geworden, und zwar nach den alten Bestimmungen natürlich, die gelten dann auch. Und was ist dort passiert, meine Damen und Herren? Darum möchte ich das noch einmal betonen, was ich vorher gesagt habe, das ist ein Problem der Exekutive und nicht in der Legislative, wenn man so will. Im Jahr 2019, 2018/2019 ist der Flächenwidmungsplan dort überarbeitet worden. Und wie es halt so ist, ist das natürlich auch im Bezirk aufgeschlagen und der Bezirk hat eine Stellungnahme abgegeben zu diesen konkreten Flächenwidmungsplänen oder zu diesen konkreten Plänen im Flächenwidmungsplan dort vor Ort beim Napoleonwald. Es war damals schon klar - ich weiß nicht, wer es weiß, dort war ein Gasthaus, das sehr beliebt war und das war grundsätzlich auch Ansinnen des Bezirkes, dass das dort erhalten werden soll und dort keine Monsterbauten hinkommen, um das mal so salopp auszudrücken. Darum hat der Bezirk einstimmig, soweit ich weiß, bitte berichtigen Sie mich, ich glaube, der Bezirk hat einstimmig in der Stellungnahme festgestellt, dass die vorgesehenen, vom Magistrat vorgesehenen Flächenwidmungsbestimmungen beziehungsweise Bebauungsbestimmungen dort so nicht umgesetzt werden sollen. Also der Bezirk hat schon gewusst, und zwar so, wie ich das vernommen habe, parteiübergreifend haben die gewusst, was sie nicht wollen. Was ist geschehen, leider Gottes? Jedenfalls mit rot-grüner Mehrheit, weil das war damals noch die Regierungsmehrheit, wurde beschlossen, ich weiß nicht, wer da noch mitgestimmt hat, bei den NEOS bin ich mir nicht sicher, ich weiß, dass ÖVP und FPÖ dagegen gestimmt haben, wurde genau das gemacht, was wir heute sanieren wollen, was aber zu spät ist für den konkreten Fall. Nämlich, es wurden der Flächenwidmungsplan, die Bebauungsbestimmungen so umgesetzt, wie sie jetzt gelten. Was sie dort ermöglichen, wird als störend empfunden und ist auch nachvollziehbar. Ich weiß nicht, über 3.000 m² Nutzfläche, glaube ich, soll dort hingestellt werden, mehrere Ebenen. Also das ist dort wirklich, auch aus meiner Sicht, zu kritisieren. Aber, meine Damen und Herren, da ist jetzt nicht der Gesetzgeber daran schuld, sondern der Gemeinderat. Der Gemeinderat legt fest die Flächenwidmungs- und die Bebauungsbestimmungen. Der Gemeinderat hätte es in der Hand gehabt, die Bebauungsbestimmungen so zu regeln, dass dort eben kein Monsterbau hingestellt werden kann. Hat er verabsäumt, hat er verabsäumt. Jetzt sollen wir gesetzliche Bestimmungen ändern, was eigentlich nicht einzusehen ist, weil es wäre Aufgabe, wie gesagt, des Flächenwidmungsplangebers, also des Gemeinderates - Verwaltungsorgan, wenn man so will -, die entsprechenden Regelungen rechtzeitig, und zwar grätzlspezifisch festzulegen, und am besten unter Berücksichtigung der Einwendungen des Bezirkes, und am besten auch unter Berücksichtigung des Siedlungscharakters vor Ort, und am besten unter Berücksichtigung auch soweit wie möglich der beteiligten Bürger oder der betroffenen Bürger vor Ort. Das ist ja grundsätzlich vorgesehen. Nur leider, muss man feststellen, stelle ich einmal fest, hat der Gemeinderat dort genau das Falsche verordnet, genau das Falsche verordnet zumindest aus Sicht von, ich glaube, es sind hunderte Leute vor Ort, auch der FPÖ. Und ich glaube, da gibt es andere Parteien, die das auch so sehen. Das war jetzt kein Gesetzgebungsthema, sondern ein Verordnungsthema. Dieses Plandokument 8230, um welches es da geht, war vom 23.5.2019. Ja, das sind jetzt zweieinhalb Jahre her, knapp zweieinhalb Jahre her und jetzt haben wir am Tisch eine Gesetzesnovelle, wo man sagt: Na ja, die Bauklasse soll überhaupt eingeschränkt werden. Das halte ich für den falschen Zugang. Es liegt in der Verantwortung des Verordnungsgebers, des Gemeinderates, wirklich entsprechend spezifische Bebauungsbestimmungen festzulegen. Das kann der Gesetzgeber nicht. Der Gesetzgeber muss generelle Normen schaffen. Ein Flächenwidmungsplan ist grundsätzlich auch eine generelle Norm, aber trotzdem individualisiert auf das jeweilige Gebiet. Was ist noch eine Kritik von uns hinsichtlich dieser Bestimmungen? Es gibt keine Übergangsbestimmungen. Das wurde auch von mehreren Seiten kritisiert. Das heißt, wenn man so will, über Nacht gelten die Regelungen, also mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag. Ich weiß nicht, wann es kundgemacht wird, morgen wahrscheinlich, also dann übermorgen gilt es. Die Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin bestätigt das. Das heißt, über Nacht sozusagen verlieren etliche Grundstücke und etliche Liegenschaften in Wien massiv an Wert, weil das muss man schon auch feststellen, das ist natürlich eine extreme Eigentumseinschränkung, ja. Ich hab's schon versucht, das anzuführen, da geht's schon um was, was ja einerseits verständlich ist aus der Intention, aber andererseits natürlich für den Betroffenen selber. Und ob das jetzt ein Privater oder Bauträger ist, das ist schon eine enorme Einschränkung seines Eigentums. Wie gesagt, Kritik war, dass das jetzt nicht von heute auf morgen - es stimmt schon, es hat eine Begutachtung gegeben, aber trotzdem ohne Übergangsbestimmungen und wird jetzt, wie gesagt, in zwei Tagen tatsächlich dann Gesetz und soll gelten. Ein bisschen kurios, darf ich dazu anführen, war die Stellungnahme der MA 37, die im Antragstext auch ausgeführt wurde. Die MA 37 hat sich da dazu hinreißen lassen, also ich darf vorlesen: "Vor dem Hintergrund, dass sich diese Änderungen auf Wohngebiete der Bauklasse I beziehen, nicht so schwerwiegend sind," - na ja - "dass es im Regelfall zu gravierenden Einschränkungen kommt und in diesen Gebieten die Projektplanungsdauer laut Rücksprache mit der MA 37 in der Regel bei zwei Monaten liegt, bewegt sich diese Änderung innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsraumes des Gesetzgebers." Also das Letzte "es bewegt sich innerhalb des Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers" - nur trotzdem, ob es gescheit ist, ist die andere Frage. Ich sage, nein. Jeder, der selber gebaut hat, weiß, dass zwei Monate vollkommen lächerlich sind als Planungsphase. Also zwei Monate sind natürlich viel zu wenig, und da sage ich schon: Hier hätte der Wiener Landtag oder würde es dem Wiener Landtag gut anstehen, Übergangsregelungen zu beschließen, wo es nur fair ist, sag' ich einmal, allen Betroffenen auch die Möglichkeit zu geben, dementsprechend zu reagieren. Wie die MA 37 auf zwei Monate kommt, weiß ich nicht. Ich hab's im Ausschuss angesprochen, da konnte mir das auch nicht konkret dargelegt werden, was ich versteh'. Interessant wird sein, meine Damen und Herren, und das ist ja absehbar und ist ja kein Geheimnis, wie viele Baueinreichungen jetzt bis übermorgen bei der MA 37 eintrudeln. Das werden nicht wenige sein, was verständlich sein wird, weil alle, die einen Plan oder ein Vorhaben haben, wollen das natürlich noch nach der alten Gesetzeslage umgesetzt haben. Also es wird spannend sein, wie viele Punkte dann oder wie viele Anträge bei der MA 37 hinsichtlich Baubewilligungen in diesen Gebieten eintrudeln werden. Wir werden das aufmerksam verfolgen. Noch einmal: Fairer wäre es gewesen, hier jedenfalls vernünftige Übergangslösungen einzuführen. Es gibt leider keine. Man muss auch noch eines dazu sagen, vielleicht ein weiterer Kritikpunkt: Natürlich bedeutet die geringere Bebaubarkeit und Bebauungsmöglichkeit in diesen Geländen, in diesen Gebieten, dass das Wohnen natürlich auch tendenziell teurer wird. Das ist ganz klar, meine Damen und Herren. Also wenn man weniger Raum hat zum Bebauen, na, dann wird der Raum teurer. Das sagen nicht nur wir, das sag' nicht nur ich jetzt hier am Rednerpult, das ist auch in den Stellungnahmen ablesbar. Es wird sogar von der Magistratsabteilung oder von der Frau Stadträtin zugegeben oder eingestanden, dass es eben hier eine Abwägung von verschiedenen Rechtsgütern gibt und man es, salopp gesagt, nicht allen recht machen kann, mag sein. Aber an und für sich ist ja die Tendenz oder ist das Problem, mit dem wir in Wien konfrontiert sind, tatsächlich, dass das Wohnen immer teurer wird. Ich werde dazu noch ein paar Anträge im Nachhang zu den Erörterungen über die Bauordnung einbringen. Aber das ist natürlich ein negativer Effekt, den man sehen muss und feststellen muss. Ich darf dazu vielleicht auch einen zitieren, der es wirklich wissen muss, er ist in diesem Haus kein Unbekannter, Prof. Geuder, der in einer Stellungnahme in der "Wiener Zeitung" im September dieses Jahres schon festgestellt hat, ich darf zitieren: "Es darf nämlich einerseits auch eines nicht übersehen werden: Wenn die bebaute Fläche von 470 auf 350 m² reduziert wird, verteuert das für Familien, die in eine solche Mehrfamilienvilla einziehen wollen, den notwendigen Aufwand extrem." Also kein Geheimnis, das ist halt so, das wird in Kauf genommen. Wir halten es in der Gesamtschau dieser Novelle für nicht korrekt. Es ist auch systemwidrig, diese Änderung der Bauklasse I. Und auch da darf ich wieder Prof. Geuder zitieren, der in diesem besagten Artikel auch auf die geschichtliche Entwicklung der Bauordnung eingegangen ist und wie diese Bauklasse I damals verstanden wurde vom damaligen Gesetzgeber. Er nimmt auch darauf Bezug, dass die Gartensiedlungsgebiete explizit geschaffen worden sind als Einfamilienhausbauklassen sozusagen, ja. Also wenn man das dort will, dann muss man es halt anders widmen. Das geht ja bisher auch schon, ist ja auch in Wien ein sehr, glaube ich, praktisches und gutes Instrument, diese Gartensiedlungsgebiete. Das ist ja sehr weit verbreitet und hat sich aus meiner Sicht zumindest durchaus bewährt. Er schreibt: "Es wurde damals bewusst das Gartensiedlungsgebiet geschaffen als Baulandbegriff mit Erleichterung hinsichtlich der Aufschließung, aber mit Einschränkung bei der Bebaubarkeit. Das war für Wien das neue baulich beschränkte Haus als Einfamilienhaus." Also die Möglichkeit gibt's jetzt auch schon. Und er schreibt dann weiter: "Die bestehende Regelung, die politisch bewusst vom teuren Einfamilienhausbau abging und zum Mehrfamilienhaus in der Bauklasse I ging, hat damals schon die finanzielle Situation und das Weg vom Zins und von der Zinskaserne erkannt." Also er sagt, das war damals ein, wenn man so will, ursozialdemokratisches Anliegen, dass man eben auch die Möglichkeit gibt, im Mehrfamilienhaus, aber nicht im Zinsbunker sozusagen eine Wohnung zu erwerben und dazu die Bauklasse I so definiert wurde. Also man sieht, jetzt versucht man, da irgendwie was hineinzuinterpretieren in die Bauklasse I, was also historisch gar nicht sein sollte, auch das ein Kritikpunkt. Zu guter Letzt, meine Damen und Herren, auch eine Sache, die uns eigentlich solange ich ... Also soweit ich mich zurückerinnern kann hier in diesem Haus, war auch sehr oft von der innerstädtischen Nachverdichtung - das war vor allem auch ein Stichwort des Herrn Kollegen Chorherr damals noch, das war eines seiner Lieblingsschlagworte, die innerstädtische Nachverdichtung, das war ganz wichtig. Da sagt man, man möchte nicht mehr Ressourcen verbrauchen, man möchte nicht noch weiter flächig bauen, man möchte das, was vorhanden ist an Fläche, besser ausnutzen und wo möglich in die Höhe bauen und besser verwenden. Das steht natürlich, das geb' ich schon zu, im diametralen Widerspruch zu dem, was mit dieser Bauordnungsnovelle versucht wird. Aber trotzdem, ich darf es nur anmerken, dass das bis jetzt, also zumindest bis vor gar nicht allzu langer Zeit von der Wiener Stadtregierung da durchaus eine Idee war oder ein Anliegen war, das natürlich hier konterkariert wird, das ist ganz klar. Also genau das Gegenteil soll passieren: Es soll kleinvolumiger gebaut werden, größere Abstände, durchaus nachvollziehbar, nur, es passt nicht ganz zusammen und man könnte es anders machen. In dem Zusammenhang möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten und das war in diesem internen Begutachtungsverfahren eine Stellungnahme vom Klimarat der Stadt Wien, wo eben festgestellt wird, dass diese Novelle eine Gratwanderung ist - also sie haben es eh schön umschrieben - und festhält, ich darf auch zitieren: "Gleichzeitig muss festgehalten werden, dass durch derartige Bestimmungen die Bemühungen für besonders kompakte und damit flächeneffiziente Siedlungsformen erschwert werden und diesem Bemühen in Teilen sogar entgegen stehen." Ja, also eine relativ deutliche Sprache des - ich glaube, der Klimarat ist jetzt nicht in Verdacht, irgendwie der freiheitliche Pressedienst zu sein. Aber das sollte man schon auch berücksichtigen bei dieser Novelle, dass dieses bisherig propagierte Ziel der Stadtregierung mit dieser Bauordnungsnovelle konterkariert wird. Also das sollte man aussprechen und bei seinen Überlegungen berücksichtigen. Meine Damen und Herren, das sind die Gründe, warum wir dieser Bauordnungsnovelle nicht beitreten werden. Aus unserer Sicht wurde eines vergessen oder vielleicht - wir hören ja immer wieder, dass es nächstes Jahr auch eine Bauordnungsnovelle geben soll oder jetzt noch in dieser Periode, sag' ich mal. Schauen wir mal, ob das nächstes Jahr wird oder wann es auch immer sein soll. Also in dieser Periode soll es noch eine größere Bauordnungsnovelle geben. Da hätte das eigentlich ganz gut dazu gepasst, das sage ich ganz ehrlich, damit man das auch breiter diskutieren kann und in einer Gesamtschau zu den sonstigen Themen behandeln kann, die halt jetzt dann noch anstehen. Was jetzt jedenfalls nicht vorgekommen ist, was aus meiner Sicht aber ganz dringlich ist und was die freiheitlichen Abgeordneten in diesem Haus auch schon immer betont haben - ich darf da auch meinen Kollegen Pawkowicz zitieren oder in Erinnerung rufen, der das ja oft und oft angeführt hat -, was hier nicht vorgesehen ist in der Bauordnungsnovelle, ist der dringend notwendige Ausbau von Nachbarrechten insbesondere bei Hochhausprojekten, also in der Bauklasse VI. Da bewegen wir uns noch gar nicht, da gibt's nichts, obwohl das ja - ich meine, ich sag' nur wieder das Stichwort Heumarkt - ein effektives Problem ist, dass diese Nachbarrechte hier viel zu kurz gesehen werden oder viel zu gering ausgestattet werden. Da wäre es wirklich an der Zeit, eine Novelle zu treffen. Ich darf das nur mitgeben und hoffen, dass das bei den entsprechenden neuen Überlegungen auch ein Thema sein wird. Ich hab's auch schon gesagt und das darf ich auch mitgeben: Vereinfacht ist unsere ohnehin nicht ganz einfache Bauordnung durch die neuen Bestimmungen auch nicht geworden. Es ist schwer, daran zu feilen, aber es würde sich wohl auszahlen, sich damit zumindest zu beschäftigen. Meine Damen und Herren, das waren die Ausführungen zur Bauordnung. Ich möchte auch noch kurz die Gelegenheit ... Ich darf mir natürlich noch anhören, was die Kolleginnen und Kollegen da dazu sagen werden. Wir haben uns ja vorbehalten, wir haben ja zwei Wortmeldungen und werden vielleicht das eine oder andere dann in der Diskussion sagen. Ich darf aber auch die Gelegenheit nutzen und noch drei Beschlussanträge einbringen, die jetzt nicht im unmittelbaren Bereich mit der Bauordnung, aber trotzdem auch mit dem Wohnbau in Zusammenhang stehen. Der eine Beschlussantrag betrifft die steuerlichen Erschwernisse im Bereich der Eigentumsoption im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Das ist ein Bundesthema, wir dürfen das hier anregen. Wir bitten den zuständigen Landeshauptmann, hier beim entsprechenden Minister, nämlich beim Finanzminister, einzuschreiten und hier zu intervenieren. Es geistert auch in letzter Zeit immer wieder die sogenannte Leerstandsabgabe herum als angebliche Möglichkeit, darf ich es einmal aussprechen, um Wohnraum zu mobilisieren. Wir sind dem sehr kritisch gegenüber. Ich glaube, dass mit so einer Leerstandsabgabe spekulative Investitionen durch internationale Konzerne nicht unterbunden werden können. Ich glaube eher, dass das für eher kleinere Anleger oder einfach Besitzer ein Problem sein kann, dass hier eine Leerstandsabgabe am Ziel vollkommen vorbeigeht. Wir haben ja auch das Problem Bund/Land: Wer ist da jetzt zuständig? Da gibt's mehrere Meinungen dazu. Also wir als Freiheitliche Fraktion sind da sehr kritisch und wir wollen, dass sich der Landtag gegen die Einführung einer Leerstandsabgabe ausspricht. Ich gehe davon aus, dass wir da mit der Meinung leider in der Minderheit bleiben werden. Ich darf in dem Zusammenhang auch ganz kurz den Flop anmerken, den Berlin mit einer anderen Sache erlebt hat, wo man auch geglaubt hat, Wohnbau mobilisieren zu können. Die rot-rot-grüne, also dunkelrot-grüne Stadtregierung oder Landesregierung in Berlin hat mit dem Mietendeckel genau das Gegenteil bewirkt und hat es inzwischen, glaube ich, auch eingesehen. Also bitte da sehr kritisch zu sein und sich das gut zu überlegen, was man da für Einschränkungen für Eigentümer umsetzen will. Was ich auch noch einbringen will ganz kurz zuletzt, was wirklich, glaube ich, die Preistreiberei in Wien ein bisschen einschränken würde, wäre endlich, endlich, endlich eine Adaptierung des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes. Hier gibt's ja mehr oder weniger nicht wirklich eine Bestimmung für Drittstaatsbürger oder, besser gesagt, da gibt's nicht wirklich eine Einschränkung für juristische Personen, Personengesellschaften, die in Wirklichkeit wirtschaftlich Drittstaatspersonen zuzurechnen sind. Es gibt ganz, ganz leichte Möglichkeiten, das auszuheben. Also das ist eine Schachtelkonstruktion mit zwei GesmbHs untereinander und man ist Inländer. Oder auch ein Share Deal ermöglicht es hier ganz, ganz, ganz einfach, wie gesagt auch ausländischen Investoren, in den Wiener Markt zu kommen. Und genau das sollte ja verhindert werden. Also hier fordern wir nicht zum ersten Mal auf und wir haben auch hier schon ganz, ganz, ganz konkrete Gesetzesvorhaben eingebracht. Im Zuge einer Gesetzesnovelle des Ausländergrunderwerbsgesetzes haben wir das schon eingebracht. Es wurde auch vor der Wahl, da gibt es einen Pressetext von Bgm Ludwig, wo er genau das sagt, dass das jetzt angegangen wird. Ich habe davon bis jetzt nichts mehr gehört, leider Gottes. Also das wäre eine Möglichkeit, wo man tatsächlich tätig werden kann und sollte. Ja, meine Damen und Herren, so viel dazu. Ich darf noch einmal zusammenfassen: Viele Bestimmungen, die geändert werden, sind in Ordnung. Die Einschränkungen in der Bauklasse I sind so aus unserer Sicht allerdings nicht zu akzeptieren. Wir werden daher der Bauordnungsnovelle nicht zustimmen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Arapovic. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Landeshauptmann-Stellvertreterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich muss ehrlich sagen, ich freue mich, dass wir diesen Entwurf der Änderung der Bauordnung vor uns liegen haben und hoffentlich heute auch zum Beschluss bringen werden. Herr Kollege Kowarik hat das wirklich sehr ausführlich dargestellt, worum es hier geht. Ich werde mich eher kürzer halten und möchte irgendwie schauen beziehungsweise mich auf die Punkte fokussieren: Worum geht's eigentlich in all diesen Punkten, die die Änderungen betreffen? Wenn man sie unter einen Nenner stellen würde, all diese Punkte, die jetzt in der Bauordnung geändert werden, würde dieser Nenner "der Schutz" heißen. Den Schutz des Welterbes haben wir uns angeschaut, den Schutz vor illegalen Abbrüchen, den Schutz für Leben und Gesundheit und den Schutz der Grünräume vor Versiegelung. Ganz besonders und an erster Stelle möchte ich die nun explizite Aufnahme des Schutzes der UNESCO-Welterbe- Stätte in ihrem außergewöhnlichen universellen Wert in die Ziele der Stadtplanung erwähnen. Ich glaube, der Herr Präsident ist auch recht froh darüber, das war jetzt ein langes, langes Anliegen auch von uns NEOS. Wir entsprechen auch nicht nur den Anforderungen der Welterbe-Kommission. Dadurch heben wir tatsächlich auch den Schutz des Welterbes in Wien auf die nächste höhere Stufe und das ist schon mal ganz, ganz gut und sehr zu begrüßen. In eine ähnliche Richtung geht es weiter mit dem Einführen der Geldstrafen zum ersten Mal für den illegalen Abbruch von Bauten, die vor 1945 entstanden sind beziehungsweise sich auch in Schutzzonen befinden. Strafrechtlich verantwortlich für diese Abbrüche sind sowohl die Eigentümerinnen und Eigentümer, die Bauwerberin und der Bauwerber, aber auch die Bauführerin beziehungsweise der Bauführer. Der Schaden, der durch diesen illegalen Abbruch für unser Gemeinwohl entstehen kann, ist eigentlich recht groß und tatsächlich unwiederbringlich. Daher finde ich es auch recht begrüßenswert, dass nun auch die verwaltungsstrafrechtlichen Folgen bei dieser Straftat angehoben werden, spürbar sind, und hoffentlich dadurch viele von dieser Tat auch in Zukunft abschrecken werden. Was mich besonders freut, ist, dass wir in der Begutachtungsphase auch die vorgesehenen Strafen, Mindeststrafe und Höchststrafe, 20.000 beziehungsweise 200.000 bei der Höchststrafe, auf 30.000 bei der Mindeststrafe beziehungsweise auf 300.000 bei der Höchststrafe anheben konnten. Beim Schutz von Gesundheit und Leben geht es um die Umsetzung der sogenannten Seveso-Richtlinie der EU, die schon längst hätte passieren sollen. Jetzt holen wir das nach, das ist ganz wichtig. Was sind die Seveso-Betriebe? Das sind die Betriebe, in denen sich schädliche Stoffe befinden, gefährlich für das Leben und die Gesundheit, die Mengenschwellenwerte auch überschreiten. Nun ist es so, dass ab jetzt für den Neu-, Zu- und Umbau dieser Betriebe eine Bewilligung erteilt wird, wenn diese auch erhebliche Erhöhungen des Risikos oder der Folgen eines schweren Unfalls ausschließen beziehungsweise auch abwenden können. Der traurige Anlass für diese Richtlinie war der sich 1996 ereignete schwere Chemieunfall in der Gegend von Seveso in Norditalien. Um diese und ähnliche Unfälle in weiterer Folge auf der EU-Ebene zu verhindern, ist diese Richtlinie eigentlich eingeführt worden. Dadurch ist es wirklich notwendig, dass wir sie auch in unsere Gesetzgebung implementieren. Und jetzt komme ich zur Bauklasse I und zu diesen Einschränkungen. Ein großer Teil dieser Einschränkungen bezieht sich darauf: Wie können wir wertvolle, tatsächlich wertvolle Grünräume, wertvolle auch Lebensumgebung vor zusätzlicher Bebauung schützen? Dazu gibt es mehrere Maßnahmen, die zusammengefasst wurden und die wir jetzt ändern werden. Einerseits, wie schon vorher erwähnt, soll die bebaubare Fläche pro Grundstück von 470 m² auf 350 reduziert werden. Dabei bleibt aber die maximale Bebauung von einem Drittel pro Grundstück weiterhin erhalten. Durch die Abstandsregeländerung, wo zum ersten Mal auch die Gebäudehöhe eine wesentliche Rolle spielt bei den Abständen zu den Nachbargrundstücken, wollen wir verhindern, dass schluchtartige Räume entstehen, und dass einfach lichtdurchflutete und besser nutzbare Flächen zwischen den einzelnen Gebäuden bleiben. Das sind die zwei Regelwerke, die die Bebauung einschränken sollen, die bebaute Fläche einschränken sollen. Und dann geht es aber auch in die Höhe, es geht um die Volumina. Bis jetzt gibt es die Regel, dass 100 m² der Giebelfläche pro Gebäude zur Gebäudehöhe nicht dazugerechnet werden. Das ist jetzt für alle Bauklassen gleich. Diese 100 m² Fläche sind natürlich in der Wahrnehmung ganz anders, wenn ich von der Bauklasse III, von der Bauklasse II, IV oder I spreche. Daher finde ich es wirklich sinnvoll, dass wir hier diese Flächen um die Hälfte reduzieren und sagen, in der Bauklasse I sollen ab nun nur 50 m² pro Gebäude von der Giebelfläche nicht zur Gebäudehöhe dazugerechnet werden. Alles darüber hinaus wird einfach zur relativen Gebäudehöhe dazugerechnet und spielt natürlich eine Rolle. Dadurch und auch durch die Einschränkung der Firsthöhe wird auch auf das Volumen der Baukörper eingewirkt. Dadurch sollen sich diese neuen Bauwerke besser in die bereits bestehende bebaute Umgebung einfügen. Wenn wir von der Nachverdichtung sprechen, Nachverdichtung ja und die ist absolut notwendig, vor allem in einer Stadt wie Wien, die wächst. Der Bedarf an neuem und leistbarem Wohnraum wird tatsächlich größer. Aber die Nachverdichtung soll aus unserer Sicht dort stattfinden, wo sie auch Sinn macht, wo vorhandene Infrastruktur besser genutzt werden kann beziehungsweise wo wir auch planen, die vorhandene Infrastruktur auszubauen. Das betrifft den Nahversorger, das betrifft die sozialen Einrichtungen, die Erschließungen mit dem öffentlichen Verkehr und vieles andere mehr. Daher ist es nicht an der Zeit, es spricht auch nichts dafür, dass wir dort nachverdichten, wo es für vierköpfige Familien in Zukunft notwendig wird, dass sie auch zwei Autos besitzen, um den Alltag zu meistern. Das ist nicht die Richtung, in die wir uns entwickeln wollen als Wien, sondern wir müssen wirklich schauen, diese Nachverdichtungen sinnvoll innerstädtisch zu ermöglichen und, ja, in gewissen Bereichen auch einzuschränken. Daher finde ich es recht begrüßenswert, dass wir diese Änderung der Bauordnung jetzt auf den Weg bringen und hoffe auf breite Zustimmung. Danke schön. Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Prack. Ich erteile es ihm. Abg. Georg Prack, BA (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde mich in meiner Rede auf den Bereich des schützenswerten Altbaubestandes konzentrieren. Auf die anderen Bereiche wird dann meine Kollegin Heidi Sequenz noch genauer eingehen. Schützenswert ist dieser Altbaubestand nicht nur wegen des Schutzes des Stadtbildes. Dieser Altbaubestand unterliegt auch dem Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes und ist damit ein wesentlicher Beitrag zum leistbaren Wohnraum in unserer Stadt. Die Bauordnungsnovelle, die vorliegt, ist in dieser Frage sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Angesichts der Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, ist sie aber auch nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Angesichts der um sich greifenden Spekulation mit Wohnraum braucht es ein mutiges, ein weitsichtiges, ein couragiertes Vorgehen. Hinter diesem Anspruch bleibt die vorliegende Novelle aus unserer Sicht zurück, sehr geehrte Damen und Herren. Was sind die Herausforderungen? Eine aktuelle Studie, brandaktuell Ende Oktober herausgekommen, des Instituts für Stadt- und Regionalforschung zeigt das Problem deutlich auf. Erstmals ist dort der Rückgang von Zinshäusern in unserer Stadt erhoben worden. 2007 hat es in Wien 17.829 Zinshäuser gegeben. Seither hat der Bestand um sage und schreibe 2.117 Zinshäuser abgenommen 2.117 Zinshäuser, also nicht Wohnungen, sondern Zinshäuser, das entspricht einem Rückgang von 11,9 Prozent. Über 400 Zinshäuser, also 20 Prozent, wurden in diesem Zeitraum abgerissen. Der Rest, die 80 Prozent, wurden in Eigentumswohnungen umgewandelt. Die Spekulation mit Gründerzeithäusern und anderen vor 1945 errichteten Altbauten ist leider zu einem lohnenden Geschäft geworden, und das, obwohl ein solches Vorgehen in vielen Fällen gegen die geltende Gesetzeslage verstößt. Warum ist das so? Widmen wir uns zunächst dem Thema Abriss. Einerseits wird durch den Abriss ein Bauplatz frei, auf dem in der Regel mehr Wohnungen errichtet werden können als im Altbestand, häufig auch noch in zentraler teurer Lage. Und andererseits fallen die Wohnungen, die dann als Neubau errichtet wurden, nicht in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes. Die Wohnungen können also entweder teuer vermietet oder noch viel teurer verkauft werden. SpekulantInnen, die ein Haus verfallen lassen, es abreißen und einen Neubau errichten, profitieren also massiv. Die Stadt wiederum verliert durch den Abriss viele leistbare Mietwohnungen, und ein schützenswertes Stadtensemble geht immer weiter verloren. Das heißt, statt preisgeschützten Mietwohnungen werden teure Miet- oder Eigentumswohnungen errichtet, und dieses Geschäftsmodell müssen wir unterbinden, sehr geehrte Damen und Herren. Der Abriss von schützenswerten Altbauten wurde durch die Bauordnungsnovelle 2018 unter Rot-Grün zwar sehr deutlich erschwert, die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre haben aber gezeigt, dass die bisherige Regelung noch nicht ausreicht, um diese Form der Spekulation nachhaltig zu bekämpfen. Die in der Novelle vorgeschlagenen Geldstrafen für den teilweisen oder vollständigen Abriss eines Gebäudes ohne Bewilligung liegen zwischen 30.000 und maximal 300.000 EUR. Es sei hier festgehalten, wir teilen die Absicht, die hinter der Einführung dieser Geldstrafe liegt. Die Strafdrohung ist aber verglichen mit dem erwartbaren Spekulationsgewinn viel zu niedrig, um eine abschreckende Wirkung zu entfalten. Das haben auch Arbeiterkammer und Bezirksvorstehung Landstraße im Begutachtungsverfahren kritisiert. Deswegen ist die Strafdrohung vom Begutachtungsentwurf zum jetzt vorliegenden Gesetzesentwurf auch erhöht worden. Aber Sie wissen alle, welche absurden Preise für den Verkauf von Wohnungen derzeit in Wien erzielt werden. Die zu erwartenden Spekulationsgewinne können schon beim Verkauf nur einer einzigen hochpreisigen Eigentumswohnung die Strafobergrenze übersteigen. Bei Abbruch eines Mehrparteienhauses übersteigen die Spekulationsgewinne definitiv die Höchststrafe um ein Vielfaches. Und diese Höchststrafe zahlen ImmobilienspekulantInnen aus der Portokassa. Wir fordern daher, die Erhöhung der Mindeststrafe auf 75.000 EUR und der Höchststrafe auf 750.000 EUR, sehr geehrte Damen und Herren. Einen entsprechenden Abänderungsantrag werde ich nachher einbringen. Meine Kollegin Heidi Sequenz wird später noch einen Antrag einbringen, der die Streichung der wirtschaftlichen Abbruchreife fordert. Auch das wäre ein wichtiger Schritt, um Altbauten zu schützen und den Abriss von Altbauten zu bekämpfen. Die Zinshäuser sind nicht irgendwelche Wohnungen, sie sind eine wesentliche Säule des leistbaren Wohnens in Wien. Gerade für die Menschen, die neu nach Wien ziehen, sind sie oft das erste Zuhause in unserer Stadt. Deshalb ist es wichtig, dass wir gegen den Abriss, aber auch gegen die schleichende Zweckentfremdung dieser Wohnungen vorgehen. Da komme ich jetzt zum zweiten Punkt. Wir haben in der Bauordnungsnovelle 2018 auch die gewerbliche Vermietung von Wohnungen zu kurzfristigen Beherbergungszwecken in Wohnzonen verboten. Das heißt, dieser lange Begriff steht für das Kerngeschäft Airbnb & Co. Leider wird dieses Verbot nicht sehr konsequent verfolgt, zumindest hat es auch der Rechnungshof in seinem Bericht festgestellt. Es hat sich auch gezeigt, dass das Verbot einige schwerwiegende Lücken hat, meine sehr geehrten Damen und Herren. Eine besonders schwerwiegende Gesetzeslücke möchte ich Ihnen hiermit zur Kenntnis bringen, damit sie so rasch wie möglich beseitigt werden kann. Eine Ausnahmebestimmung in der Bauordnung ermöglicht die gewerbliche Nutzung für kurzfristige Beherbergungszwecke in Wohnzonen, wenn zugleich anderer Wohnraum in räumlicher Nähe in zumindest gleichem Ausmaß geschaffen wird. Diese Ausnahmebestimmung, sehr geehrte Damen und Herren, muss so rasch wie möglich gestrichen werden. Ich will Ihnen das an einem Beispiel deutlich machen. In einem Gebäude in der Sonnenfelsgasse 7 in der Inneren Stadt wurden bereits bisher mutmaßlich rechtswidrig Wohnungen über Plattformen wie Airbnb, Booking.com & Co vermietet, und das, obwohl das Gebäude in einer Wohnzone liegt. Die GRÜNEN haben deshalb am 1. Juli auch Anzeige bei der MA 37 erstattet. Gleichzeitig wurde vom Eigentümer ein Antrag auf Ausübung des Gewerbes Beherbergungsbetrieb bei der Behörde gestellt. Das Ergebnis ist, am 8.11. wurde eine Baubewilligung erteilt. Die Umwandlung von Wohnungen in Apartments wird also durch die Stadt genehmigt. Die Bewilligung wird damit begründet, dass Ersatzwohnraum in der Fichtegasse 1a geschaffen wird. Nun, ich habe mir das Projekt angesehen, in dem dieser Ersatzwohnraum geschaffen wird und ich schicke voraus, es ist aus meiner Sicht sehr naheliegend, dass dieser Wohnraum ganz unabhängig vom Projekt in der Sonnenfelsgasse geschaffen worden wäre. Wo der Mehrwert des Ersatzwohnraumes liegen soll, die eine Umwandlung von Wohnungen in Apartments rechtfertigt, ist also schon aus dieser Erwägung fraglich. Der Ersatzwohnraum in der Fichtegasse 1a, sehr geehrte Damen und Herren, ist laut Website ab 1,2 Millionen EUR pro Eigentumswohnung zu haben, ab 1,2 Millionen EUR wohlgemerkt! Damit ist klar, mit dieser Baubewilligung wird leistbarer Wohnraum, der dem Schutz des Mietrechtsgesetzes unterliegt, vernichtet. Der Ersatzwohnraum, der dafür angeblich geschaffen wird, liegt im absoluten Luxussegment. Es sind 58 preisgeschützte Wohnungen, die jetzt in 65 Apartments umgewandelt werden. Dieser Vorgang ist in der Wirkung skandalös und gefährdet leistbares Wohnen, wenn er Schule macht. Ich finde die Erteilung dieser Baubewilligung zumindest fragwürdig angesichts dessen, dass in diesem Gebäude zuvor bereits mutmaßlich rechtswidrig gewerblich zu kurzfristigen Beherbergungszwecken vermietet wurde. Das wirkt weder spezial- noch generalpräventiv gegen diese gewerbliche Kurzzeitvermietung, die in Wohnzonen eigentlich verboten ist. Aber einmal angenommen, das war auf Grund der geltenden Rechtslage nicht anders möglich, dann müssen wir doch diese geltende Rechtslage schleunigst ändern, sehr geehrte Damen und Herren. Deshalb bringe ich mit meinen KollegInnen einen Antrag ein, der die sofortige Streichung dieses Ausnahmetatbestandes fordert. Ich glaube, das vorliegende Beispiel zeigt, warum diese Gesetzesänderung so dringend notwendig ist. Die Frage des leistbaren Wohnraumes, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht nur eine Frage des Gemeindebaus und des geförderten und gemeinnützigen Wohnbaus. Zur Frage des leistbaren Wohnens muss auch der gewerbliche Wohnbau, der Bestand seinen Beitrag leisten. In Zeiten, in denen versucht wird, Wohnraum zur Profitmaximierung zu missbrauchen, braucht es klare Regulierungsmaßnamen. Wir fordern Sie auf, dort, wo Sie die Verantwortung tragen, diese Regulierungsmaßnahmen auch vorzunehmen. Einige Vorschläge unterbreiten wir mit unseren Anträgen. Vielen Dank. Präsident Ernst Woller: Ich danke. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Sittler. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Dr. Peter Sittler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Frau Landeshauptmann- Stellvertreterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer beim Livestream! Wir haben es heute schon ein bissel gehört, wir reden heute über eine Novelle der Bauordnung, die gerade in Gartensiedlungsgebieten und Einfamilienhausgebieten größere Neubauten insbesondere in der Bauklasse I verhindern soll. Gerade Bauträger waren mit den Vorwürfen konfrontiert, übermassive Neubauten errichten zu wollen oder zu errichten und dabei die Wohnnutzfläche bis zu einem gesetzlichen Maximum auszureizen. Das haben wir auch schon in der Diskussion gehört. Nun, man kann ja denen, die das Gesetz nutzen, keinen Vorwurf machen. Sie werfen ja auch jemandem, der auf der Autobahn genau 130 km/h fährt, auch nicht vor, dass er oder sie langsamer fahren soll. Das Ziel der nun vorliegenden Bauordnungsnovelle ist es, den Charakter von Gebieten speziell am Stadtrand mit Einfamilienhäusern und Gartensiedlungen zu erhalten. Jetzt stellen Sie sich vor, Sie wohnen in einem schönen kleinen Einfamilienhaus am Stadtrand und auf einmal wird daneben ein riesiger Kobel hingebaut. Dass Sie da nicht erfreut sind, liegt auf der Hand. Daher sollen mit dieser Bauordnungsnovelle konkret Höhe, Volumen, Abstandsregelung zu den Nachbarn neu geregelt und verschärft werden. Jetzt kann man es sich als Oppositionspartei leicht machen, wie zum Beispiel die GRÜNEN, und sagen, ich pick mir die Rosinen heraus und nehme die Forderungen, die mir passen, bring Beschlussanträge ein, sage, es soll irgendwie anders sein, bin zwar prinzipiell dafür, aber da dagegen. Und egal, wer kommt, egal, was gesagt wird, ich kann die eine oder die andere Position einnehmen. Kann man machen, muss man aber nicht. Wir von der Volkspartei sehen hier eine positive Intention in dieser Novelle, einen guten Weg, der natürlich aber noch in einigen Punkten Klarheit schaffen muss. Aber im Gegensatz zur, heute kann man nicht ganz sagen, Frontalopposition der FPÖ, weil es wurde vom Kollegen Kowarik ja ein bisschen begründet, der zwar sagt, dass Bebauungs... (Zwischenrufe.) Bebauungspläne dauern lange, muss man dazusagen. Daher ist der Weg gewählt worden, ich komm' zwar auch noch zu den Kritikpunkten, dass das mit der Bauordnung geregelt wird. Da geht's einfach schneller, weil alle Flächenwidmungspläne zu ändern, dauert natürlich auch eine gewisse Zeit. Man kann es sich, wie gesagt, auch leicht machen so wie die GRÜNEN, habe ich schon gesagt, und die Rosinen herauspicken und dann hier dagegen zu sein. Was wird jetzt neu geregelt? Auch das ist schon genannt worden. Es geht um die Regelung der Bebauungsfläche, dass hier in der Bauklasse I die Bebauung in Zukunft nur mehr 350 m² anstelle dieser 470 m² betragen soll. Wir haben hier im Haus schon mehrfach insbesondere über die Flächenbezirke und die dort steigenden Beschwerden der betroffenen Bevölkerung geredet, dass größere Wohnblöcke von Bauträgern gebaut werden und hier eine sinnvolle Verkleinerung notwendig ist. Auch die Regelung der Abstände zu den Nachbarn kommt hier vor, maximal die Hälfte der Gebäudehöhe, wobei der Abstand mindestens 3 m betragen muss. Auch das macht eine geringere Bebauungsdichte in der Bauklasse I, wird so umgesetzt. Die Bebauungshöhe wird geregelt. Der sogenannte Freibetrag, also die Giebelfläche, das ist die Fläche zwischen Gebäudehöhe und dem Dachfirst, wurde als Freibetrag mit 50 m² bisher nicht einberechnet, das sind jetzt nur noch 25 m² und dadurch kann das Haus nicht noch höher werden. Wir haben auch noch eine andere Regelung hier mit der Dachhöhe, dass aktuell die Dachhöhe in den Bebauungsplänen maximal 7,5 m sein soll, und sie wird nun auf 4,5 m in der Bauklasse I, also ein Stockwerk weniger, beschränkt. Die bisherigen Ausnahmen bleiben aber weiterhin bestehen. Auch das soll diesen überproportional erscheinenden Neubauten einen Riegel vorschieben. Und all diese Beschwerden, die es in den Flächenbezirken gibt, die kommen dann nicht mehr so zum Tragen, weil es einfach neue Regelungen hier gibt. Angesprochen worden sind auch schon die verschärften Strafen. Ursprünglich war es die 100.000 EUR Maximalstrafe. Es war dann, das ist auch schon gesagt worden, in der Begutachtung 200.000 mit einer Minimalstrafe von 20.000, die jetzt in der Begutachtung auf 300.000 mit 30.000 erhöht worden ist. Hier muss man schon sagen, dass die Forderung der GRÜNEN mit insgesamt 750.000 EUR schon weit über das Ziel hinausschießt, weil das ist mehr als doppelt so hoch, als jetzt in der Regelung drinnen ist. Ein weiterer wichtiger Punkt hier in der Bauordnungsnovelle ist aus unserer Sicht die Verankerung des Schutzes der UNESCO-Welterbe-Stätte. Das haben wir immer schon gefordert, dass hier dieser Schutz der UNESCO- Welterbe-Stätten mit ihrem außergewöhnlichen universellen Wert festgehalten werden soll. Dieses ist jetzt auch da drinnen. Das ist auch positiv hervorzuheben. Aber jetzt bin ich ja nicht Vertreter der Regierungspartei. Es kann natürlich immer besser gehen. Deshalb fordern wir von der Volkspartei Wien auch eine Einbindung der Opposition. Die Politik der überfallsartigen Ankündigungen ohne gewünschten Dialog mit den betroffenen Beteiligten führt, wie auch schon im Fall der Kleingärten dazu, dass negative Reaktionen natürlich nicht ausbleiben. Auch die Stellungnahmen zeigen, dass natürlich nicht alle einverstanden sind. Man kann es nicht immer allen recht machen. Aber insbesondere auch die Bauwirtschaft und die Immobilienwirtschaft als Partner in der Stadtpolitik sind nicht unwesentlich. Ebenso, und das ist heute auch schon angesprochen worden, wird die Rechtsunsicherheit im Baubereich durch die sofortige Wirkung der Maßnahmen nach Inkrafttreten der Novelle ohne eine Übergangsfrist massiv erhöht, weil natürlich bestehende, noch nicht baugenehmigte Planungen nun nicht mehr gültig sind. Das hat einerseits, Kollege Kowarik hat es auch schon ausgeführt, Einschränkungen in den Beständen beziehungsweise im Wert. Aber auch die Einreichungen bei der Baupolizei mit Bauplänen werden natürlich jetzt stark ansteigen und führen dann natürlich auch zu Überlastung. Auch hier hätte man einen längeren Zeitraum machen können. Der Erhalt des Ortsbildes, insbesondere in den dörflichen Strukturen am Stadtrand, in den Einfamilienhausgegenden, ist durch diese Novelle noch nicht umfassend gesichert. Es gibt auch Gebiete, wo auch Bauklasse II ist, die sehr großzügig bebaut werden können. Hier ist die Stadtregierung natürlich aufgefordert, in den Flächenwidmungsplänen entsprechende Regelungen zu treffen. Aber diese Novelle der Bauordnung ist ein erster Schritt, in Gebieten mit Einfamilienhäusern und Gartensiedlungen die dörfliche und kleinräumige Struktur zu erhalten. Deshalb stimmen wir sogar als Oppositionspartei von der Volkspartei Wien im Sinne der Wiener Bevölkerung der Novelle dieser Bauordnung zu. Vielen Dank. Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abg. Schober. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Mag. Marcus Schober (SPÖ): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Frau Landeshauptmann- Stellvertreterin! Sehr geehrte Kollegen und werte ZuschauerInnen dort im Internet! Bevor ich auf die Bauordnung komme, möchte ich noch auf einige Punkte eingehen, die bereits hier besprochen worden sind, einerseits vom Kollegen Kowarik die Leerstandsabgabe. Ich kann mich sehr gut an die Diskussion im Wohnbauausschuss erinnern, wo wir darüber diskutiert haben und wo die Frau Vizebürgermeisterin auch klargestellt hat, dass es nicht um eine Leerstandsabgabe geht, sondern es geht darum, den Leerstand zu mobilisieren. Wir haben uns das dann auch historisch angeschaut. Wien ist ja die einzige Stadt oder das einzige Land, das eine Leerstandsabgabe bereits hatte, nämlich im Jahr 1982. Der Verfassungsgerichtshof hat dann diese Leerstandsabgabe 1985 aufgehoben und hat klargestellt, dass es sich hier um Bundes- und nicht um Ländersache handelt. Natürlich kennen wir die Diskussionen, die in Salzburg und Tirol geführt werden. Aber dort in diesen Ländern liegt noch nicht einmal ein Gesetzesentwurf vor, und das ist wichtig, dass man sich das anschaut. Man muss eben genau hinschauen, weil Wohnungen sind dafür da, dass Menschen ein Zuhause haben. Und weil heute auch schon einige Zitate gefallen sind - Licht, Luft und Sonne -, das ist das Erbe auch des Roten Wien und das nehmen wir sehr ernst und schauen da auch sehr darauf. Aber klar ist auch, dass wir da dementsprechend den Blick drauf haben müssen. Die VBgm.in Kathrin Gaál und der Finanzstadtrat Peter Hanke haben sich in einem Brief an die BundesministerInnen Schramböck, Zadic, Blümel und Mückstein gewendet. Dort geht es nicht um einen Ruf nach einer Leerstandsabgabe, sondern, wie schon erwähnt, um eine Leerstandsmobilisierung. Im türkis-grünen Regierungsübereinkommen steht auch dezidiert, dass die Bundesregierung das Angebot an Wohnungen vergrößern möchte und zu diesem Zweck gemeinsam mit den Ländern Leerstand mobilisieren wird. - Ich hoffe also, dass Sie in Anbetracht all Ihrer aktuellen Diskussionen und Krisen auch das nicht vergessen, denn das ist ein ganz wichtiges Thema für die Stadt Wien. Ganz wichtig ist auch das, was wir jetzt ebenfalls diskutiert haben, dass nämlich in den letzten Jahren gewerbliche Bauträger zunehmend Einfamilienhäuser und Gartensiedlungsgebiete als Auktionsfelder erkannt haben. Da geht es um Betongold, und gerade in der Bauklasse I ist das der Fall. Durch die Ausnutzung verschiedener baurechtlicher Möglichkeiten sind gerade in den letzten Jahren vermehrt nutzflächenmaximierte Mehrparteienwohnhäuser entstanden, die das gewohnte Stadtbild verändern und auf die Infrastruktur nicht ausgelegt sind. Außerdem möchte ich auch die Verdichtung ansprechen. Natürlich verdichten wir, wir versuchen aber, in Wien dort zu verdichten, wo es passt und wo es verträglich und vor allem sozial verträglich ist. Darauf möchte ich dezidiert hinweisen. Vor all diesen Hintergründen hat sich die Wiener Fortschrittskoalition im Koalitionsabkommen dazu bekannt, Strategien zu entwickeln, wie zukünftig mit diesen Gebieten umzugehen ist, und der vorliegende Entwurf einer kleinen Bauordnungsnovelle umfasst einige Punkte. Ich möchte einiges ansprechen: Es wurde hier auch schon ausführlich darüber berichtet, was zum Beispiel die Reduktion der maximal bebaubaren Fläche betrifft, wie bereits gesagt, von 470 auf 350 m². Das bedeutet eine geringere Ausdehnung der Gebäude und mehr unbebaute Flächen und Grünflächen, was auch dazu beiträgt, die Versiegelung des Bodens zu verhindern. Es geht um die Erweiterung der Mindestabstände größerer Gebäude zu den benachbarten Gebäuden. Das heißt kurz, dass in der Bauklasse I aktuell 6 m Mindestabstand von der Nachbargrenze vorgeschrieben sein werden, und zwar mit der Möglichkeit, mit gewissen Gebäudeteilen auf bis zu 3 m heranzurücken. Was die Giebelflächen betrifft, hat Kollegin Arapovic schon genau erklärt, was die Halbierung bedeutet. Die Halbierung von 50 auf 25 und von 100 auf 50 m² wird auch da eine Verbesserung bringen. Betreffend Firsthöhen wird es um eine Eindämmung der überdimensionalen Dachbauten, die wir in manchen Gebieten sehen, und um die Wahrung der Proportionalität zwischen Gebäude und Dach gehen. Ich glaube, dass wir damit heute ganz wichtige Entscheidungen treffen, die wir in dieser Stadt auch spüren und sehen werden und die das Stadtbild erhalten werden, das wir gewohnt sind und das wir auch sehr schätzen. Es wurde auch erwähnt, dass es weitere Änderungen gibt. Kollege Kowarik hat die Seveso-Betriebe angesprochen. Dabei geht es darum, Maßnahmen zu setzen, um schweren Unfällen vorzubeugen, und bei der Begrenzung geht es auch darum, dass wir die menschliche Gesundheit und die Umwelt schützen. Ich glaube, wir alle sind uns darüber einig - Kollege Sittler und auch Kollege Kowarik haben es angesprochen -, dass wir betreffend Bauordnung ein klares Ziel haben, um den Schutz der UNESCO-Welterbe-Stätten ausdrücklich festzuschreiben und dem Schutz von erhaltungswürdigen Bauten noch mehr Gewicht mit dieser Novelle zu geben. Ich glaube, betreffend den Abriss von Gründerzeitbauten - Kollege Prack hat das erwähnt - war es ganz wichtig, dem 2018 einen Riegel vorzuschieben. Wir gehen davon aus, dass die Festsetzung der Höchststrafen mit 300.000 EUR und 30.000 EUR bei vorsätzlichem Handeln der richtige Weg ist, und wir werden sehen, dass auch das zu einer Verbesserung führen wird. Das ist, wie gesagt, die kleine Bauordnungsnovelle, und es wird auch eine größere geben, daran wird gearbeitet. Ich glaube, es sind wichtige Themen, die wir da behandeln werden im Bereich des Klimaschutzes, im Bereich des leistbaren Wohnens und hinsichtlich des Potenzials zur Reduktion der Baukosten, was, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt ist. Auch betreffend die Möglichkeit zur Verfahrensbeschleunigung ist einiges vorgesehen, was in den nächsten Jahren dann auch umgesetzt werden wird. Die Bauordnung für Wien ist nie etwas Abgeschlossenes. Ich bin auch sehr dankbar, dass ich da ein wenig recherchieren konnte. Die Bauordnung in Wien ist knapp 800 Jahre alt. Damals ging es vor allem um die Vermeidung von großen Feuern und dergleichen. Wenn man sich da ein wenig hineinliest, sieht man, dass das etwas ganz Dynamisches ist. Und wir setzen jetzt ein richtiges Zeichen, um die Stadt so zu erhalten, wie wir sie uns vorstellen, um die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt weiterhin glücklich zu machen. - Deswegen ersuche ich Sie um Ihre Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Sequenz. Ich erteile es ihr. Abg. Mag. Heidemarie Sequenz (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen am Livestream! Wir stimmen heute über eine Novelle der Wiener Bauordnung ab, die - das sage ich gleich vorweg - durchaus sehr positive Elemente hat. Es wurde schon sehr ausführlich über die Beschränkung der Bauhöhe in der Bauklasse I berichtet. In Siedlungsgebieten mit wenig verdichteter Bauweise wird weniger versiegelt werden, und das begrüßen wir ausdrücklich. Ebenso begrüßen wir auch, dass der Schutz der Weltkulturerbe-Stätten jetzt in den Fokus rückt, indem dies auch ein Ziel bei der Festsetzung des Flächenwidmungsplanes sein wird. - Es gibt also durchaus sehr positive Aspekte dieser Bauordnungsnovelle. Sie ist aber wirklich sehr klein beziehungsweise - wie ich fast sagen würde - zu klein, und deswegen werden wir auch vier Anträge einbringen. Wer glaubt, dass die Bauordnung etwas Fades, Langweiliges ist, dem kann ich versichern, das ist nicht so. All die Themen, die ich hier in der Folge erwähnen werde, sind Themen, die die BürgerInnen Wiens sehr oft sehr leidenschaftlich diskutieren. Ich möchte jetzt gleich auf den Kollegen von der ÖVP replizieren, der gemeint hat, dass sich die GRÜNEN hier die Rosinen heraussuchen. - Ich weiß nicht! Wenn ich sage, ich möchte, dass der rechtswidrige Abbruch eines Gründerzeithauses ordentlich bestraft wird: Ist das dann Rosinenherauspicken, oder hat das doch ein bisschen etwas mit Gerechtigkeitssinn zu tun? Mit dem Verkauf einer Wohnung macht man nämlich diese Strafe schon locker wett. Nun zu meinen Anträgen: Etwas, was in den Flächenbezirken leidenschaftlich diskutiert wird, ist, wie die gärtnerisch ausgestaltete Fläche in Kleingartensiedlungen, in Bauklasse I, und so weiter ausschaut. Wenn Sie nicht dort wohnen, schlage ich vor: Schauen Sie sich das einmal auf Google Earth an! Dann werden Sie sehen, dass in solchen Gegenden von der gärtnerisch ausgestalteten Fläche rein gar nichts übrig bleibt, denn dort gibt es einen Pool, ein Carport, eine Terrasse, einen Fußweg und vielleicht noch ein paar Abstellplätze für die Mülltonnen, von Wiese oder sonst etwas ist dann aber eigentlich gar nichts mehr zu sehen. Was sind die Folgen dieser massiven Versiegelung? - Es entstehen Hitzeinseln, die sich im Sommer natürlich viel mehr erhitzen als bepflanzte Flächen. Außerdem wird verhindert, dass das Regenwasser ins Erdreich eindringt und damit zu einem entsprechend Grundwasserspiegel beiträgt, denn das Wasser fließt einfach in das Kanalsystem ab. Das will niemand. Da werden mir alle recht geben. Wie kann man das verhindern, oder wie kann man das sehr leicht ändern? Wie lautet die Bestimmung derzeit? - Befestigte Wegezufahrten, Stützmauern, und so weiter sind nur in unbedingt erforderlichem Ausmaß zulässig. Was heißt das? - "In unbedingt erforderlichem Ausmaß" heißt alles und nichts, und deswegen wollen wir das konkretisieren. Daher zielt unser erster Antrag darauf ab, dass maximal 30 Prozent dieser als "G" gewidmeten, also gärtnerischer Ausgestaltung gewidmeten Flächen für solche Ausnahmen herangezogen werden sollen. Ein weiterer Punkt, der in der Kategorie G verbesserungswürdig ist: Zum Beispiel ist vorgeschrieben, dass ab 250 m² gärtnerisch auszugestaltender Fläche jeweils ein Baum gepflanzt werden muss. Was aber ist da Ihrer Meinung nach ausgenommen? - Die Bauklasse I und die Gartensiedlungsgebiete! Aber genau dort wäre es notwendig, weil dort eine zunehmende Verdichtung stattfindet. Mein zweiter Antrag betrifft ebenso etwas, was sehr emotional diskutiert wird, nämlich den berühmten § 69 der Wiener Bauordnung: Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes. Ich möchte ein Beispiel nennen: Dieser Paragraph wurde vor ein paar Jahren sehr leidenschaftlich in der Donaustadt diskutiert, das berühmte Strandcafé wurde abgerissen, und der erlaubte Neubau hätte maximal 300 m² bebaubare Fläche haben dürfen, daraus geworden sind 1.000 m². Warum und wie war das möglich? - Im Bauausschuss der Donaustadt fand das Ansuchen um Ausnahme Gehör bei den SPÖ- und ÖVP-Delegierten zum Bauausschuss, und das Strandcafé wurde sehr, sehr groß. Es gibt zwar einen Kriterienkatalog für solche Ausnahmen, aber dieser ist nicht immer nachvollziehbar, vor allem, wenn es um Schutzzonen geht. Deswegen machen wir jetzt einmal einen kleinen Schritt, und es wird ein größerer folgen, nämlich dass vor allem die Berücksichtigung von Schutzzonen bei § 69-Ausnahmen in der Bauordnung verankert werden soll. Wie gesagt, das ist ein erster Schritt, ein weiterer wird sicherlich folgen, vor allem, weil diese Schutzzonen ein besonderes Anliegen vieler BewohnerInnen und der Zivilgesellschaft sind. - Das war mein zweiter Antrag. Ich habe es schon erwähnt: Sehr begrüßenswert ist die Reduktion der Bauhöhe bei Bauklasse I, bedingt durch die Reduktion der Firsthöhe. Dies gilt aber nur bei der offenen und gekuppelten Bauweise, nicht bei der geschlossenen. Was heißt das? - Das klingt jetzt sehr technisch. Für mich wirkt das ein bissel wie eine Lex Einfamilienhäuser, weil damit die gesamten schützenswerten alten Ortskerne eigentlich von dieser Höhenbeschränkung ausgenommen werden. Denken Sie etwa an den alten Ortskern von Stammersdorf, wo die Häuser sozusagen direkt aneinander anschließen. Dort kommt das zum Beispiel nicht zum Tragen. Was bedeutet das? - Dass in diesen Gegenden mit geschlossener Bauweise diese Höhenbeschränkung nicht zum Tragen kommt und dort diese wahnsinnig überdimensionierten Dachausbauten weiterhin möglich sind. Daher mein Antrag, dass die geschlossene Bauweise in diese Höhenbeschränkung inkludiert wird. Nun zum vierten und wahrscheinlich wichtigsten Antrag, Kollege Prack hat ihn schon einmoderiert: Streichung der wirtschaftlichen Abbruchsreife in der Wiener Bauordnung. Wir haben schon gehört: Der Abriss von Gründerzeithäusern ist ein sehr lukratives Geschäft in Wien, weil stattdessen immer ein sehr teures Gebäude mit freifinanzierten Wohnungen an diese Stelle rückt, was sich nur ganz wenige Menschen leisten können, womit man aber wirklich fette Gewinne machen kann. In diesem Sinn ist schon relativ viel passiert. 2018 gab es unter Rot-Grün bereits eine Bauordnungsnovelle, die den Abbruch von Häusern, die vor 1945 errichtet wurden, erschwert. Das heißt, diese Objekte müssen, wenn sie nicht in einer Schutzzone liegen, begutachtet werden. Es ist eine Stellungnahme der MA 19 erforderlich, ob im Hinblick auf diese Bauwerke für den Erhalt des jeweiligen Ortsbildes ein öffentliches Interesse besteht. Doch selbst wenn ein solches Objekt als schützenswert erachtet wird, gibt es in der Praxis noch immer ein - wie ich es bezeichnen möchte - Schlupfloch, wenn nämlich ein Bauwerber auf diese wirtschaftliche Abbruchreife plädiert. Wir wissen, wie viel Missbrauch damit getrieben wird: Ich habe es selbst erlebt in der Donaufelder Straße, wo das Dach eines Hauses mutwillig beschädigt wurde, bis es so kaputt war und es so lange hineingeregnet hat, dass es gar keine andere Möglichkeit mehr gab. Und ich werde dann später noch ein anderes Gebäude erwähnen, wo das gerade derzeit aktuell ist. Ein weiteres Beispiel: Es gab den Fall in der Krieglergasse im 3. Bezirk nahe dem Kunsthaus. Dort wurde ein Ende des 19. Jahrhunderts errichtetes Gebäude in einer Schutzzone in einem Gründerzeitensemble von einer Immobilienfirma erworben, und zwar wahrscheinlich schon mit dem Vorsatz, auf diese wirtschaftliche Abbruchreife zu plädieren. Zwei Jahre später wurde dieses Objekt dann im Beirat des Altstadterhaltungsfonds diskutiert, und man war damals bereit, nicht nur einen Teilbetrag, sondern 100 Prozent der für die Sanierung nötigen Summe aufzubringen. Das waren fast 800.000 EUR, geschätzte Damen und Herren! Fast 800.000 EUR hätte man dafür locker gemacht, um dieses Gebäude zu erhalten. Wissen Sie, was der Investor gesagt hat? - Nein, das will ich nicht. Das heißt: So präpotent kann man sich wirklich nur verhalten, wenn man weiß, dass man auf diese wirtschaftliche Abbruchsreife zurückfallen kann. Das ist wirklich sehr schockierend: Dieses Gebäude wurde zwei Jahre später tatsächlich abgerissen! Daher fordern wir in unserem vierten und letzten Antrag, dass die wirtschaftliche Abbruchreife als mögliche Voraussetzung für die Erlangung einer Abbruchsgenehmigung von Bauwerken in Schutzzonen und Gebäuden, die vor 1945 errichtet wurden, ersatzlos entfällt. Es genügt vollkommen, wenn die technische Abbruchreife, die bisher besteht, bleibt. Ich bin überzeugt, dass hier eine Änderung notwendig wird. Ich weiß noch aus der Bezirkspolitik, dass das in allen Bezirken permanent ein Thema ist. In Hietzing gab es sogar eine Resolution, die mit großer Mehrheit eine Zustimmung fand - auch die SPÖ hat zugestimmt, Frau Stadträtin -, in der genau diese Streichung der wirtschaftlichen Abbruchsreife gefordert wird. Auch dazu gab es natürlich einen Anlassfall. Es geht um ein auch sehr schützenswertes Gebäude in der Hofwiesengasse 29, von dem mir BürgerInnen Fotos geschickt haben. Dieses ist unbewohnt, die Fenster stehen offen, es regnet hinein, und man arbeitet gezielt genau auf diese Situation hin, dass man dann sagen kann: Was soll man denn jetzt noch machen? Man kann es nur mehr abreißen! Es gibt eine Stellungnahme der MA 19, in der die Schutzwürdigkeit festgehalten wurde, aber die neuen Eigentümer plädieren auf diese wirtschaftliche Abbruchreife, und die letztentscheidende Instanz ist natürlich die Frau Stadträtin. Wir appellieren wirklich eindringlich an Sie: Stoppen Sie diesen Missbrauch in dieser ganz konkreten Situation und generell! Und alle hier sind eingeladen, unserem Antrag zuzustimmen. - Vielen Dank. Präsident Ernst Woller: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile der Berichterstatterin, Frau VBgm.in Gaál, das Schlusswort. Berichterstatterin Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen! GR Marcus Schober hat es ja bereits gesagt: Die Bauordnung für Wien ist definitiv nie etwas Abgeschlossenes. Wir sind wirklich sehr darum bemüht, den gesellschaftlichen Entwicklungen, den sozialen Entwicklungen, aber auch anderen Entwicklungen immer Rechnung zu tragen. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle, wirklich ehrlich gemeint, sehr herzlich danken für diese sachliche Debatte mit sehr vielen interessanten Aspekten, die wir ganz sicher im kommenden Jahr bei der Enquete zur Bauordnung 2023 diskutieren werden. Zu dieser Enquete möchte ich jetzt schon Sie alle, natürlich auch die Parteien der Opposition, sehr herzlich einladen. Auf zwei Aspekte möchte ich ganz kurz eingehen. Herr Kollege Kowarik! Zu Ihrer Kritik bezüglich der fehlenden Übergangsfristen beziehungsweise Übergangsregelungen: Für Bauwerberinnen und Bauwerber, die bereits länger planen und Anträge bereits gestellt haben, gelten natürlich die bisherigen Bestimmungen, darüber sind wir uns ja einig. Mit einer weiteren Übergangsregelung würde man aber Gefahr laufen, lieber Herr Kollege Kowarik, dass eine Antragsflut ausgelöst wird, nämlich von Leuten, die sich noch in die alte Rechtslage retten wollen. Das würde in Wahrheit die Zielsetzung dieser kleinen Bauordnungsnovelle konterkarieren. Damit sind wir jetzt auch schon bei der kleinen Bauordnungsnovelle, was sie ja wirklich ist. Nächstes Jahr, wird dann, wie gesagt, die Enquete stattfinden. Lieber Herr Kollege Prack! Ja. Wir haben gemeinsam unter Rot-Grün wirklich einiges zum Schutz der Altbauten getan. Das, ein wirklich wichtiges Thema, darüber sind wir uns auch beide einig. Aber bitte vergessen wir nicht: Das Grundproblem ist, dass das MRG einfach nicht für alle Bauten gilt. Das heißt: Bei Altbauten besteht normalerweise die Mietzinsbeschränkung gemäß dem MRG. Wird neu gebaut, besteht diese Mietzinsbeschränkung nicht mehr, und das schafft leider auch Anreize, abzureißen und neu zu bauen. In diesem Sinne danke ich Ihnen nochmals für die Debatte. Ich freue mich über die Zustimmung zu dieser Bauordnungsnovelle, wohl noch nicht bei allen Parteien, aber ich bemühe mich, dass wir die nächste Bauordnungsnovelle einstimmig zusammenbekommen. - Vielen lieben Dank. Präsident Ernst Woller: Wir haben jetzt sehr viele Anträge abzustimmen. Wir kommen also zur Abstimmung. Mir liegen zuallererst zwei Abänderungsanträge der GRÜNEN vor. Zuerst lasse ich über den Abänderungsantrag zur Bauordnungsnovelle hinsichtlich der Baustrafen abstimmen und ersuche alle Damen und Herren des Wiener Landtages, die diesem Abänderungsantrag die Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand oder der Karte. - Nur die GRÜNEN unterstützen diesen Antrag, und er ist damit nicht beschlossen. Wir kommen zum zweiten Abänderungsantrag der GRÜNEN, ebenfalls eingebracht von Abg. Sequenz. Dieser Abänderungsantrag betrifft die Ausweitung der Höhenbeschränkung auf geschlossene Bauweise und Gruppenbauweise. Ich ersuche wieder jene, die diesem Abänderungsantrag die Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand oder mit der Abstimmungskarte. - Auch dieser Abänderungsantrag wird nur von den GRÜNEN unterstützt, und damit ist auch dieser Abänderungsantrag nicht beschlossen. Ich komme nun zur Abstimmung der Gesetzesvorlage, und ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das wird unterstützt von ÖVP, SPÖ, NEOS gegen die Stimmen von GRÜN und FPÖ. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Mir liegen nun sieben Beschluss- und Resolutionsanträge vor. Zuerst lasse ich über den Beschlussantrag der FPÖ betreffend Leerstandsabgabe abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand oder mit der Abstimmungskarte. - Wird unterstützt von FPÖ und ÖVP und hat nicht die ausreichende Unterstützung. Ich komme zum zweiten Beschlussantrag der FPÖ betreffend Förderung der Eigentumsbildung im Wohnbereich und ein Appell an die Bundesgesetzgeber. Wer diesem Beschlussantrag die Zustimmung geben will, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand oder mit der Abstimmungskarte. - Wird nur unterstützt von der FPÖ und ist daher nicht ausreichend unterstützt. Ich komme zum Beschlussantrag der FPÖ betreffend Verschärfung des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes zur Bekämpfung von Wohnungsspekulation anstatt SPÖ-Placebo-Politik und Leerstandsabgabe. Wer diesem Antrag zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Abstimmungskarte oder mit der Hand. - Wird unterstützt von FPÖ und ÖVP und ist damit abgelehnt. Wir kommen nun zu den Anträgen der GRÜNEN. Der erste Beschluss- und Resolutionsantrag betrifft den Entfall der Ausnahme für anderwärtige Verwendungen von Wohnungen in Wohnzonen gegen Ersatzschaffung. Wer diesem Antrag zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand oder mit der Abstimmungskarte. - Wird nur unterstützt von den GRÜNEN und damit abgelehnt. Wir kommen zum Beschluss- und Resolutionsantrag der GRÜNEN betreffend Konkretisierung der gärtnerischen Ausgestaltung in der Wiener Bauordnung. Wer stimmt diesem Antrag zu? - ÖVP und GRÜNE stimmen zu, der Antrag ist damit nicht ausreichend unterstützt und abgelehnt. Wir kommen zum Beschlussantrag der GRÜNEN betreffend Streichung der wirtschaftlichen Abbruchreife in der Wiener Bauordnung. Wer diesem Antrag zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand oder mit der Abstimmungskarte. - Wird nur unterstützt von den GRÜNEN und ist damit abgelehnt. Der letzte Beschlussantrag der GRÜNEN betrifft die stärkere Berücksichtigung der Schutzzonen im § 69 der Bauordnung. Wer diesem Antrag zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand oder mit der Abstimmungskarte. - Wird ausschließlich unterstützt von den GRÜNEN und ist damit abgelehnt. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die für die zweite Lesung sind, um ein Zeichen mit der Hand oder Abstimmungskarte. - Das ist einstimmig, und damit gehe ich so vor. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand oder der Abstimmungskarte. - Das wird unterstützt von ÖVP, SPÖ und NEOS gegen die Stimmen von GRÜNEN und FPÖ und ist damit beschlossen. Postnummer 4 betrifft die erste Lesung der Vorlage des Gesetzes mit dem das Gesetz betreffend das Fischereiwesen im Gebiet der Stadt Wien - Wiener Fischereigesetz geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Herr Amtsf. StR Czernohorszky. Ich ersuche ihn, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich bitte um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Es liegen keine Wortmeldungen vor. Ich komme daher gleich zur Abstimmung, und ich ersuche jene Damen und Herren, die dieser Gesetzesvorlage zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand oder mit der Abstimmungskarte. - Das wird beschlossen mit den Stimmen von SPÖ, GRÜNEN, NEOS, ÖVP und FPÖ, also einstimmig beschlossen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die dieser Vorgehensweise zustimmen, um ein Zeichen mit der Hand oder Abstimmungskarte. - Das ist einstimmig. Wir kommen daher zur zweiten Lesung, und ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, ebenfalls um ein Zeichen mit der Hand oder der Delegiertenkarte. - Das ist wieder einstimmig. Damit ist dieses Gesetz einstimmig beschlossen. Postnummer 5 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Landwirtschaftskammergesetz geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Herr Amtsf. StR Czernohorszky, und ich ersuche ihn, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich ersuche um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen diese Vorgehensweise ein Einspruch erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Otero Garcia. Ich ersuche Sie um Ihre Wortmeldung. Abg. Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte ZuschauerInnen am Livestream! Wir verhandeln jetzt den Gesetzesentwurf zum Wiener Landwirtschaftskammergesetz. Als Sie dieses Gesetz vorgestellt haben, haben Sie gesagt, dass Sie den Anspruch haben, das Gesetz an neue gesellschaftliche Gegebenheiten anzupassen. - Ich bin der Meinung, dass Sie diesem Anspruch leider nicht gerecht geworden sind. Wenn ich das jetzt beurteilen müsste, dann müsste ich sagen: Demokratiepolitisch ist das, was Sie jetzt geliefert haben, zufriedenstellend beziehungsweise bestenfalls gut, aber sehr gut ist es auf gar keinen Fall. Mein Anspruch an die Stadt Wien, in der wir eine progressive Mehrheit haben, ist, dass wir die Speerspitze betreffend Demokratisierung sind. Mein Anspruch ist außerdem, dass wir das progressivste Landwirtschaftskammergesetz der ganzen Republik verabschieden. Aber auch diesem Anspruch sind Sie nicht gerecht geworden. Aus diesem Grund werden wir einige Anträge stellen, die zur Abstimmung gebracht werden sollen, denn in dieser Form können wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Die Landwirtschaftskammer ist eine Interessenvertretung so wie die ArbeiterInnenkammer, wie die Wirtschaftskammer oder die Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft. Dort finden natürlich Wahlen statt. Bei der AK-Wahl sind ArbeitnehmerInnen wahlberechtigt, bei der Wirtschaftskammer sind UnternehmerInnen wahlberechtigt, bei der ÖH-Wahl sind Studierende wahlberechtigt, und bei der Landwirtschaftskammer sind LandwirtInnen wahlberechtigt. Es gibt allerdings eine sehr absurde Regelung bei der Landwirtschaftskammerwahl. Wenn ich das Leuten erzähle, dann fragen sie mich: Was? Das ist ja wirklich völlig absurd! Es sind nämlich Pensionistinnen und Pensionisten wahlberechtigt, also Leute, die nicht mehr in der Landwirtschaft tätig sind und die somit durch diese Kammer nicht vertreten werden müssen. Diese dürfen aber mitbestimmen, wer die Vertretung für die Menschen sein soll, die tatsächlich in der Landwirtschaft tätig sind. Und bisher konnte mir niemand schlüssig erklären, warum es diesen Passus immer noch gibt. Sie konnten mir auch im Ausschuss eigentlich nicht erklären, warum Sie diesen Passus beibehalten wollen. Ich kann mir das nur so erklären, dass man bestimmte WählerInnengruppen nicht verlieren will. Ich halte das für demokratiepolitisch sehr bedenklich, und aus diesem Grund werden wir den Antrag stellen, dass dieser Passus gestrichen wird. Alle fünf Jahre findet die Wahl zur Landwirtschaftskammer statt. Bisher waren nur österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger als Kandidatinnen und Kandidaten zugelassen. Mit dieser Gesetzesnovelle haben Sie den Personenkreis tatsächlich ausgeweitet. Das heißt, es sollen auch EU-BürgerInnen und BürgerInnen aus dem EWR-Raum passiv wahlberechtigt sein, also die Möglichkeit haben, ihre Vertretung selbst in die Hand zu nehmen und sich der Wahl zu stellen. Ich frage mich: Wenn Sie sich eine Verbesserung vorgenommen haben, wieso haben Sie nicht den Mut gehabt, das passive Wahlrecht komplett von der Staatsbürgerschaft zu entkoppeln? Wieso haben Sie das nicht gemacht? Ich verstehe das nicht! Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben sich schon in der Vergangenheit, so wie wir GRÜNE auch, dafür eingesetzt, dass bei den Wien-Wahlen alle Menschen, die hier wohnen und hier ihren Lebensmittelpunkt haben, wahlberechtigt sind. Diesbezüglich haben wir damals auch einen gemeinsamen Beschluss hier gefasst, der leider im Endeffekt gescheitert ist. Wo wir oder, besser gesagt, Sie die Macht und Möglichkeit und wo Sie freie Fahrt für eine wirkliche Demokratisierung haben, dort treten Sie auf die Bremse. Das verstehe ich nicht! Ich kann mir das nur so erklären, dass die SPÖ auch in diesem Bereich den Weg einer echten Demokratisierung und einer Entkoppelung der Staatsbürgerschaft von demokratiepolitischen Möglichkeiten verlassen hat. Im Hinblick darauf muss ich mir schon die Frage stellen, ob diese Koalition wirklich so fortschrittlich ist, wie Sie es den Wienerinnen und Wienern weismachen wollen. - In diesem Sinne haben wir auch einen Antrag gestellt, damit in Zukunft gewährleistet ist, dass es völlig egal ist, welche Staatsbürgerschaft ich habe. Wenn ich Mitglied der Landwirtschaftskammer bin, dann möchte ich auch das Recht haben, dass ich dort gewählt werde. Bei der Landwirtschaftskammerwahl treten natürlich Parteien an, und es gibt ein WählerInnenverzeichnis, das alle wahlwerbenden Parteien bekommen. Wir leben im 21. Jahrhundert, wir leben in einer digitalen Welt, Sie haben es aber nicht geschafft, dieses Verzeichnis den wahlwerbenden Parteien in digitaler Form zu Verfügung zu stellen beziehungsweise das so im Gesetz zu verankern, dass dieses Verzeichnis auch digital verfügbar ist. Es ist wichtig für die Demokratie, dass die wahlwerbenden Parteien ihre WählerInnen ansprechen können, und es wichtig für einen fairen Wettbewerb, dass dieses Verzeichnis auch in digitaler Form zur Verfügung gestellt wird. Ich verstehe nicht, warum das nicht geschehen ist! Es gibt in anderen Kammern und auch in Landwirtschaftskammern, nämlich in Tirol und in Kärnten, diese Möglichkeit, die gesetzlich verankert ist. Und auch betreffend ÖH-Wahl ist diese Möglichkeit gesetzlich verankert. Da gibt es keine Probleme, und ich verstehe nicht, wieso Sie das in Wien betreffend Landwirtschaftskammerwahl nicht zustande bringen! Sie stellen den Anspruch, gesellschaftliche Gegebenheiten widerzuspiegeln, und zu diesen Gegebenheiten gehört auch, dass es immer mehr Nebenerwerbsbäuerinnen und -bauern gibt und auch die Arbeitslast steigt. Hier wäre es sinnvoll gewesen, dass man in den Fachausschüssen die Möglichkeit geschaffen hätte, dass nicht nur gewählte MandatarInnen der Vollversammlung Mitglieder dieser Ausschüsse sind, sondern auch ErsatzmandatarInnen, um die Qualität in den Fachausschüssen zu gewährleisten und die Arbeitslast besser aufzuteilen. Wir finden es natürlich auch schade, dass diese Möglichkeit nicht besteht, und auch hierzu haben wir einen Antrag gestellt, dem Sie, wie ich hoffe, zustimmen werden. Zusammenfassend möchte ich sagen: Es hat natürlich Verbesserungen gegeben, aber angesichts dessen, dass Sie sich fortschrittlich nennen, hätte ich mir wirklich viel mehr erwartet. So können wir diesem Gesetz leider nicht zustimmen. - Danke schön. Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Holzmann. Ich erteile es ihm. Abg. Ernst Holzmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Landesrat! Geschätzter Landtag! Es liegt uns heute eine Novelle zum Wiener Landwirtschaftskammergesetz zur Beschlussfassung vor. Dabei geht es in erster Linie um Vereinfachungen und Anpassungen. Die wesentlichste Neuerung betrifft mit Sicherheit die zusätzliche Möglichkeit, künftig auch per Brief zu wählen, und diese Möglichkeit soll bereits auch bei der nächsten Wahl 2023 zur Anwendung kommen. Weitere Regelungsinhalte waren etwa die Normierung betreffend Datenschutz-Grundverordnung, eine Erweiterung der neuen Produktionsformen und auch Anpassungen sowohl beim passiven als auch beim aktiven Wahlrecht. Im Zuge der externen Begutachtung gab es nur sehr wenige Einwände, und von diesen wenigen Einwänden wurden sogar noch die meisten berücksichtigt und sind in die Novelle eingeflossen. Allerdings blieben dann halt einige wenige Einwände übrig, die aus guten Gründen keine Berücksichtigung gefunden haben, und wir haben ja bereits gehört, dass diese heute in Antragsform vorliegen. Es liegen zwei Abänderungsanträge und zwei Beschlussanträge der GRÜNEN vor, wobei ich jetzt auf die vier Anträge im Detail ein wenig eingehen möchte. Der wahrscheinlich am meisten diskutierte und von meiner Vorrednerin als "absurde Regelung" bezeichnete Einwand betrifft die Wahlberechtigung von Pensionistinnen und Pensionisten. - Zunächst einmal ist das keine Neueinführung bei der Novelle, sondern es gibt sogar eine leichte Einschränkung. Und ich gebe zu bedenken, dass es gerade in der Landwirtschaft und auch in der Wiener Landwirtschaft so ist, dass man auch nach Betriebsübergabe, wenn man sozusagen in Pension geht, sehr wohl meist noch im Betrieb wohnt oder mithilft, wenn es da oder dort fehlt, und einfach noch eine besondere Zugehörigkeit verspürt wird. Wien ist ja schließlich und endlich nicht das einzige Bundesland, wo das möglich ist. Ich denke, das ist keine absurde, sondern eine gute und menschliche Variante, wenn man dies hier ermöglicht. Zum zweiten Abänderungsantrag, in dem es um das elektronische WählerInnenverzeichnis geht: Es ist so, dass es sehr wohl eine digitale Form gibt. Seitens der Wahlbehörde beziehungsweise der Landwirtschaftskammer in diesem Fall wird ein WählerInnenverzeichnis per PDF verschickt, das schreibgeschützt ist, und ich denke, das ist auch gut so. Wenn Sie vor allem in Ihrem Antrag von einem "bearbeitbaren digitalen Format" sprechen, dann halte ich das für nicht besonders sinnvoll. Nun noch eine Anmerkung zur Novelle: Meine Vorrednerin hat nicht angesprochen, dass beim § 43 Abs. 5 der Passus "gegen Ersatz der Kosten" entfällt, das heißt, die Übermittlung erfolgt kostenfrei. Zum ersten Beschlussantrag betreffend die Anpassung des Passivwahlrechts, geregelt im § 50 des Wiener Landwirtschaftskammergesetzes: Diesbezüglich gibt es die Anpassung, dass künftig nicht nur die österreichische Staatsbürgerschaft erforderlich, sondern dass um die Mitgliedstaaten der EU beziehungsweise des EWR-Abkommens erweitert wird. Ich glaube, das ist durchaus eine sehr gute Form der Erweiterung. Das ist wahrscheinlich gerade in der Landwirtschaft ein wenig anders zu sehen als zum Beispiel bei der ÖH, wie meine Vorrednerin vergleichsweise angesprochen hat. Zum zweiten Beschlussantrag der GRÜNEN, in dem es um die Mitglieder der Fachausschüsse geht. Es besteht bereits eine Regelung, abgesehen davon, dass das gar nicht Gegenstand der Novelle war, woran man schon erkennen kann, dass hier auch kein Änderungsbedarf gesehen wurde. Ihre Behauptung, dass angeblich keine Möglichkeit für Nichtmandatare besteht, hier teilzunehmen, ist ohnehin nicht richtig. § 14, regelt das nämlich, wie bereits erwähnt, so, dass seitens der Fachausschüsse beziehungsweise über die Vollversammlung, die diese Fachausschüsse einrichtet, per Beschluss jederzeit geeignete und besonders sachkundige Sachverständige und auch Kammerangestellte beigezogen werden können und die Betreffenden, wenn nötig, auch über längere Zeit in der Form teilnehmen können, dass man sie in den Ausschuss kooptiert. Ich denke, das ist eine bewährte, gute Tradition, die man nicht brechen sollte. Und ich verstehe eigentlich nicht, warum ein Ausschuss so weit geöffnet werden soll, dass faktisch jede wahlwerbende Fraktion teilnehmen kann. Es gilt ja auch hier das Verhältniswahlrecht, und dazu stehen wir. Somit kann ich nur ersuchen, allen vier Anträgen nicht zuzustimmen. Diese so wichtige Novelle soll, wie gesagt, bereits 2023 zur Anwendung kommen. Sie wurde auch von meiner Vorrednerin als im Grunde gut bezeichnet, und vielleicht gibt es noch einen Sinneswandel und wir schaffen heute einen einstimmigen Beschluss. - Herzlichen Dank. Präsident Ernst Woller: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile dem Berichterstatter das Schlusswort. Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zu den Kritikpunkten beziehungsweise zu den Anträgen ist ja schon genug ausgeführt worden, und dem habe ich nichts hinzuzufügen. Lassen Sie mich noch allgemein zwei Sätze zum zu beschließenden Gesetz sagen. Wir schreiben in Wien die Sozialpartnerschaft wirklich sehr groß, und das betrifft natürlich alle gemeinschaftlichen Politikfelder. Im Haus als Arbeitgeberin stimmen wir uns sehr eng mit unserer Personalvertretung ab, und natürlich stimmen wir auch unsere Politik mit den Vertreterinnen und Vertretern der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer, des Österreichischen Gewerkschaftsbunds und eben auch mit der Landwirtschaftskammer ab. Aus dieser guten und engen Zusammenarbeit ist natürlich auch die Arbeit an notwendigen Novellierungen zum Gesetz entstanden, und ich möchte mich sehr herzlich bei den Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtinnen und Landwirte für diese großartige Kooperation bedanken. Ich freue mich auf die vielen Dinge, die wir in Zukunft gemeinsam auf den Weg bringen werden, und bitte um Zustimmung zu dem Gesetz. Präsident Ernst Woller: Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Mir liegen zwei Abänderungsanträge der GRÜNEN vor. Ich lasse zuerst den ersten Antrag abstimmen. Er betrifft die Wahlberechtigung für PensionistInnen. Wer diesem Abänderungsantrag zustimmen möchte, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand oder mit der Stimmkarte. - Das wird nur von den GRÜNEN unterstützt, daher nicht ausreichend unterstützt und abgelehnt. Über den Abänderungsantrag betreffend elektronische WählerInnenverzeichnisse lasse ich ebenfalls abstimmen. Wer dafür ist, gebe bitte ein Zeichen mit der Hand oder Abstimmungskarte. - Wird ausschließlich von den GRÜNEN unterstützt und ist damit nicht beschlossen. Ich komme nun zur ersten Lesung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand oder die Abstimmungskarte zu erheben. - Das ist beschlossen mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, NEOS und SPÖ und damit ausreichend unterstützt. Somit ist der Beschluss in erster Lesung erfolgt. Ich schlage vor, die zweite Lesung der Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig. Ich komme daher zur zweiten Lesung und bitte jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand oder der Abstimmungskarte. - Die GRÜNEN stimmen nicht zu, somit ist das mit den Stimmen von SPÖ, NEOS, ÖVP und FPÖ in zweiter Lesung beschlossen. Postnummer 6 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem die Dienstordnung 1994, die Besoldungsordnung 1994, die Pensionsordnung 1995 und das Wiener Bezügegesetz 1995 geändert werden. (Zwischenrufe.) Entschuldigung! Ich gehe zurück. Ich habe natürlich noch die Beschlussanträge der GRÜNEN zur Abstimmung zu bringen. Der erste Antrag betrifft Mitglieder der Fachausschüsse der Wiener Landwirtschaftskammer. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand oder Abstimmungskarte. - Das wird nur unterstützt von den GRÜNEN und daher nicht beschlossen. Der zweite Beschlussantrag betrifft passives Wahlrecht zur Vollversammlung der Wiener Landwirtschaftskammer. Wer diesem Antrag zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand oder der Abstimmungskarte. - Das wird ausschließlich von den GRÜNEN unterstützt und ist daher nicht beschlossen. Ich komme nun tatsächlich zur Postnummer 6. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem die Dienstordnung 1994, die Besoldungsordnung 1994, die Pensionsordnung 1995 und das Wiener Bezügegesetz 1995 geändert werden sollen. Berichterstatter hierzu ist Herr Amtsf. StR Czernohorszky, und ich ersuche ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Bitte um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor, daher komme ich gleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand oder Abstimmungskarte. - Das ist einstimmig so beschlossen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen und ersuche alle Damen und Herren des Landtages, die dem zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand oder Abstimmungskarte. - Das ist einstimmig beschlossen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, ebenso um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist in zweiter Lesung wieder einstimmig beschlossen. Postnummer 7 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Amtsf. StR Hacker. Ich bitte ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Peter Hacker: Ich ersuche um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Da mir zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die dieser Gesetzesnovelle zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand oder der Abstimmungskarte. - Das ist einstimmig beschlossen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Wer dieser Vorgangsweise zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand oder Abstimmungskarte. - Das ist einstimmig. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand oder Abstimmungskarte. - Das ist ebenfalls wieder einstimmig beschlossen. Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf schriftlichem Wege bekannt gegeben. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche einen schönen Abend. (Schluss um 16.50 Uhr.) Landtag, 21. WP 24. November 2021 8. Sitzung / 2