Wiener Landtag 20. Wahlperiode 43. Sitzung vom 12. März 2020 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. VER-177345-2020-KNE/VL: Gemäß § 120 (4) WStV Einberufung des Wiener Landtages durch Präsident Ernst Woller mit dem Thema "Causa Rothschild: Unvereinbarkeit im Wiener Landes- Stiftungs- und Fondsgesetz beenden. Das Land Wien braucht eine unabhängige Stiftungs- und Fondsbehörde!" S. 3 3. Mitteilung des Einlaufs S. 3 4. VER-177345-2020-KNE/VL: Debatte zum Verlangen des NEOS- Rathausklubs zu unter Punkt 2 genanntem Thema Redner: Abg. Christoph Wiederkehr, MA S. 3 Abg. Karl Baron S. 5 Abg. Dr. Wolfgang Ulm S. 5 Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies S. 7 Abg. Leo Kohlbauer S. 8 Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher S. 9 Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara S. 11 Abg. Kurt Wagner S. 12 Abstimmung S. 14 (Beginn um 10.03 Uhr.) Präsident Ernst Woller: Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrter Herr Landesrat! Die 43. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet. Entschuldigt sind Frau StRin Gaál, Herr StR Peter Hanke, Frau StRin Schweiger-Stenzel sowie die Abgeordneten Aichinger, Aigner, Bluma, Hobek, Huemer, Kowarik, Meidlinger, Meinhard-Schiebel, Schinner-Krendl, zeitweise Herr Abg. Maresch, der jetzt noch im Raum ist, und ab 11.30 Uhr Herr Abg. Niegl. Vom NEOS-Rathausklub wurde ein Verlangen auf Einberufung einer Sitzung des Wiener Landtages eingebracht, zum Thema "Causa Rothschild: Unvereinbarkeit im Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz beenden. Das Land Wien braucht eine unabhängige Stiftungs- und Fondsbehörde." In Entsprechung des § 120 Abs. 4 der Wiener Stadtverfassung in Zusammenhalt mit § 8 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien wurde zu dieser Sitzung ordnungsgemäß eingeladen. Die Geschäftsordnung sieht vor, dass in Sitzungen des Landestages auf Verlangen keine Geschäftsstücke verhandelt werden. Der Entfall von Fragestunde, Aktueller Stunde und dringlichen Initiativen ist in der Fraktionsvereinbarung festgeschrieben. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass vom Klub der Freiheitlichen drei und vom ÖVP-Klub fünf Anfragen eingelangt sind. Sie werden entsprechend der Beantragung erledigt. Die Abgeordneten Berger-Krotsch, Gremel, Hanke, Vettermann, Berner, Ellensohn haben am 25.2.2020 gemäß § 30 der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend Änderung des Gesetzes zum Schutz der Jugend einbracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Bildung, Integration, Jugend und Personal zugewiesen. Wir kommen nun zur Besprechung des Verlangens und ich eröffne die Debatte. Zur Begründung und als Erstredner hat sich Herr Abg. Wiederkehr zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm, wobei ich bemerke, dass seine Gesamtredezeit 30 Minuten beträgt. - Ich ersuche um Ihre Wortmeldung. 10.05.50 Abg. Christoph Wiederkehr, MA (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns ist bewusst, dass es aktuell wohl dringlichere Themen in dieser Stadt gibt und dass wir gemeinsam und entschlossen auch gegen die Corona-Krise vorgehen müssen. Hier ist auch ein gemeinsames Handeln besonders wichtig, und wir haben auch im Vorhinein das Angebot gemacht, diesen Sonderlandtag, den wir schon vor einigen Wochen einberufen haben, auch zu verwenden, um einen parteiübergreifenden Schulterschluss gegen diese Corona- Krise zu bekommen. Mein Angebot war auch an den Herrn StR Hacker, hier eine Mitteilung zur aktuellen Thematik zu machen, um auch über die aktuelle Situation zu diskutieren. Ich bedauere, dass dies nicht angenommen wurde und dass deshalb unsere Thematik des Sonderlandtages weiter behandelt wird. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Weil es geschäftsordnungsmäßig nicht möglich ist!) Ich halte es allerdings auch für wichtig, dass wir in dieser für Wien sehr kritischen Lage auch den Parlamentarismus weiterleben und dass der Parlamentarismus weiter aufrechterhalten wird, denn vor allem in Krisenzeiten, das wissen wir auch historisch, ist es wichtig, dass parlamentarische Kontrolle weiter am Leben erhalten bleibt und dass in einer parlamentarischen Demokratie die Legislative funktionsfähig bleibt. Das halten wir, das halte ich für sehr, sehr wichtig und darum danke ich hier auch für dieses gemeinsame Verständnis, parteiübergreifend, dass wir trotz der aktuellen Situation in Wien auch diesen Sonderlandtag abhalten, da parlamentarische Kontrolle vor allem auch in Krisenzeiten wichtig ist. (Beifall bei den NEOS.) Genau das ist unsere Aufgabe, hier auch parlamentarische Kontrolle auszuüben. Nach dieser Vorbemerkung möchte ich gleich ins Thema starten, denn das Thema ist ein wichtiges, ein seit Jahren auch aktuelles Thema, kein ganz neues, aber die Rothschild-Stiftung hat neue Dringlichkeit bekommen, weil die Erben dieser Stiftung jetzt auch in Rechtsstreitigkeiten gegen die Stadt gegangen sind. Nicht wegen ganz neuer Entwicklungen, sondern wegen grundsätzlicher Fragestellungen. Bei dieser Causa Rothschild geht es um eine sehr grundsätzliche Haltung auch in der Politik. Erstens um die grundsätzliche Haltung, wie gehen wir mit dem geschichtlichen Erbe in dieser Stadt um, wie gehen wir mit unserem gemeinsamen geschichtlichen Erbe um - und das Erbe der Familie Rothschild sehe ich auch als unser Erbe in dieser Stadt. Es ist zweitens eine Frage, wie laufen Immobilien-Deals in dieser Stadt ab. Das haben wir schon sehr, sehr häufig thematisiert und wir sehen im Umfeld des Stiftungsvermögens, dass hier auch Vermögen der Stiftung über fragwürdige Immobilien-Deals dann indirekt der Stadt zugeflossen ist und dass Magistrat und Stadt sich auch Privateigentum und Eigentum von der Stiftung einverleibt haben. Drittens ist es auch ein Thema der psychischen Versorgung in dieser Stadt und auch die Frage, wie wir mit diesem Areal des Rosenhügels weiter umgehen. Wegen der aktuellen Situation werden wir die Debatte allerdings nicht ewig hinziehen, sondern uns auf das Wesentlichste konzentrieren, auch in der Schärfe unseren Ton etwas anpassen. Hintergründe zur Stiftung, um auch alle hereinzuholen und zu vermitteln, worum es geht: Nathaniel Rothschild hat 1905 in seinem Testament verfügt, dass eine Stiftung errichtet werden soll, um am Wiener Rosenhügel eine Nervenanstalt für Arme zu errichten. Das passierte 1907 mit einem Vermögen der Stiftung nach heutigem Wert von immerhin 150 Millionen EUR. Das ist bis dato die größte wohltätige Privatstiftung Österreichs, die uns überlassen wurde. 1907 wurde im Stiftungsbrief auch der Stiftungszweck festgehalten, nämlich eine Anstalt für mittellose Nervenleidende, die in einem guten Umfeld, in einem grünen Umfeld auch die beste Versorgung bekommen sollen - das heißt, ein sehr humanistischer, ein sehr guter Ansatz, um für die Wiener Bevölkerung auch eine gesundheitliche Versorgung zu schaffen. Was ist seitdem passiert? Zunächst wurde die Stiftung nach Stiftungswillen auch von einem unabhängigen Stiftungskuratorium geleitet. Durch die Arisierung durch die Nazis ist diese Stiftung untergegangen und wurde 1957 wiedererrichtet. Allerdings wurde dieses unabhängige Kuratorium nicht mehr wiedererrichtet, sondern die Verwaltung der Stiftung wurde einfach ins Umfeld der Stadt einverleibt, obwohl der Stifterwille ganz klar ein anderer war, nämlich, dass es ein unabhängiges, vom Stifter eingesetztes Kuratorium geben soll. Diese ursprüngliche Organisation ist im Stifterbrief festgehalten, wo das Kuratorium so festgelegt wird: Es soll aus zwölf Personen bestehen und neun von diesen zwölf Personen sollen durch die Stifterfamilie bestellt werden. Die anderen drei sollen von der öffentlichen Hand bestellt werden, aber nur unter Einbindung des Stifterwillens. Und was sehen wir heute? Keine einzige Person aus diesem Kuratorium wurde von der Stifterfamilie nur ansatzweise legitimiert oder bestellt. Ganz im Gegenteil, die Erben der Stiftung sagen ganz klar, dass der Stifterwille hier nicht mehr beachtet wird und dass sie nicht damit d'accord gehen, dass diese Stiftung mittlerweile innerhalb der Stadt verwaltet wird. Sie wollten eine Unabhängigkeit haben, die von der Stadt auch nicht respektiert wurde. Es wurde von der Stadt leider nie der Versuch unternommen, nach der Nazi-Zeit das Kuratorium wieder so zu errichten, wie es die Stifter haben wollten. Ganz im Gegenteil, man ist davon abgegangen und 2017 hat man sogar die Statuten der Stiftung so geändert, dass das Vermögen an die Stadt fällt, wenn die Stiftung aufgelöst wird. Das ist eine massive Missachtung des Stifterwillens, den wir durch diese Änderung der Satzung 2017 sehen. Was hier gemacht wird, ist, dass man sich selbst als Magistratsabteilung sowohl in die Rolle setzt, die Stiftung zu führen, und gleichzeitig auch die Stiftungsatzung verändert. Das ist eine Inkompatibilität, das ist ein In-sich-Geschäft, das hier eigentlich nichts zu suchen hat. Was ist das Ergebnis davon? Die Stiftung wird nicht von einem Kuratorium, sondern vom Wiener Magistrat verwaltet, und die Stadt Wien ist Letztbegünstigter der Stiftung. Das ist im krassen Widerspruch zum Stifterwillen und damit auch eine Missachtung des Stifterwillens. (Beifall bei den NEOS.) Der Stiftungserbe, ein Enkel von Rothschild, der erst vor ein paar Jahren auf die Thematik intensiver gestoßen ist und sich jetzt auch darum kümmert, möchte den ursprünglichen Zustand der Stiftung wiederherstellen. Das ist sehr verständlich, aber die Stadt kooperiert nicht, der Nachfahre der Stiftung hat nicht einmal Einsichtsrecht in die Akten bekommen. Und das halte ich schon für respektlos dem Erben gegenüber, dass dieser nicht einmal die Möglichkeit bekommt, in die Akten einzusehen, das ist eine eindeutige Missachtung des Stifterwillens. Es geht in diesem Rechtsverfahren nicht nur um eine juristische Frage, die natürlich die Gerichte zu entscheiden haben, sondern es geht auch um die grundsätzliche Frage, wie gehen wir mit diesem Erbe, wie gehen wir mit diesem Teil der Geschichte um. Hier sagt der Nachfahre von Rothschild auch klar, ihm fehlt die nötige Sensibilität in der Erinnerungskultur, weil zum Beispiel noch immer keine Gedenktafel am Rosenhügel erläutert, was denn die Hintergründe waren. Es ist das Mindeste, vor Ort auch eine Gedenktafel anzubringen, im Sinne einer Erinnerungskultur. (Beifall bei den NEOS.) Ein weiteres großes Thema in dieser Causa ist die Frage, wie mit dem Vermögen der Stiftung umgegangen wurde, vor allem, wie mit den Gebäuden umgegangen wurde, die vom Stifter auch in dem Gedanken überlassen wurden, für die Gesundheitsversorgung der Wienerinnen und Wienern einen Mehrwert zu bieten. Was ist passiert? 2001 ist ein Teil des Stiftungserlöses oder der Stiftungsmasse, das Maria-Theresien-Schlössel im 19. Bezirk, um 6 Millionen EUR von der Stiftung verkauft worden. Die Stiftung wurde schon vom Magistrat verwaltet, und an wen ist verkauft worden? An die Stadt. Das heißt, die Stiftung, verwaltet durch die Stadt, verkauft an sich selbst, und die Gewinne aus diesen Erlösen wurden nach Streitigkeiten dem Krankenanstaltenverbund überwiesen. Damals haben sehr zu Recht auch die GRÜNEN ein Prüfersuchen an das Kontrollamt gerichtet, um die Hintergründe zu analysieren, und sie haben klar von der Enteignung der Rothschild-Stiftung gesprochen, das heißt, diese klaren Worte hat die Grüne Fraktion damals 2005 gefunden. Aber bei diesem einen Grundstück, das verkauft wurde, ist es nicht geblieben, sondern das geht noch weiter. Beim Maria-Theresien-Schlössel haben wir uns angeschaut, wie hoch der Kaufpreis war: Es waren damals 92 Millionen EUR für 10.500 m², das ist ein Quadratmeterpreis von 315 EUR, nach einem Schätzgutachten. Das kennen wir ja auch in vielen anderen Bereichen der Stadt, es gibt Schätzgutachten, die oft weit weg vom Marktpreis sind, auch hier ist der durchschnittliche Preis in der Gegend ungefähr sechs Mal so hoch. Das heißt, hier hat man das Vermögen der Stiftung zu günstig verkauft, an sich selbst, und somit das Vermögen der Stiftung auch sich selbst einverleibt. Was jetzt befürchtet wird, ist, dass das kein Einzelfall ist, sondern dass es weitergeht, nämlich am Areal des Rosenhügels, wo es weitere Gebäude der Stiftung gibt und wo jetzt schon eine Abtrennung der Bauplätze passiert. 2 Bauplätze am Rosenhügel sind schon abgetrennt und 172 Bäume gefällt worden, und hier ist ganz klar auch verständlich, dass sich die Nachfahren des Stiftungsgründers Sorgen machen, was mit der Nervenheilanstalt am Rosenhügel, was mit dem Grundstück passiert: Versucht man auch hier wieder, das Stiftungsvermögen zu verscherbeln, zu verkaufen, und somit auch die Stiftung zu schädigen? Wir hatten die erste Gerichtsverhandlung in dieser Causa, wo auch die Richterin ganz klar den Stiftungswillen gefährdet sieht, das heißt, nicht nur die Erben und wir, sondern auch die Richterin hat das mündlich als ihre Sorge geäußert. Sie versucht natürlich abseits des Gerichtlichen zu einer Einigung zu kommen. Und dort hin geht auch unser Appell: Schauen wir, dass wir behutsam mit diesem historischen Erbe umgehen, schauen wir, dass endlich Gespräche stattfinden, schauen wir, dass wir einen Runden Tisch mit den Stiftungserben machen, um eine gemeinsame Lösung zu finden, um die Erben mit Respekt zu behandeln und um das Beste für die psychiatrische Versorgung der Wienerinnen und Wiener herauszuholen! (Beifall bei den NEOS.) Dazu bringen wir einen Antrag ein. Unser zweites Anliegen ist, dass wir in Zukunft auch die Frage der Stiftungen besser lösen und eine unabhängige Stiftungsbehörde einrichten, denn Fälle wie bei der Rothschild-Stiftung sehen wir auch in anderen Bereichen. Zusammengefasst, was ist unsere Kritik? Man kann nicht einfach den Stiftungswillen ignorieren, es ist unsauber, sich von einer Magistratsabteilung zu der anderen ein riesen Vermögen zuzuschanzen. Es ist eine Frage, wie wir mit dem geschichtlichen Erbe dieser Stadt umgehen, ob wir da mit Bedacht umgehen und auch mit Respekt umgehen. Und es ist drittens eine Frage der psychiatrischen Versorgung in dieser Stadt. Wir wissen, wir haben zum Beispiel im Bereich der Kinderpsychiatrie massiven Aufholbedarf und wir haben große offene Themen, und da ist der Rosenhügel ein Areal, das unseres Erachtens nach schützenswert ist, und im Gegenteil sogar ausgeperlt werden soll, weil dort die psychiatrische Behandlung und vor allem auch die psychologische Betreuung von Patientin und Patienten gut angesiedelt sind. Dafür werden wir uns einsetzen, und das ist auch der Grund für unseren heutigen Sonderlandtag. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Ernst Woller: Für die nun folgenden Wortmeldungen möchte ich bemerken, dass die Redezeit für den Erstredner jeder Fraktion 20 Minuten beträgt, die Redezeit jedes weiteren Redners ist mit 15 Minuten begrenzt. Als nächster Redner hat sich Herr Abg. Baron zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Ich möchte für das Protokoll auch noch anmerken, dass Herr Abg. Michael Aichinger entschuldigt und Herr Abg. Dr. Fritz Aichinger anwesend ist. Bitte, Herr Abg. Baron. Abg. Karl Baron (DAÖ): Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute in der Landtagssitzung das Thema, ob das Land Wien eine unabhängige Stiftungs- und Fondsbehörde benötigt oder ob die derzeitige Ausrüstung für ausreichend befunden werden kann. Nun, Grund dieses Nachdenkens ist eine vor dem Gericht anhängige Angelegenheit zwischen den Nachfolgern der Familie Rothschild und der Gemeinde Wien. Lassen Sie mich dazu feststellen, dass dieses anhängige Verfahren gar nicht notwendig gewesen wäre, wenn man früher Gesprächsbereitschaft gezeigt hätte. Spät aber doch dürfte nun der dafür zuständige Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker insofern einlenken, indem er eine gütliche Lösung des Problems anstrebt. Warum die zuständige Magistratsabteilung 40 dem Anwalt der gegnerischen Partei im Februar dieses Jahres die Einsicht in den Akt verwehrte, wäre noch zu hinterfragen, wenn man doch eh nichts zu verbergen hat. Zur Begründung einer vernünftigen Gesprächs- und Verhandlungsbereitschaft hat es jedenfalls überhaupt nicht beigetragen. Liest man sich in die Geschichte der Freiherr von Rothschild'schen Stiftung etwas genauer ein, so muss man zweifelsohne zu der Überzeugung kommen, dass hier absolut Handlungsbedarf besteht. Ohne darauf näher eingehen zu wollen, muss herausgearbeitet werden, ob die Stadt Wien von der Nachkriegszeit bis heute immer moralisch und rechtlich rechtens gehandelt hat. Der heikelste Punkt wird dabei die offensichtlich nicht rechtmäßige Veräußerung des Maria-Theresien-Schlössels im 19. Bezirk sein. Die Stadt Wien hat hier scheinbar ohne Einbeziehung der Nachfahren der Familie Rothschild gehandelt. Vorerst ist aber eine außergerichtliche Einigung anstrebenswert und auch abzuwarten, erst dann sollten wir dieses heikle Thema neu aufrollen. Bei dieser Wiederaufnahme sind für uns dann drei Punkte besonders herauszuarbeiten: Erstens, eine Begründung der vollzogenen Änderung der Stiftungssatzung im Jahre 2017 und wer dazu verantwortlich zeichnet. Zweitens, die Hintergründe des Verkaufs des Maria-Theresien-Schlössels im Jahre 2001, wie zum Beispiel der erzielte Verkaufspreis, auch hier müssen wir noch die Verantwortlichen finden. Und drittens eine Abberufung des Magistrat Wien als Stiftungsverwalter und die Wiedereinsetzung eines unabhängigen Kuratoriums, wie es von 1907 bis 1938 bestand. Abschließend kann ich nicht umhin, die Forderung der Nachfolger der Familie Rothschild, wie schon vorher erwähnt, als vernünftig und erstrebenswert zu sehen. - Danke. (Beifall bei der DAÖ.) Präsident Ernst Woller: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich noch feststellen, dass Herr Abg. Niegl bis 11.30 Uhr entschuldigt ist - das habe ich falsch vorgelesen -, und ich möchte auch noch mitteilen, dass Herr Abg. Rudolf Stark den ganzen Tag entschuldigt ist. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Ulm. Ich erteile ihm das Wort, die Redezeit ist 20 Minuten. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man könnte jetzt trefflich juristische Argumente pro und kontra hier anführen. Das möchte ich aber nicht machen, denn die Sache ist gerichtsanhängig, beim Bezirksgericht Hietzing, und denke mir, wir sollten uns als Politiker und Gesetzgeber hier zurückhalten. Ich möchte daher nicht darüber spekulieren, ob das Bezirksgericht Hietzing zuständig ist, ob die Anträge zu Recht gestellt worden sind, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Gericht diesen Anträgen stattgeben wird oder diese Anträge ablehnen wird, und wie das letztendlich dann letztinstanzlich ausgehen wird. Ich möchte ganz gerne politisch argumentieren und sehe hier drei Punkte, die ich anführen möchte. Erster Punkt: Wie geht die Stadt Wien mit der Rothschild'schen Stiftung um? Welches Verhältnis haben wir zu Enteignungen und zu Restitutionen und wie schaut es mit dem Respekt vor den Vertriebenen und Opfern des Nationalsozialismus aus? Zweiter Punkt: Immer wieder wird das Thema Rosenhügel besonders heiß diskutiert, wenn die Gefahr besteht, dass es dort zu einer Vernichtung von Grünraum kommt, zu einer Verbauung und zu einer Nutzung zu nichtmedizinischen Zwecken. Und Punkt 3: Letztendlich glaube ich schon, dass man sich das Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz anschauen muss, dass man das evaluieren muss, weil es hier natürlich Interessenkollisionen gibt und ich nicht davon überzeugt bin, dass diese Interessenkollisionen im Gesetz optimal geregelt sind. Ich komme zum Punkt 1, wie gehen wir mit dem jüdischen Erbe um, wie gehen wir mit der Ungerechtigkeit um, die den Juden während des Nationalsozialismus widerfahren ist, und hat die Stadt Wien hier auch ungerecht gehandelt, als sie dann nach dem Jahr 1945 Restitutionen versucht hat? Im Jahr 1956 ist es zu dieser Restitution gekommen, von der ich nicht sicher bin, ob sie ihren Namen verdient. Denn wenn ich letztendlich nur die Rothschild'sche Stiftung an sich wiedereinführe, aber die dann immer mehr zu einer juristischen Hülle wird, weil sie ja materiell-rechtlich inhaltlich ausschließlich von der Stadt Wien getragen wird und die Stadt Wien ausschließlich entscheiden und über das Materielle, über das Vermögen verfügen kann, na ja, dann bleibt von einer selbstständigen Rothschild'schen Stiftung nicht mehr sehr viel über. Man war im Jahr 1956 der Meinung, dass es nicht notwendig ist, ein zwölfköpfiges Kuratorium wiedereinzusetzen, wie das ursprünglich ja im Stiftungsbrief vorgesehen war - im Stiftungsbrief der Stiftung noch aus Zeiten der Monarchie -, sondern man hat gesagt, nein, statt dem zwölfköpfigen Vertretungskuratorium soll der Magistrat ab sofort die Geschicke dieser Stiftung leiten. Vermögen war nicht so wenig vorhanden - 19. Bezirk: Maria-Theresien- Schlössel, 13. Bezirk: Rosenhügel -, da stellt sich schon sehr die Frage, ob man im Jahr 1956 - da war die Shoah noch nicht so lange her, meine sehr geehrten Damen und Herren, das waren zehn, elf Jahre seit dieser furchtbaren Vernichtung und Ermordung unserer jüdischen Mitbürger - nicht ein bisschen mehr hätte machen können, ja, hätte machen müssen, ob man hier nicht die Erben des Stifters ausforschen hätte müssen, statt sich einfach auf den Standpunkt zu stellen, na ja, ab sofort wird die Psychiatrie mehr oder weniger mit den Mitteln der Stadt Wien und mit den Mitteln der Steuerzahler finanziert und wir machen das ganz einfach selbst und eignen uns indirekt, schön langsam im Laufe der Jahre auch diese wertvollen Liegenschaften an. Der Verkauf des Maria-Theresien-Schlössels, 19. Bezirk, Oberdöbling, ist schon angesprochen worden. Um weniger als 7 Millionen EUR hat die Stiftung, vertreten durch die MA 12, an die Stadt Wien verkauft und wenig später ist dann die stiftungsbehördliche Genehmigung durch die MA 62 erfolgt. Das heißt, wir haben die MA 12 als Vertreterin der Verkäuferin, die Stadt Wien als Käuferin und als Stiftungsbehörde der MA 62: Also wer das nicht als problematisch ansieht, dann weiß ich nicht! Was noch dazukommt, ist, dass nicht einmal der Kaufpreis - diese knapp 7 Millionen EUR, von denen man ja ausgehen kann, dass die möglicherweise auch sehr gering ausgefallen sind -, dieser relativ geringe Kaufpreis an die Stiftung, sondern der Stadt Wien zugeflossen ist. Ich schaue zum Herrn Kollegen Margulies, ich kann mich noch erinnern, im Jahr 2001 - wir waren beide schon in diesem Haus - hat der Herr Kollege das auch zu seinem Thema gemacht und hat auch eine gewissen Kritik - ich hoffe, dass ich das so richtig wiedergebe - an diesen Vorgängen geäußert. So ist es allerdings weitergegangen. Im Jahr 2017 - auch heute schon gesagt worden - wird die Stadt Wien da letztbegünstigt und es ist von dieser Rothschild'schen Stiftung, abgesehen vom Namen, nicht mehr viel übrig geblieben. Ich glaube, es ist notwendig, dass wir uns jetzt mit der Geschichte dieser Stiftung sehr intensiv auseinandersetzen, dass sich Historiker mit dieser Stiftung auseinandersetzen und dass sich Experten auf dem Gebiet der Enteignung und der Restitution ansehen, was da seit dem Jahr 1956 zwischen der Stadt Wien und der Rothschild'schen Stiftung passiert ist. Ich habe in diesem Zusammenhang einen Antrag vorbereitet und freue mich sehr, dass er mittlerweile zu einem Mehrparteienantrag geworden ist. Ich darf also diesen Antrag nicht nur in meinem Namen und dem der Frau Kollegin Korosec einbringen, sondern auch im Namen von Josef Taucher, David Ellensohn, Christoph Wiederkehr und Karl Baron, also auch für DAÖ, NEOS, GRÜNE und SPÖ. In diesem Antrag spricht sich der Wiener Landtag für die Einrichtung einer unabhängigen Expertenkommission betreffend die Untersuchung der Geschichte der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke aus. - Bitte um breite Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.) Ein zweites großes politisches Anliegen von mir - auch dazu habe ich einen Antrag vorbereitet - ist die mögliche Verbauung des Rosenhügels und die möglicherweise zweckwidrige Verwendung des Geländes. Verbauung und Verkauf des Rosenhügels, das passt mit dem Stiftungszweck nicht wirklich zusammen. In der ursprünglichen Stiftungsurkunde, noch aus der Zeit der Monarchie, heißt es recht blumig, es geht darum, Anstalten für mittellose Nervenleidende und ohne Unterschied der Konfession in gesunder Lage in Wien oder möglichst in der Nähe von Wien nach dem Pavillonsystem zu errichten und zu erhalten. Es ist darauf zu achten, dass sich bei jeder Anstalt möglichst ein Raum für Garten- und Feldarbeit nebst Turnplatz befindet. - Na ja, das alleine wird eine perfekte neurologische Behandlung nicht ausmachen, aber es ist auch wichtig, man wird natürlich besser gesund in einer gesunden und grünen Atmosphäre. In Sachen Psychiatrie hat die Stadt Wien Mängel insbesondere bei der Kinderpsychiatrie, das läuft nicht so perfekt, sodass ich meine, man kann sich da ruhig noch mehr an den Stiftungszweck halten als bisher. Und die Errichtung von Gebäuden, die anderweitig genutzt werden, Gemeindewohnungen oder Einrichtungen für Pro Mente - so wie das ja in den 80er Jahren und auch jetzt noch in den vergangenen Jahren in der täglichen Diskussion zu hören war - passen einfach mit dem Stiftungszweck nicht zusammen. Ich darf daher einen Antrag einbringen, gegen eine Verbauung sowie zur Beibehaltung der medizinischen Nutzung des Areals des Neurologischen Zentrums Rosenhügel. (Beifall bei der ÖVP.) Letzter politischer Punkt, auch dazu habe ich einen Antrag vorbereitet: Das Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz muss man sich wirklich anschauen. Soll es wirklich möglich sein, dass der Magistrat, der die Stiftung vertritt, mit dem Magistrat einen Kaufvertrag abschließen kann, der dann vom Magistrat als Stiftungsbehörde genehmigt wird? Wollen wir das wirklich? Brauchen wir da nicht noch zusätzliche Bestimmungen oder zumindestens eine authentische Interpretation von § 10 des Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes? Was steht da drinnen? In Abs. 2 des § 10 steht: "Organe der Stiftungsbehörde, die mit der Aufsicht über eine Stiftung betraut sind, dürfen nicht zu einem Organ dieser Stiftung bestellt werden." Das heißt, eigentlich dürfte der Magistrat als Stiftungsbehörde nicht die Verwaltung der Stiftung übernehmen. Möglicherweise ist das so zu interpretieren, möglicherweise ist es aber auch nur so interpretieren, dass auf die Organwalter abgestellt wird. Das heißt, wenn das Magistratsbedienstete sind, die in unterschiedlichen Magistratsabteilungen arbeiten, wenn es sich um unterschiedliche Magistratsmitarbeiter handelt in der Vertretung der Stiftung und in der Stiftungsbehörde, dann ist das möglicherweise zulässig. Ich will hier nicht darüber spekulieren, ich möchte nur darauf hinweisen, dass der Zustand, so wie wir ihn jetzt haben, nicht tragbar ist, dass wir uns daher dieses Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz ganz genau anschauen müssen und verpflichtet sind, hier für Verbesserungen zu sorgen. Das will ich erreichen mit dem Antrag, den ich nun einbringe, und ersuche auch dabei um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Ernst Woller: Nächster Redner ist Herr Abg. Margulies. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Verkauf des Maria-Theresien-Schlössels wurde ja heute schon ein paar Mal angesprochen, ich komme darauf später zurück. Ich will aber, weil mir das wichtig erscheint und es sich auch überhaupt nicht von meiner Position im Jahre 2003-2004 unterscheidet, auch grundsätzliche Sachen dazu sagen. Erster Punkt: Ich glaube nicht, dass die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung alleine imstande wäre, ein neurologischen Krankenhaus so zu finanzieren und so zu führen, wie gegenwärtig der Status der Möglichkeit zur Behandlung von neurologischen Krankheiten in Wien ist, was wirklich dem hervorragenden Gesundheitssystem in Wien zu verdanken wäre. Also, es geht nicht darum, dass man jetzt glaubt, der Stiftungszweck der Rothschild'schen Stiftung würde nicht mehr erfüllt. Ganz im Gegenteil, der Stiftungszweck der Rothschild'schen Stiftung wird durch den Krankenanstaltenverbund in Summe ganz hervorragend erfüllt. Das wurde es auch im Jahr 2003, daran hat sich nichts geändert. Ich glaube daher, wir sollten das von vornherein einmal außer Zweifel stellen. Der zweite Punkt, den ich auch anders sehe als meine Vorredner, ganz grundsätzlich: Es ist nichts Schlimmes daran, wenn im Falle einer Auflösung - die Frage ist, warum löst sich das auf - einer Stiftung - so wie in vielen anderen Fällen - das, was noch übrig ist, der Stadt Wien zu Gute kommt. Ich glaube, dass die Stadt Wien in Summe über die letzten Jahrzehnte mit dem Vermögen, das sie selbst hat, und mit dem Schaffen von Infrastruktur, von kulturellen Einrichtungen, et cetera mit unserem gesamten gesellschaftlichen Vermögen sehr, sehr gut umgeht. Also, wenn es irgendjemandem zufällt, dann hoffe ich doch, dass herren- oder frauenloses Vermögen, wie es dann existiert, einer Einrichtung zu Gute kommt, die im Interesse der Menschen arbeitet. Und dafür arbeitet die Stadt Wien, dafür arbeitet die Stadt Wien seit vielen, vielen Jahrzehnten. Ich sage das jetzt ganz bewusst: Auch zu einer Zeit, als wir noch nicht in der Stadtregierung waren, hat die Stadt Wien im Interesse der Menschen gearbeitet. Ich glaube, das werden im Großen und Ganzen alle Politiker und Politikerinnen, die für die Stadt Wien arbeiten, auch in Zukunft tun. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Und eine dritte Vorbemerkung erlaube ich mir, die auf das Jahr 1956 zurückgeht, wo es ja nicht nur um die Rothschild'sche Stiftung geht, sondern um viele andere Stiftungen, die in Wirklichkeit teilweise absolut notleidend, teilweise ein bisschen notleidend waren, aber von der Stadt Wien wieder eingesetzt wurden. Jetzt kann man darüber diskutieren und ich bin sehr froh, dass es die Einrichtung einer Expertenkommission als Fast-Allparteienantrag gibt. Ich hoffe, dass wir im Zuge der Diskussion über die Rothschild'sche Stiftung auch noch andere Stiftungen mit einbeziehen, insbesondere aus dem medizinischen Bereich, und uns überlegen, was bedeuten diese Stiftungen für Wien, wie kann man den Stiftungswillen bestmöglich umsetzen, einen Stiftungswillen, der zu einem bestimmten Zeitpunkt gemacht wurde. Das darf man nicht vergessen, da liegen zwei Weltkriege dazwischen, da liegen technologische Entwicklungen dazwischen, die wir in dieser Art und Weise vor 100 Jahren nicht abschätzen konnten. Ich glaube, dass es tatsächlich darum geht, dass wir gemeinsam überlegen, wie man diesen Stiftungswillen umsetzen kann, und es nicht darum geht, auf Biegen und Brechen eine Situation herzustellen, die in Wirklichkeit der gegenwärtigen Situation nicht mehr angemessen ist. Und jetzt auch noch ein Satz zum Maria-Theresien-Schlössel: Ich glaube nach wie vor, dass das Maria-Theresien- Schlössel damals zu günstig verkauft wurde. Aber im Großen und Ganzen geärgert hat mich nicht alleine der Verkauf, vielmehr sollte man, wenn man einen Stiftungszweck hat oder wenn man sich Regeln auferlegt, dann diese Regeln gemeinsam befolgen. Und im Unterschied zu einem Fonds ist eine Stiftung etwas, wo im Normalfall das Vermögen erhalten wird und nur die Erträge aus der Stiftung zur Verfügung gestellt werden. Jetzt wissen wir, dass mit den Erträgen aus der Rothschild'schen Stiftung alleine bei einer Vermögenserhaltung dem Stiftungszweck nicht mehr sehr nachgekommen werden hätte können, nachdem die jährlichen Ausschüttungen in einer Größenordnung waren, die tatsächlich für den Krankenanstaltenverbund - dem Sie ja zu Gute gekommen sind - einen sehr, sehr kleinen Teil ausgemacht haben. Dennoch glaube ich, dass man nicht einfach als Stadt Wien - und das war der Kernpunkt meiner Kritik damals - einen Teil des Vermögens verkaufen kann und dann eigentlich ohne politischen Beschluss - das war auch der Hintergrund, es fand keine Debatte darüber statt, sondern es ist einfach passiert - das Geld an den Krankenanstaltenverbund weitergeleitet und schon 2001 in irgendwelchen Aktennotizen diese Vorgehensweise beschrieben wurde. Okay, es fand damals eine Rechnungshofprüfung statt, es fand auch eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft statt, und ich glaube nicht, dass man alle 15 Jahre Sachen, die eigentlich abgehandelt sind, neu zum Leben erwecken muss, wenn sich nicht wirklich etwas Existenzielles geändert hat. Die Sache ist im Großen und Ganzen entschieden. Ich bin daher sehr froh, dass wir heute einen fast einstimmigen oder fast Allparteienantrag - ohne die Freiheitliche Partei - beschließen werden, wo wir uns das in Ruhe genauer ansehen. Ich glaube aber nicht, dass man der Stadt Wien im Großen und Ganzen zum Vorwurf machen kann, dass sie den Stiftungswillen nicht beachtet und dass sie grundsätzlich versucht, mit ihren alten Stiftungen Geld zu machen, denn wenn ich jetzt wirklich betrachte, wie viele Stiftungen wir haben, und wir haben immer noch eine Vielzahl von Stiftungen, die die Stadt Wien als Stiftungsbehörde verwaltet - nicht alle, glaube ich, bei der MA 40, aber die meisten -, so wird im Großen und Ganzen versucht, dem Stiftungswillen bestmöglich Rechnung zu tragen. Wenngleich die Ausschüttungen aus den Stiftungen - und zwar eigentlich aller Stiftungen - in ihrer Größenordnung keine relevante Größe mehr für das Wiener Budget darstellen. Schauen wir, was rauskommt, wenn wir uns jetzt gemeinsam in einer Expertenkommission treffen und überlegen, wie wir weiter vorgehen. Ich hoffe auch, dass das anhängige Gerichtsverfahren nicht über viele Jahre ausjudiziert wird, sondern wir gemeinsam zu einer Lösung kommen. - In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Ernst Woller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Kohlbauer. Ich erteile es ihm. Abg. Leo Kohlbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anfangs hat der Herr Kollege Wiederkehr von den NEOS von Verantwortung gesprochen. Da muss man sich schon wirklich fragen, ob das heute angesichts der Krise, die wir in Wien und in Österreich haben, wirklich verantwortungsvoll ist, hier zusammen zu diskutieren über ein Thema, das man wahrscheinlich auch in 14 Tagen oder in einem Monat behandeln könnte, da - wie wir auch jetzt in der Diskussion festgestellt haben - die Thematik eine bekannte ist, eine alte ist und es absolut nichts Neues ist, dass es in der Stadt Wien Verwaltungsmissstände gibt und dass vielleicht im Stiftungsgesetz eine Evaluierung stattfinden sollte. (Beifall bei der FPÖ.) Wie gesagt, man muss grundsätzlich überall ganz genau hinsehen, wo die Stadt Wien Verwaltung betreibt, und so, glaube ich, ist es auch wichtig, dass man sich hier grundsätzlich einmal genau anschaut, was in dieser Stiftung in der Vergangenheit passiert ist. Es ist so, wir haben ja viele Skandale, wo die Stadt Wien mit ihrer Verantwortung nicht richtig umgeht. Ich erinnere an den Krankenhaus-Nord-Skandal, ich erinnere an die aktuelle Untersuchungskommission zu Vereinsförderungen, wo erst gestern zutage getreten ist, dass ein ÖVP-Verein insgesamt 520.000 EUR Förderung kassiert hat, davon 27.000 EUR weiter an die ÖVP überwiesen hat, aber nicht einmal ein Antrag vorhanden ist. Das ist gestern in der U-Kommission herausgekommen, es gibt schlichtweg keinen Antrag der ÖVP, und es kann keiner beantworten, warum die ÖVP über diesen Verein 520.000 EUR bekommen hat. Da gibt es also viele Verwaltungsmissstände, wo wir in dieser Stadt ganz genau hinschauen müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Und wenn jetzt gerade der Herr Kollege Ulm herausgegangen ist und gesagt hat, er möchte dem Gericht nicht vorgreifen, er möchte hier eine sachliche Debatte führen, ja, dann ist es genau die ÖVP, die ja hier in dieser Diskussion überhaupt eine Eskalation herbeigeführt hat. Ich meine, da muss man sich ja wirklich wundern, in den Zeitungen, im "Standard", in der "Wiener Zeitung", ist es drinnengestanden, da hat es absurde Vorwürfe gegenüber dem Herrn StR Hacker - ich sehe ihn jetzt leider nicht, er ist nicht hier - gegeben, wo ihm vorgeworfen wurde, er würde mit antisemitischen Codes operieren, wo ihm vorgeworfen wurde, er sei Rassist. Ich meine, der Herr Hacker, über den kann man viel sagen, er ist vielleicht kein Sympathieträger, könnte man behaupten, aber eines kann man sicherlich nicht behaupten, dass er Antisemit sei. Und da, meine sehr verehrten Kollegen von der SPÖ, da sieht man, wie schnell man mit falschen Antisemitismusvorwürfen hier in dieser Gesellschaft konfrontiert sein kann. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist auch der Grund, warum wir Freiheitlichen nicht auf diesen Allparteienantrag draufgehen werden, der hier heute beschlossen wird. Ich war wirklich verwundert, wie der Herr Taucher durch die Reihen geschwänzelt ist und alle gebeten hat, auf den Antrag zu gehen, der unseres Erachtens nur den Zweck hat, den Herrn Stadtrat und die Stadt Wien mit falschen Behauptungen zu besudeln. Und das ist schlichtweg nicht notwendig. Die Geschichte dieser Rothschild-Stiftung ist das Einzige, was klar ist, die ist ausreichend erforscht. Da braucht man nur auf die Homepage gehen, da kann man sich das ganz genau anschauen. Und wir wissen heute auch, dass es, ja, in dieser Stiftung Fehler gibt, beispielsweise, dass die Familie Rothschild hier kein Mitspracherecht hat. Das wird jetzt eben vor Gericht ausgefochten, und ich sage, da muss man abwarten, was die Gerichte entscheiden werden. Aber ich bin überzeugt, dass es hier zu einer Lösung kommen wird, wo die Familie Rothschild auch wiederum Mitspracherecht im Stiftungsrat bekommt. (Beifall bei der FPÖ.) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden den Anträgen zustimmen, dass es keine Bebauung gibt, denn da gibt es genügend Gerüchte auf dem Rosenhügel. Wir werden dem Antrag zustimmen, dass es eine Evaluierung des Stiftungsgesetzes in Wien geben soll. Wir werden auch dem NEOS-Antrag zustimmen, dass man den Stiftungszweck berücksichtigen muss. Einem werden wir nicht zustimmen: Das ist der Allparteienantrag, der unseres Erachtens nur darauf abzielt, die Stadt Wien mit falschen Vorbehauptungen zu besudeln. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Ernst Woller: Als nächster Redner hat sich Herr Abg. Stürzenbecher zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Einzige, wo ich dem Herrn Wiederkehr zustimme, ist, dass ich auch der Meinung bin, dass die Organe der Legislative auch in schwierigen Zeiten, wie wir sie derzeit haben, funktionsfähig bleiben müssen, und dass sie grundsätzlich natürlich auch tagen sollen, wenn es notwendig und richtig ist. Aber das ist schon das Einzige, wo ich dem Kollegen Wiederkehr zustimmen kann, sonst muss ich sagen, dass er von allen bisherigen Rednern eher das weitaus höchste Unwahrheitsverständnis und den weitaus größten Unwahrheitsgehalt in seiner Rede gebracht hat, wobei ich schon davon ausgehe, wenn er als Hauptredner seiner Fraktion auftritt, dass er eigentlich die Gelegenheit gehabt hätte, sich einzuarbeiten. Und deshalb muss ich diese groben Unwahrheiten gleich einmal pauschal auf das Schärfste zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ.) Ich finde es auch sehr sonderbar, dass man implizit - teilweise ist es ja auch in einigen Medien gestanden - den Organen der Stadt Wien hier indirekt rechtswidriges Verhalten im Zusammenhang mit der Rothschild'schen Stiftung vorwirft. Dazu möchte ich auch ganz eindeutig sagen, dass die Organe der Stadt Wien in dieser Sache sowohl historisch als auch in jüngerer Zeit immer außerordentlich korrekt vorgegangen sind, sich sehr bemüht haben, im Sinne des Stifters vorzugehen. Und dafür ist den Organen unser Dank auszudrücken. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist auch so, dass wir mit dem historischen Erbe sehr verantwortungsvoll umgegangen sind. Wir gehen als Stadt Wien generell mit dem jüdischen Erbe dieser Stadt sehr verantwortungsvoll um - dafür sind wir auch schon von den entsprechenden Organisationen oft genug gelobt worden -, und wir gehen auch außerordentlich ehrenvoll und würdig mit dem historischen Erbe der Familie Rothschild um, auch, dass man das 1956 - ich werde dann noch genauer die Geschichte darlegen - überhaupt wiedergegründet hat. Es wäre ja damals vielleicht das Einfachste gewesen, das praktisch gar nicht mehr wiederzugründen, und dann hätte man überhaupt keine Stiftung mehr gehabt. Aber man ist den schwierigeren Weg gegangen, auch im Interesse des Erbes der Familie Rothschild, dass wir sie wiederbelebt haben. Und schon damit haben wir erst möglich gemacht, dass sie weiterexistiert und dass überhaupt Prozesse, wie sie jetzt da sind, möglich sind. Ich glaube, das war die richtige Vorgangsweise der Stadt Wien. (Beifall bei der SPÖ.) Jetzt doch ein bisschen zum Historischem, weil manches einfach so falsch war, was hier vorgebracht worden ist - wie gesagt, am weitaus meisten vom Kollegen Wiederkehr, bei den anderen Vorrednern hat sich das teilweise abgewechselt beziehungsweise mit Kollegen Margulies kann ich weitgehend übereinstimmen. Man muss Folgendes ja wissen: Die Stiftung ist am 28. Februar 1907 gemäß der letztwilligen Anordnung des Stifters Nathaniel Freiherr von Rothschild errichtet worden. Das Stammvermögen waren 20 Millionen Kronen. Nach den Auskünften der Nationalbank sind das 124 Millionen EUR, und da will ich mich jetzt nicht darauf einlassen, ob es 150 Millionen sind, wie der Kollege Wiederkehr gesagt hat, das wäre noch die geringste Abweichung von der Wahrheit, die man ihm vorwerfen kann. Aber es ist dann auch festgelegt worden, dass das aus den jährlichen Zinserträgnissen kommen soll, und das war damals in der Monarchie natürlich im Wesentlichen auf Anleihen der Staatsbanken aufgebaut. Naturgemäß, als dann nur noch die Republik da war, haben diese Anleihen - von 50 Millionen auf 6 Millionen - nicht mehr die Bedeutung gehabt, und schon in den 1920er Jahren war das Stiftungsvermögen ein wesentlich geringeres als noch in der Monarchie. Das muss einfach der Wahrheit halber gesagt werden. Während des nationalsozialistischen Verbrecherregimes ist die Stiftung aufgelöst worden, sie hatte damals noch ein Geldvermögen von umgerechnet 7,3 Millionen EUR gehabt. Also es ist zu diesem Zeitpunkt schon von 124 Millionen auf 7,3 Millionen abgesunken, bis dann die Nationalsozialisten dem endgültig ein Ende gesetzt haben. 1956 hat man das Wiener Stiftungs- und Fondsorganisierungsgesetz gemacht. Das Gesetz sah eine Ermächtigung zur Abänderung der Bezeichnung, Zweckbestimmung und Organisation der Stiftung vor. Durch diese Ermächtigung wurde überhaupt dem Umstand Rechnung getragen, dass natürlich die beiden Weltkriege auf das Kuratorium und die Stiftung, auf die gesamten Rahmenbedingungen und die Vermögensverhältnisse einen großen Einfluss gehabt haben. Deshalb war es natürlich logisch, dass man beim Rückstellungsverfahren ab 1956 berücksichtigen musste, dass die Stiftung damals bei Weitem nicht mehr über ausreichend Kapital verfügte, um die Nervenheilanstalten Rosenhügel und Maria-Theresien-Schlössel gemeinnützig zu betreiben. Das wäre unmöglich gewesen. Man hat ja auch schon in den 1920er Jahren, vom ursprünglichen Stiftungszweck abweichend, Gebühren verlangt - das muss man ja auch wissen -, weil es vom Stiftungszweck nicht mehr möglich gewesen wäre, das anders zu betreiben. Und die Stadt Wien hat im Jahr 1956 in Ehren des Stifters beschlossen, die Stiftung wiederherzustellen und den Betrieb der Nervenheilanstalten durch Zuwendungen der Stadt Wien sicherzustellen. Die Stadt Wien hat in der gesamten Geschichte dieser Stiftung außerordentlich viele Zuwendungen gemacht. Also da herzugehen und zu sagen, sie hätte sich Vermögen aus der Stiftung einverleibt, ist eine Unwahrheit, die ich in diesem Haus in dieser Schärfe und mit diesem Vorsatz noch nicht erlebt habe! (Beifall bei der SPÖ.) Das an den Herrn Wiederkehr. Gehen wir in der Geschichte weiter. 1962 kam es dann zur Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Hier wurde ein Vergleich zwischen der Stiftung und der Stadt Wien geschlossen. 1963 wurde ein Übereinkommen zum Fortbetrieb der Krankenanstalten abgeschlossen, wonach "die beiden Nervenheilanstalten dem Stiftungszweck entsprechend auf Rechnung der Stadt Wien weitergeführt werden." Im Rahmen des Übereinkommens hat sich die Stadt Wien auch verpflichtet, die Objekte in gutem Zustand zu erhalten. Das muss einmal gesagt werden. Und dann geht es wieder weiter in den 80er Jahren. Da war diese kurze Zwischenphase mit dem möglichen Wohnbau, der dann nicht zustande gekommen ist. Ich will jetzt im Nachhinein nicht beurteilen, ob das sinnvoll gewesen wäre oder nicht, es ist jedenfalls nicht zustande gekommen, und das passt schon so. Im Zusammenhang mit dieser Geschichte - nur deshalb erwähne ich sie ja - ist dann der Rechtsanwalt Dr. Michael Graff vom Bezirksgericht Hietzing zum Kurator der Begünstigten der Stiftung bestellt worden. Und ich muss eines sagen: Ich habe im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit mit dem Herrn Dr. Graff, der bekanntlich auch Generalsekretär der ÖVP und lange Zeit Justizsprecher der ÖVP war, zu tun gehabt und ich habe in meinem Leben kaum einen besseren und seriöseren Juristen erlebt, als es der Dr. Graff war. Und dieser ist damals eben zum Kurator bestellt worden. Dr. Graff hat auch dann seinen damals vorher schon gestellten Antrag auf Umbildung der Stiftungsverwaltung und wieder Richtung des Kuratoriums zurückgezogen, nach Aufgabe der Umwidmungsabsichten, unter Hinweis "auf die dem Stiftungszweck entsprechende Verwendung des Stiftungsvermögen durch die Stiftungsverwaltung". - Also das hat der Dr. Graff festgestellt. Er hat hingewiesen "auf die dem Stiftungszweck entsprechende Verwendung des Stiftungsvermögens durch die Stiftungsverwaltung" und hat damit das sozusagen als korrekt dargestellt. Diese Wahrheit steht dem entgegen, was von dieser Seite gekommen ist. (Beifall bei der SPÖ.) Und auch beim Maria-Theresien-Schlössel hat der Stiftungskurator dem erstens zugestimmt und zweitens auch dem Preis zugestimmt. Der Preis war auch von einem unabhängigen Sachverständigen und das Geld ist in das Stiftungsvermögen eingeflossen, das nur mündelsicher angelegt werden darf. Das dazu. Dann die Änderung der Stiftungssatzung mit Rechtswirksamkeit 31. Mai 2017: Wie jeder weiß, ist die Satzung einer Stiftung der rechtliche Rahmen und soll daher die faktischen Gegebenheiten abbilden. Die Satzung der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke hat diesen rechtlichen Vorgaben in zentralen Punkten einfach nicht mehr entsprochen. Ich meine, das wird ja nach weit über 100 Jahren niemand verheimlichen können, und deshalb ist diese Satzungsänderung am 31. März 2017 rechtswirksam geworden und der Nachfolger von Dr. Graff, Rechtsanwalt Dr. Werner Suppan, hat als Kurator der Begünstigten der Stiftung dieser Satzungsänderung zugestimmt. Also auch da hat der Kurator zugestimmt, und man muss das auch eindeutig dazusagen. Außerdem war es notwendig, die Änderung der Satzung 2017 insbesondere zur Erhaltung der abgabenrechtlichen Gemeinnützigkeit durchzuführen, weil diese sonst eben nicht mehr gegeben gewesen wäre. Und dass eine Stiftung eine abgaberechtliche Gemeinnützigkeit haben sollte, ist meiner Ansicht nach schon relativ klar. Die Alternative zur Satzungsänderung wäre gewesen, dass die Stiftung steuerrechtlich nicht mehr als gemeinnützig gegolten hätte, und ich glaube nicht, dass das die bessere Variante gewesen wäre. Und wenn dann auch gesagt worden ist - eine der vielen Unwahrheiten des Herrn Kollegen Wiederkehr (Abg. Christoph Wiederkehr, MA: Die unangenehme Wahrheit!) -, dass die Stadt Wien die Letztbegünstigte sei, dann muss man sagen, dass diese Satzungsänderung natürlich besagt, dass es ein mehrstufiges Verfahren gibt, wonach das Stiftungsvermögen bei Auflösung einer gemeinnützigen oder mildtätigen Stiftung mit gleichen oder ähnlichen Zwecken zufallen soll. Sofern dies nicht möglich ist, erhält eine andere gemeinnützige oder mildtätige inländische Organisation - das kann ein Fonds sein oder Ähnliches - mit gleichen oder ähnlichen Zwecken das Vermögen. Erst - was vollkommen unwahrscheinlich ist - wenn sich überhaupt keine Stiftung, überhaupt keine Organisation mit dem gleichen Zweck finden würde, erst dann ist der rein theoretische Fall, der mit 0,00-irgendwas Prozent zu veranschlagen ist, erst dann erhält die Stadt Wien das Vermögen mit dem Auftrag zur Verwendung für gemeinnützige und mildtätige Zwecke. Das muss man also auch dazusagen, um das richtigzustellen. Und zu dem, was dann noch von Kollegen Ulm gekommen ist - das ist jetzt eine etwas juristische Geschichte mit der hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Verwaltung -, dass man das vermischen würde, also dass die Stadt Wien gleichzeitig die Kontrolle ausübt: Rechtsprechung ist, dass das weder mit dem Gleichheitsgrundsatz laut VfGH- Judikatur noch mit Abs. 1 EMRK im Widerspruch ist und es ist vom Verfassungsgerichtshof eindeutig geklärt, dass das zulässig ist. Es ist auch so, dass das in Zusammenhang mit § 14 Abs. 3 des Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetzes gesehen werden muss, und auch diese Bestimmung legt fest, dass für Stiftungen und Fonds, die nach ihren Satzungen von einem Bundesministerium zu verwalten sind, die Aufgaben der Stiftungs- und Fondsbehörde dem nach den Stiftungs- und Fondszwecken zuständigen Bundesminister obliegen. Also ich habe noch nie gehört, dass die ÖVP sich dort aufgeregt hätte, aber bei uns regt sie sich auf, dass der Magistrat das macht. Im Übrigen, soweit ich informiert bin, ist in den Stiftungsgesetzen der anderen acht Länder jeweils die Landesregierung zuständig, wo es bei uns der Magistrat ist. Jetzt weiß ich nicht, ob das so viel besser ist, ich will mich da nicht äußern, aber unabhängiger ist es dadurch jedenfalls nicht. In Salzburg, wo die NEOS in der Landesregierung sitzen, sind sie sozusagen mit in dieser Aufsicht und haben sich dort nie aufgeregt - das nur auch zur Glaubwürdigkeit der NEOS. (Beifall bei der SPÖ.) Also, ich denke, ich habe einiges gesagt und man kann auch durchaus selbstkritisch sein. Dass man für den Stifter dort - was ist gesagt worden? - kein Denkmal oder (Abg. Kurt Wagner: Eine Tafel!) keine Tafel errichtet hat, das halte ich durchaus für eine berechtigte Kritik. Das ist etwas, was man auf sich nehmen kann und was man in Zukunft ändern soll, wobei es nicht so ist, dass die Familie generell etwas gegen die Stadt Wien hätte. Ich habe hier eine Pressemeldung "90 Jahre Jubiläum und Synergien" über das Neurologische Krankenhaus Rosenhügel. Da hat es eine Feier gegeben und in diesem Artikel steht: "In Anwesenheit der Stadträtin für Gesundheits- und Spitalswesen Elisabeth Pittermann-Höcker und Vertretern des Wiener Gesundheitswesens beziehungsweise des Wiener Krankenanstaltenverbundes nahm als Ehrengast Frau Bettina Looram-Rothschild, Großnichte des Stifters Nathaniel Freiherr von Rothschild, an dem Festakt mit großer Anteilnahme und Freude teil." Es ist also nicht so, dass wir mit der Familie Rothschild nicht den Kontakt gepflegt hätten. Soweit ich aus den Medien informiert bin, hat Herr StR Hacker auch versucht, telefonisch mit ihr in Kontakt zu treten. Soviel ich den Medien wiederum entnommen habe, ist das bisher nicht von Erfolg getragen. Wir wünschen uns das beste Einvernehmen mit der Familie Rothschild. Man muss auch dazusagen - ich sage das jetzt wieder als Jurist -: An sich ist die Satzung einer Stiftung ausschlaggebend und diese Satzung besagt, wer jeweils nachfolgt. Das ist nicht so ein normales Erbfolgeobjekt, dass man glaubt, wenn es dann eine sogenannte Familienstiftung gibt, dass alle, die der Familie angehören, erbberechtigt werden oder irgendetwas oder auch nur die Klagslegitimation hätten. Das muss man schon auch noch dazusagen und man kann das erklären, wieso das im konkreten Fall vielleicht der Fall sein wird. Vielleicht kann es irgendjemand anderer erklären, ich kann es mir nicht erklären, wo da die Klagslegitimation sein sollte. Auch bei den Fällen, bei denen ich den Medien entnommen habe, was da eingeklagt wird, habe ich entnommen, dass das - bis auf einen Fall - ganz überwiegend verwaltungsrechtliche Materien sind, wofür das Bezirksgericht Hietzing gar nicht zuständig wäre. Das ist quasi nur als Pflegschaftsgericht da, aber wie gesagt, das sind offene Sachen, die meiner Ansicht nach jetzt nicht erfreulich sind. Vielleicht gibt es auch Wege und Mittel, wie man da zu einem guten Ergebnis kommt, ohne dass man praktisch Gerichte oder sonst jemanden beschäftigt. Faktum aber ist, und das habe ich nun schon in fast 20 Minuten darzulegen versucht, dass die Stadt Wien in hohem Maß korrekt vorgegangen ist, dass alle gesetzlichen Punkte eingehalten wurden, dass man die Würde des Andenkens an die Familie Rothschild in höchstem Maße hochhält und dass natürlich die Stadt Wien - das muss man auch noch sagen, da habe ich noch irgendwo eine Zahl (in den Unterlagen blätternd), die ich Ihnen nicht vorenthalten will - jedenfalls sehr, sehr viel in diese Stiftung hineingesteckt hat und dass man überhaupt nicht sagen kann, dass man da irgendetwas entnommen hat, sondern dass man auf Kosten der Steuerzahler da sehr, sehr viel hineingetragen hat. Soweit ich weiß, waren es von 2001 bis 2020 jedenfalls 142 Millionen EUR, also rund 10 Millionen EUR pro Jahr, die die Stadt Wien da sozusagen hineinzahlt, und ich glaube, das ist schon auch zu würdigen. Also wenn hier jemand die absolute Unwahrheit ausspricht, die Stadt Wien hätte sich da bereichert, dann ist das so weit von der Realität entfernt, wie es in dem Raum jemals gesagt worden ist. Ich glaube, wir haben aber heute immerhin die Gelegenheit gehabt - und insofern ist die Sondersitzung nicht so schlecht - absolute Unwahrheiten richtigzustellen und darzustellen, dass die Stadt Wien mit der Stiftung Rothschild sorglich, korrekt und in hohem Maße würdig umgegangen ist und vorhat, das auch weiter zu machen. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Als nächster Redner hat sich Herr Abg. Gara zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. - Bitte. Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuschauerInnen online, vielleicht in vielen Medien! Eine kurze Replik auf Kollegen Dr. Stürzenbacher (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: -becher! - Heiterkeit.) -becher, ich sage einmal: Manchmal ist die Wahrheit halt auch unangenehm und sich einfach hier hinzustellen und zu sagen, was wir dargestellt haben, entbehrt jeglicher Argumentation und ist vollkommen haltlos, ist einfach nicht korrekt. Daher finden wir es auch sehr gut, dass es eine Expertenkommission geben soll, die eingerichtet wird und die einfach objektiv, unabhängig darüber befindet. Ich halte das für wichtig, um einfach sehr viele offene Punkte und Fragen, die es absolut gibt, zu klären. Man kann sich nicht hinstellen und sagen, das ist alles geklärt, das ist alles in der Form sichergestellt, denn Kollege Margulies hat schon gesagt, das ganze Thema rund um den Verkauf des Maria- Theresien-Schlössels ist ja nur ein Beispiel. Ich kenne andere Stiftungszwecke, auch von gesundheitlichen Einrichtungen - reden wir von dem alten Kinderspital Glanzing, reden wir von der Semmelweisklinik, es gibt viele Beispiele -, die dann letztendlich auch abgesiedelt wurden, was im Sinne der Fokussierung auch durchaus Sinn macht, aber wo dann schon Grundstücke zu Preisen veräußert wurden, wo man sich schon die Frage stellt: Ist das so transparent, ist das so korrekt? Also, da gibt es viele Beispiele, nicht nur dieses. (Beifall bei den NEOS.) Ich möchte die heutige Landtagsitzung aber auch dazu verwenden, um auf die Krise hinzuweisen, in der wir derzeit stecken. Nachdem Kollege Kohlbauer gemeint hat, wir machen eine Landtagsitzung zu einem Thema, wo es doch im Moment andere Probleme gibt, da sage ich, guten Morgen, Herr Kollege Kohlbauer, wenn Sie zugehört haben und wissen, wir hätten auch diese Sonderlandtagsitzung verschieben wollen. Wir hätten sie auch zu einem anderen Thema, genau zu diesem Thema Coronavirus, nutzen können. Das wollte man in der Form nicht. Ich möchte aber auf dieses Thema eingehen, denn eines ist jetzt wirklich ganz wichtig und das haben sowohl der Gesundheitsminister als auch die Stadt Wien ganz klar gesagt - und das unterstützen wir auch zu 100 Prozent -: Es geht jetzt tatsächlich um die Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus. Daher sind die Maßnahmen, die hier gesetzt wurden, auch wirklich entsprechend ernst zu nehmen. Es ist unser menschliches Problem, dass wir eben nur linear denken können und die Macht der großen Zahlen - wie die Exponentialfunktion funktioniert - nicht verstehen, und daher ist dieser Zeitraum auch so extrem wichtig. Das Zweite: Was wir absolut schützen müssen, und daher ist diese Maßnahme so wichtig, sind unsere wichtigsten Versorgungsstrukturen, das sind die Spitäler. Wir haben jetzt nicht die Zeit, Spitäler zu belasten, weil wir noch nicht wissen, wie viele Intensivbetten wir brauchen. Wir brauchen nur nach Italien zu schauen, wie die Situation ist. Daher ist auch diese soziale Distanz, wie man das jetzt als geflügeltes Wort bezeichnet, auch so extrem wichtig, also bitte das wirklich ernst nehmen! Der dritte Punkt: Eine Gruppe, die im Moment kaum diskutiert wird, sind die Menschen, die in den Spitälern arbeiten und da sind viele massiv besorgt. Ich habe heute in der Früh auch einen Anruf von einer Schwester auf einer Intensivstation bekommen, die natürlich auch die Fragen stellt: Was passiert da? Was heißt das? Sind wir ausreichend gerüstet? Haben wir auch genug Ausrüstung in unseren Spitälern? Was passiert mit meinen zwei Kindern, die nächste Woche nicht in die Schule gehen können? Das sind viele, viele Fragen der Menschen, die jetzt im Gesundheitssystem arbeiten, die müssen wir auch ernst nehmen und das ist auch unsere politische Verantwortung! (Beifall bei den NEOS.) Was ich damit konkret meine, ist 100-prozentige Unterstützung dieser Menschen, die im Pflegebereich, im medizinischen Bereich arbeiten und auch 100-prozentige Unterstützung, dass alle notwendigen Materialien, Masken, et cetera zur Verfügung stehen. Das halte ich für extrem wichtig. Wir müssen wirklich auf die Menschen vor Ort schauen, denn wir wissen noch nicht, wie die Belastungswelle auch über unser Gesundheitssystem drüberschwappt. Manche sprechen in Italien von einem Tsunami, und ich glaube das ist wirklich ernst zu nehmen. Die Exponentialfunktion, die Macht der großen Zahl, ist etwas, das wir massiv unterschätzen und daher 100-prozentige Unterstützung all dieser Maßnahmen, die auf Bundes- wie auch auf Landesebene getroffen werden. (Beifall bei den NEOS.) Ein vierter Punkt: Risikogruppen, nachdem hier immer davon gesprochen wird, das wäre quasi so 70 aufwärts. Nein, das sind nicht nur die, die 70 und älter sind, sondern das sind auch Menschen, die andere chronische Erkrankungen, etwa Asthma haben, die immunsupprimiert sind, das heißt, die zum Beispiel eine Chemotherapie machen oder Menschen, die auch einer hohen Viruslast ausgesetzt sind und dazu zählen auch Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten. Das gilt für die Spitälern genauso wie für den niedergelassenen Bereich, auch dort herrscht massive Unsicherheit. Das heißt, wir müssen wirklich beides im Auge behalten. Es ist mir wichtig, dass wir da die politische Verantwortung übernehmen und daher halte ich es auch für wichtig, dass wir heute diesen Sonderlandtag haben, weil er als Instrument des Parlamentarismus ganz wichtig ist, und dass wir das auch in Zeiten wie diesen nicht einfach aufgeben, sondern uns dieser extremen Herausforderung stellen. Ich möchte auch zum eigentlichen Geschäftsstück noch etwas sagen - ein bisschen leiser in den Rängen wäre vielleicht auch gut! -, weil hier immer vom Stiftungszweck gesprochen wurde. Ich glaube, ein Thema ist schon wichtig und das soll man sich schon vor Augen halten, denn damals ging es im Sinne des Stiftungszweckes um Nervenheilanstalten für Arme, Mittellose und sozial Bedürftige. Wien war historisch auch immer eine Stadt der Psychoanalyse, der psychischen Erkrankungen, die sich mit diesen Themen befasst hat, und eines muss ich schon sagen, historisch gesehen haben wir hier doch wieder einiges aufzuholen, um auf den Stand zu kommen, auf dem wir vielleicht zur Jahrhundertwende einmal waren. Wir haben in vielen Bereichen sehr wohl auch eine Unterversorgung und da bin ich noch einmal bei den Themen der Akutpsychiatrie, bei den Themen der Kinderpsychiatrie. Ich weiß schon, dass da Stück für Stück Maßnahmen gesetzt werden, um das besser zu machen, aber in Wirklichkeit muss Wien da deutlich mehr tun. Das ist letztendlich historisch abgeleitet schon auch im Sinne dieses Stiftungszweckes und daher fordere ich sehr stark auf, dass wir bei den Versorgungseinrichtungen gerade auch in dem Bereich wirklich sehr genau darauf schauen, ob sich das für die Größe dieser Stadt auch tatsächlich ausgeht. Versorgungstechnisch, glaube ich, im Moment nicht. Wenn diese Krise des Coronavirus einmal über uns hinweggeschwappt ist und wir hoffentlich sehr gut aus dieser Krise herausgekommen sind, dann ist es, glaube ich, auch wichtig, darauf zu schauen: Passen all diese Versorgungseinrichtungen wirklich? Ist das tatsächlich auch ausreichend für viele Bereiche? Ich möchte da auf dieses Thema gehen, und das ist mir noch wichtig zu sagen, wir diskutieren jetzt über den Coronavirus, aber den Luxus, den wir haben - am Beispiel der Grippeimpfung, am Beispiel der Masernimpfung -, nutzen wir nicht. Verantwortungsvolle Politik muss darauf schauen, dass wir in Zukunft wirklich diese Durchimpfungsraten bei den Viren, gegen die wir Impfungen haben, gegen die wir Seren haben, massiv erhöhen. Das ist ein ganz wichtiger versorgungspolitischer Auftrag, und ich hoffe, dass wir dann exakt auch darauf schauen und Maßnahmen setzen, dass wir diese Durchimpfungsraten in Zukunft auch massiv erhöhen. Denn auch das ist ein Grund, warum unsere Spitäler jetzt sehr belastet sind, weil wir natürlich im abflachenden Peak der Grippewelle noch immer sehr viele Intensivbetten mit Patienten haben, die die Grippe haben und das wäre nicht notwendig. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir dann auch wirklich ernsthaft auf diese Versorgungsstrukturen schauen. - Danke. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Ernst Woller: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Wagner. Ich erteile es ihm. Abg. Kurt Wagner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenn es lauter solche Reden gäbe, wie sie Kollege Stefan Gara jetzt gerade gehalten hat und er auch der Erstredner bei den NEOS gewesen wäre, dann wäre vielleicht manches ein bisschen einfacher in der politischen Diskussion. Ich darf deine Ausführungen noch ein bisschen erweitern, es ist diesbezüglich nicht nur die Grippeimpfung für die Bevölkerung wichtig. Ich könnte da noch eine Liste anführen - gegen Pneumokokken, gegen Hepatitis -, wo es auch Impfungen gibt, wo es in bestimmten Altersgruppen auch sinnvoll wäre, dass sich die Menschen impfen lassen. Ich kann auch nur hoffen, dass die jetzige Situation, die keine erfreuliche ist, dazu beiträgt, dass das Impfbewusstsein und die Impffreudigkeit der Österreicherinnen und Österreicher und damit auch der Wienerinnen und Wiener gesteigert wird. Geschätzte Damen und Herren, ich darf die heutige Sitzung aber zum Anlass nehmen, doch auf ein paar entscheidende Dinge hinzuweisen, die Kollege Stürzenbecher, mein Vorredner meiner Fraktion, diesbezüglich hier schon sagte. Die seinerzeitige Situation und die Hinterlassenschaft von Herrn Nathaniel Freiherr von Rothschild war eine sehr, sehr positive Institution und Einrichtung in einer Zeit, als es den Menschen diesbezüglich, vor allem im Bereich der Nervenkrankheiten generell, sicher sehr, sehr schlecht gegangen ist. Man muss dabei aber genauso in Betracht ziehen, dass sich natürlich auch die Zeiten geändert haben und der damalige Stiftungsgründer, der in seinem Testament, wie schon ausgeführt, verfügt hat, diesbezüglich eine bestimmte Summe, nämlich 20 Millionen Kronen, zur Verfügung zu stellen, halt leider auch nicht bedacht hat, dass sich die Weltwirtschaft, wie sie sich damals dargestellt hat, auch sehr, sehr rapid und schnell verändern kann. Ein damaliges großes Vermögen wurde innerhalb kürzester Zeit zu einem sehr, sehr kleinen Vermögen. Ich habe mir die Mühe gemacht, ein bisschen in der historischen Entwicklung zu graben. Die Nervenheilanstalt am Rosenhügel hatte seinerzeit einen Direktor, Friedrich von Sölder, der sehr lange, nämlich von 1908 bis 1932, Direktor war. 1937 hat Friedrich von Sölder in seinen Notizen für die Chronik der Nervenheilanstalt Rosenhügel die Schwierigkeiten des Betriebes in den 20er Jahren festgehalten: "Der wiederaufgenommene Zivilbetrieb ist vor ganz neue Verhältnisse gestellt.", schrieb er. "Die folgende Geldentwertung setzt die Stiftung außer Stande, wie früher die Kosten des Anstaltsbetriebes im Wesentlichsten selbst zu tragen und so erwächst der Anstalt die Aufgabe, sich selbst zu erhalten." Er schreibt dann weiter: "Die Stiftung sieht sich gezwungen, weitere ursprünglich nicht vorgesehene Krankheitsbilder in den Stiftungsheilanstalten zu behandeln und von ihren Pfleglingen Gebühren in solcher Höhe zu verlangen, dass dadurch einigermaßen der Fortbetrieb finanziert werden kann." Schon damals wäre es ohne Mittel auch der Gemeinde Wien nicht gegangen. Diese Situation, und ich möchte jetzt nicht auf die Kriegszeit 1938 bis 1945 eingehen, hat sich natürlich auch in den Jahren nach 1945 rapid fortgesetzt. Das heißt, es war einfach die Notwendigkeit vorhanden, sich da etwas zu überlegen und man hat sich natürlich etwas überlegt. Ich darf aber noch einmal darauf zurückkommen. Im Jahre 1956 wurde durchaus auch die Diskussion in die Richtung geführt: Sollen wir die Stiftung nicht überhaupt auflösen, es ist eigentlich eh nichts mehr da. Man muss ja auch sagen, dass diese zwei Liegenschaften im Zweiten Weltkrieg auch schwere Bombentreffer erlitten haben. Es gab schwerste Baumängel und Bauschäden und die Stadt Wien hat sich bereiterklärt, diese Bauschäden zu beheben und wiederaufzubauen und eben im Sinne des Stifters in dieser Richtung fortzufahren und weiterzubetreiben. Das zeigt, dass man da auch den entsprechenden Respekt vor dem Stiftungsgründer und der Familie Rothschild hatte. Geschätzte Damen und Herren, was vielleicht in historischen Abhandlungen ein bisschen verwunderlich ist, aber das können wir heute nicht mehr ganz nachvollziehen, ist, dass der damalige Stiftungsgründer ja formell einen Rechtsnachfolger hatte, nämlich einen gewissen Louis von Rothschild. Der hat sich aber von 1945 bis 1956 im Prinzip nie bei der Gemeinde Wien gerührt. Sicher wären wir auch zu einem zum damaligen Zeitpunkt einigermaßen vernünftigen Ergebnis gekommen. Leider können wir ihn heute nicht mehr fragen, weil dieser Louis von Rothschild 1955 ertrunken ist. Wie es dazu kam, kann ich Ihnen leider nicht näher sagen, aber so war es. Geschätzte Damen und Herren, noch einmal zur Wiederholung, was Kollege Stürzenbecher schon sagte: Eine Satzungsänderung und die sogenannte Auflösungsklausel wurden gemacht, weil es uns auch vorgegeben wurde. Es hat damals die zuständige Aufsichtsbehörde im Bundesministerium für Finanzen darauf bestanden, dass in den Satzungen auch eine sogenannte Auflösungsklausel hineinkommen muss und mehr als da drinsteht, kann man eigentlich nicht machen. Ich sage Ihnen aus Erfahrung, es gibt ja jetzt nicht nur diesen einzigen Bereich, der sich mit der Kinderpsychiatrie, der Neurologie beschäftigt, sondern es gibt unzählige karitative und gemeinnützige Organisationen. Ich darf Ihnen aus meiner persönlichen Erfahrung sagen, bei meinem damaligen Ausscheiden aus einem Arbeitskreis hat es 28 Organisationen gegeben, die in ähnlichen oder nahe verwandten Bereichen in diese Richtung gearbeitet haben. Erst dann, wenn diese Organisationen bei einer Auflösung - jetzt in dem Fall der Stiftung -, nicht in der Lage wären, eine etwa gleichwertige oder ähnliche Arbeit zu tun, würde der Fall eintreten - und das ist ganz zum Schluss -, dass dieses Vermögen der Gemeinde Wien zufallen würde. Da steht aber dann auch drin, selbst wenn das der Fall sein sollte und dieses Vermögen der Stadt Wien zugefügt werden würde, müsste dieses Vermögen jedoch auch wieder für mildtätige Zwecke verwendet werden. Damit ist eindeutig, wofür da dieses Geld diesbezüglich verwendet wird. (Beifall bei der SPÖ.) Geschätzte Damen und Herren, Kollege Kurt Stürzenbecher hat das auch schon angekündigt, die damaligen Vorwürfe, die es im Prinzip in den 80er Jahren gab, möchte ich hier an dieser Stelle nicht wiederholen. Das sind gegessene Dinge, aber es ist schon bemerkenswert - und du hast es ja auch schon erwähnt -, dass Herr Rechtsanwalt Dr. Michael Graff dann diesbezüglich auch wortwörtlich meinte, er musste zugestehen, dass das Stiftungsvermögen dem Stiftungszweck entsprechend verwendet wird und dem möchte ich nichts hinzufügen. In der Tat hat sich das bis zum heutigen Zeitpunkt nicht geändert. Herr Kollege Wiederkehr, und jetzt mache ich noch einen kleinen Ausflug in die historische Vergangenheit, Sie können nichts dafür, Sie haben die Gnade der späten Geburt und sind noch sehr jung. (Heiterkeit bei Abg. Christoph Wiederkehr, MA.) Ich selber bin einer der aktiven Zeitzeugen. Es gibt ein Buch, nämlich "100 Jahre Neurologisches Zentrum Rosenhügel", und wie Herr Dr. Stürzenbecher schon sagte, fand am 29. April 2002 in Anwesenheit der damaligen amtierenden Stadträtin Primaria Dr. Elisabeth Pittermann ein Festakt statt, bei dem ich selber Zeitzeuge und anwesend war. Ich habe bei dieser Veranstaltung mit Frau Bettina Looram-Rothschild, der Großnichte des Stifters, ein persönliches Gespräch geführt und konnte mich auch versichern, dass sie sich sehr bewegt und erfreut über den Festakt gezeigt hat. Dass wir Familie Rothschild zu Dank verpflichtet sind, geht aus dieser Festschrift auch hervor. Zum Gedenken an seinen Stifter - und ich darf zitieren: "Zu dessen Geburtstag wurde die Krankenanstalt auch im Sinne einer Namensrückführung am 26. Oktober 2002 in Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke - Neurologisches Zentrum der Stadt Wien - Rosenhügel umbenannt." Anlässlich beider Jubiläen wurde im gleichen Jahr vom MEMO Verein für Geschichtsforschung das Buch "Neurologie Rosenhügel-Rothschild Stiftung: 50 Jahre Schlaganfallzentrum Rosenhügel - 90 Jahre Nathaniel Freiherr von Rothschild Stiftung für Nervenkranke in Wien" herausgegeben. Ich freue mich, dass es auch in der Bibliothek der Stadt Wien zu finden ist, Herr Kollege Wiederkehr, falls Sie es sich später vielleicht einmal genau durchlesen wollen. Bei dieser Sache möchte ich aber auch noch eines sagen, weil man natürlich auch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die in diesen Bereich tätig sind, danken sollte: Gerade der Rosenhügel, aber auch das Maria- Theresien-Schlössel sind mit zwei Namen untrennbar verbunden. Dass nervenkranke, auffällige Kinder am Rosenhügel so exzellent betreut wurden, hat in den 70er Jahren mit Primarius Dr. Andreas Rett begonnen, der damals der Leiter des Rosenhügels war. Er hat diese Forschung und die Behandlung neurologisch auffälliger Kinder in der Psychiatrie weitestgehend alleine betrieben. Er hat zahlreiche Schülerinnen und Schüler gehabt, die sich dann in Verbänden organisiert und viele Hilfsorganisationen und Betreuungseinrichtungen gegründet haben. Sein Nachfolger, Herr Primarius Ernst Berger, hat diese Geschichte auch in seinem Sinne weitergeführt und dass wir da nicht stehen geblieben sind, darf ich Ihnen sagen, weil ich mir das gestern noch habe ausheben lassen. Ich darf Ihnen nämlich die Hauptdiagnosen in der Abteilung der Rothschild-Stiftung nach Anzahl der Patientinnen und Patienten im Jahr 2017 und 2018 mitteilen: 2017 wurden 2.684 Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen Diagnoseformen behandelt, im Jahre 2018 waren es 2.745 PatientInnen; eine Steigerung, und das wird wahrscheinlich auch in künftigen Jahren in diese Richtung möglich sein. Gleichzeitig, und das hat Herr Kollege Stürzenbecher auch schon gesagt, gibt die Stadt Wien auch viel Geld für diesen Bereich aus und wird das auch künftig ausgeben. Ich bin sicher, und der Herr Stadtrat hat das ja schon wiederholt gesagt, seine Gesprächsbereitschaft ist vorhanden, seine Hand ist ausgestreckt. In diesem Sinne werden wir zu einem zielführenden, erfolgreichen Ergebnis kommen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen. - Ich komme zur Abstimmung der vier eingebrachten Beschluss- und Resolutionsanträge. Antrag 1 von den NEOS betrifft Maßnahmen zur Berücksichtigung des Stiftungswillens der Rothschild-Stiftung für Nervenkranke. Wer für den Antrag der NEOS ist, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind die Stimmen von ÖVP, NEOS, Allianz und FPÖ. Das ist die Minderheit, daher ist der Antrag abgelehnt. Antrag 2, eingebracht von den Abgeordneten Ulm, Korosec, Taucher, Ellensohn, Wiederkehr und Baron, betrifft Einrichtung einer Expertenkommission betreffend die Untersuchung der Geschichte der Rothschild-Stiftung für Nervenkranke. Wer dafür ist, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Stimmen aller Parteien, mit Ausnahme der FPÖ, beschlossen. Antrag 3, eingebracht von der Volkspartei betreffend Bekenntnis gegen eine Verbauung sowie zur Beibehaltung der medizinischen Nutzung des Areals des Neurologischen Zentrums Rosenhügel. Wer dafür ist, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das hat die Zustimmung von ÖVP, NEOS, Allianz und FPÖ, und das ist keine Mehrheit. Daher ist dieser Antrag abgelehnt. Antrag 4 der Volkspartei betreffend Evaluierung des Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes. Wer dafür ist, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das findet die Zustimmung von FPÖ, Allianz, NEOS und ÖVP, und das ist keine Mehrheit. Der Antrag ist damit abgelehnt. Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf schriftlichem Wege bekannt gegeben. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss um 11.33 Uhr.) Landtag, 20. WP 12. März 2020 43. Sitzung / 2 Landtag, 20. WP 12. März 2020 43. Sitzung / 2 Landtag, 20. WP 12. März 2020 43. Sitzung / 15