Wiener Landtag 20. Wahlperiode 42. Sitzung vom 28. Jänner 2020 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. Fragestunde 1. Anfrage (FSP-68578-2020-KNE/LM) S. 3 2. Anfrage (FSP-69084-2020-KVP/LM) S. 8 3. Anfrage (FSP-68997-2020-KSP/LM) S. 11 4. Anfrage (FSP-68288-2020-DAÖ/LM) S. 15 5. Anfrage (FSP-68614-2020-KNE/LM) S. 17 3. AST-76791-2020-KFP/AL: Aktuelle Stunde zum Thema "Mehr Sicherheit im öffentlichen Raum - welche Maßnahmen kann das Land Wien zur Vermeidung sicherheitsgefährdender Entwicklungen unternehmen?" Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Gerhard Haslinger S. 21 Abg. Karl Baron S. 23 Abg. Markus Ornig, MBA S. 24 Abg. Dr. Wolfgang Ulm S. 25 Abg. Mag. Ursula Berner, MA S. 25 Abg. Christian Hursky S. 26 Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc S. 27 Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 28 Abg. Nikolaus Kunrath S. 29 Abg. Anton Mahdalik S. 29 Abg. Mag. Marcus Schober S. 30 4. Begrüßung der Abgeordneten zum Europäischen Parlament Sarah Wiener, Mag. Lukas Mandl, Mag. Andreas Schieder und Harald Vilimsky S. 37 5. MIT-43960-2020-ML: Mitteilung von Lhptm Dr. Michael Ludwig zum Thema "25 Jahre Österreich in der EU" S. 31 Rednerinnen bzw. Redner: EP-Abg. Sarah Wiener S. 37 EP-Abg. Harald Vilimsky S. 39 EP-Abg. Mag. Andreas Schieder S. 42 Abg. Klaus Handler S. 45 Abg. Thomas Weber S. 46 Abg. Mag. Caroline Hungerländer S. 47 Abg. Nikolaus Kunrath S. 49 Abg. Leo Kohlbauer S. 51 Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS S. 52 Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara S. 54 Abg. Michael Stumpf, BA S. 56 Abg. Dr. Gerhard Schmid S. 57 EP-Abg. Mag. Lukas Mandl S. 59 6. Mitteilung des Einlaufs S. 62 7. 985447-2018-GSK; P 1: Bericht über die 2019 abgeschlossenen Petitionen Abstimmung S. 62 8. LG-920695-2019-LAT; P 2: Änderung des Wiener Abfallwirtschaftsgesetzes - Wr. AWG (Beilage Nr. 31/2019) Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima S. 62 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Christoph Wiederkehr, MA S. 62 Abg. Mag. Caroline Hungerländer S. 63 Abg. Dr. Jennifer Kickert S. 64 Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc S. 65 Abg. Erich Valentin (tatsächliche Berichtigung) S. 67 Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc S. 67 Abg. Mag. Josef Taucher S. 68 Abg. Erich Valentin S. 69 Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima S. 70 Abstimmung S. 72 9. LG-79870-2019; P 3: Änderung des Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 2005 - WEIWG 2005 (Beilage Nr. 32/2019) Berichterstatterin Amtsf. StRin Kathrin Gaál S. 72 Abstimmung S. 72 10. 1104435-2019; MDR, P 4: Unvereinbarkeits- und Transparenz- Gesetz; Betätigung eines Mitgliedes des Landtages in der Privatwirtschaft Berichterstatter Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi S. 72 Abstimmung S. 72 (Beginn um 9.01 Uhr.) Präsidentin Veronika Matiasek: Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, nehmen Sie bitte Ihre Plätze ein. Die 42. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet. Entschuldigt sind ganztägig Abg. Mag. Ebinger, Abg. Mag. Kasal, Abg. Mag. Maresch, Abg. Schinner-Krendl, Abg. Strobl, Abg. Mag. Wansch. Zeitweise entschuldigt: Abg. Dr. Aigner bis 12.30 Uhr, Abg. Baxant von 12.30 Uhr bis 14.30 Uhr, Abg. Berger ab 18 Uhr, Abg. Hursky von 12.30 Uhr bis 15.30 Uhr und Abg. Niegl bis 12 Uhr. Wir kommen zur Fragestunde. Die 1. Anfrage (FSP-68578-2020-KNE/LM) wurde von Herrn Abg. Wiederkehr gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Integration, Jugend und Personal gerichtet. (Laut Susanne Wiesingers Buch 'Machtkampf im Ministerium' gehe es im gegenwärtigen Bildungssystem vorwiegend um politischen Einfluss. Ein Paradebeispiel dahingehend sei die Frage gewesen, in welcher Form das islamische Religionsbekenntnis im Zeugnis abgebildet werden solle. Erst kurz vor Schulschluss habe das Kultusamt das Bildungsministerium informiert und dieses in Folge die Bildungsdirektionen, dass ab sofort 'Islam' mit Zusätzen wie 'IGGÖ' bzw. 'SCHIA' (Schiiten) - oder nur 'ALEVI' (Aleviten) für die Ausrichtung im Zeugnis stehen müsse. In Wien hätten die Lehrkräfte die Information erst an einem Freitag - an einem schulautonomen Tag - nach der Konferenz erhalten. Zu diesem Zeitpunkt seien die Zeugnisse schon fertig ausgestellt gewesen. Laut Wiesingers Buch habe die Wiener Bildungsdirektion diese Information bewusst zurückgehalten, um Stress bei den Lehrkräften zu erzeugen. 'Diese sollten wohl wütend auf das 'schwarze' Ministerium sein, weil sie nun bereits ausgestellte Zeugnisse überarbeiten und neu drucken mussten.' Laut Bildungsdirektor Heinrich Himmer erhielten die Lehrkräfte auf Grund des Mehraufwandes einen Sonderurlaubstag. Die Gewährung dieses Sonderurlaubstages ist mitunter dem Machtkampf zwischen dem Bund und dem Land Wien geschuldet. Wie viele Sonderurlaubstage wurden bisher beantragt bzw. bewilligt?) Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Herzlichen guten Morgen, Frau Präsidentin! Herr Abg. Wiederkehr! Hohes Haus! Zuerst einmal vielen Dank für das große Interesse an meiner Geschäftsgruppe, auch wenn bei dieser Fragestunde der Eindruck entstehen könnte, man kann mich alles fragen, fast alles, und ich freue mich schon auf die nächsten wahrscheinlich 60 Minuten. Sehr geehrter Herr Abgeordneter, die Frau Wiesinger hat mit ihrem zweiten Buch wieder viel Aufmerksamkeit erregt. Ich nehme das als Gelegenheit wahr und ich sehe es auch so, wieder über Bildung zu diskutieren. Es ist grundsätzlich eine gute Sache. Ich will dabei - das habe ich auch nie - nicht nur über Sonnenseiten sprechen, sondern - Sie kennen mich - auch - nicht davor zurückscheuen - über Herausforderungen. Es gibt große Herausforderungen, und wir alle müssen uns permanent fragen, was können wir tun, um diese Herausforderungen anzugehen und die Chancen der Wiener Kinder zu verbessern. In diesem Sinne bedanke ich mich auch für die Frage, weil es ermöglicht, ein bisschen etwas zu diesem Thema zu beantworten, aber vielleicht auch den etwas dramatisierten Bildern in Frau Wiesingers Buch entgegenzuwirken. Frau Wiesinger behauptet in ihrem Buch "Machtkampf im Ministerium", dass es um in der Bildungsverwaltung vorliegenden politischen Einfluss ginge. Das ist falsch, und es lässt sich gerade an dem von Ihnen in Ihrer Anfrage genannten Beispiel vielleicht widerlegen. Ob und wann das Kultusamt das Bildungsministerium kurz vor Schulschluss darüber informiert hat, "dass ab sofort ‚Islam' mit den Zusätzen, wie IGGÖ beziehungsweise SCHIA oder ALEVI im Zeugnis stehen müsse, das kann ich nicht beurteilen, das müsste jemand als Anfrage direkt an den Herrn Bildungsminister selbst richten. Sehr wohl aber hat das Bildungsministerium die Bildungsdirektionen informiert, und zwar nachweislich am 21. Juni 2019, per Erlass. Wie man auch im Unterschriftblock dieses Erlasses sehen kann, ist der Erlass auch erst am 21. Juni 2019 im Bildungsministerium unterschrieben worden. Genauso nachweislich hat die Bildungsdirektion Wien die Allgemeinbildenden Pflichtschulen in Wien noch am selben Tag, also am 21. Juni 2019 per Erlass in Kenntnis gesetzt. Zwei Mal der 21. Juni, also der Erlass wurde somit sofort nach Eintreffen weitergegeben. Damit ist aber auch die Behauptung, dass es ein bewusstes Zurückhalten des Erlasses gegeben hat, durch irgendwen, schlicht und ergreifend falsch. Es ist damit aber auch klar, dass anders, als in dem Buch von Frau Wiesinger dargestellt ist, keine politische Beeinflussung intendiert war und es natürlich auch keine gegeben hat. Und wenn Sie in Ihrer Anfrage fragen, ob es ein bewusstes Zurückhalten des Erlasses gegeben hat, um Stress bei den Lehrkräften zu erzeugen, damit dann diese auf das schwarze Ministerium wütend sind, ist das - ich glaube, den Nachweis habe ich gebracht, 21. Juni, 21. Juni - ebenso nicht richtig. Ich danke aber dennoch für die Anfrage, denn sie verweist darauf, dass der späte Erlass generell - nämlich die Änderung der Bezeichnung betreffend den Islamunterricht -, tatsächlich zu Stress geführt hat. Das war der 21. Juni, das ist unmittelbar vor Schulschluss und das hat teilweise zu einer ordentlich großen Mehrarbeit vieler Lehrerinnen und Lehrer geführt. Und genau deshalb und um diese Zusatzarbeit der Lehrerinnen und Lehrer zu würdigen, bekamen die Schulen die Möglichkeit genannt, jenen von dieser Mehrarbeit betroffenen Kolleginnen und Kollegen einen Sonderurlaubstag im Rahmen der autonomen Zuständigkeit der Schulleitung zu gewähren. Und da eben die Gewährung eines solchen Sonderurlaubs im Zuständigkeitsbereich der Schulleiterinnen und Schulleiter ist, ist es für die Bildungsdirektion jetzt auch nicht möglich, Aussagen dazu zu treffen, wie viele Sonderurlaubstage insgesamt beantragt oder bewilligt worden sind. Lassen Sie mich, bevor ich die erste Antwort dazu schließe, noch einen allgemeinen Gedanken anfügen: Es ist keine Frage, die Frau Kollegin Wiesinger spricht so wie viele andere Expertinnen und Experten in ihrem Buch wichtige Themen an. Und speziell dort, wo sie konkrete Lösungen vorschlägt, decken die sich auch im Großen und Ganzen weitestgehend mit meinen Forderungen, auch mit sozialdemokratischen Forderungen generell. Wenn ich das sagen darf, sehe ich das Problem - oder eine Sache, die ich aus meiner Sicht nicht teilen kann - in dem Buch weitestgehend darin, dass sie oft Richtiges mit Behauptungen oder Gerüchten verbindet - der Anlass der Frage war jetzt ein gutes Beispiel -, und diese Gerüchte dann nur teilweise oder eben gar nicht auf ihre Richtigkeit überprüft hat. Das halte ich jetzt insgesamt der Debatte nicht besonders zuträglich. In diesem Sinne bedanke ich mich, dass ich auch durch diese Anfrage die Gelegenheit gehabt habe, etwas Falsches richtigzustellen und diesen Gerüchten mit der Wahrheit zu begegnen. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 1. Zusatzfrage kommt von Frau Abg. Schwarz. - Bitte. Abg. Sabine Schwarz (ÖVP): Vielen Dank, guten Morgen! Ich möchte, bevor ich meine Frage stelle, auch kurz auf das Buch eingehen. Wo ich Ihnen natürlich recht gebe, ist, dass sie vieles anspricht und unglücklicherweise dann weiter vermengt. Jedoch spricht sie auch an, dass in den anderen Bundesländern leider die Wiener Verhältnisse kein Positivum sind, sondern eher ein Angstbild für Lehrerinnen und Lehrer, dass man also, wenn man im Burgenland, in Kärnten, in Tirol von Wiener Verhältnissen an Schulen spricht, nicht das positive Bild meint, sondern eher das Schicksal der Brennpunktschulen, und so weiter. Sie spricht auch davon, dass es teilweise eine Lehrerflucht aus Wien gibt, und sie spricht auch davon - und das ist ein Thema, bei dem ich immer wieder bitte, dass wir uns dem wirklich annehmen -, dass Eltern nicht mehr ihren Aufgaben nachgehen, also dass es unentschuldigtes Fernbleiben der Kinder gibt, und so weiter. Wir haben ja das Thema immer wieder aufgebracht. Ich habe auch immer wieder Anträge eingebracht, dass das Thema Elternbildung ein Schwerpunkt sein soll, auch gemeinsam mit der Bildungsdirektion. Und meine Frage ist jetzt: Wann wird die Stadt Wien gemeinsam mit der Bildungsdirektion Elternbildung als Schwerpunkt nehmen, um auch hier schon einmal zu beginnen, klare Regeln aufzustellen und auch den Eltern zu helfen, zu verstehen, was ihre Rechte, aber auch Pflichten sind? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Lassen Sie mich zu Ihrer Vorbemerkung anmerken, ich bin Sozialwissenschaftler und freue mich in Büchern gerade dann, wenn sie Aussagen über einen Zustand treffen oder eine Meinung, die in ganz Österreich herrscht, wenn es in irgendeiner Form auch sozialwissenschaftlich belegte Nachweise gibt. Ich bin natürlich aber auch insgesamt ein Bücherwurm und freue mich auch über Anekdotisches. Sie haben selbst gesagt - jetzt ganz ehrlich, Hand aufs Herz -, diese Aussagen, die da genannt werden, fallen in den Bereich Anekdotisches. Das ist auch nichts Böses, weil sie ein wichtiges Thema ansprechen, aber ich möchte das schon auch ein bisschen zurechtrücken, bevor wir da jetzt in die Richtung abdriften, das Ganze als Studie oder so etwas zu begreifen. Das vorausgeschickt, gebe ich Ihnen völlig recht, dass das Thema Elternbildung, Elternarbeit eine der zentralen bildungspolitischen Aufgaben überhaupt ist. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass Lernen nur dann funktioniert, wenn man zuerst einmal - das habe ich an dieser Stelle schon sehr oft gesagt - das Kind im Mittelpunkt sieht und nicht Schulhäuser oder Lehrerdienstrecht oder, wenn man so will, die großen Räder, an denen man drehen kann. Wenn man aber das Kind sieht, dann gibt's um dieses Kind ein Dreieck: Andere Kinder, mit denen das Kind gemeinsam lernen kann, die Lehrerinnen und Lehrer, die bei ihren Herausforderungen bestmöglich unterstützt werden müssen, und vor allem die Eltern. Wenn es gelingt, die Eltern in diese Bildungspartnerschaft hineinzuholen und die Eltern verantwortlich zu machen oder in ihrer Verantwortlichkeit zu stärken - ich glaube nicht, dass Eltern aus Böswilligkeit dieser Verantwortung nicht nachkommen, sondern eher aus Gründen, die Stärkung und Kommunikation brauchen -, dann funktioniert das ganze System besser und dann funktioniert eben das Lernen für das Kind besser. Deshalb ist es Schwerpunkt in unserer Arbeit. Ich verweise da auf ein sehr großes Projekt, auf das ich sehr stolz bin, das ist das Projekt "Gemeinsam Stärker", wo es uns darum geht, den Nachweis zu erbringen, dass es sich auszahlt, bei Schulen, in denen die Herausforderungen groß sind, genauer hinzuschauen, nicht über einen Tag, eine Woche, einen Monat hinweg, nämlich über Jahre hinweg mit Schulen zu arbeiten, und dort mit allen, die tun, also Lehrern, Eltern und Schülerinnen und Schülern zu arbeiten. Es ist dort die gesamte Bildungspartnerschaft im Blick, es wird mit den Eltern gearbeitet, mit den Schülerinnen und Schülern gearbeitet, mit den Lehrerinnen und Lehrern gearbeitet, und zwar immer zu den Herausforderungen, die am jeweiligen Schulstandort sind. Ich will das jetzt gar nicht generell abtun, was es an Vorschlägen in den letzten Monaten und Jahren bildungspolitisch gegeben hat, viele sind sehr gut, viele sind auch gut gemeint, aber der springende Punkt ist oft, dass wir aus unseren Tintenburgen hinaus zu den Schulen gehen müssen und dort die Frage stellen, was es an Herausforderungen wirklich gibt. Und da ist es auch im Hinblick auf die Elternarbeit sehr unterschiedlich, und mein Credo ist, dass man hier mehr auf die Flexibilität pocht und mehr auf die Expertise vor Ort schaut und dann die Eltern mit einbezieht. Die Angebote dazu, die Maßnahmen und Projekte dazu sind genauso vielschichtig wie die Schulen sind und sind jedenfalls ein Schwerpunkt, den wir angehen. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Ellensohn. - Bitte. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Landesrat! Die Frau Wiesinger hat mit ihren zwei Büchern unterschiedliche Teile der Öffentlichkeit aufgeregt und sich GegnerInnen zugezogen. Mittlerweile hat sie mehr als nach dem ersten Buch, diejenigen, die sich über das erste Buch gefreut haben, freuen sich zum Teil nicht mehr über das zweite. Sie hat sehr viel wichtige Themen angesprochen, das ist aber jetzt vorab in den Fragen bereits gekommen, Sie sind auch darauf eingegangen, was wir mit "Respekt: Gemeinsam Stärker" in der Stadt Wien jetzt versuchen, nämlich aus den Anekdoten Politik zu erarbeiten, auf wissenschaftlicher Basis, um dann zu sehen, ob wenige Anekdoten einer anderen Wirklichkeit gegenüberstehen oder ob es etwas mit der Wirklichkeit im großen Stil zu tun hat. Deswegen eine andere ganz Frage: Buch eins ein Erfolg, Buch zwei ein Erfolg, Sie haben gesagt, Sie sind ein Bücherwurm, auf welches dritte Buch freuen Sie sich und welche GegnerInnen zieht sich die Frau Wiesinger beim nächsten Buch zu? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich habe das Buch gelesen, ich habe mich über das Buch gefreut, so wie ich mich über jede Auseinandersetzung mit Bildungspolitik freue. Und ich glaube, dass wir insgesamt definitiv auch ein Stück weiter sind, auch in diesem Haus, als das vielleicht noch vor zehn Jahren war, und es bildungspolitische Debatten auch in der Vollziehung des Landes nicht nur über die Frage des Gemeinderates und der Notwendigkeit, Schulen zu bauen, sondern eben auch über die Frage des Lehrerinnen- und Lehrereinsatzes, über die Frage der Unterstützung für Lehrerinnen und Lehrer gibt. Das ist gut. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Was hat das mit der Vollziehung zu tun?) Und dazu haben Sie als Mitglieder dieses Hauses beigetragen, alle, und dazu haben auch Kolleginnen und Kollegen wie die Frau Wiesinger beigetragen, die ja in ihren Büchern sehr zentrale Herausforderungen anspricht, so wie viele andere auch. Deshalb freue ich mich ohne Einschränkung über diesen Beitrag, so wie über alle anderen Beiträge auch, weil es ermöglicht, dass man in einer solchen Debatte auch auf ein paar zentrale Herausforderungen hinweist. Und die zentrale Herausforderung, aus meiner Sicht, ist nach wie vor die Frage, inwiefern es uns als Staat, als Bundesland, als Gesellschaft gelingt, Pädagoginnen und Pädagogen ihren Herausforderungen entsprechend Unterstützung zu geben. Dafür braucht man zuerst einmal eine Hellsichtigkeit im Hinblick auf die Herausforderungen. Über viele Jahre hat man da ein bisschen - sagen wir einmal - die Augen zugemacht, dann gab es eine lange Debatte zum Thema Chancenindex, der letztendlich der Versuch ist, ein statistisches Modell, einen sozialwissenschaftlichen Nachweis über unterschiedliche Herausforderungen an unterschiedlichen Standorten zu erbringen. Der nächste Schritt wäre, dass man auf Grund dieses Chancenindex auch Schulen, das sind besonders Schulen in Ballungsraum - Wels ist zum Beispiel ein Ballungsraum, in dem es die allermeisten Indexschulen gibt, wenn man das so bezeichnen will, aber natürlich trifft das auch für Wien zu - größere Mittel zuteilt. Daher würde ich mich auf ein weiteres Buch extrem freuen, aber noch mehr freue ich mich natürlich über Schritte und Taten. Es gibt dazu Bekenntnisse im Regierungsprogramm, das finde ich auch ausgesprochen gut und ich hoffe, dass wir da schnell vom Bekenntnis zum Plan, zum Lehrer oder zur Lehrerin am Standort kommen. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Blind. Abg. Armin Blind (FPÖ): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Sie haben recht, das Buch der Kollegin Wiesinger hat durchaus einige Aufmerksamkeit erzeugt, und ich darf in dem Zusammenhang einmal dem Kollegen Ellensohn recht geben, es freuen sich vielleicht über dieses Buch Menschen diesmal nicht, die sich über das erste Buch gefreut haben. Es ist ja auch durchaus bezeichnend, wenn sich eine Fraktion wie die ÖVP das erste Mal auf das Buch komplett draufsetzt und plötzlich, wenn das schwarze Bundesministerium auch erwähnt wird, von Verallgemeinerungen spricht. Aber darf ich zum Buch zurückkommen. Sie haben gesagt, Sie sind Sozialwissenschaftler, es handelt sich vielleicht um Anekdoten, um Einzelfälle, die als Generalannahme dargestellt werden: Welche Schritte haben Sie unternommen, beispielsweise im Kontakt mit der Frau Wiesinger, solche Einzelfälle vielleicht doch zu evaluieren, dass es sich vielleicht doch nicht um Einzelfälle handelt, denn was aus dem Buch deutlich hervorgeht, ist ja, dass Lehrer, Direktoren Angst vor Stigmatisierung haben, Angst vor Repression seitens der SPÖ in Wien haben - so kommt es ja sehr deutlich zum Ausdruck, wenn ihre Schule als Problemschule dargestellt wird -, das heißt, es werden Probleme unter den Teppich gekehrt statt weitertransportiert, eben aus Angst vor der Bildungsdirektion und dem Bildungsstadtrat? Was haben Sie vor, um den Lehrern diese Angst zu nehmen und wieder Transparenz in die Problemlagen zu bringen? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Also erstens, ich verwehre mich entschieden gegen den Vorwurf, dass irgendwer in Verantwortung, in der Stadt oder auch in der Bildungsdirektion, Pädagoginnen und Pädagogen unter Druck setzt, besonders dann, wenn Sie auf Herausforderungen hinweisen. (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben gerade in der Republik in den letzten Monaten und Jahren immer wieder erlebt, dass das der Fall ist. Ich erinnere an Besuche aus dem Kabinett des Bildungsministers in einer Direktion am Tag vor den Ferien, weil eine kritische Meldung im Hinblick auf eine - in dem Fall überfallartig - Einführung eines neuen Modells gekommen ist. Ich neige hingegen dazu, und das ist mein Credo, mich hinter Pädagoginnen und Pädagogen zu stellen, auch wenn mir ihre Meinung nicht passt. Zur konkreten Frage, was ich getan habe, was Wien getan hat, im Hinblick auf Themen, die auch Frau Kollegin Wiesinger aufgeworfen hat, nun einmal zu dem einen Teil der Frage: Wenn es sich um Einzelfälle handelt, die in irgendeiner Weise zu Recht Kritik an falschem Handeln beinhalten, von wem auch immer, von der Schulverwaltung, von Lehrerinnen und Lehrern, von Direktorinnen und Direktoren der Stadt, dann muss man diesen Einzelfällen, und zwar lückenlos, auf Punkt und Beistrich nachgehen, um das zu bereinigen. Kritik ist ja dazu da, um Herausforderungen anzugehen, damit man es besser macht. Dafür braucht man halt Name, Adresse, Fall, konkrete Hinweise. Wann immer es konkrete Hinweise gibt, dann freuen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bildungsdirektion, diesen Hinweisen nachzugehen. Das ist ja auch ihr Job und das macht ja auch die Arbeit besser, wenn man konkrete Hinweise darauf hat, wo es nicht funktioniert. Zum Allgemeinen: Es ist so, dass ich selbstverständlich mit Frau Kollegin Wiesinger gesprochen habe, dass auch der Herr Bürgermeister die Kollegin Wiesinger gemeinsam mit mir eingeladen hat, es hat insgesamt mehrere Gespräche gegeben. Es hat auch sehr viele Schritte gegeben in Richtung von Vorschlägen, die Frau Kollegin Wiesinger, so wie viele andere auch, gemacht hat. Das ist ja auch die Stärke dieses Buches. Es ist nichts Böses, wenn man Vorschläge bringt, die andere schon gemacht haben, im Gegenteil, es greift konkrete Dinge auf, die im bildungspolitischen Diskurs von Expertinnen und Experten gemacht wurden. Ein Beispiel: Die konkrete Verknüpfung der Kinder- und Jugendhilfe mit den einzelnen Schulstandorten, also nicht die Kinder- und Jugendhilfe als - wenn man so will - anonym wahrgenommenes Unterstützungssystem wahrzunehmen, das man im Anlassfall von der Schule in Anspruch nimmt, sondern mit den neugeschaffenen Bildungsschulkooperationsteams als konkrete Ansprechpartner für die Schulen, für die Lehrerinnen und Lehrer, die Kinder über mehrere Wochen begleiten. Das war zum Beispiel einer dieser Schritte, die wir gegangen sind. Das Soforthilfetelefon war einer der Schritte, die wir gegangen sind. Der Ausbau des psychosozialen Unterstützungspersonals war ein Schritt. Alles Vorschläge, die auch, so wie viele andere - ich zum Beispiel -, Frau Kollegin Wiesinger gemacht hat. Und ich glaube, es ist ein Beispiel dafür, dass man recht pragmatisch mit Vorschlägen in der Bildungspolitik umgeht, vielleicht mit ein bisserl weniger ideologischem Grabenkampf, und dann kommt man drauf, viele dieser Vorschläge sind gut, das kann man machen, wenn man sich grundsätzlich dazu bekennt, dass man Schulen unterstützt und ihnen keine Krücken in den Weg wirft. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 4. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Schmid. Abg. Dr. Gerhard Schmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Landesrat, einen schönen guten Morgen! Sie haben durch die Beantwortung der letzten Zusatzfrage fast meine Zusatzfrage schon vorweggenommen. Die Frau Wiesinger hat in diesem Buch ja eine ganze Reihe von Vorschlägen und Ideen entwickelt, die dann zu konkreten Maßnahmen führen sollen. Sie haben sich das sicher angesehen. Ich wollte Sie da nur bitten und einladen, zu diesen konkreten Vorschlägen der Frau Wiesinger ein bisschen Stellung zu nehmen. Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Danke für die Frage. Wie schon gesagt, es ist so, dass viele Vorschläge von Frau Wiesinger seit Jahren von Seiten von Pädagoginnen und Pädagogen, Expertinnen und Experten gar nicht hinterfragt sind, sondern auch über weite Teile in der politischen Landschaft - es gibt ein paar Ausnahmen - Common Sense, und ich kann da ein paar Beispiele bringen: Ja, es braucht einen Ethikunterricht für alle, denn gemeinsame Regeln und Werte kann man nur gemeinsam diskutieren und nicht, wenn man nach Religionen aufgeteilt ist. Auch nicht, wenn Ethikunterricht nur für die da ist, die sich von der Religion abmelden, sondern eben für alle. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und NEOS.) Ja, wir brauchen eine flächendeckende Ganztagsschule. Die Schulerhalter stemmen hier in Österreich die ganze Last, aber aus Wiener Sicht kann ich nur sagen, wir tun es gerne und mit voller Überzeugung. Ja, wir brauchen mehr Flexibilität bei den Deutschklassen, ich hoffe, hier kommt langsam Bewegung in die Sache, da man sonst noch einen Jahrgang verliert. Ja, wir brauchen mehr Unterstützungspersonal. Das habe ich schon gesagt und ich habe auch schon gesagt, dass wir gerade mit dem Respekt-Projekt versuchen, vorzuhüpfen, was das an einem Schulstandort bringt. Ja, wir brauchen eine praxisnahe Lehrerinnen- und Lehrerausbildung. Ja, es tut der Gesellschaft nicht gut, wenn man die Kinder im Alter von neuneinhalb Jahren in zwei Schulsysteme aufteilt. Das sind alles Vorschläge, alles Kritikpunkte von Frau Kollegin Wiesinger. Gerade, was die Aufteilung von Schülerinnen und Schüler in einem viel zu frühen Alter betrifft, ist es leider so, dass - das muss ich sagen - die aktuelle Bundesregierung jeden Änderungswillen aufgegeben hat. Es ist sogar so, dass durch die AHS- Aufnahmeprüfung in der 3. Klasse Volksschule der Druck auf die Kinder noch mehr erhöht wird. Das finde ich schlecht. Aber natürlich, es gibt auch Forderungen von Frau Wiesinger, das habe ich schon gesagt, die man diskutieren kann und muss, die aber aus meiner Sicht gegenteilige Effekte haben. Da komme ich auf die Frage von Frau Kollegin Schwarz am Beginn zurück. Ich nehme zur Kenntnis, dass Frau Kollegin Wiesinger so wie auch einige andere Pädagoginnen und Pädagogen glauben, dass man Kooperationen von Eltern und Schülerinnen und Schülern primär mit Zwang und Strafen erreichen kann. Viele andere Pädagoginnen und Pädagogen und besonders Expertinnen und Experten - ich auch - fürchten, dass damit nur die Konfrontation zwischen Schule und Elternhaus verschärft werden würde. Ich glaube, es braucht Hinschauen und Arbeit mit Pädagoginnen und Pädagogen, und die brauchen Zeit und Ressourcen, mit den Familien zu arbeiten. Das wird man allein mit einer Strafe nicht machen. Es gibt auch ein zweites Thema, wo ich entschieden anderer Meinung bin als Frau Kollegin Wiesinger, das ist das Thema Busing, da geht es darum, Kinder zwangsweise in einen anderen Bezirk zu verschicken. Das sehe ich sehr kritisch. Erstens einmal ist es unter den rechtlichen Voraussetzungen, die wir in Österreich haben, so, dass es einem Förderprogramm für Privatschulen gleichkäme, und als Bildungsstadtrat sehe ich es als meine Aufgabe, die öffentliche Schule ums Eck zur Schule der Wahl zu machen. Zweitens ist es so, dass die Wiener Eltern die pädagogische Vielfalt in Wien schätzen, und ich will ihnen auch die Wahlfreiheit nicht nehmen. Da ist meiner Meinung nach das Mittel der Wahl ein echter Chancenindex, der gewährleisten könnte, dass alle Eltern sicher sein können, dass ihre Kinder in jeder Schule ausreichend gefördert werden. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 5. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Kops. - Bitte. Abg. Dietrich Kops (DAÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat! Bei mir bleibt schon der Eindruck bestehen, dass es bei dieser Aktion rein eine Machtdemonstration zwischen Land und Bund gewesen ist. Diese Machtdemonstration ist ja leider Gottes wieder auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer ausgetragen worden und schlussendlich waren die Leidtragenden ja dann die Schülerinnen und Schüler. Ich habe auch Kinder, die noch schulpflichtig sind, und die haben mir schon berichtet, wie genervt und gestresst die Lehrer und Lehrerinnen waren. Aber jetzt meine konkrete Frage und eigentlich die unbeantwortete Frage von Kollegen Wiederkehr: Wie viele Sonderurlaubstage wurden bewilligt oder beantragt und was hat es den Steuerzahler wieder gekostet? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Wie bereits ausgeführt, hat die Bildungsdirektion im Ernstnehmen dieses Zusatzbedarfs, des zusätzlichen Stress, der zusätzlichen Arbeit die Schulleiterinnen und Schulleitern auf die Möglichkeit hingewiesen, einen freien Tag im Rahmen der Schulautonomie zu ermöglichen. Es ist möglich, im Rahmen der Schulautonomie einen freien Tag für die Kolleginnen und Kollegen zu ermöglichen, die besonderen Mehraufwand durch die Neuausstellung der Zeugnisse hatten. Daher kann man das auch nicht zentral nachrechnen oder beziffern. Das habe ich auch schon in der Beantwortung der 1. Anfrage gesagt. Was ich auch bei der ersten Anfrage gesagt habe: Man muss es jetzt auch nicht hochstilisieren, aber es war eine Maßnahme, auf deren Notwendigkeit ganz offenbar - das liegt jetzt außerhalb meines Verantwortungsbereichs - das Kultusministerium, das Bildungsministerium hingewiesen hat, und das Bildungsministerium hat das per Erlass auf die Pflichtschulen umgewälzt, und das am 21. Juni. Und am 21. Juni hat die Bildungsdirektion als dafür zuständige Bildungsverwaltung das wiederum an die Pflichtschulen weitergegeben. Aus dem kann man beim besten Willen keine Art von Spiel herauslesen. Im Gegenteil, es ist eine direkte Weitergabe von Informationen. Insgesamt - ich habe da selber Erfahrungen, aus meinem früheren beruflichen Setting, aber auch aus diesem Haus - ist es für die Pädagoginnen und für die Pädagogen immer eine Zumutung, wenn sie kurz vor Ferienbeginn mit völligen Neuerungen oder mit Mehraufwand oder mit sozusagen Überraschungen - sagen wir es einmal positiv, aber es ist jedenfalls eine negative Überraschung - konfrontiert werden. Ich glaube, wir alle sind dazu angetan, wo wir das können, da gibt es Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen, das tunlichst zu unterlassen. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 6. und letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg. Wiederkehr. Abg. Christoph Wiederkehr, MA (NEOS): Guten Morgen, Herr Landesrat! Danke auch für die Hintergründe und für die Informationen. Es ist auch sehr spannend, wie die Entwicklung da war. Genauso wie Sie bin ich sehr froh darüber, dass über das Buch auch wieder eine bildungspolitische Diskussion entstanden ist. Und ich möchte einen Aspekt herausgreifen, nämlich die Diskussion über das Parteibuch in der Schulverwaltung, die Diskussion auch darüber - wie Frau Wiesinger auch schreibt -, dass durch Parteipolitik auch Reformen im Bildungssystem verhindert werden. Wie sehen Sie den parteipolitischen Einfluss in der Schulverwaltung? Der Herr Minister Faßmann sagt ja schon ganz offen, dass er auch dagegen vorgehen möchte, dass dieser historisch entstandene, parteipolitische Einfluss auch in der Schulverwaltung zurückgedrängt wird. Wie ist hier Ihre Auffassung dazu? Präsidentin Veronika Matiasek: Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich sehe einen guten Aspekt von parteipolitischem Einfluss in den Bildungsverwaltungen der Republik, der leider zurückgedrängt wurde. Der gute Aspekt war die Möglichkeit der Mitbestimmung in Kollegialorganen. Ich hielt die Kollegen der Landesschulräte auch als jemand, der viele Stunden dort verbracht hat, als ausgesprochen gute Möglichkeit, parteipolitische Meinungen auszutauschen, die bildungspolitischer Natur sind. Das ist auch völlig okay und dafür sind wir ja auch gewählt, und unsere Verantwortung als Land haben wir in den Landesschulräten auf diese Art und Weise geltend gemacht. Das finde ich richtig und gut. Es ist schade, dass das mit dem Bildungsreformgesetz, wenn man so will, abgeschafft wurde. Nicht ganz abgeschafft, ersetzt durch Beiräte, aber diese Beiräte sind eigentlich ohne politische Parteien. Die Bildungsdirektion und auch andere Bildungsdirektionen in den Bundesländern bemühen sich sehr, das durch Austausch, et cetera nachzubilden und haben da auch die größtmögliche Mitbestimmung sichergestellt, wenn man so will. Freiwillig kann man diese Beiräte ergänzen. Das ist also ein Teil, wo meine Meinung ganz sicher gegen die Beschlüsse der letzten Jahre steht. Wo ich der Überzeugung bin, dass parteipolitischer Einfluss keine Rolle zu spielen hat, ist die Auswahl der Pädagoginnen und Pädagogen. Wir haben in Wien als erstes Bundesland und in der Fülle auch mit der größten Energie von allen Bundesländern ausgesprochen gute Erfahrungen mit Assessments gemacht. Ich habe für das Land Wien - um da ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern - im Zusammenhang mit diesen Verhandlungen zum Bildungsreformgesetz damals die Meinung vertreten, man könne diese Assessments - und zwar ausschließlich diese Assessments - als Entscheidungsgremium, als entscheidende Organe für die Pädagoginnen- und Pädagogenauswahl nehmen. Das wäre nachvollziehbar und es wäre, wie ich glaube, in hohem Maße auf Grund der Kompetenz orientiert. Und es geht um die Kompetenz einer Pädagogin und eines Pädagogen. Wir wissen, es ist anders ausgegangen, meiner Meinung nach ist das Auswahlprocedere, das geschaffen wurde - sagen wir einmal -, zumindest nicht weniger parteipolitisch beeinflusst als vorher. Da hat man ganz offensichtlich auch von Seiten - und ich kann das in dem Fall auch sagen - der ÖVP damals keine Änderung gewünscht. Präsidentin Veronika Matiasek: Wir kommen zur 2. Anfrage (FSP-69084-2020-KVP/LM). Diese wurde von Frau Abg. Schwarz gestellt und ist ebenfalls an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Bildung, Integration, Jugend und Personal gerichtet. (Seit einigen Jahren veranstaltet die Landesschülervertretung in Wien 'SchülerInnenparlamente', zu denen sie alle Schülervertreterinnen und Schülervertreter einlädt, um mit ihnen bildungspolitische Anträge zu diskutieren und diese abzustimmen. Es wird Zeit, dass wir in Wien ein sichtbares und explizites Zeichen für mehr Demokratie setzen. Kärnten ist bereits weiter - dort wurde das Schülerparlament landesverfassungsrechtlich verankert; nunmehr hat der Landtag zweimal jährlich ein Schülerparlament abzuhalten. Werden Sie einen Gesetzesvorschlag erarbeiten und dem Wiener Landtag zur Beschlussfassung vorlegen, der den Schülerinnen und Schülern Wiens ein Recht einräumt, ein 'SchülerInnenparlament' abzuhalten?) Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Abg. Schwarz! Liebe Mitglieder des Landtages! Vielen Dank für die Anfrage, sie ermöglicht mir endlich, dass ich erstens über ein wichtiges Thema spreche, das ganz offensichtlich uns allen wichtig ist - das finde ich gut -, aber auch Unklarheiten beseitigen kann. Viel zu oft wird versucht, auf diesem Thema politisches Kleingeld zu wechseln. Für die, die die Frage nicht gelesen haben, es geht um die Schülerinnen- und Schülermitgestaltung und die Schülerinnen- und Schülerparlamente. Ich hoffe, ich kann heute dazu beitragen, dass wir im Sinne der Wiener Schülerinnen und Schüler wieder ein bisschen auf den konstruktiveren Weg zurückkehren können. Das Thema Schülerinnen- und Schülervertretung ist mir ein sehr großes persönliches Anliegen, erstens einmal, weil ich der Überzeugung bin, dass meine politische Karriere als Schulsprecher begonnen hat, zumindest meine Auseinandersetzung mit der Welt und was man verbessern kann, und mit sicher auch dem Frust, dass solche Verbesserungen oft eine Zeit und viele, viele PartnerInnen brauchen, die man einmal gewinnen muss. Aber schon auch deshalb, und das ist jetzt der zentralerer Punkt, weil mir, wie Sie alle wissen, das Thema Mitbestimmung der Kinder und Jugendlichen ein besonderes Anliegen ist. Deshalb sind die Schülerinnen- und Schülerparlamente auch kein parteipolitisches Thema per se, und das sollen sie auch nicht sein. Schaut man ein bisschen in die Geschichte zurück, kann man das auch für Wien sehr gut nachzeichnen. Das erste Wiener Schülerinnen- und Schülerparlament wurde hier in diesem Haus vom damaligen AKS- Landesschulsprecher Martin Binder-Blumenthal im Jahre 2000 durchgeführt. Und obwohl es am Anfang nur für Gymnasien vorgesehen war, wurde es von den nachfolgenden Teams in den Landesschülerinnen- und - schülervertretungen auch auf die Berufsbildenden Schulen und Berufsschulen ausgeweitet. Und da war es egal, für all die Jahre egal, ob es gerade die AKS oder die Schülerunion, die Landesschülerinnen- und Landesschülervertretungsräte waren, die Idee hat sich durchgesetzt. Das finde ich wirklich großartig, und der Dank gebührt den Schülerinnen- und Schülervertretern. Ich darf auch mit Stolz sagen, dass Wien das erste Bundesland war, das den Landtagssaal eben mittlerweile vor 20 Jahren zur Verfügung gestellt hat, ohne Bedenken und Zögern. Das ist auch weiterhin so und es ist, um es noch einmal zu sagen, völlig unerheblich, welche Fraktion da gerade die Mehrheit stellt und welche nicht. Ich glaube, dass ich das auch fraktionsübergreifend für dieses Haus feststellen kann, und ich bin überzeugt davon, für alle zu sprechen, dass wir diese Tradition, die Schülerinnen- und Schülerparlamente im Landtagssaal stattfinden zu lassen, fortsetzen wollen und auch die Bereitschaft, dies ohne zu zögern und mit der größtmöglichen Unterstützung zu tun. Ich glaube auch, dass das Treffen mit den BildungssprecherInnen eine gute Tradition hat, die sich bewährt hat und gerade, ich habe das vorher erwähnt, durch den Wegfall der KollegInnen im Stadtschulrat oder in den Landesschulräten eine wichtige Austauschmöglichkeit ist. Ich danke da auch allen Bildungssprecherinnen und Bildungssprechern, die da, wenn man so will, die Hauptkommunikationsarbeit machen, das finde ich wunderbar. Frau Abg. Schwarz, Sie sprechen aber in Ihrer Anfrage ja nicht nur über die Durchführung der Schülerinnen- und Schülerparlamente, sondern auch über die gesetzliche Verankerung. Und da muss ich aber jetzt schon kurz ausholen: Wir sind hier eine gesetzgebende Körperschaft und wir sind der Österreichischen Bundesverfassung verpflichtet. Und laut Art. 14 der Bundesverfassung obliegt die Gesetzgebung und Vollziehung im Bereich der Schülerinnen- und Schülervertretung dem Bund. Das betrifft die direkte Schülermitgestaltung und innerschulische Schülerinnen- und Schülervertretung, also die KlassensprecherInnen - so wie ich einer war -, die Schulsprecherinnen und Schulsprecher im SchUG, also im Schulunterrichtsgesetz, als auch die Landes- und Bundesschülervertretung im Schülervertretungsgesetz, also im SchVG. Und wie länger gediente Mitglieder des Landtages sicher wissen, gibt es auch keine Ausführungsgesetzgebungskompetenz des Wiener Landtages im Bereich der Schülerinnen- und Schülervertretung. Das mag jetzt begrifflich verwirrend klingen, aber ja, auch die Landesschülerinnen- und Landesschülervertretung ist eine bundesgesetzliche Interessensvertretung. Daher war auch schon vor der Bildungsreform in allen Bundesländern die Landesschülerinnen- und Landesschülervertretung an den Landesschulräten angesiedelt, da sowohl die Gesetzgebung als auch der Vollzug Bundessache ist. Und bei der überschulischen Landes- und Bundesschülervertretung kommt noch dazu, dass sie ausschließlich Schulen der Sekundarstufe betrifft und hier abseits der Berufsschulen, vor allem Bundesschulen, nämlich Gymnasien und berufsbildende Schulen umfasst. Themen, mit denen sich die Landesschülerinnen- und Landesschülervertretung vom Gesetz her beschäftigen darf, wären also sowohl für den Landtag als auch für den Wiener Gemeinderat mit Ausnahme der Berufsschulfragen rechtlich nicht zulässig, da auch ein allgemeinpolitisches Mandat nicht im SchVG, also im Schülervertretungsgesetz, vorgesehen ist. An diesen Punkt möchte ich sagen, und das in aller Deutlichkeit: Ich finde das nicht gut. Ich finde, es braucht in Österreich Schritte zu einer besseren Verankerung der Schülerinnen- und Schülervertretung. (Beifall bei der SPÖ.) Aber das ist nun einmal der bundesgesetzliche Rahmen. Ich persönlich kann zum Beispiel auch nicht nachvollziehen, warum Schülerinnen und Schüler an einer NMS ihre Schulsprecher nicht direkt wählen dürfen. Ich kann auch nicht nachvollziehen, warum eine Landesschülerinnen- und Landesschülervertetung nur von einer einzigen Person pro Schule gewählt wird und alle Mittelschulen in Wien nicht mitstimmen dürfen. Ich kann darüber hinaus auch nicht nachvollziehen, warum der Bundesgesetzgeber zwar ein Schülerparlament für die Bundesschülervertretung gesetzlich verankert hat, aber kein Schülerparlament für die Landesschülervertretung. Das hätte man auf einmal erledigen können. Und ich möchte an dieser Stelle sagen, und das in aller Deutlichkeit: Alle Bemühungen, diese Lücke zu schließen - es gibt da auch erste Bekenntnisse im Regierungsprogramm, ich empfinde diese Fragestunde oder die vielen, vielen Diskussionen auch als Bekenntnis in diese Richtung -, haben meine volle Unterstützung. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Berner. - Bitte. Abg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Wir hören immer wieder und ich bin auch immer wieder hier, wenn die SchülerInnen sich hier im Gemeinderatssaal treffen. Und ich bin sehr beeindruckt, denn da ist es drei Mal so voll als jetzt und sehr engagierte junge Menschen reden über Politik und haben auch Ideen und entwickeln auch Ideen. Ihr Wunsch wäre es, besonders, wenn diese Ideen die Agenden für Wien betreffen, dass wir ihnen eine Chance geben, dass sie diese Ideen, wenn sie abgestimmt sind, auch im Bildungsausschuss vorstellen. Sehen Sie eine Möglichkeit, wie man die Ideen des Schülerparlamentes nur Wiener Ideen betreffend im Ausschuss bearbeiten könnte? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ja, ich habe versucht, das auszuführen. Zuerst einmal wäre dringend notwendig, dass man die Kompetenzen oder die Möglichkeiten der Schülerinnen- und Schülervertretung auf eine allgemeine politische Meinungsbildung im bildungspolitischen Bereich ausdehnt, denn dann könnten wir auch sagen, im Zuge eines allgemeinpolitischen Diskurses interessiert es uns, und es ist total wichtig und total spannend. Und das Wichtige in diesem Zusammenhang ist eben, und das wäre das Zentrale, dass man auf bundesgesetzlicher Ebene, also im Schülervertretungsgesetz und im SchUG die Möglichkeiten der Schülervertretung ausdehnt, beziehungsweise auch die demokratische Fundiertheit der Schülerinnen- und Schülervertretung stärkt. Wir können in Wien trotzdem natürlich Schritte setzen und ich bin überzeugt davon, dass wir das mit der "Werkstadt Junges Wien" auch getan haben, wo wir ja an allen Schulen, die das wollten - nicht nur an Schulen, sondern, wie wir alle wissen -, aber auch in Kindergärten, in Parks, et cetera, mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet haben und wo ein wesentliches Ergebnis - das weiß ich jetzt schon von der Konferenz der Kinder und Jugendlichen - sicher sein wird, dass es zu einem Ausbau aller partizipativen Möglichkeiten, also der Mitbestimmung vom Morgenkreis und Klassenrat in der Volksschule bis zur Mitbestimmung im Jugendzentrum in Wien flächendeckend zu einem nächsten Step und weiteren Ausbau kommen muss. Und zwar nicht nur in den Schulen, sondern in allen Bereichen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Blind. - Bitte. Abg. Armin Blind (FPÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat! Wir hatten diese Frage ja bereits im letzten Ausschuss thematisiert, jetzt ganz konkret die Frage an Sie: Sie haben sich als sehr großer Freund dieser Schülerparlamente hier bekannt. Wann können wir konkret mit der tatsächlichen Umsetzung rechnen? Sie haben uns ja erklärt, dass es bei der rechtlichen Umsetzung zwischen der SPÖ-Wien und der SPÖ-Kärnten offensichtlich Divergenzen gibt, denn in Kärnten gibt es nämlich die rechtliche Verankerung der Schülerparlamente sehr wohl, aber wann werden Sie die Umsetzung dieser Vorschläge in den Ausschuss hinein vornehmen? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Wie gesagt, für die vielen Vorschläge, die ich gebracht habe - ich kann es gerne auch noch einmal näher ausführen -, braucht es weder die SPÖ-Wien, noch die SPÖ-Kärnten, sondern möglicherweise auch - und die wird es dazu sicher geben - die SPÖ im Parlament gemeinsam mit den anderen Parlamentsparteien, die Regierungsparteien wären dafür jedenfalls notwendig, damit man zu einer Mehrheit kommt. Zum Thema Kärnten: Wie bereits gesagt, wenn es nur darum geht, dass das Schülerinnen- und Schülerparlament hier im Landtag stattfinden kann, dann braucht es kein Verfassungsgesetz dazu. Ich bin auch kein Kärntner Landesrat, aber wenn man sich diese Bestimmungen der Kärntner Landesverfassung genauer anschaut, dann würde das heißen, dass nicht die Landesschülerinnen- und Landesschülervertretung, sondern die Landtagskanzlei die Schülerinnen- und Schülerparlamente organisieren und durchführen soll. Ich bin mir nicht sicher, ob das im Interesse der Schülerinnen und Schüler ist, also ich glaube, hier gibt es schlicht und einfach aus juristischer Sicht die Notwendigkeit, dass man das vielleicht ohne Kampagnisierung einfach in Ruhe diskutiert. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 3. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Bluma. Abg. Susanne Bluma (SPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Landesrat! Lassen Sie mich meine Frage kurz und knackig formulieren: Welche Möglichkeiten erachten Sie als sinnvoll, um die SchülerInnenvertretungen zu stärken? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich habe, glaube ich, eh schon viel dazu gesagt. Es sind zusammenfassend drei Bereiche. Der erste Bereich ist die Stärkung der Schülerinnen- und Schülervertretung in der Pflichtschule. Es ist nicht verständlich, warum in der Mittelschule bis heute Schulsprecherinnen und Schulsprecher nicht direkt gewählt werden, es ist gerade auch im Hinblick auf politische Bildung, wie ich glaube, ein zentrales Lernfeld und es wäre einfach gut. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Sie werden ja auch nicht direkt gewählt!) - Ich glaube, der Herr Kollege Kowarik hat in einem Zwischenruf gesagt, ich werde auch nicht direkt gewählt, aber ich bin mir nicht sicher, dass Sie politische Bildung ... Egal, wie auch immer, ich gehe davon aus, politisch sind alle hier genug gebildet. Jedenfalls, anyway, zurück zu den Pflichtschulen: Ich bin der Überzeugung - Sie müssen sie ja nicht teilen -, dass man in der Mittelschule auch Schulsprecherinnen und Schulsprecher direkt wählen sollte, auch weil es ein wichtiges politisches Bildungslernfeld ist. Und es ist auch in den Volksschulen so, ich habe das vorhin kurz erwähnt, dass es wirklich gute Erfahrungen mit Schülerinnen- und Schülerräten, mit Beteiligungssystemen gibt, die man weiter ausbauen könnte. Das ist der Bereich eins, Schülerinnen- und Schülervertretung in der Pflichtschule. Der zweite Bereich, auch schon erwähnt, ist die Demokratisierung der überschulischen Schülerinnen- und Schülervertretung. Noch einmal, die Landesschülerinnen- und Schülervertretung wird von nur einer Person pro Schule in der Sekundarstufe 2 gewählt. Ich sehe keinen Grund, warum man das nicht ausweiten könnte, also man könnte zum Beispiel sagen, dass zumindest alle SGA-Mitglieder auch ein Wahlrecht haben oder dass auch ein Wahlrecht für Schulsprecherinnen und Schulsprechern in der Mittelschule denkbar wäre. Der Bundesschulsprecher oder die Bundesschulsprecherin wird in Österreich überhaupt nur von 29 Schülerinnen oder Schülern gewählt. Ich finde, hier bräuchte es Demokratisierungsschritte. Und das Dritte ist die Unterstützung der Schülerinnen- und Schülervertretungen in ihrer Arbeit. Da gibt es extrem hohe Fluktuation, jedes Jahr wechselt das ganze Team, und ich glaube daher, dass es richtig und wichtig wäre, dass es an jeder Schule Vertrauenspersonen im Lehrkörper gibt, die bei der Übergabe der Vertretungsarbeit unterstützen. Wir haben in Wien großartige Erfahrungen mit der Tatsache, dass im Rahmen der Schülermitgestaltung von wienXtra seit 20 Jahren Schulsprecher und Schulsprecherinnen geschult werden. Wir erreichen damit rund 200 Schulsprecherinnen und Schulsprecher, es werden Projekte erarbeitet, die sie in der Schule umsetzen können und darüber hinaus, also so können Kinder und Jugendliche erleben, dass ihre Stimme gehört wird. Sie sehen, es gibt viel zu tun, und ich glaube eigentlich, dass wir zu dem Schritt übergehen könnten, diese Dinge außer Streit zu stellen. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 4. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Handler. Abg. Klaus Handler (DAÖ): Einen schönen guten Morgen, auch von meiner Seite! Sie haben ja schon zahlreiche Fragen beantwortet, ich mache es kurz. Ich meine, dass Schülerparlamente sinnvoll sind, den Schülern Demokratie näherzubringen, da sind wir uns, glaube ich, eh alle einig. Meine Frage ist dahin gehend: Haben Sie eine Idee, wie man sicherstellen kann, dass da auch die Themen und die Meinungen der Schüler vertreten werden und nicht die der Lehrer, was ja auch manchmal durchfließt. Haben Sie da eine Idee dazu? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Also alle Ideen, die ich bis jetzt gesagt habe, tragen dazu bei, ich möchte sie jetzt aus Zeitgründen nicht wiederholen. Aber jedenfalls, grundsätzlich, glaube ich, ist der Weg dazu, dass man Schülerinnen und Schüler direkt fragt. Überall dort, wo man sie direkt erreichen kann und fragt und es nicht sozusagen vermittelt über die Meinungen der Lehrerinnen und Lehrer oder Eltern, die auch ihre totale Relevanz haben, dann funktioniert das, dass Schülerinnen und Schüler direkt ernst genommen werden. Das haben wir mit der "Werkstadt Junges Wien" vorgehupft, aber viele andere Modelle machen das auch, gerade viele Pädagoginnen und Pädagogen arbeiten an einem Tag wie heute mit einem Morgenkreis, bevor irgendwas sonst ist, und fragen die Kinder, was ihre Meinung zu dem Unterricht ist. Ich möchte an dieser Stelle auch den Pädagoginnen und Pädagogen für ihre Arbeit danken, in aller Regel ist das eine Arbeit, die die Interessen der Kinder und Jugendlichen ernst nimmt. Ich glaube, grundsätzlich ist es so, dass man auch durch Mitbestimmungsgremien in den Schulen natürlich Parität herstellen und damit die Stimmen der Schülerinnen und Schüler aufwerten kann. Der SGA ist ein Beispiel, man kann natürlich aber auch darüber hinaus weitergehen, und das wären Direktwahlmodelle. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 5. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Emmerling. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Guten Morgen, Herr Landesrat, danke für Ihre bisherigen Antworten! Sie haben immer wieder betont, dass Ihnen die Mitbestimmung und die Demokratisierung der Schülerparlamente ein Herzensanliegen ist. Das nehme ich Ihnen auch vollkommen ab. Jetzt haben Sie uns erläutert, warum die Verankerung des Parlaments in die Landesverfassung Wien so einfach nicht möglich sei, das ist das größte Herzensanliegen der Landesschülervertreter. Ich möchte dann noch die Frage von Kollegin Berner aufgreifen, die gemeint hat, ein weiterer Wunsch wäre ja, dass wir Themen, die Wien betreffen, in den Ausschüssen diskutieren: Die Frage wurde leider nicht konkret beantwortet. Sehen Sie hier die Möglichkeit, dass wir zum Beispiel schon im nächsten Bildungsausschuss die Landesschülervertreter einladen, um ihre mehrheitlich positiv abgestimmten Anträge, die das Wiener Schulwesen betreffen, dort vorzustellen und dann darüber zu diskutieren? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ohne dass das technokratisch wirkt, ich möchte das noch einmal ausführen. So sehr mir die Bundesschulen in Wien am Herzen liegen, so sehr die Bundesschulen Teil des Wiener Schulwesens sind und so sehr mir auch die Ausbildung und Bildung der Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe 2 am Herzen liegt, das ist die Kompetenz der bundesgesetzlich verankerten und als bundesgesetzlich agierenden Vereinigung geplanten Landesschülerinnen- und Landesschülervertretung. Und wir haben hier im Gemeinderatsausschuss - leider, wie ich hinzufüge, mir fiele dazu sehr viel ein - keine Kompetenz. Deshalb finde ich es richtig, dass sich die Bildungsdirektionen mit den Anträgen - und zwar samt und sonders, sie sind in ihrer Eigenschaft als Bund-Landes-Behörden jedenfalls zuständig - auseinandersetzen müssen, diese auch diskutieren müssen, eine Antwort generieren müssen, und zwar sofort. Es ist auch so, dass die Schülerinnen- und Schülerparlamente insgesamt das Recht haben, eine Antwort von meiner Verantwortlichkeit respektive der Bildungsdirektion zu bekommen. Ich glaube, wir drehen uns da im Kreis. Ich glaube, wir sind hier auch eine legislative Körperschaft, und eine legislative Körperschaft kann auch eine Willensbekundung im Hinblick auf den Bundesgesetzgeber abgeben. Und ich würde mir das wirklich wünschen, dass wir zu diesem Schritt gelangen könnten, um zu sagen, bitte schafft die Rahmenbedingungen, dass Schülerinnen- und Schülervertretung alle Schülerinnen und Schüler beinhaltet, und besonders auch, dass sie, heruntergebrochen auf das Land, Kompetenzen besprechen kann, Vorschläge machen kann, Anträge stellen kann, die auch wirklich in der Regelungskompetenz des Landes oder sogar, auf Wien heruntergebrochen, in der Gemeinde sind. Das würde ich mir wünschen und das würde auch die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler stärken. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 6. und letzte Zusatzfrage stellt Frau Abg. Schwarz. - Bitte. Abg. Sabine Schwarz (ÖVP): Vielen Dank. Also ich glaube, da ist noch viel Diskussionsbedarf da. Bevor ich meine Zusatzfrage stelle, möchte ich nur Folgendes festhalten: Ich glaube nicht, dass es uns zusteht, den Schülerinnen und Schülern zu sagen, wie ihr Schülerparlament abzulaufen hat, oder wie sie ihre Vertreter oder Vertreterinnen wählen. Ich glaube, dass das das Recht der Schülerinnen und Schüler ist, ich glaube, dass es das Recht der Landesschülervertretung, der Bundesschülervertretung und der Schulsprecherinnen und Schulsprecher ist. Ich denke auch, wenn die Landesschülervertretung den Wunsch hat, analog zu Kärnten zu sagen, wir bitten darum, dass es auch in Wien so verankert wird, dass man sich dann politisch auf die Ebene stellt und sagt, wenn, dann darf es aber nur so und so ablaufen, und dann müssen die Schritte vorher erreicht werden, und sich wieder auf den Bund auszureden, finde ich nicht fair und nicht im Sinne der Schülerinnen und Schüler. Aber, meine Zusatzfrage ist: Die Landesschülervertretung in Wien hat jetzt ja auch schon gemerkt, dass sie da gegen Windmühlen in Wien kämpfen, können Sie sich vorstellen, dass wir einen gemeinsamen Antrag schaffen - und ich glaube, dass es wichtig ist, einen gemeinsamen Antrag zu machen -, dass die Landesschülervertretung das Recht hat, hier im Saal die Sitzungen abzuhalten? Denn nicht einmal das ist irgendwo rechtlich verankert in Wien, und es wäre der Landesschülervertretung und den Schülerinnen und Schülern, nämlich egal, von welcher Schule, von welcher AKS, Schülerunion, was auch immer, ein Anliegen. Glauben Sie, dass wir uns wenigstens noch vor dem Sommer hinbewegen können? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie sind nicht Juristin, das müssen Sie nicht sein, aber Sie sind Landtagsabgeordnete. Und in diesem Zusammenhang bitte ich Sie, zur Kenntnis zu nehmen, es sind nicht wir, die den Schülerinnen- und Schülervertretern zubilligen, erlauben oder einräumen, in welcher Form sie ihre Vertretung wählen, in welcher Form sie das wahrnehmen, es ist der Bundesgesetzgeber, und er hat den Schülerinnen und Schülern ziemlich wenige Möglichkeiten eingeräumt, und das finde ich schlecht. Und ich möchte es an dieser Stelle schon sagen: Je mehr man noch einmal versucht, das in irgendeiner Form politisch in eine Art und Weise zu drehen, dass hier in diesem Haus jemand gegen die Mitbestimmung ist, wo genau von diesem Haus aus immer eine Ausweitung der Mitbestimmung gefordert ist, halte ich das wirklich für abenteuerlich. Aber nachdem Sie eine konkrete Frage zu einem Thema gestellt haben, das aus meiner Sicht sicher wichtig ist, wenn es den Schülerinnen und Schülern wichtig ist, aber aus meiner Sicht nie zur Diskussion stand, ich habe das ja noch einmal ausgeführt: Wien ist das erste Bundesland, das seinen Landtagssaal geöffnet hat. Wir haben das 20 Jahre gemacht, ohne das auch nur irgendwann in irgendeiner Art und Weise in Frage zu stellen. Aber wenn es Ihnen wichtig ist, dass wir das im Haus in einem Antrag gemeinsam formulieren und abstimmen, wird das überhaupt kein Thema sein. Ich bin jetzt nicht der, der mitstimmen darf, aber es hat meine volle Unterstützung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Die 3. Anfrage (FSP-68997-2020-KSP/LM) wurde von Frau Abg. Mag. Jischa gestellt und ist ebenfalls an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Integration, Jugend und Personal gerichtet. (In den letzten Wochen hat in Wien die Volksschuleinschreibung für das kommende Schuljahr stattgefunden. Wie hat sich das Wiener Schulwesen im Schuljahr 2019/20 entwickelt und setzt sich die Wachstumstendenz der letzten Jahre fort?) Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Landtages! Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich sage es immer wieder gerne, Wien ist eine wachsende Stadt. Das ist an sich erfreulich, es ist aber jedenfalls eine riesengroße Herausforderung, das wissen wir alle, und das ist natürlich auch in vielen Bereichen so. Im Bildungsbereich ist es eine besonders relevante Tatsache. Die MA 23 hat in ihrer Reihe "Wien in Zahlen" die Bevölkerungsprognose 2018 herausgegeben und darin sind auf Basis wissenschaftlicher Grundlage die Prognosen bis 2048 enthalten und aufbereitet. Und dabei ist ein Umstand unbestritten, erstens, das Wachstum der Bevölkerung in Wien geht in den nächsten Jahrzehnten weiter, gedämpft, aber es geht weiter, und zweitens, es ist vor allem bei den Kindern und Jugendlichen, wo man mit einer ansteigenden Zahl rechnen kann und damit auch mit einer ansteigenden Schülerinnen- und Schülerzahl. Das ist ein Trend, der setzt sich natürlich auch in der Schülerinnen- und Schülerzahl im heurigen Schuljahr fort, und ich darf ihnen die brandaktuellen Zahlen dazu nennen: Im Schuljahr 2019/20 gibt es an den Wiener Schulen in Summe 229.611 Schüler und Schülerinnen. Das ist ein Plus von 2,5 Prozent im Vergleich zum Schuljahr 2018/19. Davon entfallen 113.354 Schülerinnen und Schüler auf die allgemeinbildenden Pflichtschulen in öffentlicher und privater Trägerschaft, das ist ein Wachstum von über 3 Prozent. Ein moderates Wachstum - das hängt ein bisschen mit dem Stocken beim Ausbau zusammen - gibt es in der AHS Unter- und Oberstufe mit einem Plus von 0,9 Prozent auf 64.325 Schülerinnen und Schüler, und 51.932 Jugendliche besuchen eine berufsbildende Schule. Also im Vergleich zum vorherigen Schuljahr ein Wachstum/Zuwachs an Schülerinnen und Schülern in allen Schultypen. Besonders aufregend ist der Beginn des Schuljahrs natürlich für die sogenannten Taferlklassler, und da ist es so, dass im September 2019 rund 18.000 Kinder in unserer Stadt den 1. Schultag in einer Schule begonnen haben. Die aktuelle Schülerinnen- und Schülereinschreibung ist noch nicht abgeschlossen, aber es kann wiederum mit einer Zunahme gerechnet werden. Ich möchte mich auf diesem Weg wirklich von ganzem Herzen bei allen Wiener Lehrerinnen und Lehrern bedanken, die alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die Schuleinschreibung ein positives Erlebnis ist. Und das möchte ich Ihnen gerade aktuell auch dazusagen. Es gibt diesen berühmten Spruch, es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck, und ich glaube, gerade bei den Kleinsten sollte man sich das wirklich zu Herzen nehmen. Es ist so, dass aus meiner Sicht der erste Schultag keine Prüfung sein sollte, wo der Eindruck vermittelt wird, dass Schüler oder Kinder vermessen oder gewogen werden, weil Schulreife als Fähigkeit, an einem Unterricht teilzunehmen, nicht nur kognitive Kompetenzen beinhaltet, sondern auch soziale und kommunikative Fähigkeiten. Und ob dann diese Testungen wirklich idealerweise an einem Tablet erhoben werden sollen oder können, das möchte ich einmal dahinstellen, ich möchte es sogar an dieser Stelle bezweifeln. Was ich noch sagen möchte, ist, am Freitag beginnen für die Wiener Schülerinnen und Schüler die Semesterferien und für viele SchülerInnen in der 2. und 3. Klasse Volksschule ist es das erste Schuljahr, dass sie Noten im Zeugnis haben, und das oft, obwohl das von der Schulgemeinschaft vor Ort nicht gewünscht wurde. Ich sehe das als Zwangsbeglückung. Es ist auch eine Zwangsbeglückung, die laut Aussagen des jetzigen Bildungsministers der politische Wunsch des ehemaligen Koalitionspartners war. Ich hoffe, dass sich in der neuen Konstellation auf Bundesebene vielleicht eine neue Mehrheit für eine Stärkung der Schulpartnerschaft finden lässt. Den Schülerinnen und Schülern möchte ich jedenfalls sagen: Lasst euch nicht entmutigen, wenn das Zeugnis nicht perfekt ist, ihr seid so viel mehr als eine Note! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Baron. - Bitte. Abg. Karl Baron (DAÖ): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Glaubt man den Medien, so ist der Anteil von Schülern mit nicht deutscher Muttersprache, die Neubeginner sind, bei mittlerweile fast 60 Prozent. Meine Frage lautet: Wie hoch ist heuer der Anteil der beginnenden Schülern mit nicht deutscher Muttersprache, und was gedenken Sie dagegen zu tun, damit unsere Muttersprache in den öffentlichen Schulen nicht zur Fremdsprache wird? Welche Maßnahmen werden Sie dagegen ergreifen, damit wir in den PISA-Studien irgendwann wieder aufholen können? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Die konkrete Zahl kann ich jetzt aus der Hüfte geschossen nicht nennen, ich kann sie aber gerne nachreichen. Sie ist aber im Trend der letzten Jahre. Es ist auch so, dass eine andere Muttersprache als Deutsch keine verlässliche Aussage darüber zulässt, ob ein Kind, ein Schüler, eine Schülerin nicht gut Deutsch kann oder dem Unterricht nicht folgen kann, sondern das ist eher ein Zeichen für eine Stadt, einen Ballungsraum als multisprachlicher Ort. Und das ist Wien seit Jahrzehnten gewesen, es ist sogar ein Schatz, dass Wiener Kinder, Wiener Schülerinnen und Schüler mehrere Sprachen sprechen. Es ist übrigens mein erklärtes Ziel, dass jedes Kind in Wien drei Sprachen sprechen kann: Deutsch als gemeinsame Unterrichts-, Lebens- und Gesellschaftssprache, Englisch als Lingua franca, wenn man so will, und eine weitere Sprache. Manche Schülerinnen und Schüler mit einer zweiten Muttersprache oder mit einer anderen Muttersprache haben in diesem Zusammenhang sogar einen Vorteil. Unabhängig davon, ob es jetzt ein Vorteil ist oder nicht, wenn es den Bedarf gibt, Deutschkenntnisse zu fördern, Kinder dabei zu fördern, so schnell wie möglich, so umfassend wie möglich Deutschkenntnisse zu haben, dann muss der gedeckt werden, und zwar voll umfänglich und mit den Maßnahmen, die es dazu braucht. Ich sehe das völlig pragmatisch. Es gibt wissenschaftliche Erkenntnisse, wie man Deutschförderung gut machen kann, so sollten wir es machen. Und es ist in der Regel so, dass man in den Schulen vor Ort am besten weiß, wie man das organisatorisch umsetzen kann. Es war immer mein Credo und übrigens auch meine Kritik an den Deutschklassen nicht die Tatsache, dass hier hingeschaut wird auf Deutschförderung, das ist ja großartig, sondern die Tatsache, dass es auf der einen Seite kein Hinschauen auf die Expertise vor Ort gibt und dass bei den Pädagoginnen und Pädagogen und damit bei den Ressourcen gespart wurde. Und es ist so, dass es in Wien derzeit 250 Pädagoginnen und Pädagogen für die notwendigen Deutschförderklassen und Deutschförderkurse zu wenig gibt. Das heißt, das Land Wien respektive die Bildungsdirektion schneidet sich die Ressourcen aus den Lehrerinnen und Lehrern für die anderen Klassen, für die anderen Schultypen, für die anderen Aufgaben. Entschuldigen Sie, das ist aus meiner Sicht ein Missstand und das ist zugleich auch die Antwort auf die Frage, was getan werden müsste: Ein Hinschauen auf die Herausforderungen und die Ressourcen dafür bereitstellen. (Beifall bei der SPÖ und von Abg. David Ellensohn.) Präsidentin Veronika Matiasek: Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Emmerling. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Noch einmal einen guten Morgen, Herr Landesrat! Sie haben vorher auch die neue Schuleinschreibe-App angesprochen und Ihre Meinung dazu kundgetan. Ich möchte auf diesen Übergang Kindergarten/Schule noch einmal hinweisen. Im aktuellen Regierungsprogramm sind, was diese Phase betrifft, relativ konkrete Ausformulierungen, wie das erfolgen soll. Das heißt, man soll genau hinschauen, man soll Förderbedarf frühzeitig erkennen, das auch an die Schule weitergeben, man soll hier genaueste Dokumentationen haben, und zwar relativ ausführlich. Ich war letzte Woche beim Tag der Bildung und bei der Fachtagung, die die Stadt Wien organisiert hat. Ich habe dort auch einen Vortrag gehört, wo es darum ging, dass es aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet oft nicht sehr gescheit ist, wenn ein Kind vom Kindergarten in die Schule - in ein komplett neues Umfeld - kommt und ihm die Chancen genommen werden, dort als unbelastet wahrgenommen zu werden. Diese Chancen sind weg, weil ja schon eine Information mitkommt. Man geht also aus wissenschaftlicher Sicht eher davon aus, dass es nicht unbedingt ein Vorteil ist, schon möglichst viel über das Kind zu wissen, wenn es eigentlich irgendwo anders einen neuen Start haben sollte. - Wie stehen Sie dazu? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Die kurze Antwort ist: Ich teile Ihren Zweifel. Etwas länger möchte ich schon ausführen, dass ich es grundsätzlich richtig und wichtig finde und es ist auch völlig zu befürworten, dass auch die neue Bundesregierung, aber prinzipiell die Bildungsverantwortlichen auf Bundesebene sehr genau auf diese Transition schauen und im Hinblick auf diese Transition auch wissenschaftliche Unterstützung einholen. Wissenschaftliche Unterstützung hat ja zum Beispiel auch zur Entwicklung dieser App geführt, die die Direktorinnen und Direktoren bei der Schuleinschreibung begleiten soll und die jetzt auch erst in einem Test läuft. Ich will jetzt da auch nicht einen sozusagen fundamentalkritischen Ausfall wagen, aber jedenfalls bin ich im Hinblick auf diesen Test skeptisch, weil ich glaube - und gesehen habe -, dass Pädagoginnen und Pädagogen eine großartige Arbeit machen und sehr behutsam, teilweise während einer ganzen Stunde in Gruppenarbeit mit einer unglaublichen Akribie, aber auch mit einem pädagogischen Verständnis mit Kindern arbeiten, um eine Situation herzustellen, in der man wirklich feststellen kann, wie es um die Schulreife bestellt ist - und das ohne Druck und ohne den Eindruck, eine punktuelle Testung einer Vorläuferfähigkeit zu machen. Damit bin ich auch bei der eigentlichen Kritik an dem ganzen Zugang zum Thema Transition und auch an dem Zugang, der derzeit auf Bundesebene gesehen wird. Das ist - so wie ich das sehe und wie das auch die ExpertInnen bei dieser Fachtagung ausgeführt haben - eine eingeschränkte Sicht auf den elementarpädagogischen Bereich, wenn man so will, als eine Fabrik für Vorläuferfähigkeiten für die Schule. Das ist eine grobe Unterschätzung der Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen in ihrer Arbeit. Erstens ist es so, dass Kompetenzen von Kindern in einem Prozess, der von Pädagoginnen und Pädagogen begleitet wird, entwickelt werden, und dass man diesen Prozess nicht durch punktuelle Testungen abbilden kann. Zweitens ist es so, dass das, was Kinder in einer elementarpädagogischen Einrichtung lernen, nicht nur eine Vorläuferfähigkeit von Schule ist, die man dann zu einem bestimmten Punkt sozusagen zertifizieren oder abwägen kann. Ich glaube also, je mehr man auf diesen Prozess hinschaut, der schon in der elementarpädagogischen Arbeit passiert, und je mehr man schafft, dass das zu einem Übergang wird und nicht zu einer punktuellen Testung - die noch dazu Druck macht und völlig verkleinert und verkürzt, was Kinder brauchen, um einen guten Schulstart zu haben -, desto mehr wird das eine richtige Entwicklung sein. Ich hoffe, dass das im Rahmen der Schulreife- Screenings, die ja jetzt eine Pilotphase haben, auch erkannt und dann noch adaptiert wird. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 3. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Schwarz. - Bitte. Abg. Sabine Schwarz (ÖVP): Aller guten Dinge sind drei, guten Morgen! - Ich möchte gerne in die Schulen zurückkommen. Es gibt ja im Zuge des Projektes 50plus auch die Intention und die Initiative, dass zusätzliches Verwaltungspersonal an die Schulen kommt, was ich sehr unterstütze. Meine Frage - weil ich vorhin auch den Herrn Finanzstadtrat gesehen habe -: Ist es möglich, dass dieses Projekt über 2020 hinaus verlängert und auch ausgebaut wird? Ich glaube, das wäre auch im Sinne des Herrn Bildungsdirektors. Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ob die Aktion 50plus ausgeweitet wird und in welcher Form, das werde ich Ihnen jetzt an dieser Stelle nicht verraten. Was ich Ihnen verraten kann, ist, dass es selbstverständlich möglich und auch richtig ist, dass unser Vorhaben, Schulleiterinnen und Schulleiter mit administrativem Personal zu unterstützen, auch über die Laufzeit hinaus weitergeführt wird. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 4. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Ellensohn. - Bitte. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Landesrat, die Frage zielt ja auf die Schuleinschreibung ab. Wir haben mittlerweile schon über 20.000 Geburten in Wien, das ist ein deutlicher Anstieg über die letzten Jahre. Ein Teil des Wachstums der Stadt Wien ist jetzt tatsächlich der Geburtenüberschuss, eine positive Sache. Wie viel hat es sich jetzt eigentlich über die letzten Jahre vom Tempo her verändert, denn das schlägt sich ja ein paar Jahre später in der 1. Klasse Volksschule nieder? Da kommen immer die Zahlen nicht deutsche Muttersprache, was ja nicht bedeutet, dass man nicht Deutsch kann. Bei meinen Kindern haben wir auch etwas anderes angegeben, nämlich die Muttersprache, die können trotzdem mittlerweile mehr als zwei Sprachen. Das gilt für ganz viele Kinder in Wien. Ich erinnere an den Wettbewerb "Sag's Multi", einen meiner Lieblingswettbewerbe, den wir in der Stadt haben. Aber was hat sich bei den Einschreibungen geändert? Ändert sich vor allem bei den Kindern mit sogenanntem sonderpädagogischen Bedarf etwas? Sind da die Zahlen anders geworden? Sind da neue Maßnahmen notwendig oder nicht? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Grundsätzlich ist es so, das ist ja überhaupt keine Diskussion, dass es für alle, die die inklusive Schule ernst nehmen, auch ein besonderes Augenmerk auf Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf geben muss, und das ist ja auch die Aufgabe der Bildungsdirektion. Damit die Kinder auch gut betreut werden können, funktioniert es so, dass dieser sonderpädagogische Förderbedarf, der festgestellt wird, auch eine Ressourcenbereitstellung auslöst, also besondere, zusätzliche Ressourcen an Lehrerinnen und Lehrern, an Sonderpädagoginnen und -pädagogen. Die Zuerkennung erfolgt über die Bildungsdirektion, das macht dort die Abteilung Recht in Zusammenarbeit mit der Schulpsychologie und dem Fachbereich Inklusion. Das schaut dann so aus, dass im Schuljahr 2019/20 in Wien 5.773 Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf waren, davon 98 Prozent in einer allgemeinbildenden Pflichtschule. Man kann sich jetzt die Details mit den anderen Schultypen sparen, es sind sehr wenige. 98 Prozent also in einer allgemeinbildenden Pflichtschule und wie man sieht, beträgt da der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf rund 5 Prozent. Das ist im Großen und Ganzen eine Zahl, die es gibt, die war auch in den letzten Jahren so. Was in den letzten Jahren auch so war, ist folgende Tatsache: Im Landeslehrerstellenplan wird vom Bund von einer fiktiven Quote - und zwar von 2,7 Prozent - ausgegangen, mehr zusätzliches sonderpädagogisches Personal wird nicht bereitgestellt. Es ist quasi eine ähnliche Geschichte wie mit den SprachförderpädagogInnen, die ich zuvor genannt habe. Der restliche Bedarf muss von den Bundesländern aus dem allgemeinen Topf geschnitten werden. Das ist so, wie wenn man sagt, ich bin im AKH, ich habe 100 Gipse und wenn die 101. gebrochene Hand daherkommt, muss ich sagen, leider - oder ich nehme es von der Kapazität aus einer anderen Abteilung. Das finden wir schlecht. Im Übrigen sind wir da im Einklang mit allen anderen Bundesländern - egal, welcher Couleur - der Meinung, dass diese Schieflage bereinigt werden und sich gerade der sonderpädagogische Förderbedarf, was die Mittelzuteilung betrifft, an den realen Zahlen orientieren muss. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 5. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Blind. - Bitte. Abg. Armin Blind (FPÖ): Ein drittes Mal einen guten Morgen! Herr Landesrat, Sie haben ja in Ihrer Anfragebeantwortung die Schulreife angesprochen. Ich komme jetzt noch einmal auf dieses Buch von Frau Wiesinger zurück, die sich ja nicht nur mit der Frage der Schulreife, sondern auch sehr intensiv mit der Frage der Erreichung der Lernziele auseinandersetzt. Wenn man dieses Buch, das sich in weiten Teilen wie eine einzige Anklage liest, zu Gemüte führt, merkt man, dass viele Lehrer Angst haben, Schüler negativ zu bewerten. Angst, Schüler negativ zu bewerten deswegen, weil sie dann als schlechte Lehrer dargestellt werden, die mit den angeblich ausreichend zur Verfügung stehenden Mitteln nicht umgehen oder nicht entsprechend die Lernziele erreichen können. Es werden Beispiele gebracht, dass für 13-Jährige als Film für Meeresbiologie nur noch die "Sendung mit der Maus" zumutbar und verständlich ist. Es wird kreative Notengebung dargestellt, dass Kinder, die das Schwimmen grundsätzlich ablehnen, im fortgeschrittenen Alter in einem Kinderschwimmbecken stehen, damit sie eine positive Note bekommen. Jetzt noch einmal meine Frage an Sie: Es handelt sich ja da um Gutachten über Leistungsziele, die ja wirklich ernst zu nehmen sind. Was werden Sie tun - gerade auf Grund der demographischen Entwicklung, die zuvor angesprochen wurde und die natürlich eine Verschiebung der Problemlagen mit sich bringt -, um den Lehrern den Rücken zu stärken, die Noten dem tatsächlichen Leistungserfolg entsprechend zu vergeben? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Natürlich sind in meiner Funktion als Schulerhalter - das ist jetzt nichts für den Landtag - die Möglichkeiten beschränkt, aber auch ein schönes Schulhaus ermöglicht LehrerInnen, ohne Angst zu unterrichten. Auch in der Landeskompetenz möchte ich aber einfach noch einmal darauf verweisen, dass mein Credo und meine Überzeugung sind, dass man Lehrerinnen und Lehrer grundsätzlich nicht alleine lassen darf. Und auch das Alleinlassen mit Schülerinnen und Schülern, die einfach mehr brauchen, damit sie die Leistungsziele erreichen können, ist ein Alleinlassen. In diesem Zusammenhang kann ich auch für Lehrer sagen, was für mich für Schüler gilt: Schule muss ein angstfreier Raum sein, und das betrifft auch Lehrerinnen und Lehrer, die keine Angst vor dem Wahrnehmen ihrer Kompetenz haben dürfen, aber natürlich auch Schülerinnen und Schüler. - Alles, was dazu getan werden muss, werde ich tun! Präsidentin Veronika Matiasek: Die 6. und letzte Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Jischa. - Bitte. Abg. Mag. Birgit Jischa (SPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Landesrat, vielen Dank für die bisherige ausführliche Beantwortung! Wie bereits gesagt, der Wiener Schulsektor wächst. Ich hätte dazu jetzt noch folgende Fragen: Welche öffentlichen Pflichtschulen werden für das kommende Schuljahr durch den Schulerhalter fertiggestellt und durch die Bildungsdirektion für Wien bewilligt? Gibt es im vorliegenden Regierungsprogramm auch eine Schulbauoffensive in den Bundesschulen? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Der Entwicklung - die ich zuvor genannt habe, das muss man jetzt nicht noch einmal erwähnen - wird seitens des städtischen Schulerhalters durch vermehrten Schulbau Rechnung getragen, sei es durch Neubauten, durch Umbauten oder Erweiterungen. Ich kann kurz aufzählen: die Erweiterung der Volksschule Novaragasse im 2. Bezirk, die Erweiterung der NMS Carlbergergasse in Liesing und die Erweiterung des Schulzentrums Meidling. Neue Schulen gibt es in Favoriten in der Grundäckergasse und in der Triester Straße, in der Längenfeldgasse und wiederum in Liesing in der Breitenfurter Straße und der Erlaaer Schleife. Und zu guter Letzt eröffnet im Herbst 2020 auch der neue Bildungscampus Christine Nöstlinger am Nordbahnhof. Sie sehen also, es ist eine ordentliche Bilanz und es ist etwas, das wir da nicht zum ersten Mal vorlegen, sondern in den letzten Jahren Jahr für Jahr gemacht haben, nämlich immer weit über 100 Schulklassen neu zu schaffen. Wie ich aber bereits mehrmals - auch an dieser Stelle - gesagt habe, werden die Jugendlichen nicht nur Pflichtschulplätze brauchen, sondern auch etwa in der AHS-Oberstufe oder in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, und daher habe ich das Regierungsprogramm sehr, sehr aufmerksam gelesen und nach Hinweisen auf eine Schulbauoffensive gesucht. - Ich habe sie nicht gefunden. Das ist schade, weil das Wachstum nicht nur uns beschäftigt, sondern alle Städte, alle Ballungsräume in Österreich. Es findet sich leider im Hinblick auf den Schulentwicklungsplan, der jetzt seit mehr als zwei Jahren ausständig ist, im Regierungsprogramm ein Verweis, aber nur ein Verweis auf Sanierungen und kein Bekenntnis zum notwendigen Neubau. Ich bin aber Optimist und ich hoffe bis zuletzt, dass die für alle offenliegenden Zahlen - in den nächsten 15 Jahren werden 10.000 15- bis 19-Jährige in Wien dazukommen - zu einem Umdenken führen und dass wir uns bald über die geplanten Pflegeschulen und die Cyber-HTLs freuen können, dass zumindest in diesem Bereich neue Oberstufenplätze in Wien geschaffen werden. Gerade bei den HTLs: Ich erinnere, die letzte ist in Wien vor drei Jahrzehnten eröffnet worden, ich finde, es wäre jetzt wieder an der Zeit. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Eine Runde geht noch an den Herr Stadtrat. Die 4. Anfrage (FSP-68288-2020-DAÖ/LM) wurde von Herrn Abg. Kops gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Bildung, Integration, Jugend und Personal gerichtet. (Doppelstaatsbürgerschaft ist in Österreich nur in Ausnahmefällen gestattet. Personen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft, die die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen, müssen ihre alte Staatsbürgerschaft nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zurücklegen. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) prüft momentan ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom März 2019, dem zufolge bei drohender Ausbürgerung eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist, wenn damit auch der Verlust der Unionsbürgerschaft droht. Werden Sie sich einem etwaigen Urteil des VwGH betreffend Aufweichung der Doppelstaatsbürgerschaft beugen oder das bewährte System, Doppelstaatsbürgerschaft nur in Ausnahmefällen, beibehalten?) Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abg. Kops! Liebe Mitglieder des Landtages! Grundsätzlich gibt es zwei Konstellationen, die man unterscheiden muss: Der erste Fall ist der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, da gilt nach den Bestimmungen des österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes, dass jeder oder jede, die die österreichische Staatsbürgerschaft annimmt, in der Regel auch die alte respektive fremde Staatsbürgerschaft nach wie vor bei der Einbürgerung in Österreich zurücklegen muss. Das ist eine Regelung, die auch durch die angesprochene Judikatur des EuGH oder des VwGH nicht betroffen ist. Der zweite Fall ist der Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft zusätzlich zur österreichischen Staatsbürgerschaft. Da ist es so, dass nur in Fällen, in denen Österreicher und Österreicherinnen eine fremde Staatsbürgerschaft annehmen, somit automatisch auch die österreichische Staatsbürgerschaft verlieren, die neue Rechtsprechung relevant ist. Wenn mit dem Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft der Verlust des Unionsbürgerstatus einhergeht, dann muss nach dem von Ihnen angesprochenen Urteil des EuGH vom März 2019 eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der Folgen erfolgen. Der VwGH hat bereits in seinem Erkenntnis vom 30.9. ausgesprochen, dass die Judikatur des EuGH anzuwenden ist. Das ist eindeutig und das ist in diesen Fällen daher auch so, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen ist, und die Landesverwaltungsgerichte in ganz Österreich wenden die Judikatur auch bereits an. Beim VwG in Wien führten diese Prüfungen bisher in den meisten Fällen zum Ergebnis, dass der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft verhältnismäßig ist, also die betroffenen Personen nicht mehr als Österreicherinnen und Österreicher zu werten sind. Schlussendlich möchte ich schon eine Sache feststellen: Es ist nicht Aufgabe einer Behörde, im Gesetzesvollzug an ein, wie es in der Fragestellung heißt, "bewährtes System" zu glauben oder an einem bewährten System festzuhalten. Es geht auch nicht darum, wie es in der Frage formuliert war, sich zu "beugen". Eine Behörde hat schlicht und einfach die Aufgabe, das anzuwendende Gesetz rechtskonform zu vollziehen. Bei einer wesentlichen rechtswidrigen Anwendung eines Gesetzes käme es ja auch zum berechtigten Vorwurf des Amtsmissbrauchs. - Die Antwort ist daher relativ einfach: Selbstverständlich hält sich die Vollzugsbehörde des Landes Wien an den rechtskonformen Vollzug des österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes und daher an die Judikatur des Höchstgerichtes. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Wiederkehr. - Bitte. Abg. Christoph Wiederkehr, MA (NEOS): Diese Frage zeigt ja schon, wie komplex die Rechtsmaterie im Staatsbürgerschaftsrecht ist und vor allem auch, wie oft sich Rechtslagen da auch verändern. Die Magistratsabteilung hat sehr, sehr große Herausforderungen, auch personeller Natur, mit sehr, sehr viel Fluktuation und einem Rückstau in den letzten Jahren. Es gab dann zum Glück auch im Zuge der Diskussion um türkische Doppelstaatsbürgerschaften eine Aufstockung des Personals. Diese Diskussion ist ja jetzt auch wieder vom Tisch. Bleibt diese Personalaufstockung trotzdem bestehen und wie entwickelt sich der Rückstau in vielen Verfahren in der Magistratsabteilung? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Herr Abgeordneter, zuerst möchte ich mich explizit bei Ihnen bedanken, dass Sie auch schon in der Frage die große Belastung erwähnt haben, die auf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 35 lastet, die gerade im Zusammenhang mit sich rapide ändernden komplexen Gesetzesmaterien einhergeht. Ich bin überzeugt davon, dass das auch so gesehen wird und noch einmal danke dafür! Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei allen, die diese Riesenherausforderungen stemmen, sehr herzlich bedanken! Es ist richtig, dass es in den letzten Jahren gelungen ist, durch zusätzliche Mittel, aber auch viele andere Maßnahmen - die Zeit ist jetzt schon ein bisschen zu fortgeschritten - im Bereich der Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterschulung, et cetera Optimierungen festzumachen, die einen Rückgang bei allen Rückständen bedingt haben. Das eine ist, dass das Personal dafür aufgestockt wurde, Sie haben das erwähnt, es wird auch weiter aufgestockt. Es wird nicht dazu kommen, dass jetzt, wo man sagt, es gibt das Thema Doppelstaatsbürgerschaft so nicht mehr, dass es wieder weniger Leute braucht. Sie können sich sicher sein, es gibt schon wieder viele neue Themen im Anmarsch, von Brexit bis Staatsbürgerschaft für Nachfahren von NS-Verfolgten, die die Arbeit in der MA 35 jedenfalls weiterhin sportlich gestalten. Zu Ihrer konkreten Frage bezüglich der Rückstände kann ich Ihnen sagen, dass im Bereich Staatsbürgerschaft im Zeitraum von 2011 bis 2019 die Erledigungen mehr als verdoppelt werden konnten, dass es im Jahr 2019 auch 10 Prozent mehr Erledigungen als im Vorjahr gab. Im Vergleich zu den Bundesländern bedeutet das insgesamt, dass die MA 35 mittlerweile die Hälfte aller Erledigungen hat und der Rückstand - das war ja die konkrete Frage - Ende des Jahre 2019 innerhalb eines Jahres um rund 14 Prozent gesenkt werden konnte. Im Bereich der Einwanderung gibt es 120.000 Einwanderungsverfahren im Jahr und seit 2014 hat sich der Rückstand massiv verringert, das ist ein Minus von 81 Prozent. Es ist auch so, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer um 48 Prozent gesenkt werden konnte. 2019 gab es 1,6 Prozent mehr Erledigungen als Anträge und die Verfahrensdauer ist gegenüber dem Vorjahr im Median um 9,7 Prozent gesunken. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Ulm. - Bitte. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Zunächst darf ich Ihnen einmal meinen Respekt ausdrücken, Sie stehen da jetzt schon 1 Stunde und 15 Minuten! Ich glaube, dass da ein Rekord aufgestellt worden ist. Ich kann mich nicht erinnern, dass ein Stadtrat die ersten vier Fragen einmal hintereinander hätte beantworten müssen. Mir ist auch aufgefallen, dass wir für die ersten drei Fragen schon eine Stunde und zehn Minuten gebraucht haben und wenn man weiß, wie schnell Sie reden, Herr Stadtrat, dann bin ich mir auch sicher, dass das in Protokollseiten einen neuen Rekord ergeben wird. Nun aber zur MA 35: Ein Mitarbeiter, der Abteilungsleiter der MA 35, macht einen ganz großen Karriereschritt, es wird morgen ein diesbezüglicher Beschluss im Gemeinderat gefasst werden: Werner Sedlak wird Stadtrechnungshofdirektor, und es geht darum, sicherzustellen, dass die Staffelübergabe in dieser Magistratsabteilung funktioniert. Das ist eine sehr herausfordernde und eine sehr belastete Abteilung. - Wie werden Sie sicherstellen, dass der Wechsel zum nächsten Abteilungsleiter, zur nächsten Abteilungsleiterin reibungsfrei und friktionslos vonstattengehen kann? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Erstens einmal danke schön für die Komplimente! Danke schön auch an die Präsidiale für die Ermöglichung, diesen Rekord erzielen zu können - und Entschuldigung an das Protokoll für die Mehrarbeit! Um die Frage zu beantworten: Sie haben völlig recht, es ist eine herausfordernde Abteilung, wie wir schon eingehend diskutiert haben. Abteilungsleiter Sedlak hat das großartig gemacht, macht es großartig, mit viel Akribie, mit viel Einsatz und Fachwissen, mit juristischer Expertise und auch mit dem Gespür für personalpolitische Herausforderungen, die in dem Bereich ja da sind. Es gibt hohe Fluktuation, laufend den Bedarf nachzuschulen, et cetera. Alle diese Dinge müssen gesichert werden, weil die Herausforderungen ja gleich groß sind, und ich kann Ihnen versichern, dass wir schon mittendrin sind im ganz genau Schauen, dass dieser Prozess ohne Lücken, auch ohne zeitliche Lücken vonstattengehen kann. Es ist sowohl der Magistratsdirektion, also der MD-PR, als auch mir und natürlich auch Kollegen Sedlak selber ein Anliegen, gemeinsam darüber nachzudenken, was es braucht, um dann die Entscheidung zu treffen, wen es braucht und dann auch die Ausschreibung dazu so schnell wie möglich auf die Beine zu stellen. Konkret kann ich Ihnen jetzt nur sagen: Da ist ein Flutlicht drauf und die Bedeutung dieser Entscheidung ist mir sehr bewusst. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Blind. - Bitte. Abg. Armin Blind (FPÖ): Guten Morgen - zumindest jetzt ein letztes Mal in der Fragestunde! Herr Stadtrat, Sie haben ja die Bedeutung dieser Magistratsabteilung hervorgestrichen und ich kann Ihnen auch nur beipflichten, dass es sich beim Leiter um einen wirklich ausgezeichneten Beamten handelt, zu dessen Berufung in den Stadtrechnungshof wir ihn hier auch nur beglückwünschen können. Nur, zurück zur Landesvollziehung und nicht zur Gemeindevollziehung: Es hat ja in letzter Zeit diese Problematik der türkisch-österreichischen Scheinstaatsbürger gegeben und die MA 35 hat sich in dem Bereich durchaus hervorgetan. Jetzt gibt es dieses Erkenntnis des VwGH, das natürlich zur Kenntnis zu nehmen ist. Dadurch hat sich aber natürlich die Problematik nicht erledigt. - Welche Schritte sind von Ihnen gesetzt oder in Auftrag gegeben worden, um diesen Verdachtsfällen weiter nachzuspüren und weitere Beweismittel zu sammeln beziehungsweise in wie vielen Fällen ist es zu einer Feststellung gekommen, dass die österreichische Staatsbürgerschaft verlustig gegangen ist? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ja, danke für die Frage. Was sich da in dem konkreten Fall verändert hat, ist die, wenn man so will, Beweiskraft und juristische Relevanz der Liste. Was sich nicht verändert hat, ist die Aufgabe der MA 35, Verdachtsfällen im Hinblick auf eine illegale Doppelstaatsbürgerschaft nachzugehen. Das haben sie auch vorher gemacht, mit großer Akribie tun sie es jetzt. Es ist auch so, dass laufend Fälle erkannt werden und dass der Verlust der Staatsbürgerschaft festgestellt wird. Das ändert natürlich auch das Erkenntnis zu dieser einen Frage, dieser einen Liste nicht. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 4. und letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg. Kops. - Bitte. Abg. Dietrich Kops (DAÖ): Herr Stadtrat, danke für die ausführliche Beantwortung. Die Frage von Kollegen Blind ist, glaube ich, nicht konkret beantwortet worden. Dahin gehend auch meine Zusatzfrage: Die Problematik der illegalen Doppelstaatsbürgerschaften ist ja letztes Jahr wieder ins Rampenlicht gerückt worden. Auf Grund einer Wahl in der Türkei haben ja viele türkische Staatsbürger türkische Staatsbürger sein müssen, weil sie sich bei der türkischen Botschaft angestellt und dort dann ihre Stimme abgegeben haben. Danach ist dann eine Liste aufgetaucht, wo angebliche österreichische Staatsbürger, sprich, aber auch türkische Staatsbürger aufgelistet waren. - Haben Sie konkrete Zahlen, wie viele türkische Staatsbürger - und österreichische Staatsbürger - letztes Jahr die österreichische Staatsbürgerschaft verloren haben? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Wie schon gesagt, die MA 35 geht allen Fällen nach und erledigt die auch so schnell wie möglich. Wenn es um konkrete Zahlen geht, bitte ich um Verständnis: Ich habe viel mit und war lange da, das habe ich nicht mit. Sie müssten mich noch einmal fragen. Wie Sie wissen, komme ich gerne. Präsidentin Veronika Matiasek: Der guten Ordnung halber gebe ich bekannt, dass Mag. Hobek seit 10 Uhr entschuldigt ist. Wir kommen zur 5. Anfrage. Herr StR Czernohorszky hat seinen Marathon heute beendet (Allgemeiner Beifall.) und Herr Hacker kommt. Die 5. Anfrage (FSP-68614-2020-KNE/LM) wurde von Herrn Abg. Dipl.-Ing. Dr. Gara gestellt und ist an Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Soziales, Gesundheit und Sport gerichtet. (Gemäß den ursprünglich verlautbarten Planungen hätte die Ausgliederung des Wiener Krankenanstaltenverbundes bis zum Jänner 2020 erfolgen sollen. Im November 2019 wurde bekannt, dass es zu einer deutlichen Verzögerung kommen wird. Grund dafür sollen laut einem Artikel in der Presse vom 20. November 2019 (https://www.diepresse.com/5725660/wiener- spitaler-reform-des-kav-vorerst-gescheitert) Planungs- und Managementfehler sein. Über die genauen Hintergründe und weiteren Zeitpläne der Reform wurde weder der Gemeinderat noch die Öffentlichkeit umfassend informiert. Stattdessen gab es nur allgemeine und ausweichende Aussagen. Bis wann werden Sie dem Wiener Landtag einen Gesetzesentwurf vorlegen können, der die rechtlichen Grundlagen für die Umwandlung des Wiener Krankenanstaltenverbundes in eine Anstalt öffentlichen Rechts beinhaltet?) Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Peter Hacker: Danke vielmals. In Fortsetzung der vorigen Wortmeldung kann ich Ihnen zunächst versichern, dass wir Stadträte jedenfalls keinen Wettbewerb haben, wer hier am längsten redet, möglicherweise ganz im Gegensatz zu dem Wettbewerb, den es offensichtlich gibt, wie ich vor Kurzem gelesen habe, wer die meisten Anfragen stellt. Herr Abgeordneter, zu Ihrer Frage: Ich habe diese Frage, wann wir den Gesetzesentwurf vorlegen werden, hier im Haus an sich schon mehrfach beantwortet und ich könnte es mir jetzt sehr einfach machen und es ganz kurz machen, indem ich einfach sage, er wird dann vorgelegt, wenn er fertig ist. In Ihrer Begründung schreiben Sie, es hätte eine Ankündigung gegeben, dass er bis Ende des Jahres 2019 vorgelegt wird. Ich weiß nicht, woher diese Feststellung kommt, von mir kommt sie jedenfalls nicht. Sie werden in keinem Protokoll, in keiner Aussage von mir einen Zeitpunkt finden, wo ich gesagt hätte, dass es auf jeden Fall im Jahre 2019 vorgelegt wird. Es gibt einen klaren Auftrag, das zu machen, und ich bin der Meinung, dass die Umwandlung der Rechtsform eines der wichtigen Elemente ist, aber es ist bei Weitem nicht das einzig Wichtige, wenn es um die Reorganisation der Wiener Spitäler geht. Wir müssen schon sehen, wir reden über eine Organisation mit 30.000 Beschäftigten. Wir reden über eine Organisation mit einem Umsatzvolumen von über 3 Milliarden EUR, eine Organisation mit jährlich rund 300.000 stationären Patientinnen und Patienten, mit jährlich über 1,5 Millionen ambulanten Patientinnen und Patienten und eine Einrichtung mit knapp 3.000 Pflegebetten im Bereich der Pflegewohnhäuser. Ich bin daher der Meinung, dass ein solcher Schritt, die Rechtsform zu ändern, vor allem einer Prämisse zu folgen hat, nämlich es müssen die Fragen geklärt sein, die es zu klären gilt und nicht die Geschwindigkeitsbenchmark in einem Wettbewerb eingehalten werden, den es nicht gibt. Der Wiener Krankenanstaltenverbund ist zweifelsohne der wichtigste Versorger für die Gesundheitsdienstleistungen der Stadt und er bringt Spitzenmedizin. Das sehen wir jetzt gerade in diesen Tage, wenn es um die Frage geht: Wie können wir Menschen behandeln? Wie können wir die Diagnose bei einem Virus zusammenbringen, der überhaupt erst Ende Dezember in China entdeckt worden ist? Ich finde, es ist ein Mal mehr der richtige Zeitpunkt, um letzten Endes auch unsere Bewunderung für die Künste unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Krankenanstaltenverbund auszudrücken, nicht einmal einen Monat nach Entdecken eines Virus in der Lage zu sein, Patientinnen und Patienten in Wien zu diagnostizieren, um festzustellen, ob sie von diesem Virus betroffen sind oder nicht. Ich habe schon mehrfach berichtet, dass der Reformprozess des Krankenanstaltenverbundes dem Ziel folgt, ein moderner Dienstleistungsbetrieb zu werden. Dazu gehört zwar die Rechtsform als zusätzliches Element, aber es wäre bei Weitem eine vollkommene Fehleinschätzung, dass es nur um die Rechtsform geht. Ich habe den Vorstand beauftragt, die notwendigen Reformschritte auf die Schiene zu bringen und möchte Ihnen nur anhand einiger Beispiele zeigen, dass dieser Reformprozess, von dem wir sprechen, schon längst am Laufen ist. Eines der wichtigen Elemente ist die Frage des Führungsmodells. Wir haben eine intensive interne Diskussion mit den Führungskräften des Krankenanstaltenverbundes, den Ärztlichen Direktoren, den Verwaltungsdirektoren, den Führungskräften in der Zentrale über die Frage am Laufen, wie wir in Hinkunft die Partnerschaft und Kooperation zwischen den Partnerspitälern führen werden und sind gerade in der Finalisierung, ein neues Modell für die Kollegialen Führungen in den Wiener Spitälern fertigzukriegen. Es gibt noch einige wenige finale Abstimmungen, dann haben wir ein völlig neues Führungsmodell, auch in der Frage des Mittelmanagement und der regionalen Verantwortung. Wir haben eine Markenstrategie umgesetzt, weil wir mit einem neuen Namen und einem neuen Auftritt - auch in der Art und Weise, wie wir die Produkte des Prints und des Internets gestalten - auch zeigen wollen, dass eine selbstbewusste Organisation auch einen selbstbewussten Auftritt braucht. Wir haben hier gemeinsam viele Diskussionen über die Frage des Bauens im Krankenanstaltenverbund geführt und voriges Jahr haben wir hier beschlossen, im KAV eine Baugesellschaft gründen zu lassen. Diese Bau GmbH, in der wir das notwendige Know-how sammeln wollen, ist bereits gegründet und wird die zukünftigen Investitionsprojekte auf einem völlig anderen Niveau ablaufen lassen können. Das ist ein ganz wesentlicher Teil des Reformprozesses im Krankenanstaltenverbund. Die GmbH existiert, sie arbeitet schon, der Aufsichtsrat hat sich bereits konstituiert. Nehmen Sie das Beispiel unseres Umgangs mit der Transparenz beim Thema Wartelisten. Wir haben diese Diskussion Ende des vorigen Jahres geführt und im Durchdiskutieren sind wir draufgekommen, dass wir da aus der Vergangenheit einige Fehlinformationen und auch Fehldatensätze in diese Warteliste hineingeführt haben. Ich denke, es war auch ein gutes Zeichen einer selbstbewussten Organisation, eines reformierten Prozesses, dass man Wartelisteninformation nicht so macht, wie man es immer gemacht hat, sondern sie auf ein ordentliches Qualitätsniveau hebt und wir in der Zwischenzeit natürlich mit den entsprechenden Ergebnissen auch online sind. In allen Bereichen des Krankenanstaltenverbundes arbeiten wir daran, die Wartelistenführung auch einer transparenten Darstellung für die Öffentlichkeit zuzuführen. Ich weiß nicht, ob Sie schon Zeit gefunden haben draufzuschauen, da sind auch einige sehr interessante Erkenntnisse, wenn man es sich genau durchliest. Ein ganz riesengroßes Projekt für den Reformprozess in den Wiener Spitälern ist sehr unspektakulär für die Öffentlichkeit und für die politische Debatte, aber ganz etwas Wesentliches, weil es die gesamte Organisation betrifft: Wir haben zur Zeit die finale Vorbereitung für die Umstellung auf das neueste SAP Major Release mit der Einführung von One ERP laufen, wo wir das gesamte Rechnungswesen des Krankenanstaltenverbundes auf ein völliges neues Niveau heben. Der KAV wird eine der ersten Einrichtungen in ganz Europa sein, die auf diesem neuen Major Release aufsetzt und die Qualität des Rechnungswesens, der Kostenrechnung und somit auch der Nachvollziehbarkeit von Effizienz und Effektivität auf eine völlig neue Qualität heben wird. Das ist die Basis für einen wirklich ganz entscheidenden Schritt im Bereich der Erneuerung und Weiterentwicklung unseres Spitalsbereiches. Nehmen Sie letzten Endes - es ist noch nicht so lange her, im Sommer vergangenes Jahr, als die erfolgreiche Besiedelung der Klinik Floridsdorf stattfinden konnte - den beispiellosen Prozess, innerhalb eines Monats so ein Riesenspital zu besiedeln. Das ist nicht nur ein großer Meilenstein und eine besonders herausragende Leistung unserer MitarbeiterInnen im gesamten Krankenanstaltenverbund gewesen, die immerhin die Gesamtressourcen eines ganzen Spitales durch Mehrarbeit in allen Spitälern aufgefangen haben, sondern es war natürlich gleichzeitig auch ein großer Schritt in der Reform der Standortstrategie unserer Spitäler, weil wir mit der Besiedelung der Klinik Floridsdorf ja gleichzeitig auch drei Standorte geschlossen haben. Sie sehen auch an anderen Beispielen, dass wir in einer riesengroßen Transformation sind: Nehmen Sie nur die Weiterentwicklung in dem gesamten Bereich von eHealth, wo wir im Krankenanstaltenverbund nicht nur in wissenschaftlichen Tagungen, sondern schon im Echtbetrieb neueste Methoden der Telemedizin verwenden, etwa im Bereich der Labormedizin, der Blutgruppenserologie, in interdisziplinären Beratungs-Boards, in der Röntgendiagnostik und derzeit in der Entwicklung der Anwendung von eHealth-Technologie im Bereich der Kardiologie zur Überwachung von Menschen mit Herzschrittmachern vor einem riesengroßen Schritt stehen. Denken Sie an die Projekte, die wir im Bereich des Gesundheitswesens besprochen haben, an die verschiedenen Zielsteuerungsprojekte, wie zum Beispiel in allen Wiener Spitälern eine zentrale Geburtsanmeldung eingeführt zu haben. Das ist ja nicht nur eine Frage der Gestaltung einer Homepage, sondern dahinter ist es notwendig, quer durch die gesamte Organisation sämtliche Abläufe und Prozesse neu zu definieren, Commitment zwischen den Abteilungen, zwischen den Führungskräfteabteilungen zu schaffen, um einen völlig neuen Umgang mit der Anmeldung zu einer Geburt in Wien einzuführen. - Seit mittlerweile fast einem Jahr können sich schwangere Frauen in Wien völlig unkompliziert und bequem von zu Hause aus zur Geburt anmelden, das Ergebnis eines riesengroßen Reformschrittes in diesem Sektor. Nehmen Sie das Beispiel Diabeteszentrum, wo wir gemeinsam beschlossen haben, in Kooperation mit den Allgemeinmedizinern in Wien die Versorgung von Diabeteserkrankten auf ein völlig neues Niveau zu heben. Denken Sie letzten Endes auch an das Vorfeld zu den Spitälern: den Ansiedelungsbonus für die Allgemeinmediziner in strukturschwachen Regionen, den wir gemeinsam mit der Krankenkasse geschaffen haben, oder den Ansiedelungsbonus für Kinderärzte in ganz Wien, mit einem durchaus namhaften Betrag, um einfach das Vorfeld rund um die Spitäler verbessern zu können, die Verstärkung der Niedergelassenenversorgung, die zusätzliche Finanzierung von verlängerten Öffnungszeiten, den Beschluss im Regionalen Strukturplan Gesundheit ambulant, wo wir voriges Jahr beschlossen haben, zusätzliche 400 Ärzte im ambulanten Sektor zuzulassen, den Beschluss, 36 zusätzliche Primärversorgungseinheiten in Wien bis 2025 zu schaffen. Denken Sie an die Ausrollung von 1450, dem Wiener Gesundheitstelefon, wo Wien gemeinsam mit Niederösterreich und Vorarlberg bei der Entwicklung einer völlig neuen Serviceleistung Vorreiter war. In der Zwischenzeit ist das ein sehr angenommenes nicht nur Informationsservice, sondern auch Dienstleistungsservice für die Wienerinnen und Wiener geworden. Wir sehen das jetzt auch wieder bei der Debatte über die Grippeimpfung. Wir sehen das bei der Debatte um die Sorge der Menschen rund um das Infektionsrisiko mit diesem Coronavirus. Und wir sehen, dass über 70 Prozent der Anrufer den Empfehlungen der Expertinnen und Experten am Telefon folgen. Denken Sie an den Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, wo wir ein zusätzliches Ambulatorium geschaffen haben. Denken Sie an die vor Kurzem erst verlautbarte und unterschriebene Vereinbarung mit der AUVA, wo wir in eine große Kooperation gehen werden, wo es einen Entwicklungsprozess zu einer völlig neuen Konstruktion der Zusammenarbeit zwischen den zwei großen Wiener Unfallspitälern und den Häusern des Krankenanstaltenverbundes gibt, und das bedeutet Reformprozess auch innerhalb des Krankenanstaltenverbundes. Denken Sie an das Vienna Cancer Center, wo wir für die onkologische Behandlung einen unglaublich qualitätsvollen Schritt geschafft haben: Dass wir die Erkenntnisse modernster Krebsforschung direkt in die klinische Umsetzung gebracht haben. Die ganze Welt beneidet uns in Wirklichkeit darum. Es ist auch ein unglaublicher Schub in der Forschung, man merkt das auch, wenn man mit den Pharmabetrieben spricht, weil die wissen, dass Wien ein international anerkannter Standort zur Krebsforschung ist. Das waren einige der wichtigsten Beispiele zum Thema Reformprozess, ich hoffe, ich konnte Ihre Frage damit ausreichend beantworten. - Danke schön. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Korosec. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Guten Morgen, Herr Landesrat! Danke recht herzlich für die wirklich ausführliche Information über Dinge, die bereits passiert sind, aber natürlich auch über Reformprojekte, die erst erledigt werden müssen. Recht herzlichen Dank! Ich möchte zu einem ganz anderen Thema kommen, und zwar zur Nervenheilanstalt, zum Neurologischen Zentrum in Hietzing, es ist ja auch Teil des KAV. Vor 100 Jahren stiftete Nathaniel Rothschild diese Nervenheilanstalt am Wiener Rosenhügel. 1938 lösten die Nazis die Stiftung auf und 1956, im Zuge der Wiederherstellung, wurde die Stadt Wien zur Verwaltung bestellt. Und jetzt (ein Exemplar der Zeitschrift in die Höhe haltend) - ich kann mich auch nur auf Informationen von "profil" beziehen - liest man im "profil" von einer Klage am Bezirksgericht. Es soll sich bei der Übernahme damals um eine treuwidrige Zueignung gehandelt haben, immerhin handelt es sich um ein Vermögen von zirka 70 bis 80 Millionen EUR. - Herr Landesrat, ich möchte Sie fragen: Sind Sie überzeugt davon, dass bei der Wiederherstellung die vor der Enteignung bestehenden Statuten rechtlich korrekt eingehalten wurden? Präsidentin Veronika Matiasek: Bitte, Herr Landesrat. Amtsf. StR Peter Hacker: Frau Abgeordnete, Sie werden bemerkt haben, dass ich mich zu dieser Causa in der Öffentlichkeit bis jetzt nicht geäußert habe. Es gibt eine Klagsschrift beim Bezirksgericht. Es ist jedem Mann und jeder Frau unbenommen, gegen oder für alles zu klagen, was man mag. Es gibt kein Vorfiltersystem, und das ist gut so, denn das ist das Zeichen eines freien Rechtsstaates. Wir sind im Augenblick dabei, eine entsprechende Entgegnungsschrift zu formulieren, und ich denke, es ist richtig, wenn sich ein Stadtrat zu solchen offenen Verfahren, bevor überhaupt die ersten Schritte stattgefunden haben, eher nicht äußert. Eine kleine Bemerkung sei mir aber doch gestattet: In der Berichterstattung wurde übersehen, dass es zum jetzigen Zustand, den wir jetzt haben, zur Rechtssituation Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er Jahre einen Vorgang gegeben hat - als unter anderem Ihr damaliger Generalsekretär Stiftungsvorstand war - und wir mehrere Beschlüsse hier im Gemeinderat getroffen haben. Ehrlich gesagt, jetzt zu Ihrer Frage, gehe ich davon aus, dass die damals handelnden Damen und Herren die richtigen Entscheidungen getroffen haben, aber wie gesagt, wir sind gerade dabei, eine Entgegnungsschrift für das Bezirksgericht auszuarbeiten. Die Frist dafür läuft Ende dieser Woche aus, bis dahin wird sie dort sein. Dann schauen wir einmal, wie das Gericht entscheidet und dann sehen wir, dass wahrscheinlich neue Fakten am Tisch liegen. Dann, glaube ich, macht es Sinn, die weitere politische Debatte zu führen, aber wie gesagt, ja, ich gehe davon aus, dass dieses Haus hier seinerzeit die richtigen Entscheidungen getroffen hat, mit vollem Respekt gegenüber der Geschichte dieses Grundstückes. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Schütz. - Bitte. Abg. Angela Schütz (FPÖ): Herr Landesrat, vielen Dank für die Beantwortung der Frage, aber ich möchte Ihren Enthusiasmus und Ihre Freude darüber, dass Sie innerhalb von einem Monat Maßnahmen in Richtung Coronavirus getroffen haben, dahin gehend dämpfen, als die Chinesen gerade in einem Monat ein ganzes Krankenhaus aufbauen. Das nur vorab gesagt. Faktum ist, dass der Landeshauptmann die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung hat. Faktum ist auch, dass die Krankenanstalten in der Verantwortung des Landesgesundheitsfonds bleiben und damit im Regionalstrukturplan und dass eine Ausgliederung in welcher Form auch immer eine Scheinlösung, nämlich den Anschein, dass damit alles besser wird, darstellt. Es verlagert eigentlich nur die Verantwortung und verschleiert die Kontrolle und de facto wird die Gesundheitsvorsorge dadurch nicht wirklich verbessert. Meine konkrete Frage an Sie ist: Zahlt es sich bei den vielen Problemen, die wir im Bereich der Krankenanstalten und dem Gesundheitsbereich haben, überhaupt aus auszugliedern oder sollte man die Energie, die man für die Ausgliederung verwendet, nicht lieber in Problemlösung und Maßnahmen investieren? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Peter Hacker: Zunächst zu Ihren Vorbemerkungen: Wir sind problemlos in der Lage, zum Beispiel durch viele Containeraneinanderreihungen innerhalb weniger Wochen ein Haus zu errichten und dann Spital draufzuschreiben. Die Kunst der Geschwindigkeit, Container aneinanderzureihen und ein Haus zu errichten und Spital darauf zu schreiben: In diesem Wettbewerb befinden wir uns nicht. (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Nur weil es lange dauert, heißt es auch nicht, dass es funktioniert!) Klar ist, glaube ich, dass man mit viel Respekt auch sehen muss, dass China vor einer extremen Herausforderung steht. Ich glaube nicht, dass wir uns da in einen Wettbewerb bewegen müssen. Wir sind in der glücklichen Lage, dass dieses Virus nicht in Europa, sondern in China mutiert ist, und ich finde es ist auch notwendig, bei aller möglichen Projektion in das, was China tut oder nicht tut, mit größtem Respekt zur Kenntnis nehmen, dass die nicht nur das Virus überhaupt entdeckt haben, sondern dass sie auch in einer unfassbar kurzen Zeit der ganzen Welt die notwendigen Informationen - plus die dazu notwendigen Proben - zur Verfügung gestellt haben, damit wir in der Lage sind, einen Virus innerhalb von wenigen Stunden zu detektieren. Ich glaube also, es ist kein gutes Beispiel oder kein gutes Thema, um sich da in einen Wettbewerb mit China zu bewegen, aber ich glaube, wir können uns sicher sein, dass wir einen anderen Qualitäts- und Niveauanspruch an Spitäler haben, als das, was jetzt als Notmaßnahme in einer sehr betroffenen Region der Welt entsteht. Ich habe schon vorhin in meiner Anfragebeantwortung gesagt, dass die Frage der Rechtsform des Krankenanstaltenverbundes ein Element eines Reformprozesses ist, aber es ist nicht das einzige. Ich glaube aber, dass es notwendig ist, weil zu diesem Reformprozess auch dazugehört, die Verantwortung direkt dort hinzubringen, wo sie hingehört, um einen modernen Dienstleistungsbetrieb zu führen; und dazu gehört auch die Möglichkeit der direkten Personal- und Finanzverantwortung. Das ist das zentrale Thema, worum es bei dieser Frage der Änderung der Rechtsform eigentlich geht. Es wird keinerlei Einschränkungen der Kontroll- und Transparenzrechte dieses Hauses geben, das steht für mich völlig außer Zweifel. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Kops. - Bitte. Abg. Dietrich Kops (DAÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat, danke für die ausführliche Beantwortung! Sie haben ja unter anderem auch die Umbenennung der Spitäler angesprochen. Es gab Ende letzten Jahres in der Bezirksvertretung Landstraße einen einstimmigen Resolutionsantrag, wo sich die Bezirksvertretung Landstraße gegen eine Umbenennung der Rudolfstiftung ausgesprochen hat, sprich, die Rudolfstiftung soll Rudolfstiftung heißen. Der Name ist in der Bevölkerung verankert und teilweise auch, sag ich einmal, lieb gewordenes Kind. - Wie werden Sie sich bezüglich dieses Resolutionsantrages verhalten? Werden Sie sich gegen den SPÖ-Bezirksvorsteher stellen? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Peter Hacker: Nachdem der Gemeinderat einen Beschluss gefasst hat, ist es meine Pflicht, den Beschluss des Wiener Gemeinderates zu vollziehen und dieser Beschluss war eindeutig, klar und unmissverständlich. Natürlich ist es immer vollkommen unbenommen, dass jede Bezirksvorstehung sich äußert und natürlich ist auch jede Veränderung mit ein bisschen Wehmut und Reminiszenzen und Emotionen versehen. Das kann ich gut verstehen und nachvollziehen, und trotzdem stehe ich dazu, dass dieser Veränderungsprozess gescheit und notwendig ist und es an sich auch nicht weh tut - wenn auch mit großer Wehmut versehen -, sich von den kaiserlich-königlichen Zuwendungen des 19. Jahrhunderts zu verabschieden, auch indem wir die Namensgebung unserer Spitäler der heutigen Zeit anpassen. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 4. Zusatzfrage kommt von Herrn Abg. Dipl.-Ing. Dr. Gara. Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrter Herr Landesrat, vielen Dank für Ihre Beantwortung. Bevor ich meine Zusatzfrage stelle, möchte ich nur vorab sagen, dass ich die Krisenkommunikation des Wiener Krankenanstaltenverbundes, vor allem auch unter Direktor Binder, was jetzt auch das Coronavirus betrifft, extrem positiv gefunden habe. Ich halte es für sehr wichtig, dass man da wirklich so professionell auftritt. Auch das soll einmal gesagt sein. Zur Beantwortung Ihrer Frage: Es geht nicht um den Geschwindigkeitswettbewerb, da bin ich vollkommen bei Ihnen. Es ist aber nicht so, dass die Diskussion zur Ausgliederung und zur Neugestaltung vor Kurzem losgebrochen ist, sondern sie wurde bereits unter Ihrer Vorgängerin sehr lange geführt. Wir - und alle Oppositionsparteien - waren ja auch in diesem Prozess der Diskussion drinnen, der ist dann nur irgendwann abgebrochen und daher natürlich auch die ganz normale Frage, wie es in diesem Prozess konkret weitergeht, denn das, was Sie gerade gesagt haben, das ist der eigentliche Punkt: Es geht da ja nicht um die Rechtsform, sondern es geht darum, dass einer der größten Gesundheitsdienstleister Europas eine Struktur bekommt, die notwendig ist und die Personalhoheit und Finanzhoheit bedeutet. Daher noch einmal meine Frage in diese Richtung: Wie schauen jetzt die konkreten Schritte und Pläne aus? Denn die Punkte, die Sie gebracht haben wie die Umbenennung des Wiener Krankenanstaltenverbundes ist auch nicht die größte Priorität und ist auch nicht das größte Problem, das wir haben. Die vielen Beispiele, die Sie aufgelistet haben, sind extrem gut und wichtig und vor allem auch den Leistungen der MitarbeiterInnen geschuldet, aber die politische Aufgabe ist es sehr wohl, darüber Auskunft zu geben, wie der nächste Prozess ausschaut. Ich halte es für extrem wichtig, dass wir da eine Ausgliederung haben, die ein Unternehmen in einer zukunftsfähigen Form aufstellt. - Meine Frage ist: Können wir vor der Wahl diesbezüglich noch einen Vorschlag erwarten oder ist das dann erst Thema der nächsten Wiener Landesregierung? Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Peter Hacker: Das hat gar nichts damit zu tun, auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen. Ich gehöre nur zu denen, die der Meinung sind, dass man dem Landtag - und auch Ihnen als Abgeordneten - ein Gesetz vorlegt, von dem man selber überzeugt ist. Aus der Tatsache, dass es nicht vorliegt, können Sie ablesen, dass ich von den Entwürfen nicht überzeugt bin. Es gibt aber eine laufende Beschäftigung, heute in der Nacht wieder eine Sitzung zu dem Thema, und wenn es wahr ist, ist es die vorletzte und dann werden wir die Geschwindigkeit entsprechend erhöhen. Ich kann es aber nicht sagen und ich halte, ehrlich gesagt, auch nichts vom Flunkern. Das hat mit der Wahl überhaupt nichts zu tun. Ich glaube, dass das sowohl für den Wahlkampf als auch für den Wahlausgang völlig unerheblich ist. Kein Mensch in Wien weiß, welche Rechtsform der KAV jetzt hat und es wird auch danach kaum jemanden interessieren, sondern das Entscheidende ist, dass wir in der Qualität, in der Dienstleistungsqualität, in der Kundenorientierung, in der Servicequalität und auch in der Qualität des Umgangs mit unseren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Fortschritte machen. Deswegen war es mir in der Beantwortung der ursächlichen Anfrage auch wichtig, diesen Bogen zu spannen, um klar zu machen, dass nichts von dem, was ich aufgezählt habe - inklusive der Frage der Rechtsform - für sich die Reform ist. Die Reform ist der gesamte Veränderungsprozess, der aus lauter kleinen Bausteinen besteht, manche ein bisschen wichtiger, aber keiner ist der zentrale Baustein, auch nicht die Frage der Rechtsform. Wir haben auch jetzt eine Rechtsform, wir haben auch jetzt einen Vorstand, das ist jetzt also nicht die größte Geschwindigkeit, aber ganz klar zu Ihrer Frage: Nein, der bevorstehende Wahlkampf hat damit gar nichts zu tun. Es geht nur um den Inhalt und darum, dass der Stadtrat sagt, dass er diesem Haus mit ruhigem Gewissen einen Gesetzesentwurf vorlegt. Präsidentin Veronika Matiasek: Danke. - Die Fragestunde ist damit beendet. Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der Klub der Wiener Freiheitlichen hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema "Mehr Sicherheit im öffentlichen Raum - welche Maßnahmen kann das Land Wien zur Vermeidung sicherheitsgefährdender Entwicklungen unternehmen?" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte nun den Erstredner, Herrn Abg. Haslinger, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Abg. Gerhard Haslinger (FPÖ): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Unser Thema "Mehr Sicherheit im öffentlichen Raum - welche Maßnahmen kann das Land Wien zur Vermeidung sicherheitsgefährdender Entwicklungen unternehmen?" wurde gewählt, weil uns gewisse Vorschläge zu diesem Thema aus der Regierungsecke fehlen. Denn es gibt da zum Beispiel Ansagen von einem Stadtrat: "Da nützt eine Gruppe einfach die Gesellschaft und die Situation einer Stadt aus. Das kann ich als Stadtrat nicht akzeptieren." Herr Bgm Ludwig spricht von der Überlegung eines generellen Waffenverbots in Wien. Er stellt das in den Raum, dann wird nicht mehr darüber gesprochen. Es gibt also zwei Aussagen, die etwas in den Raum stellen und dann wird nichts weiter verfolgt. Darum haben wir heute die Gelegenheit genutzt oder werden sie nutzen, um darüber konstruktiv zu sprechen. Die erste Aussage vom StR Hacker betrifft offenbar das Betteln in der Stadt und er sagt weiter: "Wir wissen, dass es Gegenden in Rumänien gibt, von wo ganze Dörfer auf Betteltour fahren." - "Wir können nicht die Armut der ganzen Welt in dieser Stadt bekämpfen", sagt er weiter in einem "profil"-Interview. Und auf die Frage, ob er dafür sei, osteuropäische Bettler abzuschieben, sagt Hacker: "Ich bin nicht dafür, ich hätte nur nichts dagegen. Das ist ein feiner Unterschied." Es gibt also ein - Herr Stadtrat, ich zitiere nur den "profil"-Artikel - Problem, das mittlerweile auch in der SPÖ angekommen ist. Als wir darüber gesprochen haben, hat es geheißen, organisierte Bettelei gibt es ja nicht, das sind arme Leute, wir bekämpfen die Armen und nicht die Armut, und, und, und. Mittlerweile ist auch Herr Caritas-Präsident Landau draufgekommen, dass es doch einen Unterschied zwischen Armutsbettelei und der organisierten Bettelei aus dem osteuropäischen Raum, vornehmlich aus der Slowakei oder aus Rumänien, gibt. Er wurde auch in der Pressestunde dazu befragt, und er hat gesagt, dass man da schon genau hinschauen muss. Wir Freiheitliche tun das schon sehr lange, Sie haben absichtlich weggeschaut, weil Sie sich mit dem Thema nicht beschäftigen wollen. Und dass Sie sich mit dem Thema nicht beschäftigen wollen, zeigt auch die Tatsache, dass ich auch gerne jetzt in der Fragestunde eine Anfrage zum Thema Bettelei an den Herrn Landeshauptmann gestellt hätte. Sie wurde mit Unterstützung der Magistratsdirektion nicht zugelassen, mit einem Rechtsgutachten, das fällt nicht in die Zuständigkeit, das ist Gesetzgebung oder wie auch immer. Man möchte darüber nicht sprechen. Es geht ganz einfach darum, dass das bestehende Gesetz - das ist ein Landesgesetz, § 2 Wiener Landes- Sicherheitsgesetz - optimiert, novelliert gehört. Da gibt es eindeutige Vorschläge, die wir schon sehr oft eingebracht haben und von Ihnen wird das mit der rot-grünen Mehrheit immer wieder abgelehnt oder nicht zugelassen. Ja, warum wollen Sie sich mit dieser Thematik nicht beschäftigen? Ist es vielleicht, dass man dann im Nachhinein zugeben muss, die Blauen haben das eigentlich schon richtig erkannt, nämlich schon sehr, sehr lange her und man will nicht zustimmen oder man möchte den Koalitionspartner nicht vergrämen, wo ja die Frau VBgm.in Hebein - vielleicht jetzt noch immer, das weiß ich nicht - bei der Bettellobby Mitglied oder aktiv ist. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Die sind jetzt auch schon für die Sicherheitshaft, das ist kein Problem mehr!) Auf jeden Fall habe ich Sie - wir haben ja über dieses Thema schon vor eineinhalb Jahren, nämlich konkret am 28. Juni 2018 gesprochen - darauf aufmerksam gemacht, denn auch die Redner, die dann gekommen sind - Herr Hursky und Herr Schober -haben gesagt: Ja, es gibt koordinierte Aktionen mit dem Magistrat und mit der Polizei und das ist alles so super und wir bekämpfen und dämmen das ein. Das stimmt nicht! Die Polizei hätte sehr wohl etwas für eine Gesetzesänderung, und das gibt es. Es gibt nämlich diese Bachelorarbeit aus der FH Wiener Neustadt, Studiengang Polizeiliche Führung (ein Schriftstück in die Höhe haltend), die mehr als 100 Seiten umfasst und da steht unter dem Punkt Fazit: "Alle Experten vertraten stimmig, jedoch mit Abweichungen in der Argumentation die Ansicht, dass eine Änderung des derzeitig bestehenden Gesetzes nicht unbedingt eine Lösung, aber doch eine merkliche Verbesserung der Bettlerproblematik herbeiführen kann." - Aus dem Jahr 2016! Mit diesem Wissen haben wir die Anträge eingebracht, die Sie permanent nicht zulassen wollen, wo Sie permanent die Problematik in Abrede stellen. So, jetzt haben Sie es da schwarz auf weiß - einige von Ihnen sind jetzt schon draufgekommen, dass es ein Problem und Handlungsbedarf gibt -, also bitte machen Sie das und setzen Sie das um! (Beifall bei der FPÖ.) Dieses Wiener Landes-Sicherheitsgesetz ist nämlich sehr schwammig geschrieben, und wenn sich die Polizei diesem Thema widmet, wird der Großteil dieser Strafverfahren - zu Recht - eingestellt, da es Observationsmaßnahmen für die Qualifizierung der Gewerbsmäßigkeit beziehungsweise der organisierten Bettelei und so benötigt. Und die Polizei muss für andere Aufgaben und für andere Sicherungsmaßnahmen in dieser Stadt sorgen, als dass sie sich ausschließlich Bettlern, von denen man mittlerweile weiß, warum sie da sind, widmet. Jetzt auch noch grundsätzlich zu anderen Themen, damit wir uns nicht nur bei der Bettelei aufhalten: nächste Baustelle Prostitutionsgesetz. Das Prostitutionsgesetz gibt es seit 2011 und ist seither nie wieder novelliert worden. In allen anderen Bundesländern wurde das Gesetz der Situation angepasst. Die Kriminalitätsformen in diesem Bereich Menschenhandel, Zuhälterei und Ähnliches passen sich natürlich der Gesetzeslage an, aber wir reagieren auf die Täterschaft überhaupt nicht. Auch wenn es da wieder seitens der Exekutive, seitens der Polizei Vorschläge gibt, wird das von der rot-grünen Stadtregierung negiert. Warum? Will man den Damen oder Herren keine Probleme machen oder ist es wieder der Koalitionspartner, mit dem man bei diesem Themenbereich vielleicht uneins ist und ihn nicht vergrämen möchte? (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Die werfen mit Steinen!) Wenn Sie hier schon vorgeben, die Stadt Wien oder das Land Wien ist das sicherste oder eines der sichersten der Welt, dann arbeiten Sie ganz einfach mit, dass es noch sicherer wird! Es gibt dazu konstruktive Vorschläge, die nicht polemisch sind, sondern die ganz einfach Fakten aufzeigen. Aber da schauen Sie weg, damit wollen Sie nichts zu tun haben, da wollen Sie nicht tätig werden, und das kritisieren wir! Und was sagen Sie zu uns? - Gestohlene Lebenszeit! Ich habe mir die Protokolle der letzten Sitzung durchgelesen. Da hatten wir ja auch eine Aktuelle Stunde, da wurde mir dann vorgehalten, wir - oder ich - schüren Angst, Wien ist so sicher. Dann sind Herr Ornig und Herr Schober mit der Kriminalitätsstatistik gekommen, die so im Sinken ist. - Hallo? Damit haben wir als Vertreter des Landes thematisch nichts zu tun. Wir haben hier Landesgesetze zu erstellen, um das Arbeiten der Polizei zu erleichtern, ihr das richtige Werkzeug in die Hand zu geben. Ob sich die Kriminalitätsstatistik beim Wohnungseinbruch verringert hat, ist lieb, ist eine schöne Aussage, hört sich spannend an, hat nur nichts mit dem Thema zu tun, über das wir da reden wollen, nämlich über die Situation, nämlich was das Land Wien zur Vermeidung sicherheitsgefährdender Entwicklungen unternehmen kann. Dort, wo wir zuständig sind, sollten wir uns wichtig machen! Wenn man natürlich nichts anderes weiß, als dann irgendwo - thematisch - auf Kickl's Pferden herumzureiten oder über das BVT herzuziehen, was 2018 war, bin ich gespannt, mit welchen Wortmeldungen Sie heute kommen und sagen, dass eh alles in Ordnung ist und die FPÖ natürlich nichts anderes als das Bettlerthema hat. Das Bettlerthema ist nur eines für den Anfang, aber wo könnte man denn noch für die Sicherheit sorgen? Ordnungsdienstliche Aufgaben, Schulwegsicherung durch Organe der Parkraumüberwachung, haben wir beantragt. Die Polizei wäre dadurch entlastet. - Sie haben abgelehnt, weil es Ihnen viel, viel wichtiger ist, dass die Organe der Parkraumüberwachung das Geld für die Stadt Wien besorgen, als dass sie für Sicherheit am Schulweg der Schulkinder sorgen. Da sind Sie komplett intolerant und wollen das nicht wahrhaben! Stolperfalle E-Scooter: Der Herr Bürgermeister sagt, na ja, da müssen wir uns etwas überlegen. Das ist genauso wie bei der Entwaffnung der Bevölkerung, die in den Raum gestellt wird und dann nicht mehr weiter darüber diskutiert wird. Die E-Scooter in der Stadt, die eine Gefahr, ein Sicherheitsrisiko in sich bergen, werden angesprochen, wenn man bei einem Interview darauf angeredet wird, und das war es dann. Wo sind Ihre Vorschläge? Wo sind Ihre Konzepte? Unsere Konzepte akzeptieren Sie nicht, unsere Konzepte wollen Sie nicht mittragen und eigene haben sie keine! (Beifall bei der FPÖ.) Somit ist es Ihnen also kein Bedürfnis, für die Sicherheit dieser Stadt zu sorgen - und wir machen das sehr wohl! Das Einzige, was Ihnen übrig bleibt, ist, uns Hetze, Angst oder Ähnliches vorzuhalten. Gut, wie gesagt, ich würde mich auch freuen, wenn irgendjemand zu diesem Vorschlag des Herrn Bürgermeisters zur Entwaffnung der Bevölkerung - ich weiß nicht, Kollegen Schober, Hursky? - vielleicht Stellung nehmen und einmal etwas sagen könnte. Es ist ja unser Bürgermeister, aber vielleicht habt ihr nähere Informationen darüber. Ich freue mich schon auf eure Ausführungen. Danke! (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner hat sich Herr Abg. Baron gemeldet. Ich erteile ihm das Wort und bemerke, dass ab nun die Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Abg. Karl Baron (DAÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Die Gewährleistung der Sicherheit in einer Stadt ist die größte und wichtigste Verpflichtung einer Stadtregierung. So wie ein Staat für die Sicherheit seiner Staatsbürger eine umfassende Landesverteidigung einsatzfähig halten muss, genauso muss eine Stadt ihre umfassende Stadtverteidigung aufrechterhalten und weiter ausbauen. Schon oft haben wir in diesem Haus über die offensichtlichen Gefahren gesprochen und werden es sicher auch in Zukunft tun: offensichtliche Gefahren für die Sicherheit im öffentlichen Raum, wie zum Beispiel gewerbsmäßiges Betteln, Alkoholmissbrauch auf öffentlichen Plätzen, Gewalt von Ausländern, entweder untereinander oder gegen Inländer, vermehrt Gewalt gegen Frauen seit 2015, Gruppen von gewalttätigen Männern, die bevorzugt junge Frauen oder Jugendliche angreifen, Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln, und vieles, vieles mehr - meistens also offensichtliche Gewaltdelikte. Die meisten Gewaltdelikte werden von Ausländern begangen und somit ergeben sich folgende Zahlen für das Jahr 2019: Den 16 Prozent Ausländeranteil in Österreich stehen 53 Prozent Ausländeranteil in den österreichischen Gefängnissen gegenüber. Geht man davon aus, dass nicht jeder Ausländer kriminell ist, ist das Verhältnis noch dramatischer. In Wien ist der Ausländeranteil 30 Prozent. Zählt man die Österreicher mit Migrationshintergrund noch dazu, liegen wir bei 40 Prozent. Wie dann das Verhältnis in den Gefängnissen aussieht, können Sie sich ja zirka vorstellen. Es ist wichtig und groß, dass darüber gesprochen wird, allerdings wurde am Ende bis jetzt recht wenig umgesetzt. Neben tatsächlich konstruktiven Vorschlägen gab es auch immer wieder skurrile Vorschläge wie eine gleiche Verteilung von Vermögen als Bekämpfung von Kriminalität. Das kam jedes Jahr von den GRÜNEN. Diese kommunistischen Träumereien funktionieren in der Wirklichkeit aber nicht (Zwischenrufe und Heiterkeit bei den GRÜNEN.), denn nur weil alle gleich viel haben, heißt das ja noch lange nicht, dass es nicht Menschen gibt, die mehr haben wollen, nämlich auf Kosten der anderen. Umgangssprachlich ist dieses Phänomen als Sozialismus zu bezeichnen. (Erneut Heiterkeit bei den GRÜNEN. - Abg. Heinz Vettermann: Ein Wahnsinn!) Lassen Sie mich aber heute noch zwei Punkte herausstreichen, die meiner Ansicht nach in den letzten Debatten zu kurz gekommen sind. Ich komme jetzt zur Cyberkriminalität, ein Wahnsinn, die Cyberkriminalität ist jetzt angesprochen! Für viele klingt das sehr utopisch, wahrscheinlich für die GRÜNEN, die ja gerne auf Raumschiffen durch die Galaxien reisen und dort besonders gerne gegen Klingonen kämpfen, wie wir doch alle wissen. Tatsächlich ist Cyberkriminalität eine ernst zu nehmende Bedrohung. Haben Sie gewusst, dass sich Österreich an Stelle 32 der am häufigsten angegriffenen Länder weltweit befindet? (Zwischenruf bei den GRÜNEN.) Da kommt der höchste Anteil an Cyberattacken in Wien vor. Weltweit sind derzeit 250 Millionen Schadprogramme im Umlauf und täglich kommen über 300.000 dazu. Primäre Ziele sind natürlich Unternehmen, deren Firmengeheimnisse mittels Cyberangriffen ausspioniert werden und wo versucht wird, an große Datenmengen zu gelangen, Datenmengen, die dann früher oder später in Darknet zum Verkauf angeboten werden. Auch da hat die Stadt Wien eine Verpflichtung, den Wirtschaftsstandort und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu schützen. Ist Wien eine offene Stadt für Cyberterroristen, werden sich die großen Unternehmen mehr und mehr von dieser Stadt zurückziehen. Das mag in den letzten Jahren noch nicht dramatisch gewesen sein, aber im Zuge der Digitalisierung und des 5G-Ausbaus werden diese Punkte immer wichtiger werden. Natürlich fällt vieles in den Wirkungsbereich des Innen- und des Verteidigungsministeriums, aber wie sieht die Sicherheit im Wiener Digitalen Amt aus? Wir erinnern uns noch, als es im letzten Jahr einen massiven Angriff auf die Infrastruktur der Stadt Wien gegeben hat. Derzeit läuft gerade eine Cyberattacke gegen die Infrastruktur des Außenministeriums, und das geht jetzt schon seit Tagen! Ein weiterer Aspekt der Cyberkriminalität und der Sicherheit im öffentlichen Raum sind Angriffe auf unsere Versorgungssysteme: auf Energieversorger, Transport und Verkehr, Krankenhäuser, Banken, Medien und natürlich auf die Verwaltung. In Wien alleine gibt es mehr als 40.000 Aufzüge. Müsste die Feuerwehr auf Grund einer Cyberattacke ... Präsidentin Veronika Matiasek (unterbrechend): Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Kommen Sie bitte zum Schlusssatz! Abg. Karl Baron (fortsetzend): Ich bin gleich fertig. In Wien alleine gibt es mehr als 40.000 Aufzüge. Müsste die Feuerwehr auf Grund einer Cyberattacke auf unsere Stromversorgung und den folgenden Stromausfall alle Insassen retten, würde sie Monate brauchen. Tatsächlich aber wären nach drei Tagen die Eingesperrten verdurstet! Präsidentin Veronika Matiasek (unterbrechend): Ihre Redezeit ist zu Ende! Abg. Karl Baron (fortsetzend): Und so geht es weiter und weiter, aber Redezeit ist aus! (Abg. Heinz Vettermann: Habt ihr auch eine Schlussbotschaft?) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Ornig. - Bitte. Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt versuchen - also ich weiß gerade nicht, wie ich auf meine Vorredner eingehen soll. Ich gehe ein bisschen auf Herrn Haslinger ein, der mehrere Verbote gefordert hat. Das ist ja im Grunde nichts Neues, wenn man sich anschaut, was so die letzten Jahre hier von FPÖ und ÖVP gekommen ist, ist ja zumeist die Patentlösung, dass man eben etwas verbietet: Alkoholverbot, Bettelverbot, Waffenverbot, keine Ahnung. Wir wissen aber alle, dass Verbote zumeist sehr, sehr wenig bringen. Sie führen zu Verdrängung und sind eigentlich nur ein sehr bewährtes Mittel für Populismus. Ich rede jetzt bewusst nicht davon und ich wollte Ihnen ja eigentlich gar nicht wieder sagen, dass Sie Angst schüren, und so weiter, das wissen wir eh alle, darüber brauchen wir eigentlich nicht reden. Ich möchte aber konkret ein Thema, nämlich den Praterstern ansprechen. Wir haben das hier in diesem Haus intensiv diskutiert. Leider Gottes ist der Herr Bürgermeister da auch dem Populismus verfallen und hat sich hier - oder die SPÖ oder die Stadtregierung - für ein Alkoholverbot am Praterstern ausgesprochen. Wie Sie alle wissen, waren wir dagegen. Wir sagen, das führt zur Verdrängung, das Problem wird eigentlich nur in nahegelegene Gebiete verschoben und die Lösung ist natürlich alles andere als zufriedenstellend. Wir haben aber eben auch sehr, sehr viele Vorschläge auf den Tisch gelegt, was man außer Verboten machen könnte: bauliche Neugestaltung, klare räumliche Zuteilung, die bessere Nutzung der Freifläche am Praterstern mit Märkten, mit Kunstveranstaltungen, und, und, und sowie vor allem eine engere Vernetzung zwischen Sozialarbeitern und Polizei. (Beifall bei den NEOS.) Jetzt ist das Verbot gekommen und zugleich mit dem Aussprechen des Verbots Anfang des Jahres hat der Bürgermeister eine Studie angekündigt, die dann drei Monate später veröffentlicht wurde, allerdings aber nicht öffentlich zugänglich war. Es wurden nämlich nur Teile einer Studie veröffentlicht, was ja eigentlich wieder einmal eine totale Transparenz-Nullnummer ist, dass man zu einem so wichtigen Thema eine Studie macht, sie uns noch dazu hier im Haus und den Medien und dem Bürgermeister präsentiert und eigentlich die Studie nicht veröffentlicht, sondern nur die Teile, die man halt gerne hätte. Das sind wir hier als Opposition allerdings schon gewohnt, dass das bei der Stadt Wien leider Gottes passiert. Was aber diesmal passiert ist, möchte ich hier im Sinne der BürgerInnen, im Sinne der Demokratie, aber auch im Sinne der Wertschätzung für dieses Haus sehr, sehr scharf kritisieren: Der Herr Bürgermeister hat tatsächlich diese Studie präsentiert und behauptet, dass es zum Thema "Hat sich das Sicherheitsgefühl am Praterstern verbessert?" eine Zweidrittelzustimmung gibt, dass 67,8 Prozent dem zugestimmt haben. Ein Journalist hat diese Studie tatsächlich einmal öffentlich bekommen und ist draufgekommen, dass die Stadt Wien nicht zufällig - ich kann mir nicht vorstellen, dass das zufällig ist, denn 2 Institute haben daran gearbeitet - zu erwähnen vergessen hat, dass es eigentlich nur 51,1 Prozent der Befragten waren, die gesagt haben, sie haben ein besseres Sicherheitsgefühl. Der Rest, nämlich die, die angegeben haben, dass sie es nicht wissen, dass sie kein Gefühl, eigentlich keine Meinung dazu haben, die hat man einfach rausgestrichen, und so werden aus 50 Prozent 67 Prozent! Zwei Drittel hören sich ja schon einmal viel besser als die Hälfte in einer Argumentation an, denn bei einer Hälfte würde ich weiterdiskutieren, bei zwei Drittel gebe ich ganz ehrlich zu - und das habe ich auch schon gesagt in diesem Haus -, habe ich gesagt, okay, das ist ein Erfolg, das hat funktioniert. Wenn man aber jetzt vor einer Woche im "Standard" liest, dass die Studie ein voller Fake war und dass in dem Fall Hacker, Sima, die internen Ressorts, das heißt, Wiener Linien dafür verantwortlich sind und der Bürgermeister auch noch sagt, na ja, selbst wenn es weniger gewesen wären, hätte ich dafür gestimmt! Das mag sein, aber trotzdem hat man uns und den BürgerInnen etwas vorgetäuscht und das kann nicht sein! Und noch viel schlimmer (in Richtung GRÜNE), ich weiß nicht, wie es Ihnen als Koalitionspartner geht: Hat man euch die ganze Studie gezeigt, habt ihr gewusst, dass die nicht stimmt oder habt ihr auch nur zwei Drittel gehört? Denn dann stimme ich da vielleicht auch zu und sage, okay, das ist eine gute Idee und ihr müsst dazu stehen. In Wirklichkeit aber, wenn mit solchen Mitteln gearbeitet wird, ist es eine Verhöhnung der Demokratie! (Beifall bei den NEOS.) Ich habe nur mehr 17 Sekunden, das weitere Thema, das ich habe, behalte ich mir für eine nächste Rede auf. Vielen Dank! Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Dr. Ulm zu Wort gemeldet. - Bitte. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haslinger, ich gebe Ihnen schon recht, dass wir in Wien einen Bettelmissstand haben und dass zu wenig dagegen unternommen wird. Ich gebe Ihnen aber nicht recht, dass unser Landes-Sicherheitsgesetz zu schwammig wäre und keine ausreichende Grundlage darstellen würde, um gegen die Bettelei effektiver vorzugehen. Ich behaupte, es scheitert einfach am politischen Willen in dieser Stadt, auf Grundlage des Landes- Sicherheitsgesetzes effektiv vorzugehen, denn meines Erachtens hat nur das Land Wien die gewerbsmäßige Bettelei in seinem Landes-Sicherheitsgesetz. Ich bin stolz darauf, dass es die ÖVP war, die diese Idee bereits am 26. November 2009 mit einem Antrag eingebracht hat und dass diese Idee dann schließlich vom Landtag aufgenommen worden und im März des Jahres 2010 dann auch zur Umsetzung gelangt ist. (Beifall bei der ÖVP.) Selbstverständlich wollen wir keine gewerbsmäßige Bettelei in dieser Stadt und zur Gewerbsmäßigkeit haben wir sogar eine Legaldefinition: Es steht im Gesetz, nämlich im § 70 des Strafgesetzbuches drinnen, was Gewerbsmäßigkeit ist. Da steht drinnen: "Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn sie in der Absicht vorgenommen wird, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen." Also das muss ja um Gottes Willen reichen und das trifft ja wohl auf 99,9 Prozent aller Bettelformen in Wien zu! Warum man nicht wirklich mit Verve dagegen vorgeht, liegt am politischen Willen der Mehrheitsfraktionen oder der Fraktionen, die die Mehrheit hier in diesem Haus stellen. Da gibt es eben nicht den entsprechenden Willen. Keine Frage, die Zuständigkeit liegt bei der Polizei und selbstverständlich muss da mit der Polizei gemeinsam effektiv vorgegangen werden. Es gibt ja das Büro für Sofortmaßnahmen, da ist ja auch schon etwas geschehen. Man muss das selbstverständlich mit Sozialarbeitern machen, man muss das selbstverständlich mit einem sozialen Angebot machen, das muss natürlich Hand in Hand gehen, aber die Anstrengungen sind da zurückgegangen. Besonders zurückgegangen sind sie beim Bettelmusizieren in der U-Bahn. Ich habe gestern durch Zufall einen Berufskollegen getroffen und er hat mir erzählt, wie es in der U-Bahn zugeht. Ich weiß es ja auch, ich fahre ja auch hin und wieder mit der U-Bahn. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Sehr selten!) - Ja, aber nicht so selten, als dass mir das Bettelmusizieren niemals aufgefallen wäre! Selbst wenn man nur selten mit der U-Bahn fährt, trifft man immer wieder auf Bettelmusikanten. Das ist natürlich unerfreulich, weil es verboten ist. Das ist auch ganz leicht zu exekutieren, da gibt es andere Vorschriften, da gibt es ein anderes Hausrecht, da müssen die Gerichte ganz anders darüber entscheiden. Mein Berufskollege erzählt mir, wie es regelmäßig, insbesondere in der U3 und in der U4, zu Belästigungen kommt und stellt fest, dass das organisiert ist. Die haben sogar Vorkehrungen, dass sie ihre Ziehharmonika hinter Tüchern verschwinden lassen können, bei den Tragriemen werden da Tücher ausgegeben, und nach Bedarf lässt man die Musikinstrumente verschwinden. Dieser Kollege von mir hat in der Vergangenheit immer wieder beim Notruftelefon der Wiener Linien angerufen, das hat gut funktioniert. Er hat mitgeteilt, bitte da wird gebettelt, machen Sie etwas dagegen. Er hat angegeben, wo ihm das passiert ist und bei einer der nächsten größeren Stationen sind dann tatsächlich Mitarbeiter von der U-Bahn- Aufsicht zugestiegen und man hat diese Herrschaften gebeten, den Zug zu verlassen. Das gibt es leider Gottes mittlerweile nicht mehr! Auf die Anrufe wird in diesem Sinne nicht mehr reagiert, es kommen nur noch Durchsagen, dass das Bettelmusizieren verboten ist. Das ist denjenigen, die das praktizieren, egal, die machen einfach weiter! Nehmen wir uns ein Beispiel an der Sicherheitskampagne in London, dort heißt es: "See it. Say it. Sorted." Das heißt: Sehen Sie den Missstand, sagen Sie den Missstand und der Missstand wird gelöst. Ich würde mir wünschen, dass auch in der Wiener U-Bahn solche Pickerln eingeführt werden und dass man die Bürger ermuntert, auf solche Missstände hinzuweisen. Dann werden wir es als Verwaltung und als Bürger gemeinsam schaffen, eine sicherere und eine lebenswertere Stadt zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Mag. Berner zu Wort gemeldet. - Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Hallo! Am sichersten, liebe Kollegen und Kolleginnen, lebt man in einem Land, in dem alle Menschen genug Einkommen haben, um ihr Leben zu finanzieren, das heißt, in dem es eine Notstandshilfe gibt und eine Mindestsicherung, die Miete, Ernährung und Beteiligung an öffentlichen Ereignissen ermöglicht, in einem Land, in dem kein Kind hungrig in die Schule geht, in dem alle gemeinsam unterrichtet werden. Am sichersten lebt man in einem Land, wo alle Kranken wissen, dass es für sie eine Gesundheitsversorgung geben wird, in dem alle Älteren wissen, dass sie pflegerisch versorgt werden, wenn sie es alleine nicht schaffen. Wenn alle wissen und es tatsächlich erleben, dass soziale Notlagen aufgefangen werden, wenn wir also in einer solidarischen Gesellschaft leben, wenn wir im privaten Umfeld aufeinander schauen, aber eben auch, wenn wir als PolitikerInnen uns darum bemühen, dass wir niemanden ausgrenzen, dann leben wir in einem sicheren Land. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Wenn alle wissen, dass Menschen in Notlagen sofort ein Dach über den Kopf finden, dass niemand auf der Straße schlafen muss, dass Suchtkranke bei einem Leben mit ihrer Krankheit unterstützt werden, sodass sie trotzdem einer Arbeit nachkommen können, wie das die Sucht- und Drogenkoordination täglich und seit Jahren erfolgreich tut, dass es frei zugängliche Konsumräume an zentralen Stellen gibt, an denen Spritzen getauscht werden und erste medizinische Versorgung angeboten wird: Sicher sind wir, wenn alle genug zum Leben haben, am besten, wenn es ein gutes Leben für alle ist. Daran arbeiten wir in dieser Stadt als PolitikerInnen, Frauen und Männer, und in unterschiedlichen sozialen Einrichtungen mit unzähligen SozialarbeiterInnen, ÄrztInnen, TherapeutInnen, mit einer Polizei, die in schwierigen Situationen und Konflikten zur Stelle ist. Danke an dieser Stelle an alle, die diese Stadt mit ihrer täglichen Arbeit zu einer solidarischen Stadt machen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Soziale Sicherheit macht alle sicher, davon gehe ich aus. Immer wenn ich Themen wie Ihr heutiges lese, liebe Kollegen von der FPÖ, frage ich mich, wovor Sie sich eigentlich fürchten (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Vor Steine werfenden Vizebürgermeisterinnen!) -, vor deutschen, liedersingenden, jungen Herren in Käppis am Kopf, mit Schnitten im Gesicht offenbar weniger. Ich jedenfalls finde die, ehrlich gesagt, unangenehm, wenn die im öffentlichen Raum herumstänkern. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ich finde es auch wichtig, mehr für Sicherheit von Fußgängern auf Zebrastreifen zu tun. Die Zahl der tödlichen Fußgängerunfälle in Österreich ist im Vorjahr zum Glück um ein Drittel zurückgegangen, aber nach wie vor sind Seniorinnen und Senioren die häufigste Opfergruppe, macht der VCÖ aufmerksam. 24 der 45 bei Verkehrsunfällen getöteten Fußgängerinnen und Fußgänger waren 65 Jahre und älter. In Wien sind die Unfälle im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent zurückgegangen. Warum? - Verkehrsberuhigung, Tempolimit auf 30 und verbreiterte Gehsteige zeigen offenbar ihre Wirkung, und trotzdem muss noch mehr getan werden! Deshalb setzt sich VBgm.in Birgit Hebein stark für Abbiegeassistenten für LKWs in Wien ein, denn jeder Unfall ist einer zu viel. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Gerade für Kinder ist es wichtig, auch allein sicher zur Schule zu kommen. Deshalb unterstützt das Ressort temporäre und permanente Umgestaltung von Schulvorplätzen, damit dort Kinder spielen, statt Elterntaxis stauen. Das schafft Sicherheit für alle und Freiheit. Wenn Kinder oder Ältere sich bewegen können, ohne dass jeder Fehler gleich einen Unfall nach sich zieht, dann ist das Freiheit. Freiheit und Sicherheit für alle ist, wenn eine Stadt kindgerecht geplant und umgestaltet wird. Der öffentliche Raum ist dadurch charakterisiert, dass er für alle BürgerInnen frei und uneingeschränkt zugänglich ist. (Ruf bei der FPÖ: Niederschwellig!) Somit kommen unterschiedlichste Gruppen da miteinander auch in Konflikt, um weiterhin ein sozial verträgliches Miteinander zu schaffen. Auf hohem Niveau haben die MitarbeiterInnen des strategischen Geschäftsfeldes öffentlicher Raum und Sicherheit einen Aktionsplan entwickelt und arbeiten ständig an der Verbesserung im öffentlichen Raum, besonders an zentralen Schnittstellen wie großen Bahnhöfen. Das Sicherheitsgefühlt im öffentlichen Raum hängt auch viel von Licht- und Raumgestaltung ab. Es geht um leichte Orientierung, Übersicht und Einsehbarkeit, gute Zugänglichkeit von Haupteingängen, Belebung, sodass viel soziale Sicherheit gegeben ist und eine attraktive Gestaltung des öffentlichen Raums. Ich freue mich sehr, wenn auch Sie in Zukunft die Maßnahmen der Stadt für eine gegenseitige Rücksichtnahme und Solidarität mit Schwächeren unterstützen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Fangt's einmal an damit!) - Herzlichen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Hursky zu Wort gemeldet. - Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Christian Hursky (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es immer spannend, wenn die FPÖ dieses Thema hochzieht, denn was sind denn die wahren Hinterlassenschaften der FPÖ, die den Innenminister der letzten Jahre gestellt hat? (Abg. Armin Blind: Letzte Jahre!) Neues Asylzentrum für die Kickl-Pferde, die müssen jetzt bei den Lipizzanern untergebracht werden, bei einer Zuwanderergruppe. Das ist die wahre Gefahr für Österreich, dass sich dort ein lahmender ungarischer Gaul mit einem Lipizzaner in Wahrheit vermischt (Abg. Armin Blind: Kasperl!) oder der Strandhändler von Ibiza mit der neuen Gruppe DAÖ, passenderweise "Der Ausverkauf Österreichs", der da wahrscheinlich bevorsteht. (Heiterkeit bei Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Das sind Ihre Hinterlassenschaften, die Sie als FPÖ in der Sicherheitspolitik hinterlassen haben. Es wundert mich nicht, dass da die Allianz der drei K - Kurz, Kickl und neuerdings auch Kogler - vielleicht die Willkürhaft braucht, um sich von diesen Dingen zu befreien. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wie sicher ist Wien tatsächlich? (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nehmen Sie die polizeiliche Kriminalstatistik von 2018, präsentiert von Herrn Kickl selbst, niedrigste Kriminalitätsrate seit 1999. Wir haben einen Rückgang von 190.000 auf 169.000 Delikte gehabt, Aufklärungsquote gestiegen. Wir haben den Diebstahl minus 12,4 Prozent, Einbruchsdiebstahl minus 20,3 Prozent, Kfz-Diebstahl minus 22,9 Prozent, Diebstahl von PKWs minus 30,4 Prozent, Einbruchsdiebstahl in Kfz minus 28 Prozent, und so weiter, und so weiter. Probleme haben wir bei der Wirtschaftskriminalität, wo es sehr viel um Betrug geht, wo wir auch immer mehr und verstärkter den Internetbetrug und Cyberkriminalität haben. Die Gewaltkriminalität ist beispielsweise rückläufig, minus 8,9 Prozent, Raub an öffentlichen Orten minus 9,5 Prozent und Körperverletzungen sind um 9 Prozent zurückgegangen. Ein Problem, das wir tatsächlich zusätzlich gehabt haben, waren die Attacken gegen Frauen. Da wissen wir alle, was wir tun, den White Ribbon (auf den Anstecker auf dem Revers seines Sakkos deutend) habe ich da nicht umsonst für diese Sache drauf. Ich glaube, da liegt unser besonderer Schutz als Stadt Wien, wenn wir zum Beispiel mit dem neuen fünften Wiener Frauenhaus die entsprechende Unterstützung geben. Ich glaube, dass das ganz wichtige Maßnahmen sind, die wir haben wollen und die wir letztendlich auch haben müssen, um unsere Frauen auch besser zu schützen. Die Zusammenarbeit mit der Staatspolizei funktioniert hervorragend. Das Projekt "Gemeinsam sicher" ist eine tolle Sache. Die Kooperation der Polizei mit der U-Bahn-Aufsicht, aber auch mit den ÖBB funktioniert in dieser Stadt ganz hervorragend. Was brauchen wir in der Richtung auch vom neuen Innenminister, der ja jetzt noch seine 100 Tage Schonfrist genießen darf? Er hat uns ja ein Mehr an Personal versprochen, und an diesem Mehr an Personal werden wir den neuen Herrn Innenminister letztendlich auch entsprechend messen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das hat der Kickl ... gemacht!) Das wird ganz wichtig sein. Wir brauchen die neuen Beamten nicht dafür, dass die Stadt Wien im Kriminalitätsbereich sicherer wird. Nein, wir brauchen Sie, wie Kollegin Berner gesagt hat, für den Straßenverkehr, wo wirklich Regeln manchmal gar nicht mehr eingehalten werden. Das muss man ganz offen sagen. Wir brauchen sie für Präventionsarbeit in Schulen und Kindergärten. Dafür brauchen wir die Polizei und auch für das Sicherheitsgefühl, dass wir diese hervorragenden Zahlen, die wir in Wien haben, die sich übrigens im Jahr 2019 weiterhin bestätigen und fortsetzen, in Zukunft auch entsprechend halten und diesen Trend, den wir da haben, auch weiter nutzen können. Das ist wichtig. Was ist das Sichere an Wien? Ich glaube, das beweist es ganz eindeutig: Wenn wir uns heute im Gesundheitsbereich ansehen, wie die Stadt Wien mit dem Coronavirus umgeht, das ist Sicherheit für die Bevölkerung, dass sie weiß, wenn eine gefährliche Lage kommt, ist diese Stadt für sie da. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wien ist die sicherste Großstadt dieser Welt! Das ist ganz eindeutig, das garantiert unser Bürgermeister. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich kann Ihnen versichern, der Bürgermeister hat ein Auge drauf! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Abg. Handler hat seine Wortmeldung zurückgezogen, daher ist Frau Abg. Mag. Emmerling die nächste Rednerin. - Bitte. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Maßnahmen gegen sicherheitsgefährdende Entwicklungen war das Thema, das hier heute eingebracht wurde, und man hat auch schon in der ersten Wortmeldung gehört, dass das Sicherheitsthema ein bisserl die Debatte über Sicherheit im Bezug darauf überlagert, wie wir über Menschen in dieser Stadt sprechen und wie wir mit Menschen in der Stadt umgehen. Wir sprechen nämlich auch von Menschen, die Teil unserer Gesellschaft sind, die hier leben, die natürlich ihre Daseinsberechtigung haben und die meistens - wenn wir gerade das Bettelverbot oder das Alkoholverbot ansprechen - durch unglückliche Umstände in eine Lage gekommen sind, die sie sich so sicher nie ausgesucht hätten und aus der sie auch schwer wieder herauskommen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: ... nach Österreich kommen!) Es beginnt oft mit Jobverlust, einer Scheidung, Wohnungsverlust (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Haben Sie sich die Leute schon einmal angeschaut?), in der Folge Obdachlosigkeit, Alkoholmissbrauch. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Die kommen aus dem Osten!) - Die leben dann trotzdem hier. Ich glaube, als Maßnahme an allererster Stelle steht für mich als Antwort auf die Frage zu Ihrer Aktuellen Stunde die Akzeptanz dieser Menschen, die Akzeptanz und keine Bewertung darüber, dass es Menschen gibt, die in anderen Situationen sind als wir und eben genauso akzeptiert werden müssen. (Beifall bei den NEOS.) Und da glaube ich auch, dass Verdrängen und Wegschauen keine unbedingte Lösung ist. (Weitere Zwischenrufe von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) - Sehr geehrter Kollege, Sie können sich danach gerne zu Wort melden. Ich möchte nur meine Gedanken mit Ihnen teilen, auch wenn Sie damit nicht einverstanden sind. Ich glaube, bestimmte Menschen, eine Gruppe von Menschen aus unserer Wahrnehmung herauszunehmen, ändert eben nichts an deren Situation. Wenn wir sagen, Alkoholverbot, Alkohol trinkende Menschen haben zum Beispiel am Praterstern nichts verloren, dann gibt es sie trotzdem! (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Nein!) Und dadurch, dass wir sie nicht mehr sehen, sind sie nicht weg. Ich weiß schon, das hat mit dem Sicherheitsgefühl zu tun und ich bin auch der Überzeugung, dass es für die Verwendung des öffentlichen Raums Bedingungen gibt, die eingehalten werden müssen. (Abg. Armin Blind: Gebote oder Verbote?) Aber zu sagen, es gibt ein Verbot und da schauen wir weg, es wird verdrängt, ist sicher nicht die Lösung. Bedingungen, die da aufgestellt werden: Ganz klar, dass wir Unterstützung bieten und vor allem eine bestmögliche Zusammenarbeit zwischen Polizei und Sozialarbeit ermöglichen, dass wir flächendeckende Angebote für individuelle Hilfe haben. Nicht jede Maßnahme wird von jedem Menschen gleich angenommen. Es braucht da viel persönliche Betreuung, auch über einen längeren Zeitraum, einen langfristigen Beziehungsaufbau, nur so kann aufsuchende Sozialarbeit auch gelingen. Diese Menschen, die man weg von der Straße haben will - ich sage es noch einmal -, sind wahrscheinlich auch nicht in der Situation, dass sie sich super wohlfühlen und sagen, ja, hurra, das möchte ich so weiter mein Leben lang machen. Ich glaube, die wurden auch einmal als Kind in eine Familie geboren, oder vielleicht in unglücklichere Umstände, aber sicher nicht mit dem Ziel, wie Sie es vielleicht darstellen wollen, dass sie so leben wollen. Das Lebensmodell war auch für diese Menschen ein anderes, aber sie sind nun einmal in dieser Situation. Und deswegen glaube ich, dass wenn wir Maßnahmen bezüglich dieser Entwicklungen angehen müssen, dann sind es erstens die Akzeptanz dieser Menschen, dass wir eine gute Zusammenarbeit zwischen Polizei und Sozialarbeit haben, dass wir ... (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Wer sich rechtswidrig verhält ...) Von Rechtswidrigkeit sprechen wir jetzt gar nicht, da haben wir das Strafgesetz, das ist wieder eine ganz andere Geschichte. Wir haben momentan kein Alkoholverbot, also wird es da auch nicht überschritten. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Oh ja, Sie haben das Problem nicht erkannt!) Flächendeckende Angebote, individuelle Hilfe, Schaffung von Tageszentren und auf jeden Fall muss die Politik - und das ist in unserer Verantwortung - Rahmenbedingungen für NGOs schaffen, damit diese tätig werden und diese Tätigkeiten ausführen können, aber natürlich auch, und das wurde hier auch schon erwähnt, mit einem sozialen Netz dafür zu sorgen, dass versucht wird, ein Hineinschlittern in solche Situationen zu verhindern. Zu guter Letzt, ich glaube, das ist der Schlüssel - ich habe dieses Kind angesprochen, das irgendwann geboren wurde, sicher nicht mit dem Ziel, irgendwann auf der Straße zu leben oder sich dem Alkohol hinzugeben -, müssen wir jedem Kind, sei es in Österreich geboren oder nach Österreich gekommen, die gleichen Bildungsmöglichkeiten weitergeben, die gleiche Chancen, denn dass Bildung vererbt wird, ist leider immer noch eine Tatsache, und das muss aufhören! Danke. (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Mag. Juraczka zu Wort gemeldet. - Bitte. Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! "Mehr Sicherheit im öffentlichen Raum - welche Maßnahmen kann das Land Wien zur Vermeidung sicherheitsgefährdender Entwicklungen unternehmen?" - Eine berechtigte Frage mit einer relativ einfachen Antwort: eine ganze Menge. Wir wissen nämlich, dass Sicherheit, auch die innere Sicherheit, den Menschen ein riesengroßes Anliegen ist. Und wir wissen, dass die Aktivitäten diesbezüglich in Wien oftmals sehr halbherzig geführt werden. Ja, es gab beispielsweise das von seinem Vorgänger noch lang nicht umgesetzte, und dann vom Bürgermeister Ludwig umgesetzte Alkoholverbot am Praterstern. Es wurde damals gemeint, es wird evaluiert. Auch dazu haben wir schon einiges gehört, aber es gab dann immer wieder Ankündigungspolitik, der keine Taten gefolgt sind. Man stellt sich die Frage, denn irgendwie wirkt das so ein bisschen, halb zog sie ihn, halb sank er hin. Der Bürgermeister wäre, so könnte man glauben, Gefangener zwischen zwei Welten, vielleicht zwischen den Modellen Franz und Hans-Peter, so wie es am Wochenende war: Franz Schnabel oder Hans-Peter Doskozil. Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist es aber so, dass es gerade bei uns in Wien einiges zu tun gäbe. Jetzt kann man natürlich antworten: Wien ist doch so eine sichere Stadt. Das kommt bei diesen Diskussionen immer, einerseits zu Recht, andererseits natürlich als Killer-Argument, um sich dieses Themas anzunehmen. Meine Damen und Herren, damit das so bleibt, ist es unsere verdammte Aufgabe, dieses Thema hier zu thematisieren, damit Wien auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten diese sichere Vormachtstellung auf diesem Kontinent hat. (Beifall bei der ÖVP.) Aufgaben dazu gibt es zur Genüge. Schauen wir uns doch nur das Aufkommen ganz neuer Deliktformen an - es ist auch dazu schon einiges gesagt worden - und wie wir damit umgehen, in der Prävention, in der Aufklärung, in der gesamten Handhabe. Oder schauen wir uns das Thema Gewalt in ganz neuen Umfeldern an. Auch dazu ist in den letzten Monaten und Jahren einiges angefallen. Denken wir nur beispielsweise an Gewalt in den Schulen, wir haben alle noch die erschreckenden Bilder vor uns, als sechs - auch körperlich sehr stämmige - Schüler einen viel schmächtigeren Lehrbeauftragten in einer Schule in Ottakring attackiert haben. Das Traurige ist - aber da mache ich jetzt nicht einmal den zuständigen Stadtrat oder den zuständigen Bildungsdirektor alleine verantwortlich, leider Gottes haben auch Gerichte so entschieden -, dass derartige Aggressoren dann in die Schulbank zurückkommen dürfen. Allerdings, wie man damit umgeht, und das sieht man ja jetzt, nachdem sich wieder ein Lehrer aus dieser Schule zu Wort gemeldet hat, der meint, die Zustände an den Schulen hätten sich noch nicht wesentlich gebessert, da werden sehr oft die Augen verschlossen. Ein anderes Beispiel - Herr StR Hacker ist jetzt leider nicht mehr im Saal, es würde ihn betreffen -: Gewalt in den Spitälern. Wir hatten erst letztes Jahr im Juli eine Situation, dass im Kaiser-Franz-Josef-Spital ein Arzt niedergestochen wurde und im Zuge dieses Vorfalles gab es unter den Mitarbeitern in den Spitälern des KAV eine Umfrage mit einem ernüchternden Ergebnis, meine Damen und Herren: 84,5 Prozent des Personals dort wurde bereits ein Mal oder mehrfach Opfer von Aggression und Gewalt. Dieses Problem ist wahrlich nicht vom Himmel gefallen, meine Damen und Herren! Es gibt einen Stadtrechnungshofbericht aus dem Jahr 2015, der ganz klar feststellt, dass es kein Sicherheitskonzept im KAV für Wiens Spitäler gibt. Das kommt nicht von der Opposition, das kommt vom Rechnungshof der Stadt Wien aus dem Jahr 2015, vor fünf Jahren! Wenn Sie sich fragen, was es 2020 noch immer nicht gibt: Völlig richtig, genau dieses eingeforderte Sicherheitskonzept! Und da frage ich mich schon, meine Damen und Herren, wie Sie als Vertreter der Regierungsfraktionen hier heraustreten und wirklich vollmundig behaupten können, es sei alles in Ordnung. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ende kommen, aber eines sei schon gesagt: Sie spielen da, wenn Sie nicht schneller agieren, in den Bereichen, wo Sie sehr wohl Verantwortung für die Sicherheit haben, mit der Sicherheit der Wienerinnen und Wiener, oder wie im konkreten Beispiel mit den MitarbeiterInnen der Stadt Wien. Wien braucht klare Zuständigkeiten. Ich verweise auf die Zuständigkeit in der Stadtregierung, auf den von uns lange geforderten Sicherheitsstadtrat. Und Wien braucht Effizienz und Entlastung bei der Polizei, eine kommunale Ordnungstruppe. Ob man sie Ordnungsamt wie in Deutschland oder Stadtwache, wie von uns einmal gefordert, nennt, das ist nicht das Thema. Wir müssen uns aber gerade in einer Millionenstadt den Herausforderungen stellen, um weiter so eine sichere Stadt wie Wien unser Eigen zu nennen. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Kunrath zu Wort gemeldet. - Bitte. Abg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe BesucherInnen und liebe Gäste via Screen! Ich möchte gleich damit anfangen, was Herr Juraczka gesagt hat: (StR Maximilian Krauss: Der Koalitionspartner Juraczka, nicht der Herr Juraczka!) Es wird behauptet, es ist alles in Ordnung. Nein, es ist nicht alles in Ordnung, aber wir spielen eben nicht mit diesem Thema. Wir spielen nicht mit dem Thema Sicherheit, wie Sie das glauben. Dazu ist es uns zu ernst, und das beweist, dass der Bürgermeister die Zuständigkeit hat, wer als Sicherheitsverantwortlicher in diesem Land die Sicherheit in diesem Land macht. (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Euer Innenminister Nehammer!) Mehr Sicherheit im öffentlichen Raum (Zwischenruf bei der FPÖ.) und welche Maßnahmen braucht es, um in Wien etwas zu tun? Ich glaube, wir sollten uns einmal fragen, was dieser Begriff Sicherheit denn da bedeutet: Bessere und sichere Verkehrsmaßnahmen, ein ganz wesentlicher Faktor, wenn wir uns anschauen, wie viele Verkehrstote es pro Jahr gibt, wenn wir uns anschauen, wie so manche Autofahrerin und Autofahrer im freien Verkehr umgehen. Dankenswerterweise hat da VBgm.in Hebein das Rechtsabbiegeverbot für LKWs, wenn sie keine entsprechende Anlage haben, erlassen. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Haben wir nicht eine grüne Infrastrukturministerin?) - Ja, haben wir auch. Angstfreie Räume schaffen, ist zum Beispiel etwas, was wir für ganz wesentlich erachten, helle Durchgänge und mehr Licht in dunklen Gassen, das haben wir zum Beispiel am Praterstern in dem Moment gemacht, als dort eine neue grüne Bezirksvorsteherin war. Wir haben dort mehr Licht geschaffen, mehr Lichtwerte erreicht und klare Einsicht in die Parks gegeben. Es geht um ganz klare Formen von Sicherheit, dass sich Leute weniger fürchten müssen, und manche haben möglicherweise mehr Angst, wenn sie jene von Frau Kollegin Berner zitierten Menschen sehen, die dann mit Käppis durch die Stadt randalieren. Ein Polizist gibt Sicherheit, viele PolizistInnen machen Sorgen. Das ist sehr oft der Satz, den wir hören. Wenn irgendwo viele Polizisten sind, ist die erste Frage: Was ist passiert, warum sind da so viele, welche Sorgen muss ich mir da machen, welche Ängste muss ich haben? Genau darauf müssen wir eingehen und genau da müssen wir eine gute Ebene schaffen, um nicht zu viel und nicht zu wenig zu haben. Es ist keine Frage, eine gut ausgestattete und gut ausgebildete Polizei gibt mehr Sicherheit, als wenn es nur eine Schlägertruppe in Uniform ist. Gott sei Dank haben wir das in Österreich nicht, im Gegensatz zu anderen Ländern, wo Menschen auf Grund ihrer Herkunft, ihrer Religion oder sonstigen Formen der Diskriminierung verletzt und von Seiten der Polizei anders behandelt werden. Da wollen wir klar entgegentreten. Ich habe hier auch noch gemeinsam mit Frau Abg. Berner ein Blatt mitgebracht, weil von Seiten der FPÖ immer davon gesprochen wird, es würde alles so viel schlimmer und alles so viel schlechter sein. Ich möchte (eine vorbereitete Tafel in die Höhe haltend) nur einmal ein paar Statistikpunkte bringen: Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben:1990 war das da, nämlich bei knapp 26.000 Fällen, wir reden von Verurteilungen, nicht nur von Anzeigen. Da sind jetzt die strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben 2018 gewesen, also nur mehr 18 Prozent des damaligen Wertes. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: 2018 - der beste Innenminister aller Zeiten!) So viel dazu, dass die Sicherheit fällt und es gibt immer mehr Kriminalität, das wurde ja heute schon von einem Ihrer Kollegen vom DAÖ gebracht (Zwischenruf bei der FPÖ.), dass wir da irgendwie etwas anderes haben. Dann gegen fremdes Vermögen, weil ja auch immer wieder gesagt wird, alle stehlen alles: Das waren 1990 knapp 26.000 und dann 2018 knapp 10.000 oder 15.000, wir reden also die ganze Zeit von entsprechenden Fällen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) - Ich glaube nicht, dass Herbert Kickl in seinen 17 Monaten da Wesentliches bewirkt hat, aber man kann sich das gerne anschauen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Man wird feststellen, die großen Sprünge waren nicht bei Herbert Kickl. (StR Maximilian Krauss: Wann kommt die Sicherheitshaft?) - Gar nicht (Heiterkeit bei der FPÖ.), denn es braucht eine Verfassungsänderung, das wissen Sie wie ich, Herr Krauss (StR Maximilian Krauss: Ja, aber wir ...), und dementsprechend werden wir auch weiterhin für mehr und für eine vernünftigere Sicherheit in dieser Stadt sorgen! Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Mahdalik zu Wort gemeldet. - Bitte. Abg. Anton Mahdalik (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Ich wollte mich zuerst auch streichen lassen, weil ja die Aktuelle Stunde nicht so wirklich wichtig ist und weil man eh Redner zum Saufüttern hat - man darf ja viele nennen -, aber nachdem die Kollegen Hursky und Kunrath ans Rednerpult getreten sind und die Arbeit unseres ehemaligen Innenministers Herbert Kickl über den Klee gelobt haben, habe ich mir gedacht, ich komme heraus und sage Danke für den Einser mit goldenem Sternderl, er hat in vielen Bereichen viel bewirkt! (Beifall bei der FPÖ.) Wenn ich aber schon da bin, rede ich vielleicht ein bisschen über die berittene Polizei, die ja der Kollege Hursky auch angeschnitten hat. Wie wir gelesen haben, hat München vor, die berittene Polizei aufzustocken und Bayern will überhaupt in Zukunft alle Städte über 100.000 Einwohner mit einer berittenen Polizeieinheit ausstatten, so wie etwa Augsburg, Regensburg, Würzburg, Nürnberg, Fürth und Ingolstadt - das ist nur einmal Bayern. In Deutschland gibt es ja schon einige Städte mit berittener Polizei - Hamburg, Berlin. Und warum machen sie das alles? Weil sie blöd sind oder weil sie irgendwo ein paar Pferde zu viel umeinanderstehen haben? Diesen Eindruck hat man, wenn man Rot und Grün hier reden hört, und leider auch die ÖVP, die ja in einem Revanchefoul dieses blaue Projekt oder eigentlich das Projekt der Regierung jetzt im Nachhinein abgedreht haben -, natürlich nicht, weil es blöd ist, sondern weil es ein deutliches Plus an Sicherheit für die Bevölkerung bringt, weil es Sicherheit vermittelt und weil der Einsatz einer berittenen Polizeieinheit deeskalierend wirkt. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn es in Wien schon eine berittene Polizei gäbe, hätte sich vielleicht die am Freitag stattgefundene Vermittlungstätigkeit der Vizebürgermeisterin erübrigt, die ja rein zufällig - aber wem ist das noch nicht passiert - in eine Gruppe Steine werfender Chaoten geraten ist, die von der Polizei eingekesselt worden ist. Mir passiert das in Eßling fast jeden Tag (Heiterkeit bei der FPÖ.), also ich bin ihr da nicht böse. Ja, das hätte sich vielleicht erübrigt und vielleicht wäre überhaupt kein Stein geflogen, wenn eine berittene Polizei vor Ort gewesen wäre, denn eines muss man schon wissen: Gegen einen Steinwurf (Abg. Nikolaus Kunrath: Es ist kein Stein geflogen!) hilft auch keine Armlänge Abstand, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Es ist aber eine Spezialität von grünen Abgeordneten auf allen Ebenen bei Demos vermittelnd und deeskalierend zu wirken. Kollege Reimon zum Beispiel hat ja auch schon vermittelnd und deeskalierend gewirkt, das hat er zumindest gesagt. Dann ist ein Video aufgetaucht, in dem er offenbar gerade einen Touretteanfall gekriegt hat, Nase an Nase mit einem Polizisten gestanden ist und ihm seine Plomben gezeigt hat. Also gar so deeskalierend hat das auf mich nicht gewirkt, aber vielleicht kommen noch andere Beispiele. Darum sagen wir: Eine berittene Polizei wäre in Wien auch dringend notwendig, dann habt ihr weniger Arbeit beim Deeskalieren! (Beifall bei der FPÖ.) Es gibt noch zahlreiche andere Städte auf der ganzen Welt, man braucht nur in die Schweiz zu gehen - Bern, St. Gallen -, Deutschland habe ich eh schon aufgezählt, in Rom, New York, San Francisco, und so weiter, und so fort, sicher nicht, weil sie alle einen Sprung in der Schüssel haben oder weil sie zu viel Geld in der Stadtkassa liegen haben, sondern weil eine berittene Polizeieinheit im Sinne der Bevölkerung einfach sinnvoll ist. Sinnvoll wäre auch ein Verbot der gewerbsmäßigen, der organisierten Bettelei. Das weiß auch die SPÖ, StR Hacker hat es irrtümlich einmal in einem Anfall von politischer Wahrheitsliebe öffentlich gesagt. Er ist gleich zurückgepfiffen worden, aber natürlich wissen SPÖ und GRÜNE ganz genau, dass sie weiterhin die Schutzherren der osteuropäischen Bettelmafia geben, die die Ärmsten der Armen unseres Kontinents auf mieseste Art und Weise ausnutzen und benützen, und das ist wirklich schäbig. Herr Bürgermeister, bessern Sie sich! (Beifall bei der FPÖ.) Darum würde ich mir mehr als Lippenbekenntnisse erwarten. Es ist heute schon angesprochen worden: Waffenverbot für ganz Wien, für Österreich, für die ganze Welt, das ist einmal schön dahingesagt, passiert ist nichts. Gegen die Bettelmafia wird ebenfalls nichts unternommen und alle freuen sich wie die kleinen Kinder, dass die sinnvolle Idee einer berittenen Polizeieinheit in Wien von Grün, Rot und Schwarz abgedreht wurde. Ihr solltet euch wirklich genieren! (Abg. Mag. Barbara Huemer: Sie sollten sich genieren!) Das hat sich die Wiener Bevölkerung nicht verdient! (Abg. Mag. Barbara Huemer: Sie sollten sich genieren!) Danke. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als letzter Redner dieser Aktuellen Stunde ist Herr Abg. Mag. Schober zu Wort gemeldet. - Bitte. Abg. Mag. Marcus Schober (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Mahdalik, vielleicht sollten Sie einmal nachdenken: Wenn bei einer berittenen Polizei alle dagegen sind, vielleicht war das nicht so eine vife Idee. Sie sind ja von Ihrer Fraktion immer gerne dabei, wenn es um Steuerverschwendung geht, und ich weiß schon, dass in den 2,4 Millionen EUR, die das ganze Wahnsinnsprojekt Pferd gekostet hat, sehr viel Personalkosten drinnen sind. Ich hätte mir die Polizisten und Polizistinnen lieber auf Wiens Straßen gewünscht, als da ein Prestigeprojekt eines Innenministers umzusetzen, das wirklich vollkommen sinnlos war. Also hören Sie bitte mit den Pferden auf! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Anton Mahdalik: Frau Kopietz!) Ich weiß ja gar nicht, wo ich anfangen soll: Kollege Haslinger von der FPÖ hat mit Betteln und Bettelverbot angefangen, Sie kommen zu den Pferden. Ich bin Kollegen Ulm sehr dankbar, dass er sehr sachlich hergeleitet hat, was in Wien schon alles passiert ist und auch Kollegin Emmerling, die es angesprochen hat, dass es sich bei den Menschen, die in organisierter Kriminalität auf der Straße sind, primär um menschliche Schicksale handelt. Es gibt da natürlich auch eine Verantwortung, dass wir die Hintermänner finden, und deswegen, Kollege Juraczka, wir spielen da nicht mit der Sicherheit, sondern das ist etwas, wo wir zusammenarbeiten müssen. Also wenn ich ehrlich bin - weil Sie die Zustände in Wien ansprechen -, würde ich mir eher wünschen, dass Wien die Polizei übernimmt oder übernehmen könnte, denn dann würden die PIs auch so ausschauen wie unsere Feuerwehren, dann hätten die Beamten dort auch ein dementsprechendes Arbeitsumfeld, in dem sie arbeiten können. Da kann man vielleicht den neuen Innenminister heranziehen, dass er auch in Wien schaut, dass da investiert wird, denn unsere PIs sind in einem sehr schlechten Zustand und da sollten Sie einmal schauen, dass Sie auf Bundesebene etwas weiterbringen. (Beifall bei der SPÖ.) Vielleicht kommen wir zum Sachlichen: Wenn es um Sicherheit geht, haben wir seit 20 Jahren die niedrigste Kriminalität in unserer Stadt, die wir jemals verzeichnet haben. 2019 sinken die Zahlen weiter. Wir sind die sicherste Metropole der Welt, das ist etwas, was wir mit Stolz sagen können. (Abg. Anton Mahdalik: Danke, Herbert!) Nachdem auch so viele Statistiken hergezeigt werden: Natürlich schaut eine Statistik in der Stadt anders aus. Wenn Sie sich mit dem ländlichen Raum beschäftigen, ist es dort so: Wenn sich der Karli und der Joschi nach dem Kirtag eine runterhauen, passiert dort meistens keine Anzeige, weil es da um eine Beziehung geht und die nachher auch miteinander leben wollen. In der Stadt ist es natürlich so, dass viel mehr Anzeigen da sind. Dafür ist auch die Anonymität verantwortlich, dass wir in der Stadt auch dementsprechend mehr Anzeigen haben. Die Anzeigen sinken aber die letzten 20 Jahre kontinuierlich und das hat sehr viel mit der Politik in dieser Stadt zu tun. Vielleicht noch einige Dinge, was ältere Menschen betrifft: Je mehr ältere Menschen in einer Stadt oder im Umfeld wohnen, desto geringer ist die Kriminalität. Und ein Fakt ist: Armut und Arbeitslosigkeit führen zu Gewalt und Unsicherheit. Wenn wir das bekämpfen, ist das einmal der wichtigste Fakt, um eine sichere Stadt zu haben. Ehrlich gesagt, unser gemeinsamer Auftrag hier herinnen ist es, dass wir das subjektive Sicherheitsgefühl der Wiener und Wienerinnen stärken. Und das würde ich mir auch von Ihnen wünschen, wenn Sie sich hier herausstellen, dass wir einmal wirklich über Fakten reden. Ich nehme jetzt nur den Eurobarometer, da gibt es eine wunderbare Statistik von 1996 bis jetzt. Damals hat man gefragt: Wie sicher fühlen Sie sich, wenn Sie vom Arbeitsplatz nach Hause gehen und das Ganze zu Fuß machen? Da hat sich das Sicherheitsgefühl überhaupt nicht verändert. Das Einzige, das leider gleich geblieben ist, dass Frauen sich in unserer Stadt noch immer unsicherer fühlen. Und Kollege Kunrath hat das richtig gesagt, wenn ich die Angsträume nehme, wenn ich dementsprechende Maßnahmen setze, dann können wir auch da dagegenhalten. Ich komme vielleicht noch einmal zur FPÖ, weil Kollege Haslinger eine Bachelorarbeit hergezeigt hat. Es gibt auch wunderbare Studien zur FPÖ und zu FPÖ-Wählern und -Wählerinnen, die sich nämlich am unsichersten von allen Wählern und Wählerinnen fühlen, und vielleicht liegt das auch daran, wie Sie mit Ihren Wählern und Wählerinnen reden. Sie haben auch eine Verantwortung, wenn Sie bei Bierzelt- oder Wahlkampfreden mit den Wienern und Wienerinnen sprechen. So würde ich Sie bitte anhalten, dass Sie bei der Wahrheit bleiben und nicht sagen, dass Wien eine der unsichersten, furchtbarsten, die Ostkriminalität unterstützenden Städte ist. Wenn Sie bei den Fakten bleiben, dann würden wir auch bei der subjektiven Sicherheit dementsprechend besser werden. Das ist eine Verantwortung, die wir haben, denn ich bin der tiefen Überzeugung, dass Sicherheit das einzige Thema ist, das man nicht parteipolitisch verwenden darf. Wir dürfen uns bei allen Fragen hier den Schädel einschlagen, aber bei der Sicherheit sollten wir zusammenhalten. Ich glaube, das ist bei Ihnen noch ein weiter Weg, dass Sie das auch ernst nehmen. Kollege Baron hat richtig gesagt, was uns beschäftigen sollte, ist Cyberkriminalität, Cybermobbing, Industriespionage und alle diese Dinge, die auf uns zukommen, da das Wien insofern mehr betreffen wird, als wir einfach UNO-Standort sind, als wir die meisten Headquarters haben, als sehr viel internationale Infrastruktur in Wien zu finden ist. Diese Angriffe werden also mehr werden. Da sollten wir uns mehr den Kopf zerbrechen, und wenn Sie schon ein Thema beantragen, dann wäre es auch super, wenn Sie zum Thema reden. - Sicherheit wäre das Thema gewesen! Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Wortmeldung. Damit ist die Aktuelle Stunde abgeschlossen. Wir kommen nun zum nächsten Tagesordnungspunkt, der Mitteilung des Herrn Landeshauptmanns: Österreich ist vor 25 Jahren der Europäischen Union beigetreten, damit auch ein entscheidender Punkt für die Stadt Wien. Ich ersuche Herrn Landeshauptmann um seine Mitteilung. Lhptm Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Werte Mitglieder des Hohen Landtages! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat ist der Anlass für meine Mitteilung ein historischer. Im Juni 1994 hat eine deutliche Mehrheit der österreichischen Bevölkerung bei einer Volksabstimmung entschieden, dass die Republik Österreich der Europäischen Union beitreten soll. (Die EP-Abgeordneten Sarah Wiener, Mag. Andreas Schieder und Harald Vilimsky nehmen die für sie vorgesehenen Sitzplätze in der Nähe des Rednerpults ein.) Dieser Beitritt ist vor 25 Jahren am 1. Jänner 1995 erfolgt und war nicht zuletzt auch Ergebnis eines längeren Diskussionsprozesses über die Entwicklung Österreichs in einem gemeinsamen Europa. Viele von uns können sich noch erinnern, wie der Wiener Bürgermeister Helmut Zilk das Fundament für eine weltoffene Stadt gelegt hat, und dieses Fundament ist von seinem Nachfolger Dr. Michael Häupl ausgebaut worden. Schrittweise ist die Hauptstadt Österreichs Wien zu einer Metropole in Europa geworden, mit dem Ziel, nicht nur weltoffen zu sein, sondern auch Begegnungsstätte unterschiedlicher Nationen, unterschiedlicher Länder, die sich in Wien treffen, um beispielsweise auch über die Zukunft unseres Kontinents zu diskutieren. Warum dieser Schritt ein wichtiger war, ist aus mehreren Gründen zu definieren: Zum einen ist Österreich als kleines Land gefordert gewesen, darüber nachzudenken, wie man im internationalen Wettbewerb bestehen kann. Das war ein Grund. Ein zweiter, auch für die Entscheidung vieler Österreicherinnen und Österreicher sehr wichtiger Grund war zweifellos der Umstand, dass ein gemeinsames Europa auch für Frieden auf unserem Kontinent steht. Die Entscheidung ist sicher auch dadurch befeuert worden, dass Anfang der 90er Jahre während der Balkan-Kriege durch heftige kriegerische Auseinandersetzungen in unmittelbarer Nähe der österreichischen Grenze viel Elend über die Menschen gekommen ist. Das heißt, wir haben verspürt, wie schnell auch das sehr labile Gleichgewicht gefährdet sein kann und bemerkt, wie wichtig es ist, Friedenssicherung in einem gemeinsamen Europa vorzunehmen. Im Übrigen war damals, als in unmittelbarer Nähe der österreichischen Grenze Panzer gerollt sind, auch die Zustimmung zum österreichischen Bundesheer eine sehr große, und ich möchte die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, darauf hinzuweisen, wie wichtig die Arbeit des österreichischen Bundesheeres ist. Es gibt die Notwendigkeit der politisch Verantwortlichen, auch die entsprechenden Ressourcen für das österreichische Bundesheer zur Verfügung zu stellen, um auch diesen wichtigen Beitrag der Friedenssicherung zu leisten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN sowie von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Ein Grund war aber sicher auch die unmittelbare Vergangenheit Österreichs. Gerade gestern haben wir den Internationalen Holocaust-Tag begangen. Dieser Tag erinnert an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz und ist damit auch eine Erinnerung an die Verbrechen des NS-Regimes, die vor allem im schrecklichsten Menschheitsverbrechen, im Holocaust, in der Shoah gemündet haben, in dem Versuch, das gesamte europäische Judentum zu vernichten, Roma und Sinti zu verfolgen, Menschen, die andere Lebensentwürfe gestaltet haben, aber auch politisch Andersdenkende. Wir, das offizielle Österreich - es waren auch Landtagsabgeordnete aus Wien mit dabei - haben gestern gemeinsam mit dem Bundespräsidenten a. D. Dr. Heinz Fischer und der neuen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner in der Roßauer Kaserne, bei einer der wichtigen Kasernen der Wiener Polizei, aber auch des österreichischen Bundesheeres, eine Ergänzung des Namens vorgenommen, nach zwei Persönlichkeiten, die im NS-Regime Widerstand geleistet haben: Zum einen nach Anton Schmid, der in Wilna als Feldwebel der Wehrmacht vielen jüdischen Menschen das Leben gerettet hat - ich kann Sie alle nur einladen, sich die Dokumentation, die der ORF zusammengestellt hat und die morgen, Mittwoch, das erste Mal ausgestrahlt werden wird, anzusehen, die daran erinnert, unter welch schwierigen Bedingungen Menschen mit großem Risiko ihren Einsatz geleistet haben, um Mitmenschen zu retten -; und zum Zweiten nach Robert Bernardis, einem Offizier der Wehrmacht, aus Österreich kommend, der am Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt war und auf brutale Art und Weise hingerichtet worden ist. Irrtümlich wurde gestern darauf hingewiesen, dass er der einzige Österreicher war, der an diesem Attentatsversuch beteiligt war. Das stimmt nicht, ich habe persönlich noch die Gelegenheit gehabt, Major Karl Sokol kennen zu lernen, der ebenfalls an zwei Versuchen beteiligt war, ein selbstständiges Österreich zu retten, zum einen am 20. Juli 1944 und zum Zweiten bei der Operation Radetzky, bei der es darum gegangen ist, die völlige Zerstörung Wiens zu verhindern. Er hat mit Zufall und Glück die Schergen des NS-Regimes austricksen können und er konnte den Zweiten Weltkrieg überleben. Es ist ein Zeichen dafür, dass es Menschen gegeben hat, auf die wir uns nach 1945 berufen konnten, denn die Moskauer Deklaration, die 1943 von den Alliierten Mächten beschlossen wurde, hat vorgesehen, dass die Frage, wie mit Österreich nach Ende des Zweiten Weltkrieges zu verfahren sein wird, auch davon abhängen würde, inwieweit sich Österreich selbst an der Befreiung beteiligt hat. Es war wichtig, dass es diese Menschen gegeben hat, um darauf zu verweisen, dass Österreich auch selbstständig für ein freies - und wie sich später dann gezeigt hat, neutrales - Österreich im Herzen Europas eingetreten ist. Das sollten wir nie vergessen, und das war für viele vor allem der älteren Generation mit ausschlaggebend, sich 1994 zu entscheiden, für ein friedliches, ein gemeinsames Europa einzutreten. In Europa sind Vorleistungen getroffen worden, um zu zeigen, dass Kohle und Stahl, die wichtig für die Kriegsproduktion sind - wegen ihnen sind große Auseinandersetzungen geführt worden - in eine Hand zu legen sind. Das war auch die Wurzel des gemeinsamen Europa. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die vor allem Frankreich und Deutschland zusammengeführt hat, war in letzter Konsequenz auch mitentscheidend dafür, dass diese wichtigen, kriegswichtigen Kohle- und Stahlsektoren nicht im Kampf gegeneinander eingesetzt werden, sondern im Miteinander für ein gemeinsames Europa. Wir haben dann die Entwicklung verfolgt, die zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWG und zur Europäischen Atomgemeinschaft geführt hat. Das waren zweifellos Meilensteine auf dem Weg zu einem Vertrag über die Europäische Union. Und wenn heute junge Menschen, vor allem auch jene, die nach der Jahrtausendwende geboren worden sind, in einem freien, gemeinsamen Europa fernab von kriegerischen Auseinandersetzungen aufwachsen, ist das zweifellos auch auf diesen friedlichen Entwicklungsprozess der Europäischen Union zurückzuführen. Es ist eine Europäische Union, die geprägt ist durch vier Grundfreiheiten, die den Binnenmarkt in der Europäischen Union neu definiert haben, nämlich der freie Warenverkehr, der freie Personenverkehr, der freie Dienstleistungsverkehr und der freie Kapital- und Zahlungsverkehr. Das schafft Möglichkeiten, sich in einem gemeinsamen Europa frei zu bewegen und im Rahmen von Erasmus-Programmen das Miteinander nicht nur zu propagieren, sondern auch zu leben. Trotzdem war neben der Frage der Friedensgestaltung die Themenstellung des internationalen Wettbewerbs wichtig, denn wenn der Anteil der Europäischen Staaten an der Gesamtbevölkerung der Welt zurückgeht und auch die Wirtschaftsleistung Europas im internationalen Vergleich zurückgeht, dann sehen wir, wie wichtig es ist, dass wir auch gemeinsam in den verschiedensten Wirtschaftsbereichen zusammenarbeiten, um in diesem internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Trotzdem sollte man nicht verhehlen, dass es auch Rückschläge in diesem Prozess gibt. Der wahrscheinlich gravierendste Rückschritt im Bereich der europäischen Integration ist der sogenannte Brexit, der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Wenn man die Diskussion, die seit 2016 läuft, verfolgt, sieht man, dass es nie darum geht, was der Brexit Großbritannien oder der Europäischen Union bringt, sondern es geht im Wesentlichen darum, darüber zu diskutieren, wie eine Schadensbegrenzung zu erfolgen hat. Das ist, wie ich meine, schon ein Zeichen dafür, dass es eine Entwicklung ist, die für dieses gemeinsame Europa nicht von Vorteil sein kann. Wie notwendig es ist, gemeinsam Lösungen zu finden, zeigen vor allem jene Themenschwerpunkte, die die Menschen besonders emotionalisieren. Das ist nicht zuletzt das Thema der Migration. Wir alle wissen, dass die Migrationsfrage eine der ganz wichtigen Herausforderungen für ein gemeinsames Europa darstellt und dass das fehlende Commitment der Mitgliedsstaaten mit ein Grund dafür ist, dass es in der Tat zwischen den nationalen Staaten, aber auch innerhalb der Gemeinschaft zu großen und heftigen Diskussionen kommt. Diese Herausforderung wird nur gelöst werden können, wenn wir uns anschauen, welche Probleme es in den Herkunftsländern gibt, in jenen Ländern, aus denen die Menschen kommen, die zu uns flüchten, um aus den verschiedensten Gründen - das sind kriegerische Auseinandersetzungen, Konflikte, es sind aber auch die Umweltbedingungen in den Herkunftsländern - eine andere Lebenssituation bei uns vorzufinden. Die Frage ist, inwieweit wir als europäische Staaten einen Beitrag leisten können, um die Lebensbedingungen der Menschen in den Herkunftsländern zu verbessern. Ich habe vor Kurzem Gelegenheit gehabt, mit dem italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella über diese Frage zu diskutieren, weil Italien durch die geographische Lage ein besonders betroffenes Land ist. Es ist natürlich auch eine Frage der Solidarität in einem gemeinsamen Europa, wie die Migrationsfrage gelöst werden kann. Das wird nicht gegeneinander, sondern nur miteinander zu lösen sein. Was in diesem Zusammenhang verheerend wäre, ist, die Migrationsfrage mit Menschenrechtsfragen zu verbinden, denn es ist ein Kernanliegen des gemeinsamen Europa, Menschenrechte in den Vordergrund zu rücken. Ich möchte vielleicht an den Art. 2 des Vertrages über die Europäische Union erinnern und diese demokratischen Grundsätze der EU ganz kurz zitieren, die lauten: "Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedsstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet." Wenn man sich diese Menschenrechte vor Augen führt, dann haben die meiner Meinung nach vor allem für die Kinder zu gelten, die besonders von den Auswirkungen der verschiedensten Konflikte, wegen denen ihre Familien auch flüchten, bedroht sind. Sie sind am meisten betroffen, oft in materiell schwierigen Situationen, oft auch betroffen durch psychische und politische Rahmenbedingungen. Im Herbst 2019 haben wir 30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention gefeiert. Da möchte ich als Wiener Bürgermeister eines besonders betonen: Jedes Kind ist gleich viel wert. Jedes Kind verdient eine faire Chance, unabhängig davon, woher es kommt, welcher Religion es angehört oder wie hoch das Einkommen seiner Eltern ist. In Wien hat jedes Kind eine faire Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Mit mir als Bürgermeister wird das auch so bleiben. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN sowie von den EP-Abgeordneten Mag. Andreas Schieder und Sarah Wiener.) Ich bin stolz darauf, dass Wien die Stadt der Menschenrechte ist. Durch einen Gemeinderatsbeschluss im Dezember 2014 hat sich Wien zur Stadt der Menschenrechte erklärt. Kurz darauf, im September 2015, wurde das Menschenrechtsbüro der Stadt Wien eröffnet, das auch auf europäischer Ebene sehr intensiv die Positionen Wiens vertritt. Besonders durch die ganz starke Zusammenarbeit mit der in Wien ansässigen Agentur der Europäischen Union für Grundrechte kann das Menschenrechtsbüro dazu beitragen, dass Rechte wie der Schutz vor Diskriminierung oder der Zugang zur Justiz gefördert und geschützt werden. Da ist vor allem auch der internationale Zusammenhang ganz wichtig. Wien ist seit vier Jahrzehnten Sitz der Vereinten Nationen, im Übrigen auch vieler anderer internationaler Einrichtungen, die hier in Wien ihre Heimat gefunden haben. Ich möchte nur daran erinnern, dass das damals gar nicht so leicht war, die Vereinten Nationen in Wien ansässig zu machen, und dass es der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky war, der es trotz heftiger Widerstände geschafft hat, ein Konferenzzentrum zu errichten und damit auch sicherzustellen, dass wir zum einen Sitz der Vereinten Nationen sowie vieler internationaler Kongresse geworden sind und heute unter den Top-Veranstaltern großer internationaler Kongresse und Konferenzen gelten können. Es ist auch ein Aspekt oft unbeleuchtet geblieben, nämlich die große Rolle, die der damalige Wiener Bürgermeister Leopold Gratz in diesem Prozess gehabt hat. Auch durch seine ganz gezielte politische Arbeit vor Ort in New York hat er dazu beigetragen, dass die Vereinten Nationen nach Wien kommen. Das ist aus mehreren Gründen für uns wichtig, denn die Vereinten Nationen haben nur einen Sitz in der Europäischen Union, und der ist in Wien. Wir werden das auch mit vielen Ambitionen unserer, wie ich meine, sehr offensiven Stadtaußenpolitik, die wir betreiben, die Michael Häupl in die Wege geleitet hat und die wir mit großer Intensität weiterverfolgen, verbinden, nicht, um die nationale Außenpolitik zu konterkarieren, sondern - ganz im Gegenteil - diese zu ergänzen und zu begleiten. Ich bin überzeugt, dass viele Herausforderungen, die es zwischen den nationalen Staaten gibt, auf Grund guter Beziehungen zwischen den Städten wieder in Gang gesetzt werden können. Dass wir einiges einzubringen haben, haben wir in Wien bewiesen. Auch in einer schwierigen Phase der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008, wo wir, wie ich meine, bewiesen haben, wie wichtig es ist, dass Städte die Möglichkeit haben, wirtschaftliche, finanzielle Investitionen vornehmen zu können. Und dass wir seit 2009 durchgehend in verschiedenen internationalen Rankings die lebenswerteste Stadt sind, hängt damit zusammen, dass wir den Wirtschaftsstandort Wien stärken konnten, damit verbunden uns aber auch ganz stark für die Daseinsvorsorge eingesetzt haben. Dieser etwas sperrige Titel beschreibt alle unsere Ambitionen im Bereich des öffentlichen Verkehrs, des sozialen Wohnbaus, der Bildungs- und Kulturangebote, und vieles mehr. Es ist vor allem der Aspekt des Zusammenlebens, der Solidarität, der Wien auszeichnet und uns von anderen, oft gesichtslosen Metropolen unterscheidet. Dass wir zu jenen Städten zählen, die nicht wie andere in den 80er und 90er Jahren kommunale Dienstleistungen privatisiert haben, ist eine besondere Leistung, die zu erwähnen ist, denn es gibt in rund 20 Ländern der Europäischen Union in den letzten Jahren 700 Rekommunalisierungen. Das bedeutet, dass einst privatisierte Unternehmen der kommunalen Dienstleistungen wieder von den Städten zurückgekauft werden, oft mit großem finanziellen Einsatz. Wir sind diesen Weg in Wien nie gegangen, wir haben nie das Wasser privatisiert und verkauft, diese Diskussion wird manchmal auch parteipolitisch in Österreich und in Wien geführt, wir haben nie die Gemeindewohnungen privatisiert und wir haben in den vergangenen Jahrzehnten vor allem auch im Bereich des Umweltschutzes viele Aspekte gesetzt, um zu zeigen, dass Wien immer schon eine Umweltmusterstadt war. Michael Häupl war ja nicht nur lange Bürgermeister, sondern auch Umweltstadtrat. Er hat schon in den 80er Jahren Wien zur Umweltmusterstadt erklärt und viele Maßnahmen im Bereich der Abwasserentsorgung gesetzt, die bis heute international große Anerkennung gefunden haben. Aber wir sind auch sicher, dass uns dieser Weg im Energiesektor, im Wassersektor, im Abfallsektor viele Kosten - um diese Leistungen wieder zurückzukaufen - erspart hat und dass wir auch innerhalb der europäischen Städte zu jenen Musterbeispielen gehören, die deutlich machen, dass der Mensch - die Bürgerinnen und Bürger - im Mittelpunkt steht und nicht gewinnorientierte Unternehmen, die zwar den Aktienbesitzern helfen, aber nicht den Menschen, die in den Städten leben. Das ist auch unser Ziel, dass der Mensch auch in Zukunft im Mittelpunkt steht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN sowie von den EP-Abgeordneten Mag. Andreas Schieder und Sarah Wiener.) Oft wird die Frage gestellt: Was haben wir von der Europäischen Union? Wir zahlen immer ein, aber was haben wir davon, außer Frieden? Das ist für manche Menschen leider schon sehr abstrakt geworden. Ich habe vorhin versucht, zu betonen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist, aber ich kann, glaube ich, auch sehr deutlich machen, dass wir als Stadt Wien von Beginn an daran interessiert waren, durch die Umsetzung von Projekten innerhalb der Europäischen Union auch Leistungen zu finanzieren, die den Bürgerinnen und Bürgern sehr unmittelbar zu Gute kommen. Wir haben uns von Beginn an an den verschiedensten Strategien und Projekten der Europäischen Union beteiligt, ich möchte da stellvertretend vielleicht besonders die Donauraumstrategie erwähnen, mit der Wien im Zentrum Europas zu einem Nutznießer oder einem noch stärkeren Nutznießer werden kann, aber auch eigene Projekte umsetzen kann. Wir haben im Arbeitsmarkt mit Unterstützung des Europäischen Sozialfonds beispielsweise sehr konkrete Projekte finanziert, bei einem war ich selber auch persönlich mit dabei, nämlich beim Reparatur- und Service-Zentrum - R.U.S.Z., wo es darum gegangen ist, Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Durch die Finanzierung des Europäischen Sozialfonds war es möglich, mehr Menschen in dieses Projekt mit einzubeziehen. Aber es waren auch kommunale Projekte wie beispielsweise die Verschönerung des Gürtels - wir können uns noch erinnern, dass der damalige Stadtrat Hannes Swoboda gemeinsam mit Wolfgang Petritsch in diesem Projekt tätig war -, oder die Neugestaltung der Neulerchenfelder Straße, der Ottakringer Straße, des Johann-Nepomuk-Berger- Platzes, des Yppen-, Wallenstein- und Ilgplatzes, um nur einige Beispiele zu nennen. Und das gilt auch für die Nahversorgung in unserer Stadt, insbesondere auch für die finanzielle Unterstützung von Märkten, wie den Hannover-, den Kutschker- oder den Vorgartenmarkt, einfach um Grätzel zu beleben und zu zeigen, dass die Europäische Union nicht etwas Abstraktes ist. Man kann sehr deutlich machen, dass von der europäischen Ebene über den Nationalstaat bis hin zum kommunalen Bereich vieles gemeinsam möglich ist. Auf ein Projekt der Vergangenheit bin ich stolz, weil ich da auch ein bisschen mitarbeiten durfte, das ist das EU- Projekt "Smarter Together", das wir in Simmering gemeinsam mit der Europäischen Union gestartet haben. Wir haben uns da mit der Städtepartnerschaft Wien-München-Lyon gegen 43 andere Städtepartnerschaften durchgesetzt. Da ist es darum gegangen, zu zeigen, wie eine moderne Stadt der Zukunft funktionieren kann. Wie können Mobilitätskonzepte in einem dichtverbauten Gebiet funktionieren? Wie können beispielsweise im Bereich des EU- Forschungsrahmenprogramms Horizont 2020 neue Lösungen für Wärmedämmung im geförderten Wohnbereich gefunden werden? Mit welcher Einbeziehung der Bewohnerinnen und Bewohner ist das möglich? Ich denke, dass wir an konkreten Projekten zeigen können, dass wir zu Recht im internationalen Vergleich unter dem Titel Smart City, die Stadt der Zukunft, eine intelligente Stadt der Zukunft, ganz konkrete Projekte setzen, um deutlich zu machen, wofür wir in Wien stehen. Wenn wir das gemeinsam mit der Europäischen Union machen, Musterbeispiel dafür sind, wie das funktionieren kann, dann ist das zweifellos nicht nur schmeichelnd für unsere Stadt und für die politischen Entscheidungen, die wir in unserer Stadt treffen, sondern dann löst das auch ein anderes Verhältnis zur Europäischen Union aus. Ich bin auch stolz, dass wir mit dem Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds WAFF als einziges Bundesland ein Instrument haben, das sehr gut funktioniert, um am Arbeitsmarkt, auch gemeinsam mit dem AMS, weitere Aspekte zu setzen. Wir haben dem WAFF in den letzten 10 Jahren für die Arbeit und Umsetzung verschiedenster Projekte über 100 Millionen EUR zur Verfügung stellen können. In der Strukturfondsperiode 2014 bis 2020 wurden Mittel in der Höhe von 55 Millionen EUR aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung gestellt. Wenn man das umsetzt, waren das 63.000 Menschen, denen am Arbeitsmarkt geholfen werden konnte. Also auch das ist ein ganz wichtiger Impuls, der dem ganz starken Instrument der Stadt Wien, dem WAFF, die Möglichkeit gegeben hat, insbesondere bestimmten Zielgruppen - wie der älteren Generation, aber beispielsweise auch Frauen, die wieder in den Arbeitsmarkt eintreten - eine entsprechende Unterstützung angedeihen zu lassen. Eine ganz wichtige Maßnahme, um direkt bei den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in Brüssel vor Ort zu sein, war die Installierung des Wien-Hauses in Brüssel. Das war eine gute Möglichkeit, vor Ort präsent zu sein, den ständigen Dialog mit der Europäischen Kommission, vor allem mit dem Europäischen Parlament zu führen und auch Einfluss auf die Gestaltung der Politik innerhalb der Europäischen Union zu nehmen. Es war für uns von Beginn an auch ein Ziel, die Städte in der Gesamtstrategie der Europäischen Union zu verankern. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Obwohl immer mehr Menschen in der EU in Städten leben, sind die Nationalstaaten immer noch im Vordergrund. Es gibt mit dem Ausschuss der Regionen eine Möglichkeit, dass sich die Regionen stark einbringen, aber die Städte sind - meiner Meinung nach - noch viel zu wenig berücksichtigt. Wir versuchen, alle Möglichkeiten einzusetzen, um aufzuzeigen und zu sagen, die Entscheidung über die Zukunft der EU liegt ganz stark in den Städten. Wien ist die zweitgrößte Stadt im deutschsprachigen Raum, wir werden nach dem Brexit die fünftgrößte Stadt in der Europäischen Union sein, das heißt, wir sind jetzt rein von der Quantität, aber - wie ich meine - auch von der Qualität eine Stadt, die Gehör findet. Ich möchte nicht verhehlen, dass ich - als ich gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister Michael Häupl in Brüssel war und wir gemeinsam versucht haben, für eine Urban Agenda einzutreten - sehr beeindruckt war, dass wir im damaligen, aber auch heutigen EU-Kommissar Gio Hahn einen Bündnispartner gefunden haben, der durchaus ein offenes Ohr für diese Anliegen gehabt hat. Ich würde behaupten, nicht zufälligerweise deshalb, weil Gio Hahn - ich kann mich noch gut erinnern - auch einmal hier mit uns im Wiener Gemeinderat gesessen ist und daher wahrscheinlich auch weiß, was Städte brauchen. Ich würde mir heute auch immer wieder von Bundespolitikerinnen und Bundespolitikern wünschen, dass sie ein offenes Ohr für Städte haben. Das ist nicht immer der Fall, und daher erinnere ich mich gerne an diese Gespräche, die dazu geführt haben, dass man in der Europäischen Union schrittweise eine Urban Agenda durchführt. Wir nützen natürlich auch die schon bestehenden Instrumente der Europäischen Union, wie beispielsweise den Ausschuss der Regionen. Dass wir in der sechsten Mandatsperiode 2015 bis 2020 von den sechs Kommissionen in zwei dieser Kommissionen sehr engagiert tätig waren - nämlich in jener für Sozialpolitik, Bildung, Beschäftigung, Forschung und Kultur und in der zweiten, Kohäsionspolitik, die für die Bereiche wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt, Strukturfonds, Städtepolitik, Verkehrspolitik und territoriale Zusammenarbeit zuständig ist -, ist zweifellos auch ein Grund dafür, dass wir da durchaus auch gehört werden, wie im Übrigen auch im Städtenetzwerk Eurocities, wo wir im Kontakt mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, aber auch mit den Mitgliedern des Gemeinderates, des Landtages ganz stark präsent sind. Es kommen in der Tat große Herausforderungen auf uns zu, ich habe einige schon angesprochen. Ich möchte noch eine ganz wesentliche und wichtige Themensetzung ansprechen, das ist jene der Digitalisierung. Die wird wichtig für den Wirtschaftsstandort Wien sein, aber sie wird uns natürlich auch mit der Frage fordern: Wie können wir sicherstellen, dass der Mensch die Technik beherrscht und nicht umgekehrt? Wir haben unter der Überschrift Digitaler Humanismus jetzt in der Stadt Wien einen Schwerpunkt gesetzt, um uns mit den Auswirkungen der Digitalisierung im Bereich der Datensicherheit, des Konsumentenschutzes, auch in der Frage, inwieweit durch die künstliche Intelligenz das Zusammenleben der Menschen beeinflusst wird, zu beschäftigen. Daher stellt ja die Europäische Kommission gerade die Weichen für ihr Arbeitsprogramm. Die digitale Dienstleistungswirtschaft wird da ganz besonders im Schwerpunkt zu finden sein. Ich denke, das ist richtig, denn die bisherigen Richtlinien kann man durchaus als überholt bezeichnen, denn wenn unter dem Titel elektronischer Handel all das subsumiert wird, was unter Digitalisierung zu verstehen ist, merkt man schon, dass dieses aus dem Jahr 2000 stammende Gesetz nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist. Damals gab es noch keine Smartphones, keine Apps, weder Uber noch Airbnb. Also das heißt, es ist notwendig, neue Fundamente für Regularien zu entwickeln. Und ich denke, dass wir gut beraten sind, dabei intensiv mitzuwirken. Der Wiener Gemeinderat Peter Florianschütz hat sich ja im Ausschuss der Regionen da ganz besonders auch engagiert, nämlich insbesondere, wenn es um die Fragen geht, welchen Zugang man zu Plattformdaten findet, wie die Rechtssicherheit gewährleistet ist, aber wie auch beispielsweise die Inhalte auszusehen haben. Das sind nicht mehr die schwarzen Bretter wie früher, sondern es stellt sich die Frage, welche Verantwortung jene übernehmen, die diese digitalen Plattformen anbieten. Daher wird das zweifellos ein ganz, ganz, wichtiges Thema sein. Lassen Sie mich noch zu einem weiteren Schwerpunkt kommen, der uns natürlich über die nationalen Grenzen hinweg sehr stark beschäftigen wird. Das ist der Klimaschutz und die Frage, wie wir in den Städten mit dem Thema Umwelt und Klimaschutz umgehen. Erfreulich ist, dass die Europäische Kommission mit dem Green Deal festgelegt hat, sich der Herausforderung des Klimawandels - und vor allem auch der Frage, wie man den Menschen, die durch den Klimawandel betroffen sind, helfen kann - zu stellen, aber auch Maßnahmen zu setzen, um den Klimawandel hintanzuhalten und zu verhindern. Ich bin überzeugt, dass wir als Stadt Wien dabei einen sehr glaubwürdigen Beitrag leisten können, denn wir haben seit 1999, das sind jetzt 20 Jahre, ein Klimaschutzprogramm der Stadt Wien, an dem wir sehr konsequent arbeiten. Wir haben in dieser Zeit in etwa 40 Prozent des CO2-Ausstoßes reduzieren können. Damit liegen wir im internationalen Vergleich, wie in vielen anderen Bereichen, an der Spitze. Und wir haben bewiesen, dass wir auch eine Strategie entwickeln können, um die Herausforderungen der Zukunft in dieser Frage zu bestimmen. Es ist kein Zufall, dass die sehr renommierte Unternehmensberatungsfirma Roland Berger unter dem Titel "Smart City" Wien im internationalen Vergleich von 220 Städten auf den 1. Platz gereiht hat. Auf meine Frage an den Studienautor, warum das so ist, denn wir haben viele bekannte Metropolen hinter uns gelassen, hat er gesagt, das ist, weil Wien eine Strategie hat und in der Lage ist, diese Strategie auch umzusetzen, und weil wir es auch mit ganz unterschiedlichen Stakeholdern gemeinsam schaffen, an den Zielen und der Umsetzung dieser Ziele zu arbeiten. Ich denke, daran sollte man auch weiterarbeiten und das vor allem mit einem anderen wichtigen Thema, nämlich jenem der Sozialpolitik und der sozialen Herausforderungen, die es in unserer Gesellschaft gibt, verbinden, denn ein großes Problem, das die Europäische Union hat, ist, dass sie sich ganz stark auf eine liberale Wirtschaftspolitik konzentriert, aber sehr oft die sozialen Zusammenhänge vergisst, übersieht oder zu wenig beleuchtet. Da müssen wir vielleicht manche Dinge wieder zurechtrücken, denn prinzipiell bin ich nach wie vor ein glühender Verfechter eines gemeinsamen Europas. Es wird aber an uns liegen, zu definieren, wie die Zukunft dieses gemeinsamen Europas aussieht, dass nicht nur die Interessen von großen Konzernen im Vordergrund stehen, sondern dass wir den Fokus vielleicht wieder stärker auf die sozialen, die sozialpolitischen Anliegen der Menschen in der gemeinsamen Europäischen Union lenken. Da gibt es schon einiges im Bereich Ausbildung, Arbeit, Gesundheit, aber auch Gleichstellung zu tun. Dass kleine und mittlere Unternehmen ihren Beitrag durch Steuerleistungen zu erbringen haben, aber große internationale Konzerne sich diesen entziehen können, ist nach wie vor nicht nur ungerecht, es ist auch, wie ich meine, ein großer wirtschaftspolitischer Nachteil dieses gemeinsamen Europas. Ich denke, da muss es uns gelingen, Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass es in der Wirtschaft gleiche und gerechte Voraussetzungen gibt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN sowie von den EP-Abgeordneten Mag. Andreas Schieder und Sarah Wiener.) Die EU hat sich 2017 mit der Europäischen Säule sozialer Rechte ein wichtiges Instrument gegeben. Ich weiß mich mit vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern europäischer Städte eines Sinnes, dass wir das zum Anlass nehmen, die Städte stärker in Diskussion zu bringen, denn Städte sind am stärksten von den Auswirkungen sozialer Ungleichheiten betroffen. Denn egal, ob es Armut, Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit ist, die Fehlentwicklungen sozialer Entwicklungen sind immer zuerst in den Großstädten zu spüren. Daher bin ich mit vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, aus Berlin, Amsterdam, Paris, Budapest, Madrid, Lissabon, Brüssel, im guten Einvernehmen, dass wir diese Frage der sozialen Gerechtigkeit auch aus der Sicht der Städte ganz stark einbringen werden. Ganz zum Schluss vielleicht noch zum Stichwort Europa der Städte, denn der Pakt von Amsterdam, der im Mai 2016 geschlossen worden ist, hat ja einen Prozess der Erarbeitung einer europäischen Städteagenda getroffen. Das könnte der politische Wendepunkt sein, dass die Städte in Zukunft mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten im Bereich der Energieversorgung, der Mobilität, der nachhaltigen Entwicklung, der Bildung, der sozialen Teilhabe, vieler Aspekte bekommen, die die Menschen sehr unmittelbar betreffen. Ich zitiere aus den politischen Leitlinien 2019 der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen unter dem Motto: "Eine Union, die mehr erreichen will." Das Zitat lautet: "Aus diesen unterschiedlichen nationalen und kulturellen Identitäten besteht der Flickenteppich unserer gemeinsamen Identität." Da hat sie zweifellos recht. Das ist auch das Spannende und der Unterschied im Vergleich zu anderen großen Nationalstaaten, dass Europa sehr bunt, sehr vielfältig ist. Ich sehe darin keinen Nachteil, sondern eine Stärke. Wenn wir auch in der Außen- und Sicherheitspolitik gemeinsame Positionen finden müssen, ist diese Buntheit, diese Vielfalt etwas, was wir nicht unterbinden, sondern fördern sollten. Die Einbeziehung von jenen Menschen, die aus anderen Ländern der Europäischen Union zu uns kommen, ist etwas ganz, ganz Wichtiges. In Wien leben derzeit 268.826 Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die heuer, im Jahr 2020, auch die Möglichkeit haben, an der Bezirksvertretungswahl teilzunehmen. Ich kann von hier aus als Landeshauptmann und als Wiener Bürgermeister nur appellieren, dass auch alle diese Möglichkeit nutzen, von ihrem Wahlrecht - das gerade in Europa so mühsam erkämpft werden musste und auf das wir stolz sind - Gebrauch zu machen. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, zu zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger, die aus anderen EU-Staaten zu uns kommen, hier willkommen sind und auch eingeladen werden, politisch mitzugestalten, auch durch die Teilnahme an einer Wahl. Nach den ersten 25 Jahren unserer Mitgliedschaft in der Europäischen Union wird es jetzt darum gehen, auch darüber zu reden. Darum freue ich mich auf die Diskussion. Ich begrüße auch ganz herzlich die Abgeordneten zum Europäischen Parlament, denn ich sehe das als große Wertschätzung des Wiener Landtages, dass Sie, dass ihr gekommen seid, weil uns das die Möglichkeit bietet, den Diskussionsprozess zwischen dem Wiener Landtag und dem Europäischen Parlament zu intensivieren und umgekehrt die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die ja auch aus Wien kommen, die Gelegenheit haben, zwischen der Europäischen Union und unserer geliebten Heimatstadt Wien, unserem Bundesland Wien Transmissionsriemen zu sein. In diesem Sinne möchte ich mit einem Zitat des sehr bekannten österreichischen Journalisten - und ich darf stolz anfügen, auch Ehrenbürger der Stadt Wien - Hugo Portisch schließen, der einmal gemeint hat: "Wir müssen blitzschnell zusammenrücken und die EU weiterentwickeln. Alle Länder, die das nicht wollen, sind keine echten Europäer." Ich meine, wir sind echte Europäer, wir wollen mitgestalten, wir wollen nicht nur auf die letzten 25 Jahre zurückblicken, sondern wir wollen vor allem in die Zukunft blicken. Ich bin sicher, Wien wird einen wichtigen, einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass sich dieses gemeinsame Europa positiv weiterentwickeln wird. - Danke. Glück auf! (Allgemeiner Beifall.) Präsident Ernst Woller: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Mitteilung zum Thema 25 Jahre Österreich in der Europäischen Union. Bevor ich nun die Debatte eröffne, möchte ich mitteilen, dass Herr Abg. Stark bis 14.30 Uhr entschuldigt ist und dass die beiden Abgeordneten Haslinger und Hursky bis 15.30 Uhr entschuldigt sind. Ich darf auch noch vom Vorsitz aus die Abgeordneten des Europäischen Parlaments Sarah Wiener, Andreas Schieder und Harald Vilimsky begrüßen. Ich möchte auch mitteilen, dass der Herr Abg. Lukas Mandl von der ÖVP schon im Haus war, aber weggehen musste, wiederkommen wird und sich in der zweiten Diskussionsrunde beteiligen wird. Ich möchte die Abgeordnete des Europäischen Parlaments Frau Claudia Gamon entschuldigen. Sie ist bei einer europäischen Fraktionstagung - der ALDE - und daher für heute entschuldigt. Wir haben im Wiener Landtag immer die Europadebatte geführt. Schon vor Beginn des Beitritts zur Europäischen Union gab es in Wien eine Europakommission. Sie wurde nun zu einem Gemeinderatsausschuss für europäische und internationale Angelegenheiten aufgewertet. Seit vielen Jahren haben wir auch ein Mal im Jahr Europa als Schwerpunktthema einer Landtagssitzung, und wir haben als erstes Bundesland auch immer wieder die Mitglieder des Europäischen Parlaments eingeladen, sich an dieser Debatte zu beteiligen, die nun beginnt. Die Geschäftsordnung bestimmt, dass bei der nun folgenden Besprechung kein Redner öfter als 2 Mal und mehr als insgesamt 20 Minuten sprechen darf. Ausgenommen von dieser Beschränkung sind nur der Herr Landeshauptmann und die zuständigen Mitglieder der Landesregierung. Ich eröffne nun die Debatte und erteile Frau Abg. Sarah Wiener das Wort. - Herzlich willkommen im Wiener Landtag! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) EP-Abg. Sarah Wiener (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Liebe Freunde! Herzlichen Dank für diese Einladung. Sie wissen, ich rede zum ersten Mal hier im Wiener Landtag, was mir eine besondere Freude ist, wenn man schon so heißt wie ich, nämlich Wiener. Ich bin ja eine neugewählte EU-Abgeordnete, also sehen Sie es mir nach, wenn ich nicht in einem Politsprech sprechen werde oder so reagiere, wie Sie es vielleicht von Ihren Genossinnen und Genossen und Parteikolleginnen und -kollegen gewohnt sind, denn ich bin directamente nach Brüssel gegangen und mache dort EU-Politik. Deswegen möchte ich mit Ihnen jetzt auch nur über ein Thema sprechen, nämlich über das Thema, bei dem ich mich auskenne, bei dem ich mich engagiere, das ist die Ernährungswende und die nachhaltige Landwirtschaft. Jetzt kann man sagen: Na ja, viel ist das ja nicht. Tatsächlich ist das Thema Ernährung und Landwirtschaft aber eines, welches die aller-, allermeisten Themen, die uns umtreiben und an denen wir heute arbeiten sollten und müssen, umfasst. Das fängt natürlich beim Klimaschutz an, es geht um Biodiversität, Tierschutz, Transport, Verpackung von Lebensmitteln, Müll, den wir haben, Flächen-Grabbing, Ernährungssouveränität, und es geht natürlich auch um Handel, Außenhandel, Innenhandel, Wettbewerbsrecht. Es geht aber auch bis in Details, die mich besonders umtreiben, nämlich zum Beispiel mikrobielle Resistenzen, für die ich mich sehr engagiere und wofür ich jetzt auch Präsidentin einer Interest Group bin. Es geht zum Beispiel auch um dieses komische Wort endokrine Disruptoren, das sind hormonwirkende Substanzen, die besonders in Weichmachern drinnen sind: auf dem Teppich, im Flammschutz, in der Kosmetik, aber auch zum Beispiel in den Dosen, dieses Plastik, worin die Tomaten herumschwabbeln. Wie man weiß, und schon seit Jahren weiß, sind das zum Teil hochgiftige Substanzen, die besonders Männer unfruchtbar machen. In den letzten 40 Jahren ist die Spermienanzahl in den Industrienationen um die Hälfte gesunken. Also wenn Sie Kontakt zu Ihren Kindern, zu Freunden, zu Enkelkindern und zu Ihren Nachbarn, die vielleicht jünger sind, haben, sind das Themen, deren wir uns alle solidarisch annehmen sollten und etwas dafür tun sollten. Das wird in der EU entschieden. Womit ich mich auch besonders beschäftige, ist natürlich die GAP, das ist die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik. Ich weiß nicht, gibt es hier irgendwelche Landwirtschaftsexperten oder sagen Sie, nein, das ist überhaupt nicht mein Thema? Einer. (Abg. Michael Eischer hebt die Hand.) Juhu, zwei, wunderbar. Also ich bitte doch darum ... (Zwischenruf von Abg. Dr. Jennifer Kickert.) - Ja, der eine fehlt. Du (in Richtung Abg. Dr. Jennifer Kickert) wirst es ihm sagen. Ich bitte doch darum, dass sich die Menschen, die sich - so wie ich - diesen Themen annehmen, mit mir verbinden, mich gerne kontaktieren, weil ich ja schließlich für Österreich im Gesamten in der EU sitze und eine Politik machen möchte, die nicht Klientelpolitik ist, sondern uns allen dient. Alles das, was uns dient, dient dann am Ende natürlich auch jedem Einzelnen in Österreich und auch der Natur und auch der Biodiversität, was oft vergessen wird. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Ich muss sagen, als Österreicherin in der EU zu sitzen, macht mir in meinem Metier schon ein bisschen Freude, weil zum Beispiel Österreich besonders viel Geld in die zweite Säule der GAP, der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik, investiert, nämlich in die Entwicklung von ländlichen Räumen. Da sind wir Spitzenreiter, wie Sie wissen, so wie wir Spitzenreiter bei ökologisch erzeugten Lebensmitteln in Flächen sind. Wenn wir wissen, welch große Herausforderungen wir heute haben, gerade mit Wasser, mit Luft, mit Emissionen, mit dem Verschwinden von Rassen und von Sorten - jede Stunde, jede einzelne Stunde, sollen weltweit drei Sorten verschwinden, drei Sorten, drei Spezien oder drei Rassen, es ist eine Katastrophe! -, wenn wir wissen, dass wir Teil der Natur sind und von der Natur leben, dann sollten wir unser Augenmerk konzentriert auf die großen Probleme dieser Zukunft wenden. Das heißt, ich bin in der Ökologie ..., aber wie mein Vorredner, Herr Ludwig, schon gesagt hat, sind der soziale und der ökosoziale Aspekt natürlich mindestens genauso wichtig, müssen bearbeitet werden, denn es nutzt ja nichts, wenn wir alle eine intakte Natur haben, aber uns gegenseitig kaputt machen oder die Schere der Balance, der Gleichmäßigkeit zu weit auseinanderstrebt. Also wie gesagt: Ich beschäftige mich mit Landwirtschaft, mit dem Green New Deal, der jetzt verhandelt wird, aber auch mit der "Farm to Fork Strategy". Das ist erstmal positiv, denn zum ersten Mal werden sich die Kommission, der Rat und das Parlament nicht nur mit der Urproduktion beschäftigen, sondern mit der ganzen Kette, ich würde sagen, des Desasters, nämlich angefangen vom Samen, vom gesunden Boden bis zur Verpackung, bis zum Transport und bis zu diesen Ernährungssystemen. Das ist also die "Farm to Fork Strategy", und wie es ausschaut - ich bemühe mich, dort Schattenberichterstatterin zu werden -, habe ich, sagen wir einmal, gute Chancen, dass das genau mein Thema sein wird, für das ich mich einsetzen werde. Da gibt es ein Spezialthema, das sehr spannend ist, nämlich das größte menschliche Ökosystem, das ist nämlich in Ihrem Darm: Das ist das Mikrobiom. Seit Jahren sagen uns Wissenschaftler, wie wichtig das Mikrobiom für unser eigenes Immunsystem, für unsere Gesundheit, hinsichtlich chronisch-entzündlicher Krankheiten, die nicht vererbbar sind, ist. Da gibt es sehr, sehr spannende Erkenntnisse, Forschungen, Studien, die sagen: Je geringer Ihre Bakterienanzahl im Darm ist - das ist übrigens eine Parallelität dazu, was wir mit unserem Boden machen, mit dem Mineraldünger, mit den Pestiziden, wodurch auch das mikrobielle Leben immer eingeschränkter wird -, also je geringer Ihr eigenes mikrobielles System im Darm ist, desto anfälliger sind Sie für Krankheiten. Das geht so weit, dass unsere Ernährung, unsere schwerst verarbeiteten Nahrungsmittel, aber auch Stress einen Impact auf Ihr Hirn haben. Heute weiß man, dass Hirnerkrankungen tatsächlich mit dem korrelieren, was wir essen. Wenn Sie dazu mehr wissen möchten, sage ich Ihnen gerne Bescheid oder schicke Ihnen gerne ein paar Links. Ich finde, wenn wir schon nicht darauf hören, dass wir immer blader werden und Gicht bekommen oder Bluthochdruck haben, dass wir zum Beispiel auch immer unglücklicher werden oder immer mehr falsche Gelenksteile brauchen, und alle eine Pille essen und Verdauungsbeschwerden haben, dann hören Sie vielleicht darauf, wenn Sie wissen, dass sozusagen Ihr Hirn durch die falsche Ernährung dezimiert und durchlöchert und krank wird. Also für mich ist das Mikrobiom ein Thema, dessen ich mich in den nächsten fünf Jahren annehmen werde. Deswegen werde ich dieses Jahr auch die erste Mikrobiom-Konferenz mit Wissenschaftlern in Brüssel machen. Wenn Sie interessiert sind, sagen Sie es mir, ich lade Sie gerne ein, denn das ist ein sehr, sehr interessantes Thema, auch wenn das im ersten Moment vielleicht nicht für alle das Wichtigste zu sein scheint. Ich denke aber, unsere Gesundheit, wie wir in der Welt stehen, ist ein Spiegel der Gesundheit unseres Wassers und unserer Umwelt und gehört als Erstes geschützt, bevor wir den großen weiteren Wurf machen und mehr politisch agieren. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Dann gibt es noch ein Thema, es ist ... Ich werde Ihnen nichts über Myanmar erzählen, ich werde Ihnen auch nichts über Steuergerechtigkeit oder Ungerechtigkeit oder über Menschenrechte, über Wettbewerbs- oder Vereinsrecht erzählen, denn, wie gesagt, da gibt es viele, viele andere Abgeordnete, die sich darum kümmern und Spezialisten sind, ich bleibe bei meinem Thema, und das sind für mich zum Beispiel - auch als Hobbyimkerin - die Bienen, die Insekten. Ich weiß, dass ich Kollegen habe, die auch Imkerinnen und Imker sind, ich weiß nicht, ob es bei Ihnen auch Imker gibt. Hobbyimker vielleicht? (Abg. Michael Eischer hebt die Hand.) - Sie schon wieder, Sie fallen mir ja auf! (Allgemeine Heiterkeit. - Abg. Mag. Josef Taucher: Er ist ja Weinbauer!) Also ein Weinbauer. Na gut, gut zu wissen! Das Thema Insekten ist nicht nur ein Thema hinsichtlich was uns alles verloren geht und worauf wir besonders achten sollen, sondern es ist sozusagen ein Zeiger, was alles schiefläuft und was wir dringend verbessern sollten, weil wir in dieser Pyramide - wir ganz oben, unten die Insekten - mit unserem ganzen Dasein geradezu auf den Insekten stehen. Wenn wir die abschaffen, dann wird diese ganze Pyramide zusammenkrachen. Jetzt gab es spannenderweise im Parlament die Verhandlung der Bienenrichtlinien, die sollten erst abgeschwächt werden, wir haben dagegen gestimmt und jetzt sind die strengeren Bienenrichtlinien zu unserem Glück im Parlament angenommen worden. Ich glaube, ich weiß jetzt nicht, fast alle Österreicher haben für strengere Bienenrichtlinien gestimmt, aber ich weiß, dass es die SPÖ auf jeden Fall gemacht hat, wir sowieso und bei der ÖVP nehme ich das auch mal an, was eine gute Nachricht ist, denn es geht nicht nur um Bienen. Wir denken immer an die Biene Maja, an die Honigbiene, aber tatsächlich geht es natürlich um die viel, viel größere Familie der Wildbienen - die zum Teil auch auf der Roten Liste stehen oder schon ausgestorben sind -, die eine größere Bestäubungsleistung machen und eigentlich wichtiger für das Ökosystem sind als die Honigbiene, die ja noch immer den Imker hat, der ihr helfen kann. Solange es Imker gibt, wird es vielleicht auch die Honigbiene geben, wenn wir nicht ganz deppert sind, aber die Wildbienen, die werden extrem dezimiert, weil keiner drauf schaut. Insofern ist das ein ganz, ganz wichtiges Thema, sich der Insekten, und allen voran der Wildbienen anzunehmen, wobei man sagen muss, Wildbienen sind einfach so sexy. Da gibt es Wildbienen, die sind Monolithen, die sind 3 mm groß, die machen ihr Leben lang eine Symbiose mit einer einzigen Blüte. Und wenn diese Blüten weg sind, dann gibt es eben diese Art von Wildbienen auch nicht mehr. Es gibt Wildbienen, die brauchen zum Beispiel Mohn, die nehmen dann diese roten Mohnblätter, bilden Sandröhren und polstern ihre Höhle mit den roten Blüten aus, so eine Art gemütlicher warmer Cosy, roter Puff, um dann ein Ei hineinzulegen. Und wenn es diese Mohnblüten nicht gibt, dann gibt es eben diese Art von Wildbiene auch nicht mehr. Insofern müssen wir dieses Ökosystem mit seinem Netzwerk genauso denken, wie wir für uns denken sollten. Am stressresistentesten ist unser Darm, sind wir in der Gesellschaft und sind wir auch in Europa und Österreich, wenn wir viele verschiedene, wohlmeinende Verbindungen knüpfen und uns gegenseitig stärken, um also sozusagen den Humus der Vielfalt zu befördern. Humus ist auch so ein Thema: der Boden unter unseren Füßen. Ich bin sehr froh, dass im EU-Programm drinnensteht, dass wir die Verdichtung, ich glaube, auch in Wien, aufhalten möchten. Da gäbe es ein gutes Beispiel, ich sage nur das Stichwort: Hybridrasen und Plastikrasen. Ich merke schon, Sie hören mir nicht so ganz zu, dabei rede ich ja jetzt gerade über die Zukunft von Ihnen und Ihren Kindern und Ihren Enkelkindern, es ist wirklich ein wichtiges Thema. Wussten Sie zum Beispiel, dass Plastikrasen die drittgrößte Mikroplastikquelle auf der Welt ist, dass diese Hybrid- und Plastikrasen - die auf Sportplätzen, bei Fußballplätzen verwendet werden - mit geschredderten alten Autoreifen aufgefüllt werden, die natürlich extrem mit Schwermetallen und mit Dioxinen kontaminiert, also hochgiftig sind? Da lassen Sie dann Ihre Kinder auf Spielplätzen herumwabbeln und spielen oder machen selber Sport darauf. Abgesehen davon, dass die Keimbelastung, wenn Sie sich da schneiden, viel dramatischer ist, werden diese Plastikrasen im Sommer so heiß, dass Sie die dann auch noch künstlich abspritzen müssen und einen großen Wasserverbrauch haben. Könnten wir da nicht etwas tun, um diese Plastikrasen zum Großteil - nicht alle, aber den Großteil - in richtigen, robusten Rasen, den es auch gibt, der sich anlagert, umwandeln und das als CO2-Senke machen, nämlich als CO2-Senke im Boden? Denn Gras macht natürlich auch Sauerstoff und bindet CO2 in den Wurzeln. Und wenn es ein gutes Rasenmanagement gibt, auf dem Land ein Weidemanagement, dann bilden sich mehr Wurzeln durch den Biss ab und können noch mehr CO2 einspeichern. Das möchte ich Ihnen nur so mitgeben, dass man in Wien also auch etwas machen kann, ganz einfach, indem man Flächen wieder begrünt und wieder zum Leben bringt, was am Ende dann Ihnen und Ihrer Lunge und Ihrer Haut zu Gute kommt und Feinstaub ..., eine Win-win-Situation auf allen Ebenen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) So, und jetzt kommt die beste Nachricht. Ich werde vorzeitig Schluss machen, um Ihnen eine Verschnaufpause zu geben, ich weiß, wie mühsam das ist, stundenlang zuhören zu müssen und sich nicht zu bewegen. Deswegen machen wir jetzt alle zusammen eine kurze körperliche Übung, damit Sie mal Ihr Hirn durchlüften können. Also stehen Sie mal auf! (Die Rednerin stellt sich vor das Rednerpult. - StR Maximilian Krauss: Nicht einmal die eigenen stehen auf!) - Na klar, steht auf! (Abgeordnete der GRÜNEN, der SPÖ und von den NEOS sowie Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc erheben sich von ihren Plätzen.) Also tief einatmen. (Die Rednerin begleitet ihre Worte durch körperliche Übungen: Sie hebt die Arme in die Höhe, beugt anschließend den Oberkörper mit ausgestreckten Armen nach vorne und schließlich in Richtung Boden, bevor sie sich wieder aufrichtet.) Und nochmal tief einatmen. (Ruf bei der FPÖ: Haben wir Faschingssitzung? Was ist jetzt? Theater, oder...) Und wenn es geht, langsam runtergehen, einmal kurz durchatmen, tief durchatmen. (Ruf bei der FPÖ: Faschingssitzung ... Kann der Vorsitzende einschreiten? Das gibt's ja nicht!) Und ich möchte Ihnen etwas sagen: (Beifall bei den GRÜNEN. - Ruf bei der FPÖ: Kann da niemand einschreiten? Das ist ja ein Witz! - Haben wir jetzt Faschingssitzung?) - Sie glauben, das ist eine Witzübung. Sie können mit einem Nichtfunktionieren im Hirn, wenn Ihr Körper und Ihre Energie und Ihr Sauerstoff nicht gut sind, wenn auch Ihre Verdauung nicht gut funktioniert ... Insofern vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und machen Sie auch etwas für sich, lüften Sie sich aus. Ich hoffe, ich höre mal von Ihnen, wenn Sie an meinen Themen interessiert sind. - Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Harald Vilimsky. Ich erteile ihm das Wort. (EP-Abg. Harald Vilimsky geht zum falschen Pult. - StR Maximilian Krauss: Harald! Vorne!) EP-Abg. Harald Vilimsky (FPÖ): Jetzt passt es hoffentlich, ja. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank für die Einladung. Ein Mal im Jahr hat man ja die Möglichkeit, mit Ihnen über Fragen der Europapolitik reden zu können, auch dieses Jahr. Das freut mich besonders, weil die Europäische Union in einer Situation ist, in der sie dringend eine Zielsetzung braucht, wohin sie sich in Zukunft entwickeln soll. Ich mag an meine Vorrednerin anschließen, insofern, als ich sagen muss, ich bin jetzt weder in der Lage, Sie über Fragen zu Insekten, Bakterien, Spermaanzahl und Ähnlichem hier in Kenntnis zu setzen. Ich möchte für mich auch in Anspruch nehmen, dass ich Sie zu keinerlei Turnübungen animieren möchte. Ich möchte vielleicht in Richtung der GRÜNEN-Fraktion nur den Denkanstoß geben: Vielleicht nimmt Sie Frau Wiener an der Hand, geht mit Ihnen eine Runde durch den Rathauspark, dann hätten Sie auch die Durchlüftung, die Sie vielleicht brauchen, um an einer solchen Debatte entsprechend teilzuhaben. (Beifall bei der FPÖ.) In Richtung des Herrn Bürgermeister möchte ich anmerken, dass ich es als gutes Signal empfunden habe, dass Sie den anwesenden Mandataren Ihre Wertschätzung entgegengebracht haben, und es auch ein gutes Signal war, dass Sie alle hier mit Handschlag begrüßt haben. Das war früher nicht der Fall, ist ein gutes Zeichen. Und wenn Sie hier an der Debatte teilhaben, möchte ich in Ihre Richtung auch zwei Wünsche mit auf den Weg geben, die Sie betreffen. Das Erste wäre vielleicht, dass Sie Ihre Kontakte entsprechend nutzen, damit zumindest der ORF, das Studio Wien, dieser Debatte entsprechenden Raum widmet. In den letzten Jahren, in denen ich hier das Wort ergreifen konnte, hatte man den Eindruck, dass diese Debatte völlig unter den Tisch gekehrt wird. Es ist für Leute, die ohnehin viel reisen und unterwegs sind, schwierig, hier das Wort zu ergreifen und dann nicht die mediale Publizität haben, die dem eigentlich gebühren sollte. Warum nicht einen Livestream machen? Diese eineinhalb Stunden werden die Wienerinnen und Wiener sicher schätzen ... wie es auch in Fragen der Europapolitik weitergeht. (Beifall bei der FPÖ.) Und der zweite Punkt, den ich dem Herrn Bürgermeister mit auf den Weg geben möchte, betrifft Ihre Parteienfamilie, nicht Sie direkt, aber Ihre Parteienfamilie, die Sozialdemokratie: Es hat sich jüngst im Europäischen Parlament etwas ereignet, das man eigentlich gar nicht glauben mag, und das aus meiner Sicht so kritikwürdig und so hanebüchen ist, dass ich es hier auch nicht verschweigen möchte. Sie wissen, dass das Europäische Parlament jetzt noch aus 751 Mandataren aus 28 Nationen zusammengesetzt ist. Nicht wenige dieser Mandatare haben vor sich stolz ein kleines Fähnchen, das ihre Herkunft visualisiert, stehen. Ob das die Deutschen sind, ob das die Briten sind, die Österreicher, die Esten, die Letten, wer auch immer: Manche haben es und manche haben es nicht. Der Vorsitzende des Hauses, Präsident Sassoli, ein Sozialdemokrat, hat es den Mandataren untersagt, dieses kleine Zeichen ihrer nationalen Herkunft vor sich auf dem Tisch zu postieren, was auch entsprechend für einen großen Sturm der Entrüstung gesorgt hat. Ich darf schon daran erinnern, dass es nicht Mandatare sind, die von der Europäischen Bürgerfamilie gewählt werden, sondern dass es Mandatare sind, die aus ihrer nationalen Wählerschaft heraus ein Mandat erhalten haben und dass es doch bitte nicht verwehrt sein kann, ein kleines Rot-Weiß-Rot-Fähnchen vor sich postieren zu können. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn sich das nicht ändern und sich bewahrheiten sollte, dass das wirklich verboten wird, auf seinem Platz ein Rot-Weiß-Rot-Fähnchen stehen zu haben, werde ich die Sozialdemokratie in den kommenden Jahren nicht aus der Verantwortung entlassen, dass Sie Derartiges dulden. Meine Damen und Herren! Wir debattieren heute über 25 Jahre Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Ich möchte Ihnen allen hier etwas unterstellen, und zwar jedem Einzelnen: Dass Sie an den ursprünglichen Zielen des Europäischen Einigungswerkes, ja, genauso Interesse haben, wie jeder Mensch, der sich vernünftig den Dingen der Welt stellt, nämlich, dass wir auf unserem Kontinent nach dem Krieg drei Ziele vor Augen haben: Frieden, Freiheit und Wohlstand - möglichst für alle - zu generieren. Die einzige Geschichte, über die wir in der Europäischen Union ernsthaft und durchaus mit Konfliktlinien diskutieren, ist, wie, in welchem Ausmaß, auf Basis welcher Regeln diese Ziele verfolgt werden sollen. Ich kenne da niemanden, der an zerstörerischen Intentionen festhalten würde. Ich kenne niemanden, der Schlechtes im Bereich der repräsentativen Demokratie für den Kontinent möchte. Es geht rein darum, das Regelwerk entsprechend zu definieren und das Verhältnis der supranationalen mit der nationalen Ebene, das Verhältnis eines Europäischen Parlaments, der nationalen Parlamente und auch das Ausmaß der direkten Demokratie entsprechend auszutarieren, damit dieses Werkel wieder funktioniert. Sie müssen das aus der Vergangenheit her entsprechend anschauen, wohin diese Europäische Union gegen den Widerstand von Mehrheiten in Ländern entwickelt wurde. Es hat mit dem Maastricht-Vertrag begonnen. Sie wissen, dass es da eine Volksabstimmung gab, nicht bei uns, aber es gab sie in Dänemark. Die ging in die Hose. Was hat man gemacht? Man hat die Volksabstimmung wiederholt. Dann war der nächste große Markstein der Zentralisierung, indem man eine Europäische Verfassung ins Leben rufen wollte. Und es gab wieder ein Referendum. Diesmal waren es die Franzosen, die diesem Ansinnen mit einer Mehrheit die Absage erteilt haben. Jetzt ist die Europäische Union heute drauf und dran, Abstimmungen möglichst zu wiederholen, andere Wege zu suchen, aber in einer Agenda der Zentralisierung festzuhalten. Nach dem Scheitern einer Europäischen Verfassung ist man daran gegangen, den Lissabon-Vertrag, der komplett anders klingt, zu etablieren und 90, 95 Prozent dessen, was die Europäische Verfassung beinhaltet hat, in dieses Vertragswerk überzuführen. Blöderweise war es so, dass in Irland eine Abstimmung, ein Referendum darüber zwingend war. Wie ging diese Abstimmung aus? Sie erinnern sich vielleicht? - Negativ. Dann ist man mit Propagandamillionen hineingegangen, hat Erwartungen geschürt, die nicht gehalten werden konnten. Man hat eine zweite Abstimmung gemacht. Bei der zweiten Abstimmung ist es dann gut ausgegangen, gut im Sinne jener, die zentralisieren wollen, die den Staaten immer mehr Kompetenzen rauben wollen, auch den Parlamenten immer mehr an Kompetenzen rauben wollen, die direkte Demokratie möglichst zurückfahren wollen. Die haben gewonnen und die anderen haben verloren. Dann gab es 2016 erneut einen Markstein. Die Abstimmung über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union. Und es geschah das, womit eigentlich niemand - ich auch nicht - gerechnet hat: Dass eine demokratische Mehrheit für den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union votiert hat. Ab dem Zeitpunkt hat man gemerkt, die europäische Nomenklatura will das eigentlich gar nicht zur Kenntnis nehmen und sucht nach Möglichkeiten, dieses Ergebnis wieder mit dem Trick einer zweiten Abstimmung zu unterlaufen, hat aber erkannt, dass eine stabile Mehrheit für den Austritt aus Großbritannien votiert und jetzt nach den drei Jahren plus eins, es hätte eigentlich schon längst erledigt sein sollen, treten die Briten aus der Europäischen Union aus. Ich finde es nicht gut, oder ich sehe es mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Das lachende Auge, weil in letzter Konsequenz ein direktdemokratischer Mehrheitsentscheid gegen den Wunsch der Europäischen Union umgesetzt wurde, das weinende Auge deshalb, weil ich die Briten gerne als starken Partner mit drinnen gehabt hätte, um eine Reformkulisse zu errichten, Druck auf die Europäische Union auszuüben, sich zu verändern. Warum spreche ich von Druck? Genau nach diesem Referendum gab es eine Situation der Nervosität. Ja, man hat seitens der Kommission im Jahr 2016 fünf Vorschläge erarbeitet, wie es mit der Europäischen Union weitergehen könnte. Da gab es fünf Szenarien aus dem sogenannten Weißbuch der EU-Kommission. Szenario Nummer 1 war, man wurschtelt so weiter wie bislang. Die Variante 2: Man reduziert sich auf den Binnenmarkt. Die Variante 3: Man hat etwas wie eine Allianz der Willigen, also Staaten, die sich in Gemeinschaften zusammenschließen und gemeinsam in gewissen Bereichen tiefer kooperieren, was weiß ich, zum Beispiel in speziellen Bereichen das Baltikum, osteuropäische Staaten in Bereichen, die sie entsprechend interessierten, Mitteleuropa, Südeuropa, was auch immer. Diese Möglichkeit wäre ebenfalls nach diesem Denkmodell der Kommission möglich. Dann gab es das Szenario Nummer 4, auf das sich die vormalige Bundesregierung festgelegt hat, das nämlich heißt, man hat weniger an Kompetenzen im supranationalen Bereich und schaufelt Kompetenzen zurück in die Parlamente und in Richtung mehr Demokratie, mehr Subsidiarität. Das wäre das Szenario, das wir weiter anstreben. Das Szenario Nummer 5 wäre halt die totale Vergemeinschaftung. Warum erwähne ich das? Weil diese Reformdiskussion seit dem Jahr 2016 in Diskussion ist und die europäischen Institutionen es bis heute, vier Jahre später, nicht geschafft haben, auch nur die kleinste Antwort darauf zu geben, da die Bruchlinien in diesem europäischen Einigungswerk in der aktuellen Konzeption einfach viel zu stark sind, weil es viel zu viele unterschiedliche Meinungslagen gibt. Es gibt die, die sagen, ob das jetzt Merkel-Macron-Kurs ist, wir brauchen mehr an Zentralismus, wir brauchen mehr an Kompetenzen für Brüssel, und diejenigen, hauptsächlich in den Staaten Osteuropas, die sagen, sie wollen wieder mehr Kompetenzen in ihre Länder zurück haben. Es ist etwas sehr Wichtiges, hier aufeinander zuzugehen. Man hat den Briten im Prinzip damit gezeigt, dass man nicht in der Lage ist, auch auf andere Meinungen einzugehen, auch die Meinung der Briten vielleicht entsprechend zu verstehen, etwas Gemeinsames zu finden, anstatt das Trennende zu kultivieren, dass die Briten dann im Jahr 2019 bei den Wahlen ins britische Unterhaus entsprechend festgehalten haben, dass die Brexiteers, also die, die aus der Europäischen Union herauswollen, auch mit einer entsprechenden Mehrheit ausgestattet werden. Und gerade in dieser sensiblen Phase, in der die Briten aussteigen wollen, hat man es auch nicht unterlassen, Teilen der europäischen Völkerfamilie quasi einen Fußtritt zu verpassen, im Konkreten den Ungarn und den Polen, die beide mit einem Art. 7-Verfahren konfrontiert sind, an dessen Ende es stehen kann, dass sie ihrer Rolle im Europäischen Rat verlustig gehen, nicht mehr abstimmen zu können, was de facto der Ausschluss aus der Europäischen Union wäre. Und jetzt behaupte ich, dass Europa nicht nur aus den Merkels und Macrons besteht, sondern Europa auch besteht aus den Orbáns, aus den Kaczynskis, aus den Salvinis, aus den Le Pens, die Parteien, die die Mehrheit in ihrer Bevölkerung entweder schon haben oder am Weg dort hin sind, und die keine Zerstörer sind und die keine schlechten Politiker sind, die nur mehr an Kompetenzen wieder zurück für ihre Staaten wollen. Und das ist ein gutes und richtiges Ansinnen. (Beifall bei der FPÖ.) Und den Freunden Macrons, die auch hier sitzen, kann ich auch nur mitteilen, dieser Herr, ein Vertreter der französischen und internationalen Bankenlandschaft, hatte seine Chance. Jetzt demonstrieren die Gilets jaunes, die Gelbwesten, jetzt demonstriert die französische Bevölkerung gegen ihn, auf Grund seiner Pensionsreform. Die Agrarwirtschaft demonstriert gegen ihn, und er hat längst die Mehrheit verloren. Das ist der falsche Kurs. Schauen sie nach Italien, ein Matteo Salvini, der mehr und mehr an Stimmen erhält - na, wenn er da und dort nicht mehr als 50 Prozent erreicht, heißt es schon, das war ein Misserfolg. Mitnichten! Und dieser Weg ist ein Weg, der für die Zukunft Europas ein guter wäre. Wenn Sie sich anschauen, welche großen Bruchlinien dieses Europa gerade hat, wird man nicht umhinkommen, darauf Antworten zu finden, trotz aller Wichtigkeit, dass man auch über Bakterien, Bienen, Spermienanzahl und Ähnliches eine Debatte führt, und zwischendurch eine Turnübung macht. Die großen Fragen Europas sind, wie gehe ich mit dem Thema Migration um, die in Wahrheit eine illegale Migration ist. Und all diejenigen, die sagen, dass Asyl etwas Wichtiges ist - da gebe ich Ihnen recht -, nur Sie müssen berücksichtigen, dass zwei Drittel jener Personen, die nach Europa kommen, nach intensivsten Prüfverfahren weder den Status eines Genfer Konventionsflüchtlings haben noch den eines subsidiär Schutzberechtigten haben und trotzdem in einer überwiegenden Zahl - ich würde sagen, mehr als 95 Prozent - in Europa verbleiben. Und das sehen wenige Menschen ein. Die Europäische Kommission hat es ja selbst gedacht, wir haben es vorher schon vielfach gesagt: Warum nicht in den Regionen selbst sichere Zonen schaffen, anstatt Tür und Tor offenzuhalten, alle Häfen wieder aufzumachen, all denen, die glauben, nach Europa kommen zu können, mit falschen Versprechen, Tausenden von Euros an irgendwelche Schlepper, und die dann hier bei uns für Probleme sorgen, die sie in der Hauptstadt Europas, in Brüssel oder in Straßburg, sehen können. In beiden Städten herrscht nämlich rund um das Europäische Parlament immer noch der gelbe Alarm. Dort zählt es zum optischen Alltag, dass Sie Soldaten sehen, die im Camouflageanzug, im Tarnanzug, mit einer scharfen Waffe, einem Maschinengewehr, einem Sturmgewehr, was auch immer, durch die Straßen patrouillieren, um die Sicherheit entsprechend zu gewährleisten. Nein, schauen Sie sich auch an, welche Terroraktionen es in Europa gegeben hat. Schauen Sie sich an, welcher Zusammenprall der Kulturen auch hier geherrscht hat. Nein, ich sage, helfen wir den Menschen in ihren Regionen, aber holen wir sie nicht alle her. Und diese Menschen, die als Glücksritter herkommen, werden ja auch als Trägerwelle für jene missbraucht, die Böses in ihren Köpfen haben, die uns Schlechtes tun wollen und die eine Gefahr für Europa darstellen. (Beifall bei der FPÖ.) Die Uhr sagt mir, ich habe noch 3 Minuten 50, ich werde das eine oder andere Argument noch zum Thema Klima hier zum Besten geben. Eine Allianz der EU-Mandatare und auch eine Mehrheit des Europäischen Parlaments hat hier erstens einmal den Klimanotstand ausgerufen, was absurd ist, denn zur selben Zeit will man Klimaflüchtlinge reinholen, das heißt, von einem Notstandsgebiet ins europäische Notstandsgebiet, absurd aus meiner Sicht. Aber wie auch immer, man tut etwas für das Klima, das ist gut und das ist schön. Ich sage immer nur, man soll dann den Mandataren hier ein bisschen näher auf die Pelle rücken und zum Beispiel in die Etage des Europäischen Parlaments schauen, wo ihre Fahrzeuge parken. Da sieht man ganz selten irgendwo das klimagerechte Fahrzeug. Da sieht man die Sechs- und die Achtzylinder, da sieht man die echten großen Schlitten, um dann zwei Stockwerke höher etwas gegen das Klima zu machen. Es ist genauso, wenn man hier ein Angebot nutzt, mit dem Nachtzug nach Brüssel zu fahren. Also ich habe von meiner Seite aus gesagt, ich halte das für einen Blödsinn. Und zwar nicht, weil ich es generell für einen Blödsinn erachte, sondern es für die Menschen, die in der Woche ein, zwei Mal nach Brüssel hin- und herfliegen müssen, einfach lebensfremd ist, sich 14 Stunden in einen Zug zu setzen, halbe Stunde hin zum Bahnhof, halbe Stunde dann vom Bahnhof ins Parlament, um dann 15, 16 Stunden an Zeit zu verbringen, die, so behaupte ich, ein aktiver Politiker nicht hat. Gut. Es kann aber sein, dass trotzdem manche sagen, sie wollen immer mit dem Zug dort hinfahren, sie haben die Zeit, es taugt ihnen, wie auch immer. Nur, sage ich auch in Richtung der GRÜNEN, so richtig scheinheilig wird es, wenn man mit dem Zug und den Kameras Richtung Brüssel fährt, 14, 16 Stunden lang, und sich wenige Stunden später in den AUA-Flieger setzt und sagt, man hat einen Termin in Wien. So kann es nicht gehen, das ist scheinheilig. (Beifall bei der FPÖ.) Sie sollten jetzt als GRÜNE, die Sie Regierungsverantwortung haben, viel eher da ansetzen, wo es geht, diese ganzen Wahnsinnsfahrten quer durch Europa endlich zu unterbinden. Tiertransporte, die quer durch den Kontinent stattfinden, landwirtschaftliche Produkte, die aus irgendwelchen Winkeln Osteuropas in irgendwelche Winkel Südeuropas oder Westeuropas verbracht werden. Erdäpfel, die in Osteuropa produziert werden, dann nach Westeuropa zum Schälen verbracht werden, die dann in ein weiteres Land verbracht werden, um zu Pommes frites zerschnitten zu werden, und dann in weitere Staaten verbracht werden, um da verkauft zu werden. Da setzen Sie bitte an, bei diesen Wahnsinnigkeiten, diese Fahrten entsprechend zu unterbinden. Sie werden weder dem Klima helfen noch der Natur und der Umwelt auch nur irgendetwas Gutes tun, wenn Sie irgendwelche Strafgelder für CO2 einheben. Das bringt der Natur nichts, das bringt nur den entsprechenden Staatsbudgets etwas. Und da ist auch die Scheinheiligkeit, aus meiner Sicht, in dieser Debatte vorhanden. Es sind nicht die Greta Thunbergs, bei aller Wertschätzung dieser jungen Dame gegenüber, es gibt hunderte und wahrscheinlich tausende junge Menschen quer durch Europa, die sich für eine bessere Welt, für mehr Naturschutz, für den Schutz von Tieren, wie auch immer einsetzen. Aber da steht eine Marketingindustrie dahinter, die offensichtlich das Ziel hat, eine Energie in Europa zu fördern, die ich nicht will. Denn denken Sie darüber nach, was die einzige CO2-freie Produktion von Energie ist: Das sind Atomkraftwerke. Und genau diese Atomkraftwerke will ich nicht haben. Und ich hätte auch gerne eine gemeinsame europäische Stimme, wenn es darum geht, Mochovce, Temelín, Krško und andere Reaktoren endlich vom Netz zu nehmen, bevor uns irgendeiner dieser Schrottreaktoren um die Ohren fliegt. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Ernst Woller (unterbrechend): Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit von 20 Minuten ist beendet. Ich ersuche Sie, zum Schlusssatz zu kommen. EP-Abg. Harald Vilimsky (fortsetzend): Schlusssatz: Danke für Ihr Interesse. Appell an Sie: Vielleicht nicht immer nur das eine oder andere, das die Mainstreamdebatte vorgibt, hier wiederzukäuen, sondern auch Mut zu Kontroversiellem. - Danke für Ihr Interesse, wir sehen einander im kommenden Jahr wieder. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Andreas Schieder. Ich erteile ihm das Wort. EP-Abg. Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Präsident, Herr Bürgermeister oder Landeshauptmann, wie man im Landtag sagen muss! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete zum Wiener Landtag! Ich danke für die Einladung, hier auch zum Thema 25 Jahre Wien in der Europäischen Union zu sprechen, auch, weil es mir die Möglichkeit verschafft hat, wieder einmal ein langes Wochenende hier zu verbringen und erst heute Nachmittag nach Brüssel zu fahren. Deshalb brauche ich auch nicht die Übungen von der Frau Wiener mitmachen, weil ich mir gestern eine Yogastunde gegönnt habe, davor auch ein langes Ballwochenende, aber vor allem auch wichtige, politische Termine. Da der Kollege Vilimsky auch die Tischdekoration im Europaparlament angesprochen hat, ist mir ins Hirn geschossen: Ich kann mich noch erinnern, als ich hier das erste Mal ins Haus gewählt wurde, war im Gemeinderat sogar noch das Rauchen erlaubt, und so sieht man, dass es sich auch ändert, aber ich glaube, Tischdekorationen im Europaparlament sind sicherlich nicht das Thema. Wien 25 Jahre in der Europäischen Union ist aus Perspektive der Stadt Wien ein erfolgreicher Weg. Wie schon der Bürgermeister und Landeshauptmann gesagt hat, Wien ist die sechst- und am Ende dieser Woche fünftgrößte Stadt der Europäischen Union. Am Ende dieser Woche, da mit 31. Jänner die Briten aus der Europäischen Union austreten, wir auch morgen und übermorgen das letzte Plenum des Europaparlaments mit den britischen Kollegen haben. Und da muss man schon ein Wort verlieren, denn den Brexit eigentlich gutzuheißen, ist ja der größte Fehler, den man machen kann, denn er ist gebaut auf der Lüge des Boris Johnson, der versprochen hat, gemeinsam mit dem Herrn Farage und wie sie alle heißen, dass es mehr Geld für das Gesundheitssystem gibt, und, und, und. Und die wirkliche Realität ist, dass in Großbritannien und im Vereinigten Königreich mit der Politik von Boris Johnson wiederum die Reichen reicher und die Armen ärmer werden, im Gesundheitssystem sind kein einziger Cent und kein einziger Penny angekommen. Die, die das sagen, sind auch dann die, so wie Sie, Herr Vilimsky, die das dann ja auch immer ein bisschen für Österreich im Auge haben, ob es nicht gescheiter wäre, dass wir nie eigetreten wären oder vielleicht besser wieder austreten. Und ich sage: Das ist ein schwerer, schwerer Fehler, den man keinesfalls machen sollte, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Aber lassen Sie mich zurückzukommen zu Wien in der EU. 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Europas leben in Städten und trotzdem, muss man ehrlicherweise sagen, ist die Stadtpolitik auf europäischer Ebene nicht so ausgeprägt, wie wir es brauchen würden. Sehr oft geht es um Landwirtschaftspolitik, sehr oft geht es um Regionalpolitik, sehr oft geht es um viele Fragen, aber die Stadtpolitik ist eine, wo es noch wesentlich wichtige Themen zu sagen und zu tun gibt. Wien ist aber, wenn man so will, eine Europastadt geworden. In den 90er Jahren waren noch 2 Prozent der Stadtbewohner EU-Bürger, jetzt sind es 13, 15 Prozent in dieser Stadt. Wien ist die größte Universitätsstadt im deutschsprachigen Raum, stark wachsend und dynamisch, und die Nummer 1 in all diesen Bereichen, vom öffentlichen Verkehr, vom Kulturangebot, von der Sauberkeit bis zur Effizienz der Verwaltung und all diesen Themen. Jetzt geht es bei der europäischen Stadtpolitik genau darum, diese Möglichkeiten auch für die Stadt Wien in Zukunft zu erhalten. Da gibt es ein paar wichtige Themen, und es freut mich, dass wir auch diese Woche im Europaparlament eine Intergroup zur Urbanitätspolitik, also zur Stadtpolitik gründen werden, und es freut mich besonders, dass es auch gelungen ist, dass ich dort stellvertretender Vorsitzender dieser Intergroup Urbanität werde, weil es genau darum geht, gemeinsam mit anderen Abgeordneten des Europaparlaments, denen Städte am Herzen liegen - da ist dabei die ehemalige Bürgermeisterin von Straßburg, und so weiter -, auch diese Politikfelder zu formulieren. Da geht es darum, dass auch in Zukunft öffentliche Dienstleistungen in öffentlicher Hand bleiben können müssen und kein Privatisierungs- und Liberalisierungsdruck von der Europäischen Kommission ausgeübt wird. Da geht es darum, dass sozialer Wohnbau auch in Zukunft gefördert werden kann - und zwar für die breite Mittelschicht genauso wie für die Ärmsten in der Gesellschaft - und nicht nur als Teil der Sozialhilfe für die Allerärmsten, sondern als Instrument der offensiven Stadtgestaltung auch in Zukunft zur Verfügung steht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Da geht es darum, dass öffentliche Bildung und ein öffentliches Netz an Kinderbetreuungseinrichtungen, am besten noch gratis, ganztags, rund um die Uhr, mit flexiblen Öffnungszeiten, in hoher Qualität wie in Wien zur Verfügung steht, und da geht es auch darum, dass die kommunalen Dienstleistungen in der Infrastruktur wie Müllentsorgung, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, und, und, und weiterhin auch von der öffentlichen Hand erledigt werden können. Und übrigens - nur in Klammer, denn es schickt sich ja auch nicht, über andere Städte zu reden -, gerade die Müllentsorgung in Wien ist etwas, was man in Brüssel jeden Abend vermisst, wenn man dort über die Müllsäcke am Gehsteig stolpert. Der öffentliche Verkehr ist genau so ein Thema und da geht es darum, dass auch in Zukunft Städte wie Wien ein integriertes, sich in öffentlicher Hand befindendes Verkehrsnetz anbieten können, und wenn es so wie in Wien ist, um einen Euro pro Tag im Jahr, dann ist es noch viel besser, sehr geehrte Damen und Herren. Und der Nachtzug der ÖBB ist etwas, das nicht nur Leute nach Brüssel bringt, sondern man darf auch eines nicht vergessen, das führt auch dazu, dass jetzt viele in Brüssel sich gerade überlegen, ob sie nicht wieder einmal einen Wien-Urlaub machen, weil eben Wien bei ihnen so beliebt ist. 25 Jahre in der EU heißt auch, ein bisschen vorauszuschauen, wo stehen wir und vor welchen Herausforderungen stehen wir. Und da müssen wir sagen, die Europäische Union ist das größte demokratische Projekt dieser Welt. Es gibt kein anderes Parlament neben dem Europaparlament, das von mehr Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden ist. Es ist bei der letzten Europawahl auch gelungen, dass mehr Leute als davor zur Wahl gegangen sind. Auch in Wien ist die Wahlbeteiligung bei der Europawahl gestiegen, und das ist ganz, ganz wichtig. Aber es gibt Herausforderungen, die Steuerpolitik, die Sozialpolitik, die Klima- und Digitalisierungspolitik, aber auch die Grundrechte, sehr geehrte Damen und Herren. Denn es gibt Länder, auch an unserer Grenze, wie Ungarn, wie Polen, wie andere, die es mit den Grundrechten nicht mehr so ernst nehmen. Wer sich nur das Video von Peter Klien angesehen hat, das gestern auch im Fernsehen ausgestrahlt worden ist, wie - und es war keine Spaßsendung, wie er das sonst macht, sondern das war sehr ernst zusammengetragen - Viktor Orbán über die Medienkontrolle und die Ausschaltung kritischer Medien und die Entlassung von Journalisten, und so weiter letztlich auch das Geld der EU-Förderungen in die Taschen seiner Hawara und Freunde gesteckt hat, dann weiß man, dass es mit diesem illiberalen System, mit dieser eigentlich schrittweisen Abschaffung der Demokratie gar nicht so weit her ist. Und wer sich dann hier hinstellt und sagt, eigentlich ist Orbán und dessen Politik mein bester Freund und mein Vorbild, dann ist das zwar ehrlich, aber auf das Schärfste zurückzuweisen, Herr Vilimsky. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Dass Sie so ähnlich denken, das haben wir ja live im Ibiza-Video gesehen, wo ja die FPÖ auch versprochen hat, sie will sich die "Kronen Zeitung" einnähen, dann die Kontrolle über diesen Staat übernehmen und dann die öffentlichen Aufträge an ihre Hawara vergeben. Kommen wir aber zu den anderen Herausforderungen, auch weil der Landeshauptmann die globalen Konzerne angesprochen hat. Hier möchte ich wieder einmal das Beispiel bringen, dass, wenn ein globaler Kaffeekonzern - Kaffeehauskonzern wäre ja schon eine Frechheit - bei 18 Milliarden Umsatz, wo das Kaffeegetränk 5,80 EUR oder mehr kostet, nur 1.144 EUR Steuern in Österreich zahlt, und das Wirtshaus in Floridsdorf zum Frohen Schaffen - wir alle kennen es, wir waren hoffentlich schon zumindest auf dieser Seite (in Richtung Sitzreihen von SPÖ und GRÜNEN) alle auch dort essen -, wo das Schnitzel 8,90 EUR kostet, über den Tellerrand geht und köstlich schmeckt, das Dreifache von diesem globalen Kaffeehauskonzern bezahlt, dann irgendwas falsch im System ist. Und das, was falsch ist, nämlich, dass nicht der Kleine sich denken darf, er ist der Trottel aller anderen, weil er die Steuern zahlt, während die Großen die Steuerschlupflöcher in den Steueroasen nutzen, dann braucht es die Europäische Union und eine engagierte Politik, die diese Schlupflöcher zu macht. Warum sind die noch nicht zu? Weil sich immer wieder Finanzminister auch dagegenstellen und blockieren, aus den Ländern, die auch ein bisschen Steueroasen sind, aber auch immer wieder der österreichische Finanzminister, was ich besonders traurig und schlecht finde. Und daher, sehr geehrter Herren und Damen, ist es auch notwendig, dass wir die Einstimmigkeit in diesem Bereich abschaffen, denn wenn wir Steuergerechtigkeit wollen, dann brauchen wir auch gescheite Entscheidungen in der Europäischen Union. Die andere Spaltung ist die soziale. Wir brauchen endlich ein Europa, das sich auf europäische Mindestlöhne eint, nämlich in jedem Land gewisse Standards verankert, bis hin zur Implementierung dieser sogenannten Säule der sozialen Rechte auch optimale Rahmenbedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schafft. Viel zu lange ist nur geschaut worden, dass sich die Großkonzerne ihre Chancen verbessern, jetzt geht es darum, dass man auch schaut, dass die einfachen Leute, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein soziales Netz, ein sicheres Einkommen bekommen, so wie es ihnen zusteht. Da heute der Tag des Datenschutzes ist, hier vielleicht noch eine kurze Bemerkung: Wir alle kennen das Phänomen, man hat sein Handy irgendwo liegen, redet irgendetwas, und auf einmal meldet sich Siri und schlägt irgendetwas zu diesem Thema vor oder im nächsten Moment hast du in deiner Facebook-Timeline gleich den Vorschlag. Du sagst, wir waren schon lange nicht mehr in Paris, und die machen dir gleich die nächsten Reisevorschläge. Und man denkt sich irgendwie: Was geht denn da vor? Wo sind denn meine Daten? Wie sicher sind sie denn? Da braucht man noch gar nicht in die Details gehen, über den Handel mit Daten, über den Handel, der zukünftig mit den Gesundheitsdaten kommt, die wir alle, weil wir uns gerne sportlich betätigen, am Handgelenk, gratis, frei Haus diesen Unternehmen auch liefern. Da braucht es, wenn man dieser Übermacht der großen Konzerne entgegentreten will, auch die Europäische Union, die da engagiert und hart vorgeht, den Datenschutz für die einzelnen Menschen auch sicherstellt. Denn die Grundrechte sind gerade in Zeiten, in denen die Digitalisierung voranschreitet, ein ganz, ganz wichtiger Punkt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Lassen Sie mich zum Schluss auch auf ein paar Themen kommen, die Wien nur am Rande berühren. Aber trotzdem, denn Wien ist eine Metropole, und es gibt in vielen anderen Bereichen unseres Kontinents Leute, die eigentlich sehr oft schauen, was sich in Wien abspielt, wie es in Wien ist, da Wien eigentlich im Herzen auch ein bisschen ihre zweite Hauptstadt ist. Das gilt vor allem für die Menschen am Balkan. Natürlich haben die alle ihre eigene Hauptstadt, aber Wien ist so irgendwie auch der große Referenzpunkt in der Europäischen Union, von der Lebensqualität, aber auch vom politischen Projekt hier, dass jeder Mensch sein Leben in guter Qualität führen kann. Daher ist für uns auch die Balkan-Politik gerade besonders wichtig, dass es uns gelingt, dort Stabilität zu verankern, und zu Stabilität gehört nicht nur die Abwesenheit von Krieg - und es war auch dort, wo das das letzte Mal auf dem europäischem Kontinent ein wirklich heißer Krieg war -, da geht es auch darum, Wachstumschancen, Entwicklungschancen für die Menschen dort in der Region zu verankern. Daher ist das Eröffnen von Beitrittsverhandlungen im Gegenzug dafür, dass diese Länder auch Reformen voranbringen, ein ganz wichtiger Punkt. Gerade bei Nordmazedonien und Albanien ist es leider am Veto des französischen Staatspräsidenten gescheitert. Das ist ein schwerer Fehler, und da sollte man schauen, dass es bald auch wieder gelingt, die Beitrittsverhandlungen zu eröffnen, da es aus Wiener Sicht ein ganz besonders wichtiges, zentrales Projekt ist. Wenn man dann dort auch die Städte besucht, dann weiß man, der Bürgermeister von Tirana ist ein großer Bewunderer nicht nur der Stadt Wien, sondern wir wissen auch, dass er in Wahrheit natürlich viele Ideen übernimmt - geklaut, kann man nicht sagen, denn wir sind ja froh, wenn er sie sich mitnimmt - und auch in seiner Heimatstadt Tirana umsetzt. Und so wie in Wien funktioniert es auch dort, das Leben wird besser und schöner. So bilden gerade die Städte - und dieses engagierte Zusammenspiel, das die Stadt Wien auf beiden Ebenen macht, nämlich einerseits auch mit den großen Städten Paris, Rom, Madrid, und andererseits mit den anderen Hauptstädten im Umfeld, wie am Balkan oder in der Nachbarschaft östlich und nördlich von Wien - Allianzen für den Erhalt des politischen Freiraums und zeigen, dass man Stadtpolitik ungeachtet von Privatisierungsdruck umsetzen kann. Daher ist es ganz wichtig, dass auch Städte Allianzen schließen. Und da hat man als Wiener, der von hier kommt und dann dort - ich bin zum Beispiel jetzt Vorsitzender der Freundschaftsgruppe mit Nordmazedonien - hinfährt und sagt, ich komme aus Wien, schon einmal einen Gutteil seiner Einleitung einfach erledigt, weil einem dadurch schon sehr viel Positives auch zufliegt. Denn Wien ist eine Stadt der Lebensqualität. Dieses Wien hat die 25 Jahre in der Europäischen Union maximal für sich genutzt. Wir sind lange schon weg von diesem Image, nur Mozartkugeln und Lipizzanerpferde zu sein, denn wir sind auch die Stadt der Lebensqualität, des Kaffeehauses, und vor allem auch der Mannerschnitten und der Käsekrainer. Das sind nämlich die zwei Dinge, von denen immer alle Leute in Brüssel von mir verlangen, dass ich sie mitbringe, nämlich ein Packerl Mannerschnitten und ein Packerl Käsekrainer. In dem Sinn soll uns nichts Schlimmeres passieren, als dass man das machen muss. Denn was wir sowieso immer nach Brüssel mitbringen, ist die soziale Idee des Roten Wien. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abg. Handler. Bevor ich ihm das Wort erteile, möchte ich noch mitteilen, dass Frau Abg. Emmerling ab sofort für die gesamte Sitzung entschuldigt ist. Ich begrüße bei dieser Gelegenheit auch den Europaabgeordneten Lukas Mandl herzlich bei uns. (Allgemeiner Beifall.) Er wird dann in der zweiten Runde das Wort ergreifen. Zu Wort gelangt nun Herr Abg. Handler. Abg. Klaus Handler (DAÖ): Werter Herr Präsident! Werte Europaabgeordnete, herzlichen Dank, dass Sie heute bei uns sind! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor 25 Jahren ist Österreich zur EU gekommen. Mittlerweile ist es auf 28 Mitgliedsstaaten gewachsen, wirtschaftlich sind wir seit 1995 eng mit den Ländern verbunden. Trotz aller positiven Seiten ist auch klar, dass sich die EU verändern muss. Viele EU-Bürger betrachten die EU mittlerweile als bürokratisches Monster, das sich viel zu viel in die nationalen Belange einmischt, statt sich um die eigentlich wichtigen Dinge zu kümmern. Durch den Brexit haben inzwischen auch viele andere Staatschefs verstanden, dass diese Form der EU auf Dauer nicht mehr funktionieren kann. 25 Jahre nach dem EU-Betritt wird die EU-Mitgliedschaft mehrheitlich noch positiv bewertet, jedoch wird die Skepsis auch größer und größer. Also wir, von der Allianz für Österreich, stehen zu Europa, aber die Europäische Union muss sich weiterentwickeln beziehungsweise verändern. Nun stellt sich die Frage: Wie viel Europäische Union brauchen wir? Wollen wir ein Europa der Vaterländer oder wollen wir eine zentralistische EU, die alles bis ins kleinste Detail regelt und über die Interessen der Bevölkerung drüberfährt? Auf den ersten Blick klingt meine Bemerkung vielleicht brüsk, aber es ist tatsächlich so, dass alles, was aus Brüssel kommt, vorgeschrieben wird, nicht immer - ich sage es jetzt einmal freundlich - optimal ist und es schon zahlreiche skurrile Verordnungen gibt. Grundsätzlich finden wir EU-weite Regeln, zum Beispiel zum Schutz von Lebensmitteln sinnvoll, aber es müssen natürlich die regionalen Sachen berücksichtigt werden. Kein Mensch braucht EU-Vorgaben, wie es jetzt vor Kurzem aktuell war, wie die Schnitzel und die Pommes auszuschauen haben. Wir reden da über tausende Verordnungen, die nicht genauer definiert sind, und da fordern wir schon die Kompetenzen an die Mitgliedsländer zurück. Zum Beispiel aus der Gastronomie, ich komme zur Pommes-Verordnung, da wird über 24 Seiten über Kartoffelsorten mit niedrigem Zuckergehalt geschrieben, sage ich einmal. Also ich brauche keine EU- Einheitskartoffel, jeder, der diese Standardkartoffeln kennt, dem schmecken sie eh nicht mehr, vor allem, wenn man wieder einmal am Land ist und dort einen echten Erdäpfel isst. Aber auch die ganzen Temperaturen, da kann man durchaus Empfehlungen machen, aber dass da wirklich schon die fast berühmte Bräunungstabelle ins Spiel kommt und Gastronomen dann Strafen kriegen, weil sie dagegen verstoßen, das ist schon ziemlich lächerlich, das ganze Thema. Ich gebe zu, ich bin keiner, der das Schnitzel und die Pommes täglich am Speiseplan hat, aber wenn ich eines esse, will ich eines, das mir schmeckt, und nicht eines, das EU-konform ist. (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Das ist meistens kein Widerspruch!) - Kann man so und so sehen. Dasselbe gilt jetzt zum Beispiel beim Glühlampenverbot. Da hat man gesehen, da gehen wirklich Industrieinteressen vor die Interessen der Bürger. Das wurde vor elf Jahren verboten. Die neue Energiesparlampe enthält wirklich zahlreiche giftige Stoffe, und ich finde, das ist schon eine problematische Sache, etwas, was funktioniert wie die normale Fadenglühlampe oder Glühlampe, durch etwas, was technisch nicht ausgereift und noch dazu hochgiftig ist, zu ersetzen. Ich wollte als Beispiel so eine Energiesparlampe mitbringen. Aber denken Sie einmal nach, wenn die mir jetzt da runterfällt, was da passiert. Wie geht man vor, wenn so etwas passiert? Wir müssten einmal alle für 15 Minuten den Raum verlassen, also die Sitzung unterbrechen. Dann muss das Ganze gelüftet werden. Das Ganze kann man nicht aufkehren oder saugen, sondern muss man mit Klebestreifen da wegnehmen, in einen festen Behälter geben und dann entsorgen. Wie viele Leute - und ich habe es jetzt ein bisserl verkürzt gesagt - wissen das überhaupt? Die Quecksilberdämpfe sind hochgiftig, gerade für Kinder, und da entstehen starke Schäden. Die EU ist ja mittlerweile auch draufgekommen, was sie da gemacht hat, die Energiesparlampe wird jetzt wieder vom Markt genommen und in die neue LED-Technologie übergeführt, was grundsätzlich sehr gut ist. Aber ich habe versucht, Statistiken zu finden, wie viele Energiesparlampen eigentlich regulär zurückgegeben werden, und es gibt hier keine. Viele sagen, das kann man nicht, weil die Lebensdauer so lange ist. Aber was ich mittlerweile in meinem ganzen Bekanntenkreis erfragt habe, haben sie die alle ausgetauscht, weil sie unzufrieden sind, aber richtig rückgeführt wurden diese nicht. Diese problematischen Sachen landen daher dann im Müll. Ich könnte so noch 1.000 Verordnungen aufzählen, die in meinen Augen nicht notwendig sind, was entrümpelt gehört. Ich würde mir daher ein Europa der Vaterländer wünschen, wo die Eigenständigkeiten der Regionen sichergestellt sind. Und ich sage: Zusammenarbeit, ja, Überregulierung, nein. Präsident Ernst Woller: Das war die Wortmeldung des Herrn Abg. Handler. Zu Wort gelangt Herr Abg. Weber. - Bitte. Abg. Thomas Weber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Geschätzte Mitglieder des Europäischen Parlaments, schön, dass Sie da sind, herzlich willkommen im Wiener Landtag, und schön, dass wir heute die Möglichkeit haben, über Europa zu sprechen! Und natürlich möchte ich auch sehr herzlich unsere Gäste auf der Galerie begrüßen, schön, dass Sie auch da sind! Und falls jemand über Livestream zuschaut, auch ein herzliches Willkommen an Sie! Wenn ich an Europa denke, sind das Erste, was mir einfällt, die europäischen Werte. Das ist die Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde. Das sind die Freiheit, die Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und ganz besonders natürlich die Rechte der Menschen, die Minderheiten angehören. Die europäischen Werte sind zutiefst liberale Werte, das sind Werte, auf die ich stolz bin, das sind Werte, für die ich nicht aufhören werde aufzustehen. Das sind aber auch Werte, für die wir Europäerinnen und Europäer in dieser Welt auch eine Verantwortung haben, eine Verantwortung und Vorbild im Sinne einer pluralistischen, einer toleranten und einer nicht diskriminierenden Gesellschaft. (Beifall bei den NEOS.) Europa, das ist für mich vor allem aber auch mehr als der kleinste gemeinsame Nenner. Mehr als der kleinste gemeinsame Nenner, wo ständig Reformen blockiert werden und in den innerpolitischen Diskussionen sehr oft die Schuld immer auf die nach Brüssel geschoben wird. Ich möchte hier ein starkes Europa - Sie wissen das, Sie kennen unsere Vision -, ein demokratisches, ein vereintes Europa, das immer geschlossen und selbstbewusst in der Welt auftritt. Ich möchte die Vereinigten Staaten von Europa. (Beifall bei den NEOS.) Und was bedeutet das? Die Vereinigten Staaten von Europa bedeutet, ich möchte eine echte europäische Verfassung. Ich möchte die Kommission weiterentwickelt sehen zu einer handlungsfähigen europäischen Regierung. Ich möchte eine direkt gewählte Kommissionspräsidentin, einen direkt gewählten Kommissionspräsidenten, und ein selbstbewusstes Europäisches Parlament, organisiert als Zwei-Kammer-Parlament. Meiner Meinung nach braucht es in vielen Bereichen nicht die Diskussion um Subsidiarität. Wenn immer ich jemanden frage, der das Wort anführt, ja, was meinst du denn damit, was soll denn mehr subsidiär behandelt werden, bekomme ich eigentlich nur großes Schweigen und keine Antwort. Ich möchte ein Mehr an Europa, nämlich in all den Fragen, wo wir sehen, dass das nationale Handeln der europäischen Nationalstaaten komplett versagt. Das ist etwa im Klimaschutz. Das werden wir nicht in nationalen Alleingängen schaffen: Umwelt-, Energiepolitik, Außen-, Sicherheits-, Verteidigungspolitik, Asyl, Integration, die Liste der Politikfelderfälle könnte man jetzt runterdeklinieren. Überall sehen wir Themenbereiche, wo es ein Mehr an Europa braucht. (Beifall bei den NEOS.) Und Europa - Sie erkennen das schon, wenn Sie mir zuhören und meine Leidenschaft für Europa spüren -, das ist mehr als ein Kontinent von einzelnen Nationalstaaten. Europa, das ist eine kulturelle, eine wirtschaftliche und vor allem auch soziale Heimat. Wenn wir heute über die 25-jährige Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union sprechen, dann müssen wir aber auch anerkennen und sehen, dass der politische Wille hier bei uns in Österreich zu einem starken, zu einem vereinten Europa in den letzten 25 Jahren nicht immer klar erkennbar ist. Da wird oft gebracht: Na ja, was wollen wir denn in Österreich zur Europa beitragen, wir sind ja so ein kleines Land in Europa! Ja, Europa ist aber keine Frage von Einwohnerzahlen, sondern eine Frage der politischen Haltung. Ich möchte Sie nur daran erinnern, Luxemburg, viel kleiner als Österreich, hat schon drei Mal einen Kommissionspräsidenten gewählt. Der Verweis mit, was können wir denn in Europa erreichen, wir sind ja so ein kleines Land, geht für mich völlig ins Leere. Die österreichische Europapolitik war ja von Anfang an in der politischen Debatte davon geprägt, dass wir Erfolge in Brüssel als unsere nationalen Erfolge verkauft haben und für unangenehme Entscheidungen immer denen da in Brüssel die Schuld gegeben haben. Das ist für mich völlig unverständlich, denn 1994, bei der Abstimmung, haben 66,6 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Österreichs gesagt, ja, wir wollen Teil der Europäischen Union sein! Das ist ein immens hoher Stand. Gleichzeitig, 1994, gab es mit 48 Prozent in Norwegen keine Mehrheit, in Schweden waren es nur 52 Prozent, in Finnland waren es 47 Prozent. Also, dieses Schüren von Ängsten, das wäre ja eigentlich gar nicht notwendig gewesen. Und wenn ich mich selbst erinnere an die politische Debatten, die es damals gegeben hat, das Schildlausjoghurt, die Blutschokolade, ja ehrlich, wie absurd ist denn das? Ich weiß nicht, ob Sie in den letzten 25 Jahren irgendwo eine Blutschokolade gesehen haben. Ich habe es nicht, ich habe auch kein Schildlausjoghurt gegessen. Oder - und jetzt schaue ich die Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Fraktion an - der Brief von Kanzler Gusenbauer an die "Kronen Zeitung" mit dem Versprechen, immer dann Volksabstimmungen abzuhandeln, wenn österreichische Interessen durch Änderungen der Europäischen Verträge betroffen sind. In der Sekunde, wo das Versprechen abgegeben worden ist, wurde es bereits gebrochen. Und es ist genau dieser Geist, den ich Ihnen jetzt da erzählt habe, der Geist des Zündelns mit der europäischen Integration, der immer wieder in den letzten 25 Jahren stattgefunden hat, der uns auch letztendlich den Brexit eingebrockt hat. Und ja, es ist richtig, Brexit war eine demokratische Entscheidung, und die gilt es auch zu respektieren. Aber erinnern wir uns doch einmal alle gemeinsam, wie diese Entscheidung zustande gekommen ist und was wir da im Vorfeld gelesen haben. Da ist ein Bus durch London gefahren, da ist oben gestanden, 350 Millionen Pfund zahle Großbritannien pro Woche in die Europäische Union. Das ist absurd, das ist die Unwahrheit. Die Menschen haben es geglaubt, und der Kampagnendirektor der Leave Campaign, Dominic Cummings, hat in zahlreichen Interviews gesagt, dieser Satz war wahrscheinlich ausschlaggebend für den Ausgang der Abstimmung. Ja, das war eine demokratische Entscheidung, ja, diese demokratische Entscheidung ist natürlich zur Kenntnis zu nehmen, basierend ist sie aber auf Unwahrheiten und auf Manipulationen. Heute, rückblickend kennen wir auch die Zusammenhänge zwischen der Brexit-Kampagne und der Trump- Kampagne, sowohl methodisch als auch personell. Datenunternehmen wie Cambridge Analytica haben tausendfach, millionenfach illegal Daten von Social Media im großen Stil abgesaugt, sie analysiert und dann ganz individuell zugeschnittene Botschaften eingespielt, um das Verhalten der Menschen ganz gezielt zu beeinflussen. Und da sehen wir schon eine große Herausforderung der Europäischen Union, nämlich diese Desinformationskampagnen. Und da ist für mich ganz klar, was es in Europa braucht, um diesen Desinformationskampagnen entgegenzutreten: Bildung, Bildung, Bildung. Sie kennen das: Flügel heben! Aber letztendlich braucht es nicht nur Bildung, Bildung, Bildung, sondern es braucht auch in allen Politikbereichen auf europäischer Ebene, auf nationaler Ebene, aber auch auf lokaler Ebene - und da werden wir morgen im Gemeinderat wieder eine schöne Möglichkeit haben, im Rahmen des Petitionsberichtes darüber zu sprechen - ein Mehr an Beteiligung. Denn je mehr Menschen sich beteiligen, desto widerstandsfähiger wird auch Politik als Gesamtes werden. Und natürlich können wir hier im Wiener Rathaus nicht über die Europäische Union sprechen, nicht über 25 Jahre Österreich in der EU sprechen, ohne den Vorstoß von Landeshauptmann Bürgermeister Ludwig zu erwähnen, der gesagt hat, überall dort, wo die Stadt Wien als Arbeitgeber auftritt, sollen jene bevorzugt werden, die in Wien leben. Ich persönlich finde das befremdlich. Ich persönlich finde das diskriminierend. Ich persönlich finde das falsch. Ich möchte nicht in einem Wien leben, in dem es darauf ankommt, wen du kennst oder woher du kommst, sondern einzig, was du in diese Stadt einbringen kannst. Ja, die Europäische Union hat viele Unzulänglichkeiten, das ist keine Frage. Ich halte aber das politische Konzept der Europäischen Union, der europäischen Integration, eine starke Union, basierend auf den europäischen Werten für alternativlos. Wir brauchen eine mutige, eine selbstbewusste Europapolitik. - Auf in die nächsten 25 Jahre. Alles Gute! (Beifall bei den NEOS. - Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Alternativlos ist ... wer nicht über Alternativen nachdenkt!) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Zu Wort gelangt Frau Abg. Hungerländer. - Bitte sehr. Abg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Abgeordneter zum Europäischen Parlament! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn an meinen Vorredner anschließen, der ja sehr schön die Bedeutung der Demokratie für die Europäische Union und in der Europäischen Union herausgestrichen hat. Ich möchte das deswegen tun, weil heute ein gutes Beispiel ist, wie teilweise schmissig wir hier mit unserer Demokratie umgehen, mit diesem Wert der Demokratie, wenn ich in die Reihen der Abgeordneten blicke und leere Reihen und absolutes Desinteresse sehe, und das leider besonders bei der SPÖ, die dieses wichtige Thema an sich auf die Tagesordnung gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist traurig, dass wir dem demokratischen Umgang nicht mehr Wert beimessen. Nichtsdestotrotz, 25 Jahre EU-Mitgliedschaft von Österreich ist ein sehr, sehr schönes Thema, um Bilanz ziehen zu können. Das haben meine Vorredner mehr oder weniger auch getan, auch der österreichische Botschafter hat einen sehr faktenbasierten Beitrag in einer Rede dazu geleistet, Dr. Selmayr hat in der "Presse" dazu geschrieben, Paul Schmidt im "Standard" und auch weitere zahlreiche Artikel sind in diversen österreichischen Medien erschienen. Sie alle kommen mehr oder weniger bei einem Teil überein, nämlich 25 Jahre Österreich in der EU ist eine Erfolgsgeschichte, aber keine friktionsfreie. Oder in den süffisanten Worten der "NZZ": "Es ist ein Jubiläum, dessen Erwähnung höchstens ein ebenso mildes wie desinteressiertes Erstaunen auslöst." Das ist eine leider zutreffende Analyse, aber gleichzeitig eine extrem erstaunliche, hat doch Österreich sehr, sehr durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union vorrangig in wirtschaftlichen Belangen profitiert. Ich muss die ganzen Vorteile, die wir durch die Mitgliedschaft haben, nicht noch einmal aufzählen, das hat der Herr Bürgermeister bereits in epischer Breite gemacht. Ich glaube, es könnte niemand sagen, wie es Österreich heute ohne die Europäische Union gehen würde, und nur wenige könnten seriöserweise sagen, wie es der Union ohne uns, Rot- Weiß-Rot, gehen würde. Klar ist erstens, dass mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union die Erweiterung der Union Richtung Osten begonnen hat, und zweitens, dass die EU heute ohne Österreich ein frappantes Loch in ihrer Mitte hätte, und zwar ein größeres und vor allem unlogischeres als es die Schweiz ist. Es würde nämlich ein ganz prägender Teil der europäischen Geschichte und der europäischen Kulturentwicklung fehlen. Es wurde die Europäische Union nicht als Geschichts- und auch nicht als Kulturverein gegründet, sondern als Wirtschaftsgemeinschaft und als großes Friedensprojekt. Damit konnten die deutsch-französischen Spannungen zumindest in ihrer militärischen Hinsicht kanalisiert werden, eingebettet werden, aber die Geschichte lehrt uns leider auch, dass wirtschaftliche Verflechtung und Bündnispolitik keine Garantien für Frieden sind, und zweitens, dass gewalttätige Auseinandersetzungen nicht unbedingt ausschließlich zwischen Nationen respektive zwischen Staaten stattfinden müssen. Während also unter dem Dach der Europäischen Union beziehungsweise als solche eine institutionelle Balance zwischen souveränen Staaten zu finden versucht wird, reißen tiefe emotionale Fragen über Staatsgrenzen hinweg auf. Das sind Fragen der Identität, das sind Fragen ökonomischer Ungleichheit, das sind Fragen des Gegensatzes von liberaler/illiberaler Demokratie, das sind Fragen zum kulturellen Erbe Europas und das sind Fragen zur ökologischen Verantwortung. All diesen Fragen kann nur begrenzt mit institutionellen Mitteln entgegengewirkt oder begegnet werden, es geht hier nämlich nicht nur um nüchterne Staatsinteressen, sondern es geht gewissermaßen um ein Gefühl, das die Bürger Europas haben, es geht um Emotionen, es geht um Einstellungen. Bei der Überwindung dieser Gräben kann Österreich und leistet Österreich einen sehr bedeutenden Beitrag, nämlich nicht nur, wenn es darum geht, Fehlentwicklungen aufzuzeigen, teilweise auch als Erste in der Europäischen Union, Stichwort Migration, sondern auch, wenn es darum geht, für Dialog zu sorgen zwischen dem, was historisch bedingt als Osten und dem, was historisch bedingt als Westeuropa bezeichnet wird. Denn an dieser Bruchlinie - unter Anführungszeichen - sehen wir ja die großen, thematischen Herausforderungen: Das ist das Thema Migration, das ist das gemeinsame Verständnis von Rechtsstaatlichkeit, das ist ein Ausgleich zwischen Umweltschutz und Wirtschaftswachstum. Hier leistet Österreich einen ganz, ganz wichtigen Beitrag im Dialog mit den Visegrád-Staaten, und ich glaube, dass das ein weiterer Punkt ist, wo Österreich in der Europäischen Union eklatant fehlen würde. Dieser Brückenbau ist nicht nur in der historischen Rolle Wiens begründet, sondern sehr wohl auch in seiner aktuellen. Wien hat sehr florierende Delegationsbesuche, es ist sehr viel Interesse daran da, wie wir das in Wien machen. De facto hat Wien natürlich wirtschaftliche Vorteile durch die Osterweiterung, sehr wohl aber auch Herausforderungen. Ich möchte hier zum Stichwort Migration ein Beispiel herausgreifen, und zwar ausschließlich deswegen, weil das die größte Volksgruppe aus Osteuropa ist, nämlich jene der Rumänen. Bei den rumänischen Staatsbürgern hat sich die Anzahl seit dem EU-Beitritt 2007 bis 2019 von 7.400 auf 34.300 Menschen erhöht, das ist eine Verfünffachung. Insgesamt leben 40.000 Menschen mit rumänischer Herkunft aktuell in Wien. Und ja, das sind benötigte Pflegekräfte und ja, das sind Handwerker und Fachkräfte, die am österreichischen Arbeitsmarkt gesucht werden, aber das sind auch Menschen, die integriert werden müssen, und das sind auch Menschen, die sozial abgesichert werden müssen. Das heißt, fraglos bedeutet die Osterweiterung für Wien nicht nur Wachstum, sondern auch Herausforderung für den Arbeitsmarkt. Ich möchte die Studie der Synthesis Forschung GmbH zitieren. Sie ist im Auftrag des AMS 2019 erstellt worden und kommt zu dem Schluss: "Im Jahr 2019 werden rund drei von vier zusätzlichen Beschäftigungsverhältnissen mit Personen besetzt sein, die eine andere als die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen", großteils davon aus den neuen Mitgliedsstaaten des Ostens. Die Osterweiterung ist damit eine Herausforderung für die Wiener Arbeitsmarktpolitik, für die Wiener Integrationspolitik, für die Wiener Sozialpolitik, aber nicht zuletzt für die Wiener Bevölkerung, die aktuell mit großem Erstaunen sieht, wie schnell unsere Stadt wächst und wie rasant sie sich verändert. Und dennoch, ungeachtet all dieser Herausforderungen ist die Zustimmung zur Europäischen Union noch höher als sie zu Zeiten des EU-Beitritts war. Im Mai 2018 maß Eurostat in einer Umfrage 80 Prozent Zustimmung zu der Aussage, dass der EU-Beitritt damals die richtige Entscheidung war. Ist die EU-Erweiterung Richtung Osten nun mehr oder weniger abgeschlossen, ist das nächste Erweiterungskapitel der Westbalkan. Gerade die vorhin erwähnten Argumente, nämlich Migration oder Arbeitsmarktzugang, werden gerne als Argumente gegen eine Westbalkan-Erweiterung ins Treffen geführt. Ich möchte auch überhaupt nicht leugnen, dass es auch darüber hinaus Bedenken geben darf und diese auch artikuliert und diskutiert werden müssen, aber es gibt genauso gewichtige Argumente für die Erweiterung der Europäischen Union auf den Westbalkan, und diese Argumente sind besonders für Ostösterreich wichtig. Da ist natürlich erstens die wirtschaftliche Dimension, das heißt, die Schaffung von Rechtssicherheit und irgendwann einmal eines gemeinsames Wirtschaftsraumes. Da ist die idealistische Dimension - unter Anführungszeichen -, die EU als Stabilitätsgarantin, als Friedensprojekt und als Wohlstandsbringerin auch für die Bevölkerung der südosteuropäischen Länder, und da ist die - ich nenne es - realpolitische Dimension, nämlich die außenpolitischen Interessen der EU. In dieser außenpolitischen Dimension geht es hauptsächlich um Einflussgebiete. Der Balkan war in der Vergangenheit immer der Raum, wo verschiedene Großmächte um Einfluss kämpften, war das damals das zaristische Russland, die Habsburgermonarchie oder das Osmanische Reich. Und ich frage Sie, welches Land könnte sich mehr oder besser mit Großmachtpolitik auf dem Westbalkan auskennen, als das Österreich ist - unsere Geschichte ist durchdrungen oder eng verknüpft mit der Geschichte des Westbalkans -, denn heute sieht es nicht anders aus mit außereuropäischen Einflussgebieten am Westbalkan, sei das arabischer oder türkischer Einfluss, also eine religiöse Konnotation, sei das wirtschaftliche Einflussnahme, mit Stichwort China, oder sei das nationalistische Einflussnahme, Stichwort Russland. Es ist also im ureigenen außenpolitischen Interesse der Europäischen Union, unsere Werte, unser Einflussgebiet, unsere Werte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und effektive Korruptionsbekämpfung als EU in unsere unmittelbare Nachbarschaft zu expandieren, und das sowohl institutionell als auch ideologisch. Und ich weiß, das wird gerne ein wenig belächelt, wenn wir Europäer sagen, wir sind für Demokratie und wir sind für Menschenrechte, aber, meine Damen und Herren, das sind nicht nur Werte, die wichtig sind, damit es dem Menschen, sprich, dem Individuum in seinem täglichen Leben gut geht, viel mehr noch kann man es sehen als einen Teil der Europäischen Außenpolitik, als einen Teil der Softpower, als einen Teil, wie wir auf globaler Ebene auftreten, wofür wir einstehen und was wir im Zusammenspiel mit unseren globalen Partnern auch einfordern. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist daher absolut positiv und vernünftig, dass sich Österreich für die EU-Erweiterung am Westbalkan ausspricht und die dortigen Länder im Beitrittsprozess so aktiv unterstützt. Ich nenne das Stichwort Vetting-Prozess in Albanien, ich nenne das Stichwort Stipendienprogramm für südosteuropäische Parlamentsmitarbeiter. Und ich denke, dass auch das ein Bereich ist, wo eine EU ohne Österreich eine große Lücke hätte, wo wir einen wichtigen Beitrag für diese Europäische Union leisten. Es wird also unser aller Aufgabe sein, auch die kommenden 25 Jahre EU- Mitgliedschaft konstruktiv für die Union und effektiv in der Vertretung der österreichischen Interessen zu gestalten, damit die "NZZ" nach 50 Jahren österreichischer EU-Mitgliedschaft titeln kann: Es ist ein Jubiläum, das mit Selbstverständlichkeit begangen und gebührend gefeiert wird. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Zu Wort gelangt Herr Abg. Kunrath. - Bitte sehr. Abg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Interessierte am Livestream und im Publikum heute, unsere Gäste! Ich möchte mit einer kleinen Erinnerung anfangen. Als das Wahlergebnis am 12. Juni 1994 im Fernsehen verkündet wurde, telefonierte ich gerade mit einem politischen Freund einer anderen Partei und sagte: "Oh, ich gratuliere dir, wir haben gerade verloren!" Dabei kam aus dem Hintergrund: "Was heißt wir?" Und meine Freundin schaute mich ganz erstaunt an und sagte: "Ich habe mit Ja gestimmt!" Es war damals also sehr stark, dass man innerhalb verschiedener Gruppen und Partnerschaften unterschiedliche Meinungen und unterschiedliche Abstimmungen bis zum Schluss nicht abgeklärt oder besprochen hatte, sondern man hat ganz lange darüber diskutiert, wie die jeweilige Situation dann ausschaut. Die schon länger in der Politik Tätigen werden sich vielleicht noch an diese Abstimmung erinnern und dass die GRÜNEN damals mehrheitlich empfohlen haben, mit Nein zu stimmen. Aus heutiger Sicht würde ich anders handeln. Man lernt dazu. Und letztlich haben die fast zwei Drittel Ja-Stimmen der Bevölkerung auch dazu geführt, dass wir GRÜNEN uns entschlossen haben, dieses demokratische Votum einerseits zu akzeptieren und aber auch darauf hinzuarbeiten, die EU von innen zu verändern, in eine sozialere, ökologischere und demokratischere Bewegung. Im Jahre 94 waren für uns GRÜNE zumindest theoretisch noch andere Optionen denkbar - eine engere Kooperation mit damals noch anderen neutralen und sogenannten blockfreien Staaten, die teilweise auch Mitglied der EFTA waren. Wir hatten außerdem die Befürchtung, dass Europa durch eine verstärkte Integration der westeuropäischen Länder noch mehr gespalten werden könnte, weil dann Ost- und Mitteleuropa weiter zurückfällt. Ich hatte selbst persönlich erste positive Erfahrungen im Jahr 1996, als ich Österreichs Vorsitzender des EU- Jahres gegen Rassismus sein durfte. Die EU nahm sich immerhin Mitte der 90er des letzten Jahrhunderts Rassismus und Diskriminierung als Schwerpunkt zum Thema, damals und heute eine der wichtigsten Voraussetzungen, innerhalb der EU mit diesem Thema zu arbeiten. Und ich konnte gemeinsam mit der zivilgesellschaftlichen Bewegung unter der Leitung von "Migration Policy Group" in Zusammenarbeit mit vielen NGO-VertreterInnen damals zu den Amsterdamer Verträgen den sogenannten Artikel gegen Diskriminierung mit ausarbeiten. Jenen Artikel, der Diskriminierung in jeglicher Form untersagt. Daraus wurde dann 1999 das "Europäische Netzwerk gegen Rassismus" von Seiten der EU gegründet, und wir haben heute hier eine Stimme, die Gott sei Dank ganz stark gegen Rassismus arbeitet. Zehn Jahre nach der Abstimmung in Österreich kam es zur sogenannten ersten Osterweiterung der EU, um unsere östlichen Nachbarländer Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien sowie Polen und die drei baltischen Staaten. Auch Zypern und Malta traten damals bei. Später folgten noch Bulgarien, Rumänien und Kroatien, wie Sie alle wissen. Die Integration der Länder im mitteleuropäischen Teil des einstigen sowjetischen Machtbereichs war damals, so eigenartig es klingen mag, ein Beitrag zum Friedensprojekt Europa. Nach dem Fall des sogenannten Eisernen Vorhangs 89/90 waren ja viele Aktive der Demokratie- und Menschenrechtsbewegung dieser Länder, mit denen ich vorher vor allem in der damaligen DDR in der Friedensgruppe Jena sehr lange zusammenarbeiten durfte, in Regierungsfunktionen gekommen. Damals kamen endlich Aktive aus den demokratischen und Menschenrechtsbewegungen in diesen Ländern in Regierungsfunktionen. Dass nicht alle Ideale eines Vaclav Havel oder anderer Wirklichkeit wurden und dass vor allem in den ersten Jahren nach der Wende der Neoliberalismus mit seinen unsozialen Begleiterscheinungen viel an proeuropäischem Enthusiasmus zerstört hat, ist leider auch bekannt. Heute haben wir die kuriose Situation, dass zwei Länder, die in den Jahren 1988 bis 1990 die demokratischen Vorreiter in Ost-/Mitteleuropa waren, nämlich Ungarn und Polen, auf diesem Gebiet zu Nachzüglern innerhalb der EU geworden sind. Es scheint wieder eine politische Kluft zwischen West und Ost zu geben, teilweise sogar innerhalb eines Landes, wie das bei Deutschland zu sehen ist. Die EU ist gefordert, gefordert, der Einhaltung der Rechtstaatlichkeit Priorität einzuräumen, und zwar nicht nur in Bezug auf die Beitrittskandidaten, sondern auch bei allen Ländern, die schon EU-Mitglied sind. Auch Justizministerin Alma Zadic hat unlängst bei einem informellen Ratstreffen dieses Thema angesprochen, das sogenannte Art. 7- Verfahren, das beispielsweise gegen Viktor Orbáns Ungarn eingeleitet wurde. Der Beschluss im Europaparlament erfolgte auf Grundlage eines Berichts einer Abgeordneten der niederländischen GRÜNEN und ist ungenügend, weil er sehr hohe Hürden vorsieht. Dieses Art. 7-Verfahren braucht noch weitere Schritte: Wichtig wäre ein kontinuierliches Monitoring der Rechtstaatlichkeit in all diesen Mitgliedstaaten, und zwar in allen Mitgliedstaaten, denn Salvinis und Orbáns gibt es leider überall und wir müssen uns dagegen mit aller Kraft wehren, dass diese etwas verschieben, was in diesem Europa nicht passieren sollte. Erwähnen möchte ich aber auch, dass die Stimmung in diesen Ländern nicht so monolithisch ist, nicht so eindeutig, wie es immer wieder dargestellt wird, sondern dass es auch zivilgesellschaftlichen Widerstand gibt. Am 13. Oktober vorigen Jahres, also 2019, fielen Budapest und andere großen Städte Ungarns bei den Kommunalwahlen an die Oppositionen. Viktor Orbán war ganz irritiert und die Hauptstädte aller vier sogenannten Visegrád-Staaten, also Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei, haben mittlerweile progressive Bürgermeister, die den oftmals illiberal, autoritär und populistisch auftretenden Regierungschefs ihrer Länder eine alternative Politik entgegensetzen. Hier passieren andere Strömungen, hier zeigt die Bevölkerung, dass sie nicht immer einverstanden mit dem ist, was dort passiert. Wien hat gute Voraussetzungen, über Städtekooperationen diese demokratischen Strömungen, und das sehe ich als eine der Aufgaben von uns allen, aktiv zu unterstützen. Zuvor habe ich die Funktion der EU als Friedensprojekt angesprochen und wie wichtig es war, dass dieses gestartet wurde. Ein wichtiges Element dabei ist auch die Schaffung von Beitrittsperspektiven - wie heute schon von Herrn Schieder und Frau Hungerländer angesprochen - für alle Staaten des Westbalkans. Die Europäische Union ist der beste Garant dafür, dass mörderische Kriege in der Region, wie wir sie von 1991 bis 1992 beziehungsweise dann 1995 gesehen haben, wirklich der Vergangenheit angehören. Aktuell besonders dringend ist eine klare Stellungnahme der EU für Nordmazedonien. Dort ist es in einem schwierigen und wirklich ausgesprochen diplomatisch hochwertigen Prozess endlich gelungen, den immer autoritärer und korrupten agierenden rechten Regierungschef Gruevski nach einer knappen Parlamentswahl im Dezember 2016 durch die Zusammenarbeit aller oppositionellen Kräfte, also Sozialdemokraten, GRÜNE, Liberale, Linke, ethnischen Minderheiten, abzulösen. Die neue Regierung, seit Frühjahr 2017 im Amt - übrigens mit einer grünen Staatssekretärin für Umwelt und Raumplanung, das ist für uns besonders wichtig -, stellt die rechtsstaatlichen Standards und Meinungsfreiheit wieder her. Erst da gab es diese Möglichkeiten in Nordmazedonien tatsächlich wieder, und es schaffte es, einen der heftigsten Widerstände der Nationalisten im eigenen Land, den jahrzehntelangen, für uns außerhalb dieser Region Lebenden vielleicht absurd bezeichneten Namensstreit mit Griechenland zu lösen. Keiner hat verstanden, warum so manche Griechin, so mancher Grieche auf die Straße gegangen sind, um gegen diese Begrifflichkeit von Mazedonien und Nordmazedonien zu demonstrieren. Möglicherweise waren das sogar in vielen Fällen mehr, als es darum gegangen ist, wie es um die soziale Situation der eigenen Griechinnen und Griechen steht. Da zeigt sich, wie absurd manchmal Nationalisten dann auch im eigenen Land agieren. Doch obwohl Nordmazedonien alle Kriterien für einen EU-Beitritt nun erfüllt - rechtsstaatlich, demokratisch, europäisch, solidarisches Denken und Handeln, friedliche Lösung von Konflikten -, gibt es immer noch keine Beitrittsverhandlungen. Ich finde, das ist eine große Ungerechtigkeit der EU, hier muss ich leider vor allem Emmanuel Macron aus Frankreich besonders hervorheben. Wenn man sich nicht bewegt, wird das dazu führen, dass es im Zug der Enttäuschung breiter Teile - denn alle erwarten ganz einfach, dass hier die Bevölkerung Nordmazedoniens auch unterstützt wird - wieder zur Renaissance der Nationalisten und der Rechten kommt. Wenn die Menschen das Gefühl haben, ungerecht behandelt zu werden, obwohl sie Standards besser und korrekter einhalten als viele EU-Mitglieder, wenn sie dieses Gefühl haben, gemobbt zu werden, während mit der Türkei eines Erdogan, die in Nordsyrien in Rojava einen brutalen Angriffskrieg gegen ein demokratisches und multiethnisches Gemeinwesen führt, trotzdem aber noch immer formal Beitrittsverhandlungen laufen, aber mit Nordmazedonien, das sich um alles bemüht, diese nicht sein dürfen, dann darf man sich nicht wundern, wenn einstige AnhängerInnen der Demokratie wieder abwandern und sich eben einem Gruevski zuwenden. Im türkis-grünen Regierungsübereinkommen ist immerhin klar festgelegt, dass sich Österreich für den ehestmöglichen Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien ausspricht. Ein ebenfalls zentraler Punkt in diesem türkis-grünen Regierungsabkommen ist auch die Feststellung, dass sich Österreich in der im Mai beginnenden Konferenz zur Zukunft Europas für eine weitreichende zivilgesellschaftliche Beteiligung, für die Annahme von Beschlüssen mit qualifizierter Mehrheit, zum Beispiel in der Außenpolitik - dann würde sich so manches wie derzeit mit Nordmazedonien nicht ergeben - und für ein Initiativrecht des Europaparlaments einsetzen wird. Was die Friedenspolitik betrifft, so gibt es unter anderem im Regierungsabkommen ein Bekenntnis zu einer aktiven Neutralitätspolitik als eigenständigen Beitrag Österreichs zu Frieden und Sicherheit in Europa, zu Projekten für zivile Krisenprävention und Konfliktlösung und zur Einhaltung des EU-Verhaltenskodex gegen Waffenlieferungen in kriegsführende Länder. Durch den europäischen Green Deal der Kommission, unterstützt durch einige Mitgliedsstaaten, wie zum Beispiel seit Kurzem eben auch Österreich, kann die EU weltweit eine Vorreiterrolle beim Kampf gegen die Klimakrise einnehmen. Ich wünsche mir, dass sie dies auch bei der Friedens- und Menschenrechtspolitik tut, gerade als einer, der sich intensiv in dieser Menschenrechtsstadt Wien dafür einsetzt, und weiter alles in ihrer Macht Stehende unternimmt, dass diese Stadt uns und Europa tatsächlich in all diesen Zielen unterstützt. Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Kohlbauer. Bitte sehr. Abg. Leo Kohlbauer (FPÖ): Werter Herr Vorsitzender! Werte EU-Abgeordnete! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich möchte ganz kurz auf Kollegen Schieder replizieren, der wieder Anspielungen gemacht hat, dass die Freiheitliche Partei Interesse hätte, aus der Europäischen Union auszusteigen, einen Öxit bevorzugt. Ich kann den Herrn Kollegen beruhigen: Das haben wir nicht. Wir wollen keinesfalls aus der Europäischen Union aussteigen. Was wir allerdings im Gegensatz zu Ihnen tun, ist, wir sind Kritiker. Wir werden uns hier jetzt nicht dieser Lobhudelei, die von Seiten der Systemabgeordneten (He-Rufe bei SPÖ und GRÜNEN.) hier stattgefunden hat, beteiligen, sondern ich werde hier ganz klar ein paar kritische Punkte auch zur Europäischen Union erwähnen, weil ich als glühender Europäer Veränderung und Verbesserung in dieser Europäischen Union möchte und dafür auch als Europasprecher Politik hier in diesem Haus mache. (Beifall bei der FPÖ.) Das größte Problem an dieser gesamten Debatte rund um die Europäische Union ist einfach die fehlende Ehrlichkeit, mit der sie geführt wird, und das zieht sich wie ein seidener Faden durch die gesamte Geschichte Österreichs in der Europäischen Union. Ich möchte erinnern, 1994: kein Europageld, D-Mark und Schilling bleiben. Das haben Sie von Rot und Schwarz propangiert. Wie schaut es heute aus? - Wir haben einen Euro. Ich möchte hier jetzt nicht den Euro kritisieren, aber es ist einfach so, dass hier offensichtlich permanent mit falschen Tatsachen, mit falschen Behauptungen von Ihrer Seite gehandelt wird. Genauso wie die Unterstellung, dass wir aus der Europäischen Union austreten wollen. Zum Weiteren: Ich erinnere noch an den Ederer-Tausender von Gitti Ederer, die uns allen erklärt hat, dass wir einen Tausender mehr im Budget haben, wenn wir der Europäischen Union beitreten, dass alle Österreicher mehr Geld zur Verfügung haben. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, genau das Gegenteil ist passiert. Heute wissen die Österreicher und Österreicherinnen teilweise nicht mehr, wie sie ihre Mietkosten bestreiten sollen, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen und können. (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Das hat aber nichts mit der EU zu tun!) Sie haben seinerzeit versprochen, es wird besser mit der Europäischen Union. Mitnichten, genau das Gegenteil ist passiert! Es ist auch so, dass das Wort Friedensprojekt hier heute sehr oft bemüht worden ist. Ich möchte das hier auch ganz konkret ansprechen. Ja, es gibt in Österreich und in Europa im Moment keinen Krieg. Das ist auch gut so, aber man muss schon ansprechen dürfen, was europäische Staaten und Mitglieder der Europäischen Union so im Ausland treiben. Ich möchte hier beispielsweise auf Frankreich zu sprechen kommen, auf den Libyenkonflikt zu sprechen kommen, der im Moment gerade ein ganz großes Thema ist. Es ist so, dass hier von Seiten der Europäischen Union überlegt wird, dass man einen EU-Bodentruppeneinsatz in Libyen macht, dass man europäische Truppen nach Libyen schickt. Wir hatten unlängst hier bei uns im Europaausschuss einen Herren von der EU-Kommission, der das beworben hat, der hier massiv dafür geworben hat, dass Soldaten aus Europa nach Libyen entsandt werden sollen, um sich dort dann an kriegerischen Handlungen zu beteiligen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das werden wir verhindern und das wollen wir auf keinen Fall, dass österreichische oder europäische Soldaten Krieg in Libyen führen. Das ist strikt abzulehnen. (Beifall bei der FPÖ.) Die Frage, die ich hier in dem Zusammenhang habe, ist vor allem: Was wollen denn dann diese Soldaten der Europäischen Union? Wollen sie diese zwar anerkannte, aber nicht vom eigenen Volk anerkannte Übergangsregierung unterstützen, gegen die Mehrheit des Landes dort kämpfen? Das ist ja völlig absurd! Insofern wird mir bei dem Gedanken an die Forderung von einigen Kollegen hier im Haus schlecht, eine europäische Armee zu machen, dass hier dann tatsächlich auch österreichische Soldaten innerhalb einer europäischen Armee sich an solchen Konflikten beteiligen. Das halte ich wirklich für problematisch und ist zutiefst abzulehnen. So etwas darf auf keinen Fall passieren. Aber es ist ja nicht nur so, dass man, wenn es um außenpolitische Fragen geht, hier eine, sage ich jetzt einmal, verlogene Debatte führt, dass hier nicht mit ehrlichen Argumenten argumentiert wird, sondern es ist ja auch - es wurde heute hier bereits erwähnt - im Zusammenhang mit dem Klimawandel, mit dem Klimaschutz so, dass hier leider die Debatte nicht ehrlich geführt wird. Ein Kollege hat die Glühbirnendebatte, das Glühbirnenverbot, das umgesetzt worden ist, heute schon erwähnt. Es ist so, dass man damals die Glühbirnen unter dem Vorhalt, wir müssen Energie sparen, verboten hat. Heute passiert genau das Gegenteil, jetzt brauchen wir für den Klimaschutz noch mehr Energie. Es wird uns vermittelt, und die EU- Kommission behauptet es, dass diese Energie, die hier verbraucht wird, komplett klimaneutral wäre. Ja, das ist sie auch nicht. Ich denke an die Kohlekraftwerke in Frankreich, an die Kohlekraftwerke in Deutschland. Das ist also alles nicht klimaneutral, was hier passiert. Der Nachtzug, der von Wien nach Brüssel fährt, fährt nach der österreichischen Staatsgrenze auch nicht mehr mit Ökostrom, sondern mit Atomstrom und mit Strom aus klimaschädlichen Kraftwerken, aus Kohlekraftwerken. Es ist so, dass hier zum Beispiel die EU-Flottenverordnung, die jetzt beschlossen worden ist, vorsieht, dass in wenigen Jahren keine Kfz-Verbrennungsmotoren mehr in Europa angemeldet werden können. Man hat hier eine Rechnung gemacht und behauptet, dass das Elektroauto völlig CO2-neutral wäre, was einfach nicht stimmt, weil, wie ich es hier schon eingangs gesagt habe, definitiv der Strom nicht aus klimaneutralen Kraftwerken kommt und natürlich auch bei der Produktion eines derartigen Elektrofahrzeugs relativ viel CO2 ausgestoßen wird. Genau diese verlogenen Debatten, diese unehrlichen Debatten, die beispielsweise auch bei dem Elektroauto geführt werden, führen zu Kritik in der Bevölkerung. Die Leute durchschauen das, die erkennen, dass das nicht ehrlich ist und werden dann natürlich zu EU-Kritikern. Deshalb wäre es genau im Sinne der Europäischen Union, dass man solche unehrlichen Debatten nicht führt und sich nicht zum Gängelband der großen Konzerne macht. Herr Schieder hat es heute schon gesagt, wir müssen die Konzerne besser besteuern, wir müssen schauen, dass keine Steuerflucht betrieben wird. Aber es ist genau das Gegenteil der Fall, man macht Politik für diese Konzerne. (EP-Abg. Mag. Andreas Schieder: Sagen Sie das der neuen Bundesregierung!) Offensichtlich wurde hier im Europaparlament für diese Elektromotoren sehr gut lobbyiert, und jetzt ist es eben so, dass hier einige große Konzerne sehr viel Geld mit diesen Elektrofahrzeugen verdienen, weil sie offensichtlich sehr gut lobbyiert haben. (Beifall bei der FPÖ.) Es ist so, dass Volkswagen sogar selbst festgestellt hat, dass auf Grund der Produktion und wie man das Mittelmaß an Energie in Deutschland berechnen muss, ein Diesel-Golf weniger CO2-Ausstoß hat als ein E-Golf. Ich möchte jetzt noch ganz kurz auf den Herrn Landeshauptmann zu sprechen kommen, der eingangs gesagt hat, dass die Roßauer Kaserne umbenannt worden ist und den Herrn Offizier Bernardis erwähnt hat. Das ist auch eine sehr verlogene Debatte, die geführt worden ist. Es werden hier nämlich immer wieder Burschenschafter von Ihnen kritisiert, die GRÜNEN behaupten überhaupt, dass Burschenschafter verboten gehören. Es ist so, dass der Herr Offizier und Widerstandskämpfer Bernardis auch selbst Burschenschafter war, er war bei der Wiking zu Mödling. Es ist also auch hier eine differenzierte Debatte, es ist nicht Schwarz und Weiß, und das, was Sie hier den Burschenschaftern vorwerfen, ist auch schlichtweg unehrlich. Mein Kollege Guggenbichler hat heute dazu auch schon einen Pressedienst ausgesandt. (Beifall bei der FPÖ.) Vielleicht abschließend ganz kurz zu Nordmazedonien und Albanien, weil es hier auch schon erwähnt worden ist: Herr Schieder hat sich über die Beziehungen zu Tirana sehr gefreut, dass da der Austausch zwischen Wien und Tirana so gut und rege stattfindet. Wir wissen alle, was Albanien für ein korruptes Land ist, und meine Frage ist, über was man sich hier austauscht. Möglicherweise über das Förderungssystem, das hier von Rot-Grün in Wien veranstaltet wird und das ebenfalls abzulehnen ist? Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht alles schwarz-weiß in dieser Stadt und in dieser Europäischen Union. Wir sind proeuropäisch, allerdings kritisieren wir viele Punkte, die hier von Ihnen vorgetragen und beschlossen werden. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Florianschütz. Bitte sehr. Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Abgeordnete zum Europäischen Parlament! Ich habe mir eine schöne Rede vorbereitet, die in sich eigentlich schlüssig ist, und ich werde sie auch halten. Vorher bin ich aber aktuell genötigt, den Begriff des Systemabgeordneten, der ein belastender Begriff ist, zurückzuweisen. Eigentlich wäre es ein Ordnungsruf. Die Terminologie trägt nicht zur sachlichen Diskussion bei. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Meine Damen und Herren, 25 Jahre Österreich und Wien in der Europäischen Union: Man muss das jetzt nicht auswalzen, es ist ein Erfolgsrezept gewesen und es ist eine Erfolgs-Story. Ich erlebe das als Österreicher und als Wiener und als Vertreter der Stadt Wien beim Ausschuss der Regionen beim Europäischen Parlament. Das ist schon eine gute Sache, eine Erfolgsgeschichte und wird zu wenig wahrgenommen. Mein erster Appell an dieses Haus und auch an Sie als Abgeordnete zum Europäischen Parlament ist: Reden wir mehr über Europa, reden wir mehr über Europa in seiner Differenziertheit und in seinen Unterschiedlichkeiten. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Aber das interessiert ja niemanden!) Das hat jetzt nichts mit Lobhudelei zu tun, sondern es hat etwas damit zu tun, dass es eine notwendige Verbindung zwischen den Gedanken der Europäischen Union und Europas und dem, was wir national machen, geben muss. Ich sage das jetzt am Beispiel des Ausschusses der Regionen, in dem ich die Stadt Wien in Vertretung des Herrn Bürgermeisters vertreten darf. Ich darf Ihnen berichten, dass wir dort einen Bericht zum Thema Plattformökonomie abgeliefert haben. Das findet sich ja auch in den Medien. Da geht es darum, die Stellung der Städte und Regionen innerhalb der Europäischen Union zu stärken, und dafür ist der Ausschuss der Regionen ein gutes Mittel. Sie verfolgen unsere Auseinandersetzung in den Medien ja mit. Ich sage das jetzt anhand einer Firma, ohne für sie werben zu wollen - Airbnb, denn das ist die bekannteste, da gibt es eine ganze Menge andere auch noch -, und der Frage, wie wir damit umgehen und unsere Interessen durchsetzen. Ich darf Ihnen berichten, dass sowohl in der Kommission ECON als auch im Plenum des Ausschusses der Regionen unser Bericht einstimmig angenommen wurde, über alle Regionen und alle Parteifamilien hinweg. Das ist ein gutes Zeichen, weil das darauf hindeutet, dass wir uns im Umsetzen unserer Interessen auch gegen Großkonzerne einig sind. Da geht es uns um die Frage der Haftung von digitalen Plattformen, die Frage des Datenzugangs und der Datenportabilität, um die Umsetzungen gesetzlicher regionaler Vorschriften auch garantieren zu können, und die Frage der Durchsetzung von Regeln. Es kann nicht sein - das ist ein Rechtsstreit, der innerhalb der Europäischen Union ja schwebt -, dass nationales Recht oder regionales Recht ausschließlich am Ort des Sitzes der Konzerne und der Firmen durchgesetzt wird, denn das würde ja bedeuten, dass das Gebrauchsabgabegesetz von München, und das ist ja momentan strittig, in Dublin judiziert werden müsste. Das sehen wir natürlich ganz anders. Letztendlich geht es um die besondere Stellung des Wohnbaus. Die Handbewegung des Herrn Abg. Kowarik ... (Mag. Dietbert Kowarik: Zivilrecht ist das Übliche!) Ja, ich weiß, aber das ist der Grund, warum wir es regeln wollen, denn jeder Mensch der schon einmal versucht hat, einen Rechtstitel in Dublin zu vollstrecken ... (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Wir wenden französisches Recht an!) - Ja, das ist ja der Grund. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das haben wir gerade beschlossen!) Das Wesen meines Berichtes war es, genau das anzusprechen und dort eine andere Regelung zu finden. Ich darf Ihnen berichten - was mich sehr gefreut hat -, auch die Mitglieder Ihrer Parteienfamilie haben diesem Bericht zugestimmt. Es war einstimmig, da habe ich mich sehr darüber gefreut. (Beifall bei der SPÖ.) Weil wir gerade in dem Zusammenhang von Demokratie und Basisdemokratie gesprochen haben, weise ich auf die europäische Bürgerinitiative "Housing for All" hin, die auch von Wien aus ausgelöst wurde, wo es darum geht, Eckpunkte für Wohnraum und leistbares Wohnen für alle zu setzen. Es ist eine europäische Bürgerinitiative, und ich fordere alle auf, die das noch nicht unterstützt haben, diese Bürgerinitiative zu unterstützen. Das ist eine gute Sache. Darüber hinaus gibt es bei der Digitalen Agenda - das ist jetzt auch ein Versuch des Schulterschlusses zwischen den Abgeordneten des Europäischen Parlaments und der Stadt Wien - eine ganz gute Zusammenarbeit. Die Digitale Agenda wird ein wichtiger Schwerpunkt der kommenden Arbeit des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission sein. Das ist für unsere Städte wichtig und von wesentlicher Bedeutung, insbesondere wenn es um die Neufassung der E-Commerce-Richtlinie geht. Da bieten wir an und ersuchen um eine enge Zusammenarbeit über alle Parteigrenzen hinweg, um die Interessen Wiens und Österreichs im Bereich der Europäischen Union gemeinsam zu vertreten. Das ist eine wichtige Frage. Der große Schwerpunkt der angehenden Kommission neben der Digitalen Agenda ist der Green Deal. Der Green Deal ist eine wichtige Frage. Es ist heute angesprochen worden, Wien ist auch eine Umweltmusterstadt. Wir haben eine enge Beziehung zur Ökologie, wir unterstützen das sehr. Weil das heute ein bisschen abfällig bemerkt worden ist: Ich persönlich finde ja die Tatsache, dass viele junge Menschen unter dem Slogan "Fridays for Future" ausgezogen sind, um diesen Planeten zu retten, ehrbar und schön und freue mich darüber. Eigentlich gehe ich da auch manchmal mit und fordere Sie auf, das auch zu tun, weil es eine gute Sache ist. Ich freue mich, dass die jungen Leute das machen und unterstütze das auch sehr. Was ist Europa noch und was wird auf uns zukommen? Es ist heute auch schon angesprochen worden, und auch dafür bedanke ich mich herzlich bei den Europaabgeordneten für ihre Aktivitäten: die soziale Säule Europas. Europa ist ein sozialer Kontinent, soll es zu mindestens für alle seine Bürgerinnen und Bürger sein. Der erste Schritt war sicher die Definition der Säule der sozialen Rechte. Was wir in dem Zusammenhang sicher brauchen, ist ein Mindeststandard an Mindestlohn auf europäischer Ebene. Ich würde nicht so weit gehen, Kollege Gara, dass ich mir jetzt morgen die Vereinigten Staaten von Europa wünsche, aber auf Perspektive natürlich schon. Das ist ja auch die Agenda der europäischen Entwicklung, eine ständige permanente Vertiefung zu machen, und dazu gehört natürlich ein europäischer Mindestlohn und, meine Damen und Herren, dazu gehört auch eine europäische Mindestsicherungsstrategie, nämlich eine europäische Strategie zur Bekämpfung von Armut in ganz Europa, sodass nicht nur in Österreich und in Wien, sondern niemand von Armut betroffen sein sollte. Diese Form von Grundsicherung ist etwas, womit wir uns in den nächsten Jahren auseinandersetzen werden. Ich denke, das wird auch ein Schwerpunkt der Politik der Stadt Wien sein. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Das gilt auch für die Entwicklung einer europäischen Bildungsarchitektur. Der europäische Qualifikationsrahmen ist ein allgemeiner, nicht rechtlich verbindlicher Maßstab, der Qualifikationen nationaler Qualifikationsrahmen über europäische Qualifikationsrahmen verbindet. Wahr ist, dass die Mobilität und die Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer eine Vertiefung dieses Prozesses braucht, und so wünsche ich mir auch ausgehend von Wien, dass wir in der Frage Bildung und Bildungspolitik stärker zusammenarbeiten und das stärker in den Bereich der europäischen Ebene ziehen. In dem Zusammenhang darf ich Sie darüber informieren: Wien ist nicht nur die lebenswerteste Stadt Europas und der Welt, sie ist nicht nur eine sozial textierte Stadt, sie ist auch die Welthauptstadt der Wissenschaft in Quantenphysik. Wir sind auch eine schlaue Stadt, denn die Technische Universität führt uns das vor. Darauf können wir schon stolz sein. Wenn heute schon gesagt worden ist, Wien ist eine europäische Metropole und die größte deutschsprachige Universitätsstadt, haben wir in einem Wissensmarkt in Europa eine Menge beizutragen und freuen uns, das auch in Zukunft so tun zu können. Es ist heute schon angesprochen worden: 80 Prozent der Europäerinnen und Europäer leben in Städten. Jetzt kann man je nach Definition der Größe der Städte darüber diskutieren, 70 Prozent, 80 Prozent, aber jedenfalls die überwiegende Mehrzahl der Europäerinnen und Europäer lebt in Städten, in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Auch weil es heute schon angesprochen worden ist: Verfahren nach § 7 des Vertrags finden nicht deshalb statt, weil man garstig ist, sondern weil nationale Regierungen gegen europäisches Recht verstoßen. Der Verstoß gegen europäisches Recht ist einer, der geahndet werden muss, das ist das Selbstverständnis der Europäischen Union. Das Gegenteil wäre Willkür. Wenn wir das auf europäischer Ebene nicht ahnden würden, würden wir einem rechtsfreien Zustand Vorschub leisten, und das kann nicht sein. Ich sehe es nicht so, dass das eine Diskriminierung, Diskreditierung der Bevölkerung von Staaten ist, die quasi ermahnt werden, sich an die europäischen Werte zu halten. Ganz im Gegenteil, das ist im Grunde im Interesse der Bevölkerung dieser Staaten. Ich sehe dem mit Zuversicht entgegen, denn es gibt ja neben den diversen Abwehrhaltungen auch einen anderen Schritt. Vielleicht lernt die Regierung Orbán Menschenrechte. So optimistisch bin ich, und vielleicht nützt es etwas. In dem Zusammenhang, weil das heute auch angesprochen worden ist: Mit dem Begriff des Europa der Vaterländer habe ich ein bisschen ... Nicht, dass es mich fröstelt, aber es ist ein altmodischer Begriff. Reden wir von einem Europa der Regionen und einem Europa diverser Kulturen, unserer Heimat Europa. Das ist ein moderner Begriff, und dafür stehen ja auch der Ausschuss der Regionen und die regionale Struktur der Europäischen Union und, wenn wir es uns genau anschauen, auch das Europäische Parlament. Das sind ja nicht lauter Nationalstaatsmenschen, sondern das sind Menschen, die aus ihrer Heimat dort hinkommen und gemeinsam für den Kontinent etwas Positives erzielen wollen. Das ist das Europa der Regionen, das Europa der vielen Heimaten und das, meine Damen und Herren, ist etwas, was wir stärken und stützen sollten. In dem Zusammenhang, weil wir es im Ausschuss gehabt haben und heute schon bemerkt worden ist: Die Idee, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger in allen Staaten der Europäischen Union ein Wahlrecht erhalten, das über die unterste regionale Ebene, nämlich die Bezirksvertretung in Wien, hinausgeht, ist etwas Vernünftiges. Wir haben uns auch mehrheitlich im Ausschuss für europäische und internationale Angelegenheiten darauf verständigt, dass wir das wollen. Das ist sicher die Zukunft Europas, dass wir die Partizipation der europäischen Bürgerinnen und Bürger innerhalb Europas stärken. Das betrifft auch die Erweiterungsperspektive. Jetzt gebe ich schon zu - und das ist ja auch der Stand der Diskussion -, dass wir natürlich versuchen müssen, die Reform der Europäischen Union in sich zu betreiben. Aber die Frage des Westbalkans wurde im Ausschuss für europäische und internationale Angelegenheiten auch diskutiert. Die Position ist, natürlich wollen wir eine Erweiterungsperspektive des Westbalkan haben, denn ohne Zweifel gehören diese Länder zu Europa. Das ist heute ohnehin schon ausgeführt worden. Dass da der französische Präsident - und nicht nur er - seine eigene Politik hat, mag schon sein, aber wir sehen das halt schon so, dass zur Zukunft Europas der Westbalkan dazugehört und dass die Erweiterungsperspektive, wie versprochen und angekündigt, auch dementsprechend rasch umgesetzt werden sollte. Der Sager, dass Albanien in sich korrupt ist, ist eine kühne Behauptung, die ich jetzt weder zurückweise noch unterstütze, aber so locker sollte man europäische Politik mit solchem Wording nicht machen. Wenn wir von Europa und der Europäischen Union reden, dann reden wir meiner Einschätzung nach zu selten vom Europarat. Es gibt ja eine Diskussion - da wäre es dann interessant, in der zweiten Runde auch die Einschätzung zu hören -, wie weit nicht die Europäische Union als Ganzes dem Europarat beitreten sollte. Ich weiß jetzt nicht, wie der Stand dieser Diskussion ist. Jedenfalls ist das Verhältnis zwischen Europarat und Europäischer Union untrennbar, und alle Mitglieder der Europäischen Union sind ja auch Mitglieder des Europarats, und der Europarat ist die Institution, die sich in Europa um Menschenrechte kümmert. Um auch das hier zu sagen, weil es beklagt worden ist: Die Europäische Union hat im Grunde schon, obwohl es nicht so heißt, eine Verfassung, nämlich die Grundrechte-Charta der Europäischen Union, die Rechtsbestandteil der Europäischen Union und in Österreich im Verfassungsrang ist. Diese ist ein wesentlicher Maßstab unserer Handlungen und orientiert sich ja auch ganz stark an der Menschenrechtskonvention, wenn auch in einer weiterentwickelten, meiner Meinung nach verbesserten Form, und hat den großen Vorteil, dass sie über den Europäischen Gerichtshof judizierbar ist. Lassen Sie mich zum Schluss auf ein anderes Jubiläum kommen. Wir feiern 25 Jahre Beitritt zur Europäischen Union und wir haben gestern den 75. Befreiungstag des Vernichtungs- und Konzentrationslagers Auschwitz gefeiert. In Wirklichkeit ist das untrennbar verbunden, meine Damen und Herren, denn der Kontinent Europa in seiner modernen Form war und ist auch in seiner ganzen Entstehung auch über sein Menschenrechtssystem, über die Menschheitsverbrechen der Shoah definiert. Das heißt, dass wir insbesondere angesichts eines wachsenden Antisemitismus in den Ländern der Europäischen Union, auch in unserem Heimatland, aufgefordert sind, auf europäischer Ebene gegen Antisemitismus zu kämpfen und dort gemeinsam dagegen anzutreten. Ich gehe davon aus, dass das alle Fraktionen dieses Hauses - ich betone: alle Fraktionen dieses Hauses - unstrittig eint. (StRin Ursula Schweiger-Stenzel: Da können Sie sich sicher sein!) Das heißt, dass wir auf europäischer Ebene - und dafür werde ich mich einsetzen und ersuche Sie um Ihre Unterstützung, gerade auch als Abgeordnete zum Europäischen Parlament - die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance, die im Wiener Gemeinderat bereits beschlossen ist, umsetzen wollen, gegen antisemitische Organisationen antreten wollen und versuchen, Antisemitismus durch Aufklärung und seine Bekämpfung hintanzuhalten und zu verhindern. Denn auch das gehört zur Europäischen Union und verbindet die 25-jährige Mitgliedschaft Österreichs und Wiens und den 75-jährigen Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Danke schön, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Gara. Bitte sehr. Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete zum Europäischen Parlament! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass der Rückblick 25 Jahre Österreich in der Europäischen Union ein sehr positiver ist, sehr positiv ausfällt. Ich glaube, dass das für Österreich ein sehr, sehr wichtiger Schritt war, um im Kontext anderer europäischer Staaten an diesem gemeinsamen europäischen Zukunftsprojekt zu arbeiten. Wenn wir diese 25 Jahre zurückblicken und dann den Schritt 25 Jahre nach vorne setzen - 2045: Was ist 2045? Letztendlich geht es ja um die Zukunftsfragen Europas. Es geht nicht nur um Rückblick, was nicht funktioniert, wo Ängste geschürt werden, es geht um die Zukunftsfragen. Ich glaube, dass Europa der Kontinent ist, der die Zukunftsfragen der Menschheit auch teilweise beantworten kann oder helfen kann, diese zu beantworten. Vor diesem Hintergrund finde ich es sehr gut, dass die neue Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen in ihrer Agenda das Thema des europäischen Green Deals sehr stark prononciert gesetzt hat. Ich glaube, als Botschaft war das ein sehr wichtiger und sehr guter Schritt. Ich möchte allerdings betonen, dieser Schritt ist eigentlich ein Anfang, und letztendlich ist diese Verpflichtung zur Klimaneutralität bis 2050 nichts anderes, was im Pariser Klimaabkommen steht, wozu sich eigentlich fast alle Staaten der Welt bekennen, das in fast allen Staaten der Welt ratifiziert wurde. Wir gehen also nicht darüber hinaus. Trotzdem finde ich es gut, dass man sich noch einmal dazu bekennt. (Beifall bei den NEOS.) Ein klimaneutraler Kontinent bis 2050 ist technisch machbar, sehr ambitiös, aber technisch machbar. Aber das ist nicht die primäre Frage. Die Technologien haben wir, und ich glaube, dass Europa hier eine riesige Chance hat, auch mit seiner Industrie, mit seiner Wirtschaft, an dieser Transformation mitzuarbeiten und dass Europa tatsächlich auch weltweit ein Vorbildkontinent für diese Transformation sein kann. Da geht es nicht um die Frage, ob Europa 10 Prozent, 15 Prozent am weltweiten Ausstoß an Emissionen beiträgt, sondern da geht es um die Frage: Kann Europa diese Vorbildrolle der Transformation wahrnehmen? Wie gesagt, es ist nicht nur eine technologische. Da möchte ich auch ein bisschen auf den Kollegen Kohlbauer zur ganzen Thematik Elektromobilität replizieren. Vor Kurzem hat der VW-Chef Diess in einer Versammlung zu seinen Mitarbeitern sehr klar eines gesagt, und zwar: Wenn wir in diesem Tempo weitermachen - da meint er den Konzern, aber auch die europäische Industrie -, wird es eng. Was meint er damit? - Das bedeutet für ihn einen Perspektivenwechsel, denn im Moment ist VW ein Automobilkonzern. Was VW aber sein müsste, ist ein Hightech-Konzern mit ganz anderen Dimensionen. Ich glaube, dieses Verständnis sollten wir auch in der europäischen Industrie, in der europäischen Wirtschaft haben, um diese Chance in Richtung Klimaneutralität 2050 wirklich zu nutzen. Perspektivenwechsel - was meine ich damit? Vor Kurzem wurde bekannt gegeben, was denn diese Transformation kostet. Wir sprechen ja hier immer von den Kosten: 1 Billion EUR, also 1.000 Milliarden EUR in den nächsten 10 Jahren. Das klingt nach viel, aber in Wirklichkeit ist das nicht viel. Europa gibt alle 2 Jahre 1.000 Milliarden EUR für Subventionen fossiler Energieträger aus. Das heißt, wenn wir diese Transformation intelligent schaffen und die Subventionen fossiler Energieträger endlich abschaffen, schaffen wir tatsächlich einen Markt und dann schaffen es andere Technologien im Bereich der erneuerbaren Energiesysteme, absolut wettbewerbsfähig zu sein. Das heißt, ganz, ganz wichtig ist, dass Europa diese Spielregeln neu definiert. Wir brauchen sozusagen solche sozioökonomischen Kippelemente, die dann plötzlich etwas auslösen, was man vorher gar nicht dachte, dass es möglich ist. Dieser Perspektivenwechsel ist absolut notwendig. Auch heute war im "Standard" wieder die Überschrift: Klimaneutralität für Österreich kostet jährlich 4 Milliarden EUR. Das ist eine falsche Definition. Hier geht es nicht um die Frage, was es kostet. Der Nutzen, der im Vordergrund steht, was das für die Wirtschaft bringt, was das für neue Technologien bringt, was das für neue Arbeitsplätze bringt, wird in dieser Diskussion ja vollkommen ausgeklammert. Daher Perspektivenwechsel. Zweiter Punkt: Wo Europa Vorbild sein könnte, ist die Klimadiplomatie. Ich möchte das an dem Punkt festmachen: Wir haben heute schon über das Thema der Städteagenden gesprochen. Manche sprechen auch von der Vorstellung eines Europas der Regionen, eines Europas der Städte, eines Europas der urbanen Union. Ich glaube, das ist die große Chance für Europa, diese neue Klimadiplomatie. Im Endeffekt geht es darum: Wenn die europäischen Städte, so wie Wien, gemeinsam voranschreiten, kann man diese nationalstaatlichen Einzelinteressen in den Hintergrund bringen. Das halte ich für extrem wichtig, denn im Moment ist es gar nicht möglich, eine europäische Energieunion zu machen, weil jeder Mitgliedstaat dagegen votieren kann. Das Argument mit der Atomenergie, das zuerst gekommen ist, ist ja genau das Problem. Das heißt, den Kollegen der FPÖ sage ich nur: Na, dann sprechen Sie mit Ihrem Kollegen Orbán, denn der macht nichts anderes: Mit billigen russischen Krediten baut er Atomkraftwerke. Das heißt, wenn Sie hier gegen Atomenergie in Europa sind, dann sprechen Sie mit Ihren Kollegen in Ungarn. Diese neue Klimadiplomatie, ich glaube, das muss der Fokus sein, das ist auch die Chance Europas, zu zeigen, wie Städte in diesen Kooperationen neu agieren können. (Beifall bei den NEOS.) Dieses neue Agieren bedeutet allerdings auch - und ich glaube, wir werden ja hier morgen auch dazu sprechen - diesen Umbau der Städte in treibhausgasneutrale Strukturen, treibhausgasneutrale Städte. Das ist eine unglaubliche Herausforderung, auch wieder technisch machbar, aber wir brauchen natürlich auch diese neuen Spielregeln und auch den politischen Willen. Das wird nicht mehr mit Klein-Klein-Klein-Dingen funktionieren. Denn nochmals: klimaneutral bis 2050 heißt, 3 Prozent Emissionsreduktion pro Jahr, und das jährlich. Das hatten wir bis dato noch nicht. Was wir jetzt also einmal brauchen, ist tatsächlich eine Trendumkehr, und da geht es nicht mehr mit diesen Klein-Klein-Lösungen. Das heißt, 2045 - wenn ich in die Zukunft schaue und aus der Zukunft zurückschaue -, denke ich, haben wir die Chance, da haben wir einiges gemacht, und Europa hat es geschafft, mit dieser Transformation in Richtung Klimaneutralität auch im internationalen Kontext wieder wettbewerbsfähig zu sein. Deswegen will ich eigentlich gar nicht von einem New Green Deal sprechen, sondern in Wirklichkeit ist das, was Europa braucht, und in diese Richtung müssen wir gehen, ein New Deal, ob grün, ob rot, darum geht es nicht, sondern um eine Vorwärtsorientierung, ein Nutzen für das Klima und gleichzeitig ein riesiger Nutzen für unsere Gesellschaft und für die Wirtschaft. Danke schön. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Stumpf. Bitte sehr. Abg. Michael Stumpf, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte zum Thema 25 Jahre Österreich in der Europäischen Union hat eines eindrucksvoll bewiesen, nämlich dass nahezu alle Wortmeldungen von allen Fraktionen, außer die der FPÖ, an den eigentlichen Sorgen und Problemen und Wünschen der Bevölkerung komplett vorbeigehen. Wir haben heute eine grüne EU-Abgeordnete Wiener erlebt, die uns ganz viel Interessantes zum Thema Verdauungsstörungen berichtet hat, die abnehmende Spermaqualität bei den Männern und sexy Bienen. Auch über Gras- und Weidenmanagement haben wir heute viel lernen dürfen. Ich habe auch nach ihrer Rede keine Zweifel gehabt, dass sich die Grüne Partei besonders beim Thema Grasmanagement besonders gut auskennt. (Beifall bei der FPÖ.) Kollege Schieder von der Sozialdemokratie hat seine utopischen Phantasien und Ideen zum Besten gegeben, die ewig gleiche Leier vom Mindestlohn für alle, wobei jeder weiß, dass auf Grund der realwirtschaftlichen Unterschiede zwischen Ost und West eine derartige utopische Phantasie niemals Realität werden kann - das ist einfach nicht möglich -, um dann in seiner pointierten und impertinenten Art auf sein Leibthema zu sprechen zu kommen, nämlich Orbán, die Gefahr des Rechtspopulismus, die große Gefahr, die von Ungarn und von Polen ausgeht. Und da ist mir auch eines bewusst geworden: Dieser konkreten Art verdanken wir, dass heute die Mitteilung des Landeshauptmannes nicht Herr Schieder abgegeben hat, sondern Herr Ludwig, und darüber freue ich mich sogar (Beifall bei der FPÖ.) Kollege Kunrath hat heute etwas gesagt, was ich sogar vollinhaltlich unterstreichen kann, ich zitiere ihn, er hat nämlich gesagt: Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass sie ungerecht behandelt werden, dass sie gemobbt werden, dann darf man sich nicht wundern, dass diese Menschen Kaczynski beziehungsweise rechts wählen. Da gebe ich ihm vollkommen recht, und genau das haben Sie ja heute den ganzen Tag bewiesen, dass sie alle mobben und ungerecht behandeln, die nicht Ihrer Ideologie entsprechen und dass Sie genau damit auch jene Bevölkerungsgruppe mobben und schlecht behandeln, die sich von Ihnen schon lange nicht mehr verstanden fühlt. Das ist genau das, was Sie heute exzellent auf den Punkt gebracht haben, Herr Kollege. (Beifall bei der FPÖ.) Denn was wollen diese schrecklichen rechten Kräfte, diese europakritischen Parteien, wovor Sie sich so fürchten? Sie wollen, dass die Freiheit in der Europäischen Union und auf unserem wunderschönen Kontinent, dass der Wohlstand und der Frieden selbstverständlich gewahrt bleiben. Und um das zu bewahren, muss man aufstehen und dagegen ankämpfen, was Sie beziehungsweise Ihre Kräfte im Europäischen Parlament seit Jahren und Jahrzehnten fordern, nämlich eine Politik der unkontrollierten Zuwanderung, eine Politik der offenen Grenzen, eine herbeigeführte Migrationskrise, wie wir sie 2015 erlebt haben und wie wir sie nie wieder erleben wollen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, nie wieder! (Beifall bei der FPÖ.) Deswegen haben wir den Mut, auch aufzustehen und zu sagen, wir wollen die Europäische Union nicht verlassen, denn nur Feiglinge rennen vor Problemen davon, sondern wir wollen die Europäische Union von innen heraus reformieren. Was bedeutet das aus der Sicht eines Herrn Orbán oder aus der Sicht eines Herrn Kaczynski, Le Pen, Salvini, Vilimsky, egal, wie sie alle heißen mögen? Sie wollen, dass weniger Zentralismus gelebt wird und die EU verbessert wird, Fehlentwicklungen korrigiert werden und wir wieder zu einem Europa der Vaterländer zurückkehren, wo es Herrn Kollegen Florianschütz die Haare aufstellt, aber bei mir ein wohlwollendes Gefühl auslöst, wenn ich dieses Wort höre, weil ich ein Patriot bin. Für mich ist Vaterland kein schlechter oder negativ konnotierter Begriff, wie es bei Ihnen offenbar der Fall ist, Herr Kollege. Ganz im Gegenteil! (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie so wollen, wenn Sie sich besser fühlen, dann umschreibe ich es Ihnen, damit Sie keine Gänsehaut kriegen. Was bedeutet das im Konkreten? Das bedeutet vereint in Vielfalt, und jede Nation, jedes europäische Mitgliedsland ist so vielfältig und hat einen anderen Zugang als Sie aus dieser sozialistischen internationalen Gedankenwelt, wo einfach jeder gleich gemacht wird. Gerade diese Vielfalt ist ja das Besondere auf unserem wunderbaren Kontinent Europa Das bedeutet natürlich auch, dass man miteinander auf Augenhöhe umgeht, das bedeutet auch, dass wir natürlich dafür sind, dass das Einstimmigkeitsprinzip bei EU-Beschlüssen beibehalten wird, weil es nicht sein darf, dass die Großen über die Kleinen drüberfahren. Sie wollen das offenbar, denn für Sie gilt das Motto: Vereinigte Staaten Europas nach dem Vorbild der USA. Damit zerstören Sie jede Vielfalt, die Sie bei Ihren Sonntagspredigten immer bemühen, und dagegen stellen wir uns. (Beifall bei der FPÖ.) Das bedeutet auch, dass dieser EU-Regulierungswahn - wirklich, ich kenne niemanden, dem das gefällt -, von der Gurkenkrümmung angefangen bis zum richtigen Bräunegrad von Pommes frites, und so weiter, endlich durch Reformen gestoppt wird. Dafür haben die Menschen kein Verständnis. Was die Menschen wollen, ist zum Beispiel ein gemeinsamer Schulterschluss im Bereich des gemeinsamen außereuropäischen Grenzschutzes oder dass man gemeinsam die Migrationskrise bewältigt, indem man vor Ort hilft. Das hat Herr Kollege Vilimsky bereits ausführlich berichtet und auf den Punkt gebracht. Nur muss man auch die Botschaft erkennen und nicht immer nur vor den bösen Rechtspopulisten warnen, die genau diese Werte und Ziele verfolgen, ein besserer Europa sicherzustellen, eine bessere EU herbeizuführen und mit diesen Zuwanderungsphantasien endlich aufzuräumen. (Beifall bei der FPÖ.) Dafür kämpfen wir, wir wollen, dass unsere Kinder und unsere Kindeskinder in einem sicheren Europa aufwachsen können, in einem Europa der Freiheit, in einem Europa des Wohlstands und in einem Europa des Friedens. Zum Abschluss hat ja Kollege Florianschütz auch das Stichwort und dieses wichtige Thema Antisemitismus genannt. Ja, auch das ist ein Problem, das seit 2015 durch den importierten Antisemitismus, gerade aus dem arabischen Raum, extrem zugenommen hat. Hier sind wir alle, gerade die westliche Gesellschaft, aufgefordert, Null Toleranz walten zu lassen. Hier müssen Sie mit uns auch an einem Strang ziehen, und das bedeutet, dass Grenzschutz nötig ist, um solche Invasoren, die Antisemitismus in ihrem Herzen tragen und in ihren Handlungen hier bei uns walten lassen wollen, keinen Platz haben. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Schmid. Bitte sehr. Abg. Dr. Gerhard Schmid (SPÖ): Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute anlässlich dieses festlichen Themas 25 Jahre Mitgliedschaft Österreichs bei der Europäischen Union auch ein bisschen zurückschauen, dann erinnern sich wahrscheinlich viele, die vor 25 Jahren diese Diskussion im Lande auch miterlebt haben, sehr gut daran, wie damals Argumente ausgetauscht worden sind. Eines der wichtigsten und wesentlichsten Argumente damals war auch der Hinweis darauf, dass die europäische Idee - und ich rede jetzt nicht nur von der Europäischen Union, sondern es ist ja weiter zu fassen -, die europäische Integration das größte Friedensprojekt der europäischen Geschichte war. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden in wenigen Wochen in Österreich und in Europa die Beendigung des Zweiten Weltkriegs, die Befreiung feiern. Wir werden in wenigen Wochen auch in Österreich die Gründung der Zweiten Republik feiern: 75 Jahre Beendigung des Zweiten Weltkriegs in Europa, 75 Jahre Gründung der Zweiten Republik. Wenn wir auf diese 75 Jahre von 1945 bis zum heutigen Tag zurückschauen, dann waren das mit allen Schwierigkeiten, die es in Europa gegeben hat, mit allen Auseinandersetzungen, die es auch gegeben hat, wenn wir etwa an die Balkan-Krise zurück erinnern, 75 Jahre des Friedens im Herzen Europas. Wenn wir die Zeitspanne von 75 Jahren in die andere Richtung schieben und uns anschauen, was zwischen 1870 und 1945 war, auch 75 Jahre: der deutsch-französische Krieg, der Erste Weltkrieg, der Zweite Weltkrieg, blutige furchtbare Katastrophen, Kriege unmittelbar im Herzen Europas. Daher war es ein richtiger Weg, dass sich Österreich und die Österreicherinnen und Österreicher in der Volksabstimmung am 12. Juni 1994 mit so großer Mehrheit, mit fast Zweidrittelmehrheit damals für diesen Weg in die Europäische Gemeinschaft ausgesprochen haben und mit uns ja mit Schweden und Finnland zwei weitere Länder in die Europäische Gemeinschaft mitgekommen sind. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn heute in der Diskussion die Frage war, wie wir denn heute Europa sehen und wie Europa heute zu definieren ist, kann ich Ihnen auf den Vorredner bezogen sagen: Ein Europa der Vielfalt, ein Europa der unterschiedlichen Kulturen, der unterschiedlichen Traditionen, ein Europa, das lebendig von den Städten und den Ländern lebt - dieses Europa ist ein durchaus weltoffenes und gutes Europa. Wir brauchen in der europäischen Idee viele neue Ansätze, aber ich sage Ihnen, dass der alte Ansatz der Nationalstaaten uns nicht viel weiterbringen wird. Die Idee der Nationalstaaten steht einem vereinten Europa, einem fortgesetzten Integrationsprozess natürlich im Weg. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Darauf fußt unsere Republik!) Das sagt nichts über Tradition und das sagt nichts über Kulturen, aber man wird viele, viele Fragen, ob es ökonomische Fragen sind, ob es ökologische Fragen sind, ob es Fragen in der Bildung sind, im Gesundheitswesen, et cetera, nicht mehr auf der kleinen in sich abgegrenzten nationalstaatlichen Ebene lösen können. Die europäische Idee ist ja nicht nur ein Produkt der Zeit nach 1945, es hat ja auch schon vor 1945 in der Zwischenkriegszeit viele Ideen gegeben, wenn wir uns an Coudenhove-Kalergi oder an den französischen Außenminister Aristide Briand zurückerinnern, oder wenn wir sogar ins 19. Jahrhundert gehen und 1849 der große französische Schriftsteller und auch Politiker Victor Hugo bereits die Idee vom vereinten Europa ventiliert hat. Manche gehen sogar noch einen Schritt weiter und sagen, na ja, die Wurzeln liegen vielleicht schon in dem Ergebnis des Wiener Kongresses, weil da eine Ordnung geschaffen wurde, die ja, trotz aller Auseinandersetzungen, auch fast 100 Jahre lang bis zum Ersten Weltkrieg gehalten hat. Der Wiener Kongress ist sicher nicht die unumstrittene Wurzel der europäischen Integration, aber jedenfalls sind da viele Methoden und viele Strukturen auch geschaffen worden, auf denen später aufgebaut werden konnte. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Gerade ein Sozialdemokrat sollte das besser wissen!) Sie kennen alle die großen Theoretiker auch nach 1945, die sich mit der Idee befasst haben, aber es waren Personen aus dem politischen Leben wie Konrad Adenauer oder Robert Schuman oder Jean Monnet, die hier die ganz entscheidenden Schritte gesetzt haben. Ich darf in diesem Zusammenhang auch erinnern, wenn wir heute über die europäische Integration und über die Erfolgsgeschichte in Summe reden, dass wir da auch die großen Leistungen der Amerikaner nach 1945 nicht vergessen, etwa in der Schaffung der Vorläuferorganisation der OECD, der OEEC, dass wir nicht die Gründung des Europarates vergessen, der ja vor allem im Bereich der Abgleichung der Rechtssysteme und der Menschenrechte und Grundrechte und Freiheitsrechte hier ganz, ganz große Verdienste zu verzeichnen hat und der darüber hinaus auch in wesentlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen tätig ist. Wir dürfen die Trennung Europas in zwei Blöcke nach 1945 nicht vergessen, wir dürfen nicht vergessen, dass wenige Kilometer von Wien entfernt hochtechnisierte Waffensysteme gestanden sind. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Spannungen in Europa gehabt haben, ich denke nur an die Zeiten des Kalten Kriegs, die vor allem in Berlin und in anderen Bereichen mitten in Europa ganz dramatisch zum Ausdruck gelangt sind. Und als dann 1950/51 die großen Schritte gesetzt wurden, gelernt aus der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges, wo wir gesagt haben, so etwas darf nie mehr wieder passieren und wir stellen die Grundstoffindustrie und die Rohstoffe unter eine übergeordnete supranationale Behörde, und Länder wie die Beneluxländer, Italien, Deutschland und Frankreich - vor allem Deutschland und Frankreich, die zwischen 1870 und 1945 so heftige Auseinandersetzungen hatten - diesen neuen Weg in Richtung eines gemeinsamen Europas gegangen sind, waren hier mit allen Schritten, Römische Verträge, und so weiter, die gefolgt sind, die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen. Als dann die Grenzen in Europa aufgelöst wurden und es zu einer Wiedervereinigung Deutschlands gekommen war, waren es auch der richtige Weg und das richtige Signal, zu sagen, gehen wir von den alten Vorurteilen und Reflexen weg und gehen wir in eine neue Vertiefung der Integration. Das war der Grund, warum der Vertrag von Maastricht damals diese Verdichtung der europäischen Integration gebracht hat, weg von den alten Strukturen, und allen, die hier Angst gehabt haben, zu sagen, aus diesem neuen wiedererstarkten oder vergrößerten Deutschland wird keine Gefahr mehr für Europa und die europäische Idee ausgehen. Es ist ein großartiges Werk von allen, die in der politischen Landschaft Frankreichs und Deutschlands damals mitgearbeitet haben, diesen ganz, ganz wichtigen Integrationsschritt gesetzt zu haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir könnten jetzt natürlich über viele Integrationsschritte reden, so war die Einführung des Euros für viele Länder am 1. Jänner 2002 ein wesentliches Datum. Es hat auch viele Akte gegeben, die zu einer Verdichtung der politischen Integration und zu einer Erweiterung der Aufgaben der Union geführt haben. Aber das Wichtigste, glaube ich, ist das Bekenntnis dazu, dass aus der politischen Union und der wirtschaftlichen Union auch eine Union wird, hinter der die Menschen in Europa stehen, dass hier eine Union wird, die sich auch dem sozialen Gedanken verpflichtet fühlt. Wenn wir auf die 75 Jahre von 1945 bis heute zurückschauen - nicht nur aus österreichischer Sicht, aber vor allem aus österreichischer und ganz besonders auch aus Wiener Sicht -, dann sind das große Kennzeichen und der große Erfolg dieser Jahre gewesen, dass sich der Sozial- und Wohlfahrtsstaat entwickelt hat. Wenn Politiker immer wieder bei verschiedenen Reden sehr bedeutende Politiker wie Bruno Kreisky, wenn ich erinnern darf, immer wieder gesagt haben, dass die Entwicklung des Sozial- und Wohlfahrtsstaates die größte Errungenschaft des 20. Jahrhunderts war, dann haben sie recht. Diesen Gedanken muss man heute auch auf die europäische Ebene tragen, denn wenn sich Demokratie und Freiheit entwickeln sollen, dann braucht es eine soziale, eine gesellschaftliche Grundlage. Und diese soziale und gesellschaftliche Grundlage, die Sicherheit vermittelt, ist der Sozial- und Wohlfahrtsstaat, ohne den es nicht gehen wird. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Als man 1994 und vor 1994 - 1989 wurden ja die Beitrittsanträge abgegeben - diese Diskussion in Österreich geführt hat, war ein ganz zentrales Thema auch im Rahmen meiner Fraktion die Frage, ob ein Beitritt zu den europäischen Gemeinschaften mit unserem völkerrechtlichen Status der Neutralität vereinbar ist. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Auch das Anschlussverbot!) Sie kennen die Geschichte, Sie kennen die vielen Vorbehalte, die noch tief bis in die 80er Jahre hinein etwa die Sowjetunion gehabt hat, die ja sozusagen immer unter Hinweis des Staatsvertrages hier eine sehr restriktive Haltung eingenommen hat. Wir haben das in dieser Zeit sehr, sehr intensiv diskutiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass eine aktive Neutralitätspolitik keinen Widerspruch ergibt. Ich möchte heute an dieser Stelle auch daran erinnern, dass bei den drei Beitrittsanträgen, die im Jahr 1989 vom damaligen österreichischen Außenminister Mock dem damaligen Ratspräsidenten übergeben wurden, also EG, Euratom und EGKS, der ausdrückliche Neutralitätsvorbehalt enthalten ist. Das heißt, man hat uns in Europa auch mit der Gegebenheit der Neutralität eingebunden. Wir haben bis zum heutigen Tag gesehen, dass diese völkerrechtliche Verpflichtung in keinem Widerspruch zu unserer Tätigkeit in Europa steht, dass es sich vereinbaren lässt, dass das auch allgemein respektiert wird und dass es uns in diesen Jahren gelungen ist, diese Vereinbarung auch mit Leben zu erfüllen. Daher, glaube ich, sollte man an dieser Stelle ein wirkliches Plädoyer für eine aktive Außenpolitik, wie sie die österreichische Geschichte nach 1945 gekennzeichnet hat, auch treffen. Neutralität und Sicherheitspolitik und aktive Außenpolitik sind hier in einem Ganzen zu sehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte abschließend noch ein paar Themen ansprechen, von denen ich glaube, dass sie auch für die Identifikation der Menschen in einem gemeinsamen Europa von ganz besonderer Bedeutung sein werden, Themen, die die Städte betreffen, Themen, die die Länder betreffen, Themen, die natürlich jeden einzelnen Mitgliedstaat betreffen. Wir haben heute das Thema Klimaschutz an oberster Stelle, und das ist eine große Verantwortung, nicht nur für uns, sondern auch für die kommenden Generationen. Das ist in letzter Zeit viel diskutiert worden, und hier ist ein aktives Handeln notwendig. Ich glaube, da sind wir uns ja alle in diesem Saal einig. Ein weiterer Punkt ist, dass wir die großen gesellschaftlichen Herausforderungen annehmen müssen. Europa entwickelt sich zunehmend zu einer Wissensgesellschaft. Wir haben einen radikalen Wandel von der industrialisierten und Dienstleistungsgesellschaft hin zu einer digitalisierten Gesellschaft, wo wir nicht wissen, wohin die Reise geht, und wo wir auch nicht wissen, in welchem Tempo diese Reise passiert. Was wir wissen, ist, dass das Tempo gewaltig ist und dass es auch eine Herausforderung für alle, die Demokratie und Freiheit sozusagen aktiv mit Leben erfüllen wollen, sein wird, weil da auch viele Gefahren damit verbunden sind. Die Frage der künstlichen Intelligenz ist auch eine Frage, mit der sich Europa ganz besonders beschäftigen wird müssen. Noch sind wir in der Lage, bei einer Maschine auf den Knopf zu drücken und sie abzustellen. Aber es wird der Punkt kommen, wo wir diesen Knopf nicht mehr drücken können und die Maschine selbst entscheiden wird, wann sie sich abstellt. Für diese Herausforderungen werden wir uns rüsten müssen, die Kommunikationsgesellschaft, die Globalisierungsvoraussetzungen, die Perspektiven einer individualisierten Gesellschaft, die uns vor allem in vielen Bereichen und Ländern und Teilen Europas vor ganz neue Herausforderungen stellen, hier auch Angebote, die sinnstiftend sind, zu liefern, eine Herausforderung für das Bildungssystem, für die Freizeitwirtschaft, et cetera. Die Zukunft des Wohnens, ein ganz wichtiges Thema, das wir uns in Wien als absolutes Top-Thema vorgenommen haben und wo ich glaube, da auch eine große Erfolgsbilanz vorweisen können. Das Thema Gesundheit in seiner ganzen Bandbreite von der Vorsorge in der Volksgesundheit, der Gesundheitsökonomie bis hin zu den Fragen der Leistbarkeit des Gesundheitswesens. Das ist ein ganz, ganz zentrales Thema, weil wir glücklicherweise auch damit rechnen und davon ausgehen müssen, dass sich die Lebenserwartung auch deutlich erhöhen wird. Die Fragen des Verkehrs in Verbindung mit Klimaschutz. Die Fragen auch neuer Lebensmodelle, die wir als gesellschaftliche Herausforderung sehen. Die Fragen der Sicherheit in einer Gesellschaft in Sicherheit in ihrer ganzen breiten Dimension. Die Fragen des Älterwerdens, der Pflege, der Vorsorge. Die Fragen der Städte, die von ganz besonderer Bedeutung sind. Meine sehr geehrten Damen und Herren, um zum Schluss zu kommen, glaube ich, dass man ein historisches Gedenken an 25 Jahre Mitgliedschaft zur Europäischen Union auch mit einem Bekenntnis verbinden soll, nämlich mit dem Bekenntnis, für Humanität, für Demokratie und für Toleranz in einer Gesellschaft einzutreten. Wenn uns das gelingt, werden die Menschen in Europa eine gute Heimat finden. Und wenn sie eine gute Heimat in Europa finden, dann werden sie auch identitätsstiftend und dann werden sie auch die europäische Idee mittragen. Heute haben wir vielfach die Herausforderung, dass Menschen, vor allem des Mittelstandes, Angst haben vor dem Abstieg, und viele Leute, denen es wirtschaftlich schlecht geht, Angst haben vor dem Existenzverlust. Das heißt, die sozialen Herausforderungen sind, wie ich sie bereits angesprochen habe, von ganz besonderer Wichtigkeit. Das setzt aber auch den Gedanken der Solidarität voraus, der Solidarität innerhalb der Gesellschaft, aber auch der Solidarität der Mitgliedsstaaten untereinander. Es kann nicht sein, dass es Mitgliedsstaaten gibt, die vielleicht aus der Perspektive der Vorteile denken und weniger aus der Perspektive der Solidarität. Da muss es im vereinten Europa oder in einem zunehmend integrierten Europa auch den Grundsatz geben: Wer Leistungen empfängt, muss auch der Gemeinschaft hier wieder etwas zurückgeben. Und dieses klare Bekenntnis zu Europa ist mir dabei sehr, sehr wichtig. Es ist das Bekenntnis der Städte, das Bekenntnis der Länder, das Bekenntnis auch der Nationalstaaten, und wir können das immer nur mit dem Bekenntnis zur Demokratie und unseren Grundwerten in Verbindung setzen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns die Geschichte Europas der letzten Jahrzehnte anschauen, und gerade jetzt angesichts der Brexit-Diskussion kann man das sagen, dann haben wir immer wieder erlebt, dass es zwei Schritte zurückgeht, aber auf zwei Schritte zurück sind immer drei Schritte vorwärts gekommen. Das hoffen wir und davon gehen wir aus, denn als begeisterte Österreicher, begeisterte Wienerinnen und Wiener sollten wir alle miteinander auch begeisterte Europäer sein. Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter zum Europäischen Parlament Mag. Mandl. EP-Abg. Mag. Lukas Mandl (ÖVP): Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hoher Landtag! Schön, hier sein zu dürfen, es ist etwas Besonderes für mich als gebürtigen Wiener. Als einer, der im Niederösterreichischen Landtag Abgeordneter war, in seiner Heimatstadt Gerasdorf Gemeinderat war, weiß ich die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in den Landtagen zu schätzen und im Gemeinderat, und Sie sind ja beides. Als ein Niederösterreicher mit dem Herzen und mit ganzer Seele bin ich trotzdem jemand, der auf der ganzen Welt gerne auch Wien als seine Heimatstadt bezeichnet, weil es so ist, weil Wien unser aller Bundeshauptstadt ist. Es hat mich daher riesig gefreut, als unsere Klubobfrau, die Elisabeth Olischar, mich angerufen hat und gefragt hat, ob ich in die Europastunde im Wiener Landtag kommen möchte. Ich habe sofort mit ganz großer Freude aus mehreren Gründen zugesagt. Das sind die persönlichen Gründe, die ich schon erwähnt habe. Dazu kommt, dass mich mit vielen in diesem hohen Landtag eine Geschichte verbindet, eine positive Geschichte, eine Geschichte guter Zusammenarbeit, guter Projekte für die Stadt und ihre Menschen. Das sind natürlich alle meine Kolleginnen und Kollegen in unserer Fraktion der Neuen Volkspartei hier mit der Elisabeth Olischar an der Spitze. Ich erinnere mich auch an Weltreisen, möchte ich fast sagen, mit dem Wolfgang Ulm mit den Kontakten rund um den Globus und mit allen anderen. Die Rede von Caroline Hungerländer heute spricht ja für sich und ich werden auch noch inhaltlich darauf eingehen, wie da wirklich das Herz für Wien in Europa und für Wien auch auf der Welt schlägt. Aber wenn ich in die Runde schaue, dann ist das Gott sei Dank etwas Überparteiliches, wie wir für Stadt und Land, für Wien und Österreich auch auf europäischer und globaler Ebene zusammenarbeiten. Mit dem Hans Arsenovic habe ich schon viel in Sachen Parlamentarismus gemacht. Mit der Luise Dräger-Gregori habe ich Weihnachtslieder gesungen, immerhin auch das ein Exportschlager aus Wien und Österreich. Und wenn der Bürgermeister und Landeshauptmann heute von Außen- und Sicherheitspolitik gesprochen hat, dann weiß ich, dass ein Marcus Schober einer ist, der auch ganz ohne parteipolitische Farben weiß, was Sicherheit und Verteidigung bedeutet und ein Ansprechpartner ist. Diese überparteiliche Dimension scheint mir in der europapolitischen Arbeit wichtig zu sein und auch die parlamentarische Dimension. Das ist der zweite Grund dafür, dass ich so glücklich war, dass die Elisabeth Olischar mich eingeladen hat, weil ich halte den Parlamentarismus für eine der großen Erfindungen der Menschheit. An diesem Rednerpult in dieser Debatte wurde schon einiges über große Innovationen des 20. Jahrhunderts gesagt. Aber ich möchte auf jeden Fall den Parlamentarismus dazurechnen, weil er bedeutet, dass wir miteinander reden und das steckt ja im Wort des Parlaments schon drinnen. Weil er bedeutet, dass nicht Gewalt bestimmt, wie wir miteinander leben, die Gewalt einer Obrigkeit oder die Gewalt der Straße, sondern dass das mit Reden und auf demokratischem Weg von Menschen, die andere vertreten dürfen, in Mehrheitsentscheidungen entschieden wird, und diese Menschen werden immer wieder ausgewechselt. Sie wissen das alle, weil Sie sind ja Parlamentarierinnen und Parlamentarier und wir alle sind auf verschiedenen Ebenen. Aber ich will das auch aussprechen, weil auch deshalb dieser heutige Termin für mich nicht ein Termin von vielen ist, sondern etwas Besonderes ist, hier im parlamentarischen Rahmen sprechen zu dürfen und den Dialog mit dem Wiener Landtag und Gemeinderat pflegen zu dürfen. Das Thema ist naheliegend im Jahr 2020: 25 Jahre Mitgliedschaft. Aber es ist trotzdem wichtig, das noch einmal zu fokussieren, dass es schon ein Vierteljahrhundert ist und was das bedeutet hat und bedeutet. Ich möchte im Sinne dessen, dass ja jede Geschichte auch eine Vorgeschichte hat und die Vorgeschichte dann wieder eine Vorgeschichte, zumindest auf 1989 zurückgehen, weil die Wende 1989 es war, die Wien überhaupt die Möglichkeit gegeben hat aufzublühen, die Wien vom Rand der freien Welt ins Zentrum gerückt hat. Die Wende 1989 war es auch, die die Grundlage dafür gelegt hat, dass wir überhaupt einen Beitrittsantrag in die Europäische Gemeinschaft, in die Europäische Union stellen konnten, überreicht, wie der Kollege Schmid schon gesagt hat, durch Alois Mock. Und dann 1994 am 12. Juni die Abstimmung, eine Abstimmung, die ich als damals knapp 15-Jähriger auch in Wien verfolgen durfte, im Wiener Prater übrigens. An einem Würstelstand stand so ein Röhrenfernseher und ich erinnere mich noch, wie die Balken hochgegangen sind und wie dieses fulminante Ergebnis, ein weises Ergebnis eigentlich, eine weise Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger, eingetreten ist. Also 89 und 95 sind schon wichtig, auch um unbedingt in die Zukunft schauen zu können. Wenn ich beleuchten darf, was Wien in Zukunft sein kann und auch im Sinne meiner Arbeitsschwerpunkte im Europäischen Parlament, die immer unter dem Motto "Rot-Weiß-Rot in Europa" ausgerichtet sind auf ein Europa mit mehr Stärke nach außen und mehr Freiheit nach innen, also im Sinne der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Auch im Sinne der Arbeitsmarktpolitik und der Chancen auf den Arbeitsmärkten möchte ich drei Beispiele dafür nennen, wie Wien auch in Zukunft und vielleicht in Zukunft noch mehr das sein kann, was Caroline Hungerländer als "Gräben überwinden" bezeichnet hat. Caroline Hungerländer hat gesagt, Österreich, und das gilt dann wohl auch für unsere Bundeshauptstadt, überwindet Gräben auf dieser Welt. Diese Vermittlungstätigkeit ist etwas, das uns liegt, das dürfen wir auch sagen, und ist etwas, wo wir uns engagieren können, wo wir uns in der Bundesregierung unter Führung von Sebastian Kurz mehr als in der Vergangenheit engagieren, wo wir uns aber auch überparteilich engagieren müssen und parlamentarisch im Sinne der parlamentarischen Diplomatie engagieren müssen innerhalb Europas, aber auch über die Grenzen Europas hinweg. Ich konnte den ersten Teil der heutigen Debatte mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Europaparlament nicht mitverfolgen, weil ich beim Vienna Congress com.sult, wo ich schon länger zugesagt hatte, sprechen durfte, bin aber dann gleich hergekommen, um die Redebeiträge der Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag zu hören. Ich sage das erstens mit der Bitte um Verständnis dafür, dass ich nicht die gesamte Debatte verfolgen kann. Und zweitens, weil dieser Vienna Congress com.sult ein Beispiel dafür ist, was in Wien möglich ist, dass nämlich aus Israel, aus anderen Teilen der Welt und aus vielen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Persönlichkeiten nicht nur aus der Politik, sondern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft zusammenkommen, um wirkliche Zukunftsthemen zu reflektieren und zu besprechen. Und das ist es, was wir auch auf politischer Ebene schaffen müssen und schon vor kurzer Zeit geschafft haben. Der Atom-Deal mit dem Iran beispielsweise, der so wichtig ist, um dieses gefährliche Regime zu stabilisieren, von dem ganz Europa sagt: Ja, wir müssen am Atom-Deal festhalten, der in Wien auf Initiative von Sebastian Kurz und mit Sebastian Kurz als Gastgeber verhandelt wurde. Aber wir können gesamt als Österreich, auch als Wien darauf stolz sein, dass das bei uns möglich war. Und wir sind schon wieder gefordert. Das ist das erste Beispiel, das ich dafür bringen möchte, dass Österreich Gräben überwindet, wie Caroline Hungerländer gesagt hat, weil jetzt nach Außenminister Alexander Schallenberg die Pendeldiplomatie zwischen den USA und dem Iran beginnen soll. Wien ist wiederum ein Dreh- und Angelpunkt dafür, wenn wir uns richtig positionieren, dass das gelingen kann und dass Wien der Teil der Welt ist, wo wir sehr genau wissen: Sprechen ist besser als schießen. Und wir wollen reden und wir wollen Verhandlungen und wir wollen auf dieser Basis Vereinbarungen treffen. Wien ist auch ein Standort der Vereinten Nationen. Und wieder gilt hier, dass Österreich eine ganz klare Haltung einnimmt, nicht nur als geographischer Standort, sondern hilft, Gräben zu überwinden und sich klar positioniert auf der europäischen Ebene und auch auf der Weltebene. Da freut es mich, dass im neuen Regierungsprogramm, im Programm der neuen Bundesregierung auch klar zum Ausdruck kommt, dass Österreich gegen doppelte Standards gegen unseren Partnerstaat, unseren alliierten Staat Israel auf UNO-Ebene mehr denn je auftreten wird, und dass Österreich bei den Vereinten Nationen keine Resolutionen und Beschlüsse unterstützen wird, die in Frage stellen, dass Israel ein Existenzrecht hat, dass Israel ein demokratischer Rechtsstaat ist, und die auch berücksichtigen - das ist uns wichtig, das zu berücksichtigen -, dass Israel ein Partnerstaat für Österreich und für die Europäische Union insgesamt ist. Das dritte Beispiel ist eines, das schon viele Rednerinnen und Redner heute gebracht haben, vor allem Caroline Hungerländer, nämlich der Westbalkan. Die sechs Staaten des Westbalkans sind in unserer ureigensten Nachbarschaft. Andreas Schieder hat heute gesagt, die sind auch Wien so zugetan und betrachten Wien auch als zentrale Stadt für ihr Dasein. Es ist nicht nur in der Geschichte so, es ist auch in der Gegenwart so und es ist ganz sicher in der Zukunft so, dass unsere Sicherheit, unser Wohlstand und die Chancen der Menschen, die auch hier leben, die auch in Wien leben, davon abhängen, ob es eine europäische Identität, die auch gelebt werden kann, in den Staaten des Westbalkans gibt. Deshalb freue ich mich, dass so viele in der heutigen Debatte darauf eingegangen sind, dass es mittlerweile selbstverständlich ist und ein gutes Beispiel für die überparteiliche und parlamentarische Arbeit und über die Ebenen hinweg gehende Arbeit ist, wenn ich die Landes- und die Bundesebene und dann die Europaebene vergleiche, dass wir uns hier konstruktiv engagieren. An dieser Stelle möchte ich auch nicht anstehen, Peko Baxant zu nennen, mit dem ich schon vor vielen Jahren die ersten Reisen in die Republik Kosovo unternommen habe, um die Kontakte zu knüpfen und zu intensivieren. Und das zeigt positive Auswirkungen, das funktioniert und ist etwas, wo wir als kleines Land und Wien als unsere Hauptstadt eine Rolle spielen können, mehr als irgendwo anders auf der Welt. Das sage nicht nur ich, das ist auch ein Zitat aus dem Buch einer anderen, nicht meiner politischen Partei angehörenden Persönlichkeit, nämlich von Ulrike Lunacek, die als Europaparlamentsberichterstatterin aus Österreich dieses Thema in der Vergangenheit betreut hat, wie das jetzt übrigens eine deutsche Grüne macht, Viola von Cramon heißt sie. Und die hat unlängst getwittert, weil ich sie für eine Kosovo-Debatte nach Wien eingeladen hatte, und sie hat nachher getwittert: "Wer den Westbalkan verstehen will, muss nach Wien kommen, weil hier sind die Menschen, die sich auskennen." Auch das ist, denke ich, ein Kompliment für Österreich und für Wien als Bundeshauptstadt. Es zieht sich durch, dass der Westbalkan mit allen konstruktiven Kräften ein überparteiliches Thema ist. Gernot Blümel hat als Europaminister die allerersten Reisen unternommen und die Kontakte mit allen sechs Westbalkan-Staaten und Brüssel gepflegt, um hier Brücken zu bauen. Und der Sebastian Kurz steht als einer der wichtigsten Regierungschefs Europas nicht an, immer wieder die europäische Identität und die Integration der Westbalkan-Staaten in Europa zu betonen. Ich möchte noch auf Wien als Innovationsstandort eingehen. Ich denke, das ist schon eine Herausforderung für Wien, sich nicht auf Lorbeeren auszuruhen oder auf der guten geographischen Lage aus der Vergangenheit durch die Wende 89 und den Beitritt 1995, sondern es zu schaffen, ein Innovationsstandort zu werden, wo nicht primär reguliert wird, sondern wo primär ermöglicht wird, wo nicht primär gefragt wird, warum etwas nicht geht, sondern warum etwas schon gehen kann. Und das ist möglich. Da gibt es Partnerstädte in Europa, Berlin. Warum nicht Berlin? Da gibt es über Europa hinaus Tel Aviv, die Hauptstadt des Staates mit den meisten Start-ups pro Kopf. 6.000 Start-ups gibt es alleine in Israel und viele Innovationen kommen von dort her. Wien würde dadurch auch einen großen Beitrag leisten zu einer europäischen Entwicklung in die richtige Richtung, weil wir dürfen nicht der Konsumkontinent alleine sein. Wir dürfen nicht nur konsumieren, was anderswo produziert wird und erfunden wurde, sondern wir müssen auch selbst erfinden, innovativ sein und produzieren. Da kann Wien sicher große Sprünge vorwärts machen, auch in der Zusammenarbeit in der sogenannten Europaregion Mitte, auch in der Zusammenarbeit in der mitteleuropäischen Region zwischen Wien, Bratislava, Brünn. Wenn Wien da über die eigenen Stadtgrenzen hinausschaut, wenn Wien es auch ermöglicht, dass die Durchlässigkeit mit dem benachbarten Bundesland Niederösterreich noch besser wird im Sinne der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger und eben auch die Chancen für Wirtschaft und Arbeit in dieser Region nützt, dann ist das, glaube ich, auch ein wertvoller Sprung vorwärts. Und dann möchte ich auf etwas eingehen, was der Kollege Florianschütz heute ins Treffen geführt hat, weil es wirklich ein europäisches Thema ist, weil es in diesen Tagen durch den gestrigen International Holocaust Remembrance Day auch ein aktuelles Thema ist, eigentlich ein immer aktuelles Thema ist, nämlich der Kampf gegen den Antisemitismus. Wir haben auf maßgebliches Betreiben des österreichischen Regierungschefs Sebastian Kurz im Rat und auf maßgebliches Betreiben aus Österreich im Europäischen Parlament die Definition von Antisemitismus im vergangenen Jahr verabschiedet. Es war wichtig, dass die Definition von Antisemitismus in ihrer Breite heute auch zur Sprache gekommen ist. Es gibt den alten, hässlichen Antisemitismus in Europa, der uns schlecht bekannt ist und der im Steigen begriffen ist, den wir wahrnehmen und bekämpfen müssen. Es gibt den neuen Antisemitismus, der durch Migration nach Europa kommt. Und es gibt den Antisemitismus, der sich in doppelten Standards gegen den Staat Israel und in der Infragestellung des Existenzrechtes des Staates Israel ausdrückt. In allen diesen drei Bereichen die Augen offen zu haben und Antisemitismus zu bekämpfen, das ist das Anliegen des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und damit der Europäischen Union insgesamt und ein Bereich, in dem wir Österreicherinnen und Österreicher auch aus Wien heraus, glaube ich, vieles tun müssen. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.) Damit möchte ich das, was ich als am wichtigsten in der Rede von Caroline Hungerländer empfunden habe, herausgreifen, etwas, was wir nie vergessen dürfen und was gewissermaßen vielleicht auch das Grundmotiv der europäischen Musik, die wir politisch spielen dürfen, sein muss, nämlich dass das alles nicht allein institutionell geregelt werden kann. Institutionen sind wichtig. Ich habe eingangs ein Liebeslied auf den Parlamentarismus gesungen und meine es auch so. Institutionen sind wichtig und nicht wegzudenken, aber sie sind alleine nicht hinreichend. Das ist es, worauf uns Caroline Hungerländer heute hingewiesen hat. Sie hat wörtlich gesagt: Es geht auch um Emotionen. Es geht darum, dass wir mitempfinden, was die europäischen Werte bedeuten. Ja, im Bereich des Antisemitismus wird uns das besonders klar, wenn uns bewusst wird, wie das im Steigen begriffen ist und wie diese gefährliche Grundhaltung da ist. Aber das gilt auch in Bereichen, wo wir vielleicht mehr Grautöne wahrnehmen, bei der Rechtsstaatlichkeit. Heute wurden die Art. 7-Verfahren, die so wichtig sind, schon angesprochen, weil Rechtsstaatlichkeit zu den großen Versprechen der Europäischen Union - ich sage immer, nach innen an die eigenen Bürgerinnen und Bürger und nach außen an die Welt - gehört. Das betrifft die Menschenwürde, das betrifft die Freiheitsrechte, das betrifft das, was wir als European Way of Life bezeichnen, wie es auch die neue Europäische Kommission in ihrem Programm tut und wofür Institutionen grundlegend da sind als Gerüst, als Architektur, aber, wie Caroline Hungerländer sagt, eben nicht hinreichend. Es braucht auch Emotionen. Dafür da zu sein, dafür sich einzusetzen, dafür präsent zu sein, unsere Spielregeln nach außen zu tragen, wie Stefan Gara heute gesagt hat, wenn es darum geht, dem Klimawandel zu begegnen, nicht die Europäische Union aufzublähen, sondern ihr die Aufgaben zu geben, die in der Europäischen Union auf Zeit Entscheidungen treffen dürfen in Bereichen, in denen wirklich die subsidiäre europäische Ebene gebraucht wird. Das scheint mir wichtig zu sein. Insofern kann man aus vollem Herzen ein Wiener sein, ein Österreicher sein, ein Europäer sein und wirklich aus vollem Herzen dem Motto "Rot-Weiß-Rot in Europa" folgen, gerade auch in der schönen parlamentarischen politischen Arbeit. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, NEOS und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Landtagesabgeordneten des Klubs der Wiener Freiheitlichen drei, des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien eine, und des NEOS-Rathausklubs drei schriftliche Anfragen eingelangt sind. Vor Sitzungsbeginn sind von Landtagesabgeordneten des Klubs der Wiener Freiheitlichen zwei Anträge eingelangt. Den Fraktionen wurden alle Anträge schriftlich bekannt gegeben, die Zuweisungen erfolgen wie beantragt. Postnummer 1 der Tagesordnung betrifft den Bericht über die Behandlung der im Jahr 2019 abgeschlossenen Petitionen. Es ist zu diesem Tagesordnungspunkt niemand zu Wort gemeldet. Daher können wir gleich zur Abstimmung kommen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die den vorliegenden Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich kann die Einstimmigkeit feststellen. Postnummer 2 betrifft die Erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen und die Einhebung einer hierfür erforderlichen Abgabe im Gebiet des Landes Wien, Wiener Abfallwirtschaftsgesetz, geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf. StRin Mag. Sima. Ich bitte Sie, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Gesetz. Präsidentin Veronika Matiasek: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird dagegen ein Widerspruch erhoben? - Das ist nicht der Fall, ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet, und zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Baron, ist nicht da, hat sich streichen lassen, okay. Herr Abg. Wiederkehr, bitte. Abg. Christoph Wiederkehr, MA (NEOS): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf jetzt den Bogen von Europa hin zum Wiener Abfallwirtschaftsgesetz spannen, klingt auf den ersten Blick relativ weit, dieser Bogen, aber er ist es gar nicht, weil so wie es ausschaut, ist ein Teil dieser Novelle, den wir heute beschließen wollen oder vor allem die Regierungsfraktionen beschließen wollen, vermutlich europarechtswidrig. Und damit sehen wir, wie sehr uns Europa natürlich hier auf kommunaler Ebene auch beschäftigt, weil solche Gesetze wie das Abfallwirtschaftsgesetz natürlich auch überprüft werden müssen, ob sie europarechtskonform sind. Hier gibt es mehrere Anhaltspunkte, warum diese Änderungen, die heute hier vorgesehen sind, nicht europarechtskonform sind und das werde ich in meiner Rede auch ausführen, wo denn genau. Es geht nämlich in dieser Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes um mehrere Punkte, die unproblematisch sind, einer ist allerdings sehr problematisch. Und ja, auch wir haben uns das juristisch angeschaut und haben viele Verdachtsmomente, dass das mehr als problematisch ist. Es geht ganz konkret auch um die Frage, wie Altkleider oder Altstoffe gesammelt werden. Ich glaube, wir alle kennen die Altkleidersammlungen in der Stadt, die auch von karitativen Organisationen mitdurchgeführt werden und wo dann auch die Erlöse an karitative Organisationen, wie zum Beispiel die Caritas, gehen. Das ist gut, dass wir, wenn wir unser Gewand nicht mehr brauchen, es nicht in den Restmüll schmeißen, sondern zu solchen Sammelbehältern von Altkleidern bringen, damit dieses Gewand auch wiederverwertet wird. Das ist ökologisch sinnvoll, es ist auch ökonomisch sinnvoll und man tut gleichzeitig etwas Gutes, weil soziale Einrichtungen damit auch Erlöse bekommen. Was wird jetzt mit diesem Gesetz bezweckt? Es wird den sozialen Einrichtungen das letzte Hemd im wahrsten Sinne des Wortes weggenommen, weil in Zukunft die Stadt diese Altwarensammlung und diese Altkleidersammlung mit dieser Novelle monopolisieren kann und damit die sozialen Einrichtungen vom Markt verdrängt. Das halte ich nicht für gerecht, das halte ich nicht für fair, und das halte ich auch ökonomisch nicht für sinnvoll! (Beifall bei den NEOS.) Die Stadt will hier, und wahrscheinlich Sie, Frau Stadträtin, hier noch ein gutes Körberlgeld für die Stadt lukrieren. Ich glaube, wir haben genug Einnahmen, wir haben genug Gebühren. Ich bin der festen Überzeugung, dass man hier die Erlöse den sozialen Einrichtungen auch beibehalten lassen sollte. Es geht hier in dieser Novelle um einen speziellen Absatz, den wir problematisch sehen, das ist das Duplizierungsverbot, hier bringen wir auch einen Antrag ein, heißt, dass die Stadt dann bei solchen Sammelstellen selber zum Beispiel die Altkleidersammlung machen könnte und damit bisherige Anbieter von diesen Orten, wo sie bisher auch sind, verdrängen kann. Dieses Duplizierungsverbot ist rechtlich mehr als problematisch, weil es in Grundrechte eingreift. Es greift in das Grundrecht der Unverletzlichkeit des Eigentums und in das Grundrecht der Erwerbsfreiheit ein, weil es verhindert oder verhindern könnte, dass die rechtlich zulässigen Sammlungen, die bisher von Privaten durchgeführt werden, von der Kommune verdrängt werden. Dieser Eingriff ist unseres Erachtens nach nicht verhältnismäßig und nicht begründet, weil kein öffentliches Interesse dagegen steht, weil diese Sammlungen jetzt gut funktionieren und es kein öffentliches Interesse gibt, warum in diese Grundrechte eingegriffen wird, Und nur, wenn es valide Gründe gibt, halten auch solche Eingriffe in die Erwerbsfreiheit vor europäischen Gerichten. Und das glauben wir nicht, dass hier dieser Grundrechtseingriff begründet und legitim ist. (Beifall bei den NEOS.) Und das sagen nicht nur wir, sondern das haben sich einige Juristen angeschaut. Es gibt dazu auch schon genug Gerichtsurteile, es wurde ausjudiziert. Zum Beispiel Baden-Württemberg - das wäre einmal interessant zum Anschauen -, ein sehr, sehr ähnlicher Fall wurde dort höchstgerichtlich ausjudiziert, dass, wenn Sammelstellen von Privaten schon funktionieren, die Kommune dies nicht einfach so monopolisieren darf, weil das eine Einschränkung der Erwerbsfreiheit ist, und damals wurde auch zu Recht dieses Gesetz in Baden-Württemberg aufgehoben. Machen wir nicht den gleichen Fehler in Wien wie in Baden-Württemberg. Ich warne hier ganz klar davor, dass dieses Gesetz und diese Novelle hier nicht sinnvoll ist und juristisch auch nicht halten wird. Was ist denn die Begründung, die hier von Seiten der Stadt gebracht wird? Wir hatten auch einen Ausschuss dazu. Es sind fadenscheinige Begründungen. Es wird auf eine EU-Verordnung verwiesen, die irgendwie kommen wird oder kommen soll. Ich halte das für eine Nebelgranate. Ich habe mir die Unterlagen genau angeschaut. Hier ist auf europäischer Ebene nichts im Kommen, was Sie dazu verpflichten würde, Frau Stadträtin, hier diese Sammelstellen zu monopolisieren, sondern das Gegenteil ist der Fall. Die Europäische Kommission setzt sich für mehr Wettbewerb ein, setzt sich vor allem für mehr Wettbewerb auch im Bereich des Sammelns von Altstoffen ein, weil die Wettbewerbsfreiheit auch für die Europäische Kommission ein sehr, sehr großes Anliegen ist. Das heißt, dieses Argument ist eine reine Nebelgranate und ist auch nicht zutreffend. Das zweite Argument, was ich gehört habe, ist: Na, man wird es eh nicht so machen, man beschließt es jetzt einmal, dass man die Privaten verdrängen kann, aber wir werden es ja eh nicht so machen. Die Frage des rechtlich Zulässigen ist nicht danach zu beurteilen, ob man es dann tatsächlich machen wird, sondern ob es die Möglichkeit gibt. Ich wage zu bezweifeln, dass, wenn Sie, Frau StRin Sima, damit Geld machen können für die Stadt, es in Zukunft bestimmt auch machen werden, weil wir sind es ja auch gewohnt, dass die Wienerinnen und Wiener überall, wo es nur geht, auch mit Gebühren geschröpft werden. Ich bin mir sicher, dass auch hier in diesem Bereich der Altkleidersammlungen die Stadt in Zukunft das unter die eigenen Fittiche nehmen wird, um hier auch wieder Geld für die Stadt zu lukrieren. Wir haben Anhaltspunkte, dass es in einigen Bereichen ja auch schon gemacht wird. Es gibt ja schon einige Bereiche, wo die Stadt auch selber die Altkleidersammlung vollzieht und das damit auch schon im eigenen Bereich hat. Die Gefahr der Monopolisierung ist hier massiv gegeben. Diese Monopolisierung schadet den sozialen Einrichtungen, sie nützt den Wienerinnen und Wienern überhaupt nicht, und sie ist rechtlich mehr als fragwürdig. Genau deshalb bringen wir den Abänderungsantrag ein, dass wir hier dieses Duplizierungsverbot, das im § 24 Abs. 1b und 1c festgeschrieben wird, ersatzlos streichen, weil ich es für fair und gerecht halte, dass soziale Einrichtungen auch weiterhin für ihre wichtigen Projekte Erlöse bekommen. Es kann nicht sein, dass wir hier im Landtag den sozialen Einrichtungen das letzte Hemd stehlen. Deshalb sind wir ganz klar gegen diese Novelle! (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Hungerländer zum Wort gemeldet. Abg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hatten diese Initiativanfrage bereits im Ausschuss, haben dazu eine Präsentation gehört und haben das auch diskutiert. Es hat dann doch einige Gründe gegeben, warum wir uns jetzt noch einmal mit der Materie auseinandersetzen. Einige Punkte, die uns aufgefallen sind, möchte ich hier auch hervorstreichen. Im Ausschuss wurde besonders auf das bereits erwähnte Duplizierungsverbot hingewiesen und diskutiert. Die zwei Gründe für dieses Duplizierungsverbot, die genannt wurden, waren einerseits: In Deutschland ist das problematisch, es sind offensichtlich in Berlin problematische Zustände, weil überall jeder sammelt und das Ganze zu einer Vermüllung führt. Zweiter Punkt, ebenfalls bereits vom Kollegen Wiederkehr ausgeführt, ist die Verordnung, die seitens der EU kommen wird, der man quasi bereits vorgreifen möchte. Zu Punkt 1 war im Ausschuss dann die Frage in Diskussion, warum Wien Berlin werden sollte, also welche Entwicklung erwartet wird, dass es vom aktuell funktionierenden System zu Berliner Zuständen kommen sollte. Das konnte nicht beantwortet werden, sehr wohl aber wurde noch einmal der Hinweis auf die Änderungen auf europäischer Ebene unterstrichen. Ich möchte auf den zweiten Punkt, Änderung auf europäischer Ebene, am Ende noch einmal eingehen, zuvor einen anderen Punkt behandeln, den wir ein wenig problematisch sehen, und zwar die Änderung von § 47 Abs. 2. Hier geht es, was auch schon medial diskutiert wurde, um die Änderung von einem Vorsatzdelikt in ein Ungehorsamsdelikt, wenn jemand etwas Falsches in die falsche Mülltonne wirft. Das kann dann bis zu 3.500 EUR bestraft werden, was unserer Meinung nach eine recht drakonische Strafe ist, wiewohl wir verstehen, dass es wichtig ist, dass richtig gesammelt wird, also dass Fehlwürfe möglichst vermieden werden. Aber das kann ja durchaus auch mit Anreizen und Aufklärung erreicht werden. Drakonische Strafen mit bis zu 3.500 EUR finden wir hier verfehlt. Kommen wir zum Duplizierungsverbot. Hier gibt es zwei Möglichkeiten unsererseits. Und zwar ist die Problematik die Formulierung "Gleichartige Sammelbehältnisse". Das kann insofern problematisch sein - das, was der Herr Wiederkehr gesagt hat -, dass eben die Möglichkeiten für karitative Einrichtungen, selber zu sammeln, untergraben werden können. Wir könnten uns daher auch vorstellen, zu einer anderen Formulierung zu kommen, nämlich der gleichartigen Sammelinfrastruktur, dass klargestellt wird: Es geht nicht um die Sachen selbst, es geht nicht um das, was selber gesammelt wird, nicht um die Altstoffe, die Altkleider selber, sondern es geht um die jeweilige Infrastruktur, die aufgestellt wird. Warum wir aber heute einen Antrag einbringen, dass der gesamte § 24, das Duplizierungsverbot, generell gestrichen wird, ist, weil das Argument, dass das auf EU-Ebene geregelt werden wird, unserer Meinung nach ja nicht greift, weil es ja noch keine Regelung gibt. Es weiß kein Mensch, wie es auf EU-Ebene geregelt wird, und wir sehen daher keinen Grund, heute schon etwas zu regeln, wo wir noch gar nicht wissen, passt das dann überhaupt zu dem, was die EU vorschreiben wird? Dieser Ansicht sind nicht nur wir, sondern ist auch der Herr Bürgermeister, der in einem Brief geschrieben hat, dass eben die zu erwartenden Regelungen auf EU-Ebene abzuwarten sind und deswegen jedwede Neuregelung momentan noch keinen Sinn ergibt. Und jetzt weiß ich, dass die Möglichkeit, es per Verordnung zu regeln, welche Abfälle das Duplizierungsverbot betrifft, also dass erst durch Verordnungen festgelegt werden kann, dass es auch für Altkleider gelten soll - aber dennoch sehen wir keinen Grund, dieses Duplizierungsverbot schon in diesem frühen Stadium überhaupt in diesen Initiativantrag zu schreiben. Das ist der Grund, warum wir das gesamte Duplizierungsverbot streichen wollen und einen entsprechenden Antrag einbringen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich kann daher nur appellieren, hier noch einmal in sich zu gehen und auch der Meinung des Herrn Bürgermeisters zu folgen und dieses Duplizierungsverbot aus dem Initiativantrag zu nehmen oder unserem Antrag zuzustimmen. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Dr. Kickert zum Wort gemeldet. Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Ich schließe gleich an meine Vorrednerin an und möchte sie darauf aufmerksam machen, dass sie mit dem Abänderungsantrag, den sie für ihre Partei eingebracht hat, wesentlich mehr streicht als das von ihr erwähnte Duplizierungsverbot. Sie wollen die Ziffer 17, die Ziffer 18 und die Ziffer 19 des Initiativantrages streichen. Lediglich die Ziffer 18 betrifft das Duplizierungsverbot. Die Ziffer 19 betrifft die Möglichkeit der Erfassung von Daten, damit man nachvollziehen kann, wer an einem Tag zu einer Altstoffsammelstelle eine Wagenladung bringt. Da kann man, wenn man will, auch dagegen sein, wenn man Datenschutzmaßnahmen bevorzugt. Aber diese Ziffer 19 hat nichts mit dem Duplizierungsverbot zu tun. Ebenso die Ziffer 17, die sich auf die Bereitstellung von Sammelbehältern im Zuge der öffentlichen Altstoffsammlung bezieht. Das eine geht ohne das andere nicht. Das heißt, selbstverständlich muss die Ziffer 17 beschlossen werden, wenn man eine sinnvolle Sammlung von Altstoffen durchführen möchte. Zum Duplizierungsverbot spricht dann sicherlich mein Nachredner, Abg. Valentin. Aber ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass es sich, wie auch schon im Ausschuss besprochen, nicht um die Monopolisierung der Altkleidersammlung handelt. Es geht nicht darum. Es könnte sein, weil es eine Kann- Bestimmung ist, das ist wahr. Wie jede Kann-Bestimmung kann es sich im Zuge der Entwicklung der nächsten Dekaden vielleicht als sinnvoll erweisen, aber im Moment ist es das nicht. Es wäre aber sinnvoll, andere Duplizierungen, nämlich zum Beispiel Altglas oder Plastik oder Altmetalle, mit dieser Form der Regelung hintanzuhalten. Mit dieser Novelle wird diese gesetzliche Möglichkeit dazu geschaffen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Es ist schon schön, wenn bemerkt wird, dass ich sowohl die Initiativanträge als auch die Gegenanträge dazu genau lese und dann halt draufkomm', dass irgendwo irgendwer anders gelesen hat als ich, sagen wir mal freundlicherweise, ja, weil könnt' ja sein. Worum geht es aber in dieser Novelle hauptsächlich? Es geht tatsächlich darum, das Abfallwirtschaftsgesetz ein wenig von Doppelgleisigkeiten zwischen Landesbestimmungen und Bundesbestimmungen zu bereinigen und einige Präzisierungen vorzunehmen. Damit, zum Beispiel, auch gesetzlich ganz klar geregelt ist, dass man seinen eigenen Mist in die für die Wohnung, das Haus, in dem man wohnt, in dem man lebt, zur Verfügung gestellten Sammelbehälter reinwirft und nicht woanders. Und für den Fall, dass man es doch anders macht, dann auch eine Grundlage hat, entsprechend zu strafen und ebenso entsprechend zu strafen, wenn man vorsätzlich falsch wirft, also zum Beispiel Restmüll in Altstoffsammelstellen, sehr unangenehm, weil damit ganze Fraktionen ruiniert werden. Dass die Maximalstrafe von 3.500 EUR für private Personen jemals zum Zuge kommen sollte, bezweifle ich, so wie es bei den meisten Maximalstrafen der Fall ist. Da wird es wohl eher sein, dass es da bei einem wiederholten Missbrauch, zum Beispiel von Gewerbebetrieben, am ehesten zur Geltung kommt, nämlich tatsächlich im Wiederholungsfalle. Auch diese Fälle kommen vor, kenne ich aus eigener Erfahrung. Ich bin in einem Haus aufgewachsen, in dem es einen Sandwichproduktionsbetrieb gegeben hat und die Tonnen von Mayonnaisebehältern mit Eierschalen waren nicht nur in den für diesen Betrieb vorgesehenen drei Altstoffsammelbehältern zu finden, sondern in allen Mistkübeln, wie es so schön heißt, in allen Koloniakübeln des gesamten Hauses und das über Jahre. Es war ein wunderbar typischer, wie soll ich sagen, Nachbarschaftskleinkrieg, wie er immer wieder vorkommen kann. Mit der Novelle dieses Gesetzes hat das Land Wien die rechtlichen Grundlagen, um dem auch Einhalt zu gebieten. Das ist tatsächlich auch nötig, weil in dem gerade beschriebenen Fall hat sich ein Gewerbebetrieb sozusagen die Müllgebühren gespart, indem er sie auf die Mieter und Mieterinnen des Hauses umgewälzt hat. Zusätzlich zu diesen Präzisierungen habe ich ja vorher gesagt, dass Doppelgleisigkeiten zwischen Bund und Land abgeschafft werden. Das bezieht sich vor allem auf das Abfallkonzept für Baustellen und die sogenannte Schadstofferkundung. Diese beiden Absätze können wegfallen, weil sie inzwischen durch die Recyclingbaustoffverordnung des Bundes ausreichend geregelt sind. Weiters kommt es zu einer Vereinfachung beziehungsweise Vereinheitlichung der Berechnung für die Entsorgung von Müll aus Müllbehältern und Mulden. Wie ich schon gesagt habe, das Wesentlichste für die Konsumentinnen und Konsumenten beziehungsweise für die BewohnerInnen des Landes Wien und der Stadt ist tatsächlich, dass darauf geachtet wird, dass diese Umgehungen der Restmüllgebühr effektiver bekämpft werden können und ich glaube, dass das ein tatsächlicher Fortschritt für alle Bewohnerinnen und Bewohner Wiens ist. Daher werden wir den beiden Anträgen zur Abänderung des Initiativantrags nicht zustimmen und ersuchen alle Mitglieder des Gemeinderats um eine Zustimmung zum Initiativantrag zur Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes. Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Guggenbichler am Wort. Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Geschichte dieses Gesetzes, wie es heute eingebracht wird, begann ja schon im Dezember. Ich kann mich an die Abgeordnete der SPÖ, Bundesvorsitzende, erinnern, die gesagt hat, dass es ein ganz, ganz, ganz schlechter Stil ist, wenn eine Regierung mit Initiativanträgen arbeitet. Was ist ein Initiativantrag? Wenn Regierungsabgeordnete einen Gesetzesvorschlag einbringen. Damit spart sich nämlich die Regierung die ganze Begutachtungsfrist. (Zwischenruf von Abg. Erich Valentin.) Natürlich, wir haben ja keine gescheite Begutachtungsfrist gehabt. Erich, du weißt das ganz genau. Und, Erich, lass mich bitte, lass mich bitte ausführen, du bist nach mir eh gemeldet, wie euer Pfusch in diesem Fall gelaufen ist. Im Dezember war dieser Initiativantrag schon auf der Tagesordnung, doch mangels Notifizierung durch die Europäische Union wurde er von den Regierungsparteien selbst von der Tagesordnung genommen. Das heißt, ihr seid selber draufgekommen, das ist ein Quargel. Auf Grund dessen habt ihr ihn von der Tagesordnung genommen. Dann ist er in die Jännersitzung gekommen. Und wenn dieser Antrag ja schon seit Dezember fertig ist und nur noch die Genehmigung der Europäischen Union fällig ist, geht man davon aus, dass man ganz normal eine Woche früher einen Antrag kriegt, so wie die Antragsfrist ist, sieben Tage vorher, und dass der Initiativantrag eingebracht wird. Welche Lösung haben die Rot-Grünen, nein, eigentlich hat die Stadträtin den Nachtrag gebracht? Am Freitag am Abend um 17 Uhr haben Sie uns diesen Initiativantrag übermittelt, am Dienstag zu Mittag war die (Zwischenruf von Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima.), am Dienstag zu Mittag war die Sitzung. So gehen Sie nämlich mit den demokratischen Rechten in dieser Stadt um, Frau Stadträtin! (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc.) Einen Nachtragsantrag am Freitag am Abend um 17 Uhr! Ich muss sagen, das ist schon ein bissel genant. Dann zu sagen, das ist durchdacht und da haben alle geschaut - na, wofür war der Nachtrag notwendig? Warum haben Sie ihn nicht in die normale Tagesordnung gebracht, Herr Vorsitzender, warum war er nicht eine Woche vorher in der Tagesordnung? Weil ihr nicht fertig wart! Weil ihr wahrscheinlich noch irgendwas drauf umgedreht habt oder was auch immer. Sonst gibt es keinen logischen Grund, warum das im Nachtrag hätte sein sollen. Das war der zweite Pfusch, den Sie geliefert haben: Zuerst selbst von der Tagesordnung setzen, aus welchen Gründen auch immer, und dann schaffen Sie es nicht einmal einen Monat später, diesen Antrag normal in der Antragsfrist einzubringen und verschicken ihn am Freitag am Abend um 17 Uhr, wenn am Dienstag um 11 Uhr die Ausschusssitzung ist, damit sich ja keiner darauf vorbereiten kann, damit man sich das ja nicht anschaut. Sie wollten hier etwas durchpeitschen! Wie wir dann die Präsentation gekriegt haben, das ist ja die nächste Chuzpe an der ganzen Geschichte, hat auf einmal der Abteilungsleiter der MA 48 am Dienstag um 11 am Vormittag eine fix und fertige 40 Seiten Power-Point- Präsentation, was ja gut wäre, wenn es eine Regierungsinitiative wäre, weil die Frau Stadträtin darf auf ihren Magistrat zugreifen. Aber die Abgeordneten von Rot und Grün, die den Initiativantrag eingebracht haben, haben nicht das Recht, auf den Magistrat zuzugreifen. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Abteilungsleiter, der Herr Thon, ist ein irrsinnig fleißiger und hat es geschafft, zwischen Freitag 17 Uhr und Dienstag um 11 Uhr am Vormittag einen 40 Seiten Power-Point-Vortrag vorzubereiten. (Abg. Mag. Josef Taucher: Ja, die sind halt fleißig! - Zwischenruf von Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima.) Warum, Frau Stadträtin, warum ist es im Nachtrag gekommen? Warum Freitag 17 Uhr? Oder, oder was natürlich auch interessant ist, die Abgeordneten der Regierungsparteien greifen schamlos auf den Magistrat zu. Das wäre ja noch der größere Skandal an der ganzen Geschichte! (Beifall bei der FPÖ.) Offensichtlich, ja natürlich, natürlich. Funktioniert so bei Ihnen der Parlamentarismus? Können bei Ihnen da die ganzen gut 50 Abgeordneten auf ihre Magistratsstelle zugreifen? Das ist ein Recht, das der Opposition fehlt, und ich glaube, wir sind als Abgeordnete doch alle gleich hier, oder? Das wird doch niemand bestreiten wollen! Also die nächste Geschichte, die Sie hier einfach unsauber gemacht haben ... (Zwischenruf von Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima.) Na ja, Abfallwirtschaft und unsauber passt ja fast zusammen, Frau Stadträtin. (Zwischenruf von Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima.) Nein, Frau Stadträtin. Und dann haben wir in der Präsentation vom Herrn Abteilungsleiter Thon die eine Geschichte Duplizierungsverbot drinnen, ich werde dann später noch darüber reden. Eine große Änderung ist auch, dass früher bei Fehlwürfen von Müll Vorsatz notwendig war, um Strafen aussprechen zu können, was ja nachvollziehbar und verständlich ist. Die Frau Stadträtin wollte das nicht oder die Antragsteller des Initiativantrags. Man weiß ja nicht ganz genau, aus welchem Stall jetzt dieser Antrag kommt. Da stehen ein paar drauf, aber die anderen haben dafür gearbeitet. Aber das war ja zu wenig. Das heißt, bei einem unabsichtlichen Fehlwurf hat die Frau Stadträtin jetzt die Möglichkeit, 3.600 EUR Strafe von demjenigen einzuheben. Frau Stadträtin, ich sage Ihnen ganz ehrlich und Sie haben das in der Zeitung gelesen, das Beispiel mit dem Pizzakarton ist kein zufälliges Beispiel. Wenn Sie sich auch anschauen, wie die Diskussion im Facebook danach war, wie die Anfragen danach waren, dass ungefähr fast niemand gewusst hat, wie man richtig entsorgt und Sie die Möglichkeit haben, bei Fahrlässigkeit jemandem 3.600 EUR Strafe umzuhängen, dann muss ich sagen, Frau Stadträtin: Sehr kühn! Diese Zustimmung werden Sie bei uns nicht finden. Hier versuchen Sie offensichtlich, mit Strafen Budgetlöcher zu stopfen oder Klagen gegen den Tierschutzverein zu finanzieren, wie man es ja heute in der Zeitung gelesen hat. (Zwischenruf von Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima.) Na ja, man braucht ja, wenn man 36.000 EUR verkoffert, ich nenne es einmal verkoffert, wenn man den Tierschutzverein klagt, nur weil man nicht bereit ist, seine Verpflichtung einzugehen, weil man nicht bereit ... Frau Stadträtin, Sie haben eine Klage seit Jahren gegen den Tierschutzverein geführt. (Zwischenruf von Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima.) Das stimmt aber nicht, Frau Stadträtin! Sie sind zuständig für den ... Sind Sie nicht zuständig, Frau Tierschutzstadträtin? (Zwischenruf von Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima.) Ich weiß eh, ich kenn' Sie ja seit zehn Jahren in diesem Haus. Jeder in ganz Wien weiß, dass Sie für den Tierschutz nicht zuständig sind, nur am Papier. Das ist eh ganz klar. Sie benehmen sich ja auch so. Und wenn Sie das jetzt auch abstreiten, dann haben Sie ja eigentlich recht. Da muss ich Ihnen recht geben, tut mir leid, die Frau StRin Sima hat mit Tierschutz nichts zu tun. Sie ist für den Tierschutz nicht zuständig, weil so lebt sie das auch. Gut, Sie wollen einfach schlicht und ergreifend die Leute abzocken, die fahrlässig am Ende des Tages einen Fehlwurf begehen. Und das ... Und jeder weiß, der die Frau Stadträtin kennt, wenn sie die ... Jetzt sagen Sie, na ja, wird ja nicht exekutiert und ja nur im Ernstfall und im Wiederholungsfall. Jeder, der die Frau Stadträtin kennt, weiß, wenn sie eine Möglichkeit hat, tut sie es. So kennen wir die Frau StRin Sima seit Jahren und sie wird das auch exekutieren. Das war jetzt die erste Geschichte, die meiner Meinung nach ein Stück problematisch ist, eigentlich schon die zweite. Die erste war der verpfuschte Weg des Gesetzes, dann die Umänderung in die Fahrlässigkeit, und der dritte Weg ist dieses Duplizierungsverbot. Wir haben im Ausschuss relativ lange darüber diskutiert, und wir haben uns eines gefragt, und das wurde auch von der Geschäftsgruppe bestätigt, ob es in Wien eine einzige Beschwerde wegen dieser Sammelstellen gibt. Die Geschäftsgruppe hat gesagt, es gibt in Wien keine einzige Beschwerde. Es gibt, glaube ich, eine in Berlin. Jetzt frage ich mich: Warum ist es notwendig, dann so ein Gesetz auf die Wege zu bringen, wenn eigentlich alle mit der jetzigen Situation zufrieden sind. (Abg. Mag. Josef Taucher: Es ist wegen der Präventivhaft!) Präventivhaft sind die GRÜNEN. Das sind die da. Nein, nein, nein, du verwechselst was, Joe Taucher, nein. Aber es gibt kein einziges Problem hier in Wien, es gibt keine Beschwerde hier, sondern es gibt eine Geschichte, dass die Stadt Wien Geld lukrieren will. Wir haben momentan mehrere Tausend Sammelstellen in Wien, die Stadt hat meines Wissens vier genehmigt. Die Stadt Wien versucht einfach wieder mit einer Monopolisierung, mit einer Regelung, die sie ... Frau Stadträtin, ich bin bei Gott keiner, der sagt, es muss alles privatisiert werden, bei Gott keiner. Die, die privatisieren, sitzen dort hinten. Aber hier, wo es Geld zu lukrieren gibt, da versuchen Sie es auf einmal zu monopolisieren, da versuchen Sie, es zu kommunalisieren. Und ganz ehrlich, ich habe mit vielen Bürgern geredet, die gesagt haben: Wie stellt ihr euch das vor? Das sind ja karitative Unternehmungen, die diese Sammlungen machen. Wie wird das sein, wenn die Stadt das dann alleine hat und dieses Duplizierungsverbot gilt? Na, da sagen Sie, na ja, was ist, wenn ein Monopolist da ist, dann brauchen wir uns nicht mehr darum scheren, wie weit die nächste Sammelstelle weg ist. Dann werden wir nicht mehr die 4.000 Sammelstellen haben, sondern dann werden wir große Stützpunkte haben. Der Effekt am Ende des Tages ist einer: Desto länger die Wege sind, desto weniger Kleider werden gesammelt, desto mehr Kleider landen im Restmüll, das, was Sie wahrscheinlich eh brauchen, damit die Müllverbrennungsanlage die dort verbrennen können. Möglicherweise ist das der zweite Effekt, den Sie hier im Hinterkopf haben. Frau Stadträtin, Sie können mir nicht erzählen, wenn wir eine Regelung haben, die funktioniert, wo es keine Beschwerde gibt, dass Sie das mit aller Gewalt mit gesetzlichen Regelungen hier abdrehen wollen. Wir haben ja auch ein Gutachten vom Herrn Prof. Dr. Christian Piska, der sagt: "Vorab ist festzuhalten, dass von der Altkleidersammlung weder eine erhebliche Gefahr für den einzelnen Bürger" - nachvollziehbar - "noch für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder eine Gefahr für die Gesundheit ausgeht. Zudem besteht in Wien derzeit ein flächendeckendes, haushaltsnahes und umweltgerechtes Altkleidersammelsystem," - das ist uns allen bekannt, 4.000 Sammelstellen, verschiedene karitative Organisationen, die das tun - "an welchem sowohl gewerbliche als auch karitative Sammler beteiligt sind. Das geplante Duplizierungsverbot § 24 Abs. 1b und 1c ist kompetenzwidrig.", schreibt er als Erstes. Weiterhin schreibt er: "Altkleidercontainer, wenn man das Gesetz umsetzt, dann verletzt man das Grundrecht auf die Unverletzbarkeit des Eigentums. Da gibt es Judikatur dazu aus Deutschland. Weiters ist das Grundrecht der Erwerbsfreiheit gefährdet. Weiter muss man dazu sagen, dass das Gesetz nicht erforderlich ist" - das haben wir schon angesprochen - "und auch unverhältnismäßig ist." Ein Duplizierungsverbot in diesem Bereich ist einfach schlicht und ergreifend unverhältnismäßig. Dann weiter entspricht es nicht dem Determinierungsgebot: "Der Gesetzgeber hat es verabsäumt, die Vorgaben des Grundrechtseingriffes in einer Weise zu konkretisieren, die einen einheitlichen, vorhersehbaren und verlässlichen Vollzug gewährleistet. Die geplante Regelung verstößt mangels ausreichender Rechtfertigung gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot. Die Errichtung des abfallwirtschaftlichen Monopols ist in der geplanten Form unionsrechtswidrig und überschießend. Das Duplizierungsgebot greift in die unionsrechtlichen Grundfreiheiten ein wie bereits ausjudiziert." Frau Stadträtin, wenn wir ein Rechtsgutachten der Universität Wien haben und Sie trotzdem auf Ihrem Gesetz bestehen, so hat das nur einen Zweck: Die Taschen der Stadt Wien zu füllen, für was Sie das Geld auch immer verwenden. Aber wenn man Sie kennt, weiß man, dass Sie keine gute Hand für vernünftigen Einsatz von Finanzmitteln haben. Frau Stadträtin, nein! Ich bin dafür, dass die karitativen Organisationen das weiter betreiben können. Ich bin dafür, dass die Bürger nicht abgezockt werden, wenn sie einmal in falsche Mistkübel das Falsche reinhauen. Frau Stadträtin, wir werden dieses Gesetz nicht unterstützen und ich finde es eigentlich beschämend, dass Sie den Weg gewählt haben, wie dieses Gesetz eingebracht wurde. Da wir ja morgen eine Klimadebatte haben, darf ich noch einen kurzen Beschlussantrag einbringen, weil wir ja ein Plastiksackerlverbot haben, das bald in Kraft tritt. Es würde mich freuen, wenn wir das auch auf andere Plastikbehälter ausweiten können. Wir haben irrsinnig viele Hundekotsackerln. Sie rühmen sich immer damit, wie viel hier in Wien tagtäglich im Einsatz sind, was eine gute Geschichte ist. Andere Städte haben es vorgelebt, es gibt biologisch abbaubare Materialien. Sie haben sich bis heute geweigert, diese Materialien einzusetzen, was ich bedauerlich finde. Sie werden morgen sehr viel über Klimaschutz reden. Dann nehme ich an, dass Sie meinem Antrag, in Zukunft diese Plastiksackerln biologisch abbaubar zu gestalten, auch zustimmen werden. Ich freu' mich auf Ihre Zustimmung. Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abg. Valentin zum Wort gemeldet. Abg. Erich Valentin (SPÖ): Frau berichterstattende Landesrätin! Bevor ich mich zur argumentativen Wortmeldung melde, möchte ich sicherstellen, dass die Diskussion nicht in die falsche Richtung läuft und offensichtlich auf Grund der Arbeitskapazität eines Abgeordneten eine Fehlinformation dieses Kreises und dieser ... (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Drei Tage vor der Sitzung!) Am 26.11., Kollege Guggenbichler, wurde der gesamte Akt - 26.11.2019, also nicht ein paar Tage vor der Sitzung, sondern am 26.11.2019. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Drei Tage vor der Sitzung!) Nein, mit der regulären Post wurde der Antrag versendet und nicht vor der letzten Sitzung. Das ist unrichtig, was Sie gesagt haben. Ich kann nichts dafür, dass offensichtlich Sie die Post in anderen Zyklen öffnen, als ich es tu'. Nachweislich am 26.11. ist der gesamte Akt ausgesandt worden. (Heiterkeit bei Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc.) Er wurde in nachfolgender Sitzung vertagt, weil der Bericht, die Notifizierung aus Brüssel, noch ausgestanden ist, Punkt 1. Punkt 2: Es ist ebenso unrichtig, und wenn Sie den Akt gelesen hätten - das unterstelle ich jedem Ausschussmitglied, das sich ordentlich vorbereitet -, dann hätten Sie erkennen müssen, dass es natürlich einen Begutachtungszeitraum gegeben hat. Dieser war zwischen 15.3. und 12.4. des Jahres 2019. Dass das nicht eine imaginäre Begutachtung war, ist auch daraus beweisbar, dass wir genügend Response von den begutachtenden Gruppen, Kammern und Institutionen bekommen haben, die selbstverständlich teilweise auch eingearbeitet wurden. Es ist daher vollkommen unrichtig - ich stelle klar und richtig -, dass es hier um ein Husch-Pfusch, um ein drei Tage vor der Sitzung unsauber eingebrachtes Gesetzesstück gegangen ist, sondern ein vollkommen reguläres Verfahren gewählt wurde, inklusive auch einer Begutachtungszeit. Dass offensichtlich manches im Auge des Betrachters - und ich sage das sehr vorsichtig - anders wirkt, mag sein. Ich würde aber raten, das nicht allen anderen Mitgliedern des Hohen Hauses zu unterstellen, dass sie ihre Post nicht lesen und sich nicht auf Sitzungen vorbereiten! - Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abg. Guggenbichler gemeldet. Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf die tatsächliche Berichtigung von Herrn Abg. Valentin tatsächlich berichtigen. Ich halte fest, ich habe hier die E-Mail, erster Nachtrag für den Gemeinderatsausschuss Umwelt und Wiener Stadtwerke am Dienstag, dem 17.1.2020 um 11 Uhr. Angekommen ist es am 10.1.2020. Das ist das Poststück, das wir verhandelt haben und das wir beschlossen haben. Was Sie vorher verschicken, ist vollkommen irrelevant! (Beifall bei der FPÖ. - Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Entschuldigung, das kann doch nicht sein!) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Taucher am Wort. Er muss noch schnell Wasser trinken. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Im Nachtrag ist es gekommen! Macht eine gescheite Regierungsvorlage, dann passt alles!) Abg. Mag. Josef Taucher (SPÖ): Liebe Kollegen! Guggenbichler, wieder beruhigen, jetzt bin ich am Wort! Wir reden heute zum Wiener Abfallwirtschaftsgesetz, zur Novelle. Ich glaube, die Kollegin Kickert ist da auf die zentralen Punkte schon eingegangen. Ich möchte auf einen Punkt replizieren, wenn wir jemanden erwischen, der seinen Mist in den falschen Kübel hineinhaut, das heißt, Dosen in die Biotonne und so, müssen wir jetzt die böse Absicht, also die Vorsätzlichkeit, nachweisen. Das kann man leider nie nachweisen, weil jeder würde sagen: "Ich habe mich getäuscht. Ich habe geglaubt, das ist eh ein Dosenkübel." Und damit geht er schon heim. In keinem anderen Bundesland gibt es das noch. Überall brauchst du nur erwischt zu werden, und wenn du erwischt wirst, dass du den Müll falsch hineinhaust, und das ist auch wichtig für die Sammelquote und für die Recyclingquote, und so weiter, und so fort, wirst du bestraft, in der Steiermark bis zu 30.000 EUR, also ordentlich. Wir sind da eh sehr kulant, weil die Höchststrafe ist irgendwo bei 3.500, 3.700 (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: 3.600!) oder 3.600. Das ist eine Lächerlichkeit im Vergleich, weil es die Höchststrafe ist bei Wiederholung, bei Nichteinsichtigkeit, und, und, und. Also das kann man schon machen, weil wenn man davon spricht, dass man Zero Waste haben will, dass man eine Kreislaufwirtschaft haben will, dass man die Abfallstoffe auch verwerten will oder Urban Mining machen will, dann sollte man auch einen reinen Abfall sammeln und das nicht alles zusammenwerfen in einen Container. Das sehen wir immer wieder, und das können wir nicht ahnden, nicht einmal, wenn wir die Leute erwischen. Deswegen ist es, glaube ich, richtig, mit maßvollen Strafen auch zu begegnen und die Menschen aufzuklären, dass sie das nicht mehr tun, weil wenn ich falsch parke oder meinen Aschenbecher - Wiener Reinhaltegesetz - beim Auto auf die Straße hinausleere und ins Wasser pinkle - wir haben das vor Kurzem einmal gehabt, das Wiener Reinhaltegesetz -, gibt es auch dort die Strafen. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Da haben wir zugestimmt!) Also es ist ganz etwas Normales, weil da kann ich auch nicht sagen, der Vorsatz, es ist mir halt passiert. Ich rede oft Leute an. Wenn ich irgendwo fahre und sehe, sie hauen etwas hinaus beim Auto, klopfe ich an und sage, Sie haben etwas verloren, hebe es auf und gebe es ihnen wieder. Dann schauen sie immer ganz verwundert. Am schlimmsten ist es immer, wenn sie von McDonald's kommen, weil bei uns liegen dann überall die Sackerln herum vom Mac, weil sie die aus dem Auto hauen. Also wir glauben, dass diese Gesetzesnovelle eine sehr gute ist, dass die MA 48 und natürlich das Müllsammeln und Recycling eine Form von Daseinsvorsorge ist und dass das auch in der starken Hand der Stadt Wien sein soll. Worum es mir aber heute geht, ich möchte einen Antrag einbringen zur Ernährung in Wien, Ernährungsaktionsplan in Wien, den wir erstellen werden, weil für uns natürlich das auch ein Teil des Klimaschutzes ist. Weltweit erzeugen wir ein Drittel des CO2-Ausstoßes nur durch die Lebensmittelproduktion. Wenn wir uns den Weg, sozusagen den ganzen Bogen, anschauen von Acker, Ernte, Verarbeitung, Transport, Logistik, Verteilung, dann nach Hause, dann kaufen wir in Riesenmengen ein, Dreierpackungen, Fünferpackungen und Großpackungen. Dann tun wir es in den Kühlschrank. Dann wird es kaputt. Dann hauen wir es in den Mist, bevor wir es essen, wenn wir hinten dann noch einmal 25 Prozent der Lebensmittel statt in den Bauch in den Mistkübel werfen. All das ist eigentlich eine Katastrophe in einer Zeit, wo wir auf neun Milliarden Menschen auf dieser Erde zusteuern, neun Milliarden, die wir auch ernähren wollen. Wenn wir die SDGs hernehmen und sagen, wir wollen den Hunger und die Armut ausrotten auf dieser Erde, auf diesem Planeten, dann kann es nicht sein, dass wir in der Weise mit Lebensmitteln umgehen, dass so viel im Mist landet, dass vorher schon so intensive Landwirtschaft betrieben wird, dass die Böden kaputt sind und das Wasser verseucht ist mit Glyphosat, Spritzmitteln und Düngemitteln. Da möchte Wien ordentlich vorangehen und zeigen, wie es auch anders geht. Wir zeigen das schon. Wir haben durch die Programme ÖkoKauf, ÖkoBusinessPlan, "natürlich gut Teller" schon sehr viel gemacht, um die Lebensmittel in Richtung alles, was die Stadt einkauft und wo es um das städtische Essen und die Ausspeisung geht, wo wir 100.000 Essen am Tag hinausgeben, zu ökologisieren. Da haben wir eine Bioquote von 30 Prozent. Bei den Schulen und Kindergärten haben wir schon 50 Prozent Bioquote. Warum ist das so wichtig? Weil es Bodenschutz ist, Wasserschutz ist, Insektenschutz ist, Pflanzenschutz, und, und, und. Also es ist wahnsinnig wichtig für den Umweltschutz. Es ist wichtig, dass wir diese Produkte auch regional haben, dass wir sie nicht weit transportieren müssen, sondern dass wir sie in der Nähe haben. Deswegen ist für uns auch die Stadtlandwirtschaft extrem wichtig. Toni Mahdalik schaut mich schon so an. Aber wir Donaustädter - weißt eh - kommen aus einem Gärtnerbezirk. Ich habe euch da etwas mitgebracht. Wir tun seit Jahren solche Aktionen unterstützen, Ab-Hof- Verkauf, Honig von den Imkern, die Landwirtschaft, wenn wir schauen in Simmering und in der Donaustadt. Die Menschen lieben es, regional einzukaufen, geben auch gerne einmal ein paar Euro mehr dafür aus, um da ein gutes Produkt zu haben, um einen Bezug zur Landwirtschaft zu haben. Das funktioniert sehr gut. Ich will gar nicht reden von den ganzen Gemeinschaftsgärten, Nachbarschaftsgärten, und, und, und. All das wollen wir in diesem Lebensmittelaktionsplan zusammenfügen. Und es geht uns, wenn schon Fleisch gegessen wird, natürlich auch um das Tierwohl, dass wir es auch so einkaufen, wo es den Tieren gut geht, wo ordentliche Haltungsbedingungen sind, wo die Hühner auch ordentliche Haltungsbedingungen haben. All diese hohen Kriterien sind für uns das Maß als Stadt Wien. Wir sind natürlich auch in internationalen Netzwerken drinnen mit dem Milan Urban Food Policy Pact, den Bgm Häupl noch unterschrieben hat, um da sozusagen die Städte resilient zu machen, also krisenfest zu machen, im Sinne einer Ernährungssicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger. Vor eineinhalb Jahren sind wir auch dem Organics Cities Network Europe beigetreten, einem europäischen Netzwerk, wo Mailand, Paris, Wien, Berlin, Nürnberg, Città del Bio, die deutschen Biostädte drinnen sind. Da ist Wien eines der Gründungsmitglieder. Damit wir das alles unter ein Dach bringen, bringen wir heute hier den Antrag zum Lebensmittelaktionsplan Wien ein und ich bitte um Ihre Unterstützung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Das Heft ist die dritte Auflage!) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Valentin am Wort. Abg. Erich Valentin (SPÖ): Frau Stadträtin! Ich kann es relativ kurz machen, weil ich einiges schon bei meiner Tatsächlichen gesagt habe. Mir geht es darum, dass ich einmal festhalten möchte, dass der Gesetzwerdungsprozess, den wir da gewählt haben, einer ist, der total den Usancen entspricht. Wenn jetzt der Kollege Guggenbichler in einer, wie auch immer, tatsächlichen Berichtigung sagt, er hat das Geschäftsstück erst am Freitag vor der Sitzung in Händen gehalten, mag es sein - wann ich es in der Hand gehalten habe, weiß ich auch nicht mehr so richtig -, aber ich kann sicher nachweisen, dass er es am 26.11. des Jahres 2019 das erste Mal versandt bekommen hat in genau derselben Ausführung, wie er es nachher bekommen hat. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Ich kann ja nicht wissen, dass das das Gleiche ist!) - Du weißt so vieles nicht, aber ich kann mich nicht um alles kümmern, dass du es weißt! Das geht halt noch nicht! Das wäre, ein Gap zu füllen, das ins Übermenschliche ginge, und da versage ich wahrlich - ich gebe es zu -, dieses Gap der Unwissenheit zu füllen! Oder vielleicht ist es keine Unwissenheit, vielleicht ist es einfach, Radau zu machen. Das könnte auch eine Strategie sein, von der ich immer mehr glaube, dass es eine Einschätzung ist, die eher der Wahrheit entspricht. Am 26.11., genauso wie alle anderen Mitglieder des Ausschusses, hast du es auch erhalten. Dann ist es auf Grund der Notifizierung, die noch nicht eingelangt ist, in der darauffolgenden Sitzung vertagt worden. Auch nachzuschauen in der Geschäftsordnung, wenn man es nicht weiß. Dort steht, dass dann, beim Eintreffen der Notifizierung aus Brüssel die Magistratsabteilung das sofort auf die Tagesordnung setzen kann. Deshalb geschah es auch. Du hast Zeit gehabt, über einen Monat, das Ganze auswendig zu lernen, wenn du die Lust gehabt hättest. Hast du nicht! Ist auch in Ordnung! Aber hänge das nicht uns um, das ist dein eigenes Verschulden und nicht unseres! (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Ich habe schon gesagt, das entspricht leider nicht der Tatsache!) Das Zweite, was ich dabei anmerken möchte, ist, dass das gesamte Werk dem Zweck dient, eine hohe Qualität der Müllsammlung zu erhalten und deshalb einige Maßnahmen gesetzt wurden. Als der Kollege Wiederkehr gesagt hat, was er da erlebt hat im Ausschuss, habe ich mir gedacht, es gibt zwei Möglichkeiten, entweder war ich nicht im Ausschuss oder im anderen Ausschuss oder der Kollege Wiederkehr war nicht in dem Ausschuss. Ich habe jetzt nachgeschaut. Er war tatsächlich nicht in dem Ausschuss. (Abg. Christoph Wiederkehr, MA: Muss ich auch nicht!) Er hat gar nicht mitdiskutiert. Wie er dann wissen kann, dass wir hoppertatschig argumentiert haben, mag vielleicht Telepathie sein! Ich traue ihm fast alles zu! (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Vielleicht hat es ihm die Kollegin Emmerling erzählt!) - Nein, auch die Kollegin Emmerling war nicht da. Der Kollege Gara war dort als Vertretung. Auch das ist dir nicht aufgefallen! Macht aber nichts, muss ja nicht sein! Also noch einmal, wenn man nicht da war, dann berichtet, was alles fehlgelaufen ist, finde ich das schon eine merkwürdige Art und Weise. Wenn Sie nämlich da gewesen wären, dann würden Sie wissen, und würden nicht etwas anderes behaupten, dass natürlich nicht wir warten müssen, was Brüssel zu dem Gesetz sagt, es wird es aufheben, das Gesetz ist notifiziert worden in Brüssel. Also man nimmt das Gesetz, schickt es nach Brüssel. Die schauen sich ihr gültiges Gesetzeswerk an, sagen dann, ob es mit ihren europäischen Gesetzen vereinbar ist oder nicht. Schriftlich, nachweislich, es ist. Woher Sie Ihr Überwissen hernehmen, dass Brüssel es wieder umwerfen wird, weiß ich nicht. Sie wissen offensichtlich mehr als Brüssel. Es ist auch in Ordnung. Der eine schaut es sich nicht an, der andere hat übersinnliche Eingaben, was tatsächlich die Wahrheit ist. Ich sage nur, auf der Ebene kann ich mit Ihrer Kritik nicht umgehen, weil meine Auffassung ist, das ist faktenorientiert. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Sag einmal inhaltlich etwas zum Rechtsgutachten!) Letzte, allerletzte, ganz allerletzte Bemerkung: Der Hinweis, was im Gesetz bei der Duplizierung steht, ist, dass auf Verordnung der Landesregierung ... Also da kann nicht irgendjemand ganz allein eine Verordnung machen. Die Landesregierung muss eine Verordnung machen, damit es zu dieser Duplizierung nicht kommen kann. Und es steht nicht Kleidersammlung, es steht Altstoffe drinnen. Altstoffe sind alles. Da geht es darum, dass wir auch im Ausland Erfahrungen gesehen haben, dass durchaus relativ rasch Strukturen entstehen können, die sich dann relativ rasch auch wieder verabschieden, weil sie in Konkurs gehen und beispielhaft die Stadt Hamburg auf einer Zahl von Metallsammlungen sitzen geblieben ist, die sie dann tatsächlich reparieren und entsorgen hat müssen. Also um das geht es. Es geht nicht darum, dass irgendjemand einer karitativen Kleidersammlung etwas wegnehmen will. Es geht darum, dass wir ein Gesetz machen wollen, das uns vor allen Eventualitäten sichert und erstens garantiert, dass die Fraktion eine ziemlich reine ist und dass die Sammelmenge eine ziemlich hohe ist, also ein hohes Sammelergebnis. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Was ist am Status quo schlecht?) Das Letzte, was ich anmerken möchte: Weil Sie beide zusammengebrochen sind ob der Höhe der Strafen, darf ich mitteilen, wir sind das Bundesland, wenn wir das jetzt beschließen, mit dem zweitniedrigsten Strafmaß, das es in ganz Österreich gibt. Es gibt zum Beispiel jetzt die Steiermark mit 30.000 (Abg. Anton Mahdalik: Das haben wir schon gehört!), es gibt Salzburg mit 5.000, Vorarlberg mit 7.000, Tirol mit 3.500. Und da ist nicht nur der Fehlwurf strafbar, da ist sogar schon der Versuch strafbar. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Erich, geh bitte auf das Rechtsgutachten ein!) Also uns jetzt einzureden, die wir die zweittoleranteste Aufarbeitung des Problems in diesem Vorschlag haben, dass wir mit Wahnsinnsstrafen hineingehen, zeigt offensichtlich, dass Sie sich nicht angeschaut haben, was Ihre Kollegen in den anderen Bundesländern beschließen. Ist auch gut. Wir nehmen zur Kenntnis, dass der eine seine Akten und seine Post nicht liest, der andere über Ausschusssitzungen berichtet, wo er gar nicht dabei war, was da alles fehlgelaufen ist und dass eben grundsätzlich nicht darauf geachtet wird, was halt andere Bundesländer tun. Wir glauben, dass wir heute einen guten Vorschlag machen und ersuchen um Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? - Ja. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen und ein paar von den Dingen, die hier behauptet worden sind, die man wirklich nur mehr als haarsträubenden Unsinn bezeichnen kann (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Da steht es! Das ist ein Gutachten, Frau Stadträtin! Sagen Sie etwas dazu!), richtigzustellen: Erstens, dieses Gesetz, über das wir heute diskutieren, war in Begutachtung, und zwar von 15.3. bis 12.4. Das ist doch um einiges länger als viele Gesetze der schwarz-blauen Bundesregierung in Begutachtung waren. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Da beschweren Sie sich auch!) Denn diese waren nämlich teilweise gar nicht in Begutachtung oder wenn, dann maximal eine Woche. Dass Sie sich jetzt hier hinstellen als immerhin eine Mitgliedsfaktion der schwarz-blauen Bundesregierung, sich darüber aufregen, dass wir doch über vier Wochen in Begutachtung waren, finde ich, ehrlich gesagt, schon fast mutig, muss ich sagen, um nicht zu sagen, unverfroren! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Kritisieren Sie jetzt Ihre eigene Vorgangsweise, Frau Stadträtin?) Wir haben das zeitgerecht und sehr ausführlich gemacht, dass es eine Begutachtung gegeben hat. Zweitens, dann haben wir dieses Gesetz zur Notifizierung nach Brüssel geschickt. Der Herr Kollege Valentin hat schon ausführlich erklärt, dass Europarechtswidrigkeit schon ein bisschen schwierig ist, weil Brüssel diesem Gesetz zugestimmt hat. Das würden sie vermutlich nicht gemacht haben, wenn es europarechtswidrig wäre. Ich glaube, soweit können wir uns einmal einigen. So viel auch zu Ihrem Gutachten. Dann noch eine sozusagen kleine Nachhilfestunde, die ich hier gerne und kostenlos erteile: Es ist vollkommen logisch, dass der Antrag, den wir zur Notifizierung nach Brüssel geschickt haben, und das Gesetz, das dann tatsächlich in den Ausschuss gekommen ist, zwingend der gleiche Text sein muss. Denn ändert man im Nachhinein etwas im Text, muss man es noch einmal nach Brüssel zur Notifizierung schicken. Also haben Sie ganz klar davon ausgehen können, dass das, was wir an Sie, am 3. Dezember war es schon im Ausschuss, also eine Woche vorher verschickt haben, also sagen wir, Ende November, zwingend der Text ist, der dann im Jänner zur Beschlussfassung aufgelegen ist. Sie hatten also - ich kann es jetzt im Kopf nicht ausrechnen -, ich weiß nicht, wie viele Wochen Zeit, das Gesetz zu lesen. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Vier Tage vor dem Ausschuss!) Das erklärt auch das große Mysterium, warum der Abteilungsleiter der MA 48 eine Präsentation hatte. Er hat auch seit Ende November gewusst, dass dieses Gesetz zur Notifizierung geschickt worden ist und deswegen nur dieser Text beschlossen werden kann. Deswegen hat er eine Präsentation für den Ausschuss vorbereitet. Er hat nicht ab Freitag arbeiten müssen. Auch Sie hätten nicht ab Freitag arbeiten müssen, hätten Sie sich ein bisschen informiert und ein bisschen gelesen, was wir Ihnen so schicken! (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: 10. Jänner, 17 Uhr!) Aber das scheint offensichtlich manchmal zu viel verlangt zu sein! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Ich habe übers Wochenende durchgearbeitet, Frau Sima!) Jetzt kommen wir zum Thema Altkleidersammlung. Ich kann Sie hier beruhigen. Ich schließe mich dem Brief des Herrn Bürgermeisters an, wo ich anmerken darf, dass wir in der Vorbereitung der Textierung natürlich als fachzuständige Geschäftsgruppe involviert waren. Das wird Sie jetzt nicht überraschen. Also falls Sie gedacht haben, der Bürgermeister schreibt alle Briefe persönlich, muss ich Sie jetzt enttäuschen. Es wird inhaltlich doch von einigen Fachdienststellen vorbereitet. Ich kann Sie insofern beruhigen, dass wir nicht vorhaben, die Altkleidersammlung in dieser Stadt zu monopolisieren. Das ist auch im Ausschuss schon mehrfach klargestellt worden. Ganz im Gegenteil, wir haben ein sehr gutes Einvernehmen mit den karitativen Organisationen und haben nicht vor, in diesem Bereich ein Monopol zu begründen. Ich weiß nicht, woher das kommt, darf Sie aber darüber informieren, dass es auf europäischer Ebene auch im Zuge der ganzen Klimawandeldiskussion, Ressourcenschonung, Wiederverwertung, und so weiter, sehr intensive Diskussionen und Überlegungen gibt, dieses ganze Thema der Altkleidersammlung zu regeln. Da wird bald etwas auf uns zukommen. Mit diesem Gesetz und der Verordnungsmöglichkeit sind wir dafür gut gerüstet. Jetzt würde ich gerne noch über die anderen Altstoffe reden, die wir sammeln, also Papier, Metall, Kunststoff, Glas, et cetera. Das Negativbeispiel Deutschland ist in diesem Bereich schon oft gekommen. Ich war damals zufällig in Berlin. Ich habe das mit eigenen Augen gesehen. Dort hat es den sogenannten Wettbewerb der Sammelsysteme gegeben, was heißt, dass es eine Verfünf- oder Versechsfachung von Altstoffinseln gegeben hat, weil jedes Sammelsystem seine eigenen Kübel draußen stehen gehabt hat. Wenn man jetzt rechnet, dass wir 200.000 Kübel draußen stehen haben, mal 5, dann sind das ziemlich viele Kübel. Das wollen wir in Wien nicht! Warum handeln wir, obwohl es noch keine Beschwerden gibt? Weil wir vorausschauend handeln! Wissen Sie, wir denken uns, das wollen wir nicht und deswegen schreiben wir das in das Gesetz hinein. Weil das ist eine Situation, die ich aus vielen Gründen für unerträglich halte. Einer davon ist, dass man dann plötzlich sehr viele Kübel auf der Straße hat, und wenn der Altpapierpreis einmal für zwei Monate in den Keller geht, dann holt sie dort niemand ab. Genau das ist in Berlin passiert. Dort sind die vollen Kübel herumgestanden, keiner ist gekommen. Die Leute haben sich bei der Stadt beschwert. Die Stadt hat gesagt, es ist nicht ihr System. Die Opposition hat gesagt, ein Witz, wie es ausschaut, warum es die Stadt nicht wegräumt. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Wie viele Beschwerden gibt es in Wien?) Sehen Sie, das wollen wir verhindern! Vorausschauend denken nennt man das! Das ist Ihnen offensichtlich fremd! Für uns ist es alltäglich! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Auch was das Thema betrifft, der Herr Kollege Wiederkehr war so freundlich und hat mit entwaffnender Ehrlichkeit gesagt, er ist für mehr Wettbewerb bei den Sammelsystemen. (Abg. Christoph Wiederkehr, MA: Das ist auch die Meinung der Europäischen Kommission!) Wissen Sie, da bin ich weder Ihrer Meinung noch der Meinung der Europäischen Kommission in diesem Fall. Denn ich möchte, dass die getrennte Sammlung, und da rede ich von Papier, von Metall, von den Altstoffen, die wir schon traditionell immer gesammelt haben, in den Händen der Stadt bleibt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Da rede ich jetzt nicht von den Altkleidern. Nein, der Kollege Wiederkehr hat ganz klar von mehr Wettbewerb gesprochen. Ich habe jetzt auch ihn mit diesem Statement angesprochen, weil ich weiß, wenn die MA 48 das sammelt, dass es eine ganz klare Entsorgungskette gibt. Diese endet dann nicht in irgendeiner afrikanischen Deponie, sondern da wird wiederverwertet und ganz ordentlich mit den Dingen umgegangen. Und weil ich für eine Stärkung der kommunalen Abfallwirtschaft bin. Ich bin für keine Privatisierung in diesem Bereich. Das unterscheidet uns. Das ist, glaube ich, eine ganz klare Trennlinie, die sich halt heute wieder gezeigt hat. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Was passiert denn, wenn die Abfallwirtschaft nicht kommunal ist? Das kann man sich in vielen Städten anschauen. Die Privaten picken sich die Rosinen aus dem Kuchen, das sogenannte Cherry Picking, alles, was Gewinne bringt, machen sie gern, und auf den Kosten, die keiner haben will, bleibt dann die öffentliche Hand sitzen. Für dieses Modell sind wir nicht zu haben! Aus diesem Grund stärken wir mit diesem Gesetz die kommunale Abfallwirtschaft! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Alle, die dagegen stimmen, sollten sich das gut überlegen, weil das ist eine ganz klare politische Aussage, was man über kommunale Abfallwirtschaft denkt. Ich bin sehr froh, dass die NEOS da einmal wieder bekannt haben, wozu sie eben nicht stehen, und das ist, die kommunale Abfallwirtschaft zu stärken. Sie wollen das schwächen, ein gutes und bewährtes System in dieser Stadt! Ich bin froh, dass Sie das hier so offen sagen! Das wird im Wahlkampf sicher noch ein Thema werden! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Jetzt kommen wir noch kurz zur Altkleidersammlung der Stadt, weil der Kollege Wiederkehr hat gesagt, er hat da geheime Informationen. Wir sammeln auch Altkleider. Die sind so geheim, das machen wir auf den 16 Mistplätzen der Stadt. Es sind nicht 4 Punkte, es sind 16 Punkte in der Stadt, kann ich Ihnen mitteilen. Wir machen das so geheim, wir bewerben das sogar. Stellen Sie sich das vor! So geheim ist das! Wir bewerben das sogar! (Raunen bei SPÖ und GRÜNEN.) Die karitativen Organisationen haben damit auch kein Problem. Wir haben eine gute Partnerschaft mit denen. Das ist unter anderem zum Beispiel der 48er-Tandler, ein System, das sehr gelobt wird. Das ist ein Geschäft, wo man Sachen kaufen kann, die die Leute auf den Mistplätzen abgeben, auch Kleider im Übrigen. Es fühlt sich dadurch auch niemand von uns bedroht. Ganz im Gegenteil, es ist ein gutes Modell, für das wir auch schon internationale Preise gewonnen haben. Aber der Kollege Wiederkehr hat die geheime Information, dass wir das machen und will das offensichtlich verhindern! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich kann nur sagen, Herr Kollege, Sie sollten vielleicht öfter in den Umweltausschuss kommen, bevor Sie hier ans Rednerpult gehen, weil sonst wird es vielleicht peinlich! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Zu den Strafen ist auch schon kurz gesprochen worden. Ich kann Ihnen nur nahelegen, Herr Kollege Guggenbichler, wenn Sie das so schrecklich finden, ich glaube, es gibt noch ein Bundesland, wo die FPÖ in der Landesregierung ist, wenn ich es richtig im Kopf habe. Oder? Oberösterreich? (Abg. Mag. Thomas Reindl: Phantasia!) Dann können Sie dort dafür sorgen, dass die unfassbar skandalös wesentlich höhere Strafe von 7.500 EUR in Oberösterreich künftig gestrichen wird. Weil das so schrecklich ist, wie Sie sagen, bin ich mir sicher, Sie werden sich da in Ihrer Fraktion durchsetzen. Ich habe aber irgendwie das Gefühl, das wird nicht passieren. Also überlegen Sie sich halt, bevor Sie etwas kritisieren, was andere Bundesländer, in denen die FPÖ etwas zu sagen hat, schon seit vielen Jahren machen, bevor Sie hier herausgehen und irgendwelche Dinge verlangen, die absolut absurd sind! (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Nur weil Sie abzocken wollen, lenken Sie jetzt auf andere Bundesländer ab! Das ist typisch für Sie) - Nein, ich will nicht abzocken, sondern, ehrlich gesagt, ich habe halt etwas dagegen, wenn ein Industrie- oder Gewerbebetrieb den Restmüll in die Biotonne haut, alles zusammenhaut, was brave Bürger gesammelt haben, und wir haben dann nicht einmal die Möglichkeit, eine Strafe auszusprechen! Dagegen habe ich etwas! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Das steht nicht im Gesetz!) Ich glaube, damit hätten wir die wesentlichen Argumente besprochen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Gesetz. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Es liegen mir zwei Abänderungsanträge vor, die wir zuerst abstimmen. Zuerst der Abänderungsantrag der NEOS, die § 24 Abs. 1b und 1c ersatzlos zu streichen wünschen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich kann hier die Zustimmung bei DAÖ, NEOS, ÖVP und FPÖ feststellen gegen die Stimmen von GRÜNEN und SPÖ. Der Abänderungsantrag hat somit nicht die notwendige Mehrheit. Der zweite Abänderungsantrag kommt von der Volkspartei. Hier werden Z 17, 18 und 19 angesprochen. Sie haben alle die Anträge vorliegen. Ich frage daher, wer diesem Abänderungsantrag seine Zustimmung gibt, möge bitte ein Zeichen mit der Hand kundtun. - Hier haben wir dasselbe Abstimmungsverhältnis, Zustimmung bei DAÖ, NEOS, ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von GRÜNEN und SPÖ. Somit hat auch dieser Abänderungsantrag nicht die notwendige Mehrheit. Wir kommen zur Abstimmung über das Gesetz. Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das sind die Stimmen der SPÖ und der GRÜNEN gegen FPÖ, ÖVP, NEOS und DAÖ. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Wir kommen nun zur Abstimmung zweier vorliegender Anträge. Zum ersten, Beschlussantrag der FPÖ. Hier geht es um Verbot von Plastikmüllsäcken im öffentlichen Raum. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Wir haben dasselbe Abstimmungsergebnis wie vorher. Es findet damit gegen die Stimmen von GRÜNEN und SPÖ dieser Antrag nicht die notwendige Mehrheit. Der zweite Beschluss- und Resolutionsantrag kommt von den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP. (Abg. Mag. Josef Taucher: Von SPÖ und GRÜNEN!) Er betrifft den nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln in Wien. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Ich schlage nun vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich kann hier die Einstimmigkeit feststellen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtags, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle fest, dass dieses Gesetz mit den Stimmen der SPÖ und der GRÜNEN gegen die Stimmen von FPÖ, ÖVP, NEOS und DAÖ so beschlossen ist. Postnummer 3 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Neuregelung der Elektrizitätswirtschaft - Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz 2005 geändert wird. Es liegen keine Wortmeldungen vor. Wir können daher in die Abstimmung ... (Abg. Martina Ludwig-Faymann: Die Berichterstatterin! Landtag!) - Frau Berichterstatterin, entschuldigen Sie! Ich bin heute schon ziemlich lange am Vorsitz. (Berichterstatterin Amtsf. StRin Kathrin Gaál: Macht nichts! Gemeinsam schaffen wir es!) Frau Berichterstatterin, ich bitte Sie, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Kathrin Gaál: Danke vielmals, Frau Vorsitzende! Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesentwurf. Präsidentin Veronika Matiasek: Es ist niemand zum Wort gemeldet. Daher können wir gleich zur Abstimmung über diese Gesetzesvorlage kommen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Ich stelle hier die Einstimmigkeit fest. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Wer damit einverstanden ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Auch hier kann ich die Einstimmigkeit feststellen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtags, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich kann hier ebenfalls die Einstimmigkeit feststellen. Nun gelangt Postnummer 4 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Meldung gemäß Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz für die Wahlperiode 2015 bis 2020 hinsichtlich der Betätigung des Mitglieds des Landtags Johann Arsenovic in der Privatwirtschaft. Bitte, Herr Berichterstatter. Berichterstatter Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Danke, Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bitte um Zustimmung. Präsidentin Veronika Matiasek: Wir haben auch hier keine Debatte vorliegen. Wir können daher gleich zur Abstimmung gelangen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die dem Antrag des Unvereinbarkeitsausschusses ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Auch das ist einstimmig. Sehr geehrte Damen und Herren, die Tagesordnung der heutigen Sitzung ist erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf schriftlichem Wege bekannt gegeben. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss um 16.30 Uhr.) Landtag, 20. WP 28. Jänner 2020 42. Sitzung / 2 Landtag, 20. WP 28. Jänner 2020 42. Sitzung / 37