Wiener Landtag 20. Wahlperiode 23. Sitzung vom 26. Jänner 2018 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Nachruf auf Erika Krenn, Dritte Präsidentin des Wiener Landtages a. D. S. 3 2. Begrüßung der Bundesräte Ing. Bernhard Rösch und Georg Schuster S. 3 3. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 4. Fragestunde 1. Anfrage (FSP-64102-2018-KFP/LM) S. 3 2. Anfrage (FSP-63760-2018-KSP/LM) S. 4 3. Anfrage (FSP-64499-2018-KNE/LM) S. 8 4. Anfrage (FSP-64620-2018-KVP/LM) S. 10 5. Anfrage (FSP-64541-2018-KNE/LM) S. 14 5. AST-63171-2018-KNE/AL: Aktuelle Stunde zum Thema " Steigende Schulden trotz Wirtschaftsaufschwung. Wien braucht eine landesgesetzlich verankerte Schuldenbremse" Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES S. 17 StR Dr. Markus Wölbitsch, MIM S. 19 Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies S. 20 StR DDr. Eduard Schock S. 21 Abg. Mag. (FH) Tanja Wehsely S. 21 Abg. Markus Ornig, MBA S. 22 Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 23 Abg. Mag. Barbara Huemer S. 24 Abg. Karl Baron S. 25 Abg. Jörg Neumayer, MA S. 25 6.+7. Mitteilung des Einlaufs S. 26 8. LG-1061656-2017-LAT, P 1: Änderung des Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes (Beilage Nr. 1/2018) Berichterstatter Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny S. 26 Abstimmung S. 26 9. LG-10624-2018, P 2: Änderung des Wiener Fischereigesetzes (Beilage Nr. 18/2017) Berichterstatter Abg. Erich Valentin S. 27 Abstimmung S. 27 10. 924631-2017-GGU, P 3: Wiener Landwirtschaftsbericht 2017 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc S. 27 Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc S. 28 Abg. Dr. Jennifer Kickert S. 29 Abg. Michael Eischer S. 31 Abg. Ernst Holzmann S. 33 Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara S. 35 Berichterstatter Abg. Erich Valentin S. 36 Abstimmung S. 36 11. LG-32946-2018-LAT, P 4: Änderung des Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 2005 - WEIWG 2005 (Beilage Nr. 2/2018) Berichterstatter Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig S. 37 Abstimmung S. 37 12. DRI-73968-2018-LAT: Dringlicher Antrag von Abg. David Ellensohn, Abg. Birgit Hebein, Abg. Mag. Barbara Huemer, Abg. Gabriele Mörk, Abg. Silvia Rubik und Abg. Mag. (FH) Tanja Wehsely betreffend "Beibehaltung der Notstandshilfe" Abg. Mag. Dietbert Kowarik (zur Geschäftsordnung) S. 37 Abg. Christian Oxonitsch (zur Geschäftsordnung) S. 38 Begründung: Abg. Birgit Hebein S. 38 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Gabriele Mörk S. 40 Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc S. 41 Abg. Ingrid Korosec S. 43 Abg. Mag. Barbara Huemer S. 45 Abg. Wolfgang Seidl S. 47 Abg. Barbara Teiber, MA S. 48 Abg. Brigitte Meinhard-Schiebel S. 50 Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 51 Abstimmung S. 51 (Beginn um 9.01 Uhr.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie ersuchen, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 23. Sitzung des Wiener Landtages. Bevor ich in die Tagesordnung der 23. Sitzung des Wiener Landtages einsteigen möchte, ersuche ich um ein kurzes Innehalten im Gedenken an die am 15. Jänner des heurigen Jahres im 93. Lebensjahr verstorbene Erika Krenn, Dritte Landtagspräsidentin außer Dienst. In einer Favoritner Arbeiterfamilie aufgewachsen, lernte Erika Krenn früh die Sorgen und Nöte der Arbeiterbevölkerung kennen. Als Lehrerin und Volksschuldirektorin in Favoriten erwarb sie sich durch ihr verständnisvolles und mitfühlendes Verhalten das Vertrauen von Lernenden und Lehrenden. Von den von ihr damals ins Auge gefassten Zielpunkten ist sie bis zum Ende ihres Lebens nicht abgewichen: Ein Leben in Frieden und Freiheit, Gleichberechtigung aller Menschen, vor allem Beseitigung aller Bildungsbarrieren, und Verständnis und Hilfe für alle sozial und wirtschaftlich Bedürftigen, Grundsätze, die bis heute nichts an Wichtigkeit verloren haben. Im Dezember 1970 wurde Erika Krenn Mitglied des Wiener Landtages und Gemeinderates. Sie war unter anderem in den Ausschüssen für Wohnungswesen, Stadterneuerung, Forstwesen, Personal und Sport tätig. Sie war Mitglied der Pflegeheimkommission sowie der Behindertenkommission und Vorstandsmitglied des Kuratoriums Wiener Pensionisten Wohnheime. Von 1983 bis 1984 hatte Erika Krenn das Amt der Dritten Präsidentin des Wiener Landtages inne. 1981 erhielt Erika Krenn das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. Sie war eine große Kämpferin für die Rechte von Frauen, insbesonders von arbeitenden Müttern und benachteiligten Menschen unserer Gesellschaft. Wir werden für ihr Wirken immer dankbar sein und ihr ein ehrendes Andenken bewahren. (Alle Landtagsabgeordneten erheben sich.) Ich danke. Ich darf zwei Gäste im Wiener Landtag willkommen heißen, in ihrem Wiener Landtag, die beiden Bundesräte Ing. Bernhard Rösch und Georg Schuster. Herzlich willkommen. (Allgemeiner Beifall.) Entschuldigt haben sich Frau Amtsf. StRin Mag. Sima, Abg. Mag. Hungerländer, Abg. Kops, Abg. Maresch, Abg. Mag. Straubinger. Abg. Dkfm. Dr. Aichinger ist ab 13 Uhr verhindert, Abg. Stark von 9 Uhr bis mittags, Abg. Mag. Wehsely ab 13 Uhr. Meine Damen und Herren, wir kommen damit zur Fragestunde. Die 1. Anfrage (FSP-64102-2018-KFP/LM) wurde von Herrn Abg. Dr. Aigner gestellt und ist an den Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Bildung, Integration, Jugend und Personal gerichtet. (Wie den Medien zu entnehmen war, besteht der konkrete Verdacht, dass mehrere zehntausend Türken in Österreich, davon ein beträchtlicher Teil in Wien, sowohl die österreichische als auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzen (Scheinstaatsbürgerschaften). Dieser Umstand widerspricht mit wenigen Ausnahmen der österreichischen Rechtsordnung. Die MA 35 wäre verpflichtet, Verdachtsfälle, die gemeldet werden, zu überprüfen. Wie viele so genannte Scheinstaatsbürgerschaften wurden in Wien bisher behördlich überprüft?) Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Hohes Haus! Seit dem 11. Mai 2017 sind der MA 35 3 Listen unterschiedlichen Umfanges mit insgesamt zirka 100.000 Personendatensätzen übermittelt worden. Wir haben ja in diesem Haus an vielen Stellen schon darüber gesprochen. Die verschiedenen Listen unbekannter Herkunft wurden im Wesentlichen von drei Quellen, vom Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, also dem LVT, der FPÖ beziehungsweise in weiterer Folge vom Innenministerium sowie von einer anonymen Quelle übermittelt. Die MA 35 hat danach diese Daten mit dem Zentralmelderegister sowie dem zentralen Staatsbürgerschaftsregister und einer internen Verfahrensdatenbank abgeglichen. Dann sind nach diesem Abgleich Datensätze von rund 18.500 Personen verblieben, die eine österreichische Staatsbürgerschaft haben und auf den Listen aufscheinen und damit die Basis für die weiteren Schritte bilden, die damit zusammenhängen, festzustellen, ob es sich bei diesen Verdachtsfällen um eine erlaubte oder eben unerlaubte Doppelstaatsbürgerschaft handelt. Um das festzustellen, muss jeder einzelne Akt, also jeder einzelne dieser 18.500 Fälle ausgehoben werden. Jeder Fall wird individuell geprüft und erfordert auch von den Beamtinnen und Beamten in der MA 35, was ich jetzt für den Ausdruck größten Respektes und auch für ein großes Dankeschön nutzen möchte, und hohes Wissen über die jeweiligen Rechtsvorschriften, nämlich die Rechtsvorschriften der vergangenen Jahrzehnte. Bei Verdacht auf unerlaubte Doppelstaatsbürgerschaft erfolgt die Einleitung eines Feststellungsverfahrens, das heißt, es wird ein klassisches Ermittlungsverfahren geführt. Dabei werden unter anderem folgende Verfahrensschritte getätigt: Die Vorladung der Betroffenen, Beweiswürdigung, Recherche bei sonstigen in- und eventuell ausländischen Behörden, und vieles mehr. Alle diese Verfahrensschritte, sowohl, was die Prüfung der Daten als auch die einzelnen Verfahren betrifft, sind in enger Abstimmung zwischen der MA 35 und den anderen Behörden in den anderen Bundesländern als auch dem BMI getätigt worden, eine Abstimmung, die übrigens laufend weiter erfolgt. Die Feststellungsverfahren werden in der MA 35 in der Schwerpunktgruppe Doppelstaatsbürgerschaft bearbeitet. Und um die Frage jetzt zu beantworten: Mit dem Stichtag, dem 22. Jänner, also Anfang dieser Woche, befinden sich auf Grund der eingangs erwähnten Listen 7.424 Verfahren in Bearbeitung. Selbstverständlich werden alle an die Behörden übermittelten Verdachtsfälle sehr genau überprüft. Die Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut, und solche Verfahren sind daher auch bestens nachvollziehbar abzuhalten. Jedes Einzelverfahren muss natürlich damit zusammenhängend nach den Grundsätzen eines ordentlichen Verwaltungsverfahrens abgewickelt werden, was eine entsprechende Verfahrensdauer bedingt. Was man jedenfalls sagen kann, ist, dass Wien mit Abstand die meisten Verfahren eröffnet hat und damit diese große, große Aufgabe auch für die Behörden am schnellsten angegangen ist. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Wir kommen damit zur 1. Zusatzfrage. Sie wird vom Herrn Abg. Dr. Ulm gestellt. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Sie haben uns gesagt, es waren ursprünglich 18.000 Personen mit einer Verdachtslage, dass hier illegal Doppelstaatsbürgerschaften geführt werden, und dass jetzt über 7.000 Verfahren in Bearbeitung sind. Heißt das, dass schon 11.000 Verfahren abgeschlossen worden sind? Wie ist das Ergebnis der Verfahren? Gibt es bereits rechtskräftige Bescheide oder wurden Bescheide beim Landesverwaltungsgericht bekämpft? Also mich würde das konkrete Ergebnis interessieren, wie Sie jetzt diese 18.000 Anfangsverdachtsfälle konkret abgearbeitet haben. Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Stadtrat. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ja danke, Herr Abgeordneter! Also die rund 7.500 Verfahren, die bereits begonnen wurden, sind, wenn man so will, die ersten der 18.500, das heißt, die weiteren folgen. Es sind bisher vier Bescheide erlassen worden, die noch nicht rechtskräftig sind. Das ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch so, wenn Sie der Vergleich interessiert, so man das sagen kann, weil ja die Fälle in unterschiedlichen Ländern sehr unterschiedlich viele sind, dass sich die Tätigkeit und die Intensität der Tätigkeit der MA 35 durchaus sehen lassen kann, wenn man etwa Oberösterreich damit vergleicht. Von 4.000 Fällen sind dort 50 in Bearbeitung und 6 Bescheide erlassen. Die Bescheide sind noch nicht rechtskräftig. Die Rechtsmittelfrist läuft in allen vier Fällen noch bis etwa Anfang Februar. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Aigner. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Stadtrat! Vielen Dank für die Beantwortung. Meine Zusatzfrage ist dahin gehend: Wenn Sie sich als Behördenleiter der für die Vollziehung zuständigen Magistratsabteilung etwas wünschen würden, welchen Wunsch würden Sie in Richtung der Bundesregierung auch betreffend die Kooperation mit den betroffenen Ländern, was würden Sie da für einen Wunsch äußern bezüglich eines Abkommens, das einen Austausch der entsprechenden Personenstandsdaten auch zum Gegenstand haben könnte? Wäre das eine Hilfe für die Arbeit Ihrer Behörde? Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Stadtrat. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich möchte das in politischer Funktion so allgemein und so politisch wie möglich beantworten. Ich weiß, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 35 und selbstverständlich auch ihr Leiter und dessen Stellvertreterin in engem Abgleich und in engem Austausch mit dem BMI waren und sind. Das ist natürlich gerade in diesem Fall eine wirklich besondere Sache, weil es sich in allen Bundesländern um das gleiche Gut handelt, nämlich um die Staatsbürgerschaft und um die gleiche Herausforderung, das bestmöglich zu prüfen. Unser aller Wunsch muss sein, dass diese Verfahren auf der einen Seite in rechtsstaatlich einwandfreier, schnellstmöglicher, aber auch in so umfassend als möglicher Art und Weise abgehalten werden können, auf der anderen Seite aber auch so verwaltungsökonomisch wie möglich. Also wenn ich das so sagen darf: Alles, was wir tun können, um unterschiedliche Schritte in unterschiedlichen Bundesländern oder auch leere Kilometer zu verhindern, ist insgesamt gut. Da wünsche ich mir einfach für die nächsten Wochen und Monate, unabhängig von der auch verständlichen politischen Brisanz, einfach eine enge Abstimmung im Hinblick darauf. Wenn die ersten Bescheide in den Bundesländern Rechtskraft haben, dann sagt das natürlich auch etwas über die gemeinsame Basis aller dieser Verfahren aus, nämlich die Listen und die Möglichkeit, diese Listen auch als Beweismittel im Verfahren heranzuziehen. Das ist sicher für alle Behörden in allen Bundesländern der Punkt, es sind ja jetzt überall Bescheide erlassen, die alle noch nicht rechtskräftig sind, wo man auch gemeinsam sagen kann: Was bedeutet das? Wie geht das jetzt weiter? Also da erwarte ich mir einfach enge Zusammenarbeit unabhängig davon, dass das eine große Sache ist oder eigentlich nicht unabhängig davon, dass es eine große Sache ist, sondern weil. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Herr Stadtrat. Wir kommen damit zur 2. Anfrage (FSP-63760-2018-KSP/LM), die von Frau Abg. Mörk an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaft und Internationales gerichtet ist. (Wie wirkt sich das durch die Bundesregierung angekündigte Aussetzen des Beschäftigungsprogrammes Aktion 20 000 in Wien aus?) Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Herzlichen Dank. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anfrage befasst sich mit der wichtigen sozialen Frage des Beschäftigungsprogramms 20.000, Aktion 20.000. Ich darf in Erinnerung rufen, hier ist es darum gegangen, älteren Arbeitslosen, Langzeitarbeitslosen, definiert länger als ein Jahr arbeitslos, älter als 50 Jahre, nochmal eine Chance im Leben zu geben, wenn ich das so salopp sagen darf. Salopp gesagt, für die Menschen selber ein ganz, ganz, ganz wichtiger und einschneidender lebensbestimmender Punkt, ob man hier eben noch einmal im fortgeschrittenen Alter, und ich sage das auch von dieser Stelle hier gerade als Frau sehr bewusst, noch eine Lebenschance bekommt. Denn wir können beobachten, dass sich Arbeitslosigkeit sicher nicht linear durch die Bevölkerungsgruppen durchzieht, sondern, und das haben wir in einem anderen Zusammenhang auch hier schon öfters diskutiert, es gibt zwei Sorgengruppen, wenn ich das so sagen darf. Die eine sind Menschen mit schlechter Qualifikation, wo wir in Wien ja, wenn wir uns die Arbeitslosenzahlen anschauen, einen deutlichen Zusammenhang erkennen können. Die Hälfte derer, die in Wien arbeitslos sind, hat nur Pflichtschulabschluss. Und die zweite Sorgengruppe ist die der älteren Arbeitslosen. Auch wenn wir jetzt vor einem Wirtschaftsaufschwung stehen und die ersten Schritte auch schon getan sind, letztes Mal habe ich noch gesagt, Schimmer am Horizont, mittlerweile ist es mehr, die Daten sind positiv, aber es wirkt sich nicht auf alle Arbeitslosengruppen gleich aus. Diese Gruppe ist nach wie vor eine, die es sehr, sehr schwer am Arbeitsmarkt hat. Deswegen hatte diese Aktion 20.000 eben genau das Ziel, Menschen älter als 50, länger als ein Jahr arbeitslos wieder in Beschäftigung zu bringen. Dieses Aussetzen, wie immer man das jetzt formuliert, die einen sagen, abschaffen, die anderen sagen, aussetzen, Tatsache ist, nach der Pilotphase wurde diese Maßnahme gestoppt. Das wirkt sich natürlich auf die Arbeitslosenzahlen extrem negativ aus, denn die sehr zynische Behauptung und Begründung der Bundesregierung, warum diese Aktion gestoppt wurde, sie würde nicht wirken, ist an sich in sich schon unlogisch, denn bei einer Aktion, die erst in der Pilotphase ist, schon zu sagen, sie hätte keine Auswirkungen, ist ein Widerspruch in sich. Die Pilotphase selber hat gezeigt, dass in jenen Regionen und in den anderen Bundesländern, Sie werden das vielleicht nicht so im Detail wissen, Pilotregionen herausgenommen wurden. Das war in Wien natürlich nicht der Fall, weil du in Wien keinen abgegrenzten Arbeitsmarkt zwischen Margareten, Meidling, Favoriten und der Inneren Stadt hast. Also wir haben das in ganz Wien gemacht. Aber es zeigt sich ganz eindeutig, dass in den Modellregionen die Arbeitslosigkeit für diese Gruppe zurückgegangen ist, während sie in anderen Regionen gestiegen ist, auch in Zeiten des Wirtschaftsaufschwunges, weil eben diese Gruppe, und jeder und jede wissen es aus der näheren Umgebung und wissen es von den Menschen, die sich mit ihren Sorgen an uns wenden, es auch im Wirtschaftsaufschwung, und die Zahlen belegen das ebenfalls empirisch, sehr schwer hat und keine Beschäftigung findet. Das heißt, dieser Stopp dieser Aktion 20.000 ist für mich politisch falsch, ist wirtschaftlich falsch und für die Betroffenen eine Katastrophe. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Korosec gestellt. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Herr Präsident! Frau Landesrätin! Sie haben jetzt eben gesagt, eine große Katastrophe. Ich meine, es ist Ihnen jetzt schon bewusst, Frau Landesräten, das sind zwar Jobs, die vergeben werden, die aber befristet sind. Und wir wissen ganz genau, wenn die Frist vorbei ist, werden jene Organisationen, die jetzt jemand zusätzlich genommen haben, natürlich auch wieder davon absehen. Viel wichtiger wäre es, Damen und Herren über 50, die oft auch nicht die richtige Ausbildung haben, dementsprechend zu schulen. Ein unangefochtener Kenner der österreichischen und der Wiener Arbeitslosensituation ist sicher Johannes Kopf. Und Johannes Kopf hat diese Aktion von Anfang an sehr kritisch betrachtet. Und wie Sie völlig richtig gesagt haben, Frau Landesrätin, wir haben in der Zwischenzeit eine gute ... (Zwischenruf von Abg. Mag. (FH) Tanja Wehsely. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Jetzt haben wir schon in der Fragestunde Zwischenrufe!) Bitte, Frau Kollegin, wie kann ich Ihnen dienen? Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Am Wort ist Frau Abg. Korosec. Abg. Ingrid Korosec (fortsetzend): Wir haben in der Zwischenzeit, wie Sie völlig richtig gesagt haben, eine gute wirtschaftliche Situation. Sind wir froh. Und statt in einer Phase der Hochkonjunktur einen künstlichen, weil es ist ein künstlicher Arbeitsmarkt, weiter zu fördern, wären nachhaltige Maßnahmen sehr wichtig. Ich frage Sie daher: Welche Maßnahmen, Frau Landesrätin, sind hier von der Wiener Stadtregierung geplant? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Frau Kollegin! Diese Frage, die Sie mir da jetzt mit der Befristung stellen, beinhaltet, und ich glaube, es ist Ihnen nicht bewusst, weil ich Sie so nicht kenne, einen Zynismus, den ich von Ihnen im Zusammenhang mit dem Schicksal von Menschen nicht gewohnt bin. Deswegen gehe ich davon aus, Sie wissen es nicht, nämlich dass diese Aktion an sich natürlich ohne Befristung geplant war und dass es Ihre Fraktion war, die Österreichische Volkspartei, die darauf bestanden hat, dass es eine Befristung gibt, weil sie sonst der Aktion gar nicht zugestimmt hätte! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Aufregung bei Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Ich gehe davon aus, Frau Kollegin, weil ich Sie als eine kenne, die mit vollem Herzen, auch wenn wir in vielen Fragen unterschiedlicher Meinung sind, für die Menschen arbeitet, dass Sie das nicht gewusst haben. Ja, diese Befristung hat es gegeben, weil das die einzige Möglichkeit des damaligen Sozialministers war, die Zustimmung des damaligen Koalitionspartners zu bekommen. Und ich sage Ihnen: Trotzdem war das eine sehr gute Aktion! Das muss ich Ihnen als Frau doch nicht sagen, was zwei Jahre Versicherungszeiten für manche Frauen bedeuten! Das kann heißen, Pension null oder eins, Pension oder keine! Und wir wissen, was das gerade für Frauen heißt. Das heißt für alle, zwei Jahre mehr Versicherungszeiten! Das heißt, zwei Jahre Selbstbestimmung, Selbstwertgefühl, soziale Kontakte, Geld, Einkommen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Das heißt, viel mehr Chancen, wieder einen Job zu kriegen, erstens einmal, weil sehr wohl sehr viele ... Und wir sind ja mit denen allen in Kontakt gewesen. Ich weiß nicht, ob Sie eine Ahnung haben - da hinten stehen unsere Vertreter des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds -, wie viel Zeit, Energie, Herzblut die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des WAFF, aber auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des AMS in diese Aktion gesteckt haben! Wir kennen die Schicksale der Menschen! Wir wissen, welche Unternehmungen, welche NGOs, welche Stellen sie in der Stadt Wien genommen hätten. Hätten! Die Leut' kriegen den Job jetzt nicht. Wir wissen, dass ganz viele gesagt haben: Ja, in zwei Jahren wird da etwas frei, dann hat der gute Chancen zu kommen. Das heißt, hier sind Menschen, und das ist das, was mich emotional, wie Sie sehen, berührt, auch weil ich weiß, wie es den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vom WAFF und vom AMS geht, die jetzt diesen Leuten, die schon diese Hoffnung hatten, sagen müssen (Abg. Mag. Martin Hobek: Sagen Sie das der SPÖ! Der SPÖ!): Tut uns leid. Leider ist das jetzt von der blau- schwarzen Bundesregierung abgeschafft worden. Du hast keine Lebenschance mehr. Und was das auch für unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bedeutet. Das heißt, wir werden selbstverständlich das, was wir in Wien bisher schon machen, weiter machen. Aber worauf ich warte, ist die Ankündigung, die man seitens des Bundes gemacht hat, na ja, das Geld wird man anders einsetzen, weil bis jetzt ist gar nichts vom "anders Einsetzen" die Rede, sondern es ist nur vom Einsparen die Rede, vom Einsparen auf dem Buckel von Leuten, die ihr Leben lang gearbeitet haben, dann mit 50 jetzt arbeitslos sind und denen man die letzte Chance genommen hat. Und das meine ich mit Katastrophe! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Huemer. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Ich bedanke mich sehr herzlich für diese sehr klaren Worte. Ich glaube, Ihre Emotion drückt genau die Wut und auch die Hoffnungslosigkeit vieler Menschen aus, die sich sehr viel von der Aktion 20.000 erwartet haben. Ich habe selbst viele Mails bekommen, wo diese Hoffnungslosigkeit zum Ausdruck kommt. Die Aktion 20.000 war eine Hoffnung, und dieses Jahresübergangsgeschenk der FPÖ-Sozialministerin beziehungsweise der ÖVP-FPÖ- Regierung, diese Hoffnungs-Killer, diese Aktion in einer Nacht-und-Nebel-Aktion per Umlaufbeschluss zu stoppen, hat diese Hoffnung von vielen zerstört. Nichtsdestoweniger trotzdem, Sie haben es angesprochen, in Wien haben wir im WAFF mit einem Pilotprojekt gestartet. Mich würde interessieren, wie Sie die Chancen sehen, dieses Projekt fortzusetzen beziehungsweise wie lange können wir dieses Projekt noch fortsetzen, denn ich weiß, die Vorbereitungen sind schon sehr, sehr weit gediehen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Entschuldigung, entschuldige, Herr Präsident! Ja, das stimmt, erst einmal könnte ich das bestätigen. Auch ich habe wirklich selten so viele Mails und Briefe von Menschen bekommen, sowohl vorher positiv als auch eben jetzt frustriert, enttäuscht, unglücklich. Also das kann ich bestätigen und wahrscheinlich ist es vielen von uns so gegangen. Ja, wir haben mit dieser Aktion in Wien begonnen, so wie es vereinbart war, eben die Pilotphase. Die Pilotphase hat in Wien 200 Plätze, 200 Stellen betroffen, die hier vermittelt wurden. Ich darf jetzt vielleicht die Gelegenheit nutzen, um zu sagen, was wir da an Vorbereitungsarbeit schon geleistet haben. Es hat zum Beispiel, und Sie wissen das sicher, ich glaube, Sie waren auch persönlich dabei, im Juli in der Volkshalle eine Informationsveranstaltung gegeben, wo wir eingeladen haben, sich über diese Aktion zu informieren, wo 1.000 Besucher und Besucherinnen gekommen sind, davon zwei Drittel Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Ich erwähne das deswegen, weil es auch so dieses Vorurteil, das man immer wieder oder manchmal hört, widerlegt: Die wollen ja gar nicht arbeiten, die interessiert das ja gar nicht. 1.000 Leute! Und es war eine unglaubliche Stimmung, nämlich genau diese Stimmung der Hoffnung bei dieser Veranstaltung. Das Arbeitsmarktservice hat im November ebenfalls 2 Tage für ihre Zielgruppe zur Information gemacht, und da waren 1.800 Menschen. Also keine Rede davon, dass sich die Leute da nicht dafür interessieren. Wir haben in dieser Pilotphase in der Stadt, und da möchte ich mich bei der Gelegenheit trotzdem, auch wenn das Projekt jetzt gestoppt ist, wirklich von Herzen auch bei allen Stellen des Hauses, bei allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, Dienststellen, Personaldirektion, und, und, und, bedanken, auch bei meinen Kollegen und Kolleginnen in der Stadtregierung, allen voran der Kollegin Frauenberger, ohne deren enge Kooperation mit ihrem Ressort wäre das ja gar nicht möglich gewesen, wo wir wirklich auch qualifizierte Stellen in der Stadt vermitteln konnten. Also auch dieses Vorurteil, na ja, das sind ja lauter Zahnlose, Ahnungslose, die nichts können, stimmt überhaupt nicht. Es hat einen überraschend hohen Anteil an Akademikern und Akademikerinnen gegeben. Es sind ganz viele irrsinnig bemühte engagierte Leute. Und wir haben auch wirklich viele entsprechend auch qualifizierte Positionen vermitteln können. Mir hat unlängst ein Universitätsprofessor berichtet, der jetzt auch Angst hat, dass das nicht mehr hinhaut, der auf seinem Institut eine Literaturwissenschafterin übernehmen hätte wollen. Er weiß jetzt auch nicht, ob das passieren wird. Was fix ist und was in der Pilotphase, und die ist ja in dem Sinn abgeschlossen, jetzt in Wien passiert ist, dass wir zum Stichtag 5.1.2018 218 Vermittlungen hatten, die wirklich bei uns in den verschiedensten Bereichen arbeiten. Jetzt sind noch zirka 1.000 Plätze offen. Also da wäre klar, die Leute wollen arbeiten, für die hätten wir eine Beschäftigung. Aber wir wissen nicht, und vor allem, die Menschen wissen es nicht, das müssen Sie sich einmal vorstellen, die Menschen wissen nicht, ob es jetzt klappt oder nicht, weil die Mittel natürlich, in der Logik leider der Bundesregierung natürlich, gekürzt wurden. Das AMS hat 2018 österreichweit statt der geplanten 700 Millionen EUR nur 110 Millionen EUR, aber österreichweit. Das heißt, wer von diesen 1.000, wo es sich ausgeht, wissen wir nicht, das heißt, das wird jetzt abgearbeitet. Man versucht, mit dem AMS zu tun, was möglich ist. Aber wer von diesen Leuten jetzt wirklich in Beschäftigung kommt - auch NGOs melden sich schon bei uns und sagen, wir haben gerechnet, dass der oder die kommt -, wir wissen es nicht. Wir werden alles daran setzen, hier die Menschen möglichst zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen. Aber von dem Pilotprojekt kann ich es Ihnen fix sagen, wie viele von den 1.000 wir jetzt wirklich noch unterbringen. Wir und die Kollegen und Kolleginnen des WAFF, des AMS, tun wirklich, wirklich unser Bestes. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abg. Schütz. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Angela Schütz (FPÖ): Frau Landesrätin! Ja, zwei Jahre Versicherung mehr ist natürlich in manchen Fällen sicher wichtig und richtig. Das, was wir aber tatsächlich brauchen, ist einerseits eine Sicherheit, dass Firmen Leute mit 50plus nicht so einfach kündigen können, und auf der anderen Seite, dass wir natürlich auch Jobs schaffen, wo Leute mit 50plus auch vermehrt reüssieren können beziehungsweise genommen werden. Da wäre es natürlich auch die Aufgabe der Stadt Wien, Signale zu setzen und solche Jobs dauerhaft zu schaffen und nicht nur für zwei Jahre befristet. Das ist leider bis jetzt verabsäumt worden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang, dass wir Anfang Jänner diesen Artikel über die SPÖ in Ampfelwang in der Zeitung lesen haben können, die einen Job für eine Finanzleiterin gesucht hat, wo sie eine Altersdiskriminierung in die Jobbewerbung hineingeschrieben hat. In der steht "maximal 50 Jahre", und wir reden hier von 50plus! Und dann kommen die daher und sagen, da gibt es keine qualifizierte Person über 50! Also das ist eine Altersdiskriminierung, die ich überhaupt nicht verstehe. Da sollten Sie sich auch bei der Nase nehmen! Sie haben im Pilot 200 Personen aufgenommen, und beim WAFF wären dafür in der letzten Sitzung, haben wir gehört, zwischen 800 und 1.000 weitere Jobs, das haben Sie ja jetzt auch bestätigt, zur Verfügung gestellt worden. Mich interessiert jetzt ganz genau, wie viele dieser 200 Testpersonen Sie definitiv in ein fixes Dienstverhältnis der Stadt Wien nach 2019 übernehmen werden beziehungsweise wie viele dieser 1.000 zur Verfügung gestellten Plätze Sie als definitive Fixanstellungen für 50plus von Seiten der Stadt Wien zur Verfügung stellen werden. Präsident Prof. Harry Kopietz: Bitte, Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Die Aktion hat jetzt begonnen und ist unter anderem durch Ihre Regierungsbeteiligung abgeschafft worden. Sie sind eine Partei, die in Wien gegen ganz viel, was hier passiert, stimmt, die ganz viel Kontra gibt, die gegen, kann man eigentlich fast sagen, alles, was wir in dieser Stadt tun, ist. Wenn Sie in die Regierung kommen, dann schaffen Sie als Erstes für die Ärmsten, die Älteren eine Maßnahme ab! Und dann stellen Sie sich hier her und sagen, na, was macht ihr in Wien, jetzt in Wien? (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Nicht böse sein, Frau Kollegin, aber da, glaube ich, gehört schon ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein und einfach auch Verbindlichkeit dem eigenen Wähler und der eigenen Wählerin gegenüber dazu! Ich glaube, dass wir miteinander - und ich kann Sie nur dringlichst ersuchen, in sich zu gehen und da Ihre Partei, die ja die Verantwortung trägt, wenn die Ministerin jetzt zuständig ist oder nicht, das weiß man nicht so genau (Aufregung bei Abg. Klaus Handler.), zu ersuchen, dass diese Aktion verlängert wird. Bei uns in Wien ist es so, dass wir diese 200 Personen, ganz konkret sind es 202, um ganz präzise zu sein, jetzt in Bereichen der Stadt Wien und der Stadt Wien nahestehenden Einrichtungen, zum Beispiel auch im Verwaltungsgericht oder im Psychosozialen Dienst, aber überwiegend in Magistratsabteilungen untergebracht haben, dass die jetzt eben dort die Chance haben, zwei Jahre lang zu arbeiten, und dass ich davon überzeugt bin, dass die Chance, dass sie dann auch die Möglichkeit haben, hier übernommen zu werden, und das wurde uns schon von vielen signalisiert, auch entsprechend sehr, sehr groß ist. Aber eines sage ich auch ganz klar: Im Bund diese Maßnahme abzuschaffen und dann mit dem Finger auf Wien zu zeigen, wo wir die Einzigen sind, die einen Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds haben, der hier Maßnahmen setzt, wo wir die Einzigen sind, die einen Qualifikationsplan haben, wo man sich um die Menschen kümmert und die hier in dieser Stadt nicht wie andere, so wie es der Bund zum Teil gemacht hat, Dienstposten nicht nachbesetzt, sondern wo wir uns zu unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekennen, und dann selber solche Sachen zu machen und mit dem Finger auf Wien zu zeigen, ist erstens unfair, zweitens unseriös, und das werden wir sicher nicht zulassen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die letzte Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mörk. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Gabriele Mörk (SPÖ): Einen schönen guten Morgen, Frau Stadträtin! Danke für die Beantwortung meiner Anfrage und für Ihre sehr klaren Worte. Nicht nur die Aktion 20.000 wurde gestoppt, sondern auch die Reform des Arbeitslosengeldes und auch die Abschaffung der Notstandshilfe stehen im Raum. Wie schätzen Sie persönlich die Reform des Arbeitslosengeldes ein? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Ja, ich kann leider der Frage nicht widersprechen. Es ist so, dass hier Pläne gewälzt werden, die leider Ausdruck eines Grundprinzips sind, das sich durch dieses ganze Regierungsprogramm zieht. Und Sie merken, es emotionalisiert mich wirklich, weil ich tagtäglich mit den Menschen zu tun habe und weil es selten passiert, dass eine Maßnahme so eins zu eins die Leute wirklich ins Herz trifft, und mich trifft es auch ins Herz! Deswegen, wenn ich da ja jetzt zu emotional werde und das in einer Fragestunde eigentlich keinen Platz hat, versuche ich, mich zurückzunehmen. Aber es fällt mir schwer, weil es um Menschen geht. Es geht um ältere Menschen. Es geht um Menschen, die endlich wieder eine Chance im Leben hätten! Zurückkommend auf Ihre Frage: Durch das ganze Programm zieht sich wie ein roter Faden: Wer arbeitslos ist, ist selber schuld. Das erklärt natürlich auch vieles, zum Beispiel, warum geplant ist, dass die Arbeitslose degressiv gestaltet wird. Eine andere Erklärung kann es ja nicht geben, als dass man sagt, ja, man muss die Leute da ein bissel strafen, dass sie länger arbeitslos sind. Auch das halte ich für falsch, und ich habe die Zahlen genannt, wie viele sich da bei den beiden Jobmessen gemeldet haben - ja, als Jobmessen kann man sie schon ruhig bezeichnen, Aktion 20.000-Jobmessen -, wie viele Leute gekommen sind und sich da bemüht haben. Wir kennen alle die Briefe, die wir kriegen: Habe schon 30 Bewerbungen geschrieben, nicht einmal eine Antwort gekriegt. Bei Jungen haben wir ja unsere Aktion, das habe ich vorhin vergessen zu erwähnen, weil das in Wien schon eine Selbstverständlichkeit mit unseren Überbetrieblichen ist, mit der Ausbildungsgarantie, die wir in Wien haben. Es wäre halt schön gewesen, wenn wir diese Aktion auch weiterführen hätten können. Diese Neugestaltung der Arbeitslose halte ich auch wirtschaftspolitisch für problematisch, weil es die Leute unter Druck setzt, weil es natürlich auch die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen schwächt und von daher für alle schlecht ist. Es sind in Wien, nur damit wir wissen, von welchen Dimensionen wir reden, wir reden jetzt nicht von ein paar Arbeitslosen, wir reden da von Menschen, und wenn wirklich die Notstandshilfe abgeschafft wird, von 70.000 plus Familien. Also das ist wirklich eine große Zahl von Menschen, die das negativ betrifft, denen das gesamte Ersparte bis auf die 4.200 EUR, wenn sie dann in die Mindestsicherung fallen würden, weggenommen werden muss, weil natürlich hier ganz andere Regeln sind, das heißt, das ist eine Enteignung von Menschen. Und das verstehe ich ja gar nicht, wie eine Partei, die irgendwie Leistung und Eigentum immer so in den Mittelpunkt gestellt hat (Aufregung bei Abg. Klaus Handler.), so eine Maßnahme setzen kann! Das heißt, es wird dann einfach eine Versicherungsleistung zum untersten sozialen Netz, denn das ist die BMS. Abgesehen davon, und auch da macht es sich die Bundesregierung leicht, dass sie einfach hunderte von Millionen, hunderte von Millionen ihrer Kosten in die Länder verschiebt! (Aufregung bei ÖVP und FPÖ.) Das werden wir Länder uns auch nicht gefallen lassen, und zwar egal, welche Couleur dort der Landeshauptmann, die Landeshauptfrau oder die Landesfinanzer haben. Dass sich die Bundesregierung auf Kosten der Länder und auf Kosten der armen Menschen saniert, kommt sicher nicht in Frage! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Wir kommen damit zur 3. Anfrage (FSP-64499-2018-KNE/LM), die von Herrn Abg. Wiederkehr gestellt und an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Integration, Jugend und Personal gerichtet ist. (Die Höhe der Förderungen an Kinder- und Jugendorganisationen erfolgt derzeit auf intransparente Weise. Die Höhe der Subventionen orientiert sich an keinerlei sachlichen Kriterien, wie zum Beispiel der Mitgliederzahl, und ist somit nicht nachvollziehbar. Eine Neugestaltung der Subventionskriterien für Wiener Kinder- und Jugendorganisationen ist daher erforderlich. Planen Sie, ein entsprechendes Landes-Jugendfördergesetz, zum Beispiel nach dem Vorbild Salzburgs, auszuarbeiten, in dem klar die Kriterien zur Vergabe von Jugendförderungen geregelt werden?) Bitte, Herr Stadtrat.Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Hohes Haus! Grundsätzlich möchte ich betonen, dass wir in unserer Stadt zu Recht sehr stolz auf die Kinder- und Jugendarbeit sind, aber, und das möchte ich durchaus auch selbstkritisch anmerken, dabei manchmal in der Kommunikation nach außen den großen Bestandteil, den auch die verbandliche Kinder- und Jugendarbeit dabei hat, vergessen, weil wir derartig viele Angebote im städtischen Bereich haben. Und das möchte ich an dieser Stelle gleich zu Beginn betonen, verbunden mit einem Dankeschön an die vielen, primär ehrenamtlich Engagierten in der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit. Von den Wiener (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Pfadfindern und Pfadfinderinnen, die sich, glaube ich, gerade auf den Jamboree vorbereiten, über den Verein Hashomer Hatzair bis zur Österreichischen Jungarbeiterbewegung, der Wiener Gewerkschaftsjugend und der Katholischen Jungschar, um nur einige zu nennen, haben wir eine große Bandbreite an Kinder- und Jugendorganisationen in Wien, die auch großartige Arbeit leisten. Die MA 13 und die jeweiligen Landesjugendreferenten sind in dieser Zusammenarbeit, die seit Jahrzehnten eine sehr enge ist, in sehr gutem Kontakt mit allen Vereinen. Es ist eine Zusammenarbeit, das möchte ich betonen, und das ist das Besondere an Wien, die seit jeher in einer engen Kooperation auf Augenhöhe auch mit den Engagierten in der Kinder- und Jugendarbeit passiert. Die Vereine sind also eine wichtige Ergänzung zu unserer offenen Jugendarbeit der Stadt Wien. Die Wiener Kinder- und Jugendorganisationsförderung besteht aus zwei Teilen. Das wird in der Regel bei dieser Diskussion und bei diesen Anfragen auch vergessen. Es gibt die Basissubvention und den wesentlichen Bestandteil der Projektförderung, die Jahr für Jahr über den Landesjugendbeirat, der sich regelmäßig trifft und eben auch, wenn man so will, die Vertretung der Organisationen selber ist, ausgeschüttet wird für Projekte, die innovativ und aktuell sind. Der Landesjugendbeirat tritt vier Mal im Jahr zusammen und überlegt, welche Projekte förderungswürdig sind und stimmt das ab. Ich möchte nur beispielhaft erwähnen, weil ich eben, wie am Beginn schon gesagt, der Meinung bin, dass das zu selten passiert, welche Projekte etwa über diesen Projekttopf in den zurückliegenden Monaten, also in der jüngeren Vergangenheit, gefördert worden sind. Da ist das Projekt "Gemeinsam gegen Jugendarbeitslosigkeit" der Österreichischen Jungarbeiterinnen- und Jungarbeiterbewegung. Das ermöglicht, Voraussetzungen für die Umsetzung einer Produktionsschule zu schaffen und damit Perspektivlosigkeit und Dauerarbeitslosigkeit unter bedrohten Jugendlichen zu bekämpfen beziehungsweise diesen zu helfen. Das Projekt "Vielfalt Leben" der Katholischen Jungschar, das ein Grundverständnis von Antirassismusarbeit, Toleranz und Solidarität der Jugendlichen fördert. Viele Projekte haben sich dem aktuellen Schwerpunkt Medienkompetenz gewidmet. In der Kinder- und Jugendarbeit gibt es über den gesamten Bereich von der offenen Jugendarbeit über die verbandliche Jugendarbeit immer jugendpolitische Schwerpunkte zum Thema Medienkompetenz. Da gibt es zum Beispiel das Projekt "Kritikfähig" der JUNOS Wien, das Projekt "Medien und ich" der Muslimischen Jugend, das Projekt "Jugend.Medien.Kompetenz" der Wiener Pfadfinder und Pfadfinderinnen. Auch im Bereich Diversität und Integration passiert viel, etwa das Projekt "WIENfalt" der Wiener Pfadfinder und Pfadfinderinnen, das Projekt "Vielfalt" der Wiener Schülerunion, das Projekt "Integratives Yaldening" der Österreichischen Jungarbeiter- und Jungarbeiterinnenbewegung, und die vielen Projekte der Hashomer Hatzair wie zum Beispiel "Ohne unsere Vergangenheit werden wir die Zukunft nicht verstehen". Die Auseinandersetzung mit dem Gedenkort Mauthausen und Essenspakete für die Armen zeigen, dass auch das Thema Gedächtnisarbeit, auch das Thema einer wehrhaften Demokratie gegenüber allen rassistischen und antisemitischen Strömungen in unserem Land sehr wichtig sind. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt, der zeigen soll, dass die Förderung der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit auf zwei Säulen fußt. Eine sehr wesentliche ist die Auseinandersetzung mit ganz konkreten Projekten, die uns hier auch sehr wichtig sind, und für diese Arbeit möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Herr Stadtrat. Die 1. Zusatzfrage ... Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky (unterbrechend): Ich bin noch nicht fertig. Präsident Prof. Harry Kopietz: Entschuldigen Sie. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Im Zusammenhang mit der Fragestellung möchte ich generell betonen, dass es selbstverständlich ein falscher Eindruck ist, der hier im Haus immer wieder gezeichnet wird, dass das freihändig und generell völlig ohne jede Kontrolle passiert. Gegen diesen Vorwurf verwehre ich mich. Ich möchte betonen, dass die MA 13 selbstverständlich laufend alle Aktivitäten der Vereine evaluiert und auch laufend die Förderung der Vereine überprüft, und zwar auf Punkt und Beistrich. Auch den Einsatz der Mittel dieser Förderung. Wie schon vorhin erwähnt, hat die Zusammenarbeit in den letzten Jahren sehr, sehr gut funktioniert. Für mich ist eines klar: Eine Änderung einer solchen Förderung, eine Änderung solcher Modalitäten ist denkbar, aber bedarf zuallererst einmal einer Erarbeitung mit den Kinder- und Jugendvereinen und damit auch der Zustimmung all dieser Vereine. (Beifall bei der SPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Schwarz. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Sabine Schwarz (ÖVP): Guten Morgen! Sie haben ja meiner Frage eigentlich jetzt schon vorgegriffen, wie diese Umgestaltung dieser der neuen Kriterien stattfinden kann. Gibt es da jetzt einen Zeitplan von Ihnen, wie Sie die Zusammenarbeit mit den Jugendorganisationen ins Leben rufen wollen, und so weiter, also so eine Art Fahrplan? Gibt es den schon? Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Stadtrat. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich möchte grundsätzlich noch einmal auf das verweisen, was ich vorhin schon gesagt habe. Ich finde die Möglichkeiten, die wir für die Förderung der Kinder- und Jugendarbeit haben, sind gut. Ich habe daher kein Interesse daran, das über das Knie zu brechen und vor allen Dingen die Möglichkeit des Austausches mit den ehrenamtlich Engagierten in der Kinder- und Jugendarbeit auszulassen. Dazu hab ich mich bekannt. Dazu eignen sich auch die jeweiligen Treffen des Landesjugendbeirates. Ich möchte vorschlagen, dass sich der Landesjugendbeirat im kommenden Jahr mit dem Thema beschäftigt und kann dann gerne berichten. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abg. Stumpf. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Michael Stumpf, BA (FPÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat! Das Landes-Jugendförderungsgesetz stellt ja sicher, dass viele Jugendorganisationen in Wien eben die nötige Unterstützung in ihrer Arbeit bekommen. Davon sind auch politische Jugendorganisationen betroffen, Vorfeldorganisationen nennt man sie im Volksmund. Da stellt sich bei mir die Frage, nach welchen Kriterien die Stadt Wien für die eine vorpolitische Jugendvorfeldorganisation mehr Geld in die Kassen spielt und für andere weniger. Wäre es für Sie denkbar, dass gerade diese politischen Vorfeldorganisationen, um der Objektivität gerecht zu werden, nach ihrer politischen Stärke in den jeweiligen Städten, also in Wien, bemessen werden, und dass die Fördersumme eben nach diesen Kriterien erfolgt? Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Herr Stadtrat. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Also es steht mir jetzt grundsätzlich nicht zu, weder für die Partei, aus der ich komme, noch für Ihre Partei als Politiker Aussagen darüber zu treffen, wie Jugendorganisationen zu funktionieren haben. Aber wir alle haben eine politische Erfahrung und Vergangenheit. Ich habe auch eine aus politischen Jugendorganisationen und weiß daher, dass zumindest jene, die sich der Sozialdemokratie zuordnen, sehr bedacht darauf sind und stolz darauf sind, eine eigenständige Organisation zu sein, die sich auch ab und an manchmal sehr laut gegen die Partei stellt. Also grundsätzlich halte ich den Automatismus, weil eine Partei so ist, entweder sich politisch so äußert oder sich politisch so positioniert oder auch bei der Wahl so oder so abschneidet und das automatisch auch für die Jugendorganisation gelten muss, für nicht tauglich. Ich finde, die Kinder- und Jugendorganisationen sind für sich genommen eigenständig. Das betrifft alle Jugendorganisationen, unabhängig von ihrer politischen Schwerpunktsetzung. Wir haben uns dazu bekannt, so wie auch die meisten Bundesländer und die Republik, dass auch politische Jugendarbeit selbstverständlich förderungswürdige Jugendarbeit ist. Ich glaube, das streitet auch hier in diesem Haus niemand ab. Daher möchte ich grundsätzlich einen Weg gehen, der sagt, wir schauen auch auf die Organisationen als selbstständige Organisationen. Das bedeutet nicht, dass es keine Kriterien geben soll. Das habe ich eh schon vorhin gesagt, wir können da gemeinsam, aber eben mit allen Jugendorganisationen, unabhängig davon, ob sie jetzt politische sind oder andere verbandliche Organisationen, darüber reden, was es sein kann. Ich halte die Stärke bei der jeweiligen Wahl als nicht taugliches Mittel. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 3. und letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg. Wiederkehr. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Christoph Wiederkehr, BA (NEOS): Guten Morgen! Zunächst vielen Dank für die Wertschätzung auch der verbandlichen Jugendarbeit. Ich glaube, dass wirklich auch viel zu wenig gesehen wird, was Vereine im Jugendbereich auch für die Stadt leisten. Darum finde ich es gut, hier auch einen Fokus drauf zu legen und danke auch dafür, dass es die Bereitschaft gibt, die Kriterien und die Fördervergabe zu überdenken. Ich höre die Bereitschaft halt auch schon seit drei Jahren und in dem Bereich hat sich halt wirklich noch gar nichts getan. Und wenn Sie auch heute wieder sagen, dass es mit den Kinder- und Jugendorganisationen gemeinsam gemacht werden muss, dann muss man vorher mit den Kinder- und Jugendorganisationen reden, und das ist noch nicht geschehen. Das heißt, hier ist einfach ein Missstand, wenn seit zweieinhalb Jahren gesagt wird, es wird daran gearbeitet und es geschieht eigentlich nichts. Meine Frage zielt darauf, wie denn die Kriterien aussehen und wie es Ihnen, Herr Stadtrat, dabei geht, dass es eigentlich keine Kriterien gibt, weil die nirgends niedergeschrieben sind. Wenn eine Organisation Förderungen beantragen möchte, gibt es keinen Kriterienkatalog. Das heißt, im Endeffekt gibt es hier eine Willkür, weil wenn es keine festgeschriebenen Kriterien gibt und man die nicht bekommt, wonach wird das Geld ausgegeben? Wie geht es Ihnen, Herr Stadtrat, damit, zu wissen, dass in Ihrer Magistratsabteilung Geld willkürlich vergeben wird? Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Stadtrat! Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Also ich verwehre mich wirklich mit Entschiedenheit gegen das, was hier mit der Frage intendiert ist. Dieses Haus ist der Souverän, es ist der Landtag, bestehend aus Landtagsabgeordneten, die bei einer Wahl von den Wienerinnen und Wienern, die wahlberechtigt sind, gewählt worden sind. Wenn sich dieses Haus, in dem Fall ist es eigentlich nicht der Landtag, heute ist Landtag, sondern der Gemeinderat, für die Förderung einer Organisation oder für die Förderung einer Sache ausspricht und sich mehrheitlich dafür entscheidet, dann reden wir ganz sicher nicht von Willkür, sondern von einer demokratischen Entscheidung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Die Rahmenbedingungen sind auch bekannt. Das kann man zu Recht natürlich auch hinterfragen. Man kann grundsätzlich alles hinterfragen, besonders wenn die Antwort so klingt wie: "Das war schon immer so." Also ich möchte dem jetzt überhaupt gar nicht irgendwie so kommen, als wäre es eh legitim, das zu machen, im Gegenteil. Meine Bereitschaft, dass sich zuallererst einmal auch der Landesjugendbeirat, also die betroffene Jugendorganisationen und ehrenamtlich Engagierten damit beschäftigen, habe ich getätigt. Den Vorschlag werde ich heute auch mitnehmen beziehungsweise auch weitergeben. Die Kriterien, aber die, die jetzt gelten, sind ja, und das war der Versuch meiner Beantwortung am Beginn, vor allen Dingen das Fußen auf zwei Bereichen. Der eine ist eine Basisförderung in bisher bestehender Höhe, wo natürlich die MA 13, so wie bei anderen Förderungen auch, Jahr für Jahr drauf schaut, ob sie auch im Sinne der Förderrichtlinien abgerufen wird, und wenn das nicht der Fall ist, auch jederzeit reinschauen beziehungsweise rückfordern kann. Der andere ist die Förderung von ganz konkreten Projekten. Mir ist besonders die zweite Säule sehr wichtig, weil sie darauf beruht, dass wir nicht von vornherein wissen, was Jugendorganisationen, Kinderorganisationen tun sollen, sondern sie darüber nachdenken lassen, was sie gerne tun möchten, um darauf aufbauend Projekte zu fördern. Also ich kann mir, was konkretere Gedanken betrifft, wie die Zukunft ausschauen kann, jedenfalls vorstellen, dass wir im Hinblick auf die Projektförderung, auch was möglicherweise Schwerpunkte betreffen kann, noch genauer hinschauen und Neues entwickeln. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Wir kommen damit zur 4. Anfrage (FSP-64620-2018-KVP/LM). Sie wurde von Frau Abg. Korosec gestellt und ist an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Soziales, Gesundes und Frauen gerichtet. (Im November 2017 wurde die Novelle zum Wiener Mindestsicherungsgesetz mit zahlreichen Änderungen bzw. Neuerungen beschlossen. Die Einführung einer Wartefrist (für zum Beispiel Nicht-Wiener) wurde damals bewusst nicht implementiert. Zuletzt haben sich beide Kandidaten für den SPÖ-Parteivorsitz in Wien und in der Folge auch für das Amt des Wiener Landeshauptmannes, Wohnbaustadtrat Dr. LUDWIG und Mag. Schieder, explizit für eben eine solche Reform ausgesprochen. Werden Sie nun eine Novelle zum Wiener Mindestsicherungsgesetz ausarbeiten lassen, die eine weitere Reform im Sinne einer Einführung einer Wartefrist beinhaltet?) Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Vielen Dank. Einen schönen guten Morgen! Frau Abg. Korosec, ich denke mir, die Frage ist doch etwas durchsichtig, wenn es darum geht, zu sehen, was damit auch beabsichtigt wird, nämlich einen Widerspruch zu konstruieren, den ich in dieser Form so nicht sehe. Aber zum sachlich Inhaltlichen: Mit dem 1. Februar 2018 tritt das neue Wiener Mindestsicherungsgesetz in Kraft. Ich denke, und wir haben das hier auch im Haus diskutiert, im Gegensatz zu Niederösterreich oder Oberösterreich, wo es primär darum geht, Leistungskürzungen in den Fokus zu stellen oder bestimmte Anspruchsberechtigte auszugrenzen, haben wir uns sehr stark auf die Wirkungsorientierung und auf die soziale Absicherung konzentriert. Meine Kollegin hat ja heute auch schon zur Aktion 20.000 gesprochen. Das alles sind Maßnahmen und Projekte, die ein großes Ganzes darstellen, wenn es darum geht, Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen natürlich auch die entsprechende Würde durch Arbeit zu geben. Das Wiener Modell hat sich deshalb vorgenommen, sehr zielgruppenorientiert zu arbeiten, und hat einen ganz großen Schwerpunkt speziell auf junge Bezieherinnen und Bezieher gesetzt. Weil wir wissen, dass wir speziell dort mit Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, mit arbeitsmarktpolitischen Integrationsprojekten, auch mit den vielen NGOs, die zum Beispiel gerade in der vorhergehenden Frage diskutiert worden sind, einfach wichtige Schritte setzen können, um diesen jungen Menschen eine Zukunft zu geben. Aber eben auch den Älteren, die dieses soziale Netz brauchen, geben wir somit eine entsprechende Absicherung und Chancen, um sich eine eigenständige Existenzsicherung aufzubauen. Das Wiener Mindestsicherungsgesetz setzt dabei auf Anreize wie Ausbildung auf der einen Seite, aber auch auf diese Beschäftigungsprojekte. Bei der Entstehung des Wiener Mindestsicherungsgesetzes haben wir uns die unterschiedlichsten Modelle und Möglichkeiten angesehen und haben uns sehr konkret gegen eine Wartezeit entschieden. Die Vorlage des Gesetzes, so wie wir sie jetzt haben, sieht daher logischerweise eine Wartezeit auch nicht vor. Warum? Weil wir eine Wartefrist in der jetzigen Situation und im Vergleich mit den anderen Bundesländern nach genauem Anschauen und auch nach der Dauer und den Möglichkeiten, die es da gibt, deshalb nicht in Erwägung gezogen haben, weil wir sehen, dass der Zuzug ja nicht auf Grund dessen passiert, weil es hier diese Mindestsicherungsregelung und dort diese Mindestsicherungsregelung gibt. Der Zuzug erklärt sich eigentlich ausschließlich, und da gibt es auch Studien dazu, aus der Attraktivität von Großstädten, aus der Nähe zur eigenen Community, aber natürlich auch oft auf Grund von fehlenden Angeboten in anderen Bundesländern und auf Grund fehlender Chancen in anderen Bundesländern. Ich befürchte, dass sich das verstärken wird und zwar nicht deshalb, weil wir keine Wartefrist haben, sondern deshalb, weil zum Beispiel wir hier in Wien Integration ab dem Tag 1 leben, und dass wirklich darauf zu warten ist, wie denn das Integrationsjahr letztendlich insgesamt auf der Bundesebene umgesetzt werden wird. Wenn man ernst nehmen würde, was wir da gemeinsam vereinbart haben, dann wäre das zum Beispiel, glaube ich, ein viel, viel besseres Mittel als eine Wartefrist. Aber jedenfalls ist es so, dass wir jetzt einmal dieses Gesetz in Kraft setzen und dann sehr sorgfältig analysieren werden, welche Wirkungen wir erzielen. Wir müssen dann natürlich auch die Fallzahlen und die Entwicklungen gut beobachten. Aber ein Gesetz, das erst in ein paar Tagen in Kraft tritt, jetzt schon wieder zu novellieren, das schließe ich jetzt einmal aus. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Der guten Ordnung halber und für das Protokoll gebe ich bekannt, dass sich Herr Abg. Kowarik bis 11 Uhr entschuldigt hat. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Hebein. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Birgit Hebein (GRÜNE): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Ich bin stolz darauf, in einer Stadt zu leben, wo wir die Armut bekämpfen und nicht die Armen, und wo wir Menschen in Notsituationen unterstützen und ihnen auch Perspektiven durch Ausbildung und Qualifizierung geben. Meine Frage bezieht sich ein Stück weit auf ihre Einschätzungen auf Grund der aktuellen Entwicklung der Mindestsicherung in Wien auf Grund der Quartalsberichte, die erscheinen. Wie schätzen Sie jetzt die zukünftige Entwicklung der Mindestsicherung in Wien ein? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Nun, es ist aus der jetzigen Sicht sehr schwierig, eine Einschätzung treffen zu können, weil wir wissen, dass wir erstens einmal jetzt noch bis März Zeit haben, um diese Zahlen dann auch wirklich gut in einem Monitor einplanen und einbauen zu können, um hier dann auch wirklich gute und klare Aussagen treffen zu können. Ich komme jetzt gerade von einer Protestveranstaltung vor den Wiener Arbeitsmarktservicestellen, wo es darum gegangen ist, die Aktion 20.000 weiter einzufordern, wo es aber natürlich heute hier in diesem Haus auch noch darum geht, einen Antrag von hier aus zu stellen, um die Notstandshilfe entsprechend zu verteidigen. Alles miteinander ein Puzzlestein in einem gesamten Bild oder als ein Knoten in diesem Sozialnetz, wenn wir vielleicht bei diesem Bild bleiben wollen. Wenn diese Maßnahmen wie Integration ab dem 1. Tag, Aktion 20.000, die Notstandshilfe, wenn das alles wegfällt, dann hat das natürlich Auswirkungen auf unser letztes soziales Netz der Bedarfsorientieren Mindestsicherung, der Wiener Mindestsicherung ab 1. Februar. Aber aus der heutigen Sicht kann ich Ihnen sagen: Wir haben uns ja in der Taskforce der MA 40 vorgenommen, ein besseres Berichtswesen zu installieren. Das war auch eine Vorgabe aus einem Rechnungshofbericht. Wir sehen, dass im Dezember 2017 131.415 Personen im Leistungsbezug der Wiener Mindestsicherung waren, und das sind um 4.759 Personen weniger als im Dezember des Vorjahres. Das heißt, wir haben derzeit einen Rückgang von 3,5 Prozent, wenn man die beiden Dezembermonate vergleicht. Wenn man auf diese Fallzahlen pro Monat schaut, dann kann man auch ablesen, dass wir seit dem Sommer einen kontinuierlichen Rückgang haben. Das hat natürlich mit verschiedensten Dingen zu tun. Auf der einen Seite mit unseren sehr angestrengten Maßnahmen, das hat heute die StRin Brauner schon erzählt. Bei der Aktion 20.000 hatten wir viele Mindestsicherungsbezieherinnen und -bezieher hier bei uns im Rathaus, die sich interessiert haben und hier natürlich auch Hoffnung hineingesetzt haben. Und so soll es ja auch sein. Wir müssen uns mit diesen Ideen, die wir zur Arbeitsmarktintegration haben, sehr anstrengen, dass das auch wirklich umgesetzt wird, dass wir den Menschen auch wirklich Angebote und Hoffnung geben können und somit die Leute aus der Mindestsicherung herausbringen. Das ist unser Ziel. Dass das gehen kann, würde ich einmal vorsichtig sagen, sieht man am Rückgang der Zahlen im letzten halben Jahr. Diesen Weg fortzusetzen, wird eine harte Arbeit sein. Mit unserem neuen Gesetz ist das gut möglich. Aber es wird eben auch darauf ankommen, wie viel Sozialabbau da noch geplant ist, damit wir das auch wirklich halten können. Hier dagegenzuhalten, wird ganz wichtig und essenziell sein. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Seidl. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ): Guten Morgen, sehr geehrte Frau Landesrätin! Danke für die Beantwortung. Ich interpretiere die Antwort auf die 1. Frage so, dass Sie Wartezeiten für die Zukunft nicht kategorisch ausschließen und möchte jetzt zur Frage kommen. In Wien gibt es zusätzlich zur nicht vorhandenen Wartezeit auch ein anderes Spezifikum. Und zwar wird Mindestsicherung auch an rechtskräftig negativ beschiedene Asylwerber ausbezahlt. Da wollte ich Sie fragen: Gibt es da Ihrerseits ein Umdenken, in der Zukunft diesem Personenkreis die Mindestsicherung nicht mehr auszubezahlen? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Schauen Sie, das ist bei Ihnen immer das Gefährliche. Sie vertauschen oft sehr bewusst Begrifflichkeiten, um hiermit Menschen zu verunsichern und auch zu verwirren. Das merke ich immer wieder. Wenn man von Asyl und AsylwerberInnen, von den rechtskräftig Beschiedenen, von der Mindestsicherung und von der Grundversorgung spricht, dann geht gleich einmal ein bisschen ein Begriff dort hin, ein bisschen ein Begriff da hin. Was erzeugt das für ein Bild? Es erzeugt ein Bild, dass wir hier Menschen Sozialleistungen zukommen lassen, denen diese Sozialleistungen eigentlich gar nicht zustehen. Gegen dieses Bild möchte ich mich massiv verwehren! Ich stehe hier als Verantwortliche für genau diesen Bereich. Da gibt es die MA 40, und diese Magistratsabteilung prüft jeden Antrag. Wer welche Leistungen zu welchem Zeitpunkt bekommt, ist ganz klar geregelt. Ich möchte ein Mal mehr darauf hinweisen, dass es zur sozialen Absicherung von AsylwerberInnen und Asylberechtigten unterschiedliche Regelungen gibt. AsylwerberInnen erhalten bis zum Abschluss ihres Verfahrens keine Mindestsicherung. In diesem Zeitraum befinden sich die Flüchtlinge in der Grundversorgung. Erst ab dem positiven Bescheid - und da muss man dazusagen, 85 Prozent warten länger als ein Jahr auf diese Entscheidung -, wenn sie den Status subsidiär Schutzberechtigte oder Asylberechtigte erreicht haben, besteht für diese Personengruppe der Anspruch auf Mindestsicherung. Da es während des Asylverfahrens keine Arbeitserlaubnis gibt, ist es so, dass diese asylberechtigten und subsidiär schutzberechtigten Personen auf die Existenzsicherung durch die Mindestsicherung angewiesen sind. Darüber reden wir. Wir reden darüber, dass diese Wiener Mindestsicherung die soziale Absicherung, das letzte soziale Netz, ist und dass es für uns hier ganz wesentlich ist, dass wir den Menschen eine Existenzsicherung zukommen lassen, weil wir wissen, diese Investition ist eine Investition in den sozialen Frieden. Das bringt den Menschen etwas, die viel Geld in dieser Stadt, in diesem Land verdienen, und das bringt den Menschen etwas, die eben nichts haben. Es bringt soziale Sicherheit und sozialen Frieden. Genau darum geht es. Es geht darum, dass wir mit diesen Maßnahmen verhindern, dass es zu einer - ich möchte diesen Ausdruck nicht verwenden, aber es wird immer davon gesprochen - Ghettoisierung kommt. Es bringt, dass es weniger Kriminalität gibt. Es bringt, dass es weniger Obdachlosigkeit gibt. Es bringt, dass es mehr an Integration, mehr an sozialer Absicherung gibt. Das ist, wie wir unser soziales Wien hier verstehen. Bitte, tun Sie nicht ständig die Menschen auseinanderdividieren und noch auf die Letzten, die in dieser Stadt nichts haben, draufhacken! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Die 3. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Emmerling. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Danke für Ihre Ausführungen. Ich glaube, Sie kennen unsere Haltungen oder unsere Positionen zur Mindestsicherung. Wir haben immer gesagt, wir stehen für Leistungskürzungen auch nicht zur Verfügung. Was wir uns wünschen, sind mehr Sachleistungen, eine bessere Einschleifregelung, aber auch eine Wartefrist, die wir immer gefordert haben, weil wir einfach glauben, 70 Prozent kommen eben aus den Bundesländern, um hier eine gute Maßnahme zu treffen, und zwar für den Fall oder für diesen Umstand, dass wir eben keine bundesweit einheitliche Regelung haben. Jetzt haben Sie immer in den Diskussionen, die wir auch in den letzten Monaten hatten, immer betont, dass natürlich die bundesweit einheitliche Regelung auch das Ziel der Stadt Wien ist, das man weiter verfolgt. Ich weiß aber, dass es hier Frontalopposition gibt, natürlich auch zu den Plänen, die Schwarz und Blau hier durchdringen lassen. Noch weiß man ja nichts Konkretes. Wie sehen Sie hier aber mit dieser Haltung, man bewegt sich quasi keinen Schritt zur Wiener Lösung, die Chance, dass man sich trotzdem an einen Tisch setzt und eine konstruktive Lösung, die auch gut für Wien ist, zustande bringt? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Ich möchte ein Mal mehr festhalten: Dass es dieses Wiener Mindestsicherungsgesetz gibt, liegt daran, dass andere ein Modell aufgekündigt haben, das wir hatten, das wir gemeinsam ausdiskutiert haben, uns gemeinsam erarbeitet haben. Der Ausstieg aus dieser gemeinsamen Regelung hat letztendlich dazu geführt, dass wir in Wien eine eigene Regelung gebraucht haben. Wien hat immer gesagt, wir verschließen uns nicht gegen gemeinsame Regelungen. Aber wir haben eine Haltung in dieser Frage. Unsere Haltung ist die, die Sie gerade beschrieben haben: Nicht zu kürzen und nicht zu deckeln, sondern auf die Arbeitsmarktintegration zu setzen. Was wir schon sehen müssen, ist, dass genau in der Sozialpolitik die Gefäße ganz eng miteinander kommunizieren: die Arbeitsmarktpolitik zum Beispiel mit der Sozialpolitik, mit dieser Mindestsicherung. Eine Aktion 20.000, die Menschen nach langer Arbeitslosigkeit, die dann schon in die Mindestsicherung gekommen sind, eine Hoffnung auf Arbeit gibt, bedeutet aber natürlich auch eine Entlastung des Systems der Mindestsicherung. Deswegen haben wir ganz bewusst auf solche Maßnahmen gesetzt. Dann war immer diese Diskussion mit der Wartefrist. Es ist heute vor genau einem Jahr gewesen - übrigens kann ich Jürgen Czernohorszky zu seinem ersten Jahr gratulieren -, dass es schon Verhandlungen gegeben hat und dass ich in die Verhandlungen eingestiegen bin. Es gab eine sehr ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage der Wartezeit. Wir beobachten das auch. Ich habe mir die Zahlen für die heutige Frage ausheben lassen. Im Dezember 2017 sind 6.442 Personen in der Wiener Mindestsicherung versorgt worden. Die Anzahl der zugezogenen Wiener MindestsicherungsbezieherInnen ist ganz stark gesunken, nämlich 8 Prozent weniger gegenüber dem Vorjahresmonat. Das heißt, insgesamt sind nun 582 Personen weniger zugezogen als noch vor einem Jahr, und das ganz ohne Einführung der Wartefrist und obwohl es eben in Niederösterreich und in Oberösterreich diese Regelungen gibt. Der starke Zuzug kommt natürlich aus den Bundesländern nicht wegen diesem System, sondern er kommt, wie ich es vorher schon beantwortet habe, auf Grund ganz anderer Zusammenhänge, die verständlich sind. Wenn ich in die eigenständige Existenzsicherung gehen möchte, und das wird hier von manchen immer wieder unterstellt, dass die Menschen in der Mindestsicherung das nicht wollen, aber das ist doch nicht wahr, dann gehe ich dorthin, wo ich Hoffnung habe, auch wirklich Arbeit zu finden. Da sind natürlich alle Großstädte ein Magnet. Das kann ich nicht mit einer Wartefrist regeln. Deswegen haben wir uns dagegen entschieden. Ich sage noch einmal, dieses Gesetz ist jetzt unser Wiener Gesetz. Wenn es Anstrengungen gibt, wieder gemeinsame Lösungen zu finden, dann werden wir mitdiskutieren, aber mit unserer Haltung, mit unserer Überzeugung, mit unserer Einstellung, mit einer Einstellung, eben dieses letzte soziale Netz engmaschig zu knüpfen und Menschen auch eine Existenz in dieser Stadt geben zu können, die eine menschliche Existenz ist! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 4. und letzte Zusatzfrage stellt Frau Abg. Korosec. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Erstens herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung. Sie wissen, wir wollen Wartezeiten. Aber ich habe Ihrer Antwort entnommen, dass Sie das auch nicht für unmöglich halten. Sie haben jetzt ein neues Gesetz. Das wird nach einiger Zeit sicher evaluiert. So habe ich eigentlich entnommen, auch das könnten Sie sich eventuell vorstellen. Das zum Ersten. Nachdem Sie völlig zu Recht gesagt haben, Frau Landesrätin, MindestsicherungsbezieherInnen sind sozusagen die Ärmsten der Armen - da gebe ich Ihnen recht -, ist es nur erstaunlich, dass gerade diese MindestsicherungsbezieherInnen, die bis vor einigen Jahren einen Heizkostenzuschuss bekommen haben, jetzt keinen mehr bekommen. Übrigens ist Wien das einzige Bundesland, wo es keinen Heizkostenzuschuss gibt. Ich möchte ganz direkt fragen, Frau Landesrätin. Ich meine, Sie haben ein soziales Herz. Das wissen wir und das zeigen Sie auch in Ihren Wortmeldungen. Wann werden Sie diesen Heizkostenzuschuss wieder einführen? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Ihrer Interpretation mit der Wartefrist muss ich schon etwas entgegenhalten. Was ich gesagt habe, ist, wir haben uns das ganz genau angeschaut und haben uns sehr bewusst dagegen entschieden. Am 1.2. wird ein Gesetz ohne Wartefrist in Kraft treten. Was Ihre Frage mit den Heizkosten betrifft, habe ich mir das mit den zuständigen Expertinnen und Experten in der MA 40 einmal angeschaut. Was ist da passiert? Da ist man irgendwann einmal hergegangen und hat diesen Heizkostenzuschuss eingeführt. Er hat eine bestimmte Summe gehabt. Da hat es eine BezieherInnengruppe gegeben. Da hat man sich angeschaut, ob es denen zusteht oder nicht zusteht, und hat es ihnen gegeben. Dann sind wir aber eben in unserer Arbeit draufgekommen, dass es oft sehr wichtig und notwendig ist, auch ein Kostenbewusstsein bei der BezieherInnengruppe zu erzeugen und zu schauen, dass die BezieherInnengruppe überhaupt einmal die notwendigen Ressourcen und Infrastrukturen hat, um überhaupt heizen zu können, es warm zu haben und versorgt zu sein. Deswegen hat man sich dann entschieden, dass man diesen Heizkostenzuschuss in Wirklichkeit umwandelt, wo es darum geht, dass man die Leute berät, dass man eine sehr umfassende sozialarbeiterische Komponente drinnen hat und natürlich die Menschen fördert, wenn sie zu wenig Geld haben, dass sie es im Winter warm haben. Wir diskutieren hier eigentlich über Begrifflichkeiten. Sie tun gerade so, als würden die Menschen keine Unterstützung mehr bekommen, wenn sie nicht heizen können. Wir haben aber eine Energiezuwendung in der MA 40, wo wir auch schon in mehreren Anfragen immer wieder beschrieben haben, welche Möglichkeiten es gibt, um diese Menschen zu unterstützen. Entweder wir diskutieren über Begrifflichkeiten oder wir diskutieren darüber, was die Menschen tatsächlich brauchen und was ihnen die Stadt gibt. Sie erzeugen das Bild, als würde die Stadt zwar die Mindestsicherung neu organisiert haben, aber nicht darauf Rücksicht nehmen, dass es Menschen gibt, die so wenig Geld haben, dass sie im Winter frieren und dass uns das egal ist. Das ist uns überhaupt nicht egal! Deswegen haben wir genau diese Energiezuschüsse neu geregelt und sie noch dazu verpackt, nicht nur in "da hast du Geld, damit du dir einheizen kannst", sondern mit diesem sozialarbeiterischen Angebot, um die Menschen auch wirklich begleiten zu können, ihnen zu helfen, eigenständig leben zu können, sie aber dabei nicht im Stich zu lassen. Die Stadt Wien sorgt dafür, dass niemand in dieser Stadt frieren muss. Bitte, hören Sie auf, das mit diesen Begrifflichkeiten in ein Licht zu rücken, als würden wir das tun! Wir tun das nicht! In Wien muss niemand frieren! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Wir kommen damit zur 5. Anfrage (FSP-64541-2018-KNE/LM), die von Herrn Abg. Dipl.-Ing. Dr. Gara gestellt worden und an die Frau Stadträtin der Geschäftsgruppe Soziales, Gesundheit und Frauen gerichtet ist. (Mit dem Bundesgesetz über die Primärversorgung, den Gesundheits-Zielsteuerungs-vereinbarungen und entsprechenden Anpassungen im Österreichischen Strukturplan Gesundheit sowie den Regionalen Strukturplänen Gesundheit haben sich Bund und Länder auf den Ausbau der Primärversorgung durch multiprofessionelle und interdisziplinäre Primärversorgungseinheiten geeinigt. In Wien gibt es bereits zwei Primärversorgungseinheiten, allerdings fehlt ein umfassendes Konzept für Wien zum Ausbau der Primärversorgung. Wie wird Wien seinen Verpflichtungen zum Ausbau von Primärversorgungseinheiten, die in der 15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens eingegangen wurden, nachkommen?) Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Vielen Dank für diese Frage. Denn ich denke mir, sie hat wirklich auch einmal die Idee, darzustellen, wie es überhaupt mit diesen Primärversorgungseinrichtungen ausschaut. Was muss passieren, auf welchen Ebenen, damit wir sie endlich haben? So hätte ich es verstanden. Dazu möchte ich Ihnen Folgendes antworten: Grundsätzlich, und das wissen wir hier alle, ist für die Ausgestaltung der Versorgung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, aber auch was die medizinischen Sonderfächer betrifft, die Verantwortung bei den Sozialversicherungsträgern, weil diese haben den Versorgungsauftrag, auch was die gesamte PHC-Lösung betrifft. Gemäß der Art. 15-Vereinbarung zur Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens sollen durch die VertragspartnerInnen im Zusammenwirken mit der Sozialversicherung österreichweit 75 Primärversorgungseinrichtungen als Zentren oder Netzwerke im Zeitraum der Gültigkeit der Vereinbarung etabliert werden. 75 Einrichtungen bedeutet, in Wien sind 16 davon vorgesehen. Wenn wir dieses Vorhaben umsetzen wollen, dann haben wir eine Beschlussfassung dazu, die wir in der Bundeszielsteuerung brauchen, wo präzisiert wird, wie es dann ablaufen soll. Was braucht es da jetzt? Zum Ersten werden die erforderlichen Voraussetzungen für den Auf- und für den Ausbau der Primärversorgungseinrichtungen vorangetrieben, insbesondere was den Abschluss des Rahmenvertrags betrifft, sowie das Ganze in diesem neuen Gesetz, in diesem sogenannten PHC-Gesetz, Primary-Health-Care-Gesetz. Diese müssen jetzt einmal ausverhandelt werden, und zwar zwischen der Ärztekammer und dem Hauptverband. Dann brauchen wir eine Kompetenzenprofilerstellung für alle Berufe, die in diesen Primärversorgungseinrichtungen vertreten sein sollen, um sicherzustellen, dass diese sehr effizient und sehr sinnvoll, natürlich im Interesse der Patientinnen und Patienten, auch tatsächlich zusammenwirken können. Das ist schon eine ganz große Debatte, wie wir wissen. Dann brauchen wir natürlich einen Gleichklang mit den anderen Bundesländern in der Bundeszielsteuerungskommission, damit wir auch wirklich alle organisatorischen, aber auch politischen Hindernisse ausräumen können. Zum Zweiten ist eine Festlegung von Eckpfeilern für die Verträge und Honorierungssysteme notwendig, was auch wiederum vor allem die Ärztekammer und die Sozialversicherung betrifft. Diese sind da aber, glaube ich, auf einem guten Weg, auch wenn es zum Teil recht differenzierte Ansichten gibt. Zum Dritten geht es darum, dass die strukturierte Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten, die PHCs tatsächlich errichten wollen, auch vorhanden ist. Da geht es darum, dass man gute Informationen aufbereiten muss und diejenigen, die interessiert sind, primäre Versorgung zu machen, bei der Gründung auch tatsächlich unterstützt. Da braucht es ein Service. Wir diskutieren da auch immer darüber, was allein schon die Mietpreise betrifft, welche Objekte es gibt, et cetera. Das ist einmal auf der Bundesebene. Auf der Landesebene ist es so, dass wir folgende Vereinbarung getroffen haben: Wir wollen jetzt einmal eine Analyse der regionalen Versorgungsinstitutionen. (Abg. Mag. Wolfgang Jung unterhält sich lautstark mit Kollegen seiner Fraktion.) - Ich weiß nicht, es können auch zwei reden. - Wir wollen eine Analyse der regionalen Versorgungssituation für eine Vereinbarung der Anzahl, der regionalen Verteilung und der Finanzierung. Was uns da ganz wichtig ist, ist, dass wir natürlich auf die demographische Entwicklung schauen, aber natürlich auch auf die sozioökonomischen Parameter in den einzelnen Bezirken. Diese Planungsergebnisse brauchen wir. Diese fließen dann in den Regionalen Strukturplan ein. Von der Wiener Gebietskrankenkasse und von der Ärztekammer brauchen wir dann auch den ausverhandelten Stellenplan, damit wir das alles so transformieren können, wie wir es uns vorstellen. Wenn ich Ihnen das alles erzähle, hört sich das wie eine Never Ending Story an. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, es geht mir viel zu langsam. Ich bin dafür, dass wir uns das schon gut analysiert anschauen und dann auch so in den Regionalen Strukturplan einbringen. Aber wenn ich auf die Landkarte Wiens schaue und darauf schaue, was wir an primärer Versorgung in dieser Stadt brauchen, dann, glaube ich, gibt es für uns ein paar Flecken in diesem Wien, wo sich abzeichnet, dass wir genau diese Einrichtungen brauchen werden. Das ist für mich zum Beispiel - wir haben das auch schon präsentiert und bei uns in der Landeszielsteuerung diskutiert - im 10. Bezirk der Verteilerkreis. Das ist aber auch Hernals. Das ist das KES, das Kaisern-Elisabeth-Spital, wo ich weiß, der 15. Bezirk ist da sehr engagiert, um so eine Versorgungseinrichtung zu bekommen. Da haben wir in Meidling einen Bedarf. Da brauchen wir auch noch etwas in der Leopoldstadt. Es bieten sich jetzt schon Plätze an. Mich macht natürlich diese Einengung mit den 16 nicht glücklich. Ich hätte gerne mehr. Aber wenn wir schon einmal die 16 hätten, wäre ich schon froh. Das können wir aber in Wien nicht alleine machen. Wir brauchen eben die anderen Stakeholder, die anderen Partnerinnen und Partner, um das endgültig, was jetzt schon einmal am Papier alles ausverhandelt ist, auch tatsächlich auf Wien herunterzubrechen. Ich bin ungeduldig in dieser Frage, weil - wir haben das auch schon gestern im Gemeinderat erörtert - wir brauchen diese Primärversorgungseinrichtungen ganz schnell und ganz dringend, um eben auf der einen Seite unser System, im Spitalswesen die Ambulatorien, zu entlasten, aber auf der anderen Seite, um eben auch dieses gute Angebot den Wienerinnen und Wienern zu einer guten medizinischen Erstversorgung geben zu können. Ich mache hier einmal einen Punkt. Ich denke mir, es wird noch etwas kommen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Korosec. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Frau Landesrätin! Recht herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung. Ich würde sagen, es ist eine Riesenaufgabe, aber eine sehr notwendige. Die Primärversorgung ist ein Thema, das ganz oben steht, ich bin davon überzeugt, auch bei jeder Gesundheitspolitikerin oder bei jedem Gesundheitspolitiker. Ich freue mich, dass Sie sozusagen ungeduldig sind. Aber es müssen auch Taten folgen. Tatsächlich haben wir zwei. Wenn wir ehrlich zueinander sind, haben wir ein PHC. Das andere in Mariahilf war praktisch schon da. Das heißt, es war schon besetzt. Und 16 sollten wir haben. Das heißt, es ist noch ein weiter Weg. Bitte, seien Sie nicht nur ungeduldig, sondern setzen Sie zumindest in Wien auch Taten! Auf der Bundesebene hoffe ich auch, und da werden wir natürlich alle Hebel in Bewegung setzen, dass es weitergeht. Ich hätte eine Frage, die grundsätzlich die Bundesebene betrifft, aber natürlich für Wien auch sehr wichtig ist. Es müsste das PHC-Gesetz novelliert werden, wenn man in Richtung Flexibilisierung der Ärzte geht, und das wäre, glaube ich, sehr notwendig. Dann wollte ich wissen, wie Sie dazu stehen, dass Ärzte von Ärzten angestellt werden können, was derzeit nicht der Fall ist und was ich für einen Riesenfehler sehe. Da hätte ich gerne gewusst, wie Sie das sehen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Ich weiß gar nicht, ob die Gesundheitsministerin jetzt schon zu diesem PHC- Gesetz irgendeine Initiative gesetzt hat. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe mir gedacht, ich werde jetzt einmal an sie herantreten, weil wir keine Zeit verlieren wollen. Wir werden, glaube ich, erst im Juni die nächste Bundeszielsteuerung haben. Wenn wir bis dahin wieder nicht miteinander einig sind, dann wird es noch schwieriger, weil es noch später wird. Da nutzt dann unsere ganze Ungeduld nichts mehr. Dass da Taten folgen, können Sie sich ganz sicher sein. Wir haben wiederum in unserer Landeszielsteuerung eben zwei Positionen beschlossen, wo wir sagen, das würden wir sehr sinnvoll finden, wenn das in Wien passiert. Zur Frage, ob ich es für eine gute Idee halte, dass Ärzte Ärzte anstellen können, glaube ich, das ist eine gute Variante, weil wir sehen, das ist auch eine Forderung von den zwei PHCs, die wir schon haben. Ich glaube, das würde auch zur Attraktivierung beitragen, AllgemeinmedizinerInnen eben für solche Versorgungseinrichtungen gewinnen zu können. Aber dass es dafür natürlich eine gute Regelung und auch eine gute arbeitsrechtliche Regelung braucht, sind wir uns, glaube ich, auch einig. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Meinhard-Schiebel. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Vielen herzlichen Dank für diese sehr ausführlichen und guten Erklärungen. Wir alle wissen, wie wichtig das Primärversorgungsgesetz ist und dass Wien da sehr aktiv ist. Ich darf noch eine ganz konkrete Frage dazu stellen, wie sichergestellt wird, dass ausreichend Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner hier eingesetzt werden. - Vielen Dank. Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Auch dafür danke schön. Es ist so, dass wir uns in der Bundeszielsteuerung in der letzten Sitzung im Dezember mit einer Studie auseinandersetzen konnten, die gemacht worden ist, wo wir gesehen haben, wo denn Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner in Österreich - es ist die Bundeszielsteuerung - sowie auch in Wien fehlen. Einer der Rückschlüsse war dort, dass es jetzt gar nicht darum geht, dass wir diese Lücke, dieses Delta, damit füllen könnten, dass wir mehr Allgemeinmedizinerinnen und mehr Allgemeinmediziner ausbilden, weil diese würden nicht zu dem Zeitpunkt fertig sein, wo wir wirklich einmal diese Delle in der Statistik haben, sondern dass wir einfach andere Maßnahmen setzen müssen. Das hat mich dazu bewogen, mit den Partnerinnen und Partnern in der Landeszielsteuerung einen Antrag zur Attraktivierung des Berufes der Allgemeinmedizinerin und des Allgemeinmediziners zu beschließen, wo wir jetzt einmal eine Befragung unter den Studentinnen und Studenten machen werden, ob sie sich für das Fach entscheiden würden, und wenn nicht, warum nicht, und was sie sozusagen brauchen, um das so attraktiv zu finden, dass sie sagen, dass sie sich vorstellen können, das zu machen. Ich glaube, das hängt zum Beispiel sehr eng auch mit dem zusammen, was mich gerade die Abg. Korosec gefragt hat, nämlich in Bezug auf die Anstellungsmöglichkeit. Aber was wir gemeinsam, alle miteinander, beschlossen haben, ist, dass wir ab August 2018 Medizinstudierende im Rahmen des klinisch-praktischen Jahres eine Ausbildungstertiale bei einem niedergelassenen Allgemeinmediziner oder bei einer niedergelassenen Allgemeinmedizinerin absolvieren lassen und ihnen dort dieselbe Aufwandsentschädigung wie im Krankenhaus zahlen werden. Das, denke ich mir, ist ein ganz guter, richtiger und wichtiger Schritt, um es attraktiver gestalten zu können und auch nachhaltig mehr Leute dort hineinzubekommen. Wir wissen alle, durchs Tun entsteht auch genau in diesem Bereich wahrscheinlich erst die große Leidenschaft oder die Idee, dass man sich das für sich vorstellen könnte. Was wir von vielen Jungen wissen, und das spricht auch noch einmal so für die PHCs, ist, als EinzelkämpferIn in die Gemeindebaupraxis zu gehen, machen eh viele. Gerade von den älteren Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern sind das Modelle. Sie leben das so und mögen das auch so. Aber gerade junge Leute finden es vielleicht eben spannender, in solchen primären Versorgungseinrichtungen zu arbeiten, interdisziplinärer arbeiten zu können, nicht allein als Einzelkämpferin, Einzelkämpfer zu arbeiten, sondern mit mehreren gemeinsam im Team zu arbeiten. All diese Vorteile können schon zur Attraktivierung beitragen. Da hoffe ich sehr darauf, dass wir viele junge Leute, die jetzt in der Ausbildung sind, dafür gewinnen können, in den Bereich der Allgemeinmedizin zu gehen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke schön. Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Koderhold. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dr. Günter Koderhold (FPÖ): Grüß Gott, Frau Stadträtin! Ich freue mich sehr, dass die Finanzierung der Lehrpraxis - das war ein Wunsch, den wir wiederholt geäußert haben - so umgehend von der Gemeinde Wien übernommen wird. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, den Bedarf von 300 Allgemeinmedizinern bei der gegenwärtigen Ausbildungsmenge von nicht einmal 20, meines Wissens nach sind es 17, zu kompensieren. Ich bin ein bisschen ein Pedant. Ich glaube, es heißt jetzt PVE und PVE-Gesetz. Ich glaube, die Bezeichnung PHC ist natürlich immer noch aus einer gewissen Historie. Aber ich glaube, es heißt jetzt PVE. Ich komme zum nächsten Punkt. Die PVE-Einheiten, die überlegt wurden, sind an sich vom Konzept Gruppenpraxen mit einem aus der Ärztekammer ausgehandelten Vertrag. Es gibt sehr viele junge Ärzte und Ärztinnen, die gerne eine Gruppenpraxis im Bereich der Allgemeinmedizin machen würden, was ihnen aber von der Gebietskrankenkasse abgelehnt wird. Jetzt ist es keineswegs so, dass die Gemeinde Wien nicht auf die Gebietskrankenkasse Einfluss nehmen kann. Wenn man sich einmal die Gesetzeslage der Gesundheitsplattform ansieht, kann die Gemeinde Wien durchaus durch die Gesundheitsplattform auf die Gebietskrankenkasse einwirken. Denn die PVE wird es meiner Einschätzung nach so nicht geben. Es wird aber sehr wohl ein Interesse an einer Primärversorgung durch Gruppenpraxen für Allgemeinmedizin geben. Deshalb meine Frage: Sie haben durchaus die Möglichkeit, auf die Gebietskrankenkasse per Gesetz einzuwirken. Haben Sie vor, um auch alle Möglichkeiten der Primärversorgung in Wien durch Allgemeinmediziner zu gewährleisten, das auch umzusetzen? Präsidentin Veronika Matiasek: Frau Landesrätin, bitte. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Herr Abgeordneter! Auch hier muss ich wirklich sagen, es ist sehr lange in der Gesundheitsversorgungsgeschichte und in den Verantwortlichkeiten immer wieder gern ein Konflikt konstruiert worden. Ich kann diesen nicht erkennen. Wenn ich in der Landeszielsteuerung sitze, wenn ich in der Gesundheitsplattform sitze, dann treffe ich nicht auf GegnerInnen einer Idee, sondern sowohl die Wiener Gebietskrankenkasse ist überzeugt von den Primärversorgungseinrichtungen, von den PHCs, hat wirklich großen Willen, diese 16 so rasch, gut und schnell wie möglich umzusetzen, aber auch in der Ärztekammer sehe ich diesen Widerstand nicht. Wir haben uns jetzt zum Beispiel gemeinsam darauf geeinigt, zu schauen, wo wir Gruppenpraxen haben, wo der Gruppenpraxis eine dritte Stelle zugestanden wird, wer denn Interesse hat, in eine Primärversorgungseinrichtung umzuwandeln, was wir da tun können, wie wir hier unterstützen können. Wenn wir mit Leuten, die überlegen, umzuwandeln, sprechen und fragen, woran es bei ihnen scheitert oder was sozusagen das Thema ist, dann ist es oft ein Informationsmanko. Es ist aber auch ein Abwarten, und das verstehe ich auch von den Stakeholdern, wie zum Beispiel der Ärztekammer, wie es letztendlich mit dem Gesetz ausschauen wird, und ob jemand entscheidet, er macht ein PHC, bevor die gesetzliche Lage nicht ganz klar ist. Das sind Punkte, wo ich sage, das ist nicht konfliktorisch, sondern da geht es darum, dass natürlich jeder mit seinen Interessen darauf schauen möchte, dass er immer das Beste herausholt für, und das muss man schon sagen, die Patientinnen und Patienten. Das ist auf jeden Fall mein Auftrag. Wenn ich heute mit den Stakeholdern am Verhandlungstisch sitze und einbringe, ich würde mir vorstellen, wir machen im 15. Bezirk etwas, wir machen etwas im 10., wir machen etwas im 12., wir brauchen etwas, da muss etwas weitergehen, dann mache ich das im Interesse der Wienerinnen und Wiener, der Patientinnen und Patienten. Das Gleiche glaube ich auch von den Menschen, die mit mir am Tisch sitzen. Das Einzige, was wir jetzt brauchen, ist, wir brauchen ein bisschen mehr Energie, um das endlich einmal auf die Beine zu stellen. Dafür brauchen wir das Gesetz. Sie können sich ganz sicher sein, dass ich mich nicht nur mit Leidenschaft und mit Herz, sondern auch mit dem entsprechenden Nachdruck dafür einsetze, dass wir das in Wien alsbald auch wirklich beschließen können. Präsidentin Veronika Matiasek: Die 4. und letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dipl.-Ing. Dr. Gara. Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Guten Morgen, Frau Gesundheitslandesrätin! Vielen Dank für Ihre Beantwortung. Ich finde es sehr gut, dass Sie sich auch mit diesem Herzblut einsetzen, halte das Thema der Primärversorgung als wesentlich. Ich habe eine Anfrage an Sie gerichtet, was die ambulanten Kosten im Wiener Krankenanstaltenverbund pro Jahr betragen. Das liegt bei ungefähr 500 Millionen EUR. 80 Prozent davon zahlt das Land Wien eigentlich für einen Versorgungsauftrag, den genau genommen eigentlich die Sozialversicherungen tragen müssten, weil letztendlich sind es kommunizierende Gefäße, der extramurale Bereich und der intramurale Bereich. Das heißt, das Land Wien zahlt hier enormes Geld pro Jahr für einen Versorgungsauftrag der Sozialversicherungen. Jetzt haben Sie gesagt, letztendlich, wie ich so höre, ist es ein Gordischer Knoten, den es aus meiner Sicht zu zerschlagen gilt. Denn wir müssen hier sehr viel schneller vorantreten. Ich frage mich immer auf der einen Seite, wir warten, bis ein Gesetz kommt oder ein Gesetz möglicherweise geändert wird, aber warum machen wir es nicht umgekehrt? Warum sagt das Land Wien nicht einfach, es möchte bis zum Jahre 2020 20 Primärversorgungseinheiten in Wien haben? Wir finanzieren das und geben als Land den Takt vor. Denn letztendlich ist es das Geld des Landes. Wie es mein Kollege Koderhold bereits gesagt ist, denke ich, dass es auch möglich wäre, im Rahmen der Gesundheitsplattform tatsächlich für Wien diese Finanzierung aus einer Hand zu machen und letztendlich zu sagen, wir geben den Takt vor, wir machen das. Dann werden, bin ich überzeugt, auch die anderen Partner diesen Vorschlag unterstützen müssen. Das heißt, ich sehe bei Ihnen das Engagement. Ich sehe bei Ihnen auch ein Stück weg die Verzweiflung, dass es letztendlich so schnell nicht geht. Aber ich glaube, wir könnten den Spieß umdrehen. Ich denke, das wäre ein ganz wichtiger Schritt, auch als Gesundheitslandesrätin zu sagen, ich möchte ein Gesundheitssystem mit einer Primärversorgung und ich gebe jetzt diesen Takt vor. (Abg. Christian Oxonitsch: So stellt er sich Politik vor!) Wir haben letztendlich das Geld. Wir geben es in den Ambulanzen aus. Warum drehen Sie den Spieß nicht um? Präsidentin Veronika Matiasek: Frau Landesrätin, bitte. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Verzweifelt bin ich noch nicht. Es ist ganz sicher richtig, dass gerade durch eine gute Primärversorgungsstruktur in der Stadt wir natürlich diese zweite Versorgungsebene, die Ambulanzen, massiv entlasten könnten. Da gibt es auch immer diese Debatte, wie etwas in dem System bepunktet wird, wie da etwas zusammenpasst, wie insgesamt alle miteinander in dieser Liga spielen, welche Maßnahmen auch der Krankenanstaltenverbund ergreifen kann. Wir haben dann schon Lösungen kreiert, wie diese AMA, die sicher eine Entlastung bringt. Wir haben die Kind 1, Kind 2, jetzt auch noch eine Kindversorgung während der Grippezeit im SMZ- Ost. Das heißt, ich tariere schon immer auch den Spielraum der Stadt aus, wo wir Möglichkeiten haben, auch etwas selber zu tun. Letztendlich ist es aber trotz allem schon alleine durch das Gesetz so, dass es eben mehrere Stakeholder und mehrere Verantwortlichkeiten gibt. Ich glaube schon noch daran, dass wir das gemeinsam lösen können. Aber ich habe in der letzten Landeszielsteuerung zum Beispiel sehr bewusst, nachdem ich mich auch mit Favoriten, mit den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, ausgetauscht habe und auch auf der FH war, dort mit den Leuten geredet habe und diese ganzen Synergiemöglichkeiten auf dieser Position Verteilerkreis dort gesehen habe, zum Beispiel gesagt, ich sage jetzt einmal als Wien, ich will das. Das haben wir dann auch so beschlossen. Also, ich zögere hier nicht, Vorgaben zu treffen. Was die Finanzierung betrifft, sage ich Ihnen, ich schaue mir das auch noch einmal an, ob es so leicht möglich ist, den Spieß so umzudrehen, wie Sie das hier gerade beschrieben haben. Aber mir ist alles recht. Hauptsache, wir bringen eine gute Primärversorgung in dieser Stadt für die Wienerinnen und Wiener zusammen, weil darum geht es letztendlich. Da geht es nicht darum, dass der eine oder die andere ihre Pfründe irgendwie gut verteidigt oder bestmöglich verteidigt und wer da gewinnt. Gewinnen tun wir alle nur, wenn wir gemeinsam etwas zusammenbringen. Dafür werde ich mich einsetzen. Das verspreche ich Ihnen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke, Frau Landesrätin. Die Fragestunde ist damit beendet. Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der NEOS-Rathausklub hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema "Steigende Schulden trotz Wirtschaftsaufschwung. Wien braucht eine landesgesetzlich verankerte Schuldenbremse" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte nun die Erstrednerin, Frau Abg. Mag. Meinl-Reisinger, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass ihre Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Wir erleben in Wien seit geraumer Zeit eine in Zahlen gegossene Politik der Verantwortungslosigkeit, wenn es ums Budget geht, Verantwortungslosigkeit einerseits gegenüber den Steuerzahlenden und andererseits natürlich ganz massiv gegenüber der nächsten Generation. Diese Verantwortungslosigkeit hat einen Namen und ein Gesicht. Das ist der Name Renate Brauner in dieser Stadtregierung. Trotz der mittlerweile wirklich guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, und das streitet auch niemand ab, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren deutlich besser geworden sind, sogar deutlich besser als erwartet sind, werden auch in diesem Jahr, auch im kommenden Jahr weiterhin hunderte Millionen Euro Schulden gemacht. Meiner und unserer Ansicht nach haben aber die Wienerinnen und Wiener und ganz besonders die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein Recht auf einen ordentlich geführten Haushalt, insbesondere einen Haushalt, der nicht kontinuierlich, permanent und in so langer Zeit zu Lasten der nächsten Generation vorgelegt wird. Renate Brauner packt de facto Jahr für Jahr in den Rucksack der jungen Menschen in dieser Stadt schwere Steine, die Schulden für die nächsten Generationen bedeuten, die diese abzuzahlen haben! Hier muss Schluss sein mit dieser unfairen Politik zu Lasten der nächsten Generation! (Beifall bei den NEOS.) Dass das aktueller denn je ist, zeigt ein heutiger Bericht in der "Presse", wo über eine Studie des Internationalen Währungsfonds berichtet wird, die darlegt, meines Erachtens nach sehr drastisch, dass die Alten die Jungen abhängen. Es wird vom Internationalen Währungsfonds dargelegt, dass seit der Finanz- und Wirtschaftskrise insgesamt die Einkommensunterschiede nicht auseinandergegangen sind, aber wenn man es über Generationen und im Sinne einer Generationenfairness betrachtet, eine massive Ungleichheit stattgefunden hat. Vereinfacht gesagt, die Einkommen, und damit vor allem die Pensionen der älteren Menschen in ganz Europa und auch in Österreich - Österreich ist da nicht ausgenommen - sind gestiegen, während die Einstiegseinkommen der Jungen massiv gesunken sind und auch die Arbeitslosigkeit bei den Jungen gesunken ist. Der IWF warnt hier vor einem wirklichen Clash der Generationen, weil er auch sagt, diesen Nachteil, den die jungen Menschen haben, werden sie nicht aufholen können. Jetzt muss man natürlich sagen: Was macht man in so einer Situation? Ich bin sicher, dass die rot-grüne Stadtregierung als Erstes sagen würde, dann müssen wir mehr ausgeben, auch für die Jungen. Das Problem dieser Politik ist aber, angesichts einer Zeit, wo wir eh schon ein Hochsteuerland sind, dass diese wachsenden Ausgaben in diesem Bereich natürlich irgendwann einmal gegenfinanziert werden müssen, wiederum von den Jungen, die diese Steuerlast kaum mehr schleppen werden können. Das heißt, die einzige Chance, die es hier meines Erachtens nach gibt, ist, tatsächlich eine ernsthafte Debatte darüber zu führen, in welchem Bereich wir Ausgaben tätigen und wo tatsächlich Investitionen auch im Sinne der Jungen stattfinden. Was tatsächlich nicht darunter zählt, ist das Verwalten von Vergangenem. Was auch nicht darunter zählt, und das sage ich in aller gebotenen Schärfe angesichts dieses Berichts und angesichts der Nichtvertretung der jungen Menschen in dieser Stadt, ist, Pensionsprivilegien aufrechtzuerhalten, die unfair sind, die teuer sind, die eine weitere Last und ein Hohn für die Jungen in dieser Stadt sind! (Beifall bei den NEOS.) Wenn die Verantwortung von der Politik nicht übernommen wird, ordentlich zu haushalten und entsprechend gut mit dem Steuergeld zu wirtschaften, dann muss sie sich selbst verpflichten. Ein guter Weg dahin gehend ist die Verankerung einer Schuldenbremse. Das ist kein Voodoo, keine Utopie. Das gibt es in der Schweiz. Das ist dort gesetzlich verankert. Das heißt auch nicht, und damit möchte ich sozusagen gleich die plumpen Konter abprallen lassen, die wahrscheinlich kommen werden, dass überhaupt nichts mehr ausgegeben werden darf und man dann, wenn wirklich eine Krise droht, dasteht und sagt, jetzt können wir tatsächlich nichts mehr investieren. Nein, es gibt nämlich Modelle, so wie es die Schweiz gemacht hat, von Schuldenbremsen, die sehr wohl einen Gestaltungsspielraum über den Konjunkturzyklus hinweg zulassen würden und, vereinfacht gesagt, es ermöglichen, dass genau das getan wird, was Keynes auch immer vorgeschlagen hat. Aber den zweiten Teil haben offensichtlich die Vertreter von Rot-Grün nicht so gelesen, nämlich in Zeiten des guten Wirtschaftswachstums zu sparen und einen Polster anzulegen, sodass man einen Spielraum für Investitionen hat, wenn es wirtschaftlich wieder einmal nicht so gut geht. Dieses Modell dieser Schweizer Schuldenbremse würden wir sehr gerne hier in der Stadtverfassung verankern, einfach um die Verantwortung zu erzwingen, die für die nächste Generation auch notwendig ist! (Beifall bei den NEOS.) Sie haben selber letzten Sommer im Wahlkampf plakatiert: "Holen Sie sich, was Ihnen zusteht." Damit haben Sie dieses anziehende Wirtschaftswachstum gemeint. Ich bin der Meinung, dass es auch den Steuerzahlern zusteht, dass ordentlich gehaushaltet wird, dass ordentlich gewirtschaftet wird, dass Geld für die wichtigen Bereiche und nicht für unnötige Bereiche, für Freunderlwirtschaft und schon gar nicht für Misswirtschaft ausgegeben wird, die sehr wohl auch in dieser Stadt stattfindet. In der Zeit von Renate Brauner als Finanzstadträtin dieser Stadt sind die Schulden explodiert. Das sehr zweifelhafte Denkmal, das sie sich setzt, ist wirklich voluminös. Seit ihrem ersten Budget Ende 2007 erhöhten sich die Schulden Wiens bis Ende 2017 um rund 5,3 Milliarden EUR! In dieser Zeit, das sind also 3.653 Tage, wurden in dieser Stadt dank Renate Brauner jeden Tag abgerundet 1,4 Millionen EUR neue Schulden gemacht! Das sind 58.000 EUR neue Schulden pro Stunde! Das ist eine Politik zu Lasten der Wienerinnen und Wiener! Das ist eine Politik zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Das ist eine Politik zu Lasten der nächsten Generation! Grundlage dafür sind auch Fehlentscheidungen, sind Fehlentscheidungen bezüglich Investitionen, sind unzählige Fälle von Misswirtschaft, von Doppelförderungen, et cetera. Um nur ein Beispiel herauszugreifen, weil wir heute noch über die fehlenden Mittel durch die Abschaffung der Aktion 20.000 diskutieren werden, es ist auch die von Renate Brauner zu verantwortende Fehlentscheidung bezüglich des Krankenhauses Nord, hier keinen Generalplaner zu beauftragen. Dafür ist sie verantwortlich. Wenn wir in Bälde einen Rechnungshofbericht hier auf dem Tisch haben werden, der darlegen wird, dass die Kostenexplosion in etwa eine halbe Milliarde Euro ausmachen wird, dann frage ich Sie schon, wie Sie sich hinstellen und sagen können, dass in wesentlichen Bereichen Geld fehlt und sozusagen in Richtung Bund zeigen. Ich weiß schon, das ist immer verständlich aus der Sicht Wiens, auch ein logisches Spiel, die Frage zu stellen, wer es zahlt. Aber den Wienerinnen und Wienern ist es ehrlich gesagt wurscht, Hauptsache, die Leistungen werden erbracht. Aber wie können Sie sich hinstellen, sozusagen einmahnen, dass mehr Geld kommt, wenn durch Ihr eigenes Zutun, durch Ihre eigenen Fehlentscheidungen, durch Ihr eigenes schlechtes Regieren, das auch Renate Brauner zu verantworten hat, hier eine halbe Milliarde Euro in den Sand gesetzt wird? Schämen Sie sich nicht? Das ist die Frage, die ich heute stellen will! (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie von Abg. Karl Baron.) Warum es aktuell ist: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Morgen sind die Delegierten der Sozialdemokratie aufgerufen, einen neuen Vorsitzenden zu wählen, einen nicht neuen Vorsitzenden, wie ich meine, weil beide Kandidaten, das sei mir gestattet, für mich keine Ansage in Richtung eines neuen Politikstils oder eines neuen Politikverständnisses machen. Sie sind beide gut sozialisiert worden, Parteibürokrat und roter Hochadel. Aber ich habe einen Wunsch, den ich mitgeben darf, nämlich, dass es im Zuge des Bürgermeisterwechsels auch eine Regierungsumbildung geben wird. Mein Wunsch wäre, dass Renate Brauner dann auch in Pension geht und nicht weiter die Finanzen dieser Stadt zu verantworten hat! - Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit nunmehr auf fünf Minuten begrenzt ist. Als nächster Redner hat sich Herr StR Dr. Wölbitsch zum Wort gemeldet StR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde hier im Landtag erinnert mich ein bisschen an die Ricola-Werbung unter dem Titel: "Wer hat's erfunden?" Wie Sie wissen, wir haben bereits im November 2011, als schon absehbar war, wie sich die Schulden in dieser Stadt entwickeln, als ÖVP einen Antrag eingebracht und seitdem auch immer wieder diese Anträge wiederholt, auch in dieser Legislaturperiode immer wieder auf diese Forderung hingewiesen. Aber viel wichtiger als die Frage, wer es erfunden hat oder wer der Erste war, ist natürlich, warum bis dato noch nichts passiert ist oder warum wir so eine Schuldenbremse in Wien noch nicht haben, wenn es doch in anderen Bundesländern wie zum Beispiel der Steiermark möglich ist, wo man eine 3-Prozent-Defizit-Obergrenze beschlossen hat, wo man auch beschlossen hat, es muss jedes Jahr ein ausgeglichenes Budget geschnürt werden. (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Wie ist es eigentlich in Niederösterreich?) Gerade Wien hätte diese Schuldenbremse bitter nötig. Hiobszahlen sind schon jede Menge gefallen. Ich kann nur noch ergänzen, jeder Wiener oder jede Wienerin läuft mit einem Schuldenrucksack von 3.460 EUR pro Kopf herum, wenn man es pro Kopf ausrechnet. Das heißt, es ist schon relativ schwer, relativ schwer zu tragen und vor allem wieder abzubauen. Das Argument der Frau Finanzstadträtin war immer, dass man gesagt hat, man will aus der Krise herausinvestieren. Jetzt gibt es in ganz Europa fast keine Krise mehr, aber anscheinend noch in Wien. Anscheinend hat dieses Konzept, wenn man sich die Arbeitslosigkeit und andere Zahlen anschaut, auch nicht funktioniert. Daher wäre mein Vorschlag, ändern wir doch das Konzept und versuchen jetzt nicht, aus der Krise herauszuinvestieren, sondern aus einer Krise herauszusparen. Das ist nämlich nicht nur einigen Ländern in Europa nachweislich erfolgreich gelungen, sondern es gibt auch Städte, die mit Wien durchaus vergleichbar sind, wo das anscheinend funktioniert. Weil immer wieder in den Raum geführt wird, dass es allen Städten so geht, wenn wir uns zum Beispiel Berlin anschauen, das mit einer sehr hohen Schuldenquote nach dem Kommunismus begonnen hat und auch von der Weltwirtschaftskrise getroffen wurde, wurden dort seit 2012 die Schulden Jahr für Jahr abgebaut. Was man dort auch gut sehen kann, weil immer wieder das Argument kommt, aus der Krise heraus investieren, gegen die Arbeitslosigkeit investieren, ist, dort ist beides gelungen, man hat einerseits den Schuldenstand und andererseits auch die Arbeitslosigkeit, die dort im Moment bei 9 Prozent, und, wie wir wissen, in Wien im Moment bei 13 Prozent steht, reduziert. Oder wenn man noch eine andere Stadt nehmen will, München, auch recht gut vergleichbar, wo es gelungen ist, die Schulden im Jahr 2017 auf sage und schreibe nur noch 724 Millionen EUR zu reduzieren. Im gleichen Zeitraum, nur um das zu wiederholen, sind die Schulden in der Stadt Wien auf 6,49 Milliarden EUR angestiegen. Das heißt, Wien hat im Moment aktuell einen neun Mal so hohen Schuldenstand als München. Jetzt werden vielleicht Argumente kommen, man kann die Städte nicht vergleichen. Aber Städte wie München oder Berlin sind vergleichbar mit Wien und erlauben daher auch die Hypothese, dass es durchaus möglich ist, zu sparen und die Arbeitslosigkeit zu senken. (Beifall bei der ÖVP.) Nachdem wir in Wien, glaube ich, kein Einnahmenproblem haben, bei all den Gebühren, Steuern, Abgaben, die jeder Wiener und jede Wienerin jeden Tag zu zahlen haben, haben wir natürlich ein Ausgabenproblem. Die Kollegin hat es schon gesagt. Daher werden wir sparen müssen, vor allem auch bei den großen Brocken. Es wurde schon genannt, die Reform der Mindestsicherung ist längst überfällig. Wir stehen bald bei einer Milliarde Kosten. Untersuchungskommission Milliardengrab Krankenhaus Nord, einerseits um zu schauen, dass dort nicht noch mehr Steuermilliarden versickern, aber auf der anderen Seite auch, um zu schauen, dass so etwas nicht wieder vorkommen kann. Wenn Liegenschaften der Stadt Wien veräußert werden, sicherzustellen, dass dies auch zu Marktpreisen erfolgt. Wir wissen aus dem letzten Jahr, dass das anscheinend nicht immer der Fall ist. Es geht um eine Reform der Sozialleistungen. Ich sage nur, Gemeindewohnungen. Auch das ist eine Sozialleistung, auch wenn es zwischendurch immer wieder vergessen wird. Gehalts-Check für Gemeindebau ist auf Bundesebene auch im Regierungsprogramm. Faire, transparente Vergabeverfahren, mehr Effizienz in Bürokratie und Verwaltung. Es gibt viele Möglichkeiten und Stellschrauben, hier einzusparen. Mein Appell am Ende, nachdem es mit dem aus der Krise Herausinvestieren nicht so gut funktioniert hat, probieren wir es mit einem neuen Konzept, nämlich aus der Krise herauszusparen! (Beifall bei der ÖVP.) Im Sinne der Wienerinnen und Wiener und vor allem der jungen Wienerinnen und Wiener, weil die diese Schuldenlast noch länger zu tragen haben. Das ist nicht verantwortungsvoll! Das ist unfair gegenüber der zukünftigen Generation! Daher brauchen wir eine Schuldenbremse in Wien! - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Dipl.-Ing. Margulies zum Wort gemeldet. Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der eine nicht amtsführende Stadtrat geht, der andere nicht amtsführende Stadtrat kommt. Aber besser wird es nicht! Dieselben Plattitüden, dieselben Stehsätze wie von seinem Vorgänger! (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Meine Güte! Gibt es auch etwas Inhaltliches oder immer nur Beleidigungen?) - Kollege Nepp, Sie können sich gerne zum Wort melden! Das war keine Beleidigung. Das war eine Feststellung! (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Jetzt beleidigt derjenige, der am Wort ist!) Wir können inhaltlich darüber reden. Dann reden wir einmal inhaltlich über die Unterschiede der deutschen Großstädte und der österreichischen Großstädte. Dann reden wir über die Unterschiede der Konjunktur in Deutschland und in Österreich, einer Konjunktur, wo die ÖVP seit, glaube ich, 30 Jahren in der Regierung sitzt und es nicht geschafft hat, die Arbeitslosenrate in Österreich zu reduzieren. In Deutschland war die Situation ganz anders. Dann reden wir darüber, wie die Städte finanziert werden. Dann reden wir darüber, dass in Österreich die Städte und die Bundesländer, Wien zum Beispiel größtenteils, aus dem Finanzausgleich finanziert werden. Jedes Mal, wenn die Bundesregierung sagt, wir müssen jetzt Steuern senken, wie es zum Beispiel beim Familienbonus angedacht ist, kostet es Wien schlagartig 100 Millionen EUR, die durch irgendwelche anderen Maßnahmen aufgefangen werden müssen. Dann reden wir darüber, dass es Bundesländer wie Niederösterreich und Oberösterreich gibt, die nicht erst, seit in Österreich ... (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Der böse Bub hat Steuern gesenkt! Unglaublich!) Warten Sie einmal! Hören Sie doch einmal zu, Kollege Juraczka! Hören Sie zu, wie Ihre KollegInnen in Niederösterreich und in Oberösterreich agieren! Nicht erst seit 5 Jahren, nicht seit 10 Jahren, sondern seit 20 Jahren und länger werden früher SozialhilfeempfängerInnen, jetzt MindestsicherungsempfängerInnen aus den Bundesländern nach Wien vertrieben! Sie kennen doch die Zahlen! Sie kennen die Zahlen so gut wie ich. Über den langjährigen Schnitt, über die letzten 30 Jahre betrachtet, ist der Anteil der Sozialhilfe-, später MindestsicherungsempfängerInnen in Österreich, wie sie verteilt sind, im Großen und Ganzen gleich geblieben. Es waren immer rund zwei Drittel aller Sozialhilfe- und MindestsicherungsempfängerInnen in Wien und der Rest in den Bundesländern. Weil es gang und gäbe war, sogar in Vorarlberg, den MindestsicherungsempfängerInnen sozusagen den Fahrschein in die Hand zu drücken und zu sagen, fahrt nach Wien, dort habt ihr Chancen, dort bekommt ihr Geld! Das sind Situationen, über die wir einmal alle miteinander gemeinsam reden müssten! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ja, absolut!) Dass Ihre Bundesländer, dort, wo die ÖVP regiert, endlich einmal auch beginnen, sich um ärmere Menschen zu kümmern, sie nicht zu verjagen. Sie nach Wien zu schicken, um dann zu sagen, macht in Wien etwas damit und dann auch noch blöd auf Wien hinzuhauen! Ich verstehe nicht, wie man das aus einer christlichen Überzeugung heraus tun kann, anstatt wirklich darüber nachzudenken, wie man gemeinsam dieses Problem löst! Dann geht man auf Arbeitslose los! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Ein weiterer Punkt. Damit komme ich auch zur Kollegin Meinl-Reisinger. Schuldenbremse hört sich nicht schlecht an. Glauben Sie, jemand macht gerne Schulden? (Abg. Markus Ornig, MBA: Oh ja! Das macht StRin Brauner mit Stolz!) Aber betrachten wir zumindest einmal beide Seiten. Es gibt Einnahmen und Ausgaben. Ist Ihnen bewusst, dass in den letzten 20 Jahren nicht nur in Österreich, weltweit, aber vor allem auch in ganz Europa, die Unternehmenssteuern um knapp 40 Prozent gesunken sind? (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Aber die Einnahmen steigen trotzdem!) - Ganz kurz, es geht darum, wer zahlt! (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Wir haben mehr Einnahmen!) Es zahlen immer mehr Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen! Es zahlen die Beschäftigten! Jetzt kann man sagen, man findet diese Politik richtig. Was war denn die Konsequenz davon? Die Vermögen sind exorbitant explodiert! Das Geld ist vorhanden. Sie wissen genauso gut wie wir, dass Geld vorhanden ist. Man hat den Beschäftigten, man hat der Bevölkerung, über die Steuerpolitik, die auf Bundesebene, aber auch auf europäischer Ebene, sage ich gleich dazu, da europäisches Steuerdumping passiert ist, Geld weggenommen! Man hat Finanzkrisen, Staatskrisen herbeigeschrieben und dann gesagt, jetzt muss der Staat sparen! Wo sollen wir denn jetzt - unter Anführungszeichen - sparen, wenn gleichzeitig die Arbeitslosigkeit nicht sinkt, unter anderem durch solche Maßnahmen, die Sie eben treffen, dass Sie die Aktion 20.000 einfach einstellen? Was machen Sie mit Menschen in meinem Alter, die nicht so privilegiert sind und Landtagsabgeordnete sind - für mich ist es fast etwas Unvorstellbares -, die sich nicht vorstellen können, dass sie keine Arbeit mehr finden? Sie sagen, kümmert euch selber um euch, in dem Wissen, dass es für Menschen mit 50plus heutzutage am Arbeitsmarkt schwer ist, wieder einen neuen Job zu bekommen! Darum wird es dann in der Dringlichen gehen. Aber es ist schäbig, eine Schuldenbremse zu fordern und gleichzeitig alles zu tun, dass es Menschen immer schwerer gemacht wird, aus der Armut zu kommen! Da steuert Wien dagegen! - Ich danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr StR DDr. Schock zum Wort gemeldet. StR DDr. Eduard Schock: Frau Präsidentin! Herr Kollege Margulies, Sie kommen heraus und das Einzige, was Ihnen zu einer Steuerentlastung der neuen Bundesregierung einfällt, sind 100 Millionen Steuerausfall für die Gemeinde Wien! (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Das ist ja nicht nichts!) Das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, Sie wollen wieder den anderen Weg gehen, Sie erwähnen die hohen Vermögen, Sie wollen Vermögenssteuern! (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Die gibt es ja!) Aber die Regierung ist angetreten, Kollege Margulies, um die Menschen zu entlasten! (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Um die Reichen noch reicher zu machen!) - Nein, um die Menschen zu entlasten! Wir haben die Wahl gewonnen, weil die Menschen diese Entlastung wollen, Herr Kollege Margulies! (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Das ist genau der Unterschied zu Rot-Grün! Sie betreiben eine Uraltpolitik, wie Sie sie immer betrieben haben, eine Retropolitik! Sie wollen neue Steuern! Sie haben nichts dazugelernt! Wir sind angetreten, um die Menschen zu entlasten, Kollege Margulies! Das ist auch das Modell für die Zukunft! (Beifall bei der FPÖ. - Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Arbeitslosigkeit en masse!) Machen wir doch einmal den Vergleich, Kollege Margulies! Was ist denn der Erfolg von Rot-Grün? Ein Schuldenrekord! Das ist mittlerweile bekannt. Weithin eine Verdoppelung der Schulden unter Rot-Grün, der Bruch des Stabilitätspakts! Ihr Defizit ist fünf Mal so hoch, als es nach diesem Stabilitätspakt zulässig ist! Das wird mittlerweile auch international wahrgenommen. Die Bonität der Stadt, die Glaubwürdigkeit leidet darunter. Und gleichzeitig - und das ist ja auch das Kunststück -: ein Belastungsrekord! Wenn man sich in diesen 8 Jahren Rot-Grün die Maßnahmen anschaut, dann sieht man: 900 EUR pro Jahr, 75 EUR pro Monat zusätzlich an Belastung, gerade für Kleinverdiener, gerade für sozial Schwache, die die StRin Brauner heute immer im Mund geführt hat. (Zwischenruf von Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies.) Das ist eine ganz besondere Leistung, Herr Kollege Margulies: Schuldenrekord und gleichzeitig die Menschen zu belasten, das ist ein Kunststück! Das macht Ihnen niemand so leicht nach. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Wir haben uns vorgenommen, ganz neue Wege zu gehen. Wir wollen auf Bundesebene im System sparen, das ist unser neuer Weg. Meine Damen und Herren, wir erinnern uns doch alle, wir Freiheitliche haben seit Haider schon gesagt: Wozu brauchen wir über 20 Sozialversicherungsanstalten? Wir können das jetzt endlich umsetzen. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ist das der mit Kärnten, der Haider?) Wir können das endlich umsetzen. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ist das der mit Kärnten?) Wir können hier im System sparen, aber Sparen ist ja auch nicht Selbstzweck, meine Damen und Herren. Sparen soll aber Spielräume für die Entlastung schaffen, und das haben wir in den ersten vier Wochen dieser neuen Regierung ja eindrucksvoll unter Beweis gestellt, was dieser neue Weg für Österreich ist: eine Entlastung der kleinen Einkommen bis 2.000 EUR brutto, eine Entlastung gerade der kleinen, meine Damen und Herren - über 300 EUR pro Jahr! Genau die Menschen, die Sie mit Ihren Gebührenerhöhungen schröpfen. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Und zweitens eben der Familienbonus: bei 2 Kindern bis zu 250 EUR für die Familien in Österreich. Und auch für 60.000 Alleinerzieherinnen, die uns ein ganz besonderes Anliegen sind, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Mag. Manfred Juraczka. - Zwischenruf von Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies.) Das, Kollege Margulies, ist eben der Unterschied, und den muss man auch herausarbeiten. Sie haben uns ja das Hölzl geworfen, und wir werden es gerne aufnehmen. Wir werden diesen Vergleich auf allen Ebenen führen. Der Unterschied ist, meine Damen und Herren: Rot-Grün verschwendet das Geld der Steuerzahler - die Regierung auf Bundesebene beginnt endlich, auch im System zu sparen. Rot-Grün lässt die Schulden explodieren, schadet der Glaubwürdigkeit der Stadt - die Bundesregierung ist einem strikten Stabilitätsziel verpflichtet. Wir garantieren damit die Bonität der Republik Österreich. Der Unterschied ist vor allem im sozialen Bereich, und darauf kommt es mir angesichts der Debatten gestern und heute ganz besonders an. Herr Kollege Margulies, Sie belasten die Menschen, vor allem Kleinverdiener, Sie belasten sozial Schwache. Die neue Bundesregierung hat in den ersten vier Wochen schon eine Million Kleinverdiener finanziell entlastet und unsere Familien massiv entlastet, damit sie sich endlich wieder Kinder leisten können. Das ist unser Modell für die Zukunft, meine Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Mag. Wehsely zum Wort gemeldet. Bitte. Abg. Mag. (FH) Tanja Wehsely (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht einmal ein paar Klarstellungen, das ist schon dringend nötig. Herr Kollege Wölbitsch! Wenn Sie gerade Berlin und München anführen, ist es erstens immer sehr schwierig, diese Städte zu vergleichen, weil sie natürlich eine ganz andere Gebarung und auch andere Kompetenzen haben. Allerdings darf ich Ihnen berichten, dass die Schulden Berlins mit Ende 2017 59 Milliarden EUR betragen. Natürlich baut Berlin auch schon ab, aber das wäre jetzt einmal die Zahl. Ich darf Ihnen auch sagen, der Vergleich von München mit Wien ist immer ein bisschen schwierig, auch wegen Stadt- und Landeskompetenzen. Aber 2015 lag München bei 3.420 EUR Pro-Kopf-Verschuldung und Wien bei 2.964 EUR. Das wäre die Summe Land und Gemeinden inklusive Gemeindeverbände als Berechnung, um ungefähr auf sozusagen ähnliche Zahlen und Kompetenzen, die diese Länder/Städte haben, zu kommen. Das heißt, um das hier einmal klarzustellen: Wien liegt im Vergleich auch in Österreich, was die Pro-Kopf- Verschuldung betrifft, an sich sehr gut, nämlich im unteren Mittelfeld dieser Pro-Kopf-Verschuldung. Es wäre auch schön, wenn Sie das einfach sozusagen faktenbasierend anerkennen könnten, damit wir über dasselbe reden. Ansonsten noch ein paar Klarstellungen, weil das hier ein bisschen eine Diskussion ist, die abgleitet. Auch wie bei Kollegin Meinl-Reisinger: Sie glauben, die Schuldenbremse würde den Weg und den Inhalt unserer Politik und die Projekte, die wir machen wollen, ändern. Das ist nicht so! Und das ist ja heute schon ganz klar und gut dargelegt worden, insbesondere von Brauner und Frauenberger, was unsere Politik hier in Wien ist. Das sind Investitionen, insbesondere sozialer Natur und in Menschen. Ich kann Ihnen auch sagen: Für uns bedeutet Schuldenbremse nichts anderes als Investitionsbremse! Es ist ein Prinzip, das den Neoliberalismus erhöhen soll zu einer sozialen Ordnung. Wollen wir das? Nein, wir wollen das nicht! Ist ein öffentlicher Haushalt ein privater Haushalt? Nein, ein öffentlicher Haushalt ist nicht ein privater Haushalt! Schulden allerdings sind weder generell gut, noch sind sie generell schlecht. Sie haben kein Eigenleben. Und es ist auch nicht so - selbst wenn Sie das glauben -, es ist Schuldenmachen keine rote Tugend. Wir sehen das nicht so! Wir wirtschaften gut, und wir wirtschaften gerne. Haben wir schon einen Pfad in Richtung Konsolidierung eingeschlagen und den auch beschlossen? Ja, das haben wir: Keine neue Verschuldung Richtung 2020, der Pfad liegt transparent vor. Jedes Mal - da ist der Dr. Schock - sprechen wir darüber, das ist schon Ihre berühmte Frage im Finanzausschuss. Sie wird jedes Mal beantwortet. (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Die Frage ist nur, wie!) Ich habe schon gesagt, dass Wien auch im Rahmen Österreichs gut liegt, was die Pro-Kopf-Verschuldung anbelangt. Aber trotzdem: Sind Schulbau, Krankenhausbau, Kindergartenausbau, Wohnbau, die Sicherung des sozialen Netzes, und das alles herausfordernd in einer wachsenden Stadt, kurzfristige Ausgaben oder langfristige Investitionen? Es sind langfristige Investitionen, die Zukunftsinvestitionen sind! Also wenn Sie sagen, wir kümmern uns nicht um die Jugend und die Zukunft dieser Stadt, ist das schlichtweg falsch. Zieht Wien mit diesen Investitionen und diesem starken Wirtschaftsraum, den Wien darstellt für diese ganze Region, zieht sie die ganze Region? Zieht die Stadt die ganze Region? Ja, sie zieht die ganze Region! Es geht jetzt wirklich auch - und das ist ein bisschen bitter, muss ich ganz ehrlich sagen - nach Jahren des Aufräumens natürlich nach der Finanz- und Wirtschaftskrise bergauf. Die Konjunktur ist angesprungen. Es schaut besser aus, so wie Sie gesagt haben, als noch erhofft. Ich weiß natürlich, Sie werden das als Ihre Verdienste verkaufen. Ich hoffe sehr, dass daran nicht geglaubt wird. Das Erste, was Sie gemacht haben, war, Chancen und Perspektiven von Menschen einzusparen. Herzliche Gratulation dafür, Menschen die Perspektive mit einem Handstrich zu rauben! Noch einmal zum Schluss, damit wir einfach wissen, worüber wir reden: Die Schuldenbremse ist für uns eine Investitionsbremse. Wir wollen keine Einschränkung der Handlungsspielräume der Politik. (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Ihr tut gar nichts!) Und die, die das wollen: Das ist eine falsche Politik! Sie entmachten sich dadurch selber, das ist nicht richtig. Also investieren wir in die Zukunft dieser Stadt, investieren wir in die Zukunft der Jugend in dieser Stadt. Wir tun das, machen Sie einfach mit dabei! Sie werden sehen, mangelnde Investitionen ziehen ganze Länder hinunter. Wir sehen das in Griechenland, in Spanien, in Portugal, et cetera. Die, die sich befreien von der Austeritätspolitik: Dort geht es wieder aufwärts! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich der guten Ordnung halber bekannt, dass Abg. Stark nunmehr im Haus ist. Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Ornig. Bitte. Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Vielen Dank. Werte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mit meinem tatsächlichen Redebeitrag beginne, eine kurze Replik zum Herrn Wölbitsch: Es ist schon sehr lustig, dass Sie hier das "Wer hat's erfunden?"-Prinzip anführen. Ich würde auch sagen, beim Schuldenmachen kann man tatsächlich sagen: Wer hat's erfunden, das Schuldenmachen, Niederösterreich oder Wien? Insofern ist die Frage hier wirklich spannend, und darüber können wir auch gern diskutieren. (Beifall bei den NEOS. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Da reden wir weiter, wenn Sie einmal Regierungsverantwortung haben, Herr Ornig!) Aber ich möchte hier natürlich die steigende Schuldenlast von Wien besprechen. Eigentlich trotz guter Konjunktur wird diese immer größer, denn wir haben, wie schon sehr oft erwähnt, keine Wirtschaftskrise mehr. Die jüngst erschienenen WIFO-Prognosen sagen das: 2017/2018 3 Prozent, 2019 derzeitige Prognose 2,2 Prozent. Da gibt es halt eine gewisse Unvereinbarkeit zwischen den Ausreden der immer noch fortwährenden Wirtschaftskrise und der Prognose des WIFO. Da möchte ich aber jetzt, gerade nach den Ausführungen der Kollegin Wehsely, aber auch des Kollegen Margulies, ganz kurz darauf eingehen, was das für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet, weil seit der Ära Brauner das Bruttoregionalprodukt je Einwohner in Österreich ja um 18 Prozent zugenommen hat. In Wien allerdings ist es nur um 9 Prozent gestiegen. Eine ähnliche Entwicklung gibt es auch in den privaten Haushalten - weil wir immer davon reden: Wo bleibt das Geld dann hängen, und wo ist es? Denn da ist es ebenfalls seit der Ära Brauner so, dass wir in Österreich von 14 Prozent reden, in Wien aber leider nur von 7 Prozent. Allein auf Grund dieser Zahlen sieht man, dass die Entwicklung allgemein in Wien oder die Wirtschaftspolitik, wie sie in Wien geführt wird, und die Finanzpolitik, gelinde gesagt, unterdurchschnittlich sind. Aber warum ist das so? Ich möchte ja als Unternehmer und vor allem als Unternehmersprecher, als der ich mich sehe - denn über Finanzen ist schon genug geredet worden -, hier natürlich auch ein bisschen über die Wirtschaftspolitik reden. Die Stadt Wien treibt in der Ägide Brauner ja nicht gerade eine arbeitergeberfreundliche Politik. Der rote Teppich, den Sie den Unternehmern und Unternehmerinnen angeblich immer ausrollen, erweist sich halt sehr oft als Stolperfalle. Die Frau Stadträtin macht eigentlich eine reine Prestigepolitik, mit einzelnen Imageprojekten, die nur bewirken, dass noch mehr Steuergeld ausgegeben wird. Dem gegenüber steht aber eine enorme Bürokratielast, eine Vorschriftenflut, die Innovationen und potenzielle Entwicklungen für Wiener Unternehmer fundamental behindert. Genau hier anzusetzen, wäre eigentlich die Aufgabe - da passiert aber nichts! Das erfährt man praktisch in jedem Gespräche mit den Unternehmern und Unternehmerinnen dieser Stadt. Das Einzige, was Sie machen müssten, wäre, einfach hinzuhören. Hier fehlt eine ganz klare und erkennbare Strategie in Ihrer Wirtschaftspolitik, und es ist Ihnen einfach nicht möglich, einen klaren Rahmen vorzugeben. Es ist eigentlich ein bisschen wie beim Puzzlespielen: Jeder weiß, dass man beim Puzzlespielen mit den Randteilen beginnt, und man muss zuerst den Rahmen fertig machen. Sie dagegen versuchen ständig, mit Einzelteilen und Stückwerk ein Bild zusammenzusetzen. Das ist aber klarerweise langfristig nicht erfolgreich und dauert vor allem wesentlich länger. Für solche Einzelteile möchte ich Ihnen ein paar Beispiele nennen: die Initiative "Mein liebstes Unternehmen", die Initiative "shöpping.at" oder auch die Kampagne "Made in Vienna". Alles Kampagnen und Initiativen, die die SteuerzahlerInnen wirklich viel Geld kosten, aber mäßigen Erfolg vorweisen können! Obwohl ich Ihnen da durchaus guten Willen zugestehe, tragen diese Kampagnen doch nicht substanziell zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung in Wien bei. Maßnahmen hingegen, die wirklich weiterhelfen würden, wären - ganz nach dem Motto "Weniger ist mehr." - ein Abbau der unzähligen Vorschriften und eine nachhaltige Entbürokratisierung. Ich meine damit natürlich liberale Öffnungszeiten, ich meine damit natürlich die Streichung unsinniger und uralter Vorschriften, aber auch die Reduzierung und Vereinfachung von Amtswegen und Behördenverfahren. Genau in diese Richtung muss es gehen, besonders für die zahlreichen Klein- und Mittelbetriebe in Wien, die wegen limitierter Ressourcen viel stärker von Bürokratiemaßnahmen belastet werden als Großunternehmen. Meine Hoffnung setze ich hier auf die wenigen Stimmen innerhalb der SPÖ, die eine moderne Wirtschaftspolitik verstehen und ebenfalls großen Reformbedarf in Wien sehen. Ich glaube, es wird hier wirklich Zeit, Platz zu machen: Platz zu machen für neue Entwicklungen und eine moderne Wirtschaftspolitik. Die Frau Stadträtin hat ja gemeinsam mit Herrn Bgm Häupl das Kapitel einer, ich sage einmal, sinnentfremdeten Wirtschaftspolitik bisher geschrieben, und es ist unserer Meinung nach eine gute Gelegenheit, das auch gemeinsam zu beenden. Die Wiener UnternehmerInnen verdienen eine moderne Wirtschaftspolitik, die vor allem auch ihren Namen verdient. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Mag. Juraczka zum Wort gemeldet. Bitte. Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Themenwahl für diese Aktuelle Stunde ist durchaus nachvollziehbar, denn was beschäftigt uns intensiver, was beschäftigt uns schon länger, wenn nicht die finanzielle Schieflage im Budget dieser Stadt?! Was beschäftigt uns nicht schon länger, als die Problematik in der Wirtschaftspolitik in dieser Stadt! Wenn ich so den gestrigen Tag auch ein bisschen thematisch Revue passieren lasse, dann fällt mir einfach auf, wie diese Stadtregierung, diese rot-grüne Regierung in Wien, derzeit agiert: Inferior! Völlig versagend in der Wirtschaftspolitik, aber dafür, fast präpotent, sich selbst moralisch überhöhend in der Gesellschaftspolitik! Meine Damen und Herren, das kann wohl nicht der Ansatz sein, diese Stadt mutig in die kommenden Jahre zu führen. Ich verstehe es schon: Wenn ich eine politische Gruppierung bin, die zerstritten, orientierungslos ist, dann brauche ich zwecks Einigung einen Außenfeind. Das ist ganz offensichtlich die durchaus erfolgreich agierende türkis-blaue Bundesregierung. Aber man sieht es ja an den Anträgen des heutigen Tages, man sieht es an dem Dringlichen Antrag, der - das nur nebenbei erwähnt - ja auch geschäftsordnungsmäßig höchst problematisch ist: Da wird gar nicht mehr agiert, da wird nur reagiert gegen das Feindbild! Da wird gar nicht mehr der Versuch unternommen, eigene Inhalte ins Zentrum des politischen Geschehens zu stellen. Was Demokratie eigentlich sein sollte: Der Wettbewerb der Ideen. Diese Herausforderung nehmen Sie ja gar nicht an! Wie auch? Da gibt's ja keine neuen Ideen. Da gibt's nur ganz, ganz alten Ideen aus der Mottenkiste des Sozialismus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Aber kommen wir ganz konkret zur Schuldenpolitik dieser Stadt: Wie schafft man es als rot-grüne Stadtregierung, innerhalb von gerade einmal acht Jahren die Schulden der Stadt mehr oder weniger zu vervierfachen? Wofür braucht man denn so viel Geld? Gerade Rot-Grün in Wien, die sich ohnehin auf kein einziges Projekt eigentlich einigen können: Wie kann man so viel Geld versemmeln? Ich glaube, das Grundproblem dieser rot-grünen Stadtregierung zeigen zwei Aussagen der letzten Wochen und Monate ganz deutlich. Einerseits der Bgm Häupl, der hier in diesem Saal einmal gemeint hat: Na ja, die Schulden sind ja kein Problem, wir sollten eigentlich noch viel mehr Kredite aufnehmen, denn - und jetzt zitiere ich Häupl wörtlich: "Man kriegt ja beim derzeitigen Zinsniveau das Geld quasi geschenkt." So hat er es formuliert. Wenn man sich dann das Krankenhaus Nord anschaut, wo die Zinsbelastung von 178 Millionen EUR nicht einmal bei den Errichtungskosten inkludiert wird (Abg. Christian Oxonitsch: ... aber schon deutlich erklärt worden!): Also ganz ehrlich gesagt, jeder Häuslbauer weiß, wenn er es nicht aus eigenen Geldmitteln finanzieren kann, dann muss man natürlich die Zinsenlast mit einberechnen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Stadt Wien tut das nicht, weil der Bürgermeister meint, das Geld sei ja geschenkt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. - Abg. Christian Oxonitsch: Das ist schon ganz deutlich erklärt worden!) Ein zweites Problem, meine Damen und Herren - und da schaue ich beide Fraktionen an, wenn Mandatare aus dieser Stadtregierung wirklich twittern: "Hoch der Klassenkampf!" -, ist diese Begeisterung an der Umverteilung. Meine Damen und Herren, und gerade auch dem Kollegen Margulies ins Stammbuch geschrieben: Es ist sozialer, den Menschen das Geld im Börsel zu lassen, damit sie damit tun können, was sie wollen, als es den Menschen wegzunehmen, um mit dem Geld zu machen, was die SPÖ-Wien will - glauben Sie mir das! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. - Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie nicht das gleiche Schicksal erleiden wollen wie die GRÜNEN auf Bundesebene, die nur gegen etwas und nie für etwas waren, wenn Sie so ein Schicksal nicht erleiden wollen als rot-grüne Stadtregierung, kann ich Ihnen nur vorschlagen, kommen Sie aus Ihrem Schmollwinkel! Kommen Sie wieder in die politische Mitte, gestalten Sie mit, und gewinnen Sie wieder an Format! Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Mag. Huemer zum Wort gemeldet. Abg. Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Danke schön. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuseherInnen! Wir sprechen darüber: Ist eine Schuldenbremse sinnvoll? Beziehungsweise: Reichen die Konjunkturentwicklungen aus, um hier auch andere Einnahmen zu generieren? Ich finde es sehr interessant, dass die Schuldenbremse mehr oder weniger - sehr anschaulich auch von der Bundesregierung schon eingebracht - herangezogen wird, um auf dem Rücken von Armen Politik zu machen. Ich sage das deswegen, denn das, was bei der Aktion 20.000 mit dem Stopp gemacht wird, ist nichts anderes. Es ist eine Politik auf dem Rücken der Armen. Hier wird auf dem Rücken der sozial Schwachen gespart - eingespart, wie Sie das nennen -, aber letztendlich wird ihnen das letzte Hemd genommen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) So wird das auch sein, wenn Sie die Notstandshilfe abschaffen und die Menschen in die Sozialhilfe treiben. Sie rauben den Menschen das letzte Hemd, das ist wirklich, wirklich schäbig! Das hat weder etwas mit Schuldenvermeiden zu tun, sondern das hat damit zu tun, dass Sie eine Umverteilungspolitik von unten nach oben betreiben wollen. Das geht mit uns in Wien, mit der rot-grünen Regierung, nicht. Wir machen Investitionen, wir machen sinnvolle Investitionen. Alle wollen eine bessere Gesundheitsversorgung, alle wollen mehr Kinderbetreuung, alle wollen gute Schulen, alle wollen leistbares Wohnen: Das geht nicht ohne Investitionen! Kollegin Wehsely hat es gesagt: Wir brauchen Investitionen, damit wir in einer wachsenden Stadt die Lebensqualität bieten können, die wir auch wollen und die sich die Menschen auch zu Recht erwarten. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) De facto schauen wir ganz genau, welche Ausgaben getätigt werden müssen. Und de facto erleben wir - um Ihnen ein Beispiel zu nennen - die negativen Auswirkungen der bereits vorhandenen Schuldenbremsen, nämlich das PPP- Modell, das von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren in der Freiheitlichen Fraktion, ja liebend gern immer kritisiert wird. Dieses Modell ist bereits die Folge einer Schuldenbremse! Also tun Sie nicht so, als würden Sie die Schuldenbremse wollen, und tun Sie nicht so, als würden Sie es gut finden, wenn hier die Investitionen, die ja nämlich die Kehrtwende wären, sich sofort im Budget der Stadt Wien zu Buche schlagen würden. Uns wäre es auch recht, aber diese Schuldenbremse existiert, die müssen wir akzeptieren, und sie hat negative Folgen. Wir haben dieses Problem mit der PPP-Lösung gelöst, die Ihnen aber auch nicht gefällt. Ich frage mich also: Wie wollen Sie hier umgehen? Außer eben, wie Sie es ja auf der Bundesebene machen, auf dem Rücken der Armen zu sparen. Dann komme ich noch zum Thema Konjunktur. Was jetzt sozusagen "Konjunktur springt an" genannt wird, ist sehr, sehr vorsichtig, glaube ich, zu betrachten, und die positiven Entwicklungen kommen definitiv sehr unterschiedlich sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Beschäftigten an. Wir haben einen großen Wandel in der Arbeitswelt. Eine Gruppe, die jetzt ganz besonders von diesem technologischen Wandel betroffen ist, ist die Gruppe der Menschen im Finanz- und auch im Wirtschaftssektor. Da zieht sich eine Digitalisierung durch, die ganz, ganz viele Arbeitsplätze in Wien kostet. Um Ihnen ein Beispiel zu geben, wie konkret wir die Gelder in Wien einsetzen, möchte ich den Wiener ArbeiternehmerInnen Förderungsfonds erwähnen, wo wir erfreulicherweise 29,367.400 EUR einstimmig beschlossen haben. Mit diesen Mitteln wird unter anderem eine Stiftung gefördert, die Stiftung Finance. Das ist eine Stiftung, die österreichweit ist, aber auch von Wiener Seite für die WienerInnen, die von diesem Arbeitsplatzverlust durch Digitalisierung betroffen sind, unterstützt wird. Mit 700 EUR. 700 EUR! Also das sind Gelder, die ganz konkret bei den Menschen ankommen. Das ist nur ein Beispiel; ein anderes - um es noch zu sagen, weil Geringqualifizierte es tatsächlich sehr, sehr schwer haben, einen Arbeitsplatz zu bekommen -: Die Gelder im WAFF dienen ganz, ganz massiv der Höherqualifizierung, sind also ebenfalls gut investiert in die Menschen, in die Zukunft, in deren Chancen. Darum: Eine Schuldenbremse einfach per se ist nicht das Mittel zum Zweck. Man muss immer ganz genau schauen, wofür, und ich glaube, die Gelder, die wir in Wien ausgeben, sind sehr gut investiert. Ja, schauen wir genau darauf, wie wir das Geld ausgeben - aber nicht mit einem Automatismus, der sich dann zu Lasten von Menschen auswirkt. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Baron zum Wort gemeldet. Bitte. Abg. Karl Baron (FPÖ): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Stadt Wien ist krank. Sie ist seit längerer Zeit krank: Sie ist schuldenkrank! Eine Schuldenbremse würde vielleicht (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: ... schon plakatiert! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) die ersten Schmerzen lindern, aber sicher nicht die Krankheit bekämpfen. Um eine Krankheit zu bekämpfen, wirkungsvoll zu bekämpfen, muss man ihr auf den Grund gehen, um die Ursache zu bekämpfen. Die Ursache dieser Krankheit ist zweifelsohne die Finanzstadträtin Brauner, die seit 2007 verantwortlich dafür ist: 5,5 Milliarden EUR in 10 Jahren, und das in einer Zeit, in der wir einen Rekordzinssatz - einen rekordniedrigen Zinssatz, wohlgemerkt - gehabt haben! Also das ist ein Erreichen, das ist ja unglaublich. Und dass so eine Person noch immer im Amt ist, ist noch unglaublicher! (Beifall bei der FPÖ.) Da braucht man jetzt nicht die Finanzkrise 2008 dafür verantwortlich zu machen. Die hat sicher ein kleines Teil dazu beigetragen, aber schauen wir uns das in anderen Ländern an: So eine Misere findet dort nirgends statt. Eine vollkommen verfehlte Finanzpolitik, das ist das, was uns die Frau Brauner bisher hinterlassen hat. Schulden haben wir nicht gemacht, um die Wirtschaft anzukurbeln, um uns das Geld vielleicht auf Umwegen wieder zurückzuholen, indem die Wirtschaft eine lebende Wirtschaft ist, ein Motor für eine Volkswirtschaft, und da kommt Geld wieder herein. Nein! Das wird in irgendwelchen Vereinen, mit dubiosen Vereinen Günstlingen zugetragen, dass es für immer weg ist und Monat für Monat und Jahr für Jahr Neuverschuldungen stattfinden. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Sündteure Programme wie die des WAFF, von dem wir vorhin gesprochen haben: Das ist ein typisches Beispiel. Vom WAFF sind das nichts anderes als Geldvernichtungsprojekte. Von denen gibt es eine Vielzahl, die in den letzten zehn Jahren durchmarschiert sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist eine Politik, die brauchen wir alle nicht. (Beifall bei der FPÖ.) Jetzt geht es weiter mit den Franken-Spekulationen. Das ist doch ein Wahnsinn, meine Damen und Herren! Was wir brauchen, ist ein Top-Management in diesem Bereich. Ein Top-Management - und was haben wir? Wir haben die Frau Brauner. (Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP.) Ihr Verhalten ähnelt eher einer Hausfrau, die Monat für Monat das Haushaltsgeld verjubelt, dann am Monatsende mit dem Familiensilber ins Dorotheum geht und ihrer Familie am Abend erklärt: Macht euch alle keine Sorgen, das holen wir alles wieder zurück! Man kann nicht immer nur verlieren, es geht ja auch aufwärts. (Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) Meine Damen und Herren! Genau das ist beispielgebend, das ähnelt aber nicht einem Top-Manager. (Abg. Mag. (FH) Tanja Wehsely: Was ist das für ein komischer Vergleich?) Das ähnelt einer spielsüchtigen Hausfrau, meine Damen und Herren, seien Sie mir nicht böse! (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenrufe bei der SPÖ.) Morgen fällt die Entscheidung: Morgen fällt die Entscheidung, wer in Zukunft Bürgermeister in dieser Stadt sein wird. Wir schauen uns auch ganz genau an, wie er die Position der Finanzstadträtin in Zukunft sehen wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wird die Position, sagen wir, rollieren, und es kommt jemand Verantwortungsvoller her? Oder geht das Leiden weiter bis zur nächsten Wahl? Dann freue ich mich schon darauf, wenn wir einen freiheitlichen Bürgermeister haben werden. Danke. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster und vorläufig letzter Redner ist Herr Abg. Neumayer zum Wort gemeldet. Bitte. Abg. Jörg Neumayer, MA (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Viele Argumente sind in dieser Aktuellen Stunde bereits vorgetragen, viele ideologische Argumente meiner Ansicht nach. Obwohl gerade Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von den NEOS, sich eigentlich gerne auf das Faktische beziehen, habe ich mehr Ideologie auch in Ihren Redebeiträgen wahrgenommen. Aber auch viele Sorgen sind bewusst ausgetauscht worden. Da möchte ich noch einmal kurz die Ausgangslage klarstellen, wie sie sich darstellt. Wien ist trotz grundsätzlicher Kritik stets den Verpflichtungen des Stabilitätspakts auch nachgekommen. Wir liegen in Österreich, wie Kollegin Wehsely schon gesagt hat, im unteren Mittelfeld, und das, obwohl wir die Wienerinnen und Wiener in den letzten Jahren gut unterstützt haben. Im Budgetvoranschlag 2018 haben wir mit demokratischen Mehrheiten hier im Hohen Haus den Konsolidierungspfad beschlossen, womit wir ab 2020 - denn das haben Sie vorhin nicht dazugesagt (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Glauben Sie!) - keine Neuverschuldung mehr haben werden. (Abg. Mag. Beate Meinl- Reisinger, MES: Das ist das Problem: Das glauben Sie!) Wien genießt zudem das große Vertrauen, vielleicht nicht Ihr persönliches, aber das große Vertrauen auf den Märkten, sodass wir uns auf lange Zeit auch günstig finanzieren können. Die Wirtschaft wächst, die Demographie entwickelt sich gut. Wir investieren in Zukunftsprojekte und vor allem in die Wienerinnen und Wiener. Aus unserer Sicht sind nämlich genau das die Zukunftsprojekte, um die wir uns kümmern. Für uns ist vollkommen klar, dass das Budget immer den Menschen zu dienen hat und nicht zum Selbstzweck da ist. Auch dieses Wort ist schon gefallen, wir sehen es nur eben genau umgekehrt. Diese Menschen sind immerhin auch der Souverän, der uns und unserer Politik das Vertrauen geschenkt hat, gegeben hat, und nicht irgendwelchen neoliberalen Zahlenspielchen. Dieser Souverän, der uns das Vertrauen geschenkt hat, hat ja auch in ordentlichen Wahlen entschieden, unseren Haushaltsideen die Mehrheiten zu geben, aber sicherlich nicht irgendwelchen Fesseln, Schuldenbremsen oder sonst irgendetwas. Sagen Sie, Herr Kollege Wölbitsch - ist nicht da, okay. Wissen Sie eigentlich, oder die Restlichen von der Fraktion (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Wie der Blümel! Der war auch nie da!), wissen Sie eigentlich, wo die Schuldenbremse wirklich erfunden worden ist? Wer die Schuldenbremse wirklich erfunden hat? Das ist nämlich in den 40er Jahren passiert. Erstmals hat sie große Anwendung gefunden in den 60er und 70er Jahren in den autoritären Regimen in Südamerika, und das nicht unbedingt zum Wohl der Bevölkerung vor Ort. Aber ich sehe die Schuldenbremse und ... (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Sehen Sie jetzt auch ...) Nein, nein, autoritäre Regime in Südamerika in den 60er und 70er Jahren, Herr Kollege Juraczka. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Na, das waren ja auch linksgerichtete ...) Ich sage nur, wo es das erste Mal so richtig Anwendung gefunden hat. Und das nur als Hinweis für Sie und Ihren Kollegen. Aber ich sehe die Schuldenbremse und die dahinterstehende Ideologie nicht nur auf Grund dieser Geschichte problematisch, keine Sorge! Nämlich, sie ist problematisch für unsere moderne Demokratie. Und es gibt zahlreiche handfeste Gründe, von denen ich jetzt auch nicht glaube, Kolleginnen und Kollegen von den NEOS, dass Sie sie zur Anwendung bringen würden. Aber leider sehen wir die Ergebnisse der letzten Jahre in Österreich anhand einiger Beispiele der sogenannten Einsparungen. Schwarz-Blau I, wo unter dem Deckmantel dieser sogenannten Einsparungen Klientelprojekte en masse finanziert wurden: Einige beschäftigen uns heute noch negativ. Oder aktuell in Oberösterreich: Unter dem Deckmantel der Einsparungen wird über die Förderungen wie mit einem Rasenmäher drübergefahren, über das Budget und genauso über die Menschen in Oberösterreich. Was ist denn das Ergebnis dieses Einsparens? Das Ergebnis ist Sparen bei der Bildung, Sparen bei der Frauenpolitik, Sparen bei der Familienpolitik. Gerade gestern, Frau Kollegin Emmerling, waren wir uns, glaube ich, im Inhalt im Geiste einig, dass wir genau die Erwerbsbiographien bei Frauen eigentlich gestärkt wissen wollen. Aber genau diese Einsparungen führen nicht zu einer Stärkung, und das ist das, was ich hier heute kritisiere. Schwarz-Blau II möchte gerade noch 5 Prozent der Bundesförderungen heuer kürzen: Das sind nur 200 Millionen EUR. Wo diese Förderungen gestrichen werden, vielleicht bei Arbeitsmarktförderungen, bei Qualifikationsprojekten, beim schon genannten WAFF, vielleicht bei den Lehrwerkstätten - ich möchte es mir noch nicht vorstellen. Aber es sind genau diese Zukunftsthemen, die wir eigentlich gemeinsam im Interesse der jungen Wienerinnen und Wiener stützen und unterstützen müssten. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, ob dieses Dogma der Schuldenbremse und weitere solche orthodoxen Hirngespinste wirklich so hilfreich seien. In Wahrheit müssen wir in 10 bis 15 Jahren ordentlich die Scherben aufklauben, wenn wir solche Dinge heute umsetzen. Es sind nicht die oberen 5 Prozent betroffen, nein, es sind die vielen betroffen, die Wienerinnen und Wiener, die wir unterstützen, für die wir die Verantwortung übernommen haben. Darum: Nein für eine Schuldenbremse! Nein für diese Investitionsbremse! Und Ja für einen Bauchladen für die Wienerinnen und Wiener! Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Die Aktuelle Stunde ist damit beendet. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Landtagsabgeordneten des ÖVP-Klubs vier schriftliche Anfragen eingelangt sind. Von den Abgeordneten Ellensohn, Hebein, Mag. Huemer, Mörk, Rubik und Mag. Wehsely wurde ein Antrag an die Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Soziales, Gesundheit und Frauen betreffend Beibehaltung der Notstandshilfe gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieses Antrages wurde von der notwendigen Anzahl von Abgeordneten unterzeichnet. Gemäß § 36 Abs. 5 der Geschäftsordnung wird die Besprechung des Dringlichen Antrages vor Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht beendet, wird die Landtagssitzung zur tagesordnungsmäßigen Behandlung des Dringlichen Antrages unterbrochen. Die Abgeordneten Woller, Bluma, Ludwig-Faymann, Neumayer, Mag. Reindl, Schinner, Mag. Straubinger, Mag. Huemer und Dipl.-Ing. Margulies haben am 18. Dezember 2017 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz zur Novellierung des Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Kultur, Wissenschaft und Sport zugewiesen. Die Abgeordneten Valentin, Mag. Abrahamczik, Gaal, Holzmann, Karner-Kremser, Mag. Spitzer, Strobl, Mag. Taucher, Mag. Maresch und Dr. Kickert haben am 11. Jänner 2018 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem das Gesetz über die Neuregelung der Wiener Elektrizitätswirtschaft geändert wird, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung zugewiesen. Postnummer 1 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Herr Amtsf. StR Dr. Mailath-Pokorny. Ich bitte ihn, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Ich bitte um Zustimmung. Präsidentin Veronika Matiasek: Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich kann hierbei die Einstimmigkeit feststellen. Es liegen keine Anträge dazu vor. Daher schlage ich vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Auch das ist einstimmig so beschlossen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Auch hier kann ich die Einstimmigkeit feststellen. Das Gesetz ist somit beschlossen. Postnummer 2 der Tagesordnung betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Fischereigesetz geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Herr Abg. Valentin. Ich bitte ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Abg. Erich Valentin: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung. Präsidentin Veronika Matiasek: Auch zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich kann auch hierbei die Einstimmigkeit feststellen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig so beschlossen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle auch hier die Einstimmigkeit fest. Postnummer 3 der Tagesordnung betrifft den Wiener Landwirtschaftsbericht 2017, Berichtszeitraum 2015 bis 2016. Ich bitte den Herrn Berichterstatter. - Der Herr Berichterstatter ist schon vor Ort. Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Frau Abg. Mag. Emmerling zum Wort gemeldet. Bitte. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Berichterstatter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um den Landwirtschaftsbericht, den wir hier heute beschließen wollen. Ich sage einmal vielen herzlichen Dank für den vorliegenden Bericht, der, glaube ich, sehr gelungen ist, so wie eh immer. Ein besonderes Danke auch an die Wiener Landwirtschaftskammer, die diesen Bericht erstellt, speziell an Herrn Präsidenten Ing. Franz Windisch, auch an den Kammerdirektor und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hier mitgearbeitet haben! (Beifall bei NEOS und ÖVP.) Es ist ja heute die zuständige Stadträtin leider nicht da, was ich sehr schade finde, weil ich schon einige Sachen gerne an sie persönlich adressiert hätte. Aber vielleicht können Sie es ihr auch weitergeben, oder es wird dann vielleicht sowieso ein Thema sein. Die Landwirtschaftskammer erstellt diesen Bericht. Wir haben es schon öfters thematisiert, dass wir die Arbeit der Kammer gut und wichtig finden. Aber dass dieser Bericht nicht eigenständig als Dienstleistung mit der Stadt Wien abgerechnet wird, sondern hier eine Gießkannensubvention an die Landwirtschaftskammer ausgezahlt wird, finden wir nicht so gut. Wir sind der Überzeugung, dass es da eine ganz klare Abgrenzung braucht. Da sind ja eine Interessensorganisation auf der einen Seite und die Stadtregierung auf der anderen Seite. Da muss man einfach Abhängigkeiten so gut wie möglich vermeiden, vor allem in Hinblick darauf, dass es ja sicher oft Themen gibt, wo man verschiedene Standpunkte einnimmt. Aber nun zum Bericht: Der Bericht ist durchgehend geprägt von sehr sachlicher Information. Es schwingt auch viel Stolz mit über die Wiener Stadtlandwirtschaft, über die Bedeutung und Vielfalt unserer lokalen Landwirtschaft. Durchaus zu Recht! Denn da kann man auch stolz sein, dass in einer Großstadt wie Wien so eine vielfältige Struktur nachzuweisen ist. Aber es sind auch Trends herauslesbar, die schon besorgniserregend sind. Nämlich die Tatsache, dass ... Präsidentin Veronika Matiasek (unterbrechend): Ich bitte, den Lärmpegel im Saal ein bisschen niedriger zu halten, damit wir die Frau Abgeordnete hören. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (fortsetzend): Danke. Also, besorgniserregend ist eben die Tatsache, dass Betriebsgrößen immer weiter zurückgehen, dass es vor allem die kleinen, familiär geführten Betriebe immer schwerer haben. Da muss man schon auch auf den Punkt hinweisen, dass zu dieser Entwicklung zu einem großen Teil auch die Stadt Wien selbst beiträgt, indem sie hier den größten Weinbaubetrieb und den größten Landwirtschaftsbetrieb stellt und natürlich in Konkurrenz zu familiär geführten Betrieben steht. Ich möchte aber auch einen Bereich herausgreifen, der mich besonders beschäftigt, und zwar den stärksten Produktionszweig mit dem höchsten Kapital-/Energieeinsatz, und zwar den Gartenbau. Auch die Zahl der Gartenbaubetriebe nimmt ständig ab. Da sieht man vor allem klar diese Charakteristik des agrarischen Strukturwandels in der Stadt, den Trend zu größeren Einheiten, aber auch schon die Aufgabe von Flächen. Vor allem in der Donaustadt, in Floridsdorf ist der Gartenbau weitgehend verschwunden. Nur in der Simmeringer Haide hat er noch große Bedeutung, dort wird wirklich noch der Großteil der Wiener Gemüseversorgung erledigt. Es ist schon bemerkenswert, in welchem Ausmaß hier eine Großstadt mit wirklich innerhalb der Stadtgrenzen produziertem Gemüse versorgt werden kann. Wir konnten letztes Jahr auf Vermittlung der Kammer hin einige Betriebe in Simmering besuchen und haben uns das selbst angeschaut. Nur: Der Simmeringer Gartenbau ist wirklich in Gefahr! In Gefahr bringt ihn dieselbe StRin Ulli Sima, die sich sonst so gerne mit der Vielfalt des Wiener Gemüses ablichten lässt. Sie ist nämlich nicht nur für die Landwirtschaft zuständig, sie ist auch für die Wiener Stadtwerke zuständig, wie Sie wahrscheinlich wissen. Und die setzt den Simmeringer Gartenbaubetrieben die Daumenschrauben an. Sie wissen es wahrscheinlich ohnehin: Die Fernwärmepreise werden hier massiv in die Höhe getrieben. Man hat ihnen damals den Anschluss an die Fernwärme nahegelegt, hat das sehr unterstützt und es ihnen eingeredet. Prinzipiell eine gute Idee, keine Frage, nur ist die Fernwärme dort Quasi-Monopolist, und für die Energieversorgung der Glashäuser hat man jetzt einfach die Preisschraube angedreht. Das kann man als Quasi-Monopolist natürlich tun, weil man ja keine anderen Möglichkeiten hat. Aber das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Anschlag auf die Wiener Versorgungssicherheit Gemüse und ein Anschlag auf die Wiener Stadtlandwirtschaft! (Beifall bei NEOS und ÖVP.) Denn wenn dann ein Betrieb nach dem anderen zusperren muss, weil es wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ist, diesen aufrechtzuerhalten, wegen der hohen Energiekosten, die von den Wiener Stadtwerken kommen, dann haben wir zwar tolle neue Stadtentwicklungsgebiete, aber Wiener Gemüse wird es wohl keines mehr geben. Da wollten jetzt viele Gärtner auf Grund dieser Tariferhöhungen einen Gasanschluss. Das haben ihnen die Wiener Netze verwehrt. Warum sie das machen können, erschließt sich mir überhaupt nicht, denn eine Ablehnung widerspricht eigentlich dem gesetzlich eingeräumten Recht auf Gewährung des Netzzuganges. Die Wiener Landwirtschaftskammer hat rechtliche Schritte diesbezüglich vorbereitet und in die Wege geleitet. Aber ich frage mich schon: Warum hört man in der Öffentlichkeit darüber so wenig? Weil die Vorgehensweise der Wiener Netze von derselben Stadträtin gedeckt wird, die auch die Subventionen an die Landwirtschaftskammer vergibt! Deshalb wird das auch im vorliegenden Bericht, den die Landwirtschaftskammer erstellt, dann nur sehr vorsichtig und kalmierend angesprochen. Ich zitiere wörtlich: "Die angekündigte Tariferhöhung der Fernwärme Wien für den Bereich Gartenbau in Simmering und Schwechat lässt grundsätzliche Fragen für den weiteren Betriebserfolg offen." Das ist schon sehr kalmierend formuliert, wenn man bedenkt, in welcher Situation die Unternehmen dort wirklich stecken. Deswegen appelliere ich hier dringend, eine Lösung für die Gartenbetriebe zu finden, damit wir diese als so großartigen und wichtigen Teil der Wiener Stadtlandwirtschaft erhalten können. Zum Beispiel in Form einer Unterstützung, um in Systeme zu investieren wie zum Beispiel lokale Biomasseheizungen. Oder aber auch, diese Fernwärmepreise wieder hinunterzuschrauben. Da wünsche ich mir ganz ehrlich ein selbstbewusstes Auftreten der Landwirtschaftskammer gegenüber der Stadtregierung und in der Folge dann auch viel Erfolg beim Begehen der rechtlichen Schritte. Ich hoffe, es wird hier zu einer Lösung kommen. Unsere Unterstützung ist da jedenfalls sicher. Danke. (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Dipl.-Ing. Olischar zum Wort gemeldet. Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP): Vielen herzlichen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Berichterstatter! Auch ich darf bitten, meine Anliegen an die Frau Stadträtin weiterzuvermitteln. Sehr geehrte Damen und Herren, es ist mir doch ein Bedürfnis, mich zum Landwirtschaftsbericht zum Wort zu melden, denn ich habe es, glaube ich, schon sehr oft erwähnt, dass die Landwirtschaft in Wien als Landwirtschaft innerhalb von Stadtgrenzen einzigartig ist. Es wurde schon angesprochen: Unsere Wiener Landwirte, und vor allem gerade im Gemüsebau, können ein Drittel der Bevölkerung mit ihren Produkten versorgen. Wir haben Weinbau innerhalb der Stadtgrenzen. Das gilt ja ebenfalls als Besonderheit. Wer es vielleicht gesehen hat: Im Neujahrskonzert, im Pausenteil der Übertragung, wurden auch die Weinbaugebiete Wiens als Besonderheit und als besondere Schönheit dargestellt. Also ich glaube, da können wir durchaus sehr stolz sein. Der Landwirtschaftsbericht, so wie er uns vorliegt, stellt in regelmäßigen Abständen dar, wie es unserer Landwirtschaft geht. Es finden sich hier sehr viele Inhalte wieder, und drei Kapitel oder drei Themen möchte ich besonders hervorheben. Zum Ersten ein Kapitel, das sich in dieser Form erstmals im Bericht findet: die Evaluierung der Subvention für die Landwirtschaft. Man hat sich hier vorgenommen, die Wirkung von Subventionen messbar und somit auch sichtbar zu machen. Gemeinsam mit der MA 58 hat die Landwirtschaftskammer Kennzahlen definiert, die Subventionen und die im Landwirtschaftsgesetz festgelegten Ziele in Beziehung setzen. Dadurch wird transparent, welche Maßnahmen und Förderungen auch welches Ziel, das im Gesetz festgelegt ist, in seiner Wirkung konkret unterstützen. Die Stadtlandwirtschaft trägt auch dazu bei, die Stadt nachhaltiger zu gestalten. Mein zweiter Punkt: Eben im Kapitel Biolandwirtschaft und Nachhaltigkeit wird sichtbar, dass die Wiener Landwirtschaft zunehmend auch ökologischer wird. Mit 27 Prozent der Biofläche liegt Wien österreichweit auf Platz 3 und hat auch diesbezüglich noch einiges vor. Die Aktivitäten der Stadtlandwirtschaft reagieren auch auf die steigende Nachfrage nach regionalen Produkten durch viele Projekte im Zuge ihrer Nachhaltigkeitsinitiative. Zum Beispiel: Bioaktionsprogramm zum Ausbau der biologischen Landwirtschaft in Wien, sei es jetzt eine Neugründung oder die Umstellung auf den biologischen Betrieb, Projekt zum Humusaufbau und zum Erosionsschutz, Projekt Bauerninseln auf Wiener Märkten, also eine Plattform zwischen den Landwirten und den Markthändlern, um hier die regionalen Produkte noch ein Mal mehr in den Vordergrund zu stellen, und auch eine enge Zusammenarbeit zwischen der Landwirtschaft und der Gastronomie, denn hier bedeutet die Produktkennzeichnung eine immense Wertschätzung der heimischen Produkte und auch eine Transparenz, wo diese Produkte herkommen. Das nur als eine Auswahl der vielen neuen Initiativen. Der dritte Bereich, den ich erwähnen möchte, ein Kernthema der Landwirtschaftskammer: Natürlich Beratung und Bildung! Wenn man sich hier die Zahlen ansieht, dann sieht man, es sind in über 11.000 Beratungsstunden zu 12 verschiedenen Beratungsschwerpunkten 2016 mehr als 5.000 Kontakte erreicht worden. Was heißt das? Das heißt, durchschnittlich 7 Kontakte pro Betrieb. Wir haben derzeit 645 Betriebe in Wien. Also ich glaube, diese Zahlen können sich durchaus sehen lassen. Wissen, wo es herkommt, sollen natürlich auch schon die Kleinsten. Fast 40.000 Kinder haben 2015 und 2016 die Wiener Landwirtschaftsbetriebe besucht und auch so Stadtlandwirtschaft hautnah kennen gelernt und zu spüren bekommen. Über all diese Themen gibt der Bericht Auskunft, und derzeit wird dieser Bericht laut Gesetz alle zwei Jahre verfasst. Mittlerweile ist jedoch das Intervall dieses Berichts oder das Erscheinen dieses Berichts für mich zu hinterfragen, denn gerade die Landwirtschaft ist eine Branche, deren Betrachtung über einen längeren Zeitraum doch sinnvoll erscheint. Denn insbesondere Zahlen werden in einem kurzen Zeitraum deswegen schwer vergleichbar, weil beispielsweise Wetterkapriolen gleich immense Unterschiede zwischen verschiedenen Jahren darstellen können. Hier wäre eine weitere Sicht auf die Dinge durchaus zu prüfen. Dementsprechend möchte ich auch einen diesbezüglichen Antrag einbringen. (Beifall bei der ÖVP.) Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gebe zu, ich bin ein Fan der Stadtlandwirtschaft, und ich finde es auch großartig, was hier jetzt schon passiert und was hier auch noch künftig möglich ist. Um ihr auch Möglichkeiten zu geben, sich weiterzuentwickeln, und diese Chance von zwei Millionen potenziellen Konsumenten zu unterstützen, müssen hier natürlich auch die Rahmenbedingungen passen. Hier komme ich zu dem Thema, dass da natürlich auch ganz stark die Stadt gefragt ist. Denn ein Problem - das hat meine Kollegin Emmerling schon angesprochen, und in dieselbe Kerbe möchte auch ich schlagen - sind die sich derzeit entwickelnden Preise der Fernwärme in Simmering. In den vergangenen Jahren - um es vielleicht auch noch mit Zahlen zu untermauern - haben sich in fünf Jahren die Preise für die Gärtnerinnen und Gärtner mehr als verdoppelt! So können die Gärtnerinnen und Gärtner natürlich nicht wettbewerbsfähig bleiben. Denn es verkürzen sich die Anbauzeiten, weil man ja weniger heizt, um Kosten zu sparen; dadurch werden die Saisonfenster kleiner und die Ernte beschränkt auf einen kurzen Zeitraum. Hier kann es dann sogar kurzfristig zu einem Überangebot an Produkten auf dem Markt kommen, und das drückt dann natürlich noch ein Mal mehr die Preise. Also auch im Sinne der Nachhaltigkeit würde ich mir eine Unterstützung der Stadtlandwirte in dieser Angelegenheit wünschen, dass auch Heizalternativen geschaffen werden. Apropos Preise: Die größte Unterstützung erhalten Landwirte natürlich auch durch faire Preise. Gerade bei der öffentlichen Beschaffung könnte die Stadt einen sehr wichtigen Beitrag dazu leisten, die Stadtlandwirtschaft zu unterstützen. Krankenhäuser, Kantinen, Schulen mit regionalen Waren aus der direkten Umgebung zu versorgen, muss doch das oberste Ziel der Stadt sein! Diese Chance verstreichen zu lassen, können wir uns, glaube ich, nicht leisten, gerade in Zeiten, in denen die Regionalität und das Bewusstsein für regionale Produkte besonders groß ist. Daher: Best- vor Billigbieterprinzip, und Vorrang für die vielen Wiener Produkte. Einige andere Bundesländer setzen diese bereits um. Ich glaube, hier kann die Stadt noch sehr viel für die Stadtlandwirtschaft tun. In diesem Sinne: Danke für den Bericht! Man sieht daran, es tut sich viel. Die Stadtlandwirtschaft lebt. Das ist schön, das ist gut. Wir werden uns stets dafür einsetzen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie von Abg. Mag. Josef Taucher.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Dr. Kickert zum Wort gemeldet. Bitte. Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Wie Sie an den Redebeiträgen meiner beiden Vorrednerinnen gehört haben, ist dieser Landwirtschaftsbericht ja tatsächlich eine ausgesprochen ausführliche Darstellung der Situation der Wiener Landwirtschaft. Ich werde mich auf nur wenige Aspekte beschränken und überlasse Ihnen und Ihrem Interesse das Selber-Nachlesen in diesem Bericht - für den Fall, wie gesagt, dass ein Interesse vorliegen sollte. (Abg. Anton Mahdalik: Habe ich schon!) Ja, Sie können es auch auswendig lernen. Das bleibt ganz Ihnen überlassen. Dem bin ich ziemlich emotionslos gegenübergestellt, was Sie damit tun. Generell unterliegt die Landwirtschaft, wie Kollegin Emmerling ja schon gesagt hat, einem Strukturwandel. Sie hat es angedeutet in dem Rückgang der Betriebszahlen. Dem gegenüberstellen wollen würde ich, dass trotz des Rückgangs der Betriebszahlen die landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche in Wien gleich bleibt, dass also immer noch Landwirtschaft in derselben Art und Weise oder in demselben Ausmaß durchgeführt wird wie viele, viele Jahre davor. Gleichzeitig - das steht zumindest in der Einleitung des Landwirtschaftskammerpräsidenten - unterliegt die Landwirtschaft natürlich auch den Folgen der Klimakatastrophe, also den Wetterextremen. Sie ist daher, finde ich, ein ausgesprochen sensibler Wirtschaftsbereich, um zum Beispiel darzustellen, dass man nicht nur Verursacherin eines Problems, sondern auch Leidtragende desselben Problems oder der Auswirkungen dieses Problems sein kann, sodass die Landwirtschaft ein Teil des Systems ist, an dem man für sich selbst Stellschrauben theoretisch stellen könnte. Deswegen - und wahrscheinlich auch nicht verwunderlich - lege ich einen kleinen Fokus auf die ökologische Landwirtschaft, wie von Kollegin Olischar schon erwähnt, in Kapitel 6 dieses Berichts. Die ökologische Landwirtschaft stellt ja prinzipiell ein Gegengewicht zur industrialisierten Landwirtschaft und zur konventionellen Landwirtschaft dar und kann gerade in Gebieten, in denen es nicht notwendig ist, großflächig zu arbeiten, ein sehr wesentlicher Spezialisierungsanteil in diesem Wirtschaftssektor sein, weil gerade in der industrialisierten Landwirtschaft der immense Ressourceneinsatz ja global dazu führt, dass mit den darauf folgenden Umwelteinwirkungen und -auswirkungen die Probleme in der Landwirtschaft wieder höher werden. Ich erwähne nur die Wasserknappheit, zum Beispiel in den landwirtschaftlichen Gebieten, in denen eben Wasser sehr stark und sehr ungebremst eingesetzt wird - glücklicherweise nicht in Wien -, oder die Vergiftung der Biosphäre durch Pestizide oder auch die Bodenerosion. Glücklicherweise passiert das alles nicht in der Landwirtschaft in Wien. Diese ist also eine Landwirtschaft, die im Großen und Ganzen nicht zu ihren eigenen Problemen führt. Ein kleines Pilotprojekt möchte ich neben denen, die Frau Olischar bereits erwähnt hat, noch hervorheben, weil ich glaube, dass an diesem Projekt speziell dargestellt werden kann, wie die Landwirtschaft in Wien funktioniert. Das ist das Pilotprojekt Biocluster, in dem es nicht nur um die biologische Produktion von Biogemüse im Freiland geht, sondern auch der Versuch gemacht wird, einen sehr regionalen Weg der Vermarktung zu gehen. Dieses Pilotprojekt gibt es seit letztem Frühjahr und ist übrigens, Frau Emmerling, eine Gemüseproduktion in Eßling, also nicht in Simmering. Dieser Biocluster geht in der Vermarktung, wie ich finde, relativ intelligente Wege, indem versucht wird, nicht nur einen Verkauf direkt vor Ort, also quasi ab Hof einzuführen, sondern auch Abnehmer in nächster Umgebung, direkte Abnehmer über die Märkte Wiens zu erhalten, oder über die Frischküchen der Wiener Pensionisten Wohnheime, natürlich auch die Gastronomie oder andere Großküchen. Anhand dieses Projektes kann man zum Beispiel wunderbar darstellen, wie wichtig es ist, einen kleinen regionalen Kreislauf der Produktion und auch des Verbrauchs aufzubauen und die BewohnerInnen einer Stadt mit frischen biologisch und regional produzierten Produkten zu versorgen. Kollegin Emmerling hat einen Problembereich angesprochen, der im Landwirtschaftsbericht tatsächlich nur in diesem einen Satz erwähnt worden ist. Aus dem Landwirtschaftsbericht selber sind die Ursachen der Preissteigerungen der Fernwärme nicht herauszulesen. Das heißt, es wäre durchaus spannend, zu wissen, woraus diese bestehen. Ich weiß es nicht. Ich gehe aber nicht davon aus, dass die Preissteigerungen der erwähnten letzten fünf Jahre aus lauter Jux und Tollerei entstanden sein werden. Davon gehe ich nicht aus. Es wird sich möglicherweise um so etwas wie die Erhöhung auch der Gestehungskosten handeln. Ich habe keine Ahnung. Aber das wäre jedenfalls nachvollziehbar! Frau Kollegin Emmerling hat aber den Rest dieses Absatzes nicht mitzitiert, dass nämlich neben der Tariferhöhung oder der möglichen Tariferhöhung der Fernwärmeversorgung natürlich auch an Alternativen gedacht wird. Wenn ich den von der Kollegin ersten zitierten Satz jetzt weiterlese, so heißt es da - ich zitiere: "Viele Gärtnerinnen und Gärtner planen einen Umstieg auf Biomasseheizanlagen." - Das ist das, was man als ProduzentIn tut: Wenn bei der Energieversorgung eine der Ressourcen teurer wird, dann sucht man sich Alternativen. (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Wer zahlt das?) Vielleicht liegt es im Interesse der Stadt, sich zu überlegen, ob die Preisgestaltung auch anders erfolgen kann. Diese Abwägung entzieht sich aber meinen Kenntnissen. Ich kann nicht beurteilen, ob das möglich ist oder nicht. Ich hoffe, Sie haben sich soweit Gedanken gemacht, dass Sie es beurteilen können! Ich kann es nicht. Es interessiert ... (Abg. Anton Mahdalik: Sonst wissen Sie immer so viel und erklären uns das, aber das wissen Sie nicht?) Wissen Sie, Herr Mahdalik, ich weiß viel! Ich bin sogar relativ stolz darauf, wenn ich jetzt einmal so eingebildet auf das sein darf, was ich weiß! Aber ich weiß natürlich auch, wie viel ich nicht weiß! Und ich meine, es steht mir nicht schlecht an, dann zuzugeben, dass ich etwas nicht weiß, wenn das der Fall ist! Sie werden, je länger Sie mit mir zu tun haben, feststellen, dass es unwahrscheinlich viele Bereiche gibt, von denen ich genau nichts weiß und nicht einmal die Möglichkeit hatte, mir ein rudimentäres Wissen anzueignen. Das passiert im Leben! (Abg. Anton Mahdalik: Können Sie sich nicht kundig machen? Das würde mich interessieren!) Nicht in den letzten fünf Minuten! Machen Sie sich kundig! Kommen Sie heraus und schauen Sie, ob Sie mir erklären können, wie sich die Gestehungskosten zusammensetzen! (Abg. Anton Mahdalik: Sie sind in der Stadtregierung!) Ich bin nicht in der Stadtregierung. Ich bin genauso wie Sie Abgeordnete dieses Hauses. Sie sind in der Stadtregierung! - Oder nein! Sie sind es jetzt nicht mehr! Sie waren es bis vor wenigen Tagen. Jetzt ist Ihr Kollege dort! (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Wir werden uns schlau machen und Ihnen das erklären!) Ja! Machen Sie sich schlau! Andere werden sich auch schlau machen. Ich werde mich vielleicht auch schlau machen, denn im Gegensatz zu Ihnen werde ich den Landwirtschaftsbericht nicht auswendig lernen, sondern ich werde mich eben dort, wo es mich interessiert, schlau machen. In den letzten zwei Minuten, seit der Erwähnung dieser Problematik, ist sich das jedoch nicht ausgegangen. Aber, wie gesagt: Mir fällt kein Stein aus der Krone, Ihnen aber offensichtlich schon, denn sonst hätten Sie das nicht erwähnt! Nachdem wir jetzt einen kleinen Schwenk in eine - wie soll ich sagen? - innerfraktionelle Plauderei gemacht haben, möchte ich mich herzlich für die Erstellung dieses Berichts bedanken. Vor allem möchte ich meinen Dank aber an die Bäuerinnen und Bauern aussprechen, die Wien zu einer der am besten versorgten Großstädte - nämlich am besten versorgt mit frischem, regionalem und zu einem großen Teil auch biologisch produziertem Gemüse - in Europa machen. Dafür spreche ich, wie gesagt, meinen Dank aus. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Eischer. Abg. Michael Eischer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieben Damen und Herren! Ich bin heute zum ersten Mal hier und darf meine Worte an Sie richten. Zunächst möchte ich mich kurz vorstellen: Mein Name ist Michael Eischer. Ich bin Döblinger, ich bin Weinhauer in Neustift am Walde. Ich habe dort einen landwirtschaftlichen Betrieb mit zirka zwei Hektar, den ich in der Art eines Heurigen betreibe. Das heißt, ich erzeuge den Spritzwein. Das ist etwas sehr Wichtiges für viele, die hier in diesem Gremium sitzen, und für mich natürlich auch, denn ich lebe in erster Linie davon, dass ich als Landwirt in dieser Stadt mein Auskommen finde. Das funktioniert auch! Das funktioniert gar nicht so schlecht, aber es gehören sehr viel Initiative, Eigeninitiative und Mut dazu, diesen Beruf auszuführen. Wenn wir uns den Landwirtschaftsbericht 2017 ansehen, der für den Berichtszeitraum 2015 und 2016 erstellt wurde - wir haben jetzt das Jahr 2018 -, dann können wir feststellen, dass wir in einer schnelllebigen Zeit leben. In der hiesigen Landwirtschaft gehen die Betriebszahlen zurück, die Betriebsgrößen steigen aber, und wenn die Betriebsgrößen steigen, dann werden die Betriebsmittel anders eingesetzt. Es ist jetzt bald so, dass in der Landwirtschaft eigentlich Industrien tätig werden. Die mittlere Größe der Betriebe wächst stetig. Das ist auch im Sinne der EU. Seitdem wir der EU angehören, hat sich das so entwickelt. Daher müssen andere Produktionsvorgänge eingeschaltet werden, um Produkte für die Wiener und Wienerinnen zu erzeugen. Es ist ganz wichtig zu wissen, in welcher Zeit wir jetzt leben. Wir haben von Ökologie, von Grün, von Nachhaltigkeit gehört. Was aber ist denn Nachhaltigkeit? - Sind die Bauern nicht jahrhundertelang nachhaltig vorgegangen, damit sie überhaupt Bauern sein können und damit sie überhaupt landwirtschaftliche Produkte erzeugen können, die sie dann verkaufen und von denen sie leben können? Das Nachhaltige haben wir schon ewig! Das ist nichts Neues. Das haben wir nicht jetzt erfunden. Nachhaltigkeit ist genau das, worauf die Bauern immer setzen, wofür sie immer gelebt haben und wofür sie ihr Herzblut hergeben! (Beifall bei der FPÖ.) Wir haben vorher von Kollegin Wehsely gehört: Schulden sind nichts Schlechtes und auch nichts Gutes. - Fragen Sie aber einmal einen Bauern, was Schulden sind, ob Schulden schlecht oder gut sind! Wenn ein Bauer zu viele Schulden hat, dann kann er zusperren! Er kann nicht mehr weiterarbeiten, und somit wird wieder landwirtschaftliche Fläche frei. (Zwischenruf von Abg. Christian Oxonitsch.) Der Bauer kann nicht mehr weiterarbeiten, und sein Nachbar kann es wahrscheinlich auch nicht. Ich werde Ihnen jetzt etwas sagen: In Österreich gibt es neun Bundesländer, und in acht Bundesländern gibt es eine Grundverkehrskommission. Das wird Ihnen sicherlich etwas sagen! Ich sage Ihnen das jetzt aber trotzdem, damit Sie es wissen: Die Grundverkehrskommission steuert den Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen und sorgt dafür, dass landwirtschaftliche Flächen nicht zum Spekulationsgebiet werden, indem Spekulanten sich auf große Art und Weise an Flächen bedienen können, die dann nicht heute oder morgen verbaut werden, die investieren ja auch in die Zukunft, aber übermorgen werden die landwirtschaftlichen Flächen dann verbaut werden und es werden dort Hochhäuser stehen. Dazu ist man dann bereit, weil die landwirtschaftlichen Flächen nicht mehr in den Händen der Bauern liegen und nicht mehr zur Produktion von landwirtschaftlichen Gütern benützt werden, sondern weil sie als Spekulationsgut gedient haben, und das ist deswegen geschehen, weil es hier keine Grundverkehrskommission gibt, die Einhalt gebietet. - Wie gesagt: In acht Bundesländern funktioniert das. In Wien will man das nicht. Es wurde schon oft probiert, aber es kommt nicht dazu. Was bedeutet das? - Der Druck auf die landwirtschaftliche Fläche und auf die Bauern wird immer größer, und die Landwirte können sich nicht wehren. Die Landwirte haben keine große Lobby. Wie Sie dem Landwirtschaftsbericht entnehmen können, gab es 2016 654 Betriebe. Jetzt sind wir bei 620, denn es haben wieder ein paar landwirtschaftliche Betriebe zugemacht. Jedes Jahr sinkt das Niveau, pro Jahr machen 5, 6, 7 Prozent der Betriebe zu. Und sie schließen nicht aus Jux und Tollerei, sondern sie schließen, weil es nicht mehr weitergeht, weil Schulden explizit schlecht sind. Schulden sind zurückzuzahlen, und die nächste Generation darf damit nicht belastet werden, sondern die Landwirte müssen darauf schauen, dass ihr Produktionsgut weiterläuft. Man kann nicht von Jahr zu Jahr einfach mehr belehnen und am Kapitalmarkt wieder Schulden aufnehmen. Nein, meine Herrschaften, so funktioniert das nicht in der freien Marktwirtschaft, in der die Bauern leben und in der die Landwirte tätig sind, sondern sie müssen arbeiten und eine Leistung erbringen! (Beifall bei der FPÖ.) Als Wiener, der ich hier aufgewachsen bin und fraglos gerne hier lebe, habe ich auch gelernt, gerade solche Berichte so zu lesen, wie man sie lesen muss, nämlich zwischen den Zeilen. Und zwischen den Zeilen findet man so einiges, was mir die Grausbirnen aufsteigen lässt, wie so schön gesagt wird. Es wird nämlich alles schöngeredet. Ich als Landwirt weiß, dass ich, wenn ich Förderungen lukrieren will, dann nicht als Landwirt agieren muss, sondern einen Buchhalter einstellen müsste, der sich ein halbes Jahr lang mit dem Zettelwerk und den zuständigen Stellen in der Landwirtschaftskammer auseinandersetzt, damit endlich ein richtiger Antrag auf eine Förderung ausgefüllt ist. Dann aber geht man zur Landwirtschaftskammer und bekommt diesen Antrag wieder zurück, weil etliche Fehler drin sind, obwohl einem das zuerst aber so erklärt wurde. Daher pfeifen die meisten nach einem Jahr drauf. Es ist genug! Der Landwirt soll doch nicht zum Buchhalter degradiert werden! Der Landwirt hat auf dem Feld oder im Weingarten zu stehen und dort seine Aufgabe zu erfüllen. Das ist die Arbeit eines Landwirts! Der Landwirt soll doch nicht den ganzen Tag im Büro sitzen und irgendwelche Zettel ausfüllen müssen, was ihn dann ohnehin nicht weiterbringt, sondern nur dazu führt, dass die Wut auf die Obrigkeit immer größer wird! (Beifall bei der FPÖ.) Ich habe nur einmal kurz nachgesehen in der Transparenzdatenbank des Bundesministeriums: Es wurden in diesem Berichtsjahr 13 Millionen EUR an Förderungen ausgeschüttet. 1,8 Millionen davon hat die Stadt Wien kassiert. Mit 1,8 Millionen hat sich die Stadt Wien vielleicht selbst gefördert?! Dann hat aber wieder ein Landwirt, der darauf gepfiffen hat, zugesperrt, und es ist wieder einer weniger. Die Aufgabe der Landwirtschaft im Bereich der Wiener Gemeinde ist jetzt vielleicht eine andere. Sie sollte Vorbildwirkung haben. Es wird im grünen Bereich gearbeitet, es wird nachhaltig gearbeitet, und man wird biozertifiziert. - Ja. Das ist in Ordnung! Das ist gut so! Eine Vorbildwirkung ist hier auf jeden Fall zu sehen, und das soll auch so sein, keine Frage! Wir gehen aber vielleicht den verkehrten Weg! Um eine AMA-Zertifizierung zu erhalten, bekommt man jetzt neue Vorschriften, man muss Piktogramme im ganzen Betrieb aufhängen, man darf zum Beispiel nicht zu viel überschüssige Bekleidung aufs WC mitnehmen, und der Landwirt darf keine Haustiere mehr halten. Er darf zwar Kühe, Schweine und Hühner halten, denn sonst ist er ja kein Landwirt, aber er darf keine Katze und keinen Hund haben, denn dann bekommt er keine Biozertifizierung. Ich glaube, wir gehen hier einen falschen Weg! Nicht diejenigen, die jetzt sozusagen "grün" arbeiten, dürfen ihre Produkte mit Siegeln ausstatten, denn der Bauer arbeitet ohnedies - wie ich schon gesagt habe - im Zusammenhang mit der Natur. Ein Starkregen allein macht keinen Klimawandel aus. Der Bauer ist jeden Tag im Freien, und der Bauer weiß genau, wie er im Freien zu arbeiten und entsprechend zu reagieren hat. Hier wird so schön über Versicherungen geschrieben, aber eine Versicherung hilft ja nur dann, wenn man keinen Schaden hat! Sobald man einen Schaden hat, muss man sofort wieder alle möglichen Rennereien hinter sich bringen, es dauert wieder Jahre und man muss viel Herzblut geben, bis man zu seinem Geld kommt, das man dort eingesetzt hat. Solange man keinen Schaden hat, hat man auch mit der Versicherung kein Problem. Ist es aber umgekehrt, dann hat man wieder seine Probleme Und ich denke, es ist nicht das vorrangige Ziel, mit Versicherungen das abzudecken, was der Bauer nicht schafft. Das geht nicht! Der Bauer weiß, was zu tun ist, er weiß, wie er zu arbeiten hat! Er möchte eine Großstadt wie Wien versorgen, und der große Vorteil, den die Wiener Bauern haben, ist, dass sie 1,8 Millionen Konsumenten hinter sich haben. Diese 1,8 Millionen Menschen sind mit überwiegender Mehrheit mit dem zufrieden, was die Landwirte in diesem Bundesland erzeugen und herstellen. Aber wenn die Stadtregierung - und in dieser sitzen wir hier -, die für die Gesetze zuständig ist, nicht hinter den Bauern steht, wenn diese den Bauern nicht hilft, dann kann man sich nichts Großartiges erwarten! Dann kann man sich nicht erwarten, dass es mehr Bauern geben wird. Wir haben heute hier auch viele soziale Themen abgehandelt. In Wirklichkeit ist es ja so, dass jeder Landwirt, der zusperrt, wiederum ein Arbeitsloser ist, und diese Arbeitslosen drücken ja auch auf den Markt, sie müssen auch versorgt werden, anders geht es nicht! Gerade in der Landwirtschaft kommt jeder Euro, der in sie hineingesteckt wird, drei- und vierfach zurück. Das müssen wir uns vor Augen halten! Das ist die Zukunft der Landwirte, denn sie wissen, was sie tun, und man soll sie nicht bevormunden! Jede Förderung setzt voraus, dass wieder Bürokratie ins Haus kommt. Wir alle reden immer von Bürokratieabbau, aber in Wirklichkeit wird die Bürokratie gerade in der Landwirtschaft immer mehr aufgebaut. Der Bauer muss kontrolliert und die Arbeit der Bauern muss sanktioniert werden, es gibt, Gott weiß, wie viele, Vorschriften. Das ist nicht in Ordnung! In einem Artikel in diesem Bericht ist von Erfolgsindikatoren, Evaluierung und Dokumentation die Rede. Wenn man dann aber weiterliest, sieht man, dass all das nichts anderes als ein Aufbau von Bürokratie ist! Es soll genau das geschehen, was wir nicht wollen. Es werden wieder weitere Regularien geschaffen, es wird wieder alles Mögliche kontrolliert, der Bauer muss im Sekundentakt dafür Rede und Antwort stehen, was er tut. Es ist schlecht, wenn er auf dem Feld steht, und es ist schlecht, wenn er im Büro ist. Er kann ja nicht überall zugleich sein! Aber er muss die Piktogramme aufhängen, und er muss sich daran halten, dass er mit seinem Hund nicht spazieren gehen darf, weil er ja gar keinen Hund mehr haben darf! Wie gesagt: Wir haben große Chancen in der Landwirtschaft hier in dieser Stadt. Das sollen wir nicht einfach vergessen! Es liegt aber an uns hier, entsprechende Regularien oder Gesetze zu schaffen, dass es den Bauern wieder Spaß macht, draußen zu arbeiten. Wir brauchen keine Großbetriebe, die in künstlich beleuchteten Glashäusern patentierte Pflanzen mit Licht und mit Nährstoffen versorgen, die dann als "grün" verkauft werden. Das funktioniert zwar ohne Probleme, aber diese Pflanzen haben nie einen Mutterboden gesehen und nie die Sonne gesehen. Das ist doch nicht die Zukunft, die wir wollen! Wir wollen doch eine gesunde Ernährung! Ich möchte wissen, woher mein Wein kommt - das weiß ich! -, aber ich möchte auch wissen, woher die Erdäpfel und der Honig kommen! All das geht aber nur, indem man den Grund und Boden ausnützt, den man bewirtschaftet. Die Bewirtschaftung muss den Bauern entsprechend ermöglicht werden, und es muss ihnen auch ermöglicht werden, diese Bewirtschaftung weiterzuführen. Deswegen ist es nicht nur wichtig, dass wir hier entsprechende Gesetze dafür schaffen, die das in Ordnung bringen, sondern es muss auch jeder für sich in seinem privaten Leben etwas dafür tun. Bitte gehen Sie zum Bauern Ihres Vertrauens! Es gibt sie in ganz Wien! Es gibt noch zirka 630 Bauern in Wien, die alle ein wirklich ehrliches Produkt erzeugen, und dieses Produkt kann man hier in Wien jederzeit kaufen! (Beifall bei der FPÖ.) Indem man beim Bauern einkauft, hilft man dem Bauern. Das ist die beste Hilfe, die man geben kann. Wie gesagt: Wenn wir hinter der Landwirtschaft in Wien stehen, dann wird die Landwirtschaft auch weiter gedeihen. Die Landwirtschaft ist nicht nur ein kultureller Hintergrund für diese Stadt, sondern die Wertschöpfung beginnt beim Bauern. Geht es den Bauern gut, dann geht es dem Land gut. Die Wirtschaft basiert darauf, dass es uns gut geht. Deswegen ist das auch in einem Zusammenhang zu sehen. Man bringt den Tourismus oft gegen die Bauern auf. All das ist aber überhaupt nicht richtig, denn die Gäste, die nach Wien kommen, möchten auch gerne österreichische oder Wiener Produkte zu sich nehmen! Warum funktioniert der Heurige? Der Heurige ist eine Institution, das steht auch schön in diesem Bericht. Es steht aber nicht drin, dass es viele Heurigenorte gar nicht mehr gibt. Schauen wir nach Sievering! Diesen Heurigenort gibt es nicht mehr! Sievering ist ausgelöscht! Dort gibt es zwei Heurige, die peripher noch geöffnet haben, aber das ist ja kein Heurigenort mehr! Die Landwirtschaft ist dort gestorben, und das kann doch nicht unser Ziel sein! In Neustift haben wir mit denselben Problemen zu kämpfen. Es ist nicht leichter geworden. Man muss sich durchsetzen. Der Kuchen wird kleiner, aber es werden massiv auch immer weniger, die sich den Kuchen teilen. Schuld daran sind die gesetzlichen Voraussetzungen, die immer geändert werden. Es werden immer mehr Vorschriften gemacht, und schließlich verliert dann jeder den Spaß daran, dort weiterzuarbeiten. Was heißt das in der Umkehrfolge: Wer übernimmt diesen Betrieb? Wer möchte als Landwirt noch in dieser Stadt arbeiten, wenn man genau weiß, dass nichts kommt und dass keiner hinter einem steht, der einem hilft und den Rücken stärkt? Aber nur so geht es! Das ist einfach so. Wenn den Bauern etwas vor die Füße geworfen wird, dann bekommen wir es im Endeffekt wieder zurück. Wenn nämlich die Stadt ihr Aussehen verliert, dann ist das auch nicht im Sinne der Wiener und der Österreicher, denn Wien ist ja immerhin die Hauptstadt Österreichs! Alle Österreicher kommen nach Wien, um sich diese Stadt anzusehen, im kulturellen Bereich genauso wie in allen anderen Bereichen, und dafür ist immer auch die Landwirtschaft mit tätig, sie findet aber viel zu wenig Unterstützung. Deswegen appelliere ich hier an alle, die hier in diesem Gremium sitzen: Stärken Sie die Landwirtschaft! Gehen Sie auch in Ihrem Privatleben bei einem Bauern einkaufen, der für Sie produziert! Ich möchte jedenfalls hier als Weinhauer auch weiterhin produzieren können. - Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster zur Wort gemeldet ist Herr Abg. Holzmann. - Bitte sehr. Abg. Ernst Holzmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Geschätzter Ausschussvorsitzender! Liebe Damen und Herren des Wiener Landtages! Ja. Es hat jetzt einige Inhalte in den Redebeiträgen vor mir gegeben, und es ist gar nicht so einfach, sich zu entscheiden, wo man da beginnt! - Ich werde der Reihe nach vorgehen und zunächst ein bisserl etwas zu Kollegin Emmerling sagen, die durchaus zu Recht den Gartenbau insbesondere auch in Simmering in Gefahr sieht. Ich teile ihre Auffassung, dass man da eine Gefährdung sehen kann. Wenn man dann allerdings von Daumenschrauben, die die Wiener Stadtwerke den Gärtnern anlegen, oder vom Monopolisten Fernwärme, et cetera spricht, dann ist das doch ein bisserl heftig! Ich glaube, man sollte das nicht so einseitig sehen! Für die Existenz eines Gärtners in Simmering ist nicht nur der Preis der Fernwärme ausschlaggebend, es gibt natürlich auch noch andere Einflussfaktoren. So wäre es etwa auch an der Zeit, dass man den Erzeugern für das Produkt im Handel einen fairen Preis zahlt. Es wurde dann auch gesagt, dass ihnen der Gasanschluss verwehrt wurde. - Das stimmt so auch nicht! Dort, wo es möglich ist und eine Gasleitung existiert, kann natürlich auch ein Anschluss gemacht werden. Wenn aber keine Gasleitung in der Nähe ist, dann ist das natürlich auch eine finanzielle Frage. Wenn eigentlich annähernd alle Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben, dass sie sich hier mehr Unterstützung der Stadt Wien und insbesondere durch die Frau Landesrätin wünschen, dann kann ich nur sagen: Diese Unterstützung gibt es natürlich. Es gab auch unzählige Gespräche, was das Thema Fernwärme betrifft. Aber wir dürfen nicht vergessen: Auf der einen Seite wird auch immer die freie Marktwirtschaft gefordert. Jetzt befinden wir uns auch mit Wien Energie in diesem Bereich. Dann können wir aber nicht einfach für wen auch immer Vergünstigungen und einen günstigen Tarif anbieten, nur um dessen Existenz zu sichern. Das heißt: Auch hier sind Gesetze und Spielregeln einzuhalten, die wir nicht in Wien allein machen. Soweit es aber die Gesetze und Möglichkeiten zulassen, gibt es hier - das darf ich sagen - zu 100 Prozent Unterstützung durch die Frau Landesrätin. Ich kann im Hinblick auf konkrete Anliegen hier nur immer wieder anbieten, zu uns zu kommen, und zwar auch mit Verbesserungsvorschlägen. Was wir tun können, tun wir natürlich gerne, weil uns und insbesondere mir als Simmeringer sehr wohl auch die Existenz der Gärtnerinnen und Gärtner und der Landwirte und Landwirtinnen vor allem auch im Gebiet der Simmeringer Haide am Herzen liegt. Ich darf an den Agrarstrukturellen Entwicklungsplan AgSTEP erinnern, mit dem auch versucht wird, diese Flächen zum Beispiel auf der Simmeringer Haide, aber nicht nur dort, zu schützen, indem diese Flächen als "Vorranggebiet Landwirtschaft" ausgewiesen sind. Auch das ist ein Versuch, zu garantieren, dass die Existenz der Gärtnerinnen und Gärtner und der Bäuerinnen und Bauern gesichert bleibt. Zu dem Trend, dass die Zahl der Betriebe geringer wird - der Kollege hat zuerst schon gesagt, dass wir derzeit bei etwa 620 bis 630 Betrieben in Wien sind -, möchte ich festhalten: Das ist kein Wiener Trend, sondern dieser Trend zeigt sich österreichweit, beziehungsweise gehe ich davon aus, dass es über die österreichischen Staatsgrenzen hinaus einen ähnlichen Trend gibt. Zur Frage, ob es gut ist, dass man die Produktionsmethoden, wie angesprochen wurde - unter Anführungszeichen - industrialisieren muss, sage ich: Das wird sich wahrscheinlich ab einer gewissen Größe so ergeben. Aber die Möglichkeiten, die wir haben, nutzen wir. Und wenn ich dann höre, wie Kollege Eischer - da hinten sitzt er eh noch! - behauptet, dass die Stadt Wien in diesem Zusammenhang nicht hilft, dann muss ich das zurückweisen! Der Landwirtschaftsbericht selbst spricht hier eine andere Sprache. Es wird darin angeführt, welche Förderungen es in welcher Höhe gibt. Natürlich ist es für die Betroffenen nicht immer leicht, die entsprechenden Förderungen zu beantragen. Wahrscheinlich ist es aus ihrer Sicht zu viel Aufwand. Auf der anderen Seite fordern wir aber immer auch im Gemeinderat und im Landtag ein, dass, wenn wir Förderungen geben sollen, der Antrag natürlich auch gut dokumentiert sein muss. Hier besteht ein gewisses Spannungsfeld, mit dem wir zurechtkommen müssen. Apropos Spannungsfeld: Ich darf noch einmal auf die Simmeringer Haide zurückkommen. Ich habe es schon gesagt. Das betrifft nicht nur die Fernwärme. Sicherlich ist es ein Problem, wenn die Energiekosten steigen. Das mit der Verdoppelung in fünf Jahren, was da gesagt worden ist, muss man auch relativieren. Wenn es fünf Jahre keine Erhöhung gegeben hat, dann gibt es eben auch einmal eine größere Erhöhung, das liegt auch irgendwie in der Natur der Sache. Ich habe es aber auch schon erwähnt: Es wäre auch angebracht, den Produzenten faire Preise zu bezahlen. Und natürlich gibt es gerade in diesem Gebiet Druck durch Spekulanten, die das Gebiet lieber bebauen oder entwickeln möchten. Das ist eine Herausforderung, und ich hoffe, dass der Schutz über das Vorranggebiet Landwirtschaft diesfalls ausreicht! Relevant ist auch, dass die Förderungen entsprechend evaluiert werden, und wie wir gehört haben, steht im Bericht auch, dass die Fördermaßnahmen ab 2017 entsprechend evaluiert werden sollen, um die Treffsicherheit zu erhöhen. Ich glaube, mit diesem Bündel an Maßnahmen wird es uns gelingen, die Landwirtschaft auch in Wien - wie es so schön heißt - nachhaltig zu sichern. Ich würde mir wünschen, dass der Landwirtschaft seitens der Bundesregierung vielleicht auch ein bisserl mehr Wert beigemessen wird! Im neuen Bundesministeriumsgesetz findet sich die Landwirtschaft als Begriff nicht wieder. Man hat das irgendwie unter dem Begriff Nachhaltigkeit subsumiert, und ich glaube, das hat bei dem einen oder anderen Landwirt durchaus auch für Irritation gesorgt. Der Begriff des Landwirtschaftsministeriums ist nämlich ein sehr alter, ein Jahrzehnte alter Name, und dann ist halt, wie gesagt, der eine oder andere ein bisserl irritiert, wenn er ein Ministerium sucht, das für ihn zuständig ist, und eigentlich nichts Entsprechendes findet, denn er wird wahrscheinlich nicht zwingend vermuten, dass in einem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus ... (Zwischenruf von Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA.) Bitte? (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Früher war es das Lebensministerium!) Ja, das Lebensministerium, das ist korrekt. Das war eine Zeit lang der Kurzname, aber parallel dazu gab es immer die Bezeichnung Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: So gescheit sind die Bauern schon, dass sie das richtige Ministerium finden!) Ja, ja, es gibt immer Mittel und Wege! Aber man könnte es jetzt trotzdem so sehen, dass die Wertschätzung für die Landwirtschaft nicht in dem Ausmaß gegeben ist, wie es sich die Landwirtschaft verdient hat! - So viel zur Frau Kollegin Emmerling. Was habe ich mir noch aufgeschrieben? - Ja. Zum Antrag Berichtszeitraum möchte ich bemerken, dass zwei Jahre für den einen eben zu kurz und für den anderen zu lange sind. Ich denke aber, dass wir der Zuweisung zustimmen können, damit wir dann im Ausschuss diskutieren, ob es klug ist, den Zeitraum zu verlängern oder auch nicht. Wir werden also dem Antrag auf Zuweisung grundsätzlich zustimmen. Ich möchte jetzt in meiner Rede auch gleich noch eine tatsächliche Berichtigung anbringen: Kollege Eischer hat gesagt, dass wir hier in der Stadtregierung sitzen. - Wir alle wissen, dass wir hier nicht in der Regierung, sondern im Gemeinderat beziehungsweise Landtag sitzen. Aber vielleicht war das auch nur ein Sprechfehler, wie er jedem hin und wieder passiert! Jetzt zu den Ausführungen, die ich mir zum eigentlichen Thema, zum Landwirtschaftsbericht an sich, vorbereitet habe: Ich halte den Bericht für eine sehr gute Grundlage, dass man sich einen Überblick darüber verschafft, wie es der Landwirtschaft in Wien geht, wie die Förderungen ankommen und was man hier auch für die Zukunft tun kann. Obwohl wir in Wien da oder dort einsparen, ist es gelungen, in der Landwirtschaft die Mittel etwa auf dem Niveau der Vorjahre zu halten. Ich habe es zuerst schon erwähnt: Ab 2017 soll hinsichtlich der Förderungsmaßnahmen auch eine entsprechende Evaluierung mit Erfolgsindikatoren und Dokumentation stattfinden. Das war das Resultat aus einer Überprüfung der Magistratsdirektion, Gruppe Interne Revision. Entsprechende Angaben finden sich auch im Bericht 2017. Die MA 58 hat gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Wien Ziele definiert, und ich bekenne mich zu dem Ziel zu 100 Prozent, und ich denke, wir alle bekennen uns zu Fördermaßnahmen für den Bestand und die Entwicklung einer leistungsfähigen Landwirtschaft. Wichtig ist in der Landwirtschaft die Versorgung mit hochqualitativen Lebensmitteln. Mit frischem, regionalem Gemüse wird auch dafür gesorgt, dass wir eine entsprechende Lebensqualität in Wien haben. Und wenn wir von Stadtlandwirtschaft sprechen, dann sprechen wir hier in Wien von einer Fläche von etwa 5.700 Hektar, die landwirtschaftlich bewirtschaftet wird. Das entspricht in etwa 14 Prozent der gesamten Fläche Wiens. Zum Ende des Berichtszeitraums, also Ende 2016, gab es 645 Betriebe. Mittlerweile sind es leider inzwischen wieder weniger bei etwa gleich bleibender Fläche. Ich denke, dass die Landwirtschaftskammer jedenfalls ein sehr wichtiger Partner der Landwirtinnen und Landwirte ist. Auch das sagt dieser Bericht aus. Es wurde heute schon erwähnt: Im Jahr 2016 gab es über 11.000 Beratungsstunden und über 5.000 Kontakte zu den Kammermitgliedern. Und ich glaube, es ist ganz wichtig auch im Hinblick auf Förderungen, et cetera, dass die Landwirtschaftskammer hier Unterstützung bietet und gute Arbeit leistet. Nun noch kurz zum Selbstversorgungsgrad: Ich weiß jetzt nicht, wer das gesagt hat, aber es wurde auch schon angesprochen, dass etwa ein Drittel der Wiener mit frischem Gemüse versorgt werden könnte. Gerade im Obst- und Gemüsebereich ist der Selbstversorgungsgrad etwas gesunken, dagegen ist bei Getreide und Wein eine leichte Steigerung im Berichtszeitraum eingetreten. Biologische, ökologische Landwirtschaft wurde angesprochen: Auch hier sind wir mit 27 Prozent beziehungsweise in etwa 1.480 Hektar über dem österreichischen Durchschnitt von 21,9 Prozent. Im Berichtszeitraum beziehungsweise Ende 2016 hatten wir hier 40 Betriebe, die biologisch oder ökologisch arbeiten. Der Heurige wurde heute schon angesprochen. Im Landwirtschaftsbericht wird er so nett als zweites Wohnzimmer des Wieners und der Wienerin bezeichnet, und daher war ich doch ein bisschen überrascht und habe mit Sorge festgestellt, dass es 1956 hier noch 512 Buschenschanken gab und wir heute bei ungefähr 84 angelangt sind. Da ist schon ein starkes Minus! Ich hoffe, dass sich dieser Trend nicht so extrem fortsetzt, denn ich meine, hin und wieder ist es beim Heurigen doch recht nett! Somit möchte ich mich abschließend bei allen Landwirtinnen und Landwirten, bei allen Gärtnerinnen und Gärtnern und auch bei den Winzerinnen und Winzern recht herzlich für ihren täglichen Einsatz und ihr Engagement bedanken. Ich glaube, sie schaffen eine wichtige Grundlage, damit wir, wie gesagt, gesunde, regionale, frische Lebensmittel auf den Tisch bekommen können. Ich denke, dafür haben sich die Bäuerinnen und Bauern Dank verdient, dem wir uns alle anschließen können. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN, ÖVP und FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Gara. Bitte sehr. Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt einmal kurz auf Kollegen Holzmann zum Thema Energie und Energiepolitik replizieren. Wie Sie wissen, ist das ein Thema, das mir nicht unwichtig ist. Ich möchte schon festhalten, dass gerade bei landwirtschaftlichen Betrieben 30 Prozent der Produktionskosten Energiekosten sind. Das ist nicht unwesentlich! Es hat nämlich natürlich massive Auswirkungen auf landwirtschaftliche Betriebe, wenn sich die Energiekosten, diesfalls die Fernwärmekosten, in fünf Jahren verdoppeln. Das darf man nicht unterschätzen, und das ist einfach ein für Wien sehr wichtiger Punkt! Daher ist es sehr wohl ein wichtiges Thema, dass man gemeinsam mit diesen Betrieben eine vernünftige Lösung für die Wärmeversorgung und natürlich auch eine vernünftige Lösung im Hinblick auf die Energieeffizienzsituation findet. Ich meine, das ist tatsächlich eine ganz wichtige Aufgabe, wenn wir als Land Wien im Besitz von Unternehmen sind, die Energiedienstleister sind. Wenn das nämlich nicht geschieht, dann bin ich sehr schnell dafür, zu sagen: Dann machen wir es privat! Das heißt: Wenn irgendwo eine Nutzung im Sinne des Gemeinwohls erfolgen sollte, dann genau dort, nämlich dort, wo es notwendig ist, um diese Betriebe zu erhalten. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es besteht auch ein kompletter Unterschied zwischen Strom und Wärme auch im Hinblick auf das Thema Liberalisierung. Das wissen Sie! Man muss in diesem Zusammenhang auch immer sehr präzise sein, was die gesetzlichen Rahmenbedingungen betrifft. Daher ist es für die Stadt von Vorteil, dass die Wiener Stadtwerke und die landwirtschaftlichen Betriebe sozusagen in der Hand einer Stadträtin liegen, denn so kann man zu einer vernünftigen Lösung im Sinne der Wiener Landwirtschaft kommen. Das ist für uns ein ganz wichtiger Aspekt, denn wir halten es für sehr zentral, dass es auch in Wien eine Landwirtschaft gibt. Dazu der erste Kritikpunkt von meiner Seite: In anderen Bereichen subventionieren Sie Betriebe in der Stadt, zum Beispiel im Gesundheitswesen. Die Spitäler zahlen einen ganz anderen Tarif! Und deshalb kommt es dann oftmals zu dem Problem, dass sich dort intelligentere Energielösungen wie zum Beispiel das von mir verlangte Solarkraftwerk am Krankenhaus Nord, was ja intelligent wäre, weil es sich um eine riesige Fläche handelt, plötzlich nicht rechnet oder längerfristig amortisiert. Und das betrifft nicht nur das Krankenhaus Nord, sondern das betrifft auch viele andere Möglichkeiten in der Stadt. In Wirklichkeit muss man hier also wirklich auch die Solarenergie nutzen. Das heißt: Durch das Subventionieren auf der einen Seite werden Möglichkeiten für alternative Lösungen ruiniert. Außerdem wird dann wieder Markt gespielt, aber das geht nicht, denn eigentlich besteht dort eine Monopolsituation. Wir haben aber ohnedies im Gemeinderat eine Energierahmenstrategie beschlossen, damit man sich das einmal insgesamt ansieht, wo es tatsächlich sinnvoll ist, in irgendeiner Form im Sinne des Gemeinwohles unterstützend einzugreifen, und wo es eigentlich komplett kontraproduktiv ist. Das ist ein wichtiger Punkt. Das adressiere ich an die Stadtregierung, und ich fordere auch Landesrätin Sima auf, sich das einmal genauer anzusehen und diese Diskussion ganz konkret zu führen und nicht einfach zu sagen, dass das dort eh kein Problem ist, und halt ein bisschen zu fördern. Das ist keine klare Vorgangsweise! In diesem Sinne ist es ein sehr wichtiger Aspekt in der Landwirtschaft, wo der Anteil der Energiekosten an den Produktionskosten sehr hoch ist, eine intelligente gemeinsame Lösung in Sinne der Wiener landwirtschaftlichen Betriebe zu finden. - Danke. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort. Berichterstatter Abg. Erich Valentin: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich bei Kollegen Gara anfangen und darf ihn beruhigen. Genau das, was er einfordert, geschieht. Deshalb wurde ja auch im Bericht der Landwirtschaftskammer die Frage der Energiekosten sehr vorsichtig formuliert. Wir sitzen natürlich zusammen, und natürlich gibt es auch einen besonderen Tarifvorschlag für die landwirtschaftlichen Betrieben. Ich kenne die Diskussion sehr genau, und ich möchte daher all das in das gesamte Bild mit einbeziehen. Es stellt sich bei den Produktionsmitteln nicht die Frage nach den einzelnen Komponenten, sondern wir sind sehr stolz, es gemeinsam mit der Kammer und mit den Betrieben erreicht zu haben, dass landwirtschaftliche Güter und Produkte jetzt auch an Großabnehmer geliefert werden. Sie werden selber feststellen, dass jetzt in vielen Supermärkten regionale Waren angeboten werden und dass das sogar als Benefit ausgepreist wird. Wir müssen uns aber selbstverständlich auch darum kümmern, dass dort den Bäuerinnen und Bauern ein vernünftiger, der Ware adäquater Preis bezahlt wird. Es geht bei einer Kalkulation nicht nur um die Frage der Produktionskosten, sondern auch darum, zu welchem Preis man ein Produkt verkaufen kann. Und wenn unsere Ware, die Ware der Wiener Bäuerinnen und Bauern, mit billiger Ware aus andern Teilen Europas konkurrieren muss und das als Druckmittel verwendet wird, gerät natürlich die gesamte Kalkulation der Betriebe ins Wanken. Das heißt, es geht nicht nur um die Frage, was die Produktion kostet, sondern auch um die Frage, zu welchem Preis man das Produkt dann tatsächlich verkaufen kann. Deshalb - und auch das schreibt die Landwirtschaftskammer im Bericht sehr richtig - überlegen wir uns auch alternative Vertriebsformen. Der Ab-Hof-Verkauf ist beispielsweise ein wichtiger Bereich. Selbstverständlich sind wir sehr stolz, dass die Ökologisierung im Ackerbau und im Weinbau vorangeschritten ist, und wir sind auch sehr stolz darauf, dass es nunmehr einen ökologischen Gemüsecluster gibt. All das geht in Richtung der Erzeugung von höherwertigen Produkten, damit man auch nicht mehr in den Niedrigpreiskampf anderer internationaler Produkte treten muss. Und ich darf berichten, dass in diesem Bereich, meine Damen und Herren, die Landwirtschaft in Frau Landesrätin Sima eine starke Partnerin hat. Gerade in diese Richtung zielt unsere Beratung, und wenn Sie den Bericht genau gelesen haben, dann konnten Sie feststellen, dass darin steht, dass wir die Förderrichtlinien gerade in diesem Bezug verändert haben. Und im Bericht steht auch, dass gerade diese neuen Förderungsmaßnahmen, bei denen es auch ums Marketing geht, massiv angenommen werden. Das heißt, wir teilen die Analyse, die Sie getroffen haben, aber wir sind schon einen Schritt weiter: Wir versuchen, gemeinsam mit der Kammer einen Weg zu finden, wie die BäuerInnen beziehungsweise die bäuerlichen Betriebe in Wien zu einer höheren Ertragssituation kommen, um auch die Produktionsmittel bezahlen zu können. Darum geht es ja schlussendlich: Es kann aber nicht sein, dass die Energiekosten, die ohnedies bereits gefördert werden, immer weiter sinken, damit der Handel eine höhere Gewinnspanne für die bäuerlichen Produkte dieser Stadt lukrieren kann. Zweiter Punkt: Es besteht kein Grund zur Angst, weil es in Wien keine Grundkommission gibt! Wir haben uns mit dem Agrar-STEP dazu bekannt, dass kein Quadratmeter landwirtschaftlicher Grund ungesichert ist. Auf Grund eines Beschlusses des Gemeinderates ist völlig sicher, dass keine Flächenwidmung darauf zugreifen kann. Das heißt, der Bestand der landwirtschaftlichen Flächen ist massiv gesichert, und darauf können wir gemeinsam stolz sein. Abschließend danke ich herzlich für die gute Zusammenarbeit! Ich glaube, wir sind in den letzten Jahren gemeinsam mit der Kammer auf einem sehr guten Weg. Förderungen werden nicht nach dem Gießkannenprinzip vergeben, sondern es gibt zwei Arten von Förderungen, hinsichtlich welcher wir aber keine Auswahlmöglichkeit haben, weil das im Landwirtschaftsgesetz entsprechend niedergeschrieben ist. Bei der einen Art von Förderung müssen die administrativen Rahmenbedingungen der Landwirtschaftskammer Wien erfüllt werden. Das ist sogar vorgeschrieben. Und im Bereich der Projektförderung gehen wir sehr stark in Richtung höherwertigerer Produkte und ökologischer Produkte. Damit fahren wir einen sehr guten Weg. Und im Übrigen zeigt auch die Beibehaltung der Quadratmeterziffern der landwirtschaftlichen Flächen ganz genau, dass wir da auf einem sehr stabilen Kurs unterwegs sind. Ich spreche noch einmal herzlichen Dank aus. Wir freuen uns auf die Diskussion betreffend die Berichterstattungsfrist! Ich bin Ihrer Meinung, Kollegin Olischar, dass für einen Wirtschaftszyklus ein zweijähriger Berichtszeitraum zu kurz ist, um etwas beurteilen zu können. In diesem Punkt werden wir Ihnen gerne folgen und freuen uns schon auf die Diskussion im Ausschuss! - Danke schön (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Wiener Landwirtschaftsbericht 2017 zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig. Mir liegt ein Beschluss- und Resolutionsantrag betreffend Prüfung der Ausweitung des Berichtszeitraums für den Wiener Landwirtschaftsbericht vor. In formeller Hinsicht wird die Zuweisung des Antrages an die Frau Amtsführende Stadträtin für Umwelt und Wiener Stadtwerke als zuständiges Mitglied der Wiener Landesregierung verlangt. Wer diesem Antrag zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Danke. Das ist ebenfalls einstimmig. Postnummer 4 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Neuregelung der Wiener Elektrizitätswirtschaft geändert wird. Berichterstatter hierzu ist der Amtsf. StR Dr. Ludwig. Ich ersuche ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesentwurf Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Gemäß § 30 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen die Zusammenlegung ein Widerspruch erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Es liegt mir keine weitere Wortmeldung vor. Ich erkläre daher die Verhandlung als geschlossen. Ich erteile dem Herrn Berichterstatter das Schlusswort. Berichterstatter Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig: Ich verzichte. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Der Herr Berichterstatter verzichtet. Wir kommen daher zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Danke. Das ist einstimmig. Das Dekret ist somit in erster Lesung angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen, und ersuche jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen, ebenfalls um ein Zeichen mit der Hand. - Danke. Das ist wieder einstimmig angenommen. Wir kommen daher zur zweiten Lesung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz auch in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke. Das ist noch einmal einstimmig. Wir kommen nun zu dem Verlangen, dass der von den Abgeordneten David Ellensohn, Birgit Hebein, Mag. Barbara Huemer sowie Gabriele Mörk, Silvia Rubik und Mag. Tanja Wehsely eingebrachte, an die Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Soziales, Gesundheit und Frauen gerichtete Dringliche Antrag betreffend Beibehaltung der Notstandshilfe gemäß § 38 Abs. 2 der Geschäftsordnung verlesen und hierauf mündlich begründet werde. Davor zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Kowarik. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Bevor wir uns mit diesem Dringlichen Antrag näher beschäftigen, erlaube ich mir, für meine Fraktion etwas zur Zulässigkeit dieses Antrages zu erörtern und unsere Verwunderung darüber auszudrücken, dass dieser Dringliche Antrag jetzt tatsächlich zugelassen wurde. Diese Entscheidung des Präsidenten, und zwar nicht des Präsidenten, der hinter mir sitzt, sondern des Präsidenten, der jetzt vor mir sitzt, reiht sich leider Gottes in eine ganze Reihe von Entscheidungen ein, die offensichtlich parteipolitisch getroffen wurden und die eigentlich nicht stattfinden sollten. Wenn man sich den Antragstext und dann den Beschlusstext anschaut - wir haben das ja gestern schon erörtert und der Herr Erste Vorsitzende hat gesagt, dass das das Entscheidende für die Frage der Zulässigkeit ist -, dann stellt man bei genauer Betrachtung fest, dass darin steht: "Der Wiener Landtag fordert die Bundesregierung auf, die Notstandshilfe beizubehalten. Der Wiener Landtag stellt fest, dass die finanzielle Unterstützung zig Tausender Arbeitsloser nicht einseitig", und so weiter, und so fort. Dann heißt es zwei Mal hintereinander: "Der Wiener Landtag fordert die Bundesregierung auf" Ganz zum Schluss - schau an! - heißt es aber: "Der Wiener Landtag ersucht die Amtsführende Stadträtin" Ich bin überzeugt davon: Hätte die Freiheitliche Fraktion einen gleichlautenden Antrag eingebracht, dann wäre dieser nicht zugelassen worden. Ich habe einige Beispiele hier, ich werde aber nicht alle Fälle vorlesen, in denen es tatsächlich so war. Wir haben vergleichbare Anliegen vorgebracht, die nicht zugelassen worden sind, und zwar durchgängig immer auch mit dem Hinweis auf die Mitteilungen der Magistratsdirektion - Geschäftsbereich Recht, dass hier auf die Landesvollziehung abgestellt wird und nur solche Angelegenheiten zulässig sind, die die Landesvollziehung betreffen. Ganz konkret gibt es auch ein Gutachten von einem gewissen Herrn Dr. Pollak - das ist schon eine Zeit lang her, aber es ist von ihm unterschrieben -, in dem ausgeführt wird, dass sich dringliche Initiativen nur auf Gegenstände der Vollziehung beziehen dürfen, und dabei wird auf Walter-Mayers "Bundesverfassungsrecht" verwiesen, das jedem Jusstudenten ein Begriff ist. Meine Damen und Herren! Verstehen Sie mich nicht falsch - und das sei ausdrücklich so festgehalten -: Es geht mir nicht darum, dass wir irgendeine Debatte abstechen wollen oder uns nicht trauen, über irgendwelche Entscheidungen der Bundesregierung hier zu diskutieren. Das tun wir selbstverständlich gern. Aber es geht hier um die Vorgangsweise: Es geht um die Willkür, dass man ein Mal etwas zulässt und ein Mal etwas nicht zulässt. Und das ist leider Gottes nicht das erste Mal, ich habe es schon angeführt. Es bleibt uns nichts übrig, als das zu akzeptieren, es gibt keinen Instanzenzug hinsichtlich der Entscheidung des Präsidenten, und grundsätzlich ist das auch klug, weil man davon ausgehen kann, dass das seriös geprüft und dann auch seriös entschieden wird. Es ist heute konkret auch eine andere Anfrage zugelassen worden, hinsichtlich welcher ich mir auch sicher bin, dass diese, wenn wir sie so gestellt hätten, sicherlich noch vor einem Jahr nicht zugelassen worden wäre, nämlich die 2. Anfrage der Fragestunde: "Wie wirkt sich das durch die Bundesregierung angekündigte Aussetzen des Beschäftigungsprogrammes Aktion 20.000 in Wien aus?" Man braucht sich im konkreten Fall nur die Geschäftsordnung des Landtages zur Hand zu nehmen. - Ich zitiere daraus § 33 Abs. 1: "Zulässig sind kurze Fragen aus dem Bereich der Vollziehung des Landes." - Ich sage einmal: Die Zulässigkeit ist hier etwas weit hergeholt! Jetzt geht es um die Zulässigkeit dieser dringlichen Initiative. Noch einmal: Wir führen gerade fraktionsübergreifende Gespräche hinsichtlich der Änderung der Geschäftsordnungen, und dabei drängen wir als Freiheitliche sehr wohl darauf, dass eine diesbezügliche Öffnung erfolgt. Wir wollen das! Wir fürchten uns nicht! Wir haben auch keine Angst, dass wir heute zu spät zu irgendeinem Ball kommen. Wir sind Abgeordnete, also haben wir hier zu sein und unsere Arbeit zu erledigen, überhaupt keine Frage! Was uns jedoch stört - das möchte ich hier ausdrücklich festhalten -, ist die unterschiedliche Vorgangsweise, die hier eigentlich nicht angebracht ist. - Danke. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Zur Geschäftsordnung gelangt nun Herr Abg. Oxonitsch zu Wort. - Bitte sehr. Abg. Christian Oxonitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur damit hier keine unmittelbaren Legenden entstehen: Es gibt tatsächlich im Bereich der Dringlichen Anfragen das auch auf Wunsch der FPÖ erstellte Rechtsgutachten seitens der entsprechenden Abteilung des Hauses. Dieses zielt gerade darauf ab, dass durchaus unterschiedliche Varianten im Bereich des Interpellationsrechtes und auch der Dringlichen Anträge möglich sind. Wenn man sich anschaut, wie oft das in der Praxis tatsächlich vorkommt, dann soll man nicht so tun, als ob tagtäglich irgendetwas nicht zugelassen werden würde. Es ist mir auch deshalb wichtig, darauf hinzuweisen, weil dann vielfach und in der Regel - wir hatten gerade erst vor wenigen Stunden einen derartigen Fall - die betreffende Fraktion darauf hingewiesen und gesagt wird: Das ist so nicht zulässig! Überlegt euch die Formulierung! - Und dann wird vielfach schlicht und ergreifend umformuliert beziehungsweise rechtlich korrekt formuliert. So geht gerade Präsident Kopietz immer wieder vor, aber das ist auch beim Gemeinderatsvorsitz durchaus üblich. Ich denke also, man hätte durchaus auch den Weg wählen können - ungeachtet der Tatsache, ob die Entscheidung nicht dieselbe gewesen wäre -, wenn es hier Bedenken gibt, darauf hinzuweisen, dass man in Frage stellt, ob das rechtlich korrekt ist. Dann kann man sich das vorher anschauen, und im gegebenen Fall, wenn es darum geht, dass es sich, worauf Sie richtigerweise hinweisen, quasi um den letzten Punkt handelt, hätten wir diesen als ersten genommen und den Begriff "Mindestsicherung" noch eingebaut. Dann hätte es, wie ich jetzt einmal sehr salopp sage, nichts gegeben. Es wäre also relativ einfach gewesen, wenn man diesbezüglich Bedenken hat, zum Hörer zu greifen, so wie es sonst auch geschieht und wie es in der Regel auch die Vorsitzenden handhaben, gerade auch bei Ihrer Fraktion, aber auch bei allen anderen Fraktionen. Daher schlicht und ergreifend mein Ersuchen: Suchen Sie, wenn Sie Bedenken haben, nächstes Mal einfach rechtzeitig das Gespräch und agieren Sie nicht erst nach Ablaufen der Frist! Punkt. Grundsätzlich muss man sagen - und das ist mir wesentlich -: Es ist klar festzuhalten: Dieser Dringliche Antrag ist zulässig. Das besagt auch das uns dargelegte Rechtsgutachten seitens der MDR, und daher ist auch die Entscheidung des Präsidenten richtig. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Nachdem mir keine weitere Wortmeldung zur Geschäftsordnung vorliegt, kommen wir weiter zum Dringlichen Antrag. Auf die Verlesung wurde verzichtet. Für die nun folgende Begründung des Verlangens auf dringliche Behandlung dieses Antrages sieht die Geschäftsordnung gemäß § 38 Abs. 3 eine Redezeit von 20 Minuten vor. Zur Begründung des Verlangens erteile ich nun Frau Abg. Hebein das Wort. - Bitte sehr. Abg. Birgit Hebein (GRÜNE): Werter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Ich werde den Dringlichen Antrag begründen und unter anderem auch sehr deutlich machen, dass das Ganze nicht nur gravierende Auswirkungen auf die Menschen hat, die von der Abschaffung der Notstandshilfe betroffen wären, sondern natürlich auch auf die Verwaltung in Wien, vor allem auf die Finanzverwaltung und auf die Verwaltung der Mindestsicherung. - Insofern untermauert das rechtliche Gutachten eindeutig die Dringlichkeit. Aber nun zur Sache: Die Pläne der Bundesregierung, die Notstandshilfe abzuschaffen, zählen unserer Meinung nach zu den brutalsten Kürzungsvorschlägen in der Sozialpolitik der letzten Jahre. Warum? - Die Regierung plant die Abschaffung der Notstandshilfe. Derzeit erhält jemand, der das Pech hat, arbeitslos zu werden, eine Zeit lang Arbeitslosengeld. Das ist eine Versicherungsleistung, 55 Prozent Nettoersatzrate. - Ich sage das deswegen so ausführlich, weil unzählige Menschen verunsichert waren und sehr, sehr viele Menschen in den letzten Wochen angerufen und E-Mails geschrieben haben, wie denn jetzt ihre Zukunft weitergeht. Daher ist es wichtig, hier genau zu untermauern, welche Auswirkungen das hat. Bisher ist es, wie gesagt, so, dass jemand, der das Pech hat, arbeitslos zu werden, eine Zeit lang Arbeitslosengeld bekommt. Wenn jemand arbeitssuchend ist - und das sind die Menschen! - und das Pech hat, innerhalb eines Jahres keine Arbeit zu finden, dann erhält diese Person Notstandshilfe. Das ist auch eine Versicherungsleistung. Mit der Abschaffung der Notstandshilfe passiert jetzt Folgendes: Wenn Menschen das Pech haben, die Arbeit zu verlieren, dann bekommen sie eine gewisse Zeit Arbeitslosengeld und dann nur mehr Mindestsicherung. Das bedeutet konkret, dass die Menschen ihr gesamtes Vermögen hergeben müssen, bevor sie die Mindestsicherung in Anspruch nehmen dürfen, und zwar bis 4.315 EUR pro Familie. Das ist der Betrag für 2018, und ich sage immer, dass das die Begräbniskosten sind, die sich vor allem alte Menschen auf die Seite legen. Das heißt, die Menschen müssen ihr gesamtes Vermögen hergeben, die Sparbücher und das Geld, das sie eventuell für die Ausbildung der Kinder zur Seite gelegt haben, und ihr Auto, das sie für den Alltag brauchen, denn in Wien sei kaum damit zu argumentieren, dass man in Anbetracht der öffentlichen Verkehrsmittel ein Auto braucht. Das heißt, die Menschen rutschen in Armut ab. Aber nicht nur das. Wir reden ja nicht nur von den Ärmsten der Armen. Laut Statistik der Oesterreichischen Nationalbank, die einmal zu lesen ich Ihnen sehr empfehle, hat die Hälfte der arbeitslosen Menschen durchschnittlich maximal ein Vermögen von 2.200 EUR. Und den anderen passiert es dann, dass sie in relativ rascher Zeit auf das verzichten müssen, was sie sich über Jahre hart erarbeitet haben, vielleicht ein kleines Eigentum und das Auto, ein bisschen Geld, den Notgroschen auf der Seite. Das müssen sie vorher ausgeben, bevor sie überhaupt Mindestsicherung in Anspruch nehmen dürfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich untermauere die Dringlichkeit jetzt mit einer Zahl. Laut einer Studie des Finanzministeriums wurde eine Hartz IV-Simulation mit den Zahlen von 2015 durchgeführt, und das Resultat lautet, dass das mit Familienmitgliedern 220.000 Menschen in Wien betrifft. Werte ÖVP und FPÖ! Argumentieren Sie mir das einmal! 220.000 Menschen in Wien sind davon betroffen, wenn Sie die Notstandshilfe streichen! Halten Sie sich das einmal vor Augen! Sie treffen auch den Mittelstand, werte ÖVP! Im Grunde bedeutet das mehr Armut und weniger Chancen für die Menschen in Wien! Das ist Ihre Verantwortung! Das sind Ihre Pläne! Genau kennt man sich ja nicht aus. Einmal heißt es, dass man nicht aufs Auto verzichten muss, dann wieder doch, dann heißt es wieder, dass ein Vermögen nicht betroffen wäre, dann wieder doch. Man weiß ja nicht einmal, wer bei Ihnen in der neuen Bundesregierung das Sagen hat! Die Sozialministerin hat eine Aussendung gemacht, in der sie sagt: Nein, ich werde nicht auf das Vermögen zurückgreifen. Ein paar Tage später wurde sie aber schon wieder zurückgepfiffen beziehungsweise zumindest korrigiert, denn "zurückgepfiffen" sagt man ja nicht. Sie verunsichern hier Menschen in großem Ausmaß. Eine Alleinerziehende hat angerufen - sie arbeitet 25 Stunden, erhält keine Mindestsicherung, schwieriger Alltag - und fragt nach: Was passiert jetzt, wenn ich das Pech habe und die Arbeit verliere, es nicht mehr gut auf die Reihe kriege, was muss ich alles hergeben? Diese Menschen verunsichern Sie. Es rufen ältere Menschen an, Ältere, bei denen Sie genau wissen, wenn die ihren Job verlieren, haben sie es sehr schwer, mit über 50 Jahren einen neuen Job zu finden. Diese Menschen verunsichern Sie. Das ist Ihre Verantwortung, dass Sie hier Pläne auf den Tisch legen, die zu mehr Armut führen. Sie verraten hier die Armutsbetroffenen, Sie verraten arbeitslose Menschen, Menschen in Notsituationen und Sie erhöhen zusätzlich den Druck auf die arbeitenden Menschen. Zusätzlich! Diese müssen sich zukünftig noch mehr gefallen lassen. Das ist Ihre Politik, und Rot-Grün in Wien sagt ganz klar: Hände weg von der Notstandshilfe! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Ich werde Sie noch mit ein paar Zahlen konfrontieren. Von den 66.000 Notstandshilfebeziehern und - bezieherinnen in Wien sind 22.000 über 50 Jahre alt. Das Erste, was Schwarz-Blau gemacht hat, ist, die Aktion 20.000 zu streichen, einmal kurz mit einem Umlaufbeschluss. Da nimmt man einmal kurz tausenden Menschen ein Stück Hoffnung und Perspektive. Das, was man auch wissen muss, ist, dass 43 Prozent der Notstandshilfebezieher und -bezieherinnen österreichweit in Wien leben. Das heißt, im Grunde werden hier nur Kosten verlagert, im Grunde schleicht sich hier die Bundesregierung nur aus einer sozialen Verantwortung und verlagert die Kosten nach Wien. Vielleicht können Sie sich erinnern, seit zwei Jahren führen wir eine Diskussion darüber, dass die Zahlen der Mindestsicherung steigen. Ein Minimum an würdevoller Existenz: Wenn Menschen nicht lange genug gearbeitet haben, erhalten sie die Mindestsicherung in Notsituationen, wenn Menschen nicht genügend Existenz haben, also unter 860 EUR, erhalten sie die Aufzahlung in der Mindestsicherung, wenn sie zu wenig verdienen oder zu wenig Arbeitslosengeld erhalten. Das heißt, wir haben seit zwei Jahren einen Diskurs, einen sehr menschenunwürdigen seitens ÖVP und FPÖ, und jetzt sorgt man mit neuen Plänen dafür, dass sich die Mindestsicherungszahlen in Wien verdoppeln, und natürlich auch die Ausgaben. Das, was Wien tun wird, ist natürlich - das hat der Herr Bürgermeister angekündigt, das hat die Frau Vizebürgermeisterin angekündigt -, wir werden alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten in Anspruch nehmen, um das zu verhindern. Das heißt, ÖVP und FPÖ können mit einfacher Mehrheit ein Grundsatzgesetz machen, in dem sie uns in der Mindestsicherung vorschreiben, dass man auf Kosten der Ärmsten kürzt. Das werden wir nicht zulassen, und wir werden alles tun, dass auch die Abschaffung der Notstandshilfe nicht kommt. In Wien gehen wir den Weg des sozialen Miteinanders. Wir haben jetzt ein neues Mindestsicherungsgesetz ab 1. Februar, mit dem wir sagen, die Menschen in Notsituationen sollen ein Minimum an Existenz erhalten, die Menschen in Notsituationen müssen heraus aus der Mindestsicherung. Daher investieren wir in Ausbildung und Qualifikation. Dieses Gesetzt ist ab 1. Februar gültig. Die Frau Stadträtin hat heute darüber schon gesprochen und wir müssen jetzt alles tun, dass - da die Mindestsicherung eigentlich für Notsituationen gemacht wurde und nicht dafür, arbeitssuchende Menschen zu schikanieren - die Notstandshilfe auch erhalten bleibt. Ich kann an die Oppositionsparteien nur appellieren, hier umzudenken. Sie machen mit den Plänen eine katastrophale Politik auf dem Rücken der Ärmsten, auf dem Rücken der arbeitslosen Menschen, auf dem Rücken der Menschen, die das Pech haben, ihre Arbeit zu verlieren. Sie machen mit diesem Schritt eine Politik, mit der Sie noch mehr Druck auf die arbeitende Bevölkerung ausüben, dass die sich noch mehr gefallen lassen oder arbeitslose Menschen jeden Job annehmen müssen. Das ist eine fatale Politik, die Betroffene trifft. Es betrifft im Grunde uns alle, weil Sie damit ein Stück weit unsere Gesellschaft noch mehr auseinanderdividieren. Das heißt, im Grunde trifft diese Politik uns alle, und wir werden alles tun, um das zu verhindern. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich eröffne nun die Debatte, wobei ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt. Zur Besprechung des Dringlichen Antrages hat sich Frau Abg. Mörk zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Ich mache darauf aufmerksam, die Redezeit ist mit 20 Minuten begrenzt. Abg. Gabriele Mörk (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die neue schwarz-blaue Bundesregierung plant, die Notstandhilfe abzuschaffen und länger Arbeitslose in die Mindestsicherung zu drängen. Und das bedeutet ganz klar mehr Armut und weniger Chancen für die Betroffenen. Wesentlich wichtiger, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre es, die Armut zu bekämpfen und nicht die armen Menschen. Und mit der neuen Wiener Mindestsicherung zeigt Wien ein Mal mehr, wie es funktioniert. Eine Vielzahl von Förderungen, die aber auch Forderungen enthalten, steuert Rot-Grün ganz bewusst gegen den schwarz-blauen Kältekurs in Österreich bei. Menschen Anreize zu geben und so viele wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ist der Wiener Weg, den wir eingeschlagen haben. Und dieser Wiener Weg ist auch ein Erfolgskonzept für ganz Österreich, ganz ohne soziale Einschnitte. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Was ist die Notstandshilfe jetzt und was würde es bedeuten, wenn sie abgeschafft wird? Die Gewährung der Notstandshilfe liegt nicht im Ermessen des Arbeitsamtes, sondern sie ist auf Antrag zu gewähren, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Notstandhilfe ist eine mindestsichernde Leistung des Bundes, sie ist eine Anschlussleistung an das Arbeitslosengeld und sie ist eine Versicherungsleistung. Sie ist zeitlich unbegrenzt, wird jedoch jeweils für 52 Wochen bewilligt. Dann muss ein neuerlicher Antrag gestellt werden, Arbeitslosigkeit, Arbeitswilligkeit und Arbeitsfähigkeit müssen gegeben sein. Und die Notstandshilfe nimmt eine Mittelposition zwischen Arbeitslosengeld und Mindestsicherung ein. Und was ist eigentlich der Unterschied zur Mindestsicherung? Die Mindestsicherung ist eine Sozialleistung des Landes, während hingegen die Arbeitslosenversicherung und die Notstandshilfe eine Versicherungsleistung des Bundes ist. Und die Abschaffung der Notstandshilfe würde für Wien eine Mehrbelastung von über 500 Millionen EUR bedeuten. Offensichtlich soll dadurch auch der finanzielle Spielraum in Wien eingeschränkt werden, um sozial Schwächeren mit wirkungsvollen Maßnahmen zu helfen. Die Mindestsicherung ist eine pauschalierte Geldleistung, der Notstandshilfe hingegen liegt die Höhe des Arbeitslosengeldes beziehungsweise des Arbeitseinkommens zugrunde. Notstandshilfebezieher können ihr Erspartes behalten, Mindestsicherungsbezieher nicht. Wer über 4.200 EUR Erspartes hat, muss dieses zuerst aufbrauchen und bei Eigentum erfolgt eine Sicherstellung im Grundbuch. Wenn ich mich richtig zurückerinnere, im Wahlkampf hat der neue Bundeskanzler Kurz doch propagiert und jungen Menschen empfohlen, Eigentum zu erwerben, weil Eigentumserwerb eine gute oder die beste Vorsorge gegen Altersarmut sei. Wenn ich mir jetzt anschaue, was die neue Regierung verfolgt, kann ich eigentlich nur jedem empfehlen, erwerben Sie kein Eigentum, denn Arbeitslosigkeit kann jeden und jede treffen und kann auch uns treffen. Bezugszeiten der Notstandshilfe gelten als Pensionszeiten und wirken sich auch auf den Pensionsanspruch aus. Die Bezugszeiten der Mindestsicherung hingegen nicht. Die Folge davon wären wesentlich geringere Pensionshöhen, da auch weniger Versicherungszeiten gegeben werden oder zu wenig Versicherungszeiten und überhaupt keine Pensionen, und vor allem ältere Menschen werden dann gezwungen, Sozialleistungen des Landes in Anspruch zu nehmen. Im Verhältnis mehr davon wären natürlich auch Frauen betroffen. In diesem Zusammenhang Pensionen finde ich ja auch sehr interessant, was auf Seite 111 des Regierungsprogrammes steht, wo es um Fairness und Gerechtigkeit und um das Kapitel Pensionen geht. Da ist nämlich unter anderem ein Punkt angeführt: "Prüfung einer Anrechnung von maximal zwei Jahren aus der Pflichtversicherungszeit, Arbeitslosenversicherung, ausgenommen Kinderbetreuungs-, Zivil-, und Präsenzdienst- und Pflegezeiten bei Frühpensionierungen." - Was das für die betroffenen Menschen bedeuten würde, können wir uns gut vorstellen. Einkünfte aus geringfügigen Beschäftigungen führen bei der Notstandshilfe zu keinen Kürzungen, bei der Mindestsicherung sehr wohl. Durch den Wegfall der Notstandshilfe wird die Armutsgefährdung steigen. Die Menschen bekommen weniger Leistungen, müssen alle Reserven aufbrauchen, ihr Einkommen wird belastet und sie werden gezwungen, schlechter bezahlte Jobs anzunehmen. Ein Teufelskreis, aus dem es schwierig ist, wieder herauszukommen. Schauen wir uns gemeinsam einen ganz konkreten Fall an. Frau Z. hat mit 16 Jahren zu arbeiten begonnen, zuerst als Lehrling, dann als kaufmännische Angestellte. Sie gründet eine Familie, bekommt zwei Kinder. Gemeinsam mit ihrem Ehemann kauft sie eine Eigentumswohnung. Die Ehe geht in die Brüche, bei der Scheidung erhält sie die Wohnung, muss aber den dafür aufgenommenen Kredit auch zurückzahlen. Sie schafft es mit viel Fleiß, den Kredit zurückzuzahlen, oft auch noch mit einer zusätzlichen Beschäftigung, und sie zieht ihre beiden Kinder alleine groß, obwohl sie auch die Alimente nur unregelmäßig erhält. Nachdem die Kinder eine gute Ausbildung bekommen haben und auf eigenen Beinen stehen, schafft sie es, einen Bausparvertrag abzuschließen und einige Tausend Euro anzusparen. Vor elf Monaten sperrt der Betrieb, in dem sie seit ihrer Lehrzeit, unterbrochen nur von den Karenzzeiten, beschäftigt war. Mit 53 Jahren wird sie arbeitslos. Sie hat hunderte Bewerbungen geschrieben, aber es nimmt sie halt keiner auf Grund ihres Alters, trotz bester Qualifikation und Erfahrung. Die Hoffnung und das Selbstwertgefühl schwinden. Es gibt zwar freie Jobs, die sind aber auf den Skihütten in Tirol und das würde sie auch körperlich nicht mehr schaffen. Einen Monat wird sie noch Arbeitslosengeld beziehen. Sie hatte gehofft, und die Chancen standen gut, eine neue Beschäftigung über die Aktion 20.000 zu erhalten. Diese wurde nun ausgesetzt. Und was jetzt? Früher hätte man Frau Z. in absehbarer Zeit in Pension geschickt. Sie hätte ihren Lebensstandard halbwegs erhalten können, auch ihre Selbstachtung. Heute geht das nicht mehr. Die Wege in Früh- und Invaliditätspension wurden spürbar erschwert. Noch kann sie darauf hoffen, die fehlenden Jahre in der Notstandshilfe zu überbrücken. Wenn die Bundesregierung wie angekündigt die Notstandshilfe abschafft, bleibt aber nur mehr der Weg in die Mindestsicherung. Die bekommt sie nur, wenn sie nichts mehr hat. Nach geltender Rechtslage müsste sie ihre Ersparnisse aufbrauchen, den Bausparvertrag auflösen, ihr kleines Auto womöglich verkaufen. In der Wohnung könnte sie noch bleiben, allerdings nach sechs Monaten BMS-Bezug würde das Sozialamt ins Grundbuch gehen. Viel würde letztendlich von einem Leben harter Arbeit nicht übrig bleiben. Sie empfindet das Ganze aus tiefstem Herzen als unfair. Sie hat hart gearbeitet, hat gespart, sich trotz widrigster Umstände einen bescheidenen Wohlstand aufgebaut und Eigentum erworben. Sie glaubte immer, sie sei gemeint gewesen, wenn Politiker davon sprachen, den kleinen Mann - ich gendere es jetzt -, die kleine Frau oder die hart arbeitenden Leute zu beschützen. Sie fühlt sich im Stich gelassen. Sie hat nie damit gerechnet, ein Sozialfall zu werden. Vielleicht hat sich Frau Z. bis vor einigen Monaten, als die Neiddebatte im Zuge der Reform der Mindestsicherung geführt wurde, auch gedacht, dass eine Deckelung von 1.500 EUR genug sei, mehr kontrolliert werden müsse und gemeinnützige Arbeit wie Schnee schaufeln und Laub rechen für Mindestsicherungsbezieher verpflichtend sein müsste. In dem Moment, in dem Frau Z. auf das Sozialamt gehen muss, wird sie diesen Mindestsicherungsbeziehern sehr nahe kommen. Schlagartig wird ihr bewusst werden, wie klein der Abstand zwischen gesellschaftlicher Mitte und dem Rand geworden ist und wie schnell man selbst an den Rand rutschen kann. Ein Schicksal, wie es zig Tausende gibt. Mit der geplanten Abschaffung der Notstandshilfe scheut Schwarz-Blau nicht davor zurück, die älteren Arbeitslosen zu dezimieren und hart erarbeitetes Vermögen einzukassieren. Perspektiven und Menschenwürde werden diesen Betroffenen genommen. Hingegen will die schwarz-blaue Bundesregierung Vermögen aus Millionen, Erbschaftssteuern oder hohe Finanzgewinne unter gar keinen Umständen anfassen. Umverteilung ist dieser Regierung kein Anliegen, maximal eine Umverteilung von unten nach oben. Ich kann nur die Bundesregierung eindringlich auffordern, die Notstandshilfe beizubehalten. Bekämpfen wir gemeinsam, meine Damen und Herren, die Armut und nicht die Armen. Gehen wir gemeinsam den Wiener Weg, denn eine sozial polarisierende Gesellschaft bringt Nachteile für alle Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Emmerling. - Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es war schon ein sehr emotionaler Einstieg der Kollegin Hebein, die ja auch mit einem Appell geendet hat, dass wir uns als Opposition gut überlegen müssen, auf welcher Seite wir denn stehen wollen. Das stört mich schon insofern, als man hier versucht, jedem und jeder gemäß seinem ideologischen Weltbild eine rechts-links Rolle überzustülpen. Und dagegen möchte ich mich schon verwehren, da wir immer dafür sind, faire, nachhaltige Lösungen umzusetzen und hier auch sehr evidenzbasiert entscheiden, welche Lösung wohl dann die beste sein möge. (Beifall bei den NEOS.) Wir NEOS haben auch im Parlament immer schon eine Reform des derzeitigen Systems, also Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestsicherung gefordert - nur um vorweg zu schicken, dass wir diese derzeitige Regelung generell hinterfragenswert finden. Wir glauben auch, dass es Sinn macht, Arbeitslosengeld beziehungsweise Notstandshilfe zu begrenzen, und zwar, weil die Arbeitslosenversicherung dazu dient, Menschen, die arbeitslos geworden sind, auf der einen Seite eine soziale Absicherung zu geben, ihnen dann aber auch ein Serviceangebot zur Verfügung zu stellen, um sie möglichst rasch wieder in Arbeit zu bringen. Wenn sich aber diese Arbeitslosigkeit in einen dauerhaften Zustand entwickelt, in eine Langzeitarbeitslosigkeit, ist das eine ganz andere Problematik. Das heißt, dieser Mensch braucht wahrscheinlich ganz andere Maßnahmen und Instrumente, um aus dieser Situation wieder herauszukommen. (Beifall bei den NEOS.) Da stelle ich natürlich auch eine Aktion 20.000 in Frage, der wir auch kritisch gegenübergestanden sind. Das ist vielleicht eine sozialpolitisch gute Maßnahme, und es gibt viele Beispiele - Sie haben sie aufgezählt -, dass viele Menschen dadurch wieder Anschluss gefunden haben. Aber ich glaube, wirklich langfristig und nachhaltig ist es nicht das richtige Mittel, um Arbeitslose wieder nachhaltig in einen Arbeitsprozess zu bringen, denn es handelt sich um eine Förderung, und ist hier das Geld weg, ist auch der Job wieder weg. Ich glaube, was wir in diesem Bereich vollkommen außer Acht lassen und was vollkommen unterbeleuchtet ist in Österreich, ist, dass wir nicht über Bildung diskutieren und auch den Bereich der Erwachsenenbildung ansprechen. Qualifikation ist bei uns in Österreich immer erst dann gefragt, wenn es eigentlich zu spät ist. Wenn ich in der Situation bin, dass ich meinen Job verliere, wird gefragt: Was ist denn eigentlich deine Qualifikation? Bei uns hört die Bildungsdiskussion entweder mit 15, 18 oder vielleicht noch am Ende eines Studiums mit 25 Jahren auf, aber der Bereich der Erwachsenenbildung wird vollkommen vernachlässigt. Deswegen glaube ich auch, dass das System, das wir vorgestellt haben, LELA 5000 genannt, ein Chancenkonto für lebenslanges Lernen, eine gute Maßnahme sein könnte, um eben diese Qualifikationsmängel von vornherein zu reduzieren. (Beifall bei den NEOS.) Ich habe vorher erwähnt, wir glauben eben nicht, dass die Notstandshilfe die langfristig manifestierte Erwerbslosigkeit bekämpfen kann. Es muss jetzt nicht nach einem Jahr sein, das kann auch erst nach mehreren Jahren sein, ich lasse das jetzt offen, von welchem Zeithorizont wir da sprechen, aber da kann gerade die Mindestsicherung einen Beitrag leisten, wenn es darum geht, die richtigen Instrumente für diese Menschen zu finden, um tatsächlich wieder zurück in den Arbeitsmarkt zu kommen, durch stärkeren Fokus auf Sachleistungen, die eben dazu dienen, leichter in die Erwerbstätigkeit zu kommen, wo man auch Kinderbetreuungskosten übernimmt, Weiterbildungskosten vor allem, auch Kosten für Mobilität, und so weiter. Was sich aus der Langzeitarbeitslosigkeit, wenn man sich da die Zahlen anschaut, noch ganz klar heraussehen lässt, ist, dass es viele Langzeitarbeitslose auf Grund gesundheitlicher Probleme gibt. Das ist wirklich ein Problem, denn wir haben viele, die wegen eines Schicksalsschlages, eines Unfalles nicht mehr voll erwerbstätig sind, und wir kennen in Österreich nur entweder arbeitsfähig oder nicht arbeitsfähig. Was wir nicht kennen, ist einen Teilzeitkrankenstand oder eine Teilzeitarbeitsfähigkeit. Das heißt, jemandem, der vielleicht auch ein psychologisches Problem hat oder ein sonstiges Gebrechen, das es ihm nicht möglich macht, acht Stunden am Tag zu arbeiten, der aber gerne vier oder sechs Stunden am Tag in seinen Job zurückkehren möchte, wird das verwehrt, da es diese Form in Österreich nicht gibt. (Beifall bei den NEOS.) Ich glaube, dass diese Teilzeitkrankenstände die Reintegration in den Arbeitsmarkt vor allem für Langzeitarbeitslose auf jeden Fall erleichtern würden. Jetzt aber noch ein Blick zu den Zahlen: Wir haben im Jahr 2016 167.000 NotstandshilfebezieherInnen gehabt. 145.900 bezogen Arbeitslosengeld. Wir haben 2016 mehr Notstandshilfebezieher als Arbeitslosengeldbezieher. Auch die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich von 2013 bis 2017 fast verdoppelt, von 18,6 Prozent auf 34,9 Prozent. Die Diskussion über diese Versicherungsleistung, dass man das jetzt den Wienern wegnehmen will, kommt mir ein bisserl so vor, als wäre es ein Geschenk der Stadt Wien oder des Bundes. Es ist aber eine Versicherungsleistung und ich glaube auch, dass dieses Versicherungsprinzip nicht besonders klug ist, wenn hier die Arbeitslosenversicherungen Leistungen zeitlich unbegrenzt ausbezahlen. Das überfordert auch die Solidarität einer Versicherungsgemeinschaft. (Beifall bei den NEOS.) Was wir auch diskutieren müssen, ist, ob diese Doppelstrukturen, die wir derzeit haben, sinnvoll sind. Das System Notstandshilfe-Mindestsicherung ist so schon relativ schwer zu verstehen. Man muss sich einmal einen Betroffenen vorstellen, der sich hier auskennen muss, denn es ist nicht nur die Behörde, die hier diese Doppelstruktur begehen muss, die Koordination der verschiedenen Maßnahmen, die noch dazukommen, sondern auch für den Bezieher, der eigentlich rasch wieder in den Arbeitsmarkt will, ist es sehr schwierig, hier schnell die nötige Hilfestellung zu bekommen und sich in diesem System zurechtzufinden. Zu dieser Doppelstruktur Notstandshilfe-Mindestsicherung kommt ja jetzt auch noch dazu, das dürfen wir nicht vergessen, dass wir derzeit neun verschiedene Mindestsicherungen haben, die alle sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Dazu haben wir schon lange diskutiert und auch über unsere Haltung dazu, aber darüber müssen wir natürlich auch reden, dass eine einheitliche Mindestsicherung natürlich auf jeden Fall das wichtigste Ziel sein sollte und eine Reform der Notstandshilfe auf jeden Fall mit dieser Hand in Hand gehen muss. Und zwar ganz klar mit dem Fokus auf den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. (Beifall bei den NEOS.) Jetzt heißt es seitens der Regierung, es werden bis Ende des Jahres konkrete Vorschläge vorliegen. Momentan hat man die noch nicht. Deswegen komme ich zurück auf diese Fundamentalopposition. Es taucht die Schlagzeile auf, "wir als Rot-Grün und Wien sind einmal dagegen". Ich betone es noch einmal: Wir wollen eine faire und nachhaltige Lösung, wir brauchen ein System, das fair ist im Hinblick darauf, dass das Bemühen zurück in den Arbeitsmarkt belohnt wird, aber auch fair im Hinblick auf unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Solidarität. Das muss beides gehen. (Beifall bei den NEOS.) Dann bleibt mir schlussendlich noch zu sagen, wir haben auch im Parlament unsere Vorschläge vorgelegt: Quasi das Arbeitslosengeld zu begrenzen - ich lasse jetzt noch den Jahresanspruch offen -, aber dann eine Überführung in die BMS, um hier ganz gezielt fördern zu können, aber auch eine degressive Gestaltung des Arbeitslosengeldes. Denn wenn man sich das im Vergleich mit anderen Ländern anschaut, bekommen wir ja am Anfang relativ wenig, das bleibt dann gleich, in anderen Ländern ist dieser Nettoersatzbetrag im ersten Jahr deutlich höher. Da könnte man sicher auch anpassen beziehungsweise darüber diskutieren, wie so etwas optimal ausgestaltet ist, sich die Erfahrungsberichte aus anderen Ländern anhören. Aber auch dynamischere Modelle können wir uns vorstellen, indem, wer länger einzahlt dann auch länger die Versicherungsleistung bezieht, und so weiter, und so fort. Aber das sind alles Diskussionen, die erst geführt werden müssen. Wir stehen momentan nicht an dem Punkt, wo wir sagen, der Bund schafft die Notstandshilfe ab, und zwar unter diesen und jenen Rahmenbedingungen. Aber das, was Sie machen, ist schon auch ein bisschen Angst schüren. (Beifall bei den NEOS.) Der Bund nimmt die Notstandshilfe jetzt weg, die wird eingestellt und nach einem Jahr falle ich aus der Arbeitslosen heraus. - Das ist momentan nicht der Fall. Wir haben die Fakten nicht auf dem Tisch. Daher behalten wir uns auch vor, heute Ihre Anträge natürlich abzulehnen, weil Sie eine ganz klare Position einnehmen, mit Zahlen: Das müssen wir so behalten, wie es ist, das frieren wir ein. - Das sehen wir nicht so. Wir schauen uns das evidenzbasiert an und werden auch dann unsere Entscheidungen treffen. - Danke. (Beifall bei NEOS, FPÖ und ÖVP.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Korosec. - Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Danke, Frau Kollegin von den NEOS, für Ihre Wortmeldung. So stellt man sich das vor, wenn man über Sozialprobleme spricht. Ich muss der Frau Brauner sagen, weil die ja heute in einer Form auch Panik gemacht hat, die ja unglaublich ist (Abg. Birgit Hebein: Es geht um Menschen!), und das gilt natürlich auch für Sie, Frau Hebein, und auch für die Frau Mörk, die ich beide schätze als Sozialpolitikerinnen, aber da, muss ich Ihnen sagen, haben Sie eine viel zu enge Sicht der Dinge. Sie schreien sofort einmal furchtbar und Sie machen die Panik, auch bei den Leuten. Ich bin für Seniorinnen und Senioren verantwortlich und da gibt es viele, die natürlich über 50 Jahre alt sind und arbeitslos. Natürlich bekomme ich auch Anfragen, aber es gibt niemanden, der jetzt in Panik verfällt. Aber bei Ihnen muss man in Panik verfallen, so wie Sie es bringen, wenn Sie sagen: brutalste Kürzungsmaßnahmen, die es je gegeben hat. Das ist Panikmache. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Meine Damen und Herren, mit Reflexen löst man keine Probleme im Sozialsystem, da ist eine Sachdiskussion notwendig. Und Sachdiskussionen sind ja mit Ihnen offensichtlich nicht zu führen. (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Im Parlament können die GRÜNEN eh nicht mehr mitreden!) - Bitte? (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Im Parlament können die GRÜNEN eh nicht mehr mitreden!) - Ja, jetzt glauben Sie, Sie müssen es da machen? Die aktuellen Entspannungstendenzen können die strukturellen Schwachstellen, die im österreichischen Arbeitsmarkt vorhanden sind, jedenfalls nicht übertünchen. Ja, wir haben eine hohe Zahl von Langzeitarbeitslosen und das muss uns zu denken geben. Und da hat auch die Frau Kollegin Emmerling ja darauf hingewiesen, wenn das lebenslange Lernen, was eine Selbstverständlichkeit sein müsste, eben nicht selbstverständlich ist und man erst darüber nachdenkt, wenn es schon zu spät ist, dann hat man diese Langzeitarbeitslosen. Und wo haben Sie eingewirkt, wo hat die SPÖ eingewirkt, dass jeder weiß, dass er sein ganzes Leben weiterlernen muss? Da sind große Fehler gemacht worden. Jüngste Zahlen zeigen auch, dass eine Erholung am Arbeitsmarkt, obwohl wir massive Jobzuwächse haben, gerade bei den Langzeitarbeitslosen nicht so vorhanden ist. Daher braucht man Anreizsysteme. Und wenn man sich ein bisschen in Europa umschaut, dann sieht man, dass man es anders machen kann. Und wenn man sich die nordischen Staaten anschaut, da gibt es eben Anreizsysteme. Was meine ich damit? Ich sage zwei Besonderheiten, die wir in Österreich haben. Erstens einmal, Sie können lang arbeitslos sein und Sie haben kaum Einkommenseinbußen. Das ist in keinem anderen Land so. (Abg. Birgit Hebein: Hallo ... 54 Prozent!) - Ja, aber wenn Sie lang arbeitslos sind, ist die Notstandshilfe fast so hoch, das meine ich. Und da ist der Anreiz nicht so gegeben. (Abg. Mag. Barbara Huemer: Vielleicht bei Ihren Einkünften!) Verstehen wir uns wieder richtig. Und bei Entgelt. (Abg. Kurt Wagner: Weniger zahlen ist gerecht?!) - Bitte? (Abg. Kurt Wagner: Weniger zahlen ist gerecht?!) - Nein, am Anfang ... (Anhaltende Zwischenrufe von Abg. Kurt Wagner.) Herr Kollege Wagner, hören Sie mir zu. Am Anfang soll das Arbeitslosengeld höher sein und es sollte dann weniger werden. Warum? Wir wollen ja keine Langzeitarbeitslosen, wir wollen, dass die Menschen wieder in Arbeit kommen. Und da ist der Anreiz stärker gegeben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. - Zwischenruf von Abg. Kurt Wagner.) Und ich sage Ihnen noch etwas, was Sie auch nicht gerne hören, Herr Wagner, davon bin ich überzeugt: Auch bei Entgelt, Qualifikation oder Erreichbarkeit einer potenziellen neuen Stelle sind Jobsuchende in Österreich sehr gut geschützt. Und diese beiden Faktoren führen dazu, dass offene Stellen teilweise ja gar nicht besetzt werden können, aber das Sozialsystem sehr stark strapaziert wird. (Abg. Kurt Wagner: Wo haben Sie offene Stellen?!) - Bitte? (Abg. Kurt Wagner: Wo haben Sie offene Stellen? Wie viele Arbeitslose gibt es und wie viele offene Stellen?!) - Es gibt sehr ... Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Darf ich ersuchen, keine Zwiegespräche zu führen und die Frau Abgeordnete ihre Rede halten zu lassen! Abg. Ingrid Korosec (fortsetzend): Ich möchte aber eines auch gleich ganz klarstellen. Hier meine ich nicht die überwiegende Zahl der Menschen, die hunderte Bewerbungen schreiben und die nach der hundertsten Bewerbung noch immer nicht aufgeben. Da gibt es sehr viele. (Abg. Kurt Wagner: Sagen Sie das Ihren Wirtschaftstreibenden!) Aber es gibt auch andere. Und ich bin überzeugt, wenn es hier zu einer Veränderung kommt, dass man eben nicht weniger an den Einzelnen zahlt, aber das differenziert macht, dass es zur Verbesserung kommt. (Beifall bei der ÖVP.) Und, Herr Kollege Wagner, der internationale Vergleich, vor allem in den skandinavischen Ländern zeigt uns ja ganz deutlich, dass die Anreize zur Annahme einer Stelle in Österreich besonders gering sind und unter anderem deshalb die Beschäftigung von Älteren viel schwieriger ist. Das ist einmal so. Ich meine, gerade die nordischen Staaten waren ja immer etwas, was die SPÖ als Vorbild gesehen hat, daher nehmen Sie sich das auch als Vorbild. Es wurde auch von der Kollegin Emmerling gesagt, wir haben mittlerweile mehr Notstandshilfebezieher als Arbeitslosengeldbezieher, Stand September 2017. Und jetzt hat die neue Regierung beschlossen, dass die Unterscheidung zwischen Arbeitslosengeld und Notstandshilfe fallen soll. Beides ist eine Versicherungsleistung, beides wird vom AMS (Abg. Kurt Wagner: Bei der anderen sind sie nicht mehr pensionsversichert!), beides wird vom AMS verwaltet und es ist eigentlich eine unnötige Bürokratie. Und es kommt dadurch auch zu Doppelgleisigkeiten. Die soll man auch verhindern und unbürokratischer machen. Das Ziel dieser Reform, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, so viele Menschen als nur irgendwie möglich wieder in Beschäftigung zu bringen und eine längere Arbeitslosigkeit zu verhindern. Wenn es schon mehr Notstandshilfebezieher gibt als Arbeitslosengeldbezieher, dann sieht man ja, die sind ja alle schon so lang arbeitslos, denn sonst wären sie ja nicht in der Notstandshilfe. Also, da muss man ansetzen und da wundere ich mich, dass Sie, Herr Wagner - ich kenne Sie auch sehr gut, ich weiß, dass Sie auch sozial sind -, dem überhaupt nicht zustimmen können. Wie ich Ihnen schon gesagt habe, Anreize zu geben, heißt natürlich, anfangs ein höheres Arbeitslosengeld zu bezahlen und schrittweise abzusenken. Durch dieses neue Modell gelingt es eben so, dass die Unterstützung nicht geringer ausfällt. Sie soll nicht geringer werden, es will niemand Geld sparen. Uns geht es darum, der Regierung geht es darum, die Menschen wieder in Beschäftigung zu kriegen, nicht, dass wir sparen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Im Dezember 2017 waren 120.000 Personen als Langzeitarbeitslose gemeldet. Die Anzahl ist zwar ein bisschen zurückgegangen, aber ist natürlich unglaublich erschreckend. Es ist unglaublich erschreckend, wenn es 120.000 Menschen gibt, die langzeitarbeitslos sind. Und daher muss man alles tun, damit man die wieder in Beschäftigung bringt, und nicht sagen, da zahlen wir halt. Arbeit ist mehr, als dass man Geld verdient, sondern Arbeit ist auch sehr notwendig. (Abg. Birgit Hebein: Dann muss man sie schaffen!) - Eben, daher verstehe ich überhaupt Ihre Einstellung dazu nicht. Aber ich verstehe da vieles nicht. (Abg. Mag. Barbara Huemer: Das ist nicht Ihr Kompetenzbereich!) - Bitte? (Abg. Mag. Barbara Huemer: Das ist nicht Ihr Kompetenzbereich!) Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Darf ich wieder bitten, die Zwiegespräche einzustellen und die Rede an den Landtag zu richten, das ist die Aufgabe der Frau Abg. Korosec, und sie kann weiter fortsetzen. Abg. Ingrid Korosec (fortsetzend): Ein weiterer Eckpfeiler liegt in der kommenden Reform, die in einem Jahr in Kraft treten soll. Wie diese Reform dann letztendlich aussieht, das wird alles diskutiert werden. Die Frau Sozialministerin hat hier genügend Zeit, da werden Experten eingeladen werden und da können auch Sie Vorschläge machen. Aber gar nicht zu wissen, was kommt, und jetzt schon die Panik zu machen und alle zu verunsichern, da müssen Sie sich selbst bei der Nase nehmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Eines ist auch klar, und das wurde auch schon von Regierungsmitgliedern gesagt: Wenn jemand sein Leben lang eingezahlt hat, so wie Sie, Frau Mörk, das Beispiel genannt haben, wo jemand, der mit 15 Jahren beginnt und mit 53 Jahren dann arbeitslos wird, da braucht diese Person sicher keine Angst haben, dass bei der Mindestsicherung womöglich ihr Auto oder die Eigentumswohnung belastet wird. Also, da kann ich eine Garantie abgeben, dass das nicht passiert. (Abg. Kurt Wagner: Wieso? Wenn die Versicherungsleistung aufhört!) - Jemand, der lange in das System eingezahlt hat, das ist auch eine Gerechtigkeitssache, soll auch länger Leistungen bekommen. (Abg. Birgit Hebein: Behinderte Personen vielleicht!) Und es ist schlicht ungerecht, und man kann diese Ungerechtigkeit den Menschen auch nicht erklären, 40 Jahre habe ich gearbeitet und bekomme dieselbe Leistung wie jemand, der vielleicht ein Jahr gearbeitet hat. (Anhaltende Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Das kann doch nicht sein. Das sehen Sie als gerecht an, jemand, der 40 Jahre in das System eingezahlt hat, bekommt das Gleiche wie jemand, der ein halbes Jahr gearbeitet hat? Bitte erklären Sie einer Billa-Verkäuferin, die täglich zwei Stunden nach Wien pendelt, acht Stunden arbeitet, dass sie mit ihren Beiträgen vielleicht einen jungen Mann oder eine junge Dame unterstützt, dem oder der die Eltern eine Eigentumswohnung gekauft haben, die oder der auf Jobsuche ist, aber es passt ihm oder ihr nichts und daher keinen Job hat. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Sie bringen ja solche Beispiele. Also eines ist klar, Sozialleistungen, wie hier das Arbeitslosengeld und die Mindestsicherung dürfen nicht zu einer Art bedingungslosem Grundeinkommen führen. Das ist für uns eine Voraussetzung. Das ist nämlich jetzt teilweise der Fall. Die rasche Hilfe für Bedürftige zur Überbrückung von Phasen der Arbeitslosigkeit ist unser Ziel, aber auch das rasche Finden eines Arbeitsplatzes. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir wissen, in Wien explodieren die Zahlen der Sozialleistungsbezieher. Das sind Versäumnisse der Wiener Stadtregierung in vielen Bereichen, vor allem im Bereich der Bildungspolitik, denn das ist an sich die Grundsituation, der Arbeitsmarktpolitik, der Integrationspolitik und der Wirtschaftspolitik. Dort haben Sie viele Fehler gemacht. Das ist der Grund, warum jetzt so viele Personen auf diese Leistungen angewiesen sind. Sparsamkeit, Effizienz, Wirtschaftlichkeit, Transparenz, dies sind alles wesentliche Grundprinzipien für ein funktionierendes Sozialsystem. Aber das wird von Ihnen sehr oft ignoriert. Meine Damen und Herren, der Staat sollte dann einspringen, wenn es unbedingt notwendig ist, und es ist eben keine soziale Hängematte, sondern ein soziales Sicherheitsnetz. Das ist notwendig. Wenn ich es noch einmal zusammenfasse: Wir wollen beim System sparen, aber nicht bei den Menschen. Wir wollen eine verantwortungsvolle Politik machen, aber dazu gehört es auch, die Wahrheit zu sagen, statt den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Wir wollen nicht mit Steuergeld kurzfristig Scheinjobs vortäuschen, sondern der Wirtschaft ermöglichen, dauerhafte echte Jobs zu schaffen. Die Einzigen, die langfristig Jobs vergeben können, das sind die Unternehmen in diesem Land, nicht der Staat, auch wenn die SPÖ das bisher oft nicht verstanden hat. Wir wollen Arbeitsanreize schaffen, nicht Sozialanreize, denn diese müssen auch von den arbeitenden Menschen bezahlt werden. (Beifall bei der ÖVP.) Soziales Netz ja, Hängematte nein. Denn jede und jeder wissen, dass man aus einer Hängematte nicht mehr so schnell herauskommt. (Abg. Birgit Hebein: Millionäre hängen in Hängematten!) - Bitte? (Abg. Birgit Hebein: Millionäre hängen in Hängematten! Ein bisschen mehr Respekt vor Arbeitslosen und Menschen in Not!) - Menschen in Not soll man helfen mit Arbeit, denn Arbeit soll auch wieder positiv gesehen werden. (Beifall bei der ÖVP.) Das eigene Einkommen soll wieder zur Selbstverständlichkeit werden, nicht die Sozialleistungen sollen das Ziel werden. Ich glaube, Frau Landesrätin, da sind wir uns sicher einig, Sozialleistungen für die, die es wirklich brauchen, und nicht für die, die es sich am besten richten. Ja, für die Schwächsten, dafür stehen wir. Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt und ganz sicher, dass mit der geplanten Reform, die sehr sensibel gemacht werden wird und wo all das, was ich jetzt kurz angedeutet habe, natürlich berücksichtigt wird, es nicht unser Ziel ist, die Menschen ärmer zu machen. Ganz im Gegenteil, wir wollen, dass die Menschen Beschäftigung haben, dass sie dementsprechend verdienen und nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind. Ich bin sicher, mit dieser durch die neue Bundesregierung geplanten Reform werden diese Ziele erreicht werden. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abg. Mag. Huemer. - Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuseherInnen! Wir führen hier die Debatte über die mögliche Abschaffung der Notstandshilfe, die von Seiten der schwarz-blauen Bundesregierung keinesfalls bislang dementiert wurde. Somit reden wir hier von einer sehr wohl im Raum stehenden Realität. Von meinen VorrednerInnen aus der Opposition wurde sehr oft Wert auf die Evidenz und Fakten gelegt. Darauf werde ich auch eingehen. Aber zuvor möchte ich sagen, dass es sehr erstaunlich ist - Frau Korosec, Sie sind für mich hier das beste Beispiel -, wie das Sein das Bewusstsein bestimmt. Meines Wissens haben Sie eine so hohe Pension, dass nicht einmal das Einkommen aus Ihrer Gemeinderatsfunktion hier voll angerechnet werden kann. Und hier sich herzustellen und davon zu reden, dass es um eine soziale Hängematte geht, wo das Gegenteil der Fall ist! Arbeitslosigkeit ist ein Leben am untersten Minimum - und ich werde Ihnen dazu dann die Zahlen liefern. Das ist wirklich Zynismus, das ist eine Beleidigung, eine Entwürdigung, die so einfach nicht stehen gelassen werden kann. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Im Zusammenhang mit dieser Debatte, die ja auch schon in den Medien vorweg geführt wurde, kam das Wort: Es geht ja nur um die Millionäre unter den Arbeitslosen, und es ginge ja nur um die, die sich "durchschummeln". Also lauter Unterstellungen, die Menschen in Arbeitslosigkeit unter einen Generalverdacht stellen, sie würden sich nicht bemühen, Arbeit zu finden. Ich sage Ihnen: Diese Menschen bemühen sich tagtäglich. Sie schicken ihre Bewerbungsschreiben ab, aber sie kriegen keine Antworten, weil es Unternehmen nicht wert ist, weil Unternehmen bestenfalls auf das Geburtsdatum schauen und insbesondere dann Menschen 45plus, 50plus überhaupt keine Chance haben. Diese Menschen bemühen sich. Und wissen Sie, was das Grundproblem ist? Das Grundproblem ist nicht ein Qualifikationsdefizit, das Grundproblem ist nicht, dass das Arbeitslosengeld oder eine Notstandshilfe zu hoch wäre. Das Grundproblem ist, wir haben diese Arbeitsplätze nicht! Man kann sich nicht für einen Job bewerben, den es gar nicht gibt. Man kann sich nicht dorthin bewerben. Aber was wollen Sie machen? Sie wollen trotzdem die Menschen dafür bestrafen, dass wir es gesellschaftlich nicht schaffen, Arbeitsplätze für diese zu bereitzustellen. Und dann strafen Sie sie. Dann machen Sie ein individuelles Problem draus, wo ein gesellschaftliches Versagen vorhanden ist. Und diese Haltung kann und will ich nicht teilen, sondern dafür kämpfen, dass wir allen Menschen ein existenzsicherndes (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Was machen wir dann?!), ein würdevolles Leben in Beschäftigung schaffen. Und sei es, wenn es der freie Markt nicht schafft, und der tut es nämlich nicht, denn, wenn es um Wirtschaftsförderung geht (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Was ist die Alternative?!), dann ist der freie Markt für Sie nicht relevant. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Welche Wirtschaftsform führen wir dann ein?!) Wenn es um Wirtschaftsförderung geht, dann ist der freie Markt völlig irrelevant, dann kann es gar nicht hoch genug sein. Aber wenn es um Unterstützung von Erwerbsarbeitslosen geht, wenn es um Unterstützung von Arbeitsplätzen geht, dann soll der freie Markt das regeln. Und der freie Markt versagt noch und nöcher! Deshalb ist meine Vorstellung vom Sozialstaat, von Sozialpolitik eine solidarische und die heißt, Risiken nicht individualisieren, sondern Risiken soweit wie möglich abfedern. Abfedern! Und die Errungenschaft der Arbeitslosenversicherung ist in der Tat eine. Denn bevor es die gegeben hat, herrschte großes Elend, da sich die Menschen ohne Job keine Existenz schaffen konnten. Es ist klar. Wir brauchen die Arbeitslosenversicherung. Und für uns GRÜNEN sind diese 55 Prozent Nettoersatzrate einfach zu wenig. Wir haben dazu im Parlament immer schon Anträge gebracht, dass es hier eine Erhöhung braucht, zumindest auf 70 Prozent. Und, Frau Korosec, wenn Sie da jetzt immer in den Norden geschaut haben, schauen wir gern dorthin. Wie schaut es aus dort mit der Kinderbetreuung? Wie schaut es aus dort mit der Transparenz der Einkommen? Alles Sachen, wo sich eigentlich die ÖVP mit Händen und Füßen dagegen sträubt. Ich habe Ihnen versprochen, hier noch ein paar Fakten auf den Tisch zu legen. Sie haben es vielleicht gelesen, in der "Wiener Zeitung" wurde eine Auswertung der Vermögensdaten von der Österreichischen Nationalbank gebracht, um dem Mythos der Millionäre unter den Arbeitslosen nachzugehen. Und, welche Überraschung: Die wurden natürlich nicht gefunden! Es gibt sie nicht. 50 Prozent der Menschen in Arbeitslosigkeit haben ein Vermögen von unter 2.200 EUR. Also, das ist wirklich wenig. Und die andere Hälfte hat vielleicht 40.000 EUR Vermögen. Und wir wissen, es gibt Stufen in der Arbeitslosigkeit. Die erste Phase kann man noch irgendwie ein bisserl übertauchen, vorausgesetzt, man ist nicht in Teilzeit, und Sie wissen, immer mehr Menschen sind in Teilzeit, das heißt, ihr Arbeitslosengeld ist schon sehr gering. Die erste Stufe ist, dass man das angehäufte Vermögen, das Sparbuch verbraucht. Wenn dann keine Arbeitsplätze da sind, dann geht es sich halt immer weniger aus. Es wird gespart. Es wird gespart beim Heizen, es wird gespart bei allen möglichen Ausgaben. Und Sie kennen diesen Teufelskreis. Man fängt an, weniger fortzugehen, man trifft sich weniger, man lädt niemanden mehr ein, soziale Kontakte werden weniger. Mit der Abnahme der sozialen Kontakte hat man vielleicht auch eine Einschränkung im ganzen Netzwerk, die Jobs werden auch über Mundpropaganda weitergegeben. Die Situation wird also immer schlechter, und je länger diese Arbeitslosigkeit dauert, umso mehr sind die negativen Folgen spürbar, finanzieller Natur, auch gesundheitlicher Natur, sozialintegrativer Natur, und es wird immer schwieriger, sich da herauszuheben, weil letztendlich diese Faktoren von den Unternehmen noch einmal negativ bewertet werden und Jobabsagen zur Folge haben. Die reichen Arbeitslosen gibt es also nicht. Und um das noch einmal ganz konkret zu machen, wie das bei der Notstandshilfe ausschaut: Eine Frau hat am Tag 22 EUR und im Monat im Schnitt 667 EUR. Es ist daher überhaupt nicht verwunderlich, sondern logisch, dass ein gewisser Teil aus der Notstandshilfe überhaupt nicht über die Runden kommt, sondern jetzt schon auf die Mindestsicherungsleistung angewiesen ist. Die Wirtschaftskrise hat diese Zahl der NotstandshilfeempfängerInnen seit 2009 verdoppelt und die Zahl der Frauen ist dort auch sehr hoch, nämlich die Hälfte. Und das zeigt, obwohl bei den Arbeitslosenzahlen die Frauen nicht die Hälfte stellen, dass sie bei Langzeitarbeitslosigkeit besonders auf das Aufstocken durch die Mindestsicherung angewiesen sind. Und noch ein Problem! Ich möchte Sie an den 12. Oktober erinnern, insbesondere die Damen und Herren der FPÖ. Am 12. Oktober haben Ihre Kolleginnen im Nationalrat einer Initiative der grünen Sozialsprecherin Judith Schwentner zugestimmt. Diese Initiative war eigentlich bahnbrechend. Es geht darum, eine partnerunabhängige Notstandshilfe zu schaffen. Und Ihre Sozialsprecherin damals hat gesagt, das ist sinnvoll, sinnvoll auch im Sinne der Frauen, ihrer ökonomischer Unabhängigkeit, es ist sinnvoll, weil es um Armutsbekämpfung geht. Und genau darum geht es. Die Notstandshilfe muss eine eigenständige Leistung werden. Dieser Beschluss wurde am 12. Oktober vom Nationalrat gefasst, mit den Stimmen von GRÜNEN, SPÖ und FPÖ. Und ich möchte Sie daran erinnern, sehr geehrte Damen und Herren in der FPÖ, ändern Sie dieses Gesetz, das am 1. Juli kommen soll, nicht, denn dieses Gesetz bedeutet Eigenständigkeit für Frauen. Zu 60 Prozent sind nämlich Frauen von der Anrechnung des Partnereinkommens betroffen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, die Notstandshilfe ist nicht wie das Arbeitslosengeld eine eigenständige Leistung ist, sondern man schaut, was verdient der Partner/die Partnerin. Und in den meisten Fällen ist es halt so, dass der Partner mehr verdient, und das hat zur Folge, dass die Frauen weniger bis gar keine Notstandshilfe bekommen. Das heißt, das gesamte Haushaltseinkommen wird dadurch schon extrem geschwächt. Und auf diese Problematik hat dieser Beschluss am 12. Oktober hingewiesen, hat eine Korrektur in die Wege geleitet. Diese Korrektur wird auch ad absurdum geführt, wenn die Notstandshilfe jetzt abgeschafft wird. Deswegen sind wir wirklich dafür, dass die Notstandshilfe natürlich reformiert wird, auch reformiert im Sinne dieses Beschlusses vom 12. Oktober, aber auch im Hinblick auf eine höhere Leistung, denn derzeit ist das ein Leben in Armut und ein weiteres Abdriften in eine soziale Situation, die de facto nur mehr schwer packbar ist. Noch etwas möchte ich hier sagen, da wir uns ganz genau anschauen können, wie sich die Situation in Deutschland mit der Einführung von Hartz IV entwickelt hat. Wie hat sich das System verändert? Was ist dort passiert? - Wir wissen, es gab einen riesigen Anstieg an Niedriglohnarbeit. Deutschland hat praktisch eine prekäre Vollbeschäftigung. Die Leute sind nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik, aber sie sind im Niedriglohnbereich. Und das kann man unserer Ansicht nach nicht wollen. Wir wollen keinen Anstieg im Niedriglohnbereich, sondern wir wollen, dass die Menschen ein gutes Einkommen, ein faires Einkommen, ein existenzsicherndes Einkommen haben und sich dann nicht zu Minijobtarifen veräußern müssen. Ich glaube - das ist auch mehrfach belegt -, der Grund, warum diese Erhöhung des Drucks auf Erwerbsarbeitslose oder letztendlich auf alle Beschäftigten nicht mehr Jobs schafft, ist, dass er eigentlich nur die Spirale anheizt: Wer arbeitet billiger? - Das ist die Spirale. Es wird dadurch kein neuer Job geschaffen, sondern es werden nur billigere Löhne geschaffen. Deswegen ist auch aus dieser Perspektive eine solche arbeitsmarktpolitische Fehlentscheidung aufs Äußerste abzulehnen. (Zwischenruf von Abg. Wolfgang Seidl.) Aus Deutschland können wir also sehr viel lernen hinsichtlich dessen, was Hartz IV dort an Verschiebungen verursacht hat. Ich warne wirklich vor diesem Paradigmenwechsel, den Sie vorhaben. Nehmen Sie davon Abstand, machen Sie keine Hartz-IV-Situationen in Österreich! Wir brauchen stattdessen geförderte Arbeitsplätze, wir brauchen kollektivvertraglich abgesicherte Arbeitsplätze. Was wir definitiv nicht brauchen - aber das haben Sie schon gemacht! -, ist die Verschärfung der Zumutbarkeit. Für Sie ist das überhaupt kein Problem, wenn man stundenlang auf der Straße oder auf der Schiene unterwegs ist und daneben Haus, Kinder, Hobbys, Ehrenamt auf der Strecke bleiben. Für Sie ist es überhaupt kein Problem, wenn Leute 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche schuften müssen. Für Sie fällt das unter die Kategorie Sozialpolitik. Es ist sehr entlarvend, wie Sie Sozialpolitik verstehen. Ich möchte noch einmal zusammenfassen, warum wir ganz strikt gegen die Abschaffung der Notstandshilfe sind: Zum einen fördert sie Armut und insbesondere Altersarmut. Sie fördert den Niedriglohnbereich, sie treibt Menschen in die Armut. Sie müssen wirklich das letzte Hemd ausziehen, denn das ist ein völliger Wechsel. Wir sind dafür, dass es eine Versicherungsleistung bleibt und keine Sozialleistung. Frau Korosec, ich finde das irgendwie skurril, zu sagen: Wer länger einzahlt, soll mehr kriegen. Würden Sie beispielsweise im Gesundheitssystem sagen, na ja, junge Frau, Sie brauchen jetzt zwar eine Krebstherapie, aber Sie haben noch nicht genug dafür einbezahlt!? - Nein. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Was ist das für ein Vergleich?) Es geht darum, jemandem durch eine Versicherungsleistung in Not beizustehen. Das ist das Solidarprinzip. Sie wollen nichts anderes, als Menschen gegeneinander auszuspielen, als Armut zu verschärfen und letztendlich die Unternehmensgewinne zu erhöhen, indem sie den Beschäftigten weniger geben. Ein weiteres Argument, warum wir dieser Maßnahme in keiner Weise zustimmen können, ist ein wirtschaftsökonomischer Aspekt. Sie wissen, Menschen, die ohnehin nicht so viel haben, geben alles aus, die sparen nicht viel, die können gar nicht sparen. Das heißt, es wird direkt in die örtliche Wirtschaft eingespeist. Diese Menschen fliegen auch nicht auf die Malediven, sondern sie geben das Geld dort aus, wo sie leben. Das kommt der heimischen Wirtschaft zu Gute und ist deswegen sinnvoll. Es ist also nicht sinnvoll, so viele Menschen wie möglich in die Armut zu treiben, denn das ist ein Wirtschaftskiller. Für den Staat und letztendlich auch für die Unternehmen ist es besser, wenn Menschen Jobs haben, wenn Menschen ein versicherungspflichtiges Einkommen haben, denn dann zahlen sie auch Steuern, dann zahlen sie in die Versicherungssysteme ein, dann können sie auch Geld ausgeben, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wir sagen deswegen heute hier ganz klar: Hände weg von der Abschaffung der Notstandshilfe! Wenn Notstandshilfe, dann reformieren! Reformieren Richtung Existenzsicherung, reformieren Richtung würdevoller Arbeit, reformieren Richtung Mehrbeteiligung und Mitsprache von Erwerbsarbeitslosen. Denken wir das Ganze ein bisschen größer, nämlich auf einer beschäftigungspolitischen Ebene! Denken wir daran, dass wir Arbeitsplätze für alle schaffen müssen und dass wir nicht die Menschen gegeneinander ausspielen! Ich würde mir wirklich zum Abschluss wünschen, dass sich insbesondere die FPÖ ihrer sozialen Verantwortung bewusst ist, dass die FPÖ, die am 12. Oktober für ein partnerInnenunabhängiges Notstandshilfesystem gestimmt hat, bei ihrem Wort bleibt, dass das nicht wahltaktisches Kalkül war - was ich eigentlich befürchte -, wenn Sie genau diesen sozialpolitischen Schritt jetzt gar nicht in die Umsetzung bringen wollen. Ich nehme Sie hier in die Verantwortung, sehr geehrte Damen und Herren der FPÖ, im Sinne der Frauen, im Sinne der Menschen, die sozial geschwächt sind, die ökonomisch geschwächt sind. Machen Sie das nicht! Treiben Sie nicht die Menschen in die Sozialhilfe, wo nicht nur die Person selbst, sondern die gesamte Familie stark unter diesem Verlust des Geldes leiden wird! Ich bringe jetzt einen Antrag der Landtagsabgeordneten David Ellensohn, Birgit Hebein, von mir, Gabriele Mörk, Silvia Rubik und Tanja Wehsely betreffend Beibehaltung der Notstandshilfe ein. Ich werde jetzt, weil es heute angerissen wurde, vollständigkeitshalber vorlesen, was wir möchten. Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen gemäß § 27 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien folgenden Beschluss-Resolutionsantrag: "Der Wiener Landtag wolle beschließen: Der Wiener Landtag fordert die Bundesregierung auf, die Notstandshilfe beizubehalten. Der Wiener Landtag stellt fest, dass die finanzielle Unterstützung zig Tausender Arbeitsloser nicht einseitig aus der Arbeitslosenversicherung auf die Bundesländer übergewälzt werden darf und dass die Bundesländer das rechtlich bekämpfen werden. Der Wiener Landtag fordert die Bundesregierung auf, den Wiener Weg zu gehen, nicht die Armen, sondern die Armut zu bekämpfen, weil eine sozial polarisierte Gesellschaft Nachteile nicht nur für die Ärmsten, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger bringt. Der Wiener Landtag fordert die Bundesregierung auf, dass der am 12. Oktober 2017 vom Nationalrat gefasste Gesetzesbeschluss umgesetzt wird, mit dem die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Berechnung der Notstandshilfe ab dem 1. Juli 2018 abgeschafft wird. Und der Wiener Landtag ersucht die Amtsführende Stadträtin für Soziales, Gesundheit und Frauen, alles in ihrem Wirkungsbereich Mögliche zu unternehmen, um diese Ziele zu unterstützen. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt." Sehr geehrte Damen und Herren, nehmen Sie sich ein Herz, besinnen Sie sich dessen, was Sie schon einmal für gut befunden haben! Machen Sie nicht Gutes schlecht, sondern stimmen Sie dafür und arbeiten Sie dafür, dass die Notstandshilfe bleibt beziehungsweise besser wird! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Seidl. - Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ): Danke, Herr Präsident. Sehr geehrte Frau Landesrätin! - Ich sehe sie zwar derzeit nicht, aber ich gehe davon aus, dass sie im Raum ist. - Meine Damen und Herren auf der Tribüne und auch vor den Bildschirmen! Ganz zum Schluss, sehr geehrte Frau Mag. Huemer, haben Sie vorgelesen, was dieser Dringliche Antrag zum Inhalt hat, und da haben Sie unter anderem nicht nur erzählt, sondern auch vorgelesen, dass der Wiener Landtag die Bundesregierung auffordert, die Notstandshilfe de facto nicht abzuschaffen. Sehr geehrte Frau Mag. Huemer, vielleicht ist es Ihnen nicht bekannt, vielleicht ist es auch den GRÜNEN nicht mehr bekannt oder die GRÜNEN sind schon zu lange weg vom Parlament, aber das kann die Bundesregierung gar nicht machen. Wenn, dann kann das nur das Parlament machen, nicht aber die Bundesregierung. Es ist also der Adressat falsch. (Beifall bei der FPÖ. - Amtsf. StRin Sandra Frauenberger steht winkend hinter der letzten Sitzreihe.) - Grüß Gott, Frau Landesrätin, ich habe Sie vorher nicht gesehen, ich bitte um Entschuldigung. Ich habe Sie aber begrüßt. (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Danke!) - Bitte, gerne. Der Dringliche Antrag ist aber auch sonst nicht nur redaktionell teilweise falsch, denn so wie auch der gestrige Resolutionsantrag inhaltlich falsch war, stehen auch hier Dinge drinnen, die nachweislich falsch sind. Ich weiß nicht, wer es geschrieben hat, ob ihr von den Sozialdemokraten das geschrieben habt oder die GRÜNEN, es wird einen Adressaten geben. Ich werde euch nachher erzählen, was heute falsch ist, zusätzlich zu dem, dass der Adressat, an den der Antrag gehen soll, der falsche ist. Aber vielleicht zuerst einmal zur Erklärung für die Personen, die uns heute zusehen, egal, ob auf der Tribüne oder im Internet, was wir da heute machen: Wir haben einen sogenannten Dringlichen Antrag. Dabei stellen in diesem Fall drei grüne Mandatare und drei Mandatare der Sozialdemokraten an die Amtsführende - heute - Landesrätin für Soziales, Gesundheit und Frauen Sandra Frauenberger einen Antrag, etwas zu machen. So weit so gut. Jetzt sitze ich seit 2010 hier in diesem Haus und kenne eigentlich nur die Vorgehensweise, dass man Dringliche Anträge als Opposition an einen Amtsführenden Stadtrat, Landesrat, Bürgermeister, Landeshauptmann stellt. Aber dass ihr jetzt schon so weit seid, dass die Koalitionsregierung anscheinend nicht mehr mit der Landesrätin reden kann, sondern sie in einem Dringlichen Antrag auffordern muss, etwas zu tun, ist wirklich eine neue Qualität. Ich weiß schon, dass ihr von den Sozialdemokraten untereinander sehr wenig miteinander redet (Abg. Birgit Hebein: Haben Sie nichts zum Inhalt zu sagen? Fällt Ihnen nichts dazu ein? Ist Ihnen das peinlich?), aber die Stadträtin aufzufordern, etwas zu tun, meine Damen und Herren, was eigentlich gar kein Thema ist, das ist wirklich außerordentlich kreativ. (Beifall bei der FPÖ.) Der Antrag ist eine Seite lang, hat ein paar Rechtschreibfehler, aber gut, das ist ja noch das Geringste. (Abg. Birgit Hebein: Haben Sie nichts zum Inhalt zu sagen? Fällt Ihnen nichts dazu ein? Ist Ihnen das peinlich?) - Doch, doch, ich komme gleich dazu. Fangen wir vielleicht mit dem berühmten Hartz IV an, denn das hat Frau Mag. Huemer auch erzählt. Es steht in diesem Antrag - dafür haben Sie auch vier Zeilen verwendet -, dass das deutsche Modell Hartz IV so furchtbar ist. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Das war eine rot-grüne Idee!) Sie haben 100-prozentig recht, meine Damen und Herren, aber wer hat es denn erfunden? Wer hat es denn in Deutschland eingeführt? - Meine Damen und Herren, das waren eure Kollegen, eure Sozialdemokraten in Deutschland (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Und Joschka Fischer!), und das waren die GRÜNEN, das war Joschka Fischer. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. - "Buh"-Ruf von Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Machen wir weiter: Ihr bezieht euch auch auf das Mindestsicherungsgesetz, das derzeit gültige, in Wien bestehende Mindestsicherungsgesetz, das ihr gemeinsam, Rot und Grün, heute vor genau zwei Monaten beschlossen habt. Ihr beklagt jetzt in diesem Antrag, wie furchtbar das nicht ist, dass jemand, der mehr als 4.200 EUR an Geldvermögen hat, das hergeben muss. Meine Damen und Herren, vor zwei Monaten waren wir gegen dieses Gesetz. Ihr habt es genau so beschlossen, heute beklagt ihr es? Und die Chuzpe in dem Ganzen ist überhaupt das Beste, denn die GRÜNEN beklagen, dass jemandem, der ein Auto besitzt, dieses weggenommen wird. (Heiterkeit bei Abg. Christian Oxonitsch.) Die GRÜNEN beklagen das! Lustiger und schlimmer geht es ja wohl nicht mehr. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Das alles habt ihr beschlossen, meine Damen und Herren, vor zwei Monaten, und wir waren dagegen. Heute regt ihr euch darüber auf und ersucht die Frau Stadträtin, dass sie jetzt bei der Bundesregierung etwas durchsetzen soll, was es noch gar nicht gibt. Meine Damen und Herren, ausgezeichnet, ihr seid wirklich unglaublich! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Ich möchte jetzt die Frau Stadträtin unterstützen, denn das kann sie gar nicht machen, was ihr da wollt, denn zu dem, was ihr wollt, gibt es weder eine Regierungsvorlage noch ein Gesetz. (Abg. Christian Oxonitsch: Warum kündigt ihr es dann an?) Frau Mag. Emmerling hat es völlig richtig gesagt, die Bundesregierung, die jetzt genau einen Monat im Amt ist, hat angekündigt, dass es bis Ende 2018 Vorschläge geben wird. Meine Damen und Herren, wir haben heute den 26. Jänner, wenn ihr uns das in zehn Monaten erzählt, dann können wir eventuell darüber reden, aber was soll die Frau Stadträtin heute mit dem Antrag machen? (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Die müssen doch jetzt schon empört sein, das muss man verstehen!) Ich gehe davon aus, dass ihr dem heute zustimmen werdet. (Zwischenruf von Abg. Christian Oxonitsch.) - Ja, allerdings ist die Frau Stadträtin keine Frau Landeshauptfrau. (Neuerlicher Zwischenruf von Abg. Christian Oxonitsch.) Sehr geehrter Herr Klubobmann, wir werden die Frau Landesrätin unterstützen und diesen Antrag selbstverständlich ablehnen. - Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Teiber. - Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Barbara Teiber, MA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Zuschauer auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß jetzt gar nicht, wo genau ich anfangen soll. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Beim Anfang!) - Beim Anfang, ja, das ist sehr gut, dann beginne ich beim Vorredner. Herr Seidl, ich denke mir wirklich, wenn man inhaltlich nichts zu sagen hat und anscheinend in einen Argumentationsnotstand gerät, dann redet man nur über Formalien und über sonst nichts. Zum Inhalt habe ich vorher wirklich ganz, ganz wenig von Ihnen gehört (Zwischenrufe bei der FPÖ.), außer dass Sie es lustig gefunden haben und es humorvoll war. Es haben ja auch viele gelacht, als meine Vorrednerin von den GRÜNEN über das Auto gesprochen hat. Wenn Sie dabei Spaß empfinden - da geht es um Schicksale von sehr vielen Menschen, von Wienern und Wienerinnen -, dann bleibt mir ehrlich die Spucke weg. Lustig finde ich das nicht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Auch dieses Gerede darüber, dass wir hier Panik machen - ich glaube, man kann sich das Regierungsprogramm durchlesen. Gestern haben wir beim Thema Antisemitismus von Taten, und so weiter gesprochen, jetzt drehe ich es einmal um und bin bei unserem Parteivorsitzenden Kern und sage: Wir messen Sie beim Thema Notstandshilfeabschaffung, et cetera nicht an den Taten, sondern am Vorhaben, das da drinsteht. Wir wollen dieses Vorhaben verhindern, denn das wäre für viele Tausende Menschen in diesem Land tragisch. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Allein an Ihrem Vorhaben, die Notstandshilfe abschaffen zu wollen, und auch an der ersten konkreten Aktion, die Beschäftigungsaktion 20.000 zu stoppen, merkt man, dass sich da im Bund im Dezember eine Regierungskonstellation zusammengefunden hat, die für eine Gruppe nichts, aber auch gar nichts über hat, nämlich für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, und das ist wirklich traurig. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich habe Frau Korosec gut zugehört, aber leider lässt sich da, aus meiner Sicht zumindest, nichts schönreden und auch nichts umdeuten, wenn der Herr Bundeskanzler Kurz und auch der Herr Vizekanzler Strache aktuell eine neue Sozialschmarotzerdebatte befördern. Dies neuerdings unter dem Schlagwort des Durchschummelns - das hat man mehrfach gehört, mehrfach gelesen -, weil sich angeblich so viele Menschen durch unser Sozialsystem durchschummeln, soll eben die Notstandshilfe abgeschafft werden. Man muss den Druck erhöhen, damit die Arbeitslosen wieder schneller arbeiten, denn, so wird suggeriert, es wären ja so viele Langzeitarbeitslose quasi freiwillig arbeitslos und selbst verschuldet in dieser Situation. Da möchte ich schon sagen, werte Kollegen und Kolleginnen der ÖVP und auch der FPÖ: Meinen Sie das ernst? Das Arbeitslosengeld - das wurde vorher schon geschildert - macht nur 55 Prozent des Nettoeinkommens vom Letztbezug aus und wird dann, wenn man in die Notstandshilfe kommt, abermals gekürzt. Das führt dazu, dass wir aktuell eine Situation haben, in der die Armutsgefährdungsquote bei arbeitslosen Menschen bei 38 Prozent liegt, bei Erwerbstätigen bei 7 Prozent. Diese Argumentation, dass es sich viele in der Arbeitslosigkeit bequem machen und es supergemütlich haben, ist angesichts dieser Tatsachen wirklich nur zynisch und auch absurd. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich möchte da - weil das auch sehr oft von Ihrer Seite kommt - nicht missverstanden werden, wenn es Missbrauch im System gibt, dann soll dieser auch geahndet werden, gerade auch im Interesse vieler Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die sehr lange ins System einzahlen, aber Sie tun ja so, als gäbe es da keine Instrumente. - Die gibt es, allein im Vorjahr hat das AMS mehr als 100.000 Sanktionen ausgesprochen. Wenn ich Ihnen zuhöre, dann wirkt das aber so, als wäre das alles nicht geschehen. Einen Aspekt möchte ich auch noch bringen, denn wer sich wirklich durch unser Sozialsystem - anscheinend leider mit System - durchschummelt, das konnten viele von uns Anfang der Woche in der Tageszeitung "Kurier" in einem aus meiner Sicht sehr spannenden Artikel nachlesen. Eine WIFO-Studie aus dem Vorjahr verortet die Durchschummler vor allem auf der Arbeitgeberseite. Denn in vielen Betrieben ist es Praxis - speziell in der Bauwirtschaft, im Tourismus, in der Arbeitsvermittlung, aber auch im Handel -, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei schwacher Auftragslage oder auch in der Zwischensaison freigesetzt werden, beim AMS geparkt werden und bei Wiedereinstellungszusage nach nur wenigen Tagen oder Wochen später erneut eben wieder beim selben Arbeitgeber zu arbeiten beginnen. Da sage ich Ihnen, das ist eine Praxis, die zu Lasten der Allgemeinheit geht. Diese Praxis, die von Teilen der Wirtschaft angewandt wird, ist eine Pervertierung der Idee und des Sinns der Arbeitslosenversicherung, einer Versicherungsleistung, für die in erster Linie die Gewerkschaften und auch die Sozialdemokratie gekämpft haben. Aber dieser Missbrauch interessiert anscheinend den Herrn Kurz und auch den Herrn Strache weniger, viel mehr macht sich Herr Kurz - unlängst hat mich das eher amüsiert oder eher traurig gemacht - Sorgen um die Hetze gegen Reiche. Da sage ich: Geht's noch? - Ich würde mir wünschen, Herr Kurz macht sich Sorgen um die wirklich Armen in unserem Land, um die Arbeitslosen in unserem Land und überdenkt noch einmal diese Pläne, die man im Regierungsvorhaben nachlesen kann. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich möchte das bestätigen, was meine VorrednerInnen schon gesagt haben: Die Betroffenen haben wirklich Angst davor, was passiert, wenn die Notstandshilfe abgeschafft wird. Es ist sogar so, dass eine Studie beziehungsweise Berechnungen des Finanzministeriums aus dem letzten Jahr belegen, dass 57 Prozent einen Anspruch auf Mindestsicherung hätten, das heißt umgekehrt, 43 Prozent der Notstandshilfebezieher, wenn es diese nicht mehr gibt, haben nicht einmal Anspruch auf Mindestsicherung. Das ist eine Geschichte, die Sie sich wirklich überlegen und die Pläne dazu überdenken sollten! Auf zwei Dinge, die erwähnt wurden, möchte ich auch noch kurz eingehen: Das eine ist das Beispiel Skandinavien, wo die Höhe des Arbeitslosengeldes kontinuierlich zurückgeht. Das ist ja immer etwas, was die Agenda Austria der Industriellenvereinigung, die Lobbyingagentur - so bezeichne ich sie - postuliert. Nur ist die Situation in Skandinavien eine ganz, ganz andere. Dort ist die Nettoersatzquote nicht bei 55 Prozent, sondern bei 70, 80 oder 90 Prozent. Ich sage einmal, darüber können wir gerne reden, wenn am Anfang ein höheres Arbeitslosengeld ausbezahlt wird, aber ich vermute, so werden Ihre Pläne nicht ausschauen. Das andere, worauf ich eingehen möchte, sind die vielen offenen Stellen, die es jetzt gibt. Natürlich freue ich mich, dass die Konjunktur seit letztem Jahr angesprungen ist, die Arbeitslosigkeit in Österreich und auch in Wien zurückgeht und auch die offenen Stellen mehr werden. Nur muss man auch das relativieren, und wenn man ein bisserl Ahnung vom Fach hat, dann weiß man, dass die offenen Stellen keine wirklich offenen Stellen sind. Mittlerweile ist es so, dass auf Grund dessen, dass die Arbeitsvermittlungen und die Leasingfirmen immer mehr werden, eine offene Stelle bei der Firma selbst und von zahlreichen Arbeitskräftevermittlungsfirmen gemeldet werden kann. Insofern ist die Zahl der offenen Stellen, die eingemeldet werden, in Wahrheit real viel, viel niedriger. Jetzt noch ein Letztes zur Notstandshilfe - meine Vorrednerin hat das schon erwähnt, aber ich muss es einfach noch einmal erwähnen, weil es mich so maßlos aufregt -: Wirklich wahrlich gefrotzelt müssen sich jene arbeitslosen Menschen fühlen, und das sind eben überwiegend Frauen, die auf Grund des Partnereinkommens schon jetzt keine Notstandshilfe bekommen. Wirklich, ich fasse es nicht! Da beschließt die FPÖ noch im Oktober gemeinsam mit der SPÖ, mit uns, und den GRÜNEN im Parlament einen Antrag, der die Abschaffung der Anrechnung des Partnereinkommens zum Inhalt hat, und dann ist das Erste, was Sie machen, da Sie jetzt endlich in der Bundesregierung sind, ist, Pläne darüber zu wälzen, die Notstandshilfe abzuschaffen. Also wenn das so ausschaut, wie Sie Dinge erledigen, dann muss einem angst und bange werden! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Sehr viel ist in der Fragestunde heute Vormittag auch schon zum Thema Beschäftigungsaktion 20.000 gesagt worden, zum Auslaufen, Aussetzen, Stoppen, Sistieren, wie auch immer man das jetzt benennen mag. Fakt ist, dass mit dieser Aktion, zumindest in der Pilotphase im letzten Jahr, viele Tausend Menschen in ganz Österreich, viele Menschen in Wien erstmals eine reale Chance bekommen haben, am Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. Das ist wirklich ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Ich kenne einige, die sich wieder Hoffnung gemacht haben, die wieder Mut und Kraft geschöpft haben und auch eine Perspektive gesehen haben. Dies ist eine der ersten konkreten Maßnahmen dieser schwarz-blauen Bundesregierung und aus meiner Sicht nicht nur ein sozialpolitischer Wahnsinn, sondern auch volkswirtschaftlich gesehen nicht gerade eine gute Entscheidung. Noch eines zum Thema Konjunktur: Ich habe es schon erwähnt, die Konjunktur schaut seit dem letzten Jahr gut aus, aber wir wissen, dass trotz anspringender Konjunktur und auch trotz Qualifizierungsmaßnahmen, die es durchaus auch bei älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gibt - vor allem in Wien durch den WAFF, durch das AMS, da wird sehr viel in Weiterbildung investiert -, es Über-50- und -55-Jährige leider ganz, ganz schwer haben, einen Job zu finden. Arbeitgeber sind da äußerst zurückhaltend, und manchmal werden Bewerbungsschreiben nicht einmal angeschaut, geschweige denn, dass man eingeladen wird. Wir GewerkschafterInnen haben es sehr oft - leider, sage ich - mit der Situation zu tun, dass wir mit Unternehmensschließungen, mit Teilbetriebsschließungen und mit Sozialplanausverhandlungen konfrontiert sind. Da geht es oft darum, für Kolleginnen und Kollegen, die 20, 30, 35 Jahre in ein- und demselben Betrieb gearbeitet haben, noch das Beste rauszuholen. Das sind Kollegen, Kolleginnen mit 54, 55 Jahren, die komplett unverschuldet ihren Job verlieren, weil das Unternehmen zusperrt oder manche Unternehmen auch woandershin umsiedeln. Ich möchte ein Beispiel erwähnen, weil es mich besonders getroffen hat, nämlich das einer der größeren Unternehmensschließungen in letzter Zeit - Sie können sich vielleicht noch erinnern -, "Zielpunkt", wo ganz, ganz viele Menschen - Frauen, Handelsbeschäftigte - ihren Job verloren haben. Wir haben wirklich versucht, hunderten Kollegen und Kolleginnen zu helfen, bei anderen großen Lebensmittelhandelsketten einen Job zu finden. Das ist größtenteils bei den jüngeren Kollegen, Kolleginnen, auch bei jenen, die 40 bis 45 Jahre waren, tatsächlich gelungen. Aber bei denen über 50 war es fast unmöglich, und es haben viele davon heute noch keinen Job. Und darum geht es, nämlich jenen, die am ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben, trotzdem eine Perspektive zu bieten. Frau Korosec, Sie haben vorher von "Job geben" gesprochen - ja, der private Arbeitsmarkt gibt diesen Menschen keinen Job, da funktioniert der Markt nicht. Insofern war die Aktion 20.000 eine der besten, sinnvollsten Maßnahmen. Und das Erste, was Ihnen einfällt, ist, das einfach abzuschaffen. - Unfassbar! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und da es nicht nur für die einzelnen Menschen eine gute Geschichte war oder ist - wie auch immer, hoffentlich überlegen Sie sich das noch einmal -, sondern - wie man an den Daten und Fakten sehen kann - auch äußerst sinnvoll war, möchte ich Zahlen dazu erwähnen: In den Pilotregionen der Aktion 20.000 ist die Langzeitarbeitslosigkeit bei den Über-50-Jährigen um 11,7 Prozent zurückgegangen, während sie im Rest von Österreich um 2,1 Prozent gestiegen ist! Mehr Beweise braucht es nicht dafür, dass das eine super Geschichte war. Darum bringe ich jetzt den Beschluss- und Resolutionsantrag von Abgeordneten der SPÖ und der GRÜNEN ein und würde Sie ersuchen, diesem Antrag zuzustimmen. Geben Sie sich einen Ruck! Hören Sie auf Ihr Herz! Reden Sie vielleicht mit Ihren Kollegen und Kolleginnen in der FPÖ und in der ÖVP im Bund, dass man sich das im Interesse der Menschen noch einmal gut überlegen und diese Beschäftigungsaktion 20.000 fortführen sollte. Es geht dabei um tausende Schicksale. - Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Meinhard-Schiebel. - Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gehe noch einen Schritt weiter, weshalb die Notstandshilfe auf gar keinen Fall abgeschafft werden darf, nicht so wie die Aktion 20.000 - Arbeitsplätze für ältere Menschen. Ich habe vor kurzer Zeit im "Standard" eine Überschrift gelesen, die ich mehr als arg und bedenklich gefunden habe. Da stand: "Arbeitslose haben gefälligst zu leiden." Diese Zeile war nicht zynisch gemeint, sondern sie hat schlicht und einfach klar gemacht, was Arbeitslosigkeit für Menschen bedeutet und dass sie darunter leiden. Das Projekt 20.000 - Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmer hat noch nicht einmal richtig gestartet und schon ist es mit einer Delete-Taste wieder ausgelöscht worden. Sind arbeitslose Menschen schlicht und einfach Wegwerfprodukte? Das Spiel mit dieser Erwerbsarbeitslosigkeit von Menschen geht über viele Jahrzehnte, gedient hat das aber immer nur dem Kapitalismus. Arbeitslose Menschen sind erpressbar. Lohndumping bringt nur der Wirtschaft etwas und spaltet die ArbeitnehmerInnenklasse. Ältere arbeitslose Menschen, und da sprechen wir von Menschen über 50, sind schwer vermittelbar. Das ist keine Neuigkeit. Je länger sie arbeitslos sind, umso weniger Chancen haben sie, wieder in diesen ersten Arbeitsmarkt zurückzukommen. Und in der Zwischenzeit ist der Zug abgefahren und ihre Kenntnisse entsprechen nicht mehr den Herausforderungen. Ob das eine Ausrede ist oder eine Tatsache, für beides können diese arbeitslos gewordenen Menschen nichts. Die Stufenleiter für ältere arbeitslose Menschen geht rasant nach unten. Ohne Pilotprojekt, ohne Versuche, wenigstens im zivilgesellschaftlichen Bereich irgendwo in einem Auffangbecken zu landen, sich letztlich dann doch noch prostituieren zu müssen und gedemütigt jeden Job annehmen zu müssen, geht es weiter zum Arbeitslosenbezug, vielleicht noch mit ein paar Krankenständen sich über Wasser zu halten, in die nicht mehr vorhandene Notstandshilfe, sofort in die Mindestsicherung. So schafft man Abhängigkeiten und so schafft man ein Heer von Menschen, die für alle anderen gesellschaftliche Loser sind. Eine Regierung, die das verschuldet, setzt die Menschenrechte außer Kraft. Art. 23: Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit. Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls - und das ist ein wichtiger Satz - ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen. Ich weiß sehr wohl, wovon ich spreche, ich habe 18 Jahre lang erwerbslose Frauen durch die schwierigsten Zeiten ihres Lebens begleitet, damit sie sich eine neue Existenz aufbauen konnten, und das zu Zeiten, in denen das AMS noch von Menschen geleitet wurde, die Widerstand geleistet haben, wenn ihnen von Regierungsseite die Daumenschrauben angelegt worden sind. Und falls das uralte Vorurteil daherkommt: Jeder kann arbeiten, wenn er nur will, dann fahre ich Ihnen über den Mund! Würden Sie, jeder von uns, die wir hier sitzen, wenn es überhaupt noch einen Job wie diesen gibt, Toilettenbetreuerin in einem öffentlichen WC werden wollen? Würden Sie Ihre letzten Arbeitsjahre damit verbringen wollen, zwischen Mindestsicherung und hin und wieder einem McJob zu pendeln? Oder noch besser gesagt: Wollen Sie den verankerten Berufsschutz gleich in den Mistkübel schmeißen und sämtliche anderen Arbeitsrechte auch? Falls das Argument zur Abschaffung des Programmes heißt, es kostet zu viel und es bringt zu wenig, dann rechnen Sie besser gegen, was die Arbeitslosigkeit kostet. Wer übrigens jemals "Die Arbeitslosen von Marienthal" gelesen hat, weiß sehr gut, was Arbeitslosigkeit mit Menschen anstellt. Sie macht krank. Sie demütigt und sie macht Menschen wütend, wenn sie nicht schon in die Depression versunken sind. Arbeitslosigkeit zu verschulden, ist eines der größten Vergehen in einem modernen Staat. Arbeitslosigkeit von älteren Menschen zu verschulden, genauso wie Jugendarbeitslosigkeit, ist eine gefährliche Zeitbombe, die Ihnen irgendwann um die Ohren fliegt. Die Jungen ohne Zukunft werden zu Recht auf die Barrikaden steigen, die Alten werden in die Armut rutschen, und nichts ist teurer als die Armut selbst. Diese Regierung wird sich dafür vor ihren WählerInnen rechtfertigen müssen. (Abg. Mag. Günter Kasal: Aber geh! Das sagt die Glaskugel, gell?!) Sie hat Schicksale auf dem Gewissen und einen Staat, der sich weder um Menschenwürde noch um ein soziales Miteinander schert. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Juraczka. - Bitte schön, Herr Abgeordneter. Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor wir diesen zweiten Plenartag abschließen, gönnen Sie mir wenige Sekunden Ihrer Aufmerksamkeit! Wir haben in den letzten zwei Tagen eigentlich relativ wenige Geschäftsstücke behandelt. Ging es gestern hauptsächlich darum, Subventionen zu verteilen, so waren es heute ganze vier Geschäftsstücke. Dafür haben wir uns sehr intensiv damit beschäftigt, wie Rot-Grün sich über diese neue türkis-blaue Bundesregierung empört. - Das soll so sein, ich habe auch ein gewisses Verständnis dafür. Wir seitens der Opposition waren gerne Zeugen des berühmten Wettbewerbs: Wer empört sich am besten? - Ich glaube, die Siegerehrung wird es irgendwann morgen am frühen Nachmittag geben. Auch davon, wer moralisch hochwertiger ist als die Opposition, durften wir Zeugen werden. Meine Damen und Herren, ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man vielleicht in Gruppentherapien das Trauma des 15. Oktober besser abarbeiten kann. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Meine Damen und Herren der Stadtregierung! Man kann Dringliche zum eigenen Wirkungsbereich machen - ja, das geht -, man kann Debatten zum eigenen Wirkungsbereich machen - ja, das geht -, und man kann Arbeit zum eigenen Wirkungsbereich, nämlich zur Stadt Wien oder zum Land Wien, machen. Meine Damen und Herren, ich erwarte mir in den nächsten Sitzungen, dass wir wieder das tun, wofür wir gewählt wurden, Arbeit für diese Stadt statt dem Aufarbeiten von irgendwelchen Traumata! - Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte über die Besprechung des Dringlichen Antrages ist somit beendet. Diesen Antrag weise ich zur Behandlung der Amtsführenden Stadträtin der Geschäftsgruppe Soziales, Gesundheit und Frauen zu. Es liegen zwei Beschlussanträge vor. Ein Beschlussantrag, eingebracht von den GRÜNEN und der SPÖ, betrifft die Beibehaltung der Notstandshilfe. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt. Ich bitte jene Damen und Herren des Landtages, die diesem Antrag die Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke, das ist mit Stimmen der SPÖ und GRÜNEN mehrheitlich so angenommen. Der nächste Beschluss- und Resolutionsantrag betrifft den Appell des Landtages an die österreichische Bundesregierung, die Aktion 20.000 nicht einzustellen. Ich darf jene Damen und Herren, die diesem Antrag die Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand bitten. - Danke. Das ist mit Stimmen der SPÖ und GRÜNEN mehrheitlich angenommen. Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden schriftlich bekannt gegeben. Ich schließe damit die heutige Sitzung des Wiener Landtages. (Schluss um 14.42 Uhr.) Landtag, 20. WP 26. Jänner 2018 23. Sitzung / 2 Landtag, 20. WP 26. Jänner 2018 23. Sitzung / 42