Wiener Landtag 20. Wahlperiode 9. Sitzung vom 30. September 2016 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. Fragestunde 1. Anfrage (FSP - 02952-2016/0001 - KNE/LM) S. 3 2. Anfrage (FSP - 02950-2016/0001 - KVP/LM) S. 6 3. Anfrage (FSP - 02948-2016/0001 - KFP/LM) S. 10 4. Anfrage (FSP - 02947-2016/0001 - KSP/LM) S. 12 5. Anfrage (FSP - 02953-2016/0001 - KNE/LM) S. 16 3. AST - 02911-2016/0002 - KSP/AL: Aktuelle Stunde zum Thema "Jeder vierte Mensch wird zumindest einmal in seinem Leben psychisch krank oder durchlebt eine psychische Krise, Tendenz steigend. Wien nimmt die Herausforderung an." Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Christian Deutsch S. 19 Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara S. 20 Abg. Ingrid Korosec S. 21 Abg. Brigitte Meinhard-Schiebel S. 21 Abg. Dr. Günter Koderhold S. 22 Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES S. 23 Abg. MMag. Dr. Gudrun Kugler S. 24 Abg. Dr. Jennifer Kickert S. 24 Abg. Mag. Gerald Ebinger S. 25 Abg. Kurt Wagner S. 26 4. Mitteilung des Einlaufs S. 27 5. Umstellung der Tagesordnung S. 27 6. Begrüßung der Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek und der Volksanwälte Dr. Peter Fichtenbauer und Dr. Günther Kräuter S. 27 7. 01893-2016/0001-MDLTG, P 1: 37. Bericht der Volksanwaltschaft 2015 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara S. 27 Abg. MMag. Dr. Gudrun Kugler S. 28 Abg. Birgit Hebein S. 31 Abg. Lisa Frühmesser S. 32 Abg. Christian Deutsch S. 33 Volksanwalt Dr. Günther Kräuter S. 34 Abg. Markus Ornig, MBA S. 36 Abg. Sabine Schwarz S. 37 Abg. Georg Fürnkranz S. 38 Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher S. 40 Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek S. 41 Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer S. 42 Abstimmung S. 43 8. Begrüßung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien Univ.-Doz. Mag. Dr. Dieter Kolonovits S. 44 9. 02580-2016/0001-GIF, P 2: Verwaltungsgericht Wien; Tätigkeitsbericht für das Jahr 2015 Berichterstatterin Amtsf. StRin Sandra Frauenberger S. 44 Redner: Abg. Christoph Wiederkehr, BA S. 44 Abg. Dr. Wolfgang Ulm S. 44 Abg. David Ellensohn S. 46 Abg. Mag. Dietbert Kowarik S. 47 Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher S. 51 Berichterstatterin Amtsf. StRin Sandra Frauenberger S. 53 Abstimmung S. 53 10. LG - 02868-2016/0001/LAT, P 10: Änderung des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Beilage Nr. 26/2016) Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima S. 53 Redner: Abg. David Ellensohn S. 53 Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc S. 54 Abg. Erich Valentin S. 54 Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc S. 55 Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima S. 55 Abstimmung S. 55 11. LG - 02296-2016/0001/LAT, P 3: Änderung des Wiener Prostitutionsgesetzes 2011 (Beilage Nr. 19/2016) Abstimmung S. 56 12. 02102-2016/0001-GKU, P 4: Bericht des Kuratoriums der Museen der Stadt Wien über das Jahr 2015 (Beilage Nr. 18/2016) Abstimmung S. 56 13. LG - 01883-2016/0001, P 5: Änderung des Wiener Tourismusförderungsgesetzes (Beilage Nr. 23/2016) Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner S. 56 Redner: Abg. Markus Ornig, MBA S. 56 Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner S. 56 Abstimmung S. 57 14. LG - 02449-2016/0001, P 6: Änderung des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (Beilage Nr. 22/2016) Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner S. 57 Rednerin bzw. Redner: Abg. Markus Ornig, MBA S. 57 Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 58 Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies S. 58 StRin Ursula Schweiger-Stenzel S. 59 Abg. Friedrich Strobl S. 60 Abg. Dominik Nepp S. 61 Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (tatsächliche Berichtigung) S. 62 Abg. Mag. Martin Hobek S. 62 Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner S. 63 Abstimmung S. 64 15. LG - 02810-2016/0001, P 7: Änderung des Vergnügungssteuergesetzes 2005 (Beilage Nr. 24/2016) Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner S. 64 Rednerin bzw. Redner: StR Mag. Gernot Blümel, MBA S. 64 Abg. Peter Kraus, BSc S. 65 Abg. Mag. (FH) Tanja Wehsely S. 65 Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 66 Abg. Markus Ornig, MBA S. 66 Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner S. 66 Abstimmung S. 66 16. PGL - 03028-2016/0001 - KVP/MDLF: Dringliche Anfrage von Abg. Mag. Manfred Juraczka und Abg. Ingrid Korosec betreffend "Missbrauch der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Grund fehlender Kontrolle durch die MA 40" Begründung: Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 66 Beantwortung: Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely S. 68 Rednerinnen bzw. Redner: StR Mag. Gernot Blümel, MBA S. 72 Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES S. 73 Abg. Birgit Hebein S. 75 Abg. Dominik Nepp S. 77 Abg. Gabriele Mörk S. 78 Abg. Markus Ornig, MBA S. 80 Abg. David Ellensohn S. 81 Abg. Dr. Wolfgang Aigner S. 84 Abg. Mag. Marcus Gremel S. 86 Abstimmung S. 88 17. LG - 02821-2016/0001/LAT, P 8: Änderung des Wiener Vergaberechtsschutzgesetzes 2014 (Beilage Nr. 25/2016) Abstimmung S. 88 18. LG - 02433-2016/0001, P 9: Änderung des Wiener Frühförderungsgesetzes (Beilage Nr. 20/2016) Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely S. 88 Rednerin bzw. Redner: Abg. Sabine Schwarz S. 88 Abg. Mag. Marcus Gremel S. 89 Abg. Dr. Wolfgang Aigner S. 89 Abstimmung S. 89 (Beginn um 9.01 Uhr.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Sehr geehrte Damen und Herren! Werte KollegInnen! Ich ersuche Sie, Platz zu nehmen, und eröffne die 9. Sitzung des Wiener Landtages. Entschuldigt sind folgende Abgeordnete: Abg. Baron ist dienstlich verhindert, Abg. Pawkowicz ist dienstlich verhindert, Frau Abg. Schinner ist in Karenz, Herr Abg. Seidl ist krank, Frau Abg. Mag. Kugler ist ab 13 Uhr dienstlich verhindert, Frau Abg. Meinl-Reisinger ist von 12 bis 13 Uhr und Herr Abg. Vettermann ist von 10 bis 14 Uhr verhindert. Wir kommen nun zur Fragestunde. Die 1. Anfrage (FSP - 02952-2016/0001 - KNE/LM) wurde von Frau Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Kultur, Wissenschaft und Sport gerichtet. (Der durch die Stadt Wien vorgenommene Tausch schadhafter Wahlkarten im Zuge der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl in der Leopoldstadt ist in der Wiener Gemeindewahlordnung nicht eindeutig geregelt. Ebenso gibt es derzeit keine gesetzliche Grundlage für die Verschiebung eines Wahltermines auf Grund von Vorkommnissen, wie sie sich im Zuge der Stimmabgabe bei diesem Wahlgang zugetragen haben. Im Ergebnis musste eine Wahl unter Rahmenbedingungen abgehalten werden, unter denen zahlreiche BürgerInnen der Leopoldstadt nachweislich nicht in der Lage waren, eine gültige Stimme abzugeben. Wurde durch Ihr Ressort die Option der Schaffung einer Rechtsgrundlage für eine Verschiebung der Bezirksvertretungswahl in der Leopoldstadt geprüft und - wenn ja - wann wurde diese Prüfung vorgenommen beziehungsweise - wenn nein - warum nicht?) Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich muss jetzt schauen, dass ich das richtige Blatt erwische angesichts der vielen Fragen, die in diesem Zusammenhang an mich gestellt werden. Frau Abgeordnete! Sie fragen mich wiederum im Zusammenhang mit der Wahlwiederholung in der Leopoldstadt, ob ich die Option einer Verschiebung geprüft hätte und - wenn ja - wann. - Ich kann Ihnen dazu in aller Kürze auch unter Hinweis auf das, was ich gestern am selben Ort hier gesagt habe, antworten: Ja, zum ehestmöglichen dafür geeigneten Zeitpunkt. Aber lassen Sie mich grundsätzlich noch etwas sagen beziehungsweise zu der Debatte über die Anfechtung dieser Wiederholungswahl hier einbringen, die ja jetzt immer wieder in den Raum gestellt wird, und zwar insbesondere von Ihnen. - Ich möchte dazu jetzt gar nicht sozusagen selber einen Kommentar abgeben, sondern ich möchte einen Kommentar aus den "Salzburger Nachrichten" vom 24. September von Dr. Andreas Koller zitieren, der, glaube ich, auch nicht im Verdacht steht, ein Parteigänger zu sein. Dr. Koller schreibt am 24. September in den "Salzburger Nachrichten" unter dem Titel "Ein System sturmreif schießen": "Und wieder Wahlanfechtung. War es bei der Bundespräsidentschaftswahl die FPÖ, die zum Verfassungsgerichtshof lief, so tut dies nun die mit freiem Auge kaum wahrnehmbare EU-Austrittspartei. Auch die NEOS erwägen, wie sie sagen, eine Anfechtung. Dann sagt Andreas Koller in den "Salzburger Nachrichten" weiter: "Auch so kann man die Demokratie delegitimieren, auch so kann man ein System sturmreif schießen, und zwar nicht nur in Wien-Leopoldstadt. Man ficht - im Wissen, dass der Verfassungsgerichtshof bei Wahlanfechtungen strenger als nur streng urteilt - die Wahl, jede Wahl so lang an, bis keiner mehr hingeht, bis die Wähler den Wahlakt nur noch als Klamauk empfinden, bis sie demokratische Wahlen und alles, was damit zusammenhängt, restlos satt haben." Das sage nicht ich, das sagt Andreas Koller, ein anerkannter innenpolitischer Journalist. - Ich weiß nicht, ob man das unbedingt will, aber wenn man es so will, dann soll man es auch so sagen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Die 1. Zusatzfrage stellt Abg. Dr. Ulm. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Dann schauen Sie, dass die Wahl ordentlich abläuft! Das wollen wir!) Kollege Kowarik, nun ist Dr. Ulm am Wort, bitte. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Ich darf Sie auch als neuen Nachbarn des Gemeinderates begrüßen, denn wie ich informiert wurde, haben Sie ja ein paar Zimmer weiter nunmehr Ihr Büro bezogen. Ich glaube, es ist schon richtig, dass wir danach trachten müssen, dass wir möglichst wenige Anfechtungen und Aufhebungen haben und dass der demokratische Ablauf so ungestört wie möglich erfolgen kann. Aber ich denke, man kann die Vorwürfe jetzt grundsätzlich nicht den Anfechtungswerbern machen, sondern es wäre die Aufgabe des Gesetzgebers, die Gesetze und die Wahlordnung so zu formulieren, dass sie möglichst anfechtungssicher sind. Es ist nun nicht so eindeutig, ob man eine beschädigte Wahlkarte austauschen kann, und es ist auch nicht so eindeutig, dass man Wahlgänge verschieben kann. Daher glaube ich, dass es im Sinne der demokratischen Abwicklung, der Begeisterung für Wahlen und im Sinne des Rechtsstaates wäre, möglichst fundierte gesetzliche Grundlagen zu schaffen. In diesem Sinne frage ich Sie, welche Gedanken Sie sich hierzu gemacht haben, denn man muss ja nicht immer alles eins zu eins wie der Bund machen, sondern man kann ja auch eigene Überlegungen anstellen, wie wir unsere Gemeindewahlordnung noch besser gestalten können. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Herr Stadtrat. Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Jetzt nehmen wir sozusagen die nächste Frage schon vorweg, denn das fragen Sie mich ja dann auch. - Aber lassen Sie mich zunächst nur zu dem etwas sagen, was Sie gerade gesagt haben: Ich glaube, es geht nicht darum, Wahlen anfechtungssicher zu machen, denn eine Wahlanfechtung ist ein grundlegendes demokratisches Recht auch zur Kontrolle. Es geht also nicht darum, dass man Anfechtungen möglichst verhindert. Es soll angefochten werden, wenn tatsächlich sozusagen die entsprechenden Vorgaben und die politische und auch rechtliche Situation bestehen. Ich habe nur gesagt, dass ich es für überlegenswert halte - und das sage nicht nur ich, sondern das sagen auch viele innenpolitische Journalisten und Beobachter -, ob man das im konkreten Fall auch tun soll, weil wir uns ja wirklich sehr bemüht haben, eine Wahl, die auf Grund von gewissen Umständen schwierig und auch auf Bundesebene offensichtlich unmöglich war, durchführen zu lassen. Was die konkreten Vorhaben und legistischen Umsetzungen anbelangt, sage ich Ihnen dann, wenn Sie mich das noch einmal fragen, gerne etwas. Nachdem man allerdings wahrscheinlich schwer auf die Zukunft verweisen kann und Sie mich vielleicht auch noch etwas anderes fragen werden, möchte ich Ihnen doch sagen, dass wir uns diesbezüglich aus guten Gründen stark mit den Vorhaben auf Bundesebene verschränken werden, weil ja auch aus der Verfassung heraus - ich verweise zum Beispiel auf diese 100-Tage-Klausel - eine Verzahnung und Übereinstimmung mit den bundesgesetzlichen Vorschriften sinnvoll erscheint. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Die 2. Zusatzfrage wurde zurückgezogen. Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Blind. Abg. Armin Blind (FPÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat! Erlauben Sie mir vor meiner Fragestellung einige Bemerkungen. Erstens: Die Frage, die eingangs gestellt wurde, lautete, ob eine Verschiebung der Wahl geprüft wurde. - Frau Kollegin! Diese Frage ist im Bundes-Verfassungsgesetz im Art. 141 ausdrücklich beantwortet, nämlich dass eine Wahl nach 100 Tagen stattzufinden hat. - Es ist bei solchen Fragen wohl genau der Ausfluss, wenn man auf eine Akademieförderung verzichtet. Dann kommt es eben zu solchen Fragen! (Beifall und Heiterkeit bei der FPÖ.) Herr Landesrat! Erlauben Sie mir aber auch eine Anmerkung zu Ihren bis jetzt getroffenen Ausführungen: Natürlich muss es das Ziel sein, Wahlen anfechtungssicher zu machen. Anfechtungssicherheit gewinnt man dadurch, dass der Gesetzgeber keine unbestimmten Gesetzesbegriffe verwendet, sich möglichst deutlich ausdrückt und daher eine Fehlinterpretation, die dann vom Verfassungsgerichtshof gerügt werden könnte, nicht stattfinden kann wie beispielsweise bei der Frage des Austausches, wo wir auf der Linie der Stadt Wien sind; ich habe das auch in der Landeswahlbehörde gesagt. Man könnte das aber - wie gesagt - auch besser formulieren, und selbstverständlich liegt es auch an der Vollziehung, keine gravierenden Fehler zu machen. Es verwundert durchaus, wenn einerseits der Gang zu Höchstgerichten kritisiert wird - Sie haben Herrn Koller zitiert, und natürlich ist die Auswahl eines Zitates der Person zuzuschreiben, die die Auswahl trifft -, andererseits aber ganze NGO-Armeen in Wien beschäftigt werden, um den Gang zu Höchstgerichten zu machen. - Ich kann das also nicht als ein "Sturmreif-Schießen des Systems" empfinden. (Abg. Christian Oxonitsch: Gibt es auch eine Frage?) Meine Frage jetzt: Natürlich ist die Frage des persönlichen Wahlrechts genauso wie des geheimen und unmittelbaren Wahlrechts ein ganz essentieller Wahlgrundsatz. Jetzt besteht für Personen, die, aus welchen Gründen immer, am Wahltag das Wahllokal nicht aufsuchen können, die Möglichkeit, eine Wahlkarte zu beantragen. Für Personen, die sich in Heil- und Pflegeanstalten, aber auch in Justizanstalten, Maßnahmenvollzugseinrichtungen, et cetera befinden, besteht die Möglichkeit, vor einer besonderen Wahlbehörde die Stimme abzugeben. Jetzt kann die Stadt Wien aber nur ... Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies (unterbrechend): Herr Kollege Blind! Wir sind jetzt bei 2 Minuten 15. Ich würde Sie ersuchen, zur Frage zu kommen! Abg. Armin Blind (fortsetzend): Ich bin gerade bei der Frage. Besteht die Möglichkeit, solche besonderen Wahlbehörden einzurichten? Wie viele besondere Wahlbehörden waren bei der letzten Wahl eingerichtet? Und werden Sie zur Stärkung des persönlichen, geheimen und unmittelbaren Wahlrechts bei der künftigen Bundespräsidentenwahl, aber auch bei allen anderen Gemeinderats- und Landtagswahlen, mehr solcher Wahlbehörden einrichten? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich mache darauf aufmerksam, dass im Normalfall eine Frage zu stellen ist, und nicht drei Fragen zu stellen sind. - Danke sehr. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Herr Stadtrat, bitte Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich versuche, das trotzdem zu beantworten, weil das durchaus auch eine berechtigte Frage ist, und hoffe, dass mir der Herr Abgeordnete ein Ohr oder auch zwei schenkt. Ich verschließe mich grundsätzlich nie guten Ideen. Das Bessere ist immer der Feind des Guten, und man wird sich jetzt im Zuge der allgemeinen Debatte über das Wahlrecht auf Bundesebene und damit dann auch auf Landesebene mit Sicherheit alles sehr gut zu überlegen haben. Lassen Sie mich nur - wahrscheinlich mehr für's Protokoll - noch etwas festhalten. Wir haben das auch schon in der Stadtwahlbehörde besprochen beziehungsweise hoffe oder meine ich, dass das auch betreffend diesen konkreten und von Ihnen relativierten Fall der Beantragung von Wahlkarten beispielsweise durch PatientInnen von Krankenanstalten und BewohnerInnen anderer ähnlicher Einrichtungen klargelegt wurde. Klar ist, dass ein Wahlkartenantrag bei einem Organ der Gemeinde sowohl schriftlich als auch mündlich gestellt werden kann. Beispielsweise kann eine Patientin oder ein Patient durch Sprechen, Gesten oder sonstige Zeichen zu erkennen geben, dass sie oder er an der Wahl teilnehmen möchte. In städtischen Einrichtungen ist die Antragstellung unmittelbar beim gemeindeeigenen Personal dieser Einrichtungen möglich. Für die Beantragung der Wahlkarte gilt, dass eine dokumentierte, nachvollziehbare Willensäußerung der wahlberechtigten Person vorliegen muss. Bei schreibfähigen Personen muss daher ein schriftlicher Antrag vorliegen. Bei nicht schreibfähigen Personen ist durch zwei MitarbeiterInnen des KAV beispielsweise im Vier-Augen-Prinzip klarzustellen, dass die betreffende Person zweifelsfrei erkennbar eine Wahlkarte beantragen will, und bejahendenfalls sind der geäußerte Wille zur Teilnahme an den Wahlen und der gestellte Antrag in einem Aktenvermerk zu dokumentieren. Die automatische Beantragung von Wahlkarten ohne nachvollziehbare Feststellung, ob der oder die Betroffene tatsächlich eine Wahlkarte beantragen möchte, ist rechtlich unzulässig. In privaten Krankenanstalten und ähnlichen Einrichtungen gilt, dass bei Bestehen des Wunsches auf Teilnahme an der Wahl von nicht schreibfähigen Personen ein Besuch von MitarbeiterInnen des örtlich zuständigen Magistratischen Bezirksamtes zwecks Aufnahme eines Wahlkartenantrages erfolgt. In beiden Varianten werden die Wahlkarten von MitarbeiterInnen des zuständigen MBA unmittelbar zu der oder dem Antragsteller gebracht und dieser oder diesem übergeben. Wenn der Zustellnachweis nicht unterfertigt werden kann, wird von den MitarbeiterInnen des zuständigen Magistratischen Bezirksamtes die Zustellung mittels Aktenvermerks in gesetzeskonformer Weise bestätigt. Selbstverständlich ist die Unterstützung durch MitarbeiterInnen bei der Antragstellung für Wahlkarten rechtens, da es sich um unparteiliche Hilfestellung in einem Behördenverfahren handelt, wie sie auch in sonstigen Behördenangelegenheiten geleistet wird. Die Einschränkung der Wahlkartenanträge nur auf jene PatientInnen und BewohnerInnen, die einen entsprechenden Antrag selbst unterschreiben können, wären gesetzeswidrig. Der Gesetzgeber berücksichtigt daher ausdrücklich auch den erkennbaren Willen von Personen, die nicht oder nicht mehr selbst schreiben können, aber offensichtlich an den Wahlen teilnehmen wollen. Das Wahlrecht ist ein höchstpersönliches Recht, dies gilt auch für Beantragung und Benützung einer Wahlkarte. Die Beiziehung oder Einholung einer Zustimmung eines allenfalls bestellten Sachwalters ist nicht vorgesehen. Ich sage das deshalb so ausführlich, weil das auch immer in der Debatte vorgebracht wird und weil das meiner Meinung nach auch eine ganz wichtige Klarstellung im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Wahl ist, aber auch im Hinblick auf den Servicecharakter, den der Magistrat hier einnimmt - natürlich im Rahmen der Gesetze. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Die 4. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Meinl-Reisinger. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Vielen Dank. Erlauben Sie mir auch eine ganz kurze Replik auf Herrn Kollegen Blind, der sich offensichtlich reflexartig - das ist ja nicht das erste Mal - immer wieder dazu berufen fühlt, hier in freundlicher Art und Weise Belehrungen auszusprechen, und zwar vor allem in meine Richtung. Ich danke sehr dafür. Ich meine allerdings, das sagt mehr über Ihre Psyche aus als über meine! Ich finde es großartig, dass ich hier von der 100-Tage-Frist erfahre. Ich werde auf diese auch noch zu sprechen kommen. Erlauben Sie mir aber noch die Bemerkung, dass eine grundsätzliche Frage hier im Raum steht, nämlich warum eigentlich die FPÖ, die angeblich die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit hoch hält und daher ja auch zwei Wahlen angefochten hat, dies ganz augenscheinlich immer nur dann tut, wenn es einen offensichtlichen Vorteil für sie gibt, während sie es hier in dieser Situation nicht in Erwägung zieht. - Da frage ich in Ihre Richtung: Wie viele Stimmen müssen eigentlich unter den Tisch fallen? Wie viele Wähler müssen um ihr Stimmrecht betrogen werden, dass Sie vielleicht auch diesbezüglich an eine Anfechtung denken? Ich danke auch dafür, dass Sie mir den Artikel des Herrn Koller nähergebracht haben. Selbstverständlich ist die Meinung des Herrn Koller eine der Meinungen, die von vielen Bürgerinnen und Bürgern vertreten werden und die wir auch beim Bürgerforum diskutiert haben. Sie werden jedoch verzeihen, dass ich beziehungsweise meine Fraktion trotzdem die Entscheidung treffen werden, ob ich beziehungsweise wir anfechten oder nicht. Zu dieser 100-Tage-Frist: Natürlich ist das ein Thema, keine Frage! Auf Bundesebene gibt es diesbezüglich eine Verfassungsbestimmung. Aber die 100-Tage-Frist bedeutet ja nur, dass wir unter Umständen bei einer Verschiebung eine neuerliche Anfechtungsmöglichkeit geschaffen hätten, weil diese 100-Tage-Frist verletzt worden wäre. Herr Stadtrat! Erlauben Sie mir, zu sagen, hier muss man abwägen, was einem wichtiger ist, einerseits diese Frist oder andererseits die Sicherstellung, dass wirklich jeder und jede, der oder die will, die Stimme abgeben und auch davon ausgehen kann, dass die Stimme gezählt wird. Das ist meiner Meinung nach eine Abwägungsfrage. und das wäre durchaus möglich gewesen, auch wenn man natürlich dann die Wahl anfechten können hätte, wiewohl man dann aber nicht auf der Seite der BürgerInnen gestanden wäre. Das möchte ich nur sagen. So, jetzt aber zur Frage. Ich habe Sie gefragt, wann Sie das geprüft haben. Sie haben gesagt, zum ehestmöglichen Zeitpunkt. Das ist keine korrekte Beantwortung, denn ich möchte wirklich den Tag wissen, weil die Chronologie da schon eine Rolle spielt. Darauf habe ich öfters hingewiesen: Es hat allein vier Tage gedauert, bis die Stadt Wien auf der Homepage eine Aktivinformation hatte, dass mit den Wahlkarten etwas nicht stimmt. Das heißt, die konkrete Nennung der Tage spielt in diesem Zusammenhang sehr wohl eine Rolle im Hinblick darauf, wann welche Schritte gesetzt worden sind. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies (unterbrechend): Werte Kollegin Meinl-Reisinger! Im Sinne der Gleichberechtigung: Auch bei Ihnen sind es bereits 2 Minuten 15! Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (fortsetzend): Gut, dann lassen Sie mich nur noch sagen, dass ich auf diese Fragen Antworten möchte. Deshalb werden wir einen Antrag auf einen Sonderlandtag einbringen, dann werden wir all das eh diskutieren können. Ich frage Sie abschließend: Sehen Sie, dass Sie in der politischen Verantwortung sind, dass jede Bürgerin und jeder Bürger die Stimme auch tatsächlich abgeben und darauf vertrauen können, dass diese auch gezählt wird? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Ich habe den letzten Teil jetzt nicht verstanden. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehen Sie eigentlich, dass Sie die politische Verantwortung dafür tragen, dass jeder Wähler, jede Wählerin in Wien bei Wahlen die Möglichkeit haben, seine beziehungsweise ihre Stimme abzugeben und dass auch gewährleistet wird, dass diese auch gezählt wird? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Zum einen möchte ich einmal sagen: Das ist ja kein Wettbewerb, wer jetzt sozusagen die größere Bürgerfreundlichkeit an den Tag legt! Sie sehen ja auch in Ihren eigenen Äußerungen, dass sie selbst - daran darf ich sie noch einmal erinnern - noch am 5. September per Aussendung eine Verschiebung ausgeschlossen und gesagt haben, das ist nicht möglich. (Zwischenruf von Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.) Nun ja, ich kann Ihnen das noch einmal vorlesen, ich möchte jetzt nur nicht in den Papieren kramen, daher sage ich nur, dass die NEOS am 5. September gesagt haben, dass eine Verschiebung nicht möglich ist, und mir noch einen Fünf-Punkte-Plan vorgeschlagen haben, was man alles tun kann. Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich verstehe schon, dass natürlich die Opposition alle Möglichkeiten hat, sich frei zu bewegen und an einem Tag das vorzuschlagen und am nächsten Tag das andere vorzuschlagen. Wir können das nicht tun! Und wenn Sie von Verunsicherung der Wähler sprechen, dann müssen Sie sich schon selber ein bisserl bei der Nase nehmen! Man kann nicht an einem Tag sagen, wir sind jetzt gegen die Verschiebung, tut etwas anderes, und am nächsten Tag, wir sind für die Verschiebung, dann aber genau die Tage erfahren wollen, wann und wo wir was zum ersten Mal überlegt haben! Sie können sicher sein, dass wir in einer zugegebenermaßen sehr, sehr schwierigen Situation alles getan haben, um eine korrekte Durchführung der Wahlen zu ermöglichen. Wir haben uns dazu rechtlich und organisatorisch etwas überlegt, wir haben Rücksprache mit den Bundesinstanzen gehalten, die noch lange gesagt haben, all das ist nicht möglich und geht rechtlich nicht. Wir haben entsprechende rechtliche Gutachten eingeholt, weil wir meinen, dass wir einen Ausweg gefunden haben, weil unsere Situation ja anders war als die des Bundes: Erstens waren unsere Wahlen zwei Wochen vorher angesetzt, und zweitens gilt anders als beim Bund, und zwar nur im Fall der Bundespräsidentenwahl, Art. 141 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz nicht, also nur im Fall der Bundespräsidentenwahl gibt es dort diese 100-Tage-Frist nicht, wir haben sie jedoch hier bei diesem konkreten Fall. Also selbst wenn man eine Verschiebung zu einem bestimmten Zeitpunkt, selbst mit allen Unabwägbarkeiten, die es hier gegeben hätte, allenfalls um eine Woche vorgenommen hätte, hätten wir trotzdem dasselbe Problem mit den Wahlkarten gehabt. Wir haben also einen Weg gewählt, auf dem wir tatsächlich versucht haben - und versuchen Sie nicht, das umzudrehen, Frau Abgeordnete! -, proaktiv auf die Wählerinnen und Wähler zuzugehen. Wir haben einen Weg gesucht, wie wir mit unseren logistischen und organisatorischen Möglichkeiten allen, die eine offensichtlich aufgegangene Wahlkarte und damit ein rechtliches Nichts hatten, ein Wahlrecht ermöglichen. Davon haben - diese Zahl ist ja bekannt - 799 Personen aus welchen Gründen auch immer nicht Gebrauch gemacht. Wir hatten sie direkt kontaktiert, und zwar mailmäßig, elektronisch, telefonisch, wie auch immer wir mit den Damen und Herren in Kontakt kommen konnten. Das ist daher ein einzigartiger und einmaliger Versuch des Magistrats der Stadt Wien, direkt mit den Menschen in Kontakt zu treten und ihnen anzubieten, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. - Sie könnten anderer rechtlicher Meinung sein, das würde ich ja noch respektieren, das gibt es, darüber kann man dann trefflich streiten. Sie können aber dem Magistrat nicht absprechen, dass man alles in Bewegung gesetzt hat, um den Menschen ihr Wahlrecht zu ermöglichen, denn das ist nachweislich nicht richtig. Abgesehen davon ist das gegenüber den 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 62, die seit Wochen nichts andres tun, als zu rennen, zu rennen, zu rennen und zu schauen dass man die Wahl noch korrekt durchführen kann, nicht wahnsinnig nett! Im Hinblick darauf möchte ich es bei dieser Gelegenheit nicht verabsäumen, mich bei der Leiterin, Frau Dr. Bachofner, beim MBA der Leopoldstadt und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Unendliches in Bewegung gesetzt haben, um diese Wahl zu ermöglichen, zu bedanken. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN, ÖVP und FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. - Diesem Dank kann auch ich mich nur anschließen. Wir bleiben beim Thema und kommen zur 2. Anfrage (FSP - 02950-2016/0001 - KVP/LM), die von Herrn Abg. Dr. Wolfgang Ulm gestellt wurde. (Selbst nach der vom VfGH angeordneten Wiederholung der Bezirksvertretungswahl Leopoldstadt reißen die Diskussionen über die mutmaßlich wieder nicht völlig korrekt durchgeführte Wahl nicht ab. Nun steht eine neuerliche Anfechtung beim VfGH bevor. Welche konkreten Reformen und legistischen Verbesserungen der Wiener Gemeindewahlordnung werden Sie auf Grund der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl Leopoldstadt und der auch aktuell nicht abreißenden Diskussion um die korrekte Durchführung der Wahl in Angriff nehmen?) Bitte, Herr Amtsführender Stadtrat. Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Sie fragen mich nun das, was Sie mich vorher auch schon gefragt haben, nämlich was wir tun, um sozusagen legistisch, und so weiter Verbesserungen für die Zukunft in Angriff zu nehmen. - Es ist jetzt schon eine Zeitlang her, dass ich Verfassungsrecht gelernt habe, aber ich meine dennoch, das es jetzt ein bisserl eine Umdrehung der Rollen ist, wenn die Legislative die Exekutive fragt, welche legistischen Maßnahmen sie vorhat, um etwas umzusetzen! - Da darf schon in Erinnerung rufen: Das hier vor mir ist die Legislative, und ich bin die Exekutive, und ich sage mit Respekt vor dem Hohen Haus hier: Die Gesetze werden immer noch hier beschlossen! Aber ich bin gerne trotzdem selbstverständlich bereit ... (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Initiativen können auch Stadträte ergreifen!) Na selbstverständlich! Initiativen können wir schon ergreifen! Aber es ist trotzdem nicht uninteressant, wenn die Legislative die Exekutive fragt: Was habt ihr denn legistisch vor? Aber ich bin durchaus bereit, darüber nachzudenken, und verweise im Grunde noch einmal auf das, was ich gesagt habe, weshalb ich jetzt nicht lange Elogen ablesen muss: Wir werden aus besagten Gründen der Rechtshomogenität sehr genau Kontakt halten, denn gerade in verfassungsrechtlichen Fragen ist es natürlich wichtig, interessant und auch notwendig, dass sich die einzelnen Gebietskörperschaften nicht allzu sehr unterscheiden. Daher werden wir beobachten, was denn jetzt die entsprechend legistischen Vorhaben auf Bundesebene sind, und wir werden uns auch einbringen. Ich werde dann hier herkommen und einen Vorschlag machen, unsere entsprechenden gesetzlichen, aber auch organisatorischen und exekutiven Maßnahmen entsprechend anzupassen. Ja. Es ist ganz offensichtlich, dass einiges gesetzlich nicht geregelt ist. Wir haben mit dieser Situation, dass die Wahlkarten aufgehen, und den Fragen der Verschiebung und Wiederholung von Wahlen, und so weiter alle rechtliches Neuland betreten, und es gilt, das gemeinsam zu lösen. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Klubobmann Ellensohn. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Landesrat! Bei der ersten Anfechtung im Zusammenhang mit der Bundespräsidentenwahl gab es andere Themen als die Probleme, die dieses Mal aufgetaucht sind. Ich möchte nur noch einmal daran erinnern: Momentan ist das Hauptproblem der Kleber, und das können wir mit Gesetzen nicht wahnsinnig gut regeln, denn wenn die nächste zuständige Firma wieder einen Kleber produziert, der nicht hält, sodass die Wahlkarten aufspringen, haben wir das Problem wieder (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Man kann ja einmal ausprobieren, ob es pickt!) Na ja, von wegen Ausprobieren: Da darf man auch daran erinnern, wer damit in Zusammenhang steht, dass das nicht mehr die Staatsdruckerei gemacht hat, sondern dass das privat übernommen wurde, was diesmal eben in die Hose gegangen ist. Aber auch abgesehen von der Problematik des Klebers wird es immer Probleme geben, die man rechtlich nicht vorher lösen kann. Wenn diejenigen, die das Material produzieren, am Schluss einen Fehler machen, dann haben wir zum Beispiel das Problem mit der 100-Tage-Frist und andere Probleme. Insgesamt ist aber eine große Diskussion im Gange über zweite Wahltage, über sofort Abgeben, wenn man die Wahlkarte selber abholt, damit sie gleich eingeworfen werden kann. - Diese Anregungen sind auch in Gesprächsrunden aller Fraktionen, die jetzt im Haus sind und früher im Haus waren, immer wieder aufgetaucht. Nachdem ich persönlich das geheime Wahlrecht für das Allerwichtigste rund um das Wahlrecht halte, wäre ich froh, wenn möglichst viele Leute entweder am Sonntag Zeit hätten oder wenn es mehrere Wahltage gäbe. Es stand schon öfter einmal in Wien zur Diskussion, ob wir das in Wien alleine einführen dürfen oder ob wir dafür bundesverfassungsrechtliche Regelungen brauchen, um mehrere Wahltage zu haben. Ich hätte die Frage anders gestellt, aber Sie haben recht damit, wie Sie das sehen: Die Initiativen können auch von hier ausgehen! - Vielleicht wissen Sie aber, ob man dazu eine bundesverfassungsrechtliche Regelung braucht oder nicht, um mehrere Wahltage in Wien zu ermöglichen. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Herr Stadtrat. Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Herr Abgeordneter! Ich fühle mich jetzt wieder ein bisserl wie im verfassungsrechtlichen Seminar. Ich muss gestehen, ich weiß das nicht. (Abg. Armin Blind: Wir sind also in einem Einführungsseminar!) Aber das können wir relativ kurzfristig klären, weil das ja doch eine ganz entscheidende Frage ist. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich es nicht weiß, aber das kann man im kurzen Wege klären, und ich werde Ihnen gerne die Antwort übermitteln. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Nächste Zusatzfrage: Herr Mag. Kowarik. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Danke, Herr Landesrat. Zu dem Themenkomplex, über den wir schon gehört haben, vielleicht jetzt noch ganz kurz ein bisschen etwas zu Frau Kollegin Meinl-Reisinger: Wenn man bei Gericht erfolgreich anfechten will, muss man beschwert sein. Das ist einmal die Grundvoraussetzung, denn wenn man das nicht ist, dann macht es keinen Sinn, beim Verfassungsgerichtshof einzuschreiten. - Das nur so nebenbei. Wir haben jetzt einiges gehört. Herr Kollege Ulm hat gesagt, dass es an und für sich bisher kaum Anfechtungen gegeben hat, diese jetzt aber sozusagen kumulieren. - Das hängt allerdings sehr wohl mit etwas ganz Bestimmtem zusammen. Kollege Ellensohn hat gesagt, dass das jetzt ein bisserl etwas anderes ist als bei der letzten Anfechtung der Bundespräsidentenwahl, weil es jetzt mit den Wahlkarten zusammenhängt. Darüber werden wir uns wohl einigen können. Es ist ein Problem, dass immer mehr Wahlkarten kommen. Man kann das jetzt gut oder schlecht finden, ein Problem ist es jetzt aber auf alle Fälle, wie wir sehen. Ich möchte jetzt auch noch etwas betonen. - Ich sehe jetzt aber nur den stellvertretenden Leiter der MA 62. Nein! Hier ist Frau Dr. Bachofner! - Sie haben schon richtig gesagt, dass das, was die MA 62 im Zuge dieser Wahl geleistet hat, sicherlich auch von einer Oppositionspartei anerkennenswert ist. Das kann man wirklich so sagen! Es wurde ein riesiger Aufwand betrieben, um alles hinzubekommen, das anerkenne ich auf alle Fälle! Aber noch eine Sache: Wenn man als Behörde Wahlkarten bekommt, dann muss man eben auch rechtzeitig mit der fachkundigen Sorgfalt überprüfen, ob das passt, und womöglich auch rechtzeitig eine Mängelrüge vornehmen, denn sonst bleibt man nämlich auf dem Schaden sitzen, der womöglich dann einzumahnen wäre. Auch das gilt es als Behörde zu beachten: Wenn man etwas bekommt, muss man das überprüfen. Meine Frage, um nicht eine entsprechende Aufforderung zu bekommen: Bei der Bundespräsidentenwahl - und die Stichwahl ist ja jetzt die nächste Wahl, die uns bevorsteht - gilt das Bundespräsidentenwahlgesetz. In diesem Bundespräsidentenwahlgesetz werden die Wahlkarten in § 5a normiert. Auch in Bezug auf die eigentliche Frage des Kollegen Blind hinsichtlich der besonderen Wahlbehörden, die Sie nicht beantwortet haben: Ich glaube, das ist ein gutes Instrument, um damit die Problematik ein bisschen abzufangen. Im Sinne des Gesetzgebers soll die Wahlkarte ja die Ausnahme und nicht die Regel sein: Man bekommt die Wahlkarte nur ausnahmsweise. Im Abs. 2 des § 5a steht außerdem explizit, dass eine Wahlkarte dann nicht ausgegeben wird, wenn es die Möglichkeit der Stimmabgabe vor einer besonderen Wahlbehörde gibt. Wenn also eine besondere Wahlbehörde eingerichtet ist, gibt es keine Wahlkarten. Meine Frage: Wird das auch tatsächlich von der Behörde vollzogen? Wird überprüft, dass keine Wahlkarten ausgegeben werden, wenn etwa eine besondere Wahlbehörde in einem Pflegeheim ist? Wird berücksichtigt, dass dann ein Pflegling eigentlich keine Wahlkarte beantragen kann? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Herr Stadtrat. Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Herr Abgeordneter! Zunächst möchte ich noch etwas sagen zum Thema der Überprüfungspflicht: Natürlich sich die Wahlkarten sowohl stichprobenartig als auch dann in weiterer Folge überprüft worden. Das Problem bei diesen Wahlkarten war ja, dass sie beim Test oder bei der Überprüfung selbst, als wir sie angeschaut haben, in Ordnung waren und dann allenfalls erst nachher aufgegangen sind. Es ist ja nicht so, dass wir da quasi etwas Fehlerhaftes übernommen und weitergeschickt haben, sondern eine Überprüfung erfolgt sowieso. Die besondere Schwierigkeit im konkreten Fall war, dass das Material einer Überprüfung standgehalten hat und der Schaden erst nachher entstanden ist. Natürlich muss man das aber natürlich auch in Zukunft berücksichtigen, denn solche Fehler können ja auch in Zukunft noch einmal passieren. Ob und inwieweit das lückenlos so vor sich gegangen ist, wie Sie das sagen, kann ich Ihnen aus dem Stand jetzt nicht beantworten. Sicherlich kann das aber die MA 62, und ich reiche Ihnen das gerne nach. Zu diesem Gesamtthema der Wahlkommissionen kann ich nur sagen: Es ist richtig und notwendig, dass wir uns insgesamt das System anschauen, und zwar gemeinsam mit dem Bund, und Lehren aus diesen Wahlvorgängen ziehen. Und ich bin überzeugt, dass das auch geschehen wird, und zwar auch in den verschiedenen Abstufungen und Gliederungen auch im Vollzug der Wahl. Das wird man sicherlich mit einzubeziehen und auch gut zu überlegen haben. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. 3. Zusatzfrage: Frau Mag. Meinl-Reisinger. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Vielen Dank. Herr Kowarik! Ich sage auch wieder ganz kurz: Ich glaube, die Frage der Wahlanfechtung kann man juristisch und politisch prüfen; sie ist zu prüfen. Juristisch tun wird das jedenfalls. Politisch könnte man allerdings auf die Idee kommen, dass die FPÖ immer nur dann anficht, wenn sie sich einen Vorteil daraus erwartet. Das habe ich damit gemeint, weil ich ... (Zwischenruf von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Sie haben vorher etwas gesagt, Herr Landesrat, was ich sehr interessant fand. Sie haben wieder auf dieses Rechtsgutachten repliziert, das Sie ja als Grundlage dafür herangezogen haben, zu sagen, dass Wahlkarten, die nicht verschließbar sind, ein rechtliches Nullum sind. - Ich habe damals auch geschrieben, dass ich das für recht konstruiert halte, denn das ist ja nicht ein Nullum. Das haben auch Wähler erzählt, die den Fehler gemacht haben: Man konnte es ja nicht wegschmeißen. Es ist also nachweislich dabei etwas nicht ganz richtig gewesen. Aber vor allem möchte ich Sie fragen, wie Sie diese Interpretation im Spannungsverhältnis zu § 41 Abs. 3 Gemeindewahlordnung sehen, wo ja explizit steht, dass der Magistrat Duplikate für abhanden gekommene oder beschädigte Wahlkarten unter keinen Umständen ausstellen darf. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Herr Stadtrat. Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Wir sind jetzt schon sehr in der sophistizierten Rechtsinterpretation. Unsere Meinung wurde aber noch einmal von zwei namhaften Verfassungsjuristen bestätigt. In einem Gutachten heißt es sogar explizit, dass es geboten ist, einen Austausch durchzuführen, weil es im Gesetz heißt, dass eine Wahlkarte in einem verschließbaren Briefumschlag herzustellen ist. Wenn sie das nicht ist, dann ist sie keine Wahlkarte. Sie schütteln den Kopf, Sie haben eben Ihre Meinung! Wir können jetzt endlos über Rechtsmeinungen streiten! Ich meine, insofern ist es auch kein Duplikat, weil ein Duplikat eben ein Duplikat einer Wahlkarte ist und wir der Meinung sind, dass es da gar keine Wahlkarte gab! - Wir könnten da jetzt lange rechtsphilosophische und rechtsinterpretatorische Debatten führen, aber ich sage gleich: Dafür bin ich nicht der Richtige! Auch wenn ich eine dementsprechende Ausbildung habe, bin ich jetzt aber nicht als Jurist hier, sondern als Politiker, und ich denke mir, dass wir eine politische Debatte hier führen und das Rechtliche den Experten überlassen sollten. Das Politische ist unverändert das - und wir wiederholen uns, Frau Abgeordnete -: Man kann zur Kenntnis nehmen, dass diese Wahl unter besonderen Umständen stattgefunden hat. Man kann nicht leugnen, dass wir alles von Seiten des Magistrates getan haben. Und ich möchte in diesem Zusammenhang auch im Namen der 50 Mitarbeiter der MA 62 und des Magistrats sagen: Es ging nicht um Wahlbetrug! Das ist nicht Wahlbetrug! Frau Abgeordnete! Das haben Sie vorher gesagt, und das weise ich mit aller Entschiedenheit zurück! (Mag. Beate Meinl- Reisinger, MES: Das habe ich nie gesagt!) Irgendetwas mit Betrug ist gefallen, wir können ja dann im Protokoll nachschauen. Ich bin der Meinung, dass es darum geht - und was wir auch zu tun versucht haben -, unter besonderen Umständen eine Wahl korrektest durchzuführen. Dabei hat sich uns die Rechtsmöglichkeit eröffnet, die Wahlkarten auszutauschen, und das haben wir nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt. Jetzt sage ich Ihnen: Außer den Sozialdemokraten sind dabei ja alle sozusagen im Wesentlichen gleich geblieben. Die GRÜNEN haben gewonnen, die SPÖ hat verloren, und komischerweise sind alle anderen gleich geblieben. Man kann das alles jetzt noch einmal durchführen. Vielleicht werden Sie noch einmal ein bisschen verlieren. Aber es stellt sich dann schon die Frage nach der Sinnhaftigkeit und auch des politischen Sinnes, der dahintersteht, es sei denn, der einzige Sinn für Sie ist es, zu sagen, wir kommen jetzt ein bisschen öfter als sonst in den Zeitungen vor. Meiner Meinung nach kann dies nicht der tiefere Sinn einer Demokratie sein! All das ist Ihnen aber selbstverständlich unbenommen, tun Sie es! Ich glaube nur, der Wähler und die Wählerin werden das nicht entsprechend quittieren. Außerdem glaube ich, dass wir wichtigere Dinge in der Stadt zu tun haben, als uns - bei aller Selbstverständlichkeit, dass man das Wahlrecht garantieren muss - über juristische Spitzfindigkeiten zu streiten. (Zwischen von Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.) Wir sollten hier jetzt nicht darüber debattieren, anstatt über die wesentlichen Grundlagen der Stadt zu debattieren. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Also zum Beispiel über das Wahlrecht!) Ich würde wahnsinnig gerne mit Ihnen über Kultur und Wissenschaft und Sport, et cetera diskutieren! Warum man über diese juristischen Spitzfindigkeiten debattieren muss, verstehe ich nicht ganz, und ich würde Sie auch dringend bitten, von allfälligen abfälligen Bemerkungen Abstand zu nehmen, dass wir das irgendwie vertuschen. All das können Sie nachlesen im Protokoll der Stadtwahlbehörde! Es wird überhaupt nichts vertuscht! Ich habe noch nie so viele Zahlen, Einzelzahlen, komprimierte Zahlen, und ich weiß nicht, was noch, hergegeben und auch selbst gelesen und publiziert wie bei dieser Wahl. Wenn also jetzt gesagt wird, dass da vertuscht wird und man herumtut: Entschuldigung! Das glaubt Ihnen keiner mehr! Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Die letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Ulm. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Ich teile schon Ihre Einschätzung, dass wir hier in erster Linie politisch und erst in zweiter Linie juristisch diskutieren sollten. Aber die Verwaltung muss auf Grundlage der Gesetze erfolgen, und § 41 Abs. 3, den Frau Kollegin Meinl-Reisinger richtig zitiert hat, kann man zumindest auch anders interpretieren, wenn es hier Zweifel gibt. Daher würde sich meiner Meinung nach § 41 Abs. 3 jedenfalls für eine legistische Korrektur anbieten Das wäre nicht schlecht. Es gibt aber auch noch andere Paragraphen, die sich anbieten würden, nämlich jene betreffend Vorschriften im Zusammenhang mit der Briefwahl. Warum soll diesbezüglich eine politische Diskussion geführt werden? Es ist ja selten, dass fast alle Fraktionen in etwa einer Meinung sind, dass wir nämlich wirklich ein Problem mit der Briefwahl im Hinblick auf die Sicherstellung des geheimen Wahlrechtes haben. Gleichzeitig wollen wir natürlich so vielen Bürgern wie möglich die Gelegenheit geben, in angenehmer Art und Weise das Wahlrecht auszuüben. Daher gibt es eh nur die Möglichkeit, dass man die Briefwahl sicherer macht oder mehr Präsenztage gibt. Auch Bgm Häupl hat schon gesagt, der Normalfall sollte sein, dass man ins Wahllokal geht und dort seine Stimme abgibt. - Mittlerweile wird es immer mehr zum Normalfall, dass man mittels Briefwahl wählt. Die Präsenzwahl hätte einen Vorteil: Im § 39 Abs. 1 steht es anders, als es der Realität entspricht, denn einen Anspruch auf Ausstellung der Wahlkarte habe ich nur in den seltensten Fällen, nämlich dann, wenn ich verhindert bin, beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Aufenthalts im Ausland. Jetzt frage ich Sie: Prüft das Ihre Behörde? Das ist tatsächlich eine Frage des Vollzugs! In der Realität ist es so, dass jeder eine Wahlkarte beantragen kann und sie bekommt. Also: Entweder ändert man den Vollzug oder den § 39 Abs. 1. Was haben Sie vor, Herr Stadtrat? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Herr Stadtrat. Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Ja. Natürlich gibt es die Bestimmung, und natürlich wird das auch geprüft. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Wie? - Zwischenruf von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Das wollte ich gerade sagen, danke sehr für den Zuruf! Es ist halt ein bisschen schwierig, das auch zu überprüfen, geschweige denn, das dann tatsächlich jemandem zu verwehren. Ich stelle mir das lebhaft vor, dass etwa jemand kommt und sagt, ich bin leider nicht da, ich muss beruflich weg. Wie soll die Antwort darauf lauten? - Dann bringen Sie bitte den Beweis und Nachweis, dass Sie tatsächlich nicht da sind! Und das soll dann auch noch überprüft werden! Und was tun wir, wenn derjenige dann tatsächlich vielleicht nicht weggefahren ist und sozusagen - unter Anführungszeichen - unrechtmäßig eine Wahlkarte erhalten hat? - Das ist also wirklich ein bisschen schwierig! Aber noch einmal: Ich glaube, es ist nicht hier der Platz, auf Zuruf oder Frage beziehungsweise Gegenfrage ein so komplexes System wie das Wahlsystem zu verändern. Ich sehe aber allfälligen Vorschlägen gerne entgegen. Wir werden das mit den Bundesaktivitäten und den diesbezüglichen Vorhaben selbstverständlich abzustimmen haben und uns all das noch einmal in Ruhe anschauen. Einen anderen Weg sehe ich nicht, und ich halte es nicht für wahnsinnig sinnvoll, dass wir uns da jetzt gegenseitig von den Bänken Paragraphen zurufen! Bei allem Respekt vor dem Gesetz und bei allem, ich will jetzt nicht missverstanden werden ... (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Wir sind Gesetzgeber!) Was sagen Sie? (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Wir sind Gesetzgeber!) Ja eh, aber Gesetzgebung geschieht nicht so, dass man sich da einzelne Vorgangsweisen vorschlägt, sondern das muss ein abgerundeter Prozess sein, und zu diesem bin ich auch gerne bereit! Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Wir kommen zur 3. Anfrage (FSP - 02948-2016/0001 - KFP/LM). Diese wurde von Frau Abg. Veronika Matiasek gestellt und ist an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Umwelt und Wiener Stadtwerke gerichtet. (Die Verunreinigung öffentlicher Einrichtungen durch Beschmierungen und illegales Plakatieren verursachen nicht nur hohe Kosten für die Allgemeinheit, sie können auch zum Sicherheitsrisiko werden, wie etwa Berichten des Stadtrechnungshofes zur sicherheitstechnischen Überprüfung von Passagen des öffentlichen Verkehrs zu entnehmen war. Nach wie vor werden die Verursacher dieser Schäden für die öffentliche Hand kaum zur Rechenschaft gezogen. Können Sie sich vorstellen, eine entsprechende Verschärfung des Reinhaltegesetzes in Angriff zu nehmen, um die Verursacher von Schmierereien und illegalen Plakatieraktionen nachdrücklich zur Verantwortung zu ziehen?) Bitte sehr. Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen! Nun ein kleiner Themenwechsel: Wir kommen zum Thema des illegalen Plakatierens und der Graffitis, mit dem sich die Frage an mich befasst. Ich würde die Frage beziehungsweise die Antwort eigentlich gerne zweitteilen in das Thema Plakatieren und Graffiti, weil es da unterschiedliche gesetzliche Regelungen gibt: Das illegale Plakatieren ist jetzt schon durch die Plakatierverordnung der Landespolizeidirektion Wien näher geregelt, sprich, es ist verboten. In dieser Verordnung ist sehr genau definiert und klar geregelt, wo man legal plakatieren darf und wo nicht, und das illegale Plakatieren wird mit einer Verwaltungsstrafe bis zu 2.180 EUR geahndet. Diese Regelung bewirkt sozusagen, dass es nicht möglich ist, das auch im Reinhaltegesetz zu regeln und zu strafen, weil da sozusagen eine Bundeskompetenz die Landeskompetenz schlägt. Das heißt, wenn etwas auf Bundesebene schon geregelt ist, haben wir nicht die Möglichkeit, das auf Landesebene im Reinhaltegesetz zu regeln. Natürlich bringen aber die Waste Watcher, so sie solche Vorfälle sehen, diese bei der Polizei zur Anzeige. Wir gehen also nicht quasi durch die Stadt und sagen, dafür sind wir nicht zuständig, das machen wir nicht! Das Schwierige bei all diesen Vergehen ist allerdings, dass man die Menschen einfach erwischen muss. Sie wissen ja, dass das illegal ist, und daher tun sie das nur selten am helllichten Tag. Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir auch schon zig Vorfälle dieser Art bei der Polizei zur Anzeige gebracht haben, die dann natürlich auch weiterverfolgt werden. Auf der anderen Seite entfernt die MA 48 diese illegalen Plakate im öffentlichen Raum. Bei größeren Plakatflächen, also - wie ich jetzt einmal sage - bei illegalen Großwerbeflächen, et cetera, die wir dann einbehalten, muss bei der Abholung auch dafür bezahlt werden. Wir verrechnen das also auch denjenigen, die das illegal aufgestellt oder illegal plakatiert haben. Das Thema Beschmieren und Graffitis haben wir im Wiener Reinhaltegesetz schon berücksichtigt, das ist darin enthalten. Diese Bestimmung gilt, wie Sie wissen, für alle öffentlich zugänglichen Straßen und Grünflächen, also Tunnels, Brücken, Unterführungen, Rampen, Radwege, Stützmauern, Dämme, Haltestellenbereiche, Fahrbahnen, Gehwege, und so weiter. Das ist definiert. Im Gesetz heißt es schon jetzt, dass das Aufbringen von färbenden Stoffen eine Verunreinigung im Sinne des Wiener Reinhaltegesetzes ist. Wir haben dafür eine Verwaltungsstrafe von 1.000 EUR beziehungsweise eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu 4 Tagen vorgesehen. Viel weitreichender definiert - und deshalb möchte ich darauf noch ein bisschen eingehen - als unsere Strafe ist das aber diesfalls im Strafgesetzbuch, weil es sich vor allem bei Graffitis, aber teilweise auch bei illegalem Plakatieren um Sachbeschädigung handelt. Das ist viel weitreichender, auch von der Strafe her. Hier ist eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten und in schweren Fällen sogar von zwei bis fünf Jahren vorgesehen. Wie es der Zufall will, gibt es gerade auch einen aktuellen Fall in diesem Bereich: Am Mittwoch wurden drei Männer erwischt, die bei den Wiener Linien, mit einschlägigen Farbdosen bewaffnet, in einen Bereich, der den Wiener Linien gehört, einsteigen wollten, und sie sitzen jetzt wegen Verdachts der schweren Sachbeschädigung in Haft. Im Hinblick darauf auch noch meine abschießende Botschaft: Bei den Graffitis kommt es wesentlich häufiger dazu, dass man die Karte der Sachbeschädigung zieht, weil das auch eine wesentlich strengere Strafe ist und weil man ja nicht zwei Mal für dasselbe Delikt gestraft werden kann. Das heißt, man kann nicht nach dem Reinhaltegesetz und wegen Sachbeschädigung gestraft werden, sondern nur im Hinblick entweder auf das eine oder das andere Gesetz. Grundsätzlich versuchen wir natürlich, auch entsprechende Maßnahmen nicht nur zur Entfernung der Graffitis zu setzen: Wir haben auch mit Schutzanstrichen und Ähnlichem sehr gute Erfahrungen gemacht, zum Beispiel in öffentlichen WC-Anlagen, die aus irgendwelchen Gründen immer ein gern gesuchtes Ziel für die Anbringung von Graffitis sind. Das funktioniert mit Schutzanstrichen sehr gut. Dieses Mittel haben wir auch in etlichen Parks bei bestimmten großen sogenannten Spielmöbeln im Einsatz, damit man Farbe relativ einfach wieder herunterwaschen kann. Bei den Wiener Linien hat es ein ganzes Maßnahmenpaket gegeben, um Vandalismus beziehungsweise die Anbringung von Graffitis, die oft in der Nacht auf irgendwelchen Bahnhöfen erfolgen, einzuschränken, und das hat sehr gut funktioniert. Wie man jetzt auch sieht, konnten wir auch den letzten Versuch abwehren. Dabei geht es natürlich vor allem um verstärkte Überwachung, von Videoüberwachung bis zu neuen Schließsystemen und allen anderen möglichen Dingen, die man schon installiert hat und die sich wirklich sehr gut bewährt haben. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Mag. Emmerling. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Ich möchte jetzt einen anderen Aspekt der Reinhaltung mit einem Sicherheits- und Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung ansprechen, und zwar die Problematik der rauchenden Ascherohre auf Grund des Konstruktionsfehlers mit diesem Kamineffekt. - Wir haben vor ein paar Monaten einen Antrag dazu eingebracht. Sie haben damals im Hinblick darauf geantwortet, dass es zumutbar ist, dass Zigaretten ausgedämpft werden. Gleichzeitig wurden jetzt auch überall Pickerl auf den Ascherohren angebracht, auf denen steht: "Host an Tschick?" Jetzt sehe ich, dass quasi erkannt wurde, dass hier ein Problem besteht, vor allem auch für Kinder, die auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind und damit sehr stark belastet werden. Jetzt meine Frage, da diese Maßnahme, glaube ich, langfristig nicht wirklich etwas bringt: Was gedenken Sie hier zum weiteren Schutz der betroffenen Personen zu tun? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Ich muss jetzt schon sagen, dass der Weg von illegalem Plakatieren zu rauchenden Zigaretten im Hinblick auf den inhaltlichen Zusammenhang ein sehr weiter ist, aber ich habe kein Problem, darauf zu antworten. Ich sage Ihnen jetzt ganz ehrlich: Ich habe vor, nichts zu tun, weil ich glaube und der Meinung bin, dass es auch eine Verantwortung des Einzelnen gibt und man nicht alles auf die öffentliche Hand abwälzen kann. Sie werden in Ihrem Wohnzimmer die Zigarette auch nicht ausdämpfen und einfach so auf den Boden hauen, und genau dasselbe kann man auch auf öffentlichen Plätzen von den Menschen verlangen. Alles andere ist meines Erachtens, ehrlich gesagt, an Absurdität nicht mehr zu überbieten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Ulm. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Ich habe tatsächlich den Eindruck, dass man sich in der letzten Zeit mehr bemüht, an öffentlichen Gebäuden zu reinigen. Das ist ein ganz wesentlicher Faktor, um die Graffitischmierereien in den Griff zu bekommen. Es wird uninteressanter, zu schmieren und zu sprayen, wenn die Produkte bald wieder entfernt werden. Es gibt dazu in der öffentlichen Debatte immer ganz verschiedene Zahlen, was das kostet. Es kostet natürlich eine Menge, das immer wieder reinigen zu lassen. Ich würde mir natürlich auch wünschen, dass in noch kürzeren Abständen gereinigt wird, aber das ist eine reine Kapazitätsfrage und ist auch eine Kostenfrage. Wenn man bei der U-Bahn-Station Pilgramgasse vorbeifährt, dann sieht man das immer wieder, weil es übermalt wird. Es kommen wieder Schmierereien drauf, und es dauert dann halt, je nachdem, Wochen oder Monate, bis die U- Bahn-Station sauber ist. Ist es auf Grund der Kapazitäten möglich, den Reinigungstakt zu verkürzen, und welcher Schaden entsteht durch diese Schmierereien? Für ganz Wien werden Sie es nicht sagen können, Sie werden es auch nicht für alle öffentlichen Gebäude und nicht für die Gemeindebauten sagen können. Aber vielleicht können Sie es für die Wiener Linien sagen: Welche Schadensbeträge können Sie aus Ihrem Bereich nennen? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Ganze Summen kann ich Ihnen jetzt nicht nennen, aber ich kann Ihnen sagen, was das Übermalen pro Quadratmeter kostet: Inklusive Arbeitszeit schlägt sich das mit rund 20 EUR zu Buche. Es gibt auch noch andere unterschiedliche Möglichkeiten von Trockensandstrahl- sowie Feuchtsandstrahlentfernung und chemischem Entfernen. Ich habe auch etwas gelernt bei der Vorbereitung dieser Anfragebeantwortung: Das mit dem Sandstrahlen war mir bewusst, aber die anderen beiden Methoden waren mir nicht so geläufig. Ich weiß, dass wir bei der MA 48 mit den Schutzanstrichen wirklich schon sehr gute Erfahrungen gemacht haben, und ich weiß, dass die Wiener Linien das auch da und dort verwenden. Der Nachteil ist, dass das sehr teuer ist, der Vorteil ist, dass man Beschmierungen dann sehr leicht abwaschen kann. Wir haben jetzt versucht, auf Flächen, die sehr stark frequentiert sind, entweder stärker zu kontrollieren oder einen Schutzanstrich anzubringen, der dann schneller zu entfernen ist, denn es ist so, wie Sie richtig festgestellt haben: Je schneller man das entfernt, desto unattraktiver wird es. Man darf sich halt keine Illusionen machen: In einer Stadt wie Wien wird das offensichtlich immer wieder versucht werden, weil das für manche ein besonderer Kick ist. - Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man einschlägig in der Szene bekannte Sprayer wie zum Beispiel Puber, der ja dann auch wirklich verhaftet wurde, tatsächlich sozusagen öffentlichkeitswirksam bestraft und dadurch auch ein Unrechtsbewusstsein in diesem Bereich schafft, anstatt es als Kavaliersdelikt durchgehen zu lassen. Dann wird man damit durchaus mehr Erfolge erzielen können. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Die 3. Zusatzfrage wurde zurückgezogen. Die 4. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Matiasek. Abg. Veronika Matiasek (FPÖ): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Ich danke für die Beantwortung. - Sie war von der Tendenz her doch ein bisschen anders als noch vor einigen Jahren, und ich bin sehr froh darüber, dass sozusagen auch die Erkenntnis oder die Intention, das nicht mehr als Kavaliersdelikt zu sehen, jetzt doch Platz gegriffen hat! Man hat die Aktionen gegen die Verschmutzung durch Hunde auf der Straße oder auch durch Sperrmüll, und so weiter mit nachdrücklichen Maßnahmen kombiniert, die einerseits aus Öffentlichkeitsarbeit, andererseits aber natürlich auch aus Bestrafung jener bestehen, die das verursacht haben. Diesbezüglich ist man einen guten Weg gegangen, das gestehe ich zu. Ich nehme allerdings, auch weil ich viel zu Fuß in Wien unterwegs bin, noch einen großen Handlungsbedarf, was diese anderen beiden Bereiche betrifft, wahr. Sie haben gesagt, man muss die Menschen beim Wildplakatieren erwischen. - Ich würde sagen, man müsste sich doch auch darauf konzentrieren, die Auftraggeber zu belangen, die ja aus den meisten Plakaten klar ersichtlich sind, denn das sind oft Bewerbungen großer Veranstaltungen. Wir haben die Halbschalen als eine Möglichkeit, zu plakatieren, zur Verfügung gestellt. Aber auf der anderen Seite gibt es noch immer eine ganz große Gruppe von Veranstaltern, die unerlaubt plakatieren, und ich denke jetzt nicht an jene, die mit dem Kleisterkübel aufkleben gehen. Daher frage ich: Könnten Sie sich vorstellen, dass man mit Nachdruck auch dahinter ist, die Auftraggeber dieser wilden Plakataktionen zu belangen, durch die gemeinsam mit den Schmieraktionen ja wirklich auch ein Sicherheitsrisiko verursacht wird, wenn etwa im Bereich öffentlicher Passagen Fluchtweghinweise überklebt werden, et cetera, weil das ja nicht nur unschön ist, sondern eben auch ein Sicherheitsrisiko sein kann? Können Sie sich vorstellen, dass man auch diesbezüglich den Weg weitergeht und auch dort ansetzt? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Ich bin froh, dass Sie das noch ansprechen, das habe ich nämlich vorher vergessen. - Wir haben schon vor einigen Jahren begonnen, ziemlich unfreundliche Briefe an die Auftraggeber zu schreiben. Rechtlich ist es nämlich so: Ich habe mir am Anfang gedacht, dass es eine brauchbare Methode ist, den Auftraggeber, also den Veranstalter irgendeines Konzerts in irgendeinem Lokal, zu klagen. - Der Veranstalter sagt dann aber: "Ich weiß nicht, wer dieses Plakat aufgehängt hat! Ich habe keine Ahnung, wie das dort hingekommen ist!" - Diese Verfahren haben dann immer mit einem Freispruch geendet, dieser Weg ist uns also sozusagen verschlossen geblieben. Was wir aber natürlich gemacht haben, ist, dass wir all die Veranstalter systematisch angeschrieben und ihnen gesagt haben, dass es von Seiten der Stadt nicht akzeptiert wird, dass hier illegal plakatiert wird, und dass wir auch die Ausrede, dass sie nicht wissen, wie das Plakat dort hingekommen ist, nicht glauben. - Das hat in vielen Fällen sehr wohl dazu geführt, dass gerade große Veranstalter das auch wirklich aufgegeben haben. Wie gesagt: Mit den Halbschalen von kultur:PLAKAT gibt es jetzt auch die Möglichkeit, sehr kostengünstig Veranstaltungen anzukündigen. Im Hinblick darauf habe ich tatsächlich einen Rückgang des illegalen Plakatierens orten können: Es war früher wirklich um einiges schlimmer. Aber da muss man halt immer dran bleiben, und wir tun das wirklich in regelmäßigen Abständen, wenn man wieder sieht, dass irgendeine Welle kommt. Es gibt da schon ganz bestimmte einschlägige Veranstaltungslokale, die das immer noch tun und dann uns gegenüber sagen. puh, wir haben keine Ahnung, wie das dort hinkommt! Es ist halt in diesem Bereich leider ein bisschen schwierig, diese Leute wirklich festzunageln, aber wie Sie sehen, haben wir nichts unversucht gelassen, um das wirklich effektiv einzudämmen. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Die 4. Anfrage (FSP - 02947-2016/0001 - KSP/LM) wurde von Frau Abg. Marina Hanke gestellt und ist an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaft und Internationales gerichtet. (Was hat Sie als Wirtschaftsstadträtin dazu bewogen, dem Wiener Landtag die Abschaffung des Vergnügungssteuergesetzes vorzuschlagen?) Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Einen schönen guten Morgen! Ich bin nicht gewohnt, dass ich das Mikro hinunter tun muss, denn normalerweise ist es umgekehrt, aber wenn Frau StRin Sima vor mir spricht, dann muss ich es tiefer stellen. Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Frage, denn sie gibt mir Gelegenheit, zu einem Thema Stellung zu nehmen, das mir persönlich ein großes Anliegen ist, nämlich zu der Fragestellung: Wie können wir in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Wirtschaft unterstützen? Wie können wir Erleichterungen für einen Wirtschaftsaufschwung schaffen, und zwar in Anbetracht der - wie man ehrlicherweise natürlich auch sagen muss - eingeschränkten Möglichkeiten, die eine Kommune hat? Ich denke aber, wir können doch einiges tun, und das Beispiel, das Sie, Frau Kollegin, hier ansprechen, nämlich die Abschaffung der Vergnügungssteuer, ist ein, glaube ich, sehr tauglicher Versuch. Immerhin geht es nämlich hier darum, dass wir die Wiener Wirtschaft um 5 Millionen EUR entlasten. Das ist aber nur eine Seite der Medaille, warum die rot-grüne Regierung sich entschlossen hat, das hier so vorzuschlagen, denn es geht bei der Abschaffung der Vergnügungssteuer nicht nur um die finanzielle Entlastung, sondern es geht auch um einen wirklich spürbaren Bürokratieabbau, weil gleichzeitig mit der Abschaffung der Vergnügungssteuer natürlich auch die ganzen Anmeldungen entfallen, die bisher für vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltungen notwendig waren, und alle, die schon einmal eine Veranstaltung organisiert haben, wissen, dass das recht intensive Behördenwege waren. Das Ganze ist eine Kombination aus finanzieller Entlastung und Entbürokratisierung, und ich denke, dass das ein Beitrag dazu ist, den Wirtschaftsaufschwung zu unterstützen. Wien schlägt sich ja trotz aller Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise im internationalen Wettbewerb gut: Wir haben so viele Jobs in dieser Stadt wie nie zuvor. Wir haben Betriebsansiedlungsrekorde. Unsere allergrößte Sorge gilt aber nach wie vor natürlich der steigenden Arbeitslosigkeit, die es schlicht und einfach deswegen gibt, weil die Wirtschaft nicht rasch genug wächst. Wir kennen die Formel: 2 bis 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum, damit die Arbeitslosigkeit zu sinken beginnt. - Das haben wir österreichweit nicht, und das haben wir in Wien gar nicht, wobei es in Wien besonders schwierig ist, weil wir sozusagen Opfer unseres eigenen Erfolges sind. Besonders hohe Produktivität bedeutet nämlich, dass noch mehr Wirtschaftswachstum notwendig ist, um Arbeitslosigkeit zu senken. Worum geht es also? - Es geht darum, dass die Maßnahmen, die auf Bundesebene gesetzt wurden - Stichwort Steuerreform, wie wir aus den Zahlen, aber auch von Untersuchungen wissen -, zu greifen beginnen und dass wir diese Impulse, die vom Bund ausgehen, mit Maßnahmen unterstützen, die uns möglich sind, mit dem Ziel, leichteres Wirtschaften für die Unternehmer und Unternehmerinnen in dieser Stadt zu ermöglichen. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Ornig. Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Vielen Dank für Ihre Ausführungen! Ich glaube, wir sind uns im Hause ja einig, dass sich jeder freut, dass diese Vergnügungssteuer am heutigen Tage abgeschafft wird. Ich frage mich, wenn Sie von einer Erleichterung für die Unternehmer und Unternehmerinnen dieser Stadt und von Wirtschaftswachstum reden, wie es mit den Plänen hinsichtlich anderer Bagatellsteuern und Abgaben, die die Wirtschaft hier in Wien, in der Kommune, belasten, aussieht: Haben Sie im Hinblick darauf auch vor beziehungsweise planen Sie, diesbezüglich Akzente zu setzen? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Herr Kollege! Sie werden wissen, weil wir ja schon einige Male darüber diskutiert haben, dass wir einen Erlass bei uns in der Stadt haben, dass jede Bestimmung auf ihre Wirtschaftsfreundlichkeit überprüft werden muss, und die Abschaffung hier war das Ergebnis einer solchen Überprüfung hinsichtlich ihrer Notwendigkeit. Das heißt, wir sind hier in einem permanenten Prozess und versuchen, möglichst Erleichterungen zu schaffen. Man muss allerdings auch dazusagen, dass sehr, sehr viele Regelungen ja nicht auf unserem Mist wachsen, wenn ich das so formulieren darf, sondern da sehr viele Bestimmungen Bundesregeln sind - was nicht heißt, dass wir uns nicht trotzdem dafür stark machen können, tun wir jetzt aber gerade bei der Frage der Gewerbeordnung. Also wir sind dabei, alle Regeln, größere und kleinere, zu durchforsten; und wir sind dabei, und das ist mindestens genauso wichtig, die Strukturen zu durchforsten. Denn es geht ja nicht nur um eine Bestimmung, es geht ja auch darum: Was ist denn da alles notwendig? Wie sind die Abläufe? Und das überarbeiten wir permanent. Das klingt alles so, als ob man es mit einem Schnipser machen könnte, aber wenn man dann im Alltag ist, weiß man, es ist nicht so, vor allem nicht in einer Stadt, in der so unterschiedliche Interessen so dicht und in solcher Anzahl aufeinandertreffen. Aber grundsätzlich ja, wir sind dabei, alle Dinge zu überprüfen und machen das ergebnisoffen und immer mit den Bemühungen, die Wirtschaft zu unterstützen. Aber es geht natürlich auch - auch das muss ich jetzt der Fairness halber dazusagen - um AnrainerInneninteressen, es geht um Konsumentenschutz, und so weiter, und wir versuchen, das möglichst wirtschaftsfreundlich unter einen Hut zu bringen. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Die nächste Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Dr. Aichinger gestellt. Abg. Dkfm. Dr. Fritz Aichinger (ÖVP): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass der 30. September 2016 ein ganz, ganz besonderer Tag ist, ein Tag, an dem eine Steuer durch den Landtag fast abgeschafft oder abgeschafft wird. Sie haben gerade gesagt, dass das nicht nur finanzielle, sondern auch sehr viele administrative Auswirkungen hat, nämlich für die Unternehmer, weil sie ganz einfach weniger melden müssen und ähnliche Dinge. Ich hoffe auch, dass dieser Weg, wenn ich so sagen darf, fortgesetzt wird. Sie haben ja auch gesagt, dass evaluiert werden soll, was alles noch ist beziehungsweise up to date ist. Da werden wir zum Beispiel heute noch im Laufe der Debatte einen Antrag zur Durchforstung der Gebrauchsabgaben einbringen. Aber ich habe jetzt eine ganz besondere Frage. Sie bezieht sich auf etwas, das ähnlich wie die Vergnügungssteuer ist, sprich, hier administrative Arbeit und Geld kostet, ich meine den Sportförderungsbeitrag. Er betrug 2,2 Millionen EUR im Jahre 2015, er lastet den Vereinen sehr viel Arbeit auf, und es würde die Vereine natürlich entlasten, wenn er abgeschafft würde. Können Sie sich vorstellen, den Sportförderungsbeitrag abzuschaffen? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Bevor ich auf die Frage eingehe, möchte ich noch ganz kurz auf eine Einleitung, die Sie angesprochen haben, eingehen. Sie haben nämlich gesagt, die Gebrauchsabgabe soll immer wieder überarbeitet werden. - Da kann ich Ihnen jetzt schon sagen: Das machen wir - aber das haben wir auch schon getan. Es ist ja nicht so, dass die Gebrauchsabgabe nicht immer wieder überprüft, immer wieder evaluiert wird. Dies deswegen, weil ich mich persönlich immer wieder wahnsinnig geärgert habe, wenn ich auf einer Einkaufsstraße spazieren gegangen bin, ein neues Geschäft gesehen habe: Die wollen es nett machen, wollen irgendetwas Hübsches auch für die Umgebung machen und stellen links und rechts einen Blumentopf beim Eingang auf, und das war früher dann auch unter der Gebrauchsabgabe abgabenpflichtig. Das war zum Beispiel so etwas, das wir dann abgeschafft haben, weil unter uns gesagt, viel Geld ist mit den zwei Blumentöpfen nicht zu gewinnen. Und es ist ja wirklich ein Bemühen der Unternehmen, auf ihr Unternehmen aufmerksam zu machen, was ja legitim ist. Es ist auch positiv für die Umgebung, wenn man versucht, das ein bisschen schöner zu machen. Dafür dann Gebrauchsabgabe zu kassieren, hat mich persönlich immer sehr geärgert. Daher habe ich damals selber darauf geschaut, dass das abgeschafft wird, und das ist auch passiert. Ich erzähle das deswegen, weil ich nicht möchte, dass der Eindruck entsteht, wir fangen jetzt erst an, uns mit dem Thema zu befassen. Das ist vielmehr ein permanenter Prozess. Aber ja, darauf richte ich mein Augenmerk ganz besonders, insofern ist das schon richtig. Beim Sportförderungsbeitrag muss ich Sie jetzt enttäuschen. Aber Sie haben ohnehin nicht erwartet, dass ich sage, ja, den schaffen wir ab. Der Sportstadtrat ist nicht mehr da. Er würde mich dann wahrscheinlich sehr scharf anschauen, und nachdem er sehr groß und kräftig ist, muss ich das nicht unbedingt haben. Der Sportförderungsbeitrag hat ja eine Funktion und einen Zweck. Wir wissen, wie wichtig die Sportförderung in dieser Stadt ist. Aber selbstverständlich wird es ein Teil des Gesamtprojektes sein, und wir werden auch darauf unser Augenmerk lenken. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächster ist Herr Abg. Peter Kraus zu Wort gemeldet. Abg. Peter Kraus, BSc (GRÜNE): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Ich komme wieder auf das Thema Vergnügungssteuer zurück, denn darum geht es ja eigentlich. Sie haben das finanzielle Volumen dieser vorliegenden Novelle schon erwähnt. Mich interessiert jetzt ein bisschen die Perspektive der Wirtschaftstreibenden. Wie profitieren denn die ganz konkret von dieser vorliegenden Novelle? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Danke, dass Sie wieder zur Vergnügungssteuer zurückkehren, denn ich glaube - aber es wurde ohnehin von allen auch schon respektierend angemerkt -, dass das schon eine Besonderheit ist, vor allem in Zeiten, wo es ja wirtschaftlich notwendig ist, auch auf die Einnahmenseite zu schauen. Aber man muss eben die Wirtschaft als Kreislauf sehen in jeder Hinsicht. Deswegen erhoffe ich mir ja von dieser Abschaffung der Vergnügungssteuer auch einen Boom, gerade in einer Szene, die sehr aktiv ist, die auch über das Wirtschaftliche hinaus für die Stadt wichtig ist mit ihrer Kreativität, mit ihrer Lebenslust, mit ihrer Internationalität. Also ich erhoffe mir da auch einen Schub für das junge, moderne und lustvolle Wien. Insofern geht es eben, wie Sie richtig gesagt haben, natürlich nicht nur um's Geld, wiewohl 5 Millionen EUR für alle Beteiligten eine große Summe sind. Aber es geht natürlich um sehr viel mehr. Es sind immerhin 3.000 Unternehmer und Unternehmerinnen, die davon betroffen sind. Im Jahr 2015, ich habe mir da die Zahlen zusammengeschrieben, gab es 1.700 Anmeldungen - also diese Bürokratieseite, die, wie ich weiß, Ihnen ja auch immer besonders wichtig war - für fallweise Veranstaltungen. Aber wir hatten auch - oder haben noch immer, wir haben ja das Gesetz noch nicht abgeschafft, Sie werden das ja hoffentlich heute machen - 136 Konten für regelmäßige Veranstalter. Also das soll man auch nicht unterschätzen. Was waren oder sind das denn für Veranstaltungen, die da dem Vergnügungssteuergesetz unterliegen, wie übrigens in anderen Kommunen? Also so wie es dargestellt wurde, das hätte niemand außer Wien, stimmt das natürlich nicht. Selbstverständlich gibt oder gab es diese Regelung auch in anderen Bereichen. Was unterliegt denn da? Publikumstanz, Filmvorführungen, TV-Projektionen, Public Viewing, Videospiele und Videofilme. Allein dieses Beispiel Videoverleih zeigt, glaube ich, was eben unsere Evaluierung gebracht hat, dass da nämlich die Zeit ein bisschen an der Regelung vorbeigegangen ist. Da geht es aber auch um sportliche Wettkämpfe, Motorsportveranstaltungen und Ausstellungen. Es ist also wirklich eine sehr breite Palette. Und vor allem bei diesen Veranstaltungen, die nicht regelmäßig waren, wird es wirklich ein Riesenvorteil sein in der Organisation, im Ablauf und in der Bürokratie, und ich glaube, beides darf man nicht geringschätzen. Ich erhoffe mir eben da wirklich auch einen Schub in einer Szene, die für Wien wirtschaftlich wichtig ist, aber auch über das Wirtschaftliche hinaus von Bedeutung ist. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Die 4. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Nittmann. Abg. Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Vielen Dank für Ihre ausführliche Beantwortung. Ich glaube, wir sind alle der Meinung, dass die Abschaffung der Vergnügungssteuer in Zeiten wie diesen eine gute Sache ist. Kollege Aichinger hat ohnehin schon angesprochen, dass die Gebrauchsabgaben zu durchforsten sind; und es freut mich sehr, wenn Sie sagen, dass das eigentlich schon ein längerer Prozess ist, und dass Sie das evaluieren. Ich hätte jetzt noch eine ganz konkrete Frage zu den Gebrauchsabgaben, nämlich auch an Ihr Beispiel mit den Blumenstöckeln, mit denen nicht viel zu gewinnen ist, anknüpfend: Es betrifft die sogenannte Luftsteuer, die im Gebrauchsabgabengesetz geregelt ist, die in der Regel Werbeplakate und Werbetransparente betrifft, die über dem Boden angebracht sind, aber in die Luft ragen. Ich gehe davon aus, mit denen ist genau so wenig etwas zu gewinnen wie mit den Blumentöpfen vor der Eingangstür, und meine Frage ist die: Sie haben in der letzten Ausschusssitzung gesagt, im Jahr 2015 waren die Einnahmen aus der Gebrauchsabgabe im Zusammenhang mit den Schanigärten rund 1 Million EUR. Wie hoch sind die Einnahmen aus der Gebrauchsabgabe im Zusammenhang mit der, salopp gesagt, Luftsteuer, die ja eigentlich eine Gebrauchsabgabe ist? Und: Gedenken Sie konkret, diese Luftsteuer aus der Gebrauchsabgabe zu eliminieren? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Bevor ich der Frau Stadträtin das Wort erteile, würde ich grundsätzlich ersuchen - weil es natürlich schwierig ist, sich vorzubereiten -, bei der Fragestellung bei der Zusatzfrage schon bei der Ursprungsfrage zu bleiben. Die Gebrauchsabgabe ist etwas ganz anderes als die Vergnügungssteuer. Nichtsdestoweniger, bitte, Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Danke für die Einleitung, denn ich kann die Frage auch auswendig nicht beantworten, ich kenne nicht jede unserer Einnahmenseiten. Also wie viel ganz genau mit dem, was man so salopp als Luftsteuer bezeichnet, hereinkommt, kann ich Ihnen auswendig nicht sagen, reichen wir aber gerne nach, ist gar kein Problem. Wenn ich sage, wir überprüfen alles, dann überprüfen wir alles. Aber ich möchte jetzt auch nicht den Eindruck erwecken, als würde ich mich jetzt hier herstellen und salopp irgendwelche Abschaffungen ankündigen. Das mache ich nicht, das wäre sehr unseriös für eine Finanzstadträtin. Die Werbungen sind wieder ein bisschen etwas anderes als die Blumenstöckerln. Denn da haben wir natürlich schon auch immer wieder viele Beschwerden von Leuten, die sich belästigt fühlen. Das ist wieder so ein Beispiel, wo es in der Stadt eng wird. Aber trotzdem bitte ich, es wirklich so zu nehmen, wie ich es sage: Wir schauen uns alles an, wir überarbeiten alles, wir evaluieren alles. Aber außer die ganz konkrete Position, die ja bekannt ist - weil auch der entsprechende Antrag zur Vergnügungssteuer heute zur Abstimmung vorliegt -, möchte ich da jetzt keine Versprechungen machen, das wäre einfach unseriös. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Die 5. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Hanke. Abg. Marina Hanke, BA (SPÖ): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Sie haben im Zuge der Diskussion um die Vergnügungssteuer jetzt gesagt, es geht darum, Impulse für leichteres Wirtschaften in Wien zu setzen. Vielleicht als Abschluss noch ein bisschen eine zukunftsgerichtete Frage: Ein paar Themen haben wir jetzt ohnehin schon angeschnitten. Sie haben da auch den Aspekt der Verwaltungsreformen angesprochen. In welchen Bereichen würden Sie da noch weiteren Reformbedarf sehen? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin, bitte. Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Das ist natürlich ein Thema, das uns permanent begleitet. Regeln sind kein Selbstzweck. Wenn man es in einem Satz zusammenfasst: Ich möchte, dass wir so viel Freiheit wie möglich und so viele Regelungen wie nötig haben. Der Satz ist aber leichter gesagt, als das in der Praxis dann auch wirklich umgesetzt ist. Denn natürlich, wenn jemand ein Unternehmen eröffnet, muss er sich an Regeln halten. Das ist oft für größere Unternehmungen viel leichter als für die vielen kleinen. Vor allem für Ein-Personen- Unternehmungen ist das oft eine große Hürde - auch wenn es sinnvolle Regeln sind und gewisse Regeln brauchen wir für's Zusammenleben. Da versuchen wir eben, helfend zur Seite zu stehen, zum Teil eben durch unsere Überarbeitungen. Da muss man aber dazusagen - ich habe es, glaube ich, vorher ohnehin schon gesagt -, dass natürlich ein Großteil der Regeln Bundesregelungen sind. 13.000 Bundesgesetze und -verordnungen stehen 600 Landesregeln gegenüber. Und von diesen 600 Landesregeln sind wieder nur 7 Prozent welche, die Wirtschafts- oder Verkehrsrecht betreffen. Also da sieht man schon die Relation. Aber trotzdem brauchen wir natürlich Bestimmungen. Wir sind in einer Großstadt, wohnen und arbeiten. Die Zeit, wo man sagt, man trennt Wohnen und Arbeiten sind ja glücklicherweise lange vorbei. Jetzt wollen wir es verbinden, und da brauchst du natürlich dann im Zusammenleben, wenn Wohnen und Arbeiten auf engem Raum stattfinden, entsprechende Regeln. Wir wollen das aber möglichst unbürokratisch, mit möglichst wenig Regeln machen. Sie wissen, dass wir uns auch sehr bemühen, auch entsprechend beratend gemeinsam mit der Wirtschaftskammer aktiv zu werden. Ich erwähne da die neuen Betriebsanlagenzentren, die wir auch überarbeiten und evaluieren. Da müssen wir noch besser werden. Es ist aber schon viel erreicht. Die durchschnittliche Genehmigungszeit für eine Betriebsanlage Wien-weit liegt bei drei Monaten. Es ist also keine Rede von dem, was man da oft liest, dass es nämlich Jahre dauert, sondern es sind im Schnitt drei Monate. Wenn wir da noch besser werden wollen, müssen wir daran arbeiten. Wir brauchen aber eine vereinfachte Bundesgewerbeordnung. Und da gibt es jetzt eine Vielzahl - genau, kommt erfreulicherweise - von Regeln und eine Vielzahl von Vorschlägen. Wobei man bei dieser Novelle natürlich schon darauf achten muss, dass neben dem Preis auch die Qualität zählt. Wir müssen darauf achten, dass das duale Ausbildungswesen nicht geschwächt wird, und wir müssen natürlich auch auf den Konsumenten- und Konsumentinnenschutz schauen. Aber man kann hier viel tun. Reduzierung der reglementierten Gewerbe: Dass man wirklich sagt, wir konzentrieren uns auf jene Gewerbe, wo es um Gesundheit, Leben, Vermögen und Sicherheit geht. Die vielen Teilgewerbe, denke ich, kann man abschaffen. Wäsche Bügeln und Änderungsschneiderei braucht nun wirklich keinen eigenen Gewerbeschein. Mir persönlich ist es ganz wichtig, dass wir das Betriebsanlagenrecht nicht dort in voller Schärfe wirken lassen, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt. Ich spreche vor allem von den Pop-up Stores. Jetzt ist es ja so, dass auch da die Bestimmungen greifen, und da wollen wir bei vorübergehender gewerblicher Tätigkeit, die nur ein paar Tage oder Wochen dauert, eine spürbare Erleichterung. Gerade in Wien sind diese Pop-up Stores sehr beliebt. Daher wollen wir eine Erleichterung für diese Szene, die eben sehr aktiv ist in dieser Stadt. Vielleicht zum Abschluss. Was ich mir wünsche und woran wir arbeiten und wo wir auch Vorschläge dem Bund gebracht haben, ist: Wir wollen beraten statt bestrafen. Unser Ziel ist nicht, dass wir die Unternehmer bestrafen. Unser Ziel ist, dass wir ein gutes, friktionsfreies Zusammenleben zwischen Wirtschaft und Arbeit haben und möglichst viel Freiheit für die wirtschaftliche Entwicklung. Da wollen wir nicht strafen, sondern da wollen wir beraten. Jetzt können wir das nicht, jetzt sind wir gezwungen anzuzeigen auf Grund der gewerberechtlichen Bestimmungen des Bundes. Wir haben uns deswegen bei den Diskussionen mit dem Bund sehr stark gemacht für eine Änderung, nämlich dahin gehend, dass wir von einer Strafe absehen können, wenn innerhalb einer gewissen Frist das Unternehmen den Mangel behebt. Um es konkret zu sagen, für die, die nicht so im Thema drinnen sind: Wenn ein Elektrobefund fehlt, dann wollen wir mit Beratung erreichen, dass wir ihn bekommen innerhalb von zwei Wochen. Wenn derjenige innerhalb von zwei Wochen den Elektrobefund nachbringt, ist das gescheiter, als wenn er eine Strafe zahlen muss. Und genau das wollen wir in Zukunft machen dürfen. Dazu brauchen wir aber eine entsprechende Änderung im Bund, und an der arbeiten wir. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Wir kommen zur letzten Anfrage der heutigen Fragestunde (FSP - 02953-2016/0001 - KNE/LM). Sie wird von Herrn Abg. Ornig gestellt und ist an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit, Soziales und Generationen gerichtet. (In der 15a-Vereinbarung über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist eine geringfügige Staffelung der Beträge für minderjährige Kinder vorgesehen. Wien hat bei der Umsetzung der Mindestsicherung auf eine Staffelung der Beträge verzichtet. Zudem zahlt Wien bundesweit den höchsten Satz pro Kind aus. Insgesamt begünstigt die Wiener Mindestsicherung kinderreiche Familien überproportional. Diese Regelung ist unfair, schließlich bekommen Angestellte und Selbstständige auch kein höheres Gehalt bzw. haben ein höheres Einkommen, nur weil sie mehr Kinder haben. Eine solche Regelung mindert daher die Unterstützung in der Bevölkerung für die Mindestsicherung. Für welche Art von Regelung im Sinne einer Staffelung der Mindestsicherungsbeträge für Kinder setzen Sie sich bei den laufenden Verhandlungen zur Reform der Mindestsicherung ein?) Frau Stadträtin, bitte. Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Danke. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Antragsteller! Sie beschreiben, dass in der 15a-Vereinbarung für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung eine geringfügige Staffelung für die minderjährigen Kinder vorgesehen ist und fragen mich, warum das in Wien nicht umgesetzt ist und welche Vorschläge es von meiner Seite für eine Staffelung gibt. Die 15a-Vereinbarung zur Mindestsicherung, die im Jahr 2010 beschlossen wurde, sieht ein Verschlechterungsverbot vor. Dies hat auch dazu geführt, dass wir die ursprüngliche Regel, die in der Sozialhilfe in Wien war, nämlich, dass es hier keine Kinderstaffelung gegeben hat, so übernommen haben. Das war die Situation auch in sechs von neun Bundesländern, die das so übernommen haben. Die Staffelung gab es, weil es eben drei Bundesländer gab, wo die Staffelung schon in der alten Sozialhilfe die Regel war. Das heißt, eine Kinderstaffelung umzusetzen, wäre rechtswidrig gewesen, weil es der 15a-Vereinbarung widersprochen hätte. Jetzt lasse ich einmal die Tatsache außer Acht, dass Rechtswidrigkeiten im Moment offenbar manche Länder nicht davor zurückschrecken lassen, Veränderungen vorzunehmen. Viele Änderungen, die in Oberösterreich in den letzten Monaten gemacht wurden, waren nämlich einfach rechtswidrig. Ich spreche da gar nicht über die Verfassungswidrigkeit, sondern nur über die Rechtswidrigkeit im Vergleich zur 15a-Vereinbarung. Ich finde, dass es wichtig ist, dass wir auch in Zukunft über diese Frage reden. Ich möchte nur zwei Dinge hier anführen. Das Erste ist, dass ich den Vergleich, den Sie in Ihrer Frage anstellen, für einen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen halte. Denn die Frage, ob jemand, der angestellt ist oder selbstständig ist, mehr verdient, wenn er mehr Kinder hat, ist, wie Sie richtig schreiben, zu verneinen. Aber die Mindestsicherung hat ja hier eine ganz andere Aufgabe. Wir haben eben Menschen, die verdienen oder die Arbeitslosengeld bekommen, die dann, wenn das dritte Kind kommt, eben hier eine Ergänzungsleistung bekommen. Daher hinkt der Vergleich. Ich höre das auch immer aus dem Bereich der Arbeitslosenunterstützung: Wieso beträgt dort der Kinderzuschlag nur ein paar Euro, während die Kindermindestsicherung so hoch ist? Weil es eben eine Mindestsicherung für einen kleinen Menschen ist. Und das sind einfach unterschiedliche Systeme, wo dieser Vergleich nicht stimmt. Und ich sage noch einmal: Das führt eben dazu, dass Menschen, die auch arbeiten, die zwei, drei oder vier Kinder haben, neben ihrem Arbeitseinkommen, wenn das vierte Kind kommt, dann Mindestsicherung bekommen. Ich halte es dem Grunde nach für nicht sachgerecht, dass man umso mehr Geld bekommt, je mehr Kinder man hat, in gar keinem System. Ich verweise hier auf die derzeit gültige Regel der Familienbeihilfe, die 2001 in der schwarz-blauen Koalition von ÖVP und FPÖ beschlossen wurde. Damals ist man nämlich abgegangen von dem jahrzehntelangen Prinzip, jedes Kind ist gleich viel wert, und es wurde eine progressive Kinderstaffel, die - das ist geltende Rechtslage - dazu führte, dass man ab dem zweiten Kind für jedes Kind, auch schon für das erste, um 6,90 EUR mehr bekommt. Und - das soll man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, weil wir diese Diskussion ja gestern schon geführt haben, heute weiter führen werden - bei sieben oder mehr Kindern, gibt es auf Grund dieser Regel, die aus dem Jahr 2001 stammt und von ÖVP und FPÖ beschlossen wurde, für jedes Kind, jedes der sieben Kinder, um 51 EUR mehr. Ich halte das für falsch. Ich halte die Art und Weise, wie in Österreich Familienunterstützungen gegeben werden, generell für falsch, nämlich aus meiner Sicht in einem viel zu hohen Ausmaß in Geld und in einem viel zu geringen Ausmaß in Sachleistungen. Würden wir diese Mittel zu einem Teil in den Ausbau - das wäre für Wien nicht so relevant, weil wir hier sehr gut aufgestellt sind, aber es gibt nicht nur Wien in Österreich - von Ganztagsschulen, Ganztagskindergärten und Krippen stecken, bin ich der Überzeugung, dass den Familien viel mehr gedient wäre. Ich bin dafür, das generell zu diskutieren. Wogegen ich bin, ist, dass wir nur bei der Mindestsicherung darüber reden. Also darüber, dass der Generaldirektor, der 4 Kinder hat, eine Kinderstaffel, um es Ihnen konkret zu sagen, für jedes der 4 Kinder zusätzlich zur Kinderbeihilfe von 26 EUR bekommt, nicht zu diskutieren, aber darüber zu diskutieren, ob es eigentlich ein Wahnsinn ist, dass, wenn wer 4 Kinder in der Mindestsicherung hat, er für das 4. Kind dasselbe bekommt wie für das erste, das finde ich nicht sachgerecht. Daher gilt auch hier meine grundsätzliche Position zu den notwendigen Reformen in der Mindestsicherung: Mehr Sachleistungen statt Geldleistungen, eine Einschleifregelung bei der Aufnahme der Berufstätigkeit und strenge Kontrollen; aber keine losgelöste Diskussion über Phänomene, die man in Österreich durchaus diskutieren kann wie die Frage der Geldleistungen für Familien nur auf diese Gruppe der Mindestsicherungsbezieherinnen und -bezieher allein beschränkt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Korosec Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Sie haben den Generaldirektor angeführt. Da bin ich ja durchaus bei Ihnen, aber Sie wissen ja, diese Diskussion ist schon so oft geführt und letztendlich immer wieder eingestellt worden, denn die bürokratischen Kosten wären entschieden höher, wenn man da differenzieren würde. Also diese Diskussion ist schon uralt. Aber, Frau Stadträtin, Sie haben im Juni ein Presseinterview gegeben und da haben Sie erwähnt: "Ich kann mir gut vorstellen, dass man in der Mindestsicherung mit steigender Kinderanzahl pro Kind weniger erhält. Man könnte die Kinderunterstützung auch aus der Mindestsicherung herausnehmen und die Familienbeihilfe erhöhen." Frau Stadträtin, was heißt das konkret? Wie stellen Sie sich das wirklich konkret vor, die Kinderunterstützung aus der Mindestsicherung herauszunehmen? Das würde ja bedeuten, diese Kinderunterstützung zur Familienbeihilfe zu geben? Die Familienbeihilfe zahlt der Bund, die Mindestsicherung ist Ländersache. Haben Sie da vor, im Finanzausgleich das mitzuverhandeln, oder wie stellen Sie sich das konkret vor? (Abg. Christian Oxonitsch: Das sind drei Fragen!) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Erstens: Ihr Postulat, dass eine Änderung der Mehrkindstaffel in der Familienbeihilfe irgendeinen bürokratischen Aufwand bedeuten würde, ist falsch. Es ist vielmehr so, dass durch diese Regelung, die 2001 unter Schwarz-Blau eingeführt wurde, eben zu prüfen ist und nicht für jedes Kind gleich viel Geld zur Verfügung gestellt wird. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt ist eine grundsätzliche Frage zwischen Sach- und Geldleistungen, wo meine Position und die Position meiner Partei die ist, dass die Investition in Infrastruktur, in Betreuung immer eine zielgerichtetere ist. Und besonders wenn man der Meinung ist, dass der Kindergarten die erste pädagogische Einrichtung ist, muss ich sagen: Insbesondere die Ganztagsschule führt dazu, dass Kinder aus bildungsfernen Schichten bessere Chancen haben, sodass die Investition dorthin sachgerecht den Kindern, die mehr Unterstützung brauchen, besser dient als jenen, die das wahrscheinlich gar nicht brauchen würden. Zu Ihrer Frage das Presseinterview betreffend kann ich Sie darüber informieren, dass diese Vorschläge, die ich hier gemacht habe, insbesondere was die Frage der Zusammenführung mit der Familienbeihilfe betrifft, in Diskussion sind. Weiters möchte ich feststellen, dass die Familienbeihilfe im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten, keine Bundesleistung ist, sondern aus dem Familienlastenausgleichsfonds finanziert wird. Ich möchte auch erwähnen, dass wir in Wien, aber auch in allen anderen Bundesländern einen hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen, also Minderjährigen in der Mindestsicherung haben und man sich daher sehr wohl die Frage stellen kann, ob nicht die Familienbeihilfe so ausgestaltet sein kann, nämlich trotz Diskussionen, die irrtümlicher- oder missverständlicherweise bestehen, indem man sagt, na gut, aber einer, der arbeitet, bekommt ja auch nicht mehr für das dritte Kind, sodass man einen sehr großen Erklärungsbedarf hat. Wie gesagt, trotzdem kann man sich die Frage stellen, ob man das nicht auch anders organisieren kann. Die Frage, wie das dann zu finanzieren ist, wie die Kostenteilung funktionieren soll, muss man da natürlich klären. Ich muss aber sagen, ich sehe nicht, dass hier dieser Idee gerade zum Durchbruch verholfen wird. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abg. Hebein. Abg. Birgit Hebein (GRÜNE): Vielen Dank. Guten Morgen, Frau Landesrätin! Ich danke Ihnen für Ihre klare Haltung. Ich teile Ihre Einschätzung, dass wir hier grundsätzlich Förderstrukturen in Frage stellen und nicht immer uns an den Menschen abarbeiten sollten, die ohnehin wenig zum Leben haben, und jetzt darüber diskutieren, ob jetzt 70 EUR mehr oder weniger hier das Thema sind. Meine Frage bezieht sich auf die laufenden 15a-Verhandlungen, die ja für uns in Wien sehr, sehr relevant sind. Wir haben inzwischen 200.000 Menschen, die von dieser sozialen Mindestsicherung, diesem Notruf, wenn Sie so wollen, abhängig sind. Sollte es zu keiner vernünftigen Einigung kommen, sind tausende Menschen ab 1. Jänner nicht mehr versichert, weil die Versicherung an die 15a-Vereinbarung gekoppelt ist. Welche sozialen und ökonomischen Folgen, Szenarien sehen Sie daraus? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Frau Abgeordnete! Eine solche Nichtlösung dieser Herausforderung einer neuen 15a-Vereinbarung hätte insbesondere fatale Folgen für das Wiener Budget. Dann würden wir nämlich zurückfallen auf die Regelung der alten Sozialhilfe. Das ist eine ganz klare Kompetenz der Länder in Gesetzgebung und Ausführung der Gemeinden. Wir hatten ja bis zur Einführung der Mindestsicherung keine Krankenversicherung, sondern jeder einzelne Sozialhilfebezieher, jede einzelne Sozialhilfebezieherin wurden zu Vollkosten - da hat es auch einen Krankenschein gegeben, der auch anders ausgeschaut hat als die normalen Krankenscheine - und die Vollkosten für diese Behandlungen wurden von den Gemeinden, in diesem Fall von der Stadt Wien oder von den anderen Gemeinden getragen. Das bedeutet, wenn es diese Versicherungsleistung nicht mehr gibt, die ein Teil des Deals war, dass es die 15a- Vereinbarung zur Mindestsicherung gibt, dann würde das den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen von Wien zig Millionen Euro - wir sind hier in der 100-Millionen-EUR-Grenze - kosten. Daher kann das nicht das Ergebnis sein, daher muss es eine Lösung geben. Und wenn man eine Lösung will, bin ich zu 100 Prozent der Überzeugung, dass es eine Lösung geben wird. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Mag. Hobek. Abg. Mag. Martin Hobek (FPÖ): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Danke für die bisherigen Ausführungen. Ich möchte den Aspekt der budgetären Vorsorge ansprechen. In den letzten Jahren ist es ja zu einem deutlichen und kontinuierlichen Anstieg gekommen, was die Ausgaben der Stadt für die Mindestsicherung betrifft. Jetzt wollte ich Sie fragen - weil natürlich wir alle miteinander über keine hellseherischen Fähigkeiten verfügen, und es wahrscheinlich mehr Asylberechtigte als weniger geben wird in den nächsten Jahren, und wie wir auch schon gehört haben, ja von anderen Bundesländern, wo die Mindestsicherung gekürzt wird, Leute zuziehen -: Gibt es bei Ihnen im Ressort eine Einzelperson oder vielleicht so eine Art Stabstelle, die sich mit einer Kalkulierung, mit einer Prognose der Ausgaben beschäftigt? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Ja. Es ist ganz klar geregelt im Haushaltsrecht der Gemeinde Wien, wie damit umzugehen ist und welche Parameter in unterschiedlichsten Bereichen in der Mindestsicherung sowie in anderen zu prognostizieren, vorzulegen und dann budgetär auch zu bedecken sind. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke. Die letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg. Ornig. Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Auch von meiner Seite vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich will hier kurz ein bisschen zusammenfassen. Über all die Dinge, von denen Sie sagen, dass man darüber diskutieren muss, diskutieren wir jetzt eigentlich seit einem Jahr. Zumindest seit ich da bin, nicken Sie bei all unseren Vorschlägen, so wie jetzt, ich nicke auch bei Ihren. Wann ist es endlich soweit, dass es tatsächlich Erfolge gibt? Beziehungsweise wann sind diese Verhandlungen endlich zu Ende? Wenn wir hier, wie wir vorher gehört haben, wirklich auf einen finanziellen Super-GAU zusteuern, sollten doch diese Verhandlungen jetzt langsam zu Ergebnissen führen. Ist da irgendetwas absehbar? Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Frau Stadträtin, bitte. Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Aus meiner Sicht muss das in den nächsten Wochen der Fall sein. Das Problem in Verhandlungen ist ja, dass man sie in der Regel nicht mit sich selber führt. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Also wenn Sie mich jetzt fragen, wie mein morgiger Tagesablauf ist, so kann ich Ihnen das, ich habe ja nichts zu verheimlichen, gerne sagen. Um einiges schwieriger zu beantworten ist allerdings die Frage, wie die Verhandlungen zwischen neun Soziallandesräten verlaufen werden - was noch die einfachste Übung ist, denn da ist außer Niederösterreich und Oberösterreich absoluter Konsens. Aber um vorauszusagen, wie die Verhandlungen zwischen dem Sozialminister und dem Wirtschaftsminister ausgehen, da brauche ich ein bisschen hellseherische Fähigkeiten. Ich kann Ihnen von meiner Seite und auch von Seite der Sozialdemokratischen Fraktion in der Bundesregierung sagen, dass höchstes Interesse besteht und auch keinerlei Szenarien denkbar sind, dass es keine 15a-Vereinbarung in Zukunft gibt, dass vollkommen klar ist, dass es bei Verhandlungen einen Kompromiss geben wird, und dass ich dazu auch bereit bin. Aber wie gesagt, zum Verhandeln gehören zwei, und auch zum Kompromissbereitsein gehören zwei. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Damit ist die Fragestunde beendet. Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Die Sozialdemokratische Fraktion hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema "Jeder vierte Mensch wird zumindest ein Mal in seinem Leben psychisch krank oder durchlebt eine psychische Krise, Tendenz steigend. Wien nimmt die Herausforderung an." verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich ersuche den Erstredner, Herrn Abg. Deutsch, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Abg. Christian Deutsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Landesrätin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Weltgesundheitsorganisation geht in ihrer Prognose für die zukünftige Entwicklung sogar davon aus, dass jeder dritte Mensch ein Mal in seinem Leben von einer psychischen Erkrankung betroffen ist. In Österreich befinden sich rund 900.000 Menschen in psychologischer oder psychiatrischer Betreuung. 840.000 Patientinnen und Patienten erhalten Psychopharmaka. Die Dunkelziffer dürfte sogar etwas höher liegen, da rund ein Drittel der Erkrankungen nicht einmal diagnostiziert wird; sodass man von rund 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreichern ausgehen kann, die psychisch erkrankt sind. Die Weltgesundheitsorganisation erwartet für 2030 sogar, dass global gesehen Depressionen vor Herzkrankheiten, Demenz und Alkoholismus auf Platz 1 der häufigsten gesundheitlichen Einschränkungen der Bevölkerung stehen werden. Sie sind die Zivilisationskrankheit des 21. Jahrhunderts. Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit als den Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens, was weit mehr ist als die Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus dem sozialen Menschenrecht auf den besten erreichbaren Gesundheitszustand ist auch das Menschenrecht auf die beste erreichbare psychische Gesundheit für alle abzuleiten. Es ist daher, so meine ich, auch Zeit, ganz normal darüber zu reden, auch im Vorfeld des Welttages für psychische Gesundheit am 10. Oktober. Es freut mich, dass meine Fraktion dieses Thema hier für die Aktuelle Stunde eingebracht hat. "Eine seelische Erkrankung ist so normal wie eine Grippe, nur nicht in 14 Tagen auskuriert", lautet etwa ein Slogan eines Vereins, den ich im Jahr 2011 gegründet habe. Es ist eine Informationsplattform, die diese öffentliche Diskussion über psychische Gesundheit fördern soll und gleichzeitig auch eine Entstigmatisierungskampagne in Wien führt. Das ist auch dringend notwendig. Denn haben Sie sich etwa schon einmal gefragt, warum psychisch erkrankte Menschen Hilfe nicht in Anspruch nehmen? Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum etwa Patientinnen oder Patienten die Straßenseite wechseln, wenn ihnen ihr Psychiater entgegenkommt? Würden sie das auch bei einem Kinderarzt oder etwa einem Dermatologen tun? Und warum lassen sich jene, die es sich leisten können, auf die Rechnung lieber Coaching statt Psychotherapie schreiben? Ich meine, darauf gibt es eine ganz klare Antwort: Weil diese Menschen Angst vor Stigmatisierung im Freundeskreis, im Berufsleben, am Arbeitsplatz, Angst vor Jobverlust haben. Würden sie allerdings diese Hilfe früher in Anspruch nehmen, könnte man ihnen rechtzeitig helfen, verhindern, dass Krankheiten chronisch werden und letztendlich auch viel Leid von Betroffenen beziehungsweise auch vom Umfeld abwenden. Die Angst davor, als verrückt oder sogar als gefährlich abgestempelt zu werden, sozial ausgegrenzt zu werden, kann psychisch erkrankte Menschen besonders stark belasten, und deshalb wird Hilfe oftmals nicht in Anspruch genommen. Diese Erkrankungen - ich habe bereits darauf hingewiesen - haben in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Laut einer OECD-Untersuchung leidet jeder fünfte Arbeitnehmer unter einer psychischen Erkrankung. Immer mehr gefährden auch ihre Gesundheit für den Job. Dazu gibt es viele internationale Untersuchungen, aber auch Untersuchungen etwa der Arbeiterkammer, die zeigen, dass 40 Prozent aller Invaliditätspensionen bereits dadurch verursacht werden. Für jeden zweiten Österreicher, so diese Studie, bedeutet die Tätigkeit puren Stress, 37 Prozent arbeiten unter ständigem Druck, 21 Prozent auch in der Freizeit. Daher hat sich in den letzten Jahren die Zahl der Krankenstandstage bereits verdoppelt und auch die Anzahl der Invaliditätspensionen deutlich erhöht. Trotz alledem ist psychische Gesundheit etwa bei der Gesundenuntersuchung noch immer kein Thema, weil es diese Gleichstellung von physischen und psychischen Erkrankungen, die wir dringend benötigen, noch nicht gibt, sodass diese Frage etwa bei der Gesundenuntersuchung ausgeklammert wird. Gleichzeitig ist natürlich auch dafür zu sorgen, dass Betroffene notwendige Therapie erhalten beziehungsweise diese auch verfügbar ist. Hier taucht dann immer die altbekannte Forderung nach Psychotherapie auf Krankenschein auf, über die dringend diskutiert werden muss, wobei ich hier ergänze: mit begleitender Qualitätskontrolle. Diese Diskussion scheitert aber immer wieder an der Frage der Finanzierbarkeit, an der Frage, woher die Mittel aufgebracht werden können. Umgekehrt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist aber auch die Frage zu stellen, wie hoch der betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Schaden in diesem Land auf Grund der Nichtbehandlung von psychischen Erkrankungen ist. Berechnungen für Österreich zeigen, dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz etwa mit ähnlich hohen gesamtwirtschaftlichen Kosten verbunden sind wie physische Arbeitsbelastungen, jedoch die durchschnittliche Dauer der Krankenstände auf Grund der psychischen Beschwerden und Erkrankungen erheblich höher ist als im Falle körperlicher Beschwerden und Erkrankungen. Es werden daher diese gesamtwirtschaftlichen Kosten der psychischen Belastung infolge der medizinischen Kosten, ergänzt um die betrieblichen Kosten, etwa auf mehr als 3 Milliarden EUR in Österreich geschätzt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Wien nimmt diese prognostizierten Herausforderungen an, hat sich hier auch bereits entsprechend vorbereitet. Sie wissen, Wien war europaweit und auch weltweit eine der ersten Hauptstädte in Millionengröße, die eine weitreichende Psychiatriereform beschlossen und auch umgesetzt hat. Daraus resultierte ja etwa auch der Psychosoziale Dienst mit seinen regionalisierten Ambulatorien. Gleichzeitig konnte die Bettenanzahl im stationären Bereich in den letzten Jahren reduziert werden. Außerdem, während es etwa im Jahr 1980 in Wien noch etwa 400 Suizide pro Jahr gab, sind diese etwa auf 200 pro Jahr im Laufe der letzten Jahre gesunken. Die zentralen Ziele der Psychiatriereform konnten in vielen Bereichen auch nachweislich umgesetzt werden. Und jetzt geht es darum, im Sinne einer Gleichstellung die stationären psychiatrischen Angebote etwa aus dem Otto- Wagner-Spital in das Schwerpunktkrankenhaus Krankenhaus Nord, das Krankenhaus Hietzing und ins Wilhelminenspital in regionale Abteilungen direkt vor der Haustür zu verlagern. Jetzt geht es eben darum, weitere Schritte für die Zukunft zu setzen. Diese wurden Mitte 2015 auch eingeleitet, nämlich mit einem Psychiatrischen und Psychosomatischen Versorgungsplan für Wien. Auch da gilt der Zeithorizont bis 2030, wobei zunächst eine umfassende krankenanstaltenorientierte Planung auch unter Einbeziehung aller notwendigen Expertisen begonnen wurde. Diese Planung soll dann 2017 auch entsprechend abgeschlossen werden. Wien stellt sich diesen großen Herausforderungen, die in einem Beschluss- und Resolutionsantrag, der dann heute noch eingebracht wird, auch entsprechend beschrieben wird. Es wird auch darauf hingewiesen, dass sich die Stadt dieser großen psychiatrischen Tradition, aber insbesondere dieser besonderen Rolle bewusst ist und hier eine Vielzahl von konkreten Maßnahmen umsetzen möchte. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass die Damen und Herren Abgeordneten sich nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit ab nun mit fünf Minuten begrenzt ist. Als Nächster hat sich Herr Abg. Dipl.-Ing. Dr. Gara zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich dem, was Abg. Deutsch zuvor ausgeführt hat, in sehr, sehr vielen Punkten absolut anschließen. Auch ich halte es für sehr wichtig, dass es eine Gleichstellung von psychischer und physischer Gesundheit gibt. Auch ich halte es für angebracht, zu sagen, dass es ein Menschenrecht auf die beste psychische Gesundheit für alle gibt. Und ich halte es für besonders wichtig, dass gerade Unternehmungen der Stadt Wien hier in die Vorbildwirkung kommen, dass Unternehmungen der Stadt Wien ihren Mitarbeitern Rahmenbedingungen schaffen, wo es zu weniger Stress, zu weniger psychischer Belastung kommt. Da möchte ich ein Unternehmen der Stadt Wien besonders ansprechen, denn in diesem Unternehmen der Stadt Wien ist es in letzter Zeit zu deutlich mehr psychischer Belastung gekommen, und das ist der Wiener Krankenanstaltenverbund. Wenn wir, und ich habe es gestern ausgeführt, die Situation haben, dass es auf Grund einer sehr starken Reform der Ärztearbeitszeiten, einer starken Reform auch im pflegerischen Bereich, zu deutlicher Reduktion an Arbeitszeiten kommt, und das bei gleich bleibender Anzahl an Patienten, führt das natürlich bei den entsprechenden Mitarbeitern zu einem enormen Stress. Und dieser Stress führt natürlich auch zu einer stärkeren Gefährdung an Burn-out. Wir haben diese Situation, und ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt, der bei all diesen Strukturreformen zu berücksichtigen ist. Es ist eben nicht so einfach, querbeet einen bestehenden 25-Stunden-Dienst auf 2 mal 12,5 Stunden zu verteilen. Denn der Unterschied ist der: Stellen Sie sich vor, 4 mal 8 Stunden die Woche. Und sehr viele, die diese Arbeitssituation haben, die bereits bei dieser normalen Arbeitssituation unter einem enormen Stress leiden, haben dann zusätzlich auch noch einen entsprechenden Schichtdienst. Das heißt, sie arbeiten von 20.30 Uhr bis 9 Uhr in der Früh, ohne Pause. Die einzige Pause, die sie haben, dauert 30 Minuten. Das heißt, diese Umstellung der Arbeitszeit bedeutet, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, sich entsprechend auszuruhen. Ich halte das für ein sehr, sehr großes Problem. Es ist erwiesen, dass gerade diese Art von Arbeit massiv gegen den natürlichen Biorhythmus läuft und diese Belastung für die entsprechenden MitarbeiterInnen zunimmt. Und das betrifft nicht nur den Bereich der Ärzte, sondern das betrifft auch ganz stark den Bereich der Pflege, der ihr immer wieder in Abrede gestellt wird. Auch dort formiert sich ein sehr, sehr starker Druck, weil die Arbeitsbelastung in der jetzigen Form für viele Menschen im Wiener Gesundheitssystem einfach nicht mehr haltbar ist. Kollege Deutsch hat auch sehr klar gesagt: Es geht auch um den volkswirtschaftlichen Schaden. Und in diesem Fall muss ich sagen: Es geht auch um den volkswirtschaftlichen Schaden der Stadt Wien. Denn wenn Einsparungen Kosten ansteigen lassen und gestresste und frustrierte Mitarbeiter im Gesundheitssystem gefährden, dann gefährden diese natürlich auch die Gesundheit der Patienten und verringern natürlich entsprechend auch die Heilungschancen. Und ich halte das für einen sehr wichtigen Aspekt, der mitzuberücksichtigen ist. Ich finde es gut, dass die SPÖ dieses Thema zur Aktuellen Stunde gewählt hat, denn genau das trifft uns im Moment im Wiener Gesundheitssystem. Deswegen ist es die Verantwortung der SPÖ und vor allem der Landesrätin, darauf zu achten, dass es in den Wiener Gemeindespitälern nicht vermehrt zu Burn-out der MitarbeiterInnen kommt. (Beifall bei den NEOS.) Sehr geehrte Damen und Herren, das ist die Verantwortung einer Stadt, die sich als die Stadt der Menschenrechte rühmt. Ich betone es noch einmal: Menschenrecht auf beste psychische Gesundheit für alle! Das gilt auch für Wien und das gilt auch für die MitarbeiterInnen der Stadt. Viele dieser Vorfälle - ich habe es in diesem Haus bereits einmal erwähnt - sind in einer Broschüre herausgegeben worden, die sich "Schwarzbuch Kranker Anstaltenverbund" nennt, nämlich von den Pflegerinnen und Pflegern, von den Schwestern des Wiener Krankenanstaltenverbundes, die in vielfacher Art und Weise darauf hinweisen und, wie viele dieser Zitate zeigen, wirklich sehr betroffen sind. Da schreibt zum Beispiel eine Kinderkrankenschwester: "Wir leiden am meisten darunter, dass wir genau wissen, wie es in der Pflege sein sollte, könnte und müsste. Es mangelt aber an der notwendigen Zeit durch das Fehlen des notwendigen Personals." Sehr geehrte Frau Landesrätin, ich fordere Sie hier wirklich auf, genau darauf zu achten und zu schauen, dass diese Art der Reformveränderungen im Wiener Gesundheitswesen nicht dazu führen, dass die MitarbeiterInnen des Wiener Krankenanstaltenverbundes unter stärkeren psychischen Belastungen in der Zukunft leiden! (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste ist Frau Abg. Korosec zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es ist richtig, psychische Erkrankungen sind stark im Ansteigen. In Wien wurde in den letzten Jahren eine Reihe von Schritten gesetzt, und zwar in die richtige Richtung, um diesen großen Herausforderungen auch zu begegnen. Der Psychosoziale Dienst PSD unter der Führung von Dr. Psota hat sich sehr, sehr positiv entwickelt, stößt aber natürlich auch an Kapazitätsgrenzen. Daher bin ich sehr einverstanden mit diesem Antrag, der jetzt einmal alles zusammenfasst, wo viele Maßnahmen notwendig sind. Diese können sicher nicht von einem Tag auf den anderen gemacht werden, aber die Linie muss klar sein. Daher werden wir diesem Antrag selbstverständlich zustimmen. Wir bringen allerdings auch noch einen Antrag, meine Kollegin Dr. Kugler wird ihn einbringen, für kurzfristige Maßnahmen, die rasch gesetzt werden müssen. Die Frau Landesrätin weiß es: Kinder werden nach wie vor in Einrichtungen behandelt, wo sie nicht hingehören, nämlich in Einrichtungen für Erwachsene, weil wir eben zu wenige Plätze, zu wenig Betten haben. Ich erinnere mich an die Untersuchungskommission. Ich glaube, es war 2007. Damals haben uns schon alle Expertinnen und Experten gesagt: Hier muss Veränderung kommen. Die Veränderung ist leider noch nimmer nicht da. Wir haben 56 Betten, und das ist natürlich viel zu wenig. Also das wäre eine Maßnahme, die rasch erledigt werden muss. Ich komme auch zum Thema Demenz. Demenz entwickelt sich heute zu einer Volkskrankheit, kann man sagen. Der Österreichische Demenzbericht ist sehr, sehr alarmierend. Man muss sich vorstellen: Im Jahr 2000 lag die Anzahl der Dementen bei 90.000. Wir haben jetzt 120.000. Die Experten rechnen 2030 mit 175.000 und im Jahr 2050 mit 262.000 Betroffenen. Meine Damen und Herren, das würde bedeuten, in 50 Jahren hätte sich diese Krankheit verdreifacht. Daher ist jede Initiative, die da gesetzt wird, notwendig und wichtig. Vor allem Unterstützungsangebote müssen für die Betroffenen ausgebaut werden, aber auch die Entlastung für Angehörige. Auch hier müssen Maßnahmen gesetzt werden. Es gibt aber viele Probleme im niedergelassenen Bereich, das möchte ich erwähnen. Versorgungsangebote müssen erreichbar und leistbar sein. Erreichbar sind sie nicht, denn wir haben in Wien fünf Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, die einen Kassenvertrag haben. Um die Leistbarkeit ist es noch schlechter bestellt. Eine Behandlungseinheit von 50 Minuten kostet 80 EUR bis 100 EUR. Im ASVG-Bereich zahlt die Krankenkasse 21,80 EUR, und Sie werden es nicht glauben: Das wird bezahlt seit 1992, denn 1992 wurde das eingeführt, vor 24 Jahren, und in diesen 24 Jahren ist überhaupt nicht valorisiert worden. Nun weiß ich schon, Frau Landesrätin, Sie werden sagen, ist nicht meine Aufgabe. Ich würde Sie aber wirklich bitten - denn wir wissen, es geht auch ums Kontingent, das jetzt sehr rasch aus ist - Ihren Einfluss, und den haben Sie natürlich, geltend zu machen, damit hier eine Erhöhung möglich ist. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste ist Frau Abg. Meinhard-Schiebel zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Abg. Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich unterstützen wir diesen Antrag, den die ÖVP in diesem Bereich gestellt hat, aber ich glaube, es geht um noch viel mehr, es geht um den Antrag, den die SPÖ und wir gemeinsam dazu stellen. Denn die Psychiatrie hat immer noch ein schlechtes Image. Das liegt an den alten Bildern, die wir alle davon haben. Wir sind noch nicht befreit davon. Es geht um die Klapsmühle, um den Narrenturm, um Irre, um Veitstanz, und so weiter. Die Psychiatriereform in den 1980er Jahren war einer der allerwichtigsten Schritte zu einem Verständnis von psychischer Erkrankung und vor allem dessen, was es bedeutet, darunter zu leiden. Der Psychiatrische und Psychosomatische Versorgungsplan Wien, PPV genannt, bietet eine moderne Behandlung, um mit dieser oft sehr qualvollen Erkrankung umgehen zu können. Was allerdings heute schon klar ist, ist, dass die psychischen Erkrankungen facettenreicher geworden sind und ganz dringend weitere Ressourcen notwendig sind. Wo Depression, Manie, Schizophrenie, et cetera besser behandelbar sind, wo niederschwellige Ambulatorien Klinikaufenthalte ablösen, wo möglichst realitätsnahes Leben möglich wird, kommen Krankheitsbilder dazu, die behandlungsmäßig enorme Herausforderungen sind. In der Landeszielsteuerung für Gesundheit finden sie aber auch bereits ihren Niederschlag. So wird die Demenzstrategie, die 2015 auf Bundesebene erarbeitet wurde, in einem Pilotprojekt von heuer bis 2018 durch den Psychosozialen Dienst in Wien umgesetzt - ein hochprofessionelles Projekt, das wir in Zukunft ganz dringend brauchen werden. Aber eine besondere Herausforderung für die Psychiatrie ist es, dass Flüchtlinge, die oft schwer traumatisiert sind, Hilfe brauchen, um auch integriert werden zu können. Wenn Menschen traumatisiert sind, ist ihre psychische Gesundheit, ihre Identität gefährdet. Traumatisierungen sind schwere individuelle Verletzungen und haben unterschiedliche Auswirkungen: Depression, Aggression, psychosomatische Erkrankungen und suizidales Verhalten sind oft genug die weiteren Folgen. Wenn es immer wieder um die Frage geht, wie das mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie aussieht: Selbstverständlich sind Kinder und Jugendliche im Fokus. Da geht es aber nicht einfach nur darum, wie viele Betten es gibt, nicht nur um Klinikaufenthalte, sondern um den Ausbau von niederschwelligen Zugängen, von tagesklinischer Betreuung, und das geschieht. Und die Ausbildung von Psychiatern und Psychotherapeuten, das wissen Sie alle selbst, ist eine extrem langfristige. Deshalb haben wir immer wieder einen Mangel genau in diesen Berufsgruppen. Ich muss nur eines dazusagen, und das ist mir sehr aufgefallen: Der PSD hat im Sommer diesen Versorgungsplan ganz groß im Rathaus extra präsentiert, und es war erstaunlich, wie wenig von unseren eigenen Mandatarinnen und Mandataren aus allen Fraktionen sich dafür interessiert haben und dazu auch Fragen gestellt haben. Was das Gesundheitssystem alleine nicht bewerkstelligen kann, ist, auch im öffentlichen Bewusstsein dafür zu sorgen, dass diese Erkrankungen von dem Stigma befreit werden. Es darf nicht sein, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung nicht darüber reden dürfen, nicht an ihrem Arbeitsplatz darüber reden dürfen, weil sie Gefahr laufen, unter Umständen Nachteile dadurch zu erleiden. Um noch einmal ganz kurz auf diese spezielle Situation von traumatisierten, geflüchteten Menschen zu kommen: In Migrantinnen- und Migrantenberatungen, in Flüchtlingsberatungen, in Flüchtlingsunterkünften muss es eine psychische Betreuung geben, um bereits im Vorfeld darauf zu achten, wenn Menschen durch Traumatisierung in eine psychische langfristige Erkrankung rutschen. Um Ihnen die Sorge zu nehmen, dass der Prozess der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung aus dem Ruder laufen könnte: Ein gut aufgesetztes Monitoring, transparente Strukturen und transparente Finanzierung sind eine Selbstverständlichkeit. Dafür braucht es neben dem guten Willen Geld. Dieses Geld ist die einzig wirklich richtige Investition, um diesen Versorgungsplan zu unterstützen. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke. Als Nächster ist Herr Abg. Dr. Koderhold zu Wort gemeldet. Ich bitte darum. Abg. Dr. Günter Koderhold (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich an sich sehr über diese Aktuelle Stunde, weil sie eine grundsätzliche Thematik beinhaltet und auch den Unterschied zwischen bürokratischer Theorie und medizinischer Praxis. Einleitend noch zur Psychiatriereform: Ich habe sehr gute Bekannte, die maßgeblich daran mitgearbeitet haben, auch etwas persönlich erlebt. Es ging ja nicht nur um extramurale Behandlung, sondern vor allem um Selbstkritik, um Offenheit, um die Möglichkeit, jede Behandlung, jede Begutachtung eines psychiatrischen Patienten jederzeit zu hinterfragen und offenzulegen. Bei den psychiatrischen Erkrankungen, deren Behandlung wir großen Respekt abverlangen, gibt es wohl wie bei keinem anderen medizinischen Bereich eine Dissonanz zwischen der Logik der Ökonomie und der Logik der Medizin. Wir haben, ich sehe das selber in der Onkologie, in der Krebsmedizin, in der Medizin Bereiche, die sehr erfolgsorientiert sind: Man hat eben einen Patienten mit einem Leiden, mit einem schweren Leiden, man behandelt ihn, das Leiden ist weg, der Patient ist geheilt. Es ist eine sehr enge Korrelation zwischen der Möglichkeit, eine Leistung zu verrechnen, und den Benefit des Patienten zu dokumentieren. Dies findet sich bei psychiatrischen Erkrankungen nicht. Wir haben nun einmal bei medizinischen Berufen die Logik der Fürsorge, die Logik, sich mit den Patienten zu konfrontieren, die mit der Logik der Ökonomie nicht in Einklang gebracht werden kann. Jetzt ist es grundsätzlich sinnvoll und auch notwendig, den Spitalsbetrieb auch kostenbewusst zu führen. Wenn man mit Hochpreismedikamenten oder teuren Großgeräten arbeitet, wird es auch gar nicht anders gehen. Nur kann man die Fürsorge, und gerade bei psychiatrischen Erkrankungen ist die medizinische Fürsorge ein wichtiger Punkt, sicherlich nicht leistungsgerecht dokumentieren. Ich persönlich sehe es als großen Fehler, psychiatrische Erkrankungen - das betrifft auch die neuen Dokumentationen im PSD - leistungsgerecht dokumentieren zu wollen. Man kann diesen Bereich nicht leistungsgerecht dokumentieren, und die ursprüngliche Abrechnung - das war ja ursprünglich eine retrospektive Abrechnung - ist sicherlich sinnhafter. Dieses Missverhältnis zwischen Logik der Ökonomie und Logik der Medizin führt beim Personal, vor allem beim Personal, das mit psychiatrischen Patienten zu tun hat, zu einer emotionalen Dissonanz, zu einer, fast möchte ich sagen, Art Gehirnwäsche. Die ursprüngliche Zuwendung zum Patienten wird in eine kostenbewusste Überlegung umgesetzt. Das wird vor allem durch die ELGA, die erhebliche Ausnahmeregelungen bei der Dokumentation hat, die natürlich zeitaufwändig sind, weiter verstärkt. Eine Kollegin hat mir gesagt, durch diese Ausnahmeregelungen muss sie in fast drei Viertel der medizinisch-ärztlichen Zeit Dokumentation führen. Grundsätzlich haben wir in der gesamten Medizin die Problematik einer totalitären Bürokratie, die sich in manchen Bereichen richtiggehend gefräßig gibt und die die wertvolle direkte medizinisch-ärztliche Zeit an Patienten weiter einschränkt. Das heißt, wir haben an sich bei dieser totalitären Bürokratie ein Doppelphänomen. Wir haben auf der einen Seite ein Fressen von Ressourcen, von Zeit, die wir an sich für die direkte Arbeit an Patienten brauchen. Einerseits haben wir eine Änderung des Berufsbildes, eine Reduktion der Logik der Medizin zu einer Logik der Ökonomie. Das heißt, wir haben ein doppeltes Problem bei dieser ausufernden Bürokratie, die sich eigenartigerweise gerade jetzt bei psychiatrischen Erkrankungen durch die ELGA noch weiter verstärkt. Grundsätzlich wäre das auch kein Problem, wenn die Gesundheitspolitik auch bei diesen Dissonanzen zuhören würde. Leider ist es ein Zeichen der Gesundheitspolitik der Gegenwart, eben nicht zuzuhören, was sich natürlich in entsprechenden Aufruhrszenarien darstellt. Auch der Neigung der Bürokratie, in der gegenwärtigen Gesundheitspolitik zu simplifizieren, steht natürlich die immer kompliziertere Entwicklung der Medizin entgegen. Man kann das komplexe biologische System Mensch nicht mit der ... Präsidentin Veronika Matiasek (unterbrechend): Bitte um den Schlusssatz. Abg. Dr. Günter Koderhold (fortsetzend): ... Prozessqualität der Fertigungsindustrie gleichsetzen. Frau Gesundheitsstadtrat, ich würde Sie ersuchen um unser aller selbst willen bei diesen Bereichen, wo es um eine ziemliche Dissonanz geht, und das ist vor allem auch bei psychiatrischen Erkrankungen beziehungsweise bei Fächern, die dies beinhalten, zuzuhören, damit es in Zukunft weniger Aufruhr gibt. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke. Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Mag. Meinl-Reisinger zu Wort gemeldet. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Danke, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf einen Bereich besonders eingehen, und das ist der Bereich der stationären Psychiatrie. Da haben wir ja auch vor dem Sommer anlässlich der medialen Berichterstattung diskutiert, und es wurde auch hier im Haus dann diskutiert, was die Schließung der akuten forensischen Psychiatrie im Otto-Wagner-Spital, und zwar die wirklich endgültige Schließung betrifft. Wir haben ja damals auch einen Antrag hier im Haus eingebracht, weil wir der Meinung sind, dass das natürlich eine sehr spezialisierte Geschichte ist, wo es nicht viele Betten gibt und man sicherlich, und das wurde von den Vorrednern ja auch gesagt, bei allem grundsätzlichen Verständnis, dass man im Bereich der medizinischen Versorgung und auch sicherlich der psychiatrischen Versorgung des Spitalsbereichs Einsparungsmaßnahmen treffen muss und nach Effizienzsteigerungen suchen muss, aber hier geht es ja letztlich darum, dass Aufgabenbereiche, die auch zum Schutz der Gesellschaft sind, da geht's also einerseits um die betroffenen Patientinnen und Patienten, auf der anderen Seite in diesem Bereich aber natürlich auch um die Gesellschaft, das muss man ja ganz ehrlich sagen, hin- und hergeschoben werden. Man kann natürlich psychisch erkrankte Häftlinge, und um die geht's da, einerseits als Fall für die Justiz sehen, weil es Häftlinge sind, man kann sie aber auch als Patienten sehen, weil sie eben psychische Erkrankungen aufweisen. In diesem Zusammenspiel, glaube ich, hat es sich bewährt, dass diese beiden Systeme Justiz und Spitalsbereich, also Gesundheitsbereich, ineinander verschränkt miteinander funktionieren. Was aber jetzt hier passiert, wenn man einfach diesen Bereich sperrt, ist, dass man eigentlich sagt, okay, nein, das ist Aufgabe der Justiz, die muss sich darum kümmern. Und da weise ich schon darauf hin, dass die Belastungssituationen auch in den Justizanstalten auf Grund der zunehmenden psychischen Erkrankungen von Justizhäftlingen zu auch problematischen Situationen führen. Ich glaube, das ist einfach keine günstige Situation, dass man einfach sagt, gut, dafür ist jetzt der Bund zuständig, das ist jetzt Angelegenheit der Justiz und wir machen das nicht mehr. Es wurde ja auch in Artikeln darauf ... (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Das ist es aber auch!) Ja, das sehe ich aber anders. Das ist eben die Frage. Ich meine, da müsste man jetzt grundsätzlich darüber reden. Aber wenn man die Frage stellt, wie geht man überhaupt mit psychisch erkrankten Häftlingen um, so war irgendwann einmal unter Broda die Idee schon die, das nicht nur als Häftling und als Fall der Justiz zu sehen. Jetzt putzt man sich aber ab und sagt, das ist aber Sache der Justiz. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Das ist es ja auch!) Das sehe ich anders. Noch dazu, weil es ja aber auch gerade in dieser Spezialisierung sehr notwendig für die Ausbildung der Fachärztinnen und Fachärzte ist. Wir werden keine Wald- und Wiesenpsychiatrie schaffen, sondern es geht nur mit Spezialisierung und daher brauche ich auch diese spezialisierten (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Dann müssen Sie eine neue Einheit dort hingeben!) Einheiten. Gut, aber das heißt, es ist kein Ende der forensisch akuten Psychiatrie, aber zahlen muss der Bund. Das heißt aber, hier ist eine spezialisierte Einheit, die jetzt geschlossen wird. Genauso wie die Abteilung für Langzeitalkoholerkrankungen auch geschlossen wurde und hier ... Das ist immer aus der Sparlogik logisch. Man schiebt es in den (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Nein, nichts mit Sparen!) ambulanten Bereich hinein. Natürlich hat das was mit Sparen zu tun, Frau Landesrätin. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Nein!) Natürlich hat es damit zu tun, dass man Einsparungen trifft. Aber es geht hier um Menschen, wo man hinschauen muss. Und ich meine, das sei insbesondere der Sozialdemokratie gesagt, da rede ich von psychisch erkrankten Häftlingen, von Langzeitalkoholkranken, von Menschen mit wirklichen psychiatrischen Problemen (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Genau das Gegenteil ist der Fall!), die möglicherweise gar nicht in der Lage sind, sich selber in einen ambulanten Bereich hineinzubegeben, sich selber so zu organisieren, dass man diese Angebote wahrnimmt. Viele Ärztinnen und Ärzte, Frau Landesrätin (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely, kopfschüttelnd: Das Gegenteil ist der Fall!), schütteln Sie nicht den Kopf, haben die Befürchtung, dass das zu einer Drehtürpsychiatrie wird in Wien, wo man eben nicht mehr sagt, das sind spezialisierte Bereiche, man hat ja auch einen stationären Bereich, sondern man schiebt es in den ambulanten, aber damit auch in die Verantwortung der Patientinnen und Patienten. Das ist in diesem Fall gegeben und daher ... (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Ganz falsch!) Das sehe ich anders. Daher appelliere ich dringend, in dem Bereich diese gut funktionierenden Strukturen, wo ja Spezialisierung stattfindet, wo Ärztinnen und Ärzte mit einem großen spezialisierten Know-how arbeiten, nicht zu zerschlagen! Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Dr. Kugler. Bitte. Abg. MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Vielen Dank. Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Wir haben jetzt über den Anstieg gesprochen und damit ist es nicht getan, Kollege Deutsch hat es gesagt. Mitte September hat der PVA-Generaldirektor Kurt Aust geschrieben: "Wir rüsten uns für einen weiteren Ansturm in den nächsten Jahren." Wir haben jetzt viele Details besprochen, aber eigentlich nicht die möglichen Ursachen. Nur vielleicht ganz kurz vom Kollegen Gara angesprochen, das Burn-out. Jetzt habe ich auch selber nur Jus studiert und kann das auch nicht erschöpfend beantworten, aber ich hab' ein bisschen gelesen und hab' gesehen, dass die Ursachen, die natürlich auf vielen Ebenen zu finden sind, in drei Gruppen geteilt werden, und zwar in die biologischen Faktoren, die psychologischen Faktoren und die Umweltfaktoren. Die biologischen Faktoren, das sind zum Beispiel Dinge wie Genetik oder Unfälle mit Hirnschädigung, embryonale Fehlentwicklungen, Drogen, Stoffwechselprobleme. Die psychologischen Faktoren, und da können wir vielleicht schon ein bisschen mehr selber an die Ursachenbekämpfung denken, sind zum Beispiel Missbrauchsfälle in der Kindheit oder Traumata, die man erlebt hat oder das längerfristige Erleben von Vernachlässigung oder Einsamkeit, oder auch zu viel Stress im Leben. Umweltfaktoren sind Dinge von außen wie zum Beispiel Armut, Scheidung oder auch die Erfahrung von Sucht. Ich glaube, wir müssen uns die Frage stellen: Wie kommt es zu diesem sprunghaften Anstieg einer Verdreifachung in zehn Jahren? Ich habe ein Gedicht gefunden, das ich mir erlaube, Ihnen heute vorzulesen. Ich weiß, es ist ein bissel komisch, Ihnen ein Gedicht vorzulesen, aber es wird oft alles Mögliche hier erzählt und dann ist es vielleicht auch nicht so schlimm, wenn ich das jetzt mache. Und zwar ist es von Alfonso Pereira geschrieben worden und er sagt das Folgende: "So reich waren wir noch nie wie heute, so habgierig aber waren wir auch noch nie wie heute. So satt waren wir noch nie wie heute, so unersättlich aber waren wir auch noch nie wie heute. So schöne Häuser hatten wir noch nie wie heute, so unbehaust, so heimatlos waren wir aber auch noch nie wie heute. So viel versichert waren wir noch nie wie heute, so unsicher waren wir aber auch noch nie wie heute. So vielwissend waren wir noch nie wie heute, so sehr die Übersicht verloren haben wir noch nie wie heute." Es geht auch noch länger so weiter, es endet dann mit: "So eng aneinander haben die Menschen noch nie gelebt wie heute, so weit voneinander entfernt aber waren die Menschen noch nie wie heute." Was ist unsere Antwort auf das Anschnellen der psychischen Erkrankungen? Ich glaube, zuerst müssen wir uns auf vernünftige Weise für diesen noch kommenden Ansturm rüsten. Sie können mich in ein paar Minuten gleich noch einmal zum Thema Volksanwaltschaft hören. Da bringe ich ganz konkret zwei Anträge ein, wie wir uns rüsten können. Interessanterweise hat das auch eine Menschenrechtsdimension. Aber das ist nur der erste Punkt. Ich glaube, wir müssen viel mehr in die Früherkennung investieren. Da kann man noch viel mehr machen und auch wirklich mit Studien die Ursachen herausfinden, um Risikofaktoren zu verringern und präventiv arbeiten zu können. Ich glaube, dass es auch ein Teil der Prävention ist, dass man Familien stärkt und Familien vom Stress von außen befreit und hilft, dass der Zusammenhalt in einer Familie gestärkt werden kann. Es heißt auch, dass wir überlegen müssen, wie wir Kindern ein stressfreies Aufwachsen ermöglichen können. Oder auch überlegen, wie es denn möglich wäre, dass eine Familie von einem Einkommen leben kann, damit vielleicht auch die Burn-out-Gefahr nicht ganz so stark ist. Vielleicht ist es dann auch nicht die richtige Antwort, wie am vergangenen Wochenende 80.000 jungen Menschen die neuesten Videospiele beizubringen. Vielleicht brauchen wir viel breitere Antworten. Mein letzter Punkt: Was können wir tun für die Integration der Betroffenen und der Kollege Deutsch hat das auch gut erklärt. Zuerst einmal die Entstigmatisierung, da ist man zum Beispiel in den USA viel weiter als bei uns. Und dann, um mit einem Satz aus dem "Standard" Mitte September zu enden. Die Chefärztin der PVA Ursula Graninger hat gesagt: "Unser Ziel ist es, dass die Menschen mit der eigenen Erkrankung umgehen lernen und trotzdem in der Gesellschaft integriert bleiben." Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Dr. Kickert. Ich bitte darum. Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Landesrätin und allfällige ZuseherInnen im Livestream! Wir haben in den vorherigen Reden schon unterschiedlichste Ansätze gehört. Ich möchte einen kleinen Bogen machen von der Begründung durch Abg. Deutsch unter Heranführung der Tatsache, dass im Laufe des Lebens wahrscheinlich jeder dritte Mensch von einer psychischen Krankheit erfasst sein kann und den Bogen zur Familie spannen. Es sind nämlich nicht nur die Zahlen der Selbsterkrankten wesentlich, sondern es kommen zusätzlich zu den Selbsterkrankten ja auch noch die Betroffenen dazu. In den frühen 80er Jahren hatte ich die Situation, dass mein Vater, der akut an einer Angststörung gelitten hat, einen akuten Angstanfall hatte, und da musste ich überlegen, was ich damit mache. Auch war die psychiatrische Notversorgung der Stadt Wien in den frühen 80er Jahren bei Weitem nicht das, was wir heute an Standard haben und damals schon kritisierenswert. Aber immerhin, als knapp 20-Jährige habe ich die notwendige Information gekriegt, was ich mit meinem kurz vor seinem gefühlten Tod stehenden Panikattacken empfindenden Vater tun sollte, nämlich: Bringen's ihn nach Steinhof. Das hat mir tatsächlich geholfen, ihm erstaunlicherweise auch, selbst wenn es nicht lustig ist, in Steinhof eingeliefert zu werden. Jetzt, viele, viele, viele, viele Jahre später und auch einen Quantensprung an Zugang und Qualität später, möchte ich zu dieser Frage einen spezifischen Punkt herausarbeiten, der mir ganz, ganz wichtig ist, und zwar ist es das sogenannte Zusammenspiel der unterschiedlichen Leistungs- und Kostenträger. Also übersetzt: Die Kooperation zwischen der Gebietskrankenkassa, der Pensionsversicherungsanstalt und der kommunalen Einrichtungen wie PSD und KAV, weil - und in einem Stichwort hat es die Kollegin Meinl-Reisinger schon erwähnt - eine der wesentlichen Faktoren in der Behandlung, nämlich in einer effizienten Behandlung von psychisch erkrankten Menschen, ist die Verhinderung des sogenannten Drehtüreffektes. Das bedeutet, dass wir ganz, ganz deutlich darauf achten müssen, wie die Übergänge zwischen einer akuten Behandlung, egal, ob stationär oder ambulant, bis hin zu einer rehabilitativen Behandlung funktionieren. Diese Übergänge sind wesentlich. Sie sind auch deswegen wesentlich, weil, nein, wir wollen nicht an der Behandlung sparen, aber ja, wir können dort sparen, wo wir die Behandlung effizienter einsetzen können. Die Verhinderung dieses sogenannten Drehtüreffektes, also der hohen Wiederaufnahmequoten von erkrankten Menschen - übrigens nicht nur im psychischen und psychiatrischen Bereich, sondern in jedem medizinischen Bereich -, ist eine der wesentlichsten Ansatzpunkte, um effektiver, also auch kostensparender zu arbeiten. Aber nicht nur im ökonomischen Sinn, sondern jetzt auch im tatsächlich medizinischen Sinne, weil wenn ich verhindere, dass die Menschen immer wieder in Akutsituationen zurückfallen, verhindere ich auch Leid. Dann verhindere ich auch sozusagen ein ewiges Verbleiben in einer akuten Situation und kann den Menschen den Weg zu einer Gesundung auch auf der psychischen Ebene ebnen. Diesen Punkt möchte ich deswegen so herausheben, weil ich glaube, dass Wien mit dem neuen Projekt der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung da sehr gut gezielt arbeitet und mit dem PSD als Schnittstelle für all diese Projekte und den eben genannten Leistungs- und Kostenträgern eine große Aufgabe übernommen hat, aber mein Zutrauen darin, dass der PSD diese Aufgabe auch adäquat leisten kann, ist sehr hoch. Ich hoffe, wir können in wenigen Jahren auch auf die Umsetzungserfolge dieser theoretischen Strategie verweisen, und ich hoffe, ich bin dann nachher noch dabei, um diese Erfolge zu belobigen und zu präsentieren. Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Mag. Ebinger. Ich bitte darum. Abg. Mag. Gerald Ebinger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich ein wichtiges Thema, dem kann ich mich einmal anschließe. Man sieht auch schon, wie wichtig dieses Thema ist. Ich habe jetzt genau zugehört. Es hat eigentlich jeder über einen anderen Aspekt des ganzen Themas gesprochen und da sieht man, wie vielschichtig das ist und es sind noch lange nicht alle Aspekte besprochen. Es ist eine gute Idee, das im Vorfeld des Internationalen Tages für seelische Gesundheit zu machen. Ich möchte auch einen Aspekt ansprechen, vielleicht noch kurz vorher, es ist ja auch schon beleuchtet worden, bei uns ist es immer ziemlich stark stigmatisiert gewesen, lustigerweise, selbst wenn man Hollywood-Filme anschaut und selbst in den Filmen der 60er, 70er Jahre hat es fast schon zum guten Ton gehört, zum "Shrink" zu gehen. Bei uns gehört das wahrscheinlich noch immer nicht zum guten Ton. Das ist das eine Problem. Ein Problem, das ich ansprechen möchte, ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es ist völlig richtig, wir arbeiten mit dem PSD zusammen. Wenn etwas unserer Meinung nach funktioniert, sagen wir das auch, wir stimmen da immer zu. Der PSD, der Chefarzt Dr. Psota, kommt auch immer zu uns, zu jeder Partei, um im Vorfeld die anliegenden Dinge zu diskutieren. Das ist ein anständiger Umgang. Wir sind auch der Meinung, dass das eine wertvolle Arbeit ist, die hier geleistet wird, und wir diskutieren natürlich auch über die Probleme. Es ist ja auch nicht leicht, überhaupt einen Psychiater zu finden und man sieht, dass jetzt Kinder- und Jugendpsychiatrie auch noch etwas ist, wo wir uns nicht ausruhen dürfen, sondern wo wir weiterarbeiten müssen. Ich sage das jetzt einmal als Politiker, ich bin auch kein As, ich kann jetzt hier keine ärztlichen Dinge sagen. Wir werden diesem Antrag wegen einem Detailpunkt nicht zustimmen, wo der Dr. Koderhold eine andere Meinung hat. Vielleicht kann man das auch noch ausdiskutieren. Sonst stehen wir im Großen und Ganzen hinter diesen Dingen. 12 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind sozusagen gefährdet oder in einem Bereich, dass man einen Psychologen oder Psychiater braucht. Man sieht, wie langsam sich das entwickelt. Seit 2011 gibt es ein Therapiezentrum beim PSD und Boje, und so weiter. Ich habe einen Artikel von 2013 mit: Mehr Kinderpsychiater für Wien, wo nach langjährigen Diskussionen zwischen Ärztekammer und Wiener Gebietskrankenkassa dann irgendwo sechs Planstellen für Kinder- und Jugendpsychiater eingerichtet wurden. Das war 2013. Und aus 2015 habe ich einen Artikel, wo in Wien die ersten Ordinationen für Kinder- und Jugendpsychiatrie eröffnet wurden, diese sechs Planstellen. Das ist wichtig, das kann Schulstress sein, das kann durch Scheidung hervorgerufen werden, Sucht durch Computerspiele. Es ist meines Erachtens ganz wichtig, dass man auch in kurzen Abständen die Kinder und Jugendlichen betreut, weil die Entwicklungsphasen durchmachen, dass man zum Beispiel sehr früh mit Screening im Kindergarten beginnt. Der Herr Dr. Vavrik von der Liga der Kindergesundheit hat gesagt, es sind noch zu große Zeitfenster, die die einzelnen Entwicklungsstufen überspringen und zu wenig Angebot an Psychotherapie, Psychologie, Psychiater. Jetzt weiß ich schon, dass wir uns alle hier bemühen, etwas voranzubringen. Aber wie auch schon gesagt, wir sind noch lange nicht am Ziel, und das Vorhandensein an ausgebildeten Kinderpsychiatern ist auch ein Problem. Es ist ja oft schon so gewesen, dass man gar keinen gefunden hat, der diese Dinge macht. Also hier heißt es weiterarbeiten, weil je früher - und ich weiß gar nicht mehr, wer das aller gesagt hat, aber ich stimme damit auch überein - man beginnende Probleme erkennt, desto leichter kann man das wieder ausbügeln und desto besser ist das im Endeffekt für die Gesellschaft. Noch ein letztes Wort, nachdem ich noch 38 Sekunden hab'. Ich bin mir gar nicht sicher, ob diese Krankheiten so rapid angestiegen sind, wie du gesagt hast, oder ob einfach nur das Wahrnehmen als Krankheit angestiegen ist. Das ist ja oftmals alles unter den Tisch gekehrt worden. Es gibt sicher zivilisationsbedingte Dinge, aber vieles war einfach eine Schande und deswegen hat man es verschwiegen. Heute sind wir Gott sei Dank so weit zu erkennen, dass man das behandeln muss und dass das keine Schande ist. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als letzter Redner ist nun Herr Abg. Wagner zu Wort gemeldet. Ich bitte darum. Abg. Kurt Wagner (SPÖ): Liebe Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich kann mich da meinem Vorredner anschließen und bin auch der Meinung, ich begleite seit 22 Jahren als Mitglied dieses Hauses das Kuratorium des Psychosozialen Dienstes und hier hat sich einiges getan. Dass sich hier überhaupt etwas getan hat, und ich glaube, da sollten wir historisch gesehen auch sagen, das haben wir zwei leider schon verstorbenen Menschen in Wien zu verdanken. Es ist der verstorbene Universitätsprofessor und ehemalige Gesundheitsstadtrat Dr. Alois Stacher und natürlich auch unser ehemaliger Chefarzt des PSD Stephan Rudas. Ohne die wäre seinerzeit zu Beginn bis Mitte der 70er und 80er Jahre die Psychiatriereform gar nicht gestartet worden, weil, lieber Gerald, du hast völlig recht, es waren damals in der breiten Sicht der Öffentlichkeit psychiatrische Erkrankungen kein Problem. Ich muss sagen, ich bin sehr stolz darauf, dass es hier auch einen Meinungswandel bei allen handelnden Personen gegeben hat, allen voran in den Pensionsversicherungen, in den Gebietskrankenkassen. Ich kann mich noch erinnern, Mitte der 90er Jahre waren der damalige Chefarzt der Pensionsversicherungsanstalt und der damalige Chefarzt der Gebietskrankenkassa der Meinung, die Psychiatrie greifen wir leistungsmäßig gar nicht an, weil das ein Fass ohne Boden ist. In der Pensionsversicherung hat man gesagt, da machen wir auch pensionsrechtlich nicht viel, weil dann 50 Prozent der vorzeitigen Alterspensionen, die es damals noch gegeben hat in dieser Form, oder der Berufsunfähigkeitspensionen nur mehr auf psychische Erkrankungen zurückgeführt werden. Das können wir gar nicht nachweisen, darum reden wir über das gar nicht. Das hat sich grundlegend geändert. Heute redet man darüber. Aber das ist auch ein Verdienst der heutigen Führung und des Managements des Psychosozialen Dienstes in Wien, unter allem voran die beiden jetzigen Verantwortlichen, der Chefarzt Dr. Psota und der Kollege Lochner, die eigentlich in einer vorbildlichen Weise die Vorgaben, die wir natürlich als Gremium, als Institution, als Kuratorium im Bereich des PSD machen, auch dann vollziehen müssen und natürlich auch mit Rat und Tat zur Seite stehen. So sind auch Ziele des PPV, des Projektes "Psychiatrischer psychosomatischer Versorgungsplan", hier diesbezüglich zu sehen, wo es einige Eckpunkte gibt, vieles schon in Umsetzung ist, einiges noch in Vorbereitung. Aber ich möchte es auch nicht verabsäumen, darauf hinzuweisen, dass wir in vielen Bereichen etwas getan haben. Zu meiner Kollegin, Frau Kollegin Meinl-Reisinger: Es ist nicht immer eine Frage der finanziellen Dotierung alleine, aber es ist eine Frage: Wer fühlt sich wofür politisch verantwortlich? Und wenn Sie die Forensik angesprochen haben, dann, glaube ich, wäre es gescheit, man setzt sich zusammen und redet darüber, aber man kann im Prinzip eines nicht tun, dann zu sagen, uns interessiert das relativ wenig auf Bundesebene, das sollen sich dann einzelne Länder ausmachen, und wir müssen dann wieder den Vorreiter spielen. Dann werden wahrscheinlich nicht Sie, aber eine andere Oppositionspartei kommen und sagen, Wien hat diesbezüglich die höchsten Ausgaben, also das ist ja ein Wahnsinn, hier sollte man ja einsparen. Ich sage Ihnen auch, auf Alkohol wurde nicht vergessen, nur gehört das wieder in einen anderen Bereich. Den haben wir fast bei jeder Sitzung im Bereich des Drogenbeirates, wo uns auch berichtet wird, dass wir in das Drogenkonzept die Reformen, die Adaptierung, auch den Alkohol als Suchtmittel hineingenommen haben, die Alkoholprävention, und wo schon Projekte mit der Gebietskrankenkassa tatsächlich sehr, sehr erfolgreich laufen. Ich hoffe, dass die noch weiter fortgesetzt werden und diesbezüglich dann auch in den Regeldienst übergehen. Nichtsdestotrotz haben wir noch einiges vor uns und ich darf Ihnen sagen, man wird hier wahrscheinlich nie am Ende sein, weil man sich immer der Zeit anpassen muss. So haben wir natürlich auch Kapazitäten und Ausbaufähigkeiten noch vor uns liegen, zu denen wir uns auch bekennen. Aber ich darf Ihnen sagen, und da bin ich sehr dankbar, der PSD Wien hat sehr stark mitgeholfen, dass es zu der Mangelfachverordnung für Kinder- und Jugendpsychiater gekommen ist, weil selbst bei bestem Willen und Voraussetzung sind Kinder- und Jugendpsychiater in ganz Europa eine Mangelware. Der PSD bildet in der Regel jetzt jedes Jahr einen Kinder- und Jugendpsychiater aus. Das ist auch noch nicht viel, aber es ist im Prinzip eine der Lösungsvoraussetzungen. Wenn wir auch darüber diskutieren können, wer gehört eigentlich in die Erwachsenen- und wer in die Kinderpsychiatrie, dann soll man hier auch realistisch vorgehen. Ich glaube, dass hier der Kapazitätsbedarf bei über-14-jährigen Personen etwa bei 5 Betten zusätzlich liegen würde. Aber ich sag' auch eines dazu: Hier scheiden sich medizinisch auch die Geister, weil Jugendliche, und das waren in der Vergangenheit nicht mehr als 5 Personen ab dem 14. Lebensjahr, diesbezüglich wahrscheinlich dort nicht so behandelt worden sind, wie wir uns das vielleicht vorstellen. Hier gibt es aber die medizinische Problematik, dass auf Grund der körperlichen Voraussetzung die medikamentöse Betreuung gleich ist wie bei Erwachsenen. Diese Personen dort sind in der Regel 14, 15, 16,17 Jahre. Präsidentin Veronika Matiasek (unterbrechend): Herr Abgeordneter, bitte um den Schlusssatz. Abg. Kurt Wagner (fortsetzend): Auch da kann man nachdenken. Aber da sollten wir natürlich auf die ärztliche Professur hören, was uns die für Vorschläge gibt. Die werden das sicher befolgen. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Die Aktuelle Stunde ist damit beendet. Ich gebe bekannt, dass Abg. Damnjanovic von 11.30 Uhr bis 13 Uhr entschuldigt ist. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Landtagsabgeordneten des Klubs der Wiener Freiheitlichen 1, des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien 13 und des NEOS-Rathausklubs 4 schriftliche Anfragen eingelangt sind. Von den Abgeordneten Mag. Manfred Juraczka und Ingrid Korosec wurde eine Anfrage an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit, Soziales und Generationen betreffend Missbrauch der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Grund fehlender Kontrolle durch die MA 40 gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde von der notwendigen Anzahl von Abgeordneten unterzeichnet. Gemäß § 36 Abs. 5 der Geschäftsordnung wird die Beantwortung der Dringlichen Anfrage vor Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht beendet, wird die Landtagssitzung zur tagesordnungsgemäßen Behandlung der Dringlichen Anfrage unterbrochen. Vor Sitzungsbeginn sind von Landtagsabgeordneten des Klubs der Wiener Freiheitlichen ein Antrag und des NEOS-Rathausklubs zwei Anträge eingelangt. Den Fraktionen wurden die Anträge schriftlich bekannt gegeben. Die Zuweisungen erfolgen wie beantragt. Die Abgeordneten Ernst Woller, Mag. Sibylle Straubinger, Mag. Nicole Berger-Krotsch, Silvia Rubik, Dr. Kurt Stürzenbecher, Mag. Tanja Wehsely, Mag. Faika El-Nagashi und Mag. Barbara Huemer haben am 13. Juni 2016 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz zur Novellierung des Wiener Prostitutionsgesetzes aus 2011, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 33/2013 eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Kultur, Wissenschaft und Sport zugewiesen. Die Abgeordneten Mag. Tanja Wehsely, Mag. Nicole Berger-Krotsch, Kathrin Gaal, Georg Niedermühlbichler, Mag. Thomas Reindl, Dr. Kurt Stürzenbecher, Heinz Vettermann, Dipl.-Ing. Martin Margulies und Birgit Hebein haben am 14. September 2016 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem das Wiener Vergaberechtsschutzgesetz aus 2014 LGBl. Nr. 37/2013 geändert wird, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Finanzen, Wirtschaft und Internationales zugewiesen. Die Abgeordneten Erich Valentin, Mag. Josef Taucher, Mag. Ernst Holzmann, Mag. Nina Abrahamczik, Dr. Jennifer Kickert und David Ellensohn haben am 20. September 2016 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem das Gesetz betreffend den Abschluss und die Vermittlung von Wetten, Wiener Wettengesetz, Wiener LGBl. Nr. 26/2016 geändert wird, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Umwelt und Wiener Stadtwerke zugewiesen. Nach Beratung in der Präsidialkonferenz nehme ich folgende Umstellung der Tagesordnung vor: Die Postnummern 1, 2, 10, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9 werden in dieser genannten Reihenfolge verhandelt. Gegen diese Umreihung wurde kein Einwand erhoben, und ich werde daher so vorgehen. Postnummer 1 der Tagesordnung betrifft den 37. Bericht der Volkanwaltschaft 2015 an den Wiener Landtag. Ich begrüße hier bei uns im Landtag die Volksanwälte Dr. Günther Kräuter, Dr. Gertrude Brinek und Dr. Peter Fichtenbauer. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.) Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich als Erster Herr Abg. Dipl.-Ing. Dr. Gara zu Wort gemeldet. Ich bitte darum. Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren der Volksanwaltschaft! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte im Namen meiner Fraktion herzlichen Dank für die Vorlage des Berichtes aussprechen. Ich finde, die Arbeit der Volksanwaltschaft ist eine sehr, sehr wichtige. Sie hilft Menschen auch tatsächlich, ihren Rechten Nachdruck zu verleihen. Sie schafft Transparenz und ist eine sehr wichtige Aufgabe. Wir werden diesem Bericht auch entsprechend wohlwollend zustimmen. Ich möchte ein Thema aus diesem Bericht herausgreifen und es schließt eigentlich an die Aktuelle Stunde von zuvor an, und zwar geht es mir hier um das Thema der unzureichenden Versorgung, des Versorgungsangebotes in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Ich denke, dass in der Aktuellen Stunde schon einiges dazu gesagt wurde und ich finde es sehr gut, dass hier die Volksanwaltschaft sehr klar ein sehr klares Wort spricht, dass nämlich die Kapazitäten für die Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie deutlich zu gering sind, dass hier die entsprechenden Kapazitäten ausgebaut werden müssen, und dass die Anforderungen hinsichtlich der Kapazitäten, die auch aus dem Regionalen Strukturplan kommen, bei Weitem nicht erfüllt werden: Gerade einmal die Hälfte von der Kapazität der notwendigen 106 Betten, nämlich gerade einmal 56. Ich glaube, dass das auch wichtig ist. Und der Kollege Wagner hat das zum Schluss so gesagt, na ja, das hängt dann schon vom Alter ab und vielleicht ist dann auch die Erwachsenenpsychiatrie dafür geeignet, Kinder ab 14, 15, 16 entsprechend zu betreuen. Ich möchte hier ganz klar sagen: Nein, das ist sie nicht und dazu gibt es auch eine UN-Kinderrechtskonvention, die das ganz klar sagt, dass Kindern die entsprechende medizinische Versorgung zukommen muss, für die sie entsprechend vorgesehen ist. Ja, hier gibt es, und das möchte ich auch nicht verhehlen, es wurde auch im Vorfeld schon gesagt, sehr starke Versuche auch von Seiten des PSD, und hier ist der PSD sicherlich sehr stark bemüht, entsprechende Versorgungsstrukturen aufzubauen, vor allem auch Versorgungsstrukturen, die sehr viel stärkere, integrierte Betreuungsangebote ermöglichen. Auch eine Dezentralisierung, das heißt, man hat hier das Problem schon erkannt. Aber natürlich hinkt man der Lösung noch ziemlich hinterher, weil die Kapazitäten schon entsprechend ausgebaut werden müssen. Ich möchte dieses Thema aber auch zu einem Punkt nutzen, und zwar brauchen wir nicht nur am Ende der Kette die Versorgungskapazitäten für die Betreuung im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es ist sehr, sehr viel wichtiger, in die Prävention zu investieren, und ich möchte hier sagen, Kindergesundheitspolitik ist Zukunftspolitik. Kindergesundheitspolitik braucht eine stärkere, politische Priorität und die haben wir nicht. Wir brauchen (Beifall bei den NEOS.) hier sehr viel mehr Prävention und nicht nur nachsorgende Maßnahmen. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt und das ist auch etwas, das von sehr vielen Experten immer wieder gefordert wird, denn wir hinken hier immer wieder hinterher, und in Wirklichkeit läuft uns in vielen Bereichen auch die Zeit davon. Das, was wir jetzt an Versorgungskapazitäten skizziert haben, wird ja dem, was wir an zukünftigen Problemen gerade bei Kindern und Jugendlichen haben werden auf Grund der Rahmenbedingungen, auf Grund der Umfeldbedingungen sicherlich bei Weitem nicht gerecht. Man muss hier ganz klar sagen, dass sich hier gerade die Gesundheitsrisken für Kinder und Jugendliche in dem Fall massiv verändert haben und wir eine ganz andere Form der Versorgungsstruktur brauchen. Ich möchte hier noch einmal betonen, dass der PSD hier sicherlich auch sehr viel in Vorleistung gegangen ist und bemüht ist, das entsprechend zu verändern. Aber die Zunahme von verschiedenen Lebensstilerkrankungen, die Chronifizierungs- und Entwicklungsbeeinträchtigungen, die auch damit zu tun haben, in welchem sozialen Umfeld Kinder und Jugendliche aufwachsen, die auch damit zu tun haben, was das Thema der Bildungschancen betrifft - wir müssen diese Themen sehr viel integrierter sehen. Die Kinder- und Jugendheilkunde, Bildung und soziale Aspekte halte ich für extrem wichtig und hier eine viel integriertere Vorsorge zu treffen und nicht nur am Ende der Kette die entsprechenden Erkrankungen zu heilen, denn das ist viel teurer als die Prävention. Daher fordern wird ganz klar einen Fokus, einen sehr viel stärkeren Fokus, eine politische Priorität in der Kinder- und Jugendheilkunde. (Beifall bei den NEOS.) Woran mangelt es im Moment? Es mangelt ja nicht nur an den Versorgungseinrichtungen am Ende der Kette der Behandlung, sondern woran es mangelt, und das ist wieder ein Aspekt, den ich gestern schon erwähnt habe, denn wir setzen hier sehr stark auf evidenzbasierte Gesundheitspolitik, ist, es mangelt auch an Gesundheitsdaten. Wir haben zu wenig integrierte Gesundheitsdaten für Kinder und Jugendliche. Ich hielte das für sehr, sehr wichtig, hier sehr viel stärker anzusetzen, hier sehr viel stärker zu vernetzen und auch wirklich die Datengrundlage zu haben: Was sind denn in Zukunft die Voraussetzungen, um hier wirklich präventiv Maßnahmen entsprechend zu setzen? Das heißt, dieses Thema der Kinder- und Jugendheilkunde ist eine Querschnittsmaterie, und ich hielte es für wichtig, diesen eine stärkere politische Priorität zu geben. Die Probleme wurden schon aufgezeigt. Gerade im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie haben wir natürlich ein massives Ausbildungsproblem. Wir haben viel zu wenige Fachärzte, wir haben viel zu wenige Kassenärzte und eigentlich ist gerade der Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein wunderbares Beispiel einer Mehrklassenmedizin, weil viele Menschen einfach in die Wahlarztordinationen getrieben werden, weil es viel zu wenig Kapazitäten im Bereich der niedergelassenen Ärzte gibt, die entsprechende Kassenverträge haben. Auch darauf muss man schauen. Das heißt, wir erzeugen hier von Anfang an gerade im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine Mehrklassenmedizin. Insofern halte ich es eben für wichtig, hier eine politische Priorität zu haben, und ich bin deswegen auch der Volksanwaltschaft dankbar, dass sie dieses Thema hier aufgegriffen hat. Ich halte es für wichtig und ich denke, wir sollten hier gemeinsam daran arbeiten, für unsere Kinder gerade diese Basis zu schaffen, um hier eine starke politische Priorität für die Kinder- und Jugendgesundheit zu schaffen. Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Dr. Kugler zu Wort gemeldet. Ich bitte darum. Abg. MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Vielen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Volksanwälte! Ich kann mich da eigentlich in allen Punkten meinem Vorredner, dem Kollegen Gara, anschließen und möchte Ihnen zuallererst für Ihre Arbeit danken. Die Arbeit der Volksanwaltschaft ist für die Demokratie ganz wichtig. Ich sage das bewusst so breit und ich sehe auch den Einzelfall, aber das ist etwas, was man nicht genug hervorheben und nicht genug loben kann. Sie haben im Jahr 2015 über 1.000 Beschwerden angesehen und dann auf 151 Missstände hingewiesen. Es ist gut, dass diese Hinweise bei uns Resonanz finden und darum nehmen wir diesen Bericht auch sehr gerne zur Kenntnis. Ich möchte jetzt meine heutige Redezeit dazu verwenden, um auf drei Bereiche einzugehen, die Sie in diesen Missständen aufgreifen. Das Erste ist, wie auch schon mehrfach angesprochen, das Thema Missstände im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es ist für mich eigentlich sehr überraschend und auch gut zu sehen, wie das alles zusammenpasst, denn jetzt haben wir gerade eine Aktuelle Stunde gehabt und von den Regierungsparteien gehört, wie gut denn alles ist. Kollege Wagner hat uns genau erklärt, das alles ist erstens einmal sowieso auf dem besten Wege. Da denke ich mir, es ist gut, wenn er sich jetzt den Volksanwaltschaftsbericht genau anschaut. Aber zweitens weiß man oft auch gar nicht, was es eigentlich brauchen würde, denn auch die Ärzte sind sich hier nicht immer einig. Und auch da kann ich nur sagen, die Volksanwälte haben das sehr gut ausgearbeitet, wie es mit der zu geringen Bettenkapazität in der Kinder- und Jugendpsychiatrie aussieht. Interessanterweise kann man ja, wenn man das rechnerisch herunterbricht, sagen, dass in Wien im Schnitt täglich 2 Minderjährige, also Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren, in der Erwachsenenpsychiatrie untergebracht werden müssen, und dort fehlt natürlich die altersadäquate Betreuung. Wir haben uns die Forderungen der Volksanwaltschaft sehr genau angesehen und haben sie auch noch ein bisschen weiter vertieft. Wir haben auch schon mehrmals in den Diskussionen hier an dieser Stelle gesagt, dass es unerlässlich ist, dass eine Gemeinderätliche Psychiatriekommission eingesetzt wird, die einen integrativen Psychiatrieplan für Wien für psychisch erkrankte Erwachsene, Kinder und Jugendliche ausarbeitet, der dann alle fünf Jahre überarbeitet wird. Wir haben aus diesem Grund auch immer einen Psychiatriekoordinator und die Erhöhung der Anzahl der Kassenstellen im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie natürlich auch die Anhebung des seit 1992 unverändert geltenden Tarifs für Psychotherapie auf Krankenschein gefordert. Wir werden aber heute nicht diese Themen, die wir regelmäßig aufgreifen, noch einmal einbringen, sondern einen Antrag einbringen, in dem wir kurzfristige Maßnahmen vorschlagen und zwar aufbauend auf dem Antrag, der von den Regierungsparteien kommt, dem wir auch gerne zustimmen. Aber dieser Antrag geht uns nicht weit genug. Wir möchten weitergehen und bringen daher heute den Beschlussantrag für den raschen Ausbau der Bettenkapazitäten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein, für den Ausbau des ambulanten und tagesklinischen Versorgungsangebots sowie die Setzung effektiver Maßnahmen zur Forcierung der Ärzteausbildung in diesem Bereich und, so wie es auch meine Kollegin Korosec heute schon angesprochen hat, für einen Ausbau der Angebote für pflegende Angehörige von Demenzkranken zur stundenweise Betreuung in Wohnortnähe. Ich bitte Sie alle, werte Kolleginnen und Kollegen, unserem Antrag in diesem wichtigen Anliegen heute zuzustimmen. Der zweite Teilbereich, den ich ansprechen möchte, ist die Mindestsicherung. Wir werden ja heute auch noch zur Genüge über die Mindestsicherung sprechen. Es ist aber nicht nur damit getan, dass wir uns überlegen, wie soll die Mindestsicherung besser geregelt werden, das werden wir heute auch noch tun, sondern was die Volksanwaltschaft aufgedeckt hat, das sind die Mängel im Vollzug. Da gibt es Vorkommnisse wie eine zu Unrecht verweigerte Mindestsicherung oder eine falsche Berechnung des Einkommens beziehungsweise der Höhe der Mindestsicherung oder eine Zurückforderung, die zu Unrecht gemacht wurde. Dann hören wir auch immer wieder, dass Anträge teilweise irrtümlich als zurückgezogen gewertet werden beziehungsweise die Kommunikation mit dem Antragsteller bezüglich fehlender Unterlagen mangelhaft ist. Die Volksanwaltschaft fordert, und wir möchten uns hier anschließen, dass die Mitarbeiter gründlich eingeschult werden, dass sie laufend weitergebildet werden. Ich glaube, das ist selbstverständlich und eigentlich auch wieder nicht, wenn im sechsten Jahr des Bestehens der Mindestsicherung immer noch diese Kinderkrankheiten zu finden sind. Wir glauben, es braucht eine tiefgreifende Reform im Vollzug, das heißt, von einer besseren Schulung bis hin zur Verkürzung der Verfahrensdauer, der besseren Kommunikation mit den Antragstellern, und so weiter. Das Thema Vollzug der Mindestsicherung werden wir ja heute noch ausführlicher besprechen. Und jetzt ein dritter Teilbereich, der in unseren Diskussionen im letzten Jahr eigentlich viel zu kurz gekommen ist. Die Volksanwaltschaft weist darauf hin, und ich habe das dann auch noch in der Tiefe selber nachrecherchiert und auch sehr genau gelesen, dass Wien die Forderungen des Antifolterkomitees des Europarats eigentlich nicht sehr ernst nimmt. Ich kann Ihnen kurz zur Genese sagen, was da geschehen ist, und dann habe ich auch noch ein paar Zitate mitgebracht, die eigentlich erschreckend sind. Also worum geht es? Der Europarat hat ein sogenanntes, verkürzt ausgedrückt, Antifolterkomitee. Die korrekte und vollständige Bezeichnung dieses Gremiums lautet Europäisches Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. Dieses Komitee hat im Jahr 2014 Österreich besucht und zwar genau vor zwei Jahren im September, Anfang Oktober, und hat dann einen Bericht veröffentlicht, der am 6. November 2015 erschienen ist. Das war unmittelbar vor der Konstituierung des Wiener Landtages nach der letzten Landtagswahl. Vielleicht war es auch schon vor dem ersten Zusammentritt des Landtages, aber ich habe zumindest diese Diskussion nicht unmittelbar wahrgenommen, und ich glaube, wir hätten sie bereits damals schon führen müssen. Dieses Antifolterkomitee hat Einrichtungen besucht, Anstalten, wo Menschen auch zwangsweise festgehalten werden. Das sind unter anderem Gefängnisse, aber auch psychiatrische Kliniken, wo eben aus medizinischen Gründen Unterbringungen erfolgen müssen. In diesem Bericht, der ungefähr 60 Seiten hat, kommt das Otto-Wagner-Spital 26 Mal vor, und ich darf Ihnen gleich mein erstes Zitat vorlesen. Das ist nämlich, wenn es nicht so traurig wäre, beinahe lustig. Hier schreibt das Komitee des Europarats: "Während des gesamten Besuchs in Österreich erfuhr die Delegation sehr gute Zusammenarbeit sowohl von den nationalen Behörden als auch vom Personal der besuchten Einrichtungen, mit einer Ausnahme. Diese Ausnahme betrifft die psychiatrische Abteilung des Otto-Wagner-Spitals, wo die Delegation wiederholt maßgeblichen Widerständen und manchmal auch unkooperativem Verhalten des Personals begegnete. Bei Ankunft im Spital wurde der Delegation von der Spitalsleitung mitgeteilt, dass sie mit Patienten nur mit ausdrücklicher Zustimmung des behandelnden Psychiaters sprechen dürfe. Es wurde offensichtlich, dass die Geschäftsführung kurz vor dem Besuch in einer internen Anweisung das gesamte medizinische Personal und das Pflegepersonal über diese Einschränkung informiert hatte." Wir haben gestern über den Whistleblower gesprochen. Das passt vielleicht auch recht gut zum Thema. Dann schreibt das Antifolterkomitee weiter, man habe um eine möglichst kurzfristige Liste der Patienten gebeten, die gegen ihren Willen im Spital festgehalten werden. Dazu schreiben die Delegationsmitglieder über diese Liste: "Ungeachtet unserer Bitte erhielten wir nur eine Liste aller nichtgerichtlich eingewiesenen Zivilpatienten" - also nur eines Teils der Patienten - "und diese auch erst am späten Nachmittag, das heißt mehr als sieben Stunden später." Also man kann sich vorstellen, die Delegation vom Europarat sitzt da, wartet im Otto-Wagner-Spital und erfährt keine Kooperation. Dann haben sie schriftliche Informationen bekommen, die unrichtig, unverständlich und unvollständig waren. Also kurz zusammengefasst heißt es in diesem Bericht: "Die oben erwähnten Vorkommnisse stellen einen ungeheuerlichen Mangel an Kooperation von Seiten der Spitalsleitung und des Personals dar." Und ich sage einmal, auf Facebook gibt es jetzt natürlich Bilder von Flaggen von Österreich mit einer Banane drauf, aber dieser ungeheuerliche Mangel an Kooperation, das, meine sehr geehrten Damen und Herren, erinnert an eine Bananenrepublik, die wir nicht sein wollen! Es geht aber weiter. Der Bericht des Antifolterkomitees findet insgesamt - ich habe es mir rausgesucht - vier Hauptvorwürfe an das Otto-Wagner-Spital: Erstens, dass es immer wieder vorkommt, wenn Menschen zwangseingewiesen werden, dass überbordende Gewalt durch Polizisten im Spiel ist, und ich glaube auch, das darf einfach nicht passieren. Zweitens, es gibt im Bericht ein eigenes Kapitel über die Jugendpsychiatrie. Alles, was ich anfänglich schon erwähnt habe, wird hier nochmals aufgegriffen und man betont: Bitte sucht dringend Alternativen, damit man die Jugendlichen nicht weiterhin in der Erwachsenenpsychiatrie unterbringen muss. Also, Herr Kollege Wagner, das Problem, das angeblich nicht so klar ersichtlich ist, ist offenbar für das Antifolterkomitee des Europarates schon sehr klar ersichtlich. Drittens: Das Antifolterkomitee sieht ein Problem darin, dass Menschen, die im Otto-Wagner-Spital mechanisch fixiert sind - Sie können sich vorstellen, es gibt da verschiedene Methoden -, dass diese Menschen nicht unter ständiger Beobachtung sind, sondern dass sie alleine gelassen werden. Und die Delegationsmitglieder des Antifolterkomitees schreiben, es ist sehr wichtig, dass immer jemand vom Personal da ist, der die fixierten Patienten fragt: Hast du Durst? Musst du aufs Klo gehen? Hast du vielleicht auch Angst? Das ist ein ganz großes Problem auch in Wien. Als vierter Punkt wird angeführt, dass es weiterhin kein zentrales Register für die medikamentösen Freiheitsbeschränkungen gibt. Ich lese Ihnen da jetzt wieder ein Zitat aus dem Bericht des Antifolterkomitees vor, das ist der Abs. 124: "Leider war die Delegation nicht in der Lage, sich einen klaren Überblick über Häufigkeit und Dauer der Anwendung von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen zu verschaffen, da das Spital über kein Zentralregister zur Erfassung freiheitsbeschränkender Maßnahmen verfügte, trotz der konkreten Empfehlung, die vom Komitee nach vorangegangenen Besuchen abgegeben wurde." Jetzt geht es weiter, Achtung: "Die Direktion zeigte keinerlei Interesse an einem Überblick über Häufigkeit und Dauer der Anwendung der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen." Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen hier von einer Menschenrechtsangelegenheit. Es ist nicht nur "freundlich" vom Doktor, wenn er den Patienten nicht dauernd "niederspritzt". Das Niederspritzen, Entschuldigung, wenn ich dieses Wort anstelle der Bezeichnung Sedieren verwende, ist ein Freiheitsentzug! Hier geht es um Menschenrechte! Das können wir in Österreich, in Wien, nicht zulassen, dass wir da einfach so drüber hinwegsehen, dass sich ein Antifolterkomitee die Arbeit macht, mehrmals in mehreren Jahren nach Österreich zu kommen und die Forderungen vollkommen ignoriert werden, und dass man dann schreiben muss: "Die Spitalsleitung zeigte keinerlei Interesse." Ja was ist denn das für ein Umgang mit einer Delegation des Europarats? Also was tun? Zum Thema Zentralregister schreibt das Antifolterkomitee und wiederholt seine Empfehlung, sicherzustellen, dass ein Zentralregister zur Erfassung freiheitsbeschränkender Maßnahmen im Otto-Wagner-Spital und gegebenenfalls auch in anderen psychiatrischen Einrichtungen in Österreich eingerichtet wird. Diese Eintragungen im Register sollen, und daran sehen Sie auch, was das genau bedeutet, den Zeitpunkt des Beginns und des Endes der Maßnahme, die Umstände des Falles, die Gründe für die Anwendung der Maßnahme, den Namen des Arztes, der sie angeordnet und genehmigt hat, und das Personal, das beteiligt war, enthalten. Sie sehen, es ist wichtig, dass man diese Dinge erfasst, weil man sieht dann, vielleicht häuft sich das auch irgendwo. Haben wir da an einer Stelle größere Probleme, wo man vielleicht auch einmal überlegen muss, wie kann man da besser vorgehen? Der zweite Vorschlag, den das Antifolterkomitee macht, ist, dass das Sicherheitspersonal, das Freiheitsbeschränkungen durchführt, also die mechanische Fixierung, sich anders kleidet, damit die Patienten nicht Angst haben. Man muss sich vorstellen, man ist in einem aufgeregten Zustand und dann kommt ein Polizist, der einen anbindet. Das könnte man natürlich auch anders machen, also das ist ein ganz konkreter Vorschlag. Und ein dritter und letzter Vorschlag, den ich jetzt vom Antifolterkomitee bringen möchte, ist die Frage: Wie geht man richtig mit mechanisch fixierten Menschen um? Im Abs. 131 steht das ganz klar und schön beschrieben: Das Antifolterkomitee wiederholt seine Empfehlung, dass alle Patienten und Bewohner, die im Otto-Wagner-Spital fixiert werden, erstens kontinuierlich und direkt in Form einer Sitzwache von einem Mitglied des medizinischen Personals überwacht werden, das unmittelbaren zwischenmenschlichen Kontakt mit den betroffenen Patienten bietet und sein Angstgefühl verringern und raschen Beistand leisten kann. Ich habe es ja schon erwähnt, es geht um den Gang auf die Toilette, es geht darum, einmal etwas trinken zu können, um die Nachfrage, wie es einem geht, et cetera, also kurz gesagt, darum, dass kontinuierlich immer jemand als direkte Ansprechperson da ist. Zweitens, dass die Fixierung außerhalb des Blickfeldes von unbeteiligten Personen stattfindet. Das Personal muss selbstverständlich da sein, aber es ist natürlich auch erniedrigend, wenn alle anderen Patienten zuschauen, wenn man da angebunden wird. Und drittens, dass nach so einer Maßnahme vollständig über die Gründe für die Intervention informiert wird, und zwar der Patient, aber auch die Angehörigen, und dass man die Informationen, die man da dann erfasst, auch an die Patientenanwaltschaft weitergibt. Das ist eine Forderung des Antifolterkomitees. Ich glaube, dass es nicht zu viel verlangt ist, dass wir in Wien den hohen Standard der Menschenrechte aufrechterhalten und wenn wir sagen, Wien ist Menschenrechtsstadt, dass wir das dann auch ernst nehmen. Deshalb hab' ich heute auch einen Antrag zur Umsetzung der Forderungen des Antifolterkomitees des Europarates mitgebracht. Wir verstehen, dass man sich natürlich die Forderungen genau anschauen und prüfen muss: Was geht? Wie macht man das? Wann macht man das und mit wem? Da sind wir alle flexibel genug. Ich möchte Sie nur wirklich herzlich einladen und bitten, dass Sie auf Grund des Hinweises der Volksanwaltschaft in dieser Sache und auf Grund eines Berichts des Antifolterkomitees diesen Antrag nicht einfach wegwischen und sagen, den brauchen wir nicht, sondern: "Wir wollen Menschenrechtsstadt sein." Das bedeutet auch im Detail, vorsichtig zu sein, und das geht nur so. Ich bitte Sie daher um Zustimmung. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Hebein zu Wort gemeldet. Ich bitte darum. Abg. Birgit Hebein (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte Damen und Herren der Volksanwaltschaft! Auch im Namen der Grünen Partei möchte ich Sie ganz herzlich bei uns begrüßen und Ihnen recht herzlich danken, Ihnen und Ihren, glaube ich, 90 MitarbeiterInnen für die ausführlichen Berichte und für Ihre wirklich wichtige wertschätzende Arbeit. Vielen Dank! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Seit 38 Jahren kontrollieren Sie von der Volksanwaltschaft inzwischen die öffentliche Verwaltung, und was elementar wichtig ist, ist, dass jeder und jede, nachdem die einzelnen Rechtsmittel erschöpft sind, wirklich bei Ihnen anfragen können und um Unterstützung bitten können. Das ist eine sehr niederschwellige Arbeit, die Sie hier leisten und auch, und das möchte ich jetzt außerordentlich betonen, eine Arbeit, die wirklich noch jeden und jede Einzelne in den Mittelpunkt stellt. Das halte ich, erlauben Sie mir die Bemerkung, gerade in Zeiten wie diese für enorm wichtig. Wir sehen anhand der Zahlen, dass Sie 2015, glaube ich, über 17.000 Beschwerden hatten, wo Sie auch den Teil, für den Sie nicht zuständig sind, in die jeweiligen Bereiche weiterleiten. Letzten Endes gab es 1.157 Beschwerden, die jetzt Wien betroffen haben. Ich würde einmal sagen, im Verhältnis zu den Zahlen im Jahr davor stabilisiert sich das auf sehr hohem Niveau. Wir dürfen nicht vergessen, dass Sie unzählige E-Mails bekommen und auch sehr viele Direktkontakte haben. Laut Ihrem Bericht sieht man auch sehr deutlich, dass die Hauptbeschwerden, die Wien betreffen, vor allem die Jugendwohlfahrt, die Mindestsicherung, die Gemeindeorganisation und dann alles, was mit Staatsbürgerschaft zu tun, hat anlangt. Und dass Sie ja neben dieser konkreten Arbeit auch Führungen machen. Sie haben ein Besucherzentrum, wo Sie den Anspruch haben, Menschenrechte und Ihre Arbeit auch weiterzutragen. Und soweit ich richtig gelesen habe, hat es 2015 auch eine neueste Studie, eine Untersuchung gegeben: Inwieweit ist die Volksanwaltschaft auch schon bekannt? Beachtlicherweise, muss man sagen, haben sieben von zehn Leuten gesagt, ja, wir kennen die Volksanwaltschaft, vor allem, nehme ich an, durch die Sendung "Bürgeranwalt". Bevor ich zu den einzelnen Bereichen komme, möchte ich noch einmal auf einen sehr wichtigen Bereich hinweisen, nämlich, dass Sie seit 2012 auch die Einhaltung der Menschenrechte kontrollieren. Sie haben hier, glaube ich, über 500 Kontrollbesuche mit 6 ExpertInnengruppen durchgeführt, ich glaube, die meisten davon unangekündigt. Das halte ich wirklich für eine sehr elementar wichtige Aufgabe, die Sie hier seit 2012 machen. Mir liegt jetzt nicht unbedingt der Folterbericht vor, von dem meine Kollegin vorher gesprochen hat. Was sich sehr wohl in dem Bericht findet, ist, glaube ich, durch Sie, Herr Volksanwalt, wo Sie auch bei einer Kommission anwesend waren, über die neuesten Entwicklungen berichtet haben und wo Sie festgestellt haben, dass das mit den Zwangsbetten endlich ad acta gelegt worden ist, worüber wir alle sehr froh sind, dass endlich klar ist, von welchem Folterbegriff wir reden und dass hier noch einiges zu tun ist. Zu den konkreten Bereichen: Diesmal lassen Sie mich beginnen, weil es mich auch selber interessiert hat, mit einem Thema, mit dem ich nicht tagtäglich zu tun habe. Das ist die MA 15, und zwar das sogenannte Armengrab. Vielleicht müssen wir da irgendwann einmal den Titel noch ändern. Aber in Wien hat es 2015 81.000 Todesfälle gegeben. Davon hat die Stadt Wien bei 6.057 die Bestattung gezahlt. Sie haben einen Fall, glaube ich, gehabt, ein Schicksal, wo Verwandte erst im Nachhinein davon erfahren haben. Das ist natürlich sehr tragisch. Sie haben daraufhin alle untersucht und festgestellt, es gibt insgesamt fünf Fälle. Jeder einzelne ist zu viel, aber hier hat man deutlich die Relationen sehen können. Das war eine Sache, die mir aufgefallen ist. Die andere wurde heute in der Früh auch von meinen VorrednerInnen schon besprochen. Das ist natürlich die Kinder- und Jugendpsychiatrie, ein sehr wichtiges Thema, weil vor allem der ganze Psychiatriebereich noch immer stigmatisiert ist. Ich möchte nur ein Stück weit erweitern, dass wir anhand von Einzelfällen die Aufgabe haben, hier immer wieder zu hinterfragen, wo es Systemänderungen braucht. Wir sind heute hier mit einem Beschluss einen neuen Schritt als Stadt Wien gegangen. Wir sagen, hier erweitern wir, hier verändern wir, hier investieren wir mehr in diesen Bereich. Nicht außer Acht lassen darf man bei all dem, dass jeder einzelne Fall, und ich sage, jeder einzelne, zu viel ist, wenn ein Kind in einer Erwachsenenpsychiatrie landet. Es ist schon eine politische Frage, ob man sich jetzt auf mehr Betten fokussiert, die zur Verfügung stehen, längerfristig hier stationär den Aufenthalt zu garantieren, was in bestimmten Fällen sicher notwendig ist, oder ob man auch neue und andere Wege, nämlich in Form von Tageskliniken, geht. Das dürfen wir hier nicht außer Acht lassen. Wir haben, glaube ich, jetzt im Dritten eine neue Tagesklinik für Kinder und Jugendliche, wo nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern das gesamte Umfeld betreut werden, aber nicht aus den familiären Strukturen herausgerissen wird. Damit relativiere ich keinen einzigen Fall. Wir haben hier darüber geredet und beschlossen, dass wir in dieser Richtung neue Wege gehen - das halte ich für sehr wichtig - und auch, dass es neue Frühförderungen der psychischen Erkrankungen für Kinder und Jugendliche geben soll. Inzwischen wurde auch die Ärzteausbildung, die in diesem Bereich sehr komplex war und ist, ein Stück weit verändert. Das sind Schritte, lassen Sie es mich so formulieren, die in die richtige Richtung gehen. MA 35: Wir haben letztes Jahr schon viel darüber diskutiert. Lassen Sie mich das hier nur kurz festhalten, weil wir natürlich noch nicht am Ende des Ziels angelangt sind. Lassen Sie mich aber festhalten, es wurde letztes Jahr viel darüber gesprochen, dass wir eine sehr komplizierte Gesetzgebung, sehr viele offene Verfahren und eine sehr lange Verfahrensdauer haben. Das stimmt alles. Inzwischen hat man viel an Personal investiert, um zumindest ein Stück weit mehr jeden einzelnen Fall aufzuarbeiten. Jetzt komme ich noch zu einem Bereich - Überraschung -, einem Herzensanliegen, der Mindestsicherung. Ich gebe zu, ich habe nachgelesen, die Volksanwaltschaft hat letztes Jahr gemeint, sie will dazu nicht Stellung nehmen, vor allem geht es um laufende Verhandlungen. Ich glaube, so war es letztes Jahr. Ich finde das ein Stück weit schade, denn das, was wir hier anhand von Einzelfällen sehen, die erfreulicherweise Frau Kugler auch genannt hat, ist, wie wichtig es ist, dass jeder und jede tatsächlich die minimale Grundversorgung erhalten, und zwar möglichst rasch. Das sehen wir auch in dem Volksanwaltschaftsbericht, wie wichtig das ist, wie wichtig auch die Wertschätzung und der Respekt für jeden Einzelnen und jede Einzelne ist, der oder die auf diese Hilfe angewiesen ist. Das halte ich umso wichtiger, weil wir hier einen politischen Diskurs führen, wie es mit der Mindestsicherung weitergeht. Ich finde es toll, dass Sie hier sind, werte Volksanwälte und Volksanwältin. Dann ist es immer ruhig. Da kann man auch gelassener über den Inhalt der Mindestsicherung sprechen. Ich halte es für enorm wichtig, dass wir die Anregungen der Volksanwaltschaft auch im Bereich der Mindestsicherung sehr ernst nehmen. Denn wenn Sie einen Bereich herausnehmen, steht ganz klar und deutlich drinnen, dass das mit dem Sprungbrett aus der Mindestsicherung heraus noch nicht klappt. Jetzt können wir hergehen und das gesamte System in Frage stellen und uns darüber unterhalten, wo wir bei den Kindern, bei welchen Familien kürzen, oder wir können hergehen und uns überlegen, wo wir investieren, dass dies möglich ist. Da gibt es pragmatische Möglichkeiten. Da gibt es Möglichkeiten, wo man vor allem in die Jugend investiert und sagt, wir haben wenig Wachstum, wir haben Arbeitslosigkeit, aber wie schaffen wir Jobs am zweiten Arbeitsmarkt, wie schaffen wir, dass es hier zu neuen Jobs kommt, wo Menschen die Möglichkeit erhalten, mit Qualifizierung, mit einem Sprungbrett das Leben irgendwann selbstständig zu ermöglichen? Wir haben die Möglichkeit, darüber zu diskutieren, wie man Unternehmen fördert, dass hier Einstiegshilfen gewährleistet werden, aber nicht der Niedriglohnsektor finanziert wird, der Bereich, dass wir staatlich subventionierte Zahlungen machen und wir ernsthaft, sachlich und ruhig darüber diskutieren können, wie wir Jobs schaffen, die bereits da sind, wo man sagt, es gibt einfache Jobs, kollektivvertraglich abgesichert, wir gehen den Weg, dass die Jugend - und ich nehme dieses Herzensthema heraus - hier eine Möglichkeit und eine Perspektive erhält. Das steht, wenn man es so lesen will, auch im Volksanwaltschaftsbericht, weil es ist unsere Aufgabe, hier auch Anregungen mitzunehmen. Es bleibt mir nur noch eines, mich noch einmal herzlich für Ihre Arbeit zu bedanken. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Frühmesser. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Lisa Frühmesser (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Meine Damen und Herren! Im Namen der Freiheitlichen Partei möchte ich mich bei der Volksanwaltschaft und ihren Mitarbeitern für den ausgezeichneten Bericht und ihre hervorragende Arbeit recht herzlich bedanken! (Beifall bei der FPÖ.) Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen, dass das unzureichende Versorgungsangebot in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein großes und wichtiges Thema ist. Die Planungsziele vom Österreichischen Strukturplan Gesundheit für die vorgegebene Bettenmessziffer wurden erheblich unterschritten. Für Wien wäre eine Kapazität von 128 bis 208 stationären Betten erforderlich. Aber selbst die im Regionalen Strukturplan Gesundheit vorgegebene Kapazität von 106 stationären Betten wird laut Bericht bei Weitem nicht erfüllt. Daher mussten im Jahr 2015 rund 191 Kinder und Jugendliche auf der stationären Erwachsenenpsychiatrie aufgenommen werden. Für die Kinder und Jugendlichen ist das eine massiv belastende Situation, da eine altersadäquate Betreuung, pädagogisches Angebot und die Gesellschaft Gleichaltriger fehlen. Es ist daher dringend notwendig, die bestehenden Bettenkapazitäten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie rasch auszubauen! (Beifall bei der FPÖ.) Wie im Bericht vorgeschlagen, könnte man im Neurologischen Zentrum Rosenhügel diese beabsichtige Kapazitätsausweitung umsetzen, da wir alle wissen, dass das Krankenhaus Nord noch einige Zeit dauern wird. Ergänzend ist auch die Schaffung weiterer Ausbildungsplätze im Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie dringend notwendig. Und bestmögliche Arbeitsbedingungen müssen geschaffen werden. Zu dem Beschlussantrag der SPÖ und der GRÜNEN betreffend die psychiatrische Versorgung in Wien: Wir werden dem Antrag jetzt zustimmen, da bei der Begründung eine Änderung im Punkt 2 vorgenommen wurde. Abschließend möchte ich mich nochmals für den sehr ausführlichen Bericht bei Ihnen bedanken. Wir stimmen ihm natürlich zu. (Beifall bei der FPÖ und von GR Mag. Manfred Juraczka.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Deutsch. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Christian Deutsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der gegenständliche Bericht der Volksanwaltschaft für das Jahr 2015 beleuchtet eindrucksvoll und sehr umfassend einen sehr wichtigen Bereich, nämlich die sogenannte präventive Menschenrechtskontrolle. Dafür möchte ich mich namens der SPÖ-Fraktion bei der Volksanwaltschaft und dem gesamten Team auch ganz herzlich bedanken! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Sie kontrollieren flächendeckend und regelmäßig sowohl öffentliche als auch private Einrichtungen, die, wie Sie im Bericht schreiben, als Orte der Freiheitsentziehung gelten. Denn eine erhöhte Gefahr von Misshandlungen, wie Sie ausführen, besteht insbesondere dort, wo Menschen durch Freiheitsentzug der Gewalt staatlicher oder mit staatlicher Duldung privater Akteure in besonderem Maße unterworfen und gleichzeitig dem Blick einer kontrollierenden Örtlichkeit entzogen sind. Daher ist diese Tätigkeit besonders hoch einzuschätzen. Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen sind natürlich Menschenrechtsverletzungen, die die Menschenwürde, den Körper und die Seele gleichermaßen zerstören. Wie der Bericht 2015 auch zeigt, besteht eine erhöhte Gefahr, dass sich solche Risiken verwirklichen, insbesondere dann, wenn etwa die bereitgestellten Ressourcen für menschenwürdige Unterbringungen und Betreuungsleistungen unzureichend sind oder als disponibel angesehen werden. Sie sind in diesem Bericht sehr bewusst über Einzelfälle hinausgegangen und haben versucht, strukturellen Missständen nachzugehen, wie Sie in Ihrem Bericht auch schreiben, dass ein Staat, der Menschenrechte achtet und Folter, Gewalt und erniedrigende Zustände verhüten will, eben weit mehr tun muss, als die in seinem Gewahrsam befindlichen Menschen am Leben zu erhalten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein großer Teil des Berichtes setzt sich auch mit der Betreuung, mit der Versorgung älterer Menschen auseinander. Die Volksanwaltschaft weist auch darauf hin, dass die Arbeit mit älteren Menschen, die Betreuung und Hilfe bedürfen, auch für jene, die in der Pflege tätig sind, physisch und psychisch sehr belastbar sein kann und dass die Überlastung oder Überforderung des Pflegepersonals ein Hauptrisikofaktor für Gewalt gegenüber Bewohnerinnen und Bewohnern sein kann. Das wird allgemein grundsätzlich in dem Bericht festgestellt, um dann auf europaweite Daten beziehungsweise Daten der Weltgesundheitsorganisation einzugehen. Im Bericht habe ich konkret keine Daten über Österreich gesehen. Aber alleine die Daten der WHO müssen bestürzen, wenn davon ausgegangen wird, dass 2,7 Prozent der älteren Menschen in Europa jährlich Opfer von physischer Gewalt werden. Das entspricht rund 4 Millionen Menschen in Europa, die 60 Jahre oder älter sind. Der Anteil jener älteren Menschen, denen psychische Gewalt widerfährt, liegt mit rund 19,4 Prozent, das sind rund 29 Millionen Menschen, sogar noch deutlich höher. Dieses Thema wird, alleine schon auf Grund der demographischen Entwicklung, und da teile ich auch die Einschätzung der Volksanwaltschaft, natürlich noch an Bedeutung gewinnen und brisanter werden, auch wenn ich noch einmal darauf hinweisen möchte, dass Daten für Österreich hier nicht vorhanden sind, aber das Problem auch angesprochen wurde. Der Umgang mit Schmerzen ist auch ein Bereich, dem sich die Volksanwaltschaft im Gesundheitskapitel widmet, der insbesondere auch in Pflegewohnhäusern relevant ist. Ich bedanke mich auch dafür, dass in diesem Bericht dieses Thema angesprochen wird, weil vielfach auch die Meinung vertreten wird, dass das Auftreten von Schmerzen eigentlich ein automatisches Begleitsymptom des Älterwerdens ist, damit oft diese Zustände hingenommen werden und konkrete Möglichkeiten der Reduzierung beziehungsweise der Verhinderung von Schmerz nicht genutzt werden. Daher ist es besonders wichtig, bereits im Bereich der ärztlichen und auch der pflegerischen Ausbildung die Schmerzvorsorge, die in vielen Bereichen unzureichend ist, in den Mittelpunkt zu stellen. Für Wien darf ich ergänzen, dass dieses Thema in den Wiener Pflegewohnhäusern eine besonders hohe Relevanz hat und daher im Rahmen der Aus- und Weiterbildungsprogramme des Krankenanstaltenverbundes die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur über den jeweils wissenschaftlichen Letztstand informiert werden, sondern auch für die Bereiche Schmerzerkennung, Schmerzeinschätzung, Linderung und Behandlung entsprechend sensibilisiert werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Volksanwaltschaft weist darauf hin, dass einzelne Kommissionen im Berichtsjahr 30 Anstalten, darunter 19 psychiatrische und 11 somatische Kliniken beziehungsweise Abteilungen in ganz Österreich besucht haben. Ich möchte zwei konkrete Bereiche aus Wien ansprechen, wo etwa eine Kommission in Wien festgestellt hat, dass hochbetagte Patientinnen und Patienten auch ohne medizinische Notwendigkeit einer stationären Behandlung noch längere Zeit im Krankenhaus bleiben, weil sie ohne die Sicherung nachgehender Pflege nirgendwohin entlassen werden konnten. Das ist ein ganz wesentlicher Bereich, mit dem wir uns in diesem Hause auch immer wieder beschäftigt haben. Deshalb wird im Rahmen eines Pilotprojektes eine vereinfachte Antragstellung und Bewilligung von Förderanträgen auf Kurz- und Langzeitpflege erprobt. Das muss man sich anschauen, ob es zu einer Verbesserung führt und dann entsprechend evaluiert werden muss. Das zweite konkrete Beispiel, das auch immer wieder Thema vor einigen Jahren im Gemeinderat und im Landtag war, war die sogenannte Verwendung von psychiatrischen Intensivbetten, unter dem Namen Netzbetten bekannt, wo das Bundesministerium für Gesundheit im Juli 2014 per Erlass dies für unzulässig erklärt hat und den Krankenanstalten und Heimträgern eine Übergangsfrist bis 1. Juli 2015 eingeräumt wurde. Hier hält die Volksanwaltschaft fest, dass die Kommission bei den Besuchen feststellen konnte, dass dieser Erlass zur Beendigung des Einsatzes von Netzbetten von den verantwortlichen Rechtsträgern fristgerecht umgesetzt wurde. Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend noch kurz zum Thema der Kinder- und Jugendpsychiatrie, die von mehreren Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen wurde, wo insbesondere auch die Volksanwaltschaft darauf hinweist, dass der bestehende Fachärztemangel, der, wie wir wissen, europaweit ein Problem ist, dazu führt, dass es unzureichende Kapazitäten für Kinder und Jugendliche gibt. Das steht auch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterbringung in der Erwachsenenpsychiatrie. Dieses Problem ist natürlich zu lösen. Deshalb deckt sich hier der Vorschlag der Volksanwaltschaft mit jenem Punkt in dem Beschluss- und Resolutionsantrag, den ich dann im Anschluss noch einbringen möchte, dass nämlich die Ausbildungsmöglichkeiten für Fachärztinnen und Fachärzte, insbesondere auch im Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie, vermehrt werden müssen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf mich abschließend nochmals bei der Volksanwaltschaft für den Bericht bedanken, in dem viele grundsätzliche Positionen, aber auch konkrete zukünftige Entwicklungen angesprochen wurden. Ich konnte bereits in der heutigen Aktuellen Stunde auf die zahlreichen Maßnahmen, die die Stadt Wien über zukünftige Notwendigkeiten hinaus im Bereich der psychiatrischen Versorgung setzen wird, hinweisen. Ich darf an dieser Stelle einen Beschluss- und Resolutionsantrag, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen Wagner, Mörk, Florianschütz, Gremel, Laschan, Novak, Rubik, Meinhard-Schiebel und Kickert, betreffend die psychiatrische Versorgung in Wien, Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft, einbringen, in dem die Herausforderungen für die nächsten Jahrzehnte beschrieben werden, konkrete Notwendigkeiten auch angesprochen werden und sich der Wiener Landtag dazu auch bekennt: "Der Landtag wolle beschließen: Um die steigernden Anforderungen wie bereits in der Vergangenheit bewältigen zu können, sollen basierend auf der Psychiatriereform weiterführende Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt." Ich ersuche Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, um Ihre Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Nachdem Herr Volksanwalt Dr. Günther Kräuter einen unaufschiebbar dringenden ORF-Termin wahrzunehmen hat, erlaube ich mir, ihm jetzt für seinen Teil das Wort zu erteilen. Volksanwalt Dr. Günther Kräuter: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, dass jenseits der Usancen nach einer Fraktionsrunde schon die Möglichkeit besteht, zum Bericht Stellung zu nehmen. Ich werde dann gleich erläutern, warum ich ein bisschen früher die Sitzung verlassen muss. Meine Damen und Herren, wie Sie alle wissen, führt die Volksanwaltschaft regelmäßig Sprechtage durch, wie in allen Bundesländern natürlich auch in Wien. Aber der größte Teil der Beschwerden erreicht uns schriftlich. Wir haben auch viele Online-Beschwerden und es gibt auch ein Formular auf unserer Homepage, das sehr viel benutzt wird. Im Berichtszeitraum haben wir immerhin mehr als 1.000 Individualbeschwerden in Wien, die uns erreichen. Letztendlich stellen wir dann im Berichtszeitraum bei rund 6 Prozent, also einem recht passablen Wert, einen Missstand in der Verwaltung fest, der auch regelmäßig rasch und unbürokratisch behoben wird. Da möchte ich auch im Namen des Kollegiums herzlich dafür danken, sowohl der Politik als auch der Verwaltung. Wenn beispielsweise bei der Administration der Mindestsicherung etwas schiefgeht, ist es natürlich essenziell wichtig für die Betroffenen, dass dann nachbezahlt, ausbezahlt oder die Frist verkürzt wird. Wir sind nicht Gesetzgeber, wir sind Kontrollorgan. Daher kann ich mich jetzt nicht an einer politischen Diskussion der Mindestsicherung beteiligen. Allerdings sind unsere Prinzipien, und das sprechen wir in Empfehlungen auch immer aus, dass es sinnvollerweise eine bundeseinheitliche Lösung braucht, die rechtskonform sein soll und dem Gleichheitssatz entsprechen soll. Das sind Prinzipien, über die man an sich auch politisch mehr oder weniger nicht diskutieren sollte. Wir haben zirka ein Dutzend amtswegige Prüfverfahren im Jahr, die wir einleiten. Zum Mandat über den präventiven Menschenrechtsschutz: Rund 200 Besuche finden pro Jahr in Wien durch unsere Expertenkommissionen statt, regelmäßig unangekündigt, überall dort, wo halt Freiheitsbeschränkungen tatsächlich stattfinden, wie in Gefängnissen oder möglicherweise auch Krankenhäusern, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch Pflegeheimen und vieles mehr. Ich habe keine Hinweise, dass es einen massiven Widerstand oder eine Stemmhaltung von Verantwortlichen in Einrichtungen gäbe. Das wird mittlerweile akzeptiert. Der CPT-Bericht, über den gesprochen wurde, vom Comittee for the Prevention of Torture, ist inhaltlich schon bei einem Thema, wo nach wie vor eine Umsetzung wünschenswert wäre, zum Beispiel eine zentrale und anonyme Dokumentation von allen Freiheitsbeschränkungen. Freiheitsbeschränkungen sind natürlich das Allersensibelste beim Menschenrechtsschutz. Daher wäre auch dieser Vorschlag zu unterstützen. Wir arbeiten eng mit der Patientenanwaltschaft, mit der Wiener Heimkommission und auch mit der Jugendanwaltschaft zusammen. Wir tauschen uns stark mit der Zivilgesellschaft und mit NGOs aus. Daher glaube ich schon, dass dieser Bericht auch ein gesellschaftspolitischer Spiegel ist, der einerseits positiv Entwicklungen, Errungenschaften und auch Reaktionen abbildet, aber natürlich auch eine kritische Reflexion ist, denn die Volksanwaltschaft ist eben eine Kontrollinstanz. Wo es eben Empfehlungen aus unserer Sicht gibt, wo es Handlungsbedarf und Reformnotwendigkeiten gibt, ist der Bericht sicherlich ein passables Dokument. Danke für das Lob, das wir von vielen Seiten empfangen haben. Das leiten wir sehr gerne unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiter. Ich möchte jetzt nur in aller Kürze drei Punkte ansprechen: Die Kinder- und Jugendpsychiatrie war von vielen Rednerinnen und Rednern ein Hauptthema. Wir haben da wirklich eklatante Defizite, sowohl im stationären Bereich als auch im ambulanten, aber bei Gott nicht in nur Wien. In der Steiermark gibt es beispielsweise keine einzige Kassenplanstelle. Das halte ich überhaupt für skandalös. Wir haben in Wien und in anderen Bundesländern zu wenige, aber dort gibt es zum Beispiel gar keine. Das heißt aber nicht, dass wir in Wien sagen können, dass die Dinge so sind, wie man es sich wünscht. Es wurde erwähnt, zwei Mal täglich kommt es im Durchschnitt zu Zwangseinweisungen von Kindern und Jugendlichen in die Erwachsenenpsychiatrie. Das hat hin und wieder dramatische Folgen. Wir haben einen wirklich tragischen Suizidfall einer 16-Jährigen, wo wirklich auch von dem Mädchen ganz klar zum Ausdruck gebracht wurde, so wie die Leute, die sie dort sieht, wolle sie nicht werden. Das heißt, das ist nicht zu unterschätzen und führt zu solchen Konsequenzen. Daher der Appell, dass man hier die stationären Plätze entscheidend ausbaut und viel ernster nimmt, wenn Kinder und Jugendliche von psychiatrischen Krankheiten betroffen sind. Das ist natürlich auch eine präventive Aufgabe. Was frühzeitig erkannt und behandelt wird, vermeidet später chronisches Leiden, was einerseits aus menschenrechtlicher Sicht geboten ist, aber letztendlich auch ein Kostendämpfungsfaktor im Gesundheitssystem ist. Bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sind tausende traumatisiert. Davon kann man leider Gottes ausgehen. Wie ist es da mit der Betreuung und vor allem mit der psychiatrischen Betreuung? Ich bin froh, die Sozialreferentinnen und Sozialreferenten der Länder haben sich dieser Tage verständigt, dass man da einen besonderen Schwerpunkt setzen möchte und das Thema sehr ernst nimmt. Noch ganz kurz zum Gesundheitswesen: Der Fall Dr. Rainer hat in den Medien einiges an Aufsehen erregt. Was ist das Essenzielle für die Volksanwaltschaft in dem Zusammenhang? Was ist der Fokus unserer Kritik? Die höchstproblematische, meine Damen und Herren, und anachronistische Mitarbeiterbeurteilung von ärztlichem Personal, die Identifizierung mit dem gesamten Interesse einer Stadt oder gar mit einer Stadtregierung. Ist es wirklich vereinbar, mit kritischen selbstbestimmten Ärzten, die jedenfalls eine Voraussetzung für eine gute Weiterentwicklung und für eine Qualitätssicherung im öffentlichen Gesundheitswesen sind? Ich bin froh, und das ist der erfreuliche Teil, dass es eine Einsicht gibt. Mir hat die Stadt Wien als Volksanwalt mitgeteilt, dass eine inhaltliche Überarbeitung der Mitarbeiterbeurteilung derzeit geplant wird und dass eine Neugestaltung unter Berücksichtigung des Vorschlags der Volksanwaltschaft erfolgen wird. Das ist sehr positiv. Ich hoffe, dass man diese Klausel dann streichen wird. Ich fahre gleich zum Küniglberg - das ist der letzte Teil meines kurzen Statements - zur Aufzeichnung der ORF- Sendung "Bürgeranwalt". Sie wissen, dass diese Sendung für die Volksanwaltschaft enorm bedeutend und wichtig ist, was die Bekanntheit betrifft, aber es ist auch möglich, gesellschaftspolitische Themen aufzugreifen, wie beispielsweise Inklusion oder Teilhabe. Wenn wir Menschen mit Beeinträchtigungen vor einem breiten Publikum im Studio haben, ist das sehr wichtig. Wir haben oft über 400.000 Zuseherinnen und Zuseher und Marktanteile jenseits von 30 Prozent. Das heißt, man kann das gar nicht hoch genug einschätzen. Übrigens habe ich als Generalsekretär vom weltweiten Ombudsverband, dem International Ombudsman Institute, gerade ein Projekt laufen, wo ich die Sendung unseren 175 Mitgliedsorganisationen in der ganzen Welt vorstelle. Der ORF hat dankenswerterweise einen Clip gemacht, der selbsterklärend ist, um dieses Modell auch global zu bewerben, weil es für die einzelnen Ombudseinrichtungen und Volksanwaltschaften natürlich auch eine wirkliche Stärkung ist, wenn sie mit einem öffentlich-rechtlichen Sender gemeinsam eine Sendung haben. Was wird das Thema bei der heutigen Aufzeichnung und morgigen Ausstrahlung sein? Der zweite Lift am Stephansplatz. (Beifall von GR Georg Fürnkranz.) Ich weiß, dass auch gestern dieses Thema hier im Hohen Haus in Wien ein Thema war. Wir haben im Rahmen eines NGO-Forums in der Volksanwaltschaft mit Menschen mit Beeinträchtigungen diskutiert, und es ist sehr deutlich geworden, dass nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern auch für ältere Menschen, Leute mit Kinderwagen, aber auch Touristinnen und Touristen mit einem Koffer oder wenn jemand einmal in der Innenstadt etwas Sperriges oder Schweres kauft, die Rolltreppe natürlich nicht das geeignete Transportmittel ist. Wer den Lift kennt und dort schon einmal gefahren ist, weiß, dass bei dem meistfrequentierten Platz des öffentlichen Verkehrs in ganz Österreich das nicht ausreichend ist. Ich hoffe sehr, dass die Appelle letztlich noch etwas bewirken. Es ist nicht nur die Volksanwaltschaft. Beispielsweise der Behindertenanwalt, Kardinal Schönborn, viele politische Parteien im Bund, im Land, dann die Zivilgesellschaft, NGOs, also sehr viele, engagieren sich für diese Investition. Ich darf vielleicht schließen mit einem Zitat von Herrn Michael Landau, dem Präsidenten der Caritas Österreich: "Ich hoffe daher, dass das Anliegen nach einem zweiten Lift am Stephansplatz geprüft und ernst genommen wird. Da geht es ja auch um ältere Menschen oder um Eltern mit Kinderwagen. Die aktuelle Situation ist jedenfalls kein Ruhmesblatt für Wien und einer gut verwalteten und lebenswerten Stadt meiner Einschätzung nach nicht würdig." Ich würde wirklich bitten, dass man um Gottes Willen - das passt, glaube ich, ganz gut dazu - die Chance der Baustelle im Jahr 2017, dass man den Platz saniert und dann dort zehn Jahre eine Bausperre ist, doch noch nützt, sich besinnt, weil man da internationales und nationales Aushangschild ist, und diesen zweiten Lift errichtet. - Danke schön. (Allgemeiner Beifall.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Herr Volksanwalt Dr. Kräuter. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Ornig. Ich darf mitteilen, dass Abg. Damnjanovic wieder anwesend ist. Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorab möchte ich mich natürlich auch sehr herzlich für den Einsatz und die ausgezeichnete Arbeit der Volksanwaltschaft bedanken. Wir haben jetzt in den Ausführungen gehört, dass durchaus auch tagespolitische Themen eine Rolle spielen, wenn man das Thema "Lift am Stephansplatz" hernimmt. Es freut mich sehr, dass Herr Kräuter das Thema hier noch einmal angesprochen hat, um dem Ganzen die zuständige Wichtigkeit zu verleihen. Ich möchte in meinen Ausführungen zum Bericht aber zwei Themen hervorheben und mich darauf konzentrieren, erstens auf das Mandat der Volksanwaltschaft, das leider nicht für die ausgelagerten Unternehmungen gilt. Einige ausgelagerte Unternehmungen haben sich zwar zu einer freiwilligen Zusammenarbeit bekannt, wie zum Beispiel jetzt die Friedhöfe GmbH, aber leider nicht größere Unternehmungen der Stadt, wie zum Beispiel die Stadtwerke. Unserer Ansicht nach braucht es mehr als eine freiwillige Selbstverpflichtung, es braucht eine rechtlich geregelte Zuständigkeit. (Beifall bei den NEOS.) Das hohe Beschwerdeaufkommen zeigt, wie enorm wichtig die Missbrauchskontrolle der Volksanwaltschaft ist. Zuletzt waren es 1.157 Beschwerden in Wien, die die verschiedensten Bereiche betreffen, sei es in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, wie mein Kollege Gara heute bereits ausgeführt hat, aber auch Einzelfälle, die hier noch einmal explizit angesprochen worden sind, wie im Fall Rainer, wo die Volksanwaltschaft klar zum Schluss kommt, dass im Fall Rainer ein Missstand der Verwaltung vorlag. Deswegen plädiere ich auch in diesem Fall, dass man das ganze Thema noch einmal neu aufmacht und zurück zum Start geht. (Beifall bei NEOS und ÖVP.) Was die Ausweitung der Mandantschaft betrifft, werden wir hier heute auch einen Antrag einbringen, in dem wir die Ausweitung des Mandates der Volksanwaltschaft fordern. Das zweite Thema, das ich gern behandeln würde und hervorheben will, ist die MA 35. Die MA 35 beschäftigt die Volksanwaltschaft schon seit Längerem. Da wurden wiederholt gravierende Verfahrensverzögerungen im Bereich der Staatsbürgerschaftsverleihungen festgestellt, bei denen es sich nicht um Einzelfälle, sondern um, ich zitiere hier: "systematisch bedingte Verfahrensverzögerungen" handelt. Es geht nicht, dass die MA 35 Verfahren im Bereich der Staatsbürgerschaftsverleihungen nicht in angemessener Zeit abschließen kann, obwohl eine gesetzliche Verpflichtung besteht, dass innerhalb von sechs Monaten über einen Antrag entschieden werden muss. Hier verstehe ich nicht, wieso man auf der einen Seite immer Integration und ein Bekenntnis zur Republik Österreich fordert, auf der anderen Seite aber Menschen, die diesen Schritt bewusst gehen wollen, das Leben unnötig schwer und das Verfahren zum Erlangen der Staatsbürgerschaft einfach zu einem frustrierenden Erlebnis macht. Sie haben sich in Ihrem Regierungsübereinkommen ganz klar zu einer Willkommenskultur bekannt. Von einer Willkommenskultur ist jedoch leider im Moment in der MA 35 noch nichts zu sehen. Worauf ich genauer eingehen möchte, ist, dass der Vollzug des Niederlassungsrechts, und es geht hier bei rund der Hälfte der Verfahren um EWR-BürgerInnen, auch nicht ordnungsgemäß funktioniert. Es ist nicht einzusehen, warum EWR-BürgerInnen, die alle Voraussetzungen des Niederlassungs- und des Aufenthaltsrechts erfüllen, in manchen Fällen 14 oder 15 Monate auf ihren Aufenthaltstitel warten müssen. Auch bei der Ausstellung der Rot-Weiß- Rot-Karte plus kommt es zu unnötigen Wartezeiten, wenn beispielsweise Personen, die hier studiert haben und in die der österreichische Staat schon investiert hat, darauf warten müssen, ob sie in Österreich bleiben dürfen oder nicht. Die Verfahrensverzögerungen bei den Staatsbürgerschaftsverleihungen und auch beim Niederlassungsrecht sind vor allem für die betroffenen Personen der blanke Wahnsinn, und die Frustration ist groß. Das ist natürlich auch ein Thema für die Wirtschaft. Ich freue mich, dass auch die Frau StRin Brauner anwesend ist, wenn ich ganz kurz über Wirtschaft sprechen darf. Ich möchte nämlich als Unternehmer besonders hervorheben, dass die Unternehmer und Unternehmerinnen in Österreich auf Schlüsselarbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen sind. Österreich und Wien müssen im internationalen Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte bestehen können. Man muss in diesem Kampf mitmachen können. Aber diese hohen bürokratischen Hürden stellen einen schwerwiegenden und vor allem selbstverursachten Wettbewerbsnachteil für Österreich und für Wien und deren Unternehmen dar. Wenn man den Menschen, sogar den EWR-BürgerInnen, den Aufenthalt in Österreich so schwer wie möglich macht, wie es im Moment ist, und ihnen ständig Steine in den Weg legt, dann braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn diese qualifizierten und hochqualifizierten Arbeitskräfte in andere Länder gehen. Zu guter Letzt noch einmal mein Dank an die Volksanwaltschaft. Ich hoffe, dass Sie mindestens so gut weitermachen. Ich bin mir auch ganz sicher - danke noch einmal vielmals - und werde jetzt meinen Beschlussantrag weitergeben. - Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Abg. Ebinger hat sich für die nächsten drei Stunden entschuldigt. Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Schwarz. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Sabine Schwarz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Dr. Brinek! Sehr geehrter Herr Dr. Fichtenbauer! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuseher und Zuseherinnen, Besucher und Besucherinnen! Ich darf mich all den Vorrednern anreihen. Vielen herzlichen Dank für diesen wirklich informativen und klar strukturierten Bericht, der uns vorgelegt wurde! Es ist sehr schön, zu sehen, wie niederschwellig Ihr Angebot ist, dass die Menschen auf allen möglichen Kommunikationswegen den Kontakt zu Ihnen finden können. Des Weiteren ist es auch schön, zu sehen, dass die Volksanwaltschaft während ihrer Tätigkeit in einem Jahr sozusagen ihre Arbeit evaluiert. Wie bin ich darauf gekommen? Als Frauensprecherin hat es mich natürlich sehr interessiert, wie viele Frauen, wie viele Männer Ihr Angebot annehmen. Es hat sich gezeigt, dass die Frauenquote um einiges niedriger als die Männerquote ist. Das ist natürlich auch deswegen, weil Frauen nach wie vor immer wieder Scheu davor haben, nach Hilfe oder nach Unterstützung zu fragen. Ich habe dann aber auch in Ihren Veranstaltungen, die Sie abgehalten haben, gesehen, dass Sie sofort darauf reagiert und Veranstaltungen mit frauenspezifischen Themen gemacht haben, um eben diese Wirkung und eine Annäherung zu der gender-gemäßen Verteilung für Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer erzielen zu können. Ein weiteres Thema, wo ich mich dann selber an der Nase nehmen musste, ist, ich habe das Thema mit dem Schwerpunkt Sachwalterschaft immer unterschätzt. Ich durfte bei einer Veranstaltung dabei sein und habe bei der Veranstaltung gesehen, wie viele Menschen dieses Thema in Wirklichkeit betrifft. Ich habe dann auch für mich selbst lernen dürfen, dass es mich betreffen kann, meine Eltern betreffen kann, aber auch meine Kinder betreffen kann. Es war für mich wirklich ein schönes Zeichen, dass auch solche Themen aufgegriffen werden. Auch in den Veranstaltungen hat sich gezeigt, wie viele Veranstaltungen Sie zu diesem Thema machen. Auch dafür recht herzlichen Dank! Ich möchte jetzt zu zwei Punkten kommen, die mich schon ein wenig betroffen gemacht haben: Der eine Punkt war die benachteiligende Einkommensberechnung für Selbstständige beim Hortbeitragszuschuss. Wie man lesen konnte, ist es so, wenn man selbstständig ist, kommt man mit dem Einkommensteuerbescheid zu der zuständigen Stelle, er wird durch 12 gerechnet und dann wird einem als Selbstständige oder Selbstständiger kundgetan, Hortzuschuss, Beitragszuschuss ja oder nein. Bei Angestellten ist es so, dass sie das aber in Wirklichkeit monatlich bringen. Das heißt, das Jahresnettoeinkommen wird durch 14 dividiert. Aber das ist wieder eine Ungerechtigkeit den Selbstständigen gegenüber, weil habe ich eine Torte, die ich durch 12 teile, sind die Stücke größer, als wenn ich sie durch 14 teile. Somit ist das sicher ein Thema, das man angehen muss, weil natürlich der Selbstständige, selbst wenn er gleich viel wie ein Angestellter verdient, sozusagen immer mit einem höheren Monatsnettoeinkommen herauskommt, weil es dort eben nur durch 12 dividiert wird. Im Jänner 2015 ist das Magistrat darauf aufmerksam gemacht worden. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Der Magistrat!) - Oder die? (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Es heißt, der Magistrat!) - Jetzt haben Sie mich aus dem Konzept gebracht. So schnell geht das bei Ihnen! Das ist unglaublich! (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Das tut mir leid!) Danke! Das war ihre Absicht, oder? Also, im Jänner 2015 wurde der, die, das Magistrat darauf aufmerksam gemacht und es war dann so, dass bis heute keine Stellungnahme oder Lösung zu dem Thema gefunden wurde. Man hat irgendwie gesagt, das geht wegen den Daten nicht, man muss evaluieren. Der Vorschlag der Volksanwaltschaft war eigentlich ziemlich einfach und klar. Ich verstehe nicht, warum er nicht aufgegriffen wurde. Aber vielleicht bekommen wir irgendwann eine Antwort darauf. Warum nimmt man nicht den Jahreseinkommenssteuerbescheid und dividiert ihn auch durch 14? Damit wäre das Problem relativ schnell gelöst. Ein weiteres Thema ist die Arbeit der MA 11, dem Jugendamt. Es gibt hier einige Berichte über die Abnahme von Kindern. Wir wissen, dass in Wien die Abnahme von Kindern im Vergleich zu den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Das ist natürlich ein sehr heikles Thema. Natürlich ist es so, dass man sagen muss, lieber einmal zu vorsichtig als zu unvorsichtig. Aber es gibt Themen und es gibt Fälle, die sich leider in letzter Zeit häufen, wo man das nicht nachvollziehen kann. Es gibt zum Beispiel einen Fall, dass ein Mädchen mit einer Platzwunde in die Schule gekommen ist und erzählt hat, sie hat diese durch einen Streit mit der Mutter bekommen. Das Mädchen ist ins Spital eingeliefert worden, und das Jugendamt wurde kontaktiert. Das Jugendamt hat dann den Vater des Mädchens angerufen, und der Vater hat gesagt, er ist jetzt im Job, er muss schauen, dass er früher wegkommt, er meldet sich ganz verlässlich und wird kommen. Nach einer dreiviertel Stunde, nach 45 Minuten, hat dann die MA 11 gemeint, es ist Gefahr in Verzug und hat den Eltern die gesamte Pflege und Erziehung entzogen. Eine dreiviertel Stunde ist, wenn man in einem Job ist, nichts. Du musst den Chef erreichen, damit du nicht unerlaubt deinen Arbeitsplatz verlässt. Das sind Dinge, wo ich sage, bitte Vorsicht walten lassen. Es gibt jetzt auch einen ganz aktuellen Fall von einem Baby, der nicht im Volksanwaltschaftsbericht ist, mittlerweile ein Kleinkind, das im September 2014 mit einer Saugglocke geboren wurde - das sage ich deswegen so deutlich, weil ich gleich noch näher darauf eingehe - und nach drei Monaten mit Blutungen im Kopf ins Spital eingeliefert worden ist. Die Ärztin hat eine Gefährdungsmeldung gemacht. Die Kinder- und Jugendhilfe entzog den Eltern sofort die Obsorge. Das ist auch alles korrekt und in Ordnung. Die Sache ist dann aber die, die Gutachten, denn es war nicht ein Gutachten, sondern es waren mehrere Gutachten, haben gezeigt, dass diese Blutungen auf Grund der Geburt stattgefunden haben. Das Jugendamt ist aber hart geblieben und hat gesagt, das Kind bleibt weiter in seiner Obsorge. Es soll angeblich zu den leiblichen Eltern gesagt haben, und wenn das stimmt, dann möchte ich wirklich darauf hinweisen, dass man ein bisschen vorsichtiger mit der Sprache sein soll, die man wählt, am besten vergessen sie ihren Sohn gleich. Die Eltern haben das nicht gemacht. Sie waren vor Gericht. Es ist immer wieder verzögert worden. Schließlich hat der Oberste Gerichtshof ein Machtwort gesprochen und nach zwei Jahren kam das Kind zurück zu den Eltern. Das heißt, die ersten zwei Jahre des Lebens hat das Kind nicht bei den leiblichen Eltern verbracht und mehrere Gerichte und mehrere Gutachter haben immer wieder gesagt, die Eltern trifft keine Schuld. Wir haben auch den Fall eines jungen Mädchens, das auf Grund des Verdachts von sexuellen Übergriffen vom Vater sozusagen abgenommen wurde. Auch gut so. Was mich aber in diesem Fall irritiert hat, es waren drei Kinder in dieser Familie, drei Geschwister, und diese drei Kinder wurden auf verschiedene WGs aufgeteilt. Diese drei Kinder durften nicht zusammen bleiben. Das ist etwas, was ich nicht verstehe, weil das ist natürlich auch etwas, wo ich sage, das geht so nicht. Das Jugendamt, die MA 11, wirbt, und das muss ich jetzt echt einmal zitieren, auf der Homepage: "Die MA 11 ist speziell mit der Unterstützung von Familien und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen beauftragt. Gleichzeitig versteht sie sich als Servicestelle für Familien und bietet ein umfassendes Beratungsgespräch." Wenn Eltern überfordert sind, sagen immer mehr, sie gehen nicht zur MA 11, weil sie Angst haben, dass ihnen die Kinder abgenommen werden. Wenn die MA 11 möchte, dass die Familien Hilfe bekommen, dann darf man die Eltern nicht gleich verurteilen. Ich möchte wirklich bitten, passen Sie auf mit der Sprache, die Sie sprechen, seien Sie Partner für Familien und wenn ein Gericht und Menschen, die mit diesen Kindern dann arbeiten, sagen, sie müssen wieder irgendwie zurück in die Familien oder die Eltern sind nicht schuld, dann verzögern Sie es bitte nicht zwei Jahre! - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und von StRin Ursula Schweiger-Stenzel.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Fürnkranz. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Georg Fürnkranz (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen und Zuschauer auf der Galerie wie auch am Computer zu Hause! Die Volksanwaltschaft ist für mich eine der interessantesten Einrichtungen, die wir in unserer Demokratie haben. Ich möchte mich daher ganz herzlich, so wie alle anderen, für ihre Arbeit bedanken! (Beifall bei der FPÖ.) Ich möchte aber auch aus meinem Herzen keine Mördergrube machen. Die Berichte, die wir hier bekommen, sind sehr interessant zu lesen. Teilweise handelt es sich um schier unglaubliche Geschichten, die Herzmanovsky-Orlando nicht besser hätte erfinden können. Aber eigentlich bin ich durchaus auch ein Fan der amtswegigen Prüfungstätigkeit der Volksanwaltschaft, beginnend mit dem legendären Fall, wo sich ein Volksanwalt mit dem Stauproblem bei der Westeinfahrt beschäftigt hat, was doch erstaunliche Missstände zutage gefördert hat und sich vielleicht auch ein bisschen auf die weitere Vorgangsweise positiv ausgewirkt hat. Ich persönlich habe den Eindruck, dass es schon wieder Zeit wäre, Staubildungen amtswegig zu behandeln, und zwar diesmal nicht solche, die durch Unvermögen bestimmter Personen ausgelöst werden, sondern solche, die absichtlich herbeigeführt werden, um die Autofahrer zu sekkieren. Aber das ist vielleicht auch teilweise eher eine Aufgabe der politischen Opposition als der Volksanwältin. Einen Fall haben wir aber gesehen. Gerade vorhin hat Kollege Kräuter wortgewaltig an uns alle appelliert, doch bitte endlich dieses Problem des Liftes am Stephansplatz anzugehen. Da muss ich schon sagen, das ist tatsächlich ein ganz wesentlicher Punkt, der auch vollkommen unverständlich ist. Denn im Grunde genommen gibt es einen Fünf- Parteien-Konsens, dass dort ein Lift hin soll. Wir erinnern uns, Rot-Grün hat heuer im März eine Bilanz gezogen, 100 Tage, und dort die Erfolge verkauft, die Rot-Grün angeblich erzielt hat. Dabei war einer der Punkte die Neugestaltung des Stephansplatzes mit einem behindertengerechten Lift, im März als Erfolg verkauft. Der Volksanwalt stellt fest, es geschieht nicht, kritisiert das wortreich, macht ein eigenes Protestpicknick mit Behindertenverbänden, unter anderem auch mit dem Behindertenanwalt Buchinger. Letzterer stellt fest, dass es sogar rechtswidrig ist, auf diesen Lift zu verzichten. Trotzdem geschieht nichts, weil die Wiener Linien nicht wollen. Bekanntlich sind die Wiener Linien wichtiger als die Koalition, wichtiger als das ganze Rathaus und wichtiger als die Volksanwaltschaft! Die Wiener Linien sind der Staat im Staat! So kann es nicht weitergehen, meine Damen und Herren! Ich sage vor allen Dingen an die Adresse der leider relativ spärlich anwesenden Sozialdemokraten, lassen Sie sich nicht von Ihrer eigenen Organisation auf der Nase herumtanzen! Wenn es einen politischen Konsens gibt, dass wir einen Lift haben wollen, kann es nicht sein, dass eine Organisation, die zu 100 Prozent im Besitz der Stadt steht, einfach sagt, das macht sie trotzdem nicht! So kann es nicht weitergehen! (Beifall bei der FPÖ.) Wie gesagt, danke, dass sich die Volksanwaltschaft amtswegig mit dieser Angelegenheit beschäftigt hat. Ich möchte mich jetzt aber, weil der Antrag von den NEOS gekommen ist, auch ein wenig mit der Frage der Kompetenzabgrenzung ganz allgemein beschäftigen, was doch ein bisschen komplizierter ist. Selbstverständlich sind wir grundsätzlich dafür, dass die Kompetenzen auf die ausgegliederten Gesellschaften ausgeweitet werden. Deswegen werden wir diesem Antrag auch zustimmen. Ich möchte aber anmerken, dass die Sache verfassungsrechtlich nicht ganz so einfach ist, wie es auf den ersten Blick ausschaut. Die Kompetenzen der Volksanwaltschaft sind im Art. 148a beziehungsweise im konkreten Fall für die Landesbereiche im Art. 148i des Bundes-Verfassungsgesetzes geregelt. Jetzt ist es leider, sage ich, inzwischen ausjudiziert, dass es auf Bundesebene nicht möglich ist, ausgegliederte Gesellschaften ohne Weiteres zu prüfen, weil man den Begriff der Verwaltung, auf den sich die Prüfungskompetenz bezieht, restriktiv auslegt. Es gibt im Art. 148i die Möglichkeit für Landtage, diese Kompetenzen ebenfalls auf die Landesverwaltung auszuweiten. Nur dann, wenn man davon ausgeht, dass der Verwaltungsbegriff im Bund und im Land ein unterschiedlicher ist, was theoretisch möglich, aber doch relativ unwahrscheinlich ist, könnte man einen solchen einfachlandesgesetzlichen Weg gehen, wie Sie ihn vorschlagen. Deswegen haben wir ein bisschen Bedenken, dass das in der Praxis machbar ist. Wichtiger wäre wahrscheinlich, es auf Bundesebene als in Art. 148a zu regeln, sodass die Volksanwälte auch in diesem Bereich ihren Interessen und ihrer Verpflichtung nachkommen können. - So viel zu diesem Thema. Ich möchte mich ansonsten noch mit einem Themenkreis beschäftigen, der heute hier noch gar nicht angesprochen worden ist, nämlich mit dem groben Bereich Parkstrafen und den Hintergründen, die damit verbunden sind. Es gibt da einige Fälle, die die Volksanwälte abgehandelt haben. Einer davon ist durchaus in die Kategorie der Skurrilität einzureihen, nämlich, dass die Polizei einem Parksünder, den sie gerade wegen eines anderen Delikts eingesperrt hat, das Strafmandat nach Hause zustellt, nachdem er dann nicht bezahlt hat, ihm im Endeffekt sogar den Exekutor hinschickt und sich dieses ganze Knödel erst im Laufe der Zeit auflöst. Klingt skurril, zeigt aber auf, dass offensichtlich die Kommunikation innerhalb der Behörden mitunter verbesserungsfähig ist, sage ich einmal. Das sollte auch geschehen sein. Gravierender scheint mir vor allen Dingen für unsere politische Praxis, dass es schwerwiegende Probleme mit der Kundmachung von Halteverboten gegeben hat, die dann dazu geführt haben, dass sich nicht einmal die Parksheriffs mehr mit der Kundmachung ausgekannt haben und dass sogar das Bundesfinanzgericht die falsche Entscheidung der Parksheriffs noch bestätigt hat, sodass wir wirklich ein rechtswidriges Urteil des Bundesfinanzgerichtes erlebt haben, das dann quasi im Kulanzweg außer Kraft gesetzt worden ist. Es kann in der Verwaltung alles Mögliche passieren und wir haben jedes Verständnis dafür, dass Beamte auch Fehler machen können, das ist selbstverständlich, aber es zeigt auf, dass gerade im Bereich der Kundmachung von Halteverboten und insgesamt der Kundmachung von Verkehrsvorschriften einiges im Argen liegt und verbesserungsfähig ist. Das sollten wir vielleicht als Auftrag nehmen, auf diesem Sektor etwas zu tun. Damit zusammenhängend gibt es ein aktuelles Problem, Parkverbote, sage ich einmal, Halteverbote. Ich weiß nicht, ob es bei Ihnen im Augenblick auch in Beschwerdeform anhängig ist, aber jedenfalls wissen wir, dass es der ÖAMTC beim Verfassungsgerichtshof anhängig gemacht hat, nämlich die Regelung des Bewohnerparkens. Es gibt verschiedene Aspekte, über die man sehr lang streiten kann. Ich möchte mich auf einen konzentrieren, weil er meiner Meinung nach wirklich zumindest schwer sittenwidrig ist. Wer sich verbotenerweise in eine Anrainerparkzone hineinstellt, bekommt zwei Strafmandate: ein Strafmandat, weil er, wenn er nicht in dem Bezirk wohnt, sich dort nicht hinstellen darf, weil er nicht Anrainer ist; und ein zweites, weil er keine Gebühr dafür bezahlt hat. Jetzt frage ich: Kann etwas, was sowieso verboten ist, trotzdem gebührenpflichtig sein? Nach normalem menschlichen Verständnis sage ich einmal ein klares Nein! Anders in der Stadt Wien: Dadurch, dass die Kurzparkzone flächendeckend verordnet ist, gilt die Gebührenpflicht auch dort, wo man sich sowieso nicht hinstellen darf. Jetzt sage ich einmal, das ist eindeutig eine ungerechte und, wie gesagt, meiner Meinung nach sittenwidrige Lösung. Ob sie rechtswidrig ist, wird wahrscheinlich der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden haben. Ich bin sehr gespannt auf diese Sache, aber ich denke, es wäre eine gute Idee, wenn die Wiener Landesregierung einem entsprechenden Urteil zuvorkäme und diesen Webfehler korrigieren würde. (Beifall bei der FPÖ.) Bevor ich jetzt schließe, möchte ich noch eine kleine Anmerkung zur Causa prima des heutigen Tages beziehungsweise dieser politischen Woche anbringen. Es gibt da einige Punkte, einige Fälle, die kritisiert worden sind im Zusammenhang mit der Bedarfsorientieren Mindestsicherung. Ich sage einmal, das fällt auch in Anbetracht der großen Anzahl von Fällen, die von den Beamten zu bearbeiten sind, sicherlich in eine bedauerliche, aber wahrscheinlich durchaus unvermeidliche Dimension, auch wenn es arg klingt, dass Akten in Verstoß geraten sind, falsche Auskünfte gegeben worden sind, et cetera pp. Die Empfehlung der Volksanwaltschaft war aber jedenfalls eine nicht, die Prüfung der Akten einzustellen, zumindest für eine bestimmte Gruppe, wie das laut einer, wie wir seit gestern wissen, unfehlbaren Zeitung im Büro der Frau Stadträtin geschehen ist. Sondern die Empfehlung war diejenige, die Schulung zu verbessern. Also keine Rede davon (Abg. Gerhard Kubik: Aber das stimmt doch einfach nicht!), dass man für eine ganz große Gruppe von Antragstellern einfach die Prüfungen de facto außer Kraft setzt! (Abg. Gerhard Kubik: Das stimmt doch nicht! Bringen Sie einen Beweis für Ihre Behauptungen! Das ist ja unerhört!) Na ja, das ist von der "Kronen Zeitung" geschrieben worden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und gestern ist hier der Herr Bürgermeister gestanden und hat gesagt, Selbstverständlich berichtet die "Kronen Zeitung" keine unrichtigen Dinge. (Beifall bei der FPÖ.) Also gehe ich davon aus, dass es stimmt. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass auch die Volksanwaltschaft natürlich den Vorschlag gemacht hat (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Von Ironie haben Sie noch nie etwas gehört!), auf dem Boden des Rechtsstaates zu bleiben, und dafür danke ich ihr! Danke. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Dr. Stürzenbecher. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Geschätzter Herr Präsident! Nur noch eine Bemerkung zu dem mit der "Kronen Zeitung": Von Ironie haben Sie noch nie etwas gehört. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Sie auch nicht! Sie wollen sagen ...) Aber Ironie verstehen, ist auch eine Sache der Intelligenz! Das nur eingangs erwähnt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich möchte jetzt nur zu zwei Themen kurz Stellung nehmen. Zur Kollegin Schwarz, die ich nicht unterbrechen wollte, schon gar nicht mit Besserwisserei, dass "Magistrat" eben ein Maskulinum und nicht sächlich ist. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: ... was Sie zu sagen haben!) Also da wollte ich Sie nicht unterbrechen. Aber ich teile Ihre Sorge um die Kinder und darüber, dass Kinder natürlich bestmöglich untergebracht werden müssen. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Man kann das auch Beckmesserei nennen!) Allerdings muss ich Ihnen eines schon sagen: Die MA 11 nimmt die Kinder nicht aus Jux und Tollerei ab, sondern wirklich nur dann, wenn eine echte Gefährdung gegeben ist. Die ist halt leider wirklich manchmal gegeben, und es wäre dann verantwortungslos, die Kinder dort zu lassen. Was aber wirklich ein Missstand ist - aber da kann die MA 11 und kann auch die Stadt Wien nicht direkt etwas dafür -, ist, dass dann bei der Justiz die Gerichte oft sehr, sehr lange nicht entscheiden und dass dann auch die Gutachten so lang dauern. Da müsste man vielleicht einmal mit dem Justizminister sprechen, den ich sehr schätze, der sehr kompetent ist und auch etwas weiterbringt, dass man vielleicht die Organisation bei Gericht so gestaltet, dass solche dringenden Fälle für Kinder vorgezogen werden und dass die Gutachten da schneller erstellt werden als in irgendeinem XY-Verfahren, wo es irgendwie um finanzielle Streitereien oder sonst irgendetwas geht. Also ich glaube, das wäre eine Anregung, dass man mit dem Justizminister darüber einmal ein sachliches Gespräch führt. Ich bin sehr zuversichtlich, dass er dem sehr offen gegenüberstehen wird. - Das zur MA 11. Der Hauptpunkt meiner Wortmeldung ist eigentlich wegen der hier aufgeworfenen Fragen der MA 35 - Staatsbürgerschaft, und so weiter, weil ich glaube, dass hier auf die MA 35, wo es eine Zeit lang wirklich Probleme gegeben hat, aber jetzt zu Unrecht manche Vorwürfe kommen. Auch, weil man sehr viel in die Wege geleitet hat. Wir müssen uns vorstellen, dass erstens einmal Staatsbürgerschaftsverfahren wirklich etwas sehr Kompliziertes sind. Da gibt es außerordentlich viele Vorschriften und, was natürlich dazukommt, ständig neue Gesetzesänderungen. Dieses an sich sehr komplizierte Verfahren, wo sehr viele Stellen mitwirken, wo natürlich auch eine Mitwirkungspflicht der Betroffenen ist, hat sicher oft lang gedauert. Das liegt natürlich auch zum Teil daran, dass man unterbesetzt war. Nur im Bereich der MA 35 hat man jetzt beim Bereich der Staatsbürgerschaft 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Referaten der Inlandseinbürgerung zusätzlich aufgenommen. Da muss man aber auch wieder wissen, dass die Ausbildung der Betreffenden mindestens neun Monate dauert, dass diese nach den neun Monaten quasi bei schwierigeren Fällen noch immer nachfragen müssen und angeleitet werden sollen und zusätzlich natürlich die Ausbildungszeit, die ja nicht irgendwie Hausfremde, sondern auch die Beamten dort machen, sozusagen auch wieder Kräfte bindet. Wenn man das alles zusammenzählt und daran denkt, wie viele Leute um die Staatsbürgerschaft ansuchen, wie kompliziert die Rechtslage ist und dass oft nach sechs Monaten das Leumundszeugnis schon wieder abgelaufen ist - dann muss man wieder neu ansuchen und weiß Gott, was -, dann kommt es vor oder ist es in der Vergangenheit vorgekommen, dass das wirklich öfters länger gedauert hat, was wir sehr bedauern. Aber es sind alle Schritte in die Wege geleitet worden, dass die Optimierungsmaßnahmen greifen werden. Es dauert allerdings, bis das wirklich sicht- und spürbar ist, aus den Gründen, die ich jetzt genannt habe. Aber es ist real damit zu rechnen, dass ab Herbst 2016 eine schrittweise Besserung der Situation eintreten wird. Es ist auch so ... (Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube, da kann man jetzt schon applaudieren, allerdings nicht mir, sondern den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 35, die sich hier wirklich ins Zeug legen und schauen, dass das jetzt ordentlich funktioniert. Nach menschlichem Maximum halt, man kann keine Wunder bewirken. Man muss ja auch sagen, dass unsere MA 35 die mit weitem Abstand größte Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsbehörde Österreichs ist. So etwas gibt es in überhaupt keinem anderen Bundesland und keiner Gemeinde oder irgendwo, dass eben eine so große Behörde mit so vielen komplizierten Fällen arbeitet. So gesehen ist es schon auch der Erwähnung wert, dass die Steigerung der Erledigungen 2014 im Vergleich zu 2013 8,6 Prozent betragen hat, die Steigerung der Erledigungen 2015 im Vergleich zu 2014 bei 12,2 Prozent und die Steigerung der Erledigungen 2015 im Vergleich zu 2013 bei 22,5 Prozent liegt. Das ist nicht irgendetwas, sondern da kann man sagen, da ist wirklich etwas weitergegangen! Ebenso wie im Fachbereich Einwanderung, auch dort hat man im Bereich der MA 35 den Aktenrückstand unter größter Kraftanstrengung um zirka 40.000 Verfahren abgebaut. Das muss man sich einmal vorstellen: 40.000 Verfahren abgebaut! Die Wartezeiten für die Kundinnen und Kunden sowohl physisch vor Ort als auch in Bezug auf die Erledigung der jeweiligen Anträge wurden auf ein Mindestmaß reduziert. Wenn man die Anzahl der eingelangten Volksanwaltschaftsbeschwerden diesbezüglich des 1. Halbjahres 2015 mit jenen von 2016 vergleicht, so ist dies im Bereich der Einwanderung immerhin um 73 Prozent zurückgegangen. Ich glaube, das ist auch etwas, was sehr positiv ist. Ich möchte nur noch sagen, dass man auch vermerken muss, dass es 10.768 Fortbildungsstunden im Bereich der MA 35 gegeben hat, dass man sich sehr bemüht, die Krankenstände zu reduzieren - das ist ja sozusagen nicht nur ein Naturgesetz und wetterabhängig, sondern liegt bis zu einem gewissen Grad auch immer am Betriebsklima, und auch hier gibt es positive Zahlen -, und dass die Personalfluktuation eingedämmt wird. Auch der Internetauftritt der MA 35 wurde deutlich verbessert. In dem Sinn kann ich sagen: Eine der Abteilungen, die die schwierigsten Aufgaben in dieser Stadt bewältigen - ohne dass ich den anderen Abteilungen jetzt abspreche, dass sie nicht genauso auch schwierige Sachen haben -, hat wirklich sehr positive Schritte in die Wege geleitet, eben im Interesse der Betroffenen, die um die Staatsbürgerschaft ansuchen beziehungsweise sich um Einwanderung gemäß den Gesetzen bemühen. Hier ist sehr, sehr viel weitergegangen, und dafür ist den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 35 herzlich zu danken. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Danken möchte ich abschließend auch noch der Volksanwältin und den Volksanwälten für die gute Zusammenarbeit mit dem Land und der Gemeinde Wien. Ich glaube, wir haben gemeinsame Ziele, dass wir eben die Verwaltung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger so gut wie möglich gestalten wollen. In diesem Sinn: Herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke schön. Die Rednerliste ist erschöpft. Zum Wort gemeldet hat sich Frau Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek. Bitte, Frau Volksanwältin. Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, auf einige Anregungen, Bestärkungen auch meinerseits noch einmal zu replizieren. Das Thema Armengrab ist aufgeworfen worden. Ja, der Begriff ist eigentlich auch einer, der zu überdenken wäre. Er betrifft aber ein Phänomen, das leider im Steigen ist, dass immer mehr die Stadt Wien Verantwortung zu übernehmen hat für die Bestattung, wenn es nicht auffindbare Angehörige gibt. Eine Erleichterung ist eingetreten mit der Einführung des zentralen Personenstandsregisters 2013. Jedoch, wie der Magistrat schreibt, wird ja nur auf die Stammdaten der Person Bezug genommen und nicht die Angehörigen. Es müsste noch stärker und intensiver verknüpft werden, was - ich respektiere das - zu hohem Arbeitsaufwand führen würde, damit man auch Angehörige schneller findet. Wir bleiben an der Sache dran, wie wir so schön sagen, und hoffen, dass es in Hinkunft noch weniger Fälle gibt. Denn es ist eine Pietätsfrage, die meistens in der Familie ein Desaster auslöst, wenn man draufkommt, der Angehörige ist irgendwo im sogenannten Armengrab begraben. Nächster Punkt: die benachteiligende Einkommensberechnung für Selbstständige beim Hortbeitragszuschuss. Ja, die Forderung bleibt aufrecht. Die Volksanwaltschaft hat in vielen Punkten einen langen Atem. Ich hoffe, dass wir eines Tages auch hier von einer Korrektur berichten können. Die Frage der Beschwerden nach der Geschlechterverteilung ist angesprochen worden. Ja, wir freuen uns, dass es weniger Frauen sind, die Probleme mit dem Strafvollzug haben, weniger, die Probleme mit Asylfragen haben. Dennoch bleibt noch ein Erklärungsbedarf, was die Zahl der Beschwerden von Frauen betrifft. Von Anfang an, als wir dieses Wirkungsziel auch in die moderne Budgetgestaltung aufgenommen haben, haben wir Initiativen gesetzt und uns ganz speziell an geförderte Vereine gewandt, an Unternehmerinnen/Unternehmer, überall, wo Frauen selber erzählen könnten: Hallo, wenn du Sorgen hast, wenn du diesbezüglich Beschwerden anbringen möchtest, hier gibt es die Volksanwaltschaft. Für heuer, darf ich vermelden, liegt der Schwerpunkt auf einer interdisziplinären Ringvorlesung, zusammen mit der Medizin-Universität und dem Verein Österreichischer Frauenhäuser, wo es darum geht, Gewalt in allen Lebenslagen nicht nur zu erheben, so wie wir das als Volksanwälte und Volksanwältin tun, sondern auch präventiv dagegen anzuarbeiten. Das soll nicht sein. Bedenken Sie - Sie wissen das genauso gut wie wir -, dass sozusagen mit der steigenden Buntheit der Bevölkerung in der Stadt leider auch Gewaltkulturen aus anderen Szenen und Bevölkerungsgruppen eindringen und damit Hilfe umso gebotener erscheint. Gestatten Sie mir, dass ich auch auf einige Aspekte, die im Bericht genannt sind beziehungsweise unterlegt mit aktuellen Wahrnehmungen, noch eingehe. Kaum war im Vorjahr das neue Wiener Wohn-Ticket eingeführt, sind die Beschwerden bei uns massiv gelandet, denn das, was als Bonussystem verkauft wurde, bedeutet natürlich mindestens, dass es ein Bonus-Malus-System ist und dass es diskriminierend ist aus Sicht der Volksanwaltschaft, weil der Vertrauensschutz gebrochen ist und aus unserer Sicht eine EU-Widrigkeit vorliegt, die bis heute nicht entkräftet werden konnte. Wir warten immer noch auf die Übermittlung des Gutachtens. Was geschieht mit dem neuen Wohn-Ticket? Es werden und wurden, wie Meldungen aus den Medien zu entnehmen ist, auch bisher schon ein Drittel der vorgemerkten Wohnungssuchenden vorgereiht; das heißt, andere werden zurückgereiht. Im Vertrauen, dass sie diesen Platz behalten, den man ihnen sagte, werden sie jetzt enttäuscht. Das heißt, auch hier hoffe ich, dass es zu einer Nachbesserung kommt, weil die Sorge auch noch insofern größer ist, als die Vergabe von neu errichteten Gemeindewohnungen - es sollen ja wieder welche gebaut werden - auch für mich nicht zureichend geregelt ist. Schon gar nicht die Dachgeschoßvergabe, weil die Dachgeschoßwohnungsvergabe, wie es im Text heißt, jeweils objektbezogen vergeben vom Dezernatsleiter sein soll und auch noch das Unbill berücksichtigt werden soll, das entsteht, wenn im Haus gebaut wird. Also die Bestandsnehmer werden bevorzugt - wie genau, weiß ich nicht -, und das führt dann zu Schlagzeilen, dass Politiker bevorzugt werden. Das nützt niemand, das schadet nicht nur der entsprechenden Person - Politiker will Sozial-Penthouse -, sondern es schadet auch dem System der kommunalen Wohnungsvergabe, Wiener Wohnen, und dem System, dass man da in Wirklichkeit ja gute Zugänge für sozial bedürftige Menschen schaffen will. Auch hier hoffe ich auf eine Verbesserung. Offen sind auch noch Fragen, wenn zum Beispiel ein krankes Kind mitzuversorgen ist, familiär mit Wohnung. Wir haben Beschwerden, dass man etwa in ganz kleinen Wohnungen - natürlich jetzt auch noch zurückgereiht, weil die Anwesenheit und die Hauptmietzeit nicht erreicht sind - im Krankheitsfall auch genauso warten muss und die Fragen, was dann schon ein ärztliches Attest ist und wann ein ärztliches Gutachten zu berücksichtigen ist, um vorgereiht zu werden, nicht genau geklärt sind. Um also Vorwürfe von Ungleichbehandlung, Freunderlwirtschaft, Intransparenz, und so weiter abzubauen, brauchen wir auch hierzu genaue Maßgaben. Was uns freut - jetzt fange ich von hinten an - und wo der Magistrat auch sagt, dass es hier zu einer Verbesserung kommt, ist zum Beispiel die Abtretung von Flächen für Verkehrsflächenausbau. In der Stadt ist die Fläche immer etwas ganz Kostbares, weil sie nicht unbegrenzt vorhanden ist. Wir haben Fälle, wo vor vielen Jahren vom Rechtsvorgänger Flächen abgetreten wurden, kostbares Bauland unentgeltlich, die Straße nie errichtet wurde und jetzt, wo man die Fläche brauchen würde, um zum Grundstück zuzufahren, auf einmal verlangt wird, dass gekauft oder Pachtzins gezahlt wird. Gott sei Dank kann das in diesem Fall - und ich hoffe, auch für die Zukunft - abgewendet werden. Die MA 64 schreibt: "Laut Auskunft wird künftig im Anlassfall eine bescheidmäßige unentgeltliche Rückstellung direkt von der MA 64 erfolgen." Also: Geld wird nicht verlangt, Grund wird zurückgegeben, wenn er nicht gebraucht wird. Auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen im Zusammenhang mit Wohnen und Zusammenleben. Die Beschwerden steigen - jetzt können Sie sagen, nicht in Hunderten -, dass Wohnungen, sowohl Mietwohnungen als auch Eigentumswohnungen, widmungswidrig verwendet werden, zum Beispiel für Hundehaltung und Hundezucht. Das bedeutet auf engem Raum, dass das natürlich eine enorme Belästigung ist, und so ein kleines Vorgartl mit 60 oder 80 m² wird dann zum Hundeklo. Auch da hat unser Drängen dann doch zum Einschreiten der Behörde geführt, und wir sind künftig sicher, dass es nicht mehr zu solchen Belästigungen und Unbill im Zusammenleben in der Stadt führt. Weiters freue ich mich auch, dass es gelungen ist, aus einer Misseinschätzung des Magistrats herauszukommen, nämlich, dass aus einer Wohnbauförderung für barrierefreies Wohnen, zum Beispiel einen Treppenlift zu fördern, nicht eine soziale Wohltat werden kann. Wenn die Förderung zugesagt ist, dann ist sie auszuzahlen, weil es eine Wohnbauförderung und keine Subjektförderung ist. Dann ist die Zusage auch bindend und kann nicht einseitig abgeändert werden, auch wenn dann im Nachhinein verhandelt werden will, wie viele Monate die Person, die es genutzt hat, noch leben muss. Das wurde dann also auch noch technisch - ich will jetzt nicht banal sagen, weil der Verwendungszweck gestorben ist - irgendwie so tituliert. Also Förderungen sind zuzusagen, und wenn sie zugesagt sind, sind sie einzuhalten und sind sie nicht noch einer besonderen Interpretation anheimgestellt. In Summe konnten wir, glaube ich, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger viel erreichen und bei der Gelegenheit auch viel an Veränderung der Arbeitskultur, so sie nicht ohnedies schon bürgerorientiert ist, in der Wiener Verwaltung erreichen. Ich bedanke mich für die wohlwollenden Worte, die Sie zur Institution gesagt haben. Ich beziehe sie nicht nur auf mich, sondern selbstverständlich auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und bringe bei der nächsten Gelegenheit die Grüße und den Dank auch mit in die Singerstraße. Danke schön. (Allgemeiner Beifall.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke schön, Frau Volksanwältin! Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer. Bitte, Herr Volksanwalt. Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer: Danke vielmals, sehr geehrter Präsident! Hoher Landtag! Ich möchte mich eingangs sehr, sehr herzlich bedanken, dass der Bericht der Volksanwaltschaft einstimmig oder einhellig, soweit die Redebeiträge hier wahrnehmbar waren, positiv aufgenommen worden ist. Ich wiederhole: Die Qualität des Ihnen vorliegenden Berichtes wäre nicht machbar ohne die qualitätsvolle Arbeit unserer Mitarbeiter, namentlich der Geschäftsabteilungsleiter/-leiterinnen, in meinem Fall Frau Mag. Cerny. Frau Dr. Pacher, Geschäftsabteilungsleiterin A, ist derzeit in Innsbruck, und Dr. Mauerer ist ebenfalls hier anwesend. Es ist natürlich auch wesentlich und wichtig für die Volksanwaltschaft, dass aufgezeigte Kritikpunkte irgendwann als bewältigungspflichtig einsickern. Hauptsächlich haben sich ja überraschenderweise oder tatsächlicherweise mehrere Herrschaften des Hohen Hauses mit der Tätigkeit der MA 35 beschäftigt. Das ist ja nicht neu. Das ist ein jahrelanger Vorgang, dass die Volksanwaltschaft Anlass zur Erledigungsdauer hat, die aber nicht ein Gut der freien Erfindung der Volksanwaltschaft ist, sondern ich erinnere daran, dass die Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechtes anzuwenden sind, wo eine Erledigungsdauer von sechs Monaten vorgesehen ist. Die Beschwerdefälle, die die Volksanwaltschaft zu bearbeiten hatte, betreffen durchwegs Fälle, wo binnen sechs Monaten offenkundig nicht einmal der Akt aufgemacht worden ist, sondern einleitende Verfahrensschritte auf viele Monate darüber hinaus oder gar Jahre nicht gesetzt worden sind. Insofern also Dr. Stürzenbecher meinte, das wird alles besser, wird das von uns natürlich mit hoher Begeisterung empfunden. Zwischenzeitig darf ich nur sagen, dass die Beschwerdenanzahl bis dato auch angestiegen ist. Also wenn da 40 neue Menschen als Bearbeiter zusätzlich die Tätigkeit der MA 35 verstärken, dann haben wir vielleicht und Gott sei Dank Anlass im nächsten Jahr, zu sagen: Es ist besser geworden. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Nur bei der Einbürgerung!) Weiß ich nicht; es könnte ja sein, dass bei der Staatsbürgerschaftsverleihung eine Querverschiebung und Tätigkeit der vermehrten Beamtenschaft zu vermerken ist. Aber de facto ist es so. Und sine ira et studio, die Volksanwaltschaft hat nüchtern über Missstände der Verwaltung zu befinden, und es besteht aus gegebenen Beschwerdefällen Anlass, dem Landtag darüber zu berichten. Es hat sich in einer Erwähnung Herr Abg. Dipl.-Ing. Gara auch mit der Bekanntheitsfrage kurz auseinandergesetzt. Da will ich es nicht versäumen, Ihnen auch einen kleinen positiven Hinweis zu geben. Die Bekanntheit, also die Wirkungsebene Volksanwaltschaft, ist natürlich auch etwas, was den allgemeinen Behördenapparat und sehr, sehr namentlich auch die Polizeikräfte zu berühren hat. Wir haben mit dem Innenministerium jetzt sozusagen unter Anführungszeichen ausgemacht - in Wahrheit ist es natürlich eine Verwaltungsverfügung -, dass bei der Polizeiausbildung, die in einer zweijährigen Polizeiakademie vonstattengeht, ab heuer, ab dem beginnenden Kursjahr Ende 2016, ein Pflichtmodul Volksanwaltschaft vorkommt, sodass wir eine Art Gewährleistung haben, dass an der Nahtstelle zwischen der, sagen wir, Staatsgewalt, vollziehenden Staatsgewalt und dem Bürger ein höheres Element des Vertrautseins und der Bekanntschaft einziehen wird. Es ist natürlich so, dass wir ein extrem hohes Interesse haben, die Kontrolllücke, die auf Grund der Ausgliederungen eindeutig entstanden ist, zu schließen. Ich erinnere daran: Die Volksanwaltschaft ist ein Hilfsorgan der Legislative! Das machen wir nicht aus eigener Begeisterung, dass wir möglichst viel und umfangreich tätig sind, sondern wir sind für Sie, für die Vollziehung tätig. Genauso wie die Rechnungshöfe sind wir sozusagen die linke oder rechte Schulter des Kontrollwesens, das als Obliegenheit den legislativen Apparaten zukommt. Die angesprochene Materie ist natürlich zweigliedrig. Nummer 1, sie ist eine Bundesangelegenheit. Es gibt im Nationalrat bereits den Antrag auf Ausweitung der Befugnisse der Volksanwaltschaft gemäß den Befugnissen des Rechnungshofes. Also dort, wo die öffentliche Hand zu 50 Prozent beteiligt ist, soll auch die Volksanwaltschaft tätig werden können. Zweiter Punkt: Davon zu unterscheiden, sind die Bestimmungen, die auf Grund der Landesverfassungsrechte anzuwenden sind. Ich darf hinzufügen, dass wir auf Grund unseres Auftrittes in Salzburg, im Landtag in Salzburg, dort auch einen uns sehr gefallenden Schritt vorfinden durften: Dass Salzburg in Ansehung der autonom dem Land zukommenden Befugnisse der dort ausgegliederten Rechtsträger die Ausweitung der Tätigkeit der Volksanwaltschaft auf diese dem Lande zukommenden ausgegliederten Rechtsträger wünscht! Daher sehe ich mit großer Freude den heutigen Antrag, den Sie eingebracht haben, also die NEOS, und dem sich offenkundig auch die Freiheitliche Fraktion anschließt. Wahr ist, dass man verfassungsrechtlich verschiedener Meinung sein kann, wie Abg. Fürnkranz gesagt hat. Wir haben auf Grund des Wunsches von Salzburg eine sehr, sehr ausführliche rechtsgutachtliche Stellungnahme erarbeitet - die wir selbstverständlich dem Wiener Landtag gerne zur Verfügung stellen, weil es ja auf dasselbe herauskommt -, wo wir klipp und klar die Meinung haben, dass wir bezüglich der autonom dem Land zur Bestimmung zukommenden oder dem Lande zugewiesenen ausgegliederten Rechtsträger autonom durch die Landesverfassung eine Befugnis der Volksanwaltschaft vorfinden. Ein aktuelles Beispiel: Es ist mehrmals die sehr beklagenswerte Tatsache des mangelnden Liftes in der U-Bahn- Station am Stephansplatz angesprochen worden, der sozusagen nicht gebaut werden soll. Das wäre aber auch so ein Klassiker, wo wir erkennen können, dass es sinnvoll ist, von Verfassungs wegen auch der Volksanwaltschaft förmlich das Recht zur kritischen Auseinandersetzung in einem solchen Fall zuzuweisen: ausgegliederter Rechtsträger, Wiener Verkehrsbetriebe, die formal der Kontrolle der Volksanwaltschaft nicht unterstehen. Schließlich und endlich: Ich danke Ihnen sehr, dass Sie sich so positiv auseinandergesetzt haben, und garantiere seitens der Volksanwaltschaft eine weitere qualitätsvolle Ebene der Befassung mit allfälligen Missständen der Verwaltung. Danke schön. (Allgemeiner Beifall.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke schön. Ich möchte gleich die Gelegenheit nützen, Ihnen, Frau Volksanwältin und Herr Volksanwalt, auch den Dank des Landtages auszusprechen für Ihre Tätigkeit, die nicht nur für die Menschen außerhalb dieses Hauses wichtig ist, sondern auch für das Haus selbst. Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Es liegen vier Beschluss- und Resolutionsanträge vor. Der ersteingebrachte Antrag der ÖVP beschäftigt sich mit der Verbesserung des Versorgungsangebotes für Menschen mit psychischer Erkrankung. Entschuldigung, das war ein Schritt zu viel. Wir kommen zunächst zur Abstimmung über das Geschäftsstück. Ich darf die Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Bericht der Volksanwaltschaft zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand bitten. - Danke, das ist einstimmig so beschlossen. Wie bereits erwähnt, kommen wir zum Beschluss- und Resolutionsantrag der ÖVP betreffend die Verbesserung des Versorgungsangebots für Menschen mit psychischer Erkrankung. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Stimmen der ÖVP, NEOS und FPÖ die Minderheit und somit abgelehnt. Der zweiteingebrachte Beschluss- und Resolutionsantrag der ÖVP betrifft die Umsetzung der Forderung des Antifolterkomitees des Europarates. In formeller Hinsicht wird ebenfalls die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Gleiches Stimmverhalten: Zustimmung von NEOS, ÖVP und FPÖ, mehrheitlich abgelehnt. Der dritteingebrachte Beschluss- und Resolutionsantrag der SPÖ und GRÜNEN betrifft die psychiatrische Versorgung in Wien, die Notwendigkeit für Gegenwart und Zukunft. Es ist ebenfalls die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Danke, das ist einstimmig so angenommen. Der vierteingebrachte Antrag der NEOS betrifft die Aufforderung der Wiener Landesregierung, das Mandat der Volksanwaltschaft auf die ausgegliederten Bereiche, an denen die Stadt Wien beteiligt ist, zu erweitern. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Stimmen der ÖVP, NEOS, FPÖ die Minderheit und somit abgelehnt. Wir kommen damit zu Postnummer 2 der Tagesordnung. Sie betrifft die Tätigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien. Ich freue mich, den Präsidenten des Verwaltungsgerichtes, Herrn Univ.-Doz. Mag. Dieter Kolonovits, bei uns willkommen zu heißen, und darf Sie bitten, hier vorne Platz zu nehmen. (Beifall bei SPÖ, FPÖ und GRÜNEN.) Ich bitte die Berichterstatterin, Frau Amtsf. StRin Sandra Frauenberger, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: In diesem Fall kann ich sagen: Sehr geehrte Präsidenten! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Bericht. Danke schön. Präsident Prof. Harry Kopietz: Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Herr Abg. Wiederkehr zum Wort gemeldet. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Christoph Wiederkehr, BA (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident Kolonovits! Vielen Dank für den sehr ausführlichen Bericht, den wir sehr interessiert gelesen haben. Vielen Dank auch für die Arbeit des Verwaltungsgerichts, aller Richter, Laienrichter und vor allem auch der Rechtspfleger! Wie man im Bericht gesehen hat, war ja im letzten Jahr durchaus viel zu tun, beziehungsweise der Aufwand des Verwaltungsgerichts steigt ja, und die Arbeitsbelastung ist bestimmt enorm. Auch wenn man sich im österreichweiten Vergleich anschaut, dass 43 Prozent der getroffenen Entscheidungen in Wien gefällt werden, aber nur 26 Prozent der Richter am Verwaltungsgericht in Wien sind, dann ist es schon noch die Frage, ob die Mittelaufteilung richtig und auch aufgabenorientiert stattfindet. Hier sehen wir eine Asymmetrie von Mitteln, die zur Verfügung stehen, und Arbeitsaufwand, der getätigt wird. Dementsprechend ist es ohnehin positiv erstaunlich, dass die Verfahrensdauer noch relativ gut ist. Meine Befürchtung ist da allerdings, dass dann, wenn die Mittel nicht mittelfristig aufgestockt werden - das ist ein Appell an die Politik, an uns -, die Verfahrensdauer natürlich länger werden wird, beziehungsweise falls sogar Einsparungen stattfinden würden, dies auch eine große Gefahr für das Verwaltungsgericht darstellen könnte. Ich möchte nicht auf die vielen Einzelfallentscheidungen eingehen, weil ich es nicht als Aufgabe der Politik erachte, Entscheidungen des Gerichtshofs hier zu kommentieren; es ist auf jeden Fall sehr gut, dies auch zu lesen. Aber was schon eine Aufgabe der Politik ist, ist die Frage der Richterbestellung, die wir uns alle gemeinsam auch stellen sollten. Denn im Sinne einer Gewaltenteilung ist es von grundsätzlichem Interesse, dass die Gerichtsbarkeit getrennt ist von der Exekutive, und das ist in diesem Fall nicht gegeben, wie man im Sommer des vergangenen Jahres ja auch gesehen hat. Da ist das auch medial thematisiert worden. Es gab eben vier Nachbesetzungen, die zu tätigen waren, und der Personalausschuss kann ja Dreiervorschläge abgeben. Dies wurde auch gemacht, das heißt, es gab vier Dreiervorschläge mit zwölf Namen. Es ist dann allerdings nur eine dieser Personen genommen worden, was für mich eigentlich schon sehr fragwürdig ist, weil ja die Landesregierung das bestellen kann. Aber wenn es schon einen Dreiervorschlag gibt, dann sollte zumindest eine Person aus dem Dreiervorschlag genommen werden. Zumindest ist dies Usus in vielen anderen Institutionen. Da ist es schon fragwürdig, dass dann eine andere Person dafür gefunden wird. Dementsprechend kritisiere ich also stark diesen Modus, dass hier die Landesregierung vorschlagsberechtigt ist beziehungsweise die Magistratsdirektion und die natürlich weisungsgebunden ist beziehungsweise politisch verantwortlich der Landesregierung gegenüber ist. Hier sehe ich ein demokratiepolitisches Problem, eine fehlende Gewaltenteilung, und hier wäre schon auch anzudenken, ob man nicht die Richterbestellung unabhängig vom Magistrat und auch von der Landesregierung macht. In vielen anderen Gerichten gibt es da zum Beispiel Personalsenate, die entscheiden. Das wäre aus unserer Sicht auf jeden Fall die bessere Lösung. Was für uns auch ein wichtiger Aspekt wäre, wäre der, dem Verwaltungsgericht auch noch mehr Autonomie und Eigenständigkeit zu geben. Zum Beispiel in finanziellen Angelegenheiten ist es ja noch immer Teil des Magistrats und hier der Rechnungsposten. Ein eigenes Budget wäre sicherlich sinnvoll, um dem Verwaltungsgericht noch mehr Spielraum und auch Selbstständigkeit zu geben. Trotz dieser Unzulänglichkeiten von der Politik sehe ich eine hervorragende Arbeit des Verwaltungsgerichts. Ich sehe nicht, dass das von zu großem Einfluss ist, aber für die Zukunft, denke ich, wäre es wichtig, hier eine saubere Gewaltenteilung auch durchzuziehen. Ihnen und dem Verwaltungsgericht Wien alles Gute auf dem weiteren Weg! Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Ulm. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr Präsident des Verwaltungsgerichtes Wien! Es ist schon ein sehr beeindruckender Bericht, den Sie uns da heute haben vorlegen können, und aus meiner Sicht aus zwei Gründen sehr beeindruckend: weil unter personell beschränkten Verhältnissen eine ausgezeichnete Arbeit geleistet worden ist und weil der Bericht sehr deutlich ausspricht, wo noch Verbesserungen zu setzen wären, um die Arbeit des Gerichtes noch effizienter zu machen. Es ist ja ein nicht immer friktionsfreies Verhältnis gewesen in der Vergangenheit zwischen der Stadt Wien beziehungsweise dem Magistrat und dem UVS beziehungsweise jetzt dem Verwaltungsgericht Wien. Warum ist dieses Verhältnis so sensibel? Warum muss man so genau auf die Unabhängigkeit dieser Behörde dringen? Und warum ist die Trennung der Angelegenheiten zwischen der Justiz und dem Magistrat so wichtig, wie es auch mein Vorredner gesagt hat? Weil diese Behörde, weil dieses Verwaltungsgericht über Entscheidungen des Magistrats zu befinden hat! Es ist natürlich alles andere als der Unabhängigkeit des Gerichtes zuträglich, wenn die überprüfte Behörde Einfluss auf die prüfende Behörde nehmen kann. Um welche Angelegenheiten handelt es sich? Es geht hier um Rechtsmittel gegen Bescheide der Polizei, aber in erster Linie um Entscheidungen des Magistrats, die überprüft werden. Es geht um Verkehrsstrafsachen - ruhender Verkehr, fließender Verkehr, Führerscheinsachen -, Ausländerbeschäftigung, Sozialversicherung, Gewerberecht, Baurecht, Sozialhilferecht, Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsrecht, Dienst- und Disziplinarrecht, Vergaberecht, Maßnahmenbeschwerden. Sie sehen, da geht es an die Substanz jener Dinge, mit denen die Stadt Wien regelmäßig beschäftigt ist. Nicht immer sind die Entscheidungen einwandfrei, das zeigt auch die Statistik. Das Verwaltungsgericht Wien anzurufen, ergibt relativ einen Erfolg für den Beschwerdeführer in Verwaltungsstrafverfahren fast in der Hälfte aller Beschwerdefälle. In 20 Prozent der Fälle kommt es zu einer Einstellung des Strafverfahrens, zu einer Herabsetzung auch in 20 Prozent, zu einer Verjährung in 2,86 Prozent der Fälle. Und in Administrativverfahren ist es so, dass man sagen kann, na ja, zu einem Drittel sind die Beschwerden erfolgreich, in etwa. Das heißt, so gut der Magistrat auch oft arbeitet - so wie jede Behörde, wie jedes Gericht, wie jede Verwaltungseinheit -, passieren auch Fehler, und es ist notwendig, hier eine Kontrolle durch ein unabhängiges Gericht zu haben. Personell ist es schwieriger geworden. Es gibt nach wie vor 83 richterliche Dienstposten, doch es stehen tatsächlich auf Grund von Verzögerungen bei Nachbesetzungen, Pensionierungen, Kinderbetreuung, Langzeitkrankenständen viel weniger Vollzeitäquivalente zur Verfügung. Waren es im Jahr 2014 noch 75,5 voll judizierende Richter, so waren es 2015 nur noch 70. Die müssen jetzt die Arbeit bewältigen, die mehr geworden ist und nicht weniger geworden ist. Sie ist aus einem vermeidbaren Grund mehr geworden: weil der Verfassungsgerichtshof in der Zwischenzeit erkannt hat, dass die Rechtspfleger eben doch nicht so umfangreich eingesetzt werden können. Wie das die Opposition schon viele Jahre hindurch gesagt hat! Wir haben davor gewarnt, die Rechtspfleger zu umfassend einzusetzen, man hat es trotzdem gemacht. Man ist davon ausgegangen, dass 4.000 Verfahren von den Rechtspflegern erledigt werden können. Jetzt hat uns der Verfassungsgerichtshof gesagt: Nein, das ist nicht möglich in Verwaltungsstrafverfahren, das ist nicht möglich bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung. Im Jahr 2015 gab es dann letztlich statt 4.000 Verfahren, die durch die Rechtspfleger zu erledigen wären, nur noch 1.000 Verfahren, die durch die Rechtspfleger erledigbar sind. Das heißt, die Richter haben 3.000 Verfahren zusätzlich bekommen. Und jetzt kommt die Kritik, die dem Bericht ja auch sehr genau zu entnehmen ist: Es gibt nicht die Flexibilität für das Gericht, um reagieren zu können. Denn wenn ich jetzt weniger Aufgaben für die Rechtspfleger habe, dann wäre es natürlich sinnvoll, in Zukunft mit weniger Rechtspflegern auszukommen und das juristische Personal zu erweitern. Diese effiziente Flexibilität gibt es leider Gottes nicht. Es gab sehr positive Erfahrungen mit den Verwaltungspraktikanten. Absolvierte Juristen konnten so eine Gerichtspraxis wie bei Gericht ein Jahr lang beim Verwaltungsgericht machen. Die haben die Richter stark unterstützt, haben konzipiert, haben Entscheidungsgrundlagen geliefert. Jetzt drohen diese zehn Verwaltungspraktikantenstellen wegzufallen, was natürlich sehr schade ist. Man müsste jetzt das Verwaltungsgericht personell und organisatorisch unterstützen, so wie das dem Bericht auch zu entnehmen ist. Es ist so, dass die Justizverwaltung nicht perfekt organisiert ist, dass es keine klare Abgrenzung der Kompetenzen zwischen dem Präsidenten und dem Magistrat gibt und dass es nur eine Teilselbstständigkeit in der Justizverwaltung gibt. Wortwörtlich ist von einem eingeschränkten Spielraum für die innere Organisationsstruktur und von erheblichen Reibungsverlusten die Rede. Es leiden die Effizienz und die Zweckmäßigkeit. Sehr geehrte Damen und Herren! Das können wir uns nicht leisten, das wollen wir uns nicht leisten. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Was hast du jetzt zitiert?) Ich zitiere die Seiten 10 und 11 des Berichtes: "Justizverwaltung und Arbeitsorganisation". (Abg. Armin Blind: ... muss man gelesen haben!) Das ist umso ärgerlicher, wenn man weiß, welche Arbeitsbelastung von den Richtern und von den Rechtspflegern zu erledigen ist. Wir haben 8.461 offene Rechtssachen, die aus dem Jahr 2014 übernommen werden mussten. Neu anhängig gemacht wurden 15.359 Verfahren. Das heißt, man war mit insgesamt 23.820 anhängigen Verfahren konfrontiert, und das bedeutet bei 70 Richtern, dass 1 Richter pro Arbeitstag 1 bis 2 Verfahren zu erledigen hat. Das ist natürlich schon unglaublich! Also das ist die Erledigung des Einlaufes, das Lesen der Beschwerden und der Anträge, das Anberaumen von Verhandlungen, das Durchführen von Verhandlungen - oft sind mehrere Verhandlungen in einer Angelegenheit notwendig -, Prüfung der Sach- und Rechtslage, und dann muss noch eine Entscheidung getroffen werden. Das alles soll sich an einem Tag ausgehen pro Verfahren! Da kann man nur sagen, das ist wirklich eine tolle Sache. Denn es ist sich eigentlich im Großen und Ganzen ausgegangen, weil es das Verwaltungsgericht ja sogar geschafft hat, den Rückstand abzubauen. Es sind jetzt weniger Verfahren offen, als das noch vor einem Jahr der Fall war. Umso bedenklicher ist es, wenn in Wien die Ernennung der Richter in einer anderen Art und Weise erfolgt, als das bei den anderen Landesverwaltungsgerichten der Fall ist, und auch anders, als das beim Bundesverwaltungsgericht der Fall ist. Nämlich, dass man - so hat man den Eindruck, zumindest was das Jahr 2015 betrifft - sich an die Personalvorschläge des Personalausschusses grundsätzlich nicht hält und der Magistrat glaubt, dass er die Richter in seinem Sinne besetzen muss, unabhängig von den Dreiervorschlägen des Gerichtes. Der Personalausschuss macht sich das nicht leicht. Der Personalausschuss des Gerichtes besteht aus fünf von der Vollversammlung gewählten Richtern, dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten, insgesamt sieben Personen. Die führen Gespräche mit den Personen, die sich bewerben zu Richtern, und es gibt dann für jede Stelle, die zu besetzen ist, einen Dreiervorschlag. So waren auch - mein Vorredner hat es schon besprochen, da dies aber ein derart einschneidendes Ereignis ist, möchte ich es wirklich wiederholen - per September des Jahres 2015 vier Richterposten zu besetzen. Es gab vier Dreiervorschläge, gereiht von eins bis drei, zwölf Personen. Das Amt der Landesregierung beziehungsweise die Landesregierung haben von diesen zwölf Personen dann tatsächlich nur einen Bewerber genommen. Also bei einer Besetzung von den vieren wurde einer der drei Vorschläge aufgegriffen, und bei den drei übrigen Dienstposten wurde eine Person genannt, die sich überhaupt nicht auf dem Dreiervorschlag befunden hat, also auch nicht auf Platz 2 oder auf Platz 3. Das ist etwas, was in der Justiz gänzlich unüblich ist! Man sollte sich halt in Wien daran gewöhnen, dass es auch ein Gericht gibt, das die eigenen Entscheidungen überprüft und kontrolliert, und dass dieses zumindest in diesen Angelegenheiten der Ober ist und der Magistrat der Unter. Man will das nicht wahrhaben und möchte daher in Budgetangelegenheiten und Personalangelegenheiten nach wie vor das letzte Wort haben, um zu zeigen, wer der Stärkere ist, und um ein bisschen klar zu machen, dass es hier nach wie vor eine Abhängigkeit vom Magistrat gibt. Ich will aber nicht schwarzmalen, sondern auch mit dem Positiven schließen. Tatsächlich gab es im März 2016 - das fällt nicht in den Bericht 2015 - wiederum eine Richterbesetzung, und hier hat sich die Landesregierung an den Dreiervorschlag gehalten. Ein Lichtblick, aber bitte, es ist das, was zuletzt feststellbar war, immerhin! Insgesamt gibt es eine positive Entwicklung, die mir vielleicht alle bestätigen können, die die Geschichte des UVS seit dem Präsidenten Moser kennen, als noch die Richter der Vollversammlung zum Verfassungsgerichtshof gegangen sind, um dort seine Geschäftseinteilung zu bekämpfen. Ich habe schon den Eindruck, mit der bundesweiten Einführung der Landesverwaltungsgerichte kehrt auch in Wien die Normalität ein, haben wir wieder ein bisschen - ein bisschen! - mehr Hoffnung auf Rechtsstaatlichkeit und Kontrolle in unserer schönen Stadt. Ich möchte also mit diesem Optimismus und mit einem Dank an das Verwaltungsgericht Wien enden und darf mich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, bedanken, bei den Richtern, den Rechtspflegern, den Mitarbeitern, die unter schwierigen Bedingungen ganz tolle Arbeit leisten. Sehr geehrte Damen und Herren hier in diesem Haus: Tragen wir das Unsere dazu bei, damit dieses Gericht, damit diese Behörde noch effizienter, noch reibungsloser arbeiten kann! Mehr können wir ohnehin nicht tun, der Rest passiert Gott sei Dank bei diesem hervorragenden Gericht. Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Klubobmann Abg. Ellensohn. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Präsident! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fülle der Verwaltungsübertretungen ist tatsächlich in Österreich vielfältig. Das wurde auch jetzt von beiden Vorrednern betont. Ich greife eines auf, nur zum Sehen, womit man sich herumschlagen muss in ganz Österreich, nicht nur in Wien. Herr Ulm hat von Verkehrsproblemen und Führerscheinen gesprochen. Wir haben ja gerade aktuell wieder Politiker, die ihre Führerscheine verlieren. Der FPÖ-Landtagsabgeordnete mit 2,0 Promille, glaube ich, unterwegs auf der ... (Abg. Mag. Manfred Juraczka: ... mit den GRÜNEN diskutieren über das Thema! - Abg. Dominik Nepp: Was war denn bei Ihnen in der Donaustadt?) Unterwegs auf einer Donaubrücke, wo dann das Auto so drüberfahren muss. Er hat dann eh probiert, umzudrehen, es ist sich nicht ausgegangen. (Abg. Armin Blind: Wie schwierig ist es eigentlich, hier einmal sachlich zu sein?) Das ist sachlich! Es tut mir leid. Es ist halt immer wieder, wenn etwas in der Zeitung steht, Sie haben ja gestern auch ... (Zwischenruf von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Sie haben ja gestern auch - ich komme schon dazu, es ist nur die Einleitung. Immer nervös! Wenn man einen FPÖler dessen bezichtigt, was er tut, sind Sie nervös. (Abg. Armin Blind: Wenn man zu faul zum Lesen ist ...) Ist es wahr, dass Ihr - was ist er? - Klubobmann-Stellvertreter und Landtagsabgeordneter und Sicherheitssprecher mit 2,0 durch die Gegend flitzt auf einem Radweg? Es gibt schon eine Radbenützungspflicht Radwege, aber doch nicht für die Autos. Fährt er quer über die Donaubrücke drüber! Gut, er hat eh keinen Führerschein mehr, vielleicht richtet er nichts mehr an, gemeinsam mit dem Herrn ÖVP-Bürgermeister aus Thaya. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das sind dann Fälle, die nicht in Wien beim Verwaltungsgericht landen, sondern vielleicht in Niederösterreich, falls sich dann jemand traut, dort dagegen einzuschreiten. Ich glaube, die FPÖ will nur nicht, dass wir jetzt auch noch über den Dobernig reden, der acht Monate unbedingt hinter Gitter kommt. (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Was hat das mit dem Verwaltungsgericht ... - Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Es tut mir leid! Es tut mir leid, aber es ist halt immer wieder, wenn man da hinauskommt, jeden Monat ... Ich habe es ja damals gesagt, man muss nicht lange warten, Sie bringen immer einen Fall dazu zu dieser Verbrecherliste. Aber er hat eh 16 Monate bedingt und nur 8 Monate unbedingt. Von all diesen Verfehlungen leite ich ab, dass es eben wichtig ist, dass sämtliche Gerichte, die wir haben, gut arbeiten. Denn auf die Politiker, zumindest von Blau, kann man sich nicht verlassen, deswegen müssen andere diese Aufgaben übernehmen. Zum Beispiel das Verwaltungsgericht Wien, das tatsächlich sensationell ist, finde ich nämlich - wurde vorher erwähnt. Am Anfang des letzten Jahres, zu Beginn des Berichts, waren es noch 16.000 Verfahren, und sie haben so viele Verfahren offen gehabt. Sie haben so viele offen gehabt, dass jetzt 1.000 weniger offen sind. Sie haben es offensichtlich tatsächlich geschafft - Herr Wiederkehr hat gemeint, mit zu wenig Personal geschafft -, einen Rückstand abzuarbeiten. Es sind, glaube ich, noch 7.500 oder ähnlich offen, und die, die halt laufend dazukommen. Der große Bogen geht ja tatsächlich von kleineren Dingen, sage ich jetzt, wie Ausweiskontrolle beim Verlassen der S-Bahn-Station - darf man da kontrollieren oder nicht? Man darf übrigens nicht. Bei der U-Bahn schon, bei der S- Bahn nicht. Damit schlägt sich dann das Verwaltungsgericht herum, aber auch mit größeren Sachen wie Vergaben von U-Bahnen und von den Straßenbahnen. Oder mit ganz groben Verletzungen, wo es einen Mord gegeben hat von einem tschetschenischen Dissidenten, der hier berechtigt Asyl hatte. Wo das Bundesministerium für Inneres ausgelassen hat, den Schutz nicht gewährleisten konnte und der Mann leider in Wien ermordet wurde. Bis hin zur Misshandlung einer Wienerin durch die Polizei am Schwedenplatz - wer sich erinnert: in der Silvesternacht 14/15. Das fällt gerade ganz in den Beginn dieses Berichts hinein, wo allerdings das Verwaltungsgericht nicht zuständig ist. In der praktischen Arbeit werden wir heute, nämlich gleich beim nächsten Tagesordnungspunkt, sehen, wozu uns das Verwaltungsgericht auch bringt. Ich bedanke mich dafür, dass Lücken in unserem System aufgezeigt werden, nämlich im Wettengesetz, zum Beispiel. Diese Lücken werden dann von uns umgehend geschlossen. Das machen wir innerhalb der nächsten Stunde beim Wettengesetz, wo die letzte Verschärfung des Wettengesetzes nicht ausgereicht hat und offensichtlich eine Lücke entstanden ist: Was dürfen wir mit den beschlagnahmten Wettautomaten machen? Das werden wir heute noch etwas präzisieren und weiter verschärfen, damit beim Wetten und beim Glücksspiel Ordnung und Sicherheit in Wien herrschen. Bis jetzt hat die Polizei Wettautomaten, die sie beschlagnahmt hat, wieder - teilweise zumindest - zurückgeben müssen. Das wird mit dem neuen Gesetz, das wir dann im Anschluss beschließen, nicht mehr notwendig sein. Ich hoffe, dass das Verwaltungsgericht in Wien so weiterarbeiten kann, dass der Rückstand noch weniger wird. Das kann man Ihnen nur wünschen. Ich hoffe auch, dass das Personal, das bis jetzt so gut gearbeitet hat, das auch weiterhin schafft. Und die Richterbestellungen: Da bin ich ganz beim Herrn Ulm. Es scheint so zu sein, dass auch da gemeinsam alle sagen, das ist eine positive Entwicklung. Immer gut, die positive Entwicklung, gilt für alle anderen Punkte auch, wünsche ich mir auch in dem Bereich. Vielen Dank für Ihre Arbeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Mag. Kowarik. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident Dr. Kolonovits! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren! Vielleicht arbeite ich das Einfachste gleich am Anfang ab, nämlich meinen Vorredner: Herr Kollege, wenn Sie zur Sache nichts zu sagen haben, wozu melden Sie sich dann überhaupt? Dann lassen Sie den Kollegen Margulies oder sonst irgendwen sprechen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Ich werde noch näher darauf eingehen. Herr Kollege, hätten Sie den Bericht auch nur ein bisschen gelesen, dann hätten Sie den Hilferuf dieses Gerichtes einmal feststellen können, wie es da wirklich zugeht. Aber Sie schwafeln da irgendetwas daher, was überhaupt nichts mit diesem Bericht zu tun hat! Wenn Sie das ernst meinen, was Sie da immer sagen, dann haben Sie dafür zu sorgen - Sie sind Regierungsfraktion -, dass dieses Gericht ordentlich arbeiten kann. Lesen Sie den Bericht: Es ist nicht so! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Andererseits hätte es mich ja auch überrascht, wenn von der Seite jemals irgendetwas Sinnvolles gekommen wäre. Also das kann man, glaube ich, somit gleich abhaken: Ellensohn, die Hundertste. Meine Damen und Herren! Kommen wir zum wichtigen Teil meiner Rede, nämlich zum Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtes. Meine Kollegen von den Oppositionsfraktionen haben schon einiges gesagt und sehr viel Richtiges gesagt. Kollege Wiederkehr und Kollege Dr. Ulm haben schon angemerkt, was in diesem Tätigkeitsbericht in Wirklichkeit das Wichtige ist. Noch einmal: Wenn man sich die Mühe macht, das durchzulesen - eigentlich braucht man nur die Vorbemerkung durchzulesen, den ersten Absatz der Vorbemerkung, dann kriegt man schon einen Satz, der eigentlich alles aussagt, worum wir heute diskutieren sollten. Ich lese Ihnen das vor, damit Sie es auch einmal hören: "So konnten im Berichtszeitraum Verfahrensverzögerungen weitgehend noch vermieden werden. Allerdings bestehen die strukturellen Probleme des gegenwärtigen, durch den Gesetzgeber" - hallo, hier, Landtag! - "und durch die Ausstattung mit Personal durch das Amt der Wiener Landesregierung" - Frau Berichterstatterin, Sie werden uns dann hoffentlich etwas dazu sagen - "vorgesehenen Organisationskonzeptes weiter fort." Also, diesen Satz sollte man verinnerlichen und sich einmal überlegen, was das bedeutet. Ich lese weiter: "Um eine effiziente Arbeitsorganisation des Gerichtes zu gewährleisten, erscheint daher nach Auffassung der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtes Wien eine Überarbeitung des bestehenden Organisationskonzeptes unter Einbindung der Richterschaft und der nicht-richterlichen Bediensteten dringend erforderlich." Meine Damen und Herren! Ja, das ist dringend erforderlich, und in diesem Bericht steht ja nicht irgendetwas, sondern ich sehe das, was da steht, als einen Hilferuf und eine Kritik an die Politik, hier Maßnahmen zu setzen beziehungsweise auch Maßnahmen zu unterlassen - wir kommen noch dazu -, damit das Gericht ordentlich arbeiten kann. Dabei geht es nicht um irgendwelche lustigen Geschichten etwa im Hinblick darauf, wer da irgendwo - ich weiß nicht - in Niederösterreich mit dem Auto gefahren ist. Falls es jemand noch nicht weiß - und ich gehe davon aus, dass es "derjenige, welcher" noch nicht weiß -, sage ich: Hier geht es um ein Gericht, und das ist das einzige Gericht, für das das Land Wien die Verantwortung hat, und zwar sowohl in Ausstattung des Gesetzes und in Ausstattung der personellen Mittel und der Budgetmittel. Und dass das offensichtlich nicht funktioniert, liegt ja schwarz auf weiß für alle, die lesen können, vor. Dieser Bericht ist sehr aufschlussreich. Es wird dezidiert die Arbeitsweise dargestellt, und es werden auch sehr viele Probleme tatsächlich benannt. Wir haben schon gehört: Es gibt einerseits die strukturellen Probleme, die vor allem den Gesetzgeber betreffen, da der Gesetzgeber - also wir, der Wiener Landtag - es offensichtlich noch nicht geschafft hat, ein ordnungsgemäßes Gesetz auf den Weg zu schicken beziehungsweise das Gesetz endlich entsprechend anzupassen. Ich habe es schon öfter hier an dieser Stelle gesagt, meine Damen und Herren: Diese Wiener Gesetzeswerdung ist wirklich kein Ruhmesblatt für unsere Gesetzgebungskörperschaft. Allein im Hinblick auf das VGWG sind inzwischen drei Mal Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof gehoben worden. - Es ist wirklich erstaunlich, das man so etwas - unter Anführungszeichen - zusammenbringt! Insgesamt hat es, glaube ich - ich müsste jetzt nachschauen -, sechs Novellierungen beziehungsweise sechs Änderungen gegeben, sagen wir es so. Es gab sechs Änderungen des Gesetzes in dieser kurzen Zeit! Schauen Sie in die Bundesländer, meine Damen und Herren: Dann werden Sie sehen, dass das sonst nicht der Fall ist! Dort haben sie es zusammengebracht. Ich habe an dieser Stelle auch schon öfters gesagt: Das war ja auch die Vorgabe des Nationalrats. Es hat dazu damals auch einen Entschließungsantrag aller Fraktionen gegeben, dass man darauf drängen soll und dass es der Wille des Nationalrats ist, dass die Gerichtsorganisation in allen Bundesländern möglichst gleich ist, was ja auch logisch ist, denn sonst macht das keinen Sinn! Föderalismus ist gut, aber nicht immer, denn es macht wohl keinen Sinn, dass wir in neun Bundesländern neun verschiedene Regelungen für die Landesgerichte haben. Welchen Sinn soll das denn machen? - Keinen! Der Rechtsunterworfene in Österreich hat das gleiche Problem damit, wenn in Vorarlberg die Baugenehmigung nicht hinhaut und er sich dadurch beschwert fühlt, wie in Wien. Es handelt sich ja an und für sich um den gleichen Vorgang, und der Nationalrat hat das auch in einem einstimmigen Entschließungsantrag ausgesprochen. Wer aber hat es nicht geschafft, das entsprechend umzusetzen, meine Damen und Herren? - Die rot-grüne Mehrheit in diesem Haus! Daher muss man dann natürlich mit irgendwelchen sehr gescheiten Geschichten ablenken, das ist klar! Wie gesagt: Es kommt kein Wort über diese Probleme, die das Gericht anspricht. Nicht nur ich und die Opposition sprechen das nämlich an, sondern das Gericht spricht das selber an. Herr Kollege! Ist Ihnen das nicht aufgefallen? - Offensichtlich nicht! Wie gesagt: Das nächste Mal lassen Sie Kollegen Margulies sprechen. Welche Probleme gibt es, meine Damen und Herren? - Wir haben in der Junisitzung dieses Landtages eine Änderung des Dienstrechtsgesetzes dieses Gerichtes vollzogen. Das ist hier noch nicht berücksichtigt, das muss man sagen, es ist da also etwas geschehen, allerdings nur in einem kleinen Bereich, aber in einem entscheidenden Bereich. Es ist aber - entschuldigen Sie den Ausdruck! - rechtsstaatlich ausgesprochen problematisch, dass die Gemeinde in ihrem eigenen Wirkungsbereich dienstrechtliche Angelegenheiten des Gerichts erledigt, meine Damen und Herren! Das ist auch einmalig, das gibt es beziehungsweise hat es Gott sei Dank - inzwischen haben wir ja unsere Zustimmungen auch mit erteilt - auch nur in Wien gegeben! Und das zieht sich durch. Wir haben heute schon gehört, dass auch § 3 unseres Wiener Verwaltungsgerichtsgesetzes interessant ist, gemäß welchem wir hinsichtlich der Findung der Richter zusätzlich zum Dreiervorschlag des Personalausschusses auch noch diese Kommission - ich glaube, so heißt es im Gesetz, ich müsste jetzt nachschauen - haben, die sehr unbestimmt normiert ist. Das ist, wie gesagt, auch interessant! Was steht da? - "Die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes Wien ernennt die Landesregierung nach vorausgegangener allgemeiner Bewerbung und Begutachtung durch eine Kommission, der Vertreterinnen oder Vertreter aus Gerichtsbarkeit, Wissenschaft und Verwaltung angehören." - Eine solche Bestimmung ist einmalig in einer Gerichtsorganisation in Österreich! So eine Bestimmung ist einmalig, das werden Sie sonst nirgends finden! Wo finden wir das aber? - In Wien! Ich habe hier schon einmal darüber gesprochen. Ich zitiere weiter § 3: "Sie hat, soweit es sich nicht um die Stelle der Präsidentin beziehungsweise des Präsidenten oder der Vizepräsidentin beziehungsweise des Vizepräsidenten handelt, für Ernennungen, die nach dem 1. Jänner 2014 erfolgen, im Wege des Amtes der Wiener Landesregierung Dreiervorschläge des Personalausschusses einzuholen." - Also immerhin müssen wir dann doch auch das Gericht ein bisschen fragen: Was meint ihr? Wir haben schon gehört - ich wiederhole das jetzt nicht -, wie das teilweise geschehen ist: Es wurde halt nicht wirklich berücksichtigt, was das Gericht zur Richterbestellung sagt. - Das ist kurios, das gibt es nur in Wien! Sie können mir nicht erzählen, dass das sonst noch irgendwo der Fall ist! Das wird auch angesprochen. Wenn man sich ein bisschen auf die Sitzung vorbereitet, kann man auch im Internet unter "www.verwaltungsrichter.at" nachschauen, das ist öffentlich für jeden Menschen auf der ganzen Welt einsichtig. Da kann man lesen - ich darf zitieren, das ist natürlich bundes-verfassungsgesetzlich geregelt -: "Das im Bundes- Verfassungsgesetz vorgesehene Selbstergänzungsrecht der Verwaltungsgerichte scheint an sich klar zu sein: Die Landesregierung hat von der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtes oder einem aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss" - Klammer auf: Personalausschuss - Klammer zu - "Dreiervorschläge einzuholen." Ich zitiere weiter: "Das Land Wien sieht diese verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht so eng. Das Wiener Landesgesetz sieht vor, dass die Bewerbungen zuerst vom Amt der Wiener Landesregierung - also von der vom Verwaltungsgericht Wien kontrollierten Behörde - zu begutachten und nach Maßgabe der höheren Befähigung und besseren Verwendbarkeit zu reihen sind. Diese ‚Vorauswahl' wird dann samt Bewerbungsunterlagen dem Personalausschuss übergeben. Die auf dieser Basis vom Personalausschuss erstellten Dreiervorschläge sind gemeinsam mit der von der Behörde erfolgten Reihung der Landesregierung vorzulegen. Diese ist an keinen der Vorschläge gebunden." Und so weiter, und so fort. Wie dann diese Vorauswahl beim Amt der Wiener Landesregierung funktioniert, ist auch nachzulesen, auch das ist kein Geheimnis. Ich zitiere da nicht irgendwelche geheimen, vertraulichen Akten, sondern Sie können das selber auf der Homepage nachlesen. Ich darf weiter zitieren: "Die Vorauswahl des Amtes der Landesregierung erfolgte nach einem vorangehenden, vom Magistrat erstellten PC-Test durch eine Kommission, deren Zusammensetzung rechtlich nicht näher geregelt ist." - Ich habe es Ihnen schon vorgelesen. - "In dem PC-Test wurden neben, das Verwaltungsgericht Wien nicht betreffende, Fragen der Finanzverfassung und des Finanzausgleichs auch Fragen zu Verfahren nach dem Wiener Abgabenrecht gestellt. Für diese Beschwerdeverfahren ist das Verwaltungsgericht Wien seit Anfang 2014 allerdings nicht mehr zuständig." So wird also die Auswahl getroffen beziehungsweise wird dieses Hearing oder wie auch immer man das nennen soll von der Wiener Landesregierung vorgenommen! Das ist kurios, meine Damen und Herren! Das sagt jetzt nicht der Kowarik, beziehungsweise der sagt es auch, aber das können Sie nachlesen, wenn Sie es nicht glauben! Diese gesetzlichen Bestimmungen sind also ungenügend. Und warum sind die gesetzlichen Bestimmungen noch ungenügend? - Das finden wir auch wie einen roten Faden in dem Bericht. Verzeihen Sie mir die saloppe Ausdrucksweise, aber das Verwaltungsgericht Wien kracht wie eine Kaisersemmel. Sie pfeift aus dem letzten Loch, um das jetzt einmal so salopp, aber doch dramatisch zu sagen. - Die Ausstattung mit Budget und Personal ist enden wollend. So habe ich das zumindest herausgelesen, und nicht nur ich, sondern ein Teil meiner sinnvoll redenden Vorredner auch. Was ist das Problem? - Es wäre noch kein Problem, dass unser Land Wien für das Gericht zuständig ist. Wir haben ein Gericht, für das wir zuständig sind. Der Bund hat sehr viele andere Gerichte, für die er zuständig ist, wir haben eines, nämlich das Verwaltungsgericht Wien, aber da schaffen wir es nicht. Wir sind für die finanzielle Ausstattung zuständig, als Landtag sind wir hier auch für die Gesetzgebung zuständig, und als Gemeinderat sind wir in Wirklichkeit für die finanzielle Ausstattung im Zuge unserer Budgetvoranschläge zuständig. Was ist aber das Problem? - Es gibt keine Budgethoheit des Gerichtes. Wir wissen, beziehungsweise wissen es hoffentlich zumindest einige hier im Haus: Gerichte sind vor allem dann Gerichte in unserem rechtsstaatlichen Verständnis, wenn sie unabhängig sind, wenn sie unabhängig agieren können. Es ist durchaus ein Problem, wenn ein Gericht bei der Stelle, die sie eigentlich prüfen muss, beim Magistrat, dann um Geld betteln muss und keinerlei Budgethoheit hat. Das heißt, das Gericht bekommt ein Budget zugeteilt, und wir als Gemeinderäte - nicht als Landtagsabgeordnete - haben das im Budgetvoranschlag zu beschließen. Aber, meine Damen und Herren, es hat auch schon Kollege Wiederkehr angemerkt, dass wir gar keine Möglichkeit haben, aus diesem Budgetvoranschlag herauszulesen, welcher Betrag für das Verwaltungsgericht bestimmt ist. Das ist nicht möglich. Mir ist es jedenfalls nicht möglich, und wenn es Ihnen möglich ist, dann zeigen Sie mir, wie das geht! Ich habe versucht, das im Vorfeld zu schaffen. Es geht um die Gruppe 0, dorthin gehört das Verwaltungsgericht. Wenn Sie im Budget nachschauen, dann finden Sie diverse Budgetposten, und es gibt da einen Sammelansatz "Leistungen für Personal" an der Haushaltsstelle 0260, und unter Sammelnachweis "Leistung für Personal" sind für 2016 insgesamt 130,883.000 EUR budgetiert. - Damit wir uns jetzt aber nicht falsch verstehen: Das ist nicht der Betrag nur fürs Gericht, das wäre fast schon zu viel! Nichts für ungut, Herr Präsident! Das ist vielmehr der gesamte Sammelansatz für die Personalausstattung der Magistratsdirektion. Es ist also den Gemeinderäten nicht möglich, daraus heraus zu lesen, wie viel tatsächlich für das Verwaltungsgerichtbudget vorgesehen ist, und das ist ausgesprochen unbefriedigend für uns, die wir dieses Budget beschließen müssen, meine Damen und Herren! Daher hier die Aufforderung, dass man das vielleicht ausweist! Das geht ja relativ einfach, das gibt es auch bei anderen Punkten. Beim Budgetposten "Geringwertige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" hat man auch drei Unterscheidungen vorgenommen. In diesem Sinne wäre es auch schön, wenn man zumindest die Kontrolleinrichtungen gesondert ausweist! Das betrifft genauso das Kontrollamt beziehungsweise - Entschuldigung - den Stadtrechnungshof. Aus diesem Posten kann man auch nicht herauslesen, wie viel dieser bekommt. Es mangelt an Transparenz. Es mangelt an der Budgethoheit des Gerichtes. Seitens des Gerichts kann man, wenn man einen Dienstposten ausschreiben will, auch wenn es sich um eine Hilfskraft handelt, das nicht selber tun, sondern muss bei der Magistratsdirektion - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! - anfragen und bitten, dass der entsprechende Posten ausgeschrieben wird. Frau Stadträtin! Ich hoffe, als Berichterstatterin werden Sie mir dann hoffentlich erklären, ob das sinnvoll ist! Ich glaube nicht, dass das für die Unabhängigkeit eines Gerichtes zuträglich ist, aber das muss es sein! (Beifall bei der FPÖ.) Welche Möglichkeiten gäbe es? - Der Kollege hat schon gesagt, dass wir eben ein Budget zur Verfügung stellen, wie das auch bei anderen Gerichten geschieht. Diese bekommen ein Budget zugeordnet, das auch ausgewiesen ist und das die Gemeinderäte nachvollziehen können. Damit hat dann das Gericht zu arbeiten und hat darüber Rechenschaft abzulegen. Es gäbe noch eine zumindest kleine, relativ einfache Möglichkeit, denen zu helfen: Der Stadtrechnungshofdirektor kann immerhin einen Vorschlag machen. § 73 Abs. 1 der Wiener Stadtverfassung lautet: "Auf seinen Vorschlag" - nämlich auf Vorschlag des Stadtrechnungshofdirektors - "sind dem Stadtrechnungshof die zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen Personal- und Sachmittel zuzuteilen." - Der Stadtrechnungshofdirektor kann also wenigstens einen Vorschlag betreffend Zuteilung machen. Das wäre der erste Schritt, dass auch der Gerichtspräsident einmal sagen kann: Bitte schön, das brauchen wir! Das ist also sehr, sehr, sehr unbefriedigend. Diese strukturellen Probleme bestehen, und diese sind, wie gesagt, mit einer unabhängigen Gerichtsorganisation nur schwer in Übereinklang zu bringen, meine Damen und Herren. Meine Damen und Herren! Was haben wir noch? Was blüht uns? Sagen wir es einmal so. - Wir kennen jetzt das Bemühen des Magistrates beziehungsweise der Stadtregierung - so wurde es kolportiert -, magistratsintern Einsparungsmöglichkeiten zu finden. Dabei besteht die Gefahr, meine Damen und Herren, dass mit dem Rasenmäher sozusagen über alle Abteilungen und Budgetposten drübergefahren wird und bei jedem zum Beispiel gesagt wird: Du musst jetzt zwei Dienstposten einsparen! Du musst da Geld einsparen! Meine Damen und Herren! Ich warne davor, dass das bei diesem Gericht geschieht! Das wäre, glaube ich, wirklich ein Bärendienst an der Rechtsstaatlichkeit. Das darf nicht passieren, meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass das die Wiener Stadtregierung verinnerlicht, sich den Bericht vielleicht noch einmal durchliest und die Finger davon lässt, da Geld wegzunehmen. Das Gegenteil wäre notwendig! Meine Damen und Herren! Noch einmal: Was wir hier besprechen, ist nichts Abstraktes. Ich weiß: Das Thema ist ein bisserl sperrig, damit wird man kaum Schlagzeilen in diversen Medien produzieren. Allerdings wäre das durchaus gerechtfertigt, denn ich meine, hier geht es um eines der höchsten Güter der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltentrennung. Dass das hier in unserer Stadt und unserem Land funktioniert, liegt in unserer Verantwortung als Landesgesetzgeber beziehungsweise als Gemeinderat bei der Zurverfügungstellung des Budgets, meine Damen und Herren. Auf Kollegen Ellensohn kann ich schwer eingehen, aber ich möchte jetzt kurz auf das eingehen, was Kollege Margulies beim letzten Mal gesagt hat. Ein Punkt dazu vorab: Der Tätigkeitsbericht ist am 29. April abgeschlossen worden beziehungsweise ist der Brief vom 29. April an das Land Wien gegangen. So weit ist ja der Aktengang vom Verwaltungsgericht zum Landtag nicht. Wir verhandeln jetzt am 30.9. diesen Bericht. Warum eigentlich erst so spät? Ich darf Sie erinnern: Letztes Mal haben wir schon im Juli darüber verhandelt, wir haben also bei der letzten Sitzung vor dem Sommer am 2.7.2015 den damaligen Bericht verhandelt. Jetzt verhandeln wir erst am 30.9.2016. Vielleicht hängt das auch mit der damaligen am 30.6. dieses Jahres vorgenommenen Novellierung des Dienstrechtsgesetzes zusammen! Vielleicht wäre es da nicht ganz so schön gewesen, wenn man mit dem Tätigkeitsbericht vorgeführt bekommt, woran es alles mangelt! Das soll so sein, es sei dahin gestellt. Jetzt verhandeln wir das halt heute. Kollege Margulies! Ich habe mir das durchgelesen, was damals besprochen wurde. Teilweise waren die Probleme die gleichen. - Kollege Margulies hat relativ kurz gesprochen und ist auf die Doppelgleisigkeit hinsichtlich dieser Kommission beziehungsweise dieses Personalausschusseses eingegangen und hat das "redundant" bezeichnet. - Herr Kollege! Es ist mehr als das! Und ich hoffe, das jetzt vermittelt zu haben. Ich glaube, dass Sie das auch wissen! Es handelt sich hier um einen Versuch des Magistrates beziehungsweise der Verwaltung, auf das Gericht Einfluss zu nehmen. Es handelt sich dabei um mehr als nur um Doppelgleisigkeiten. Es ist dies der rechtsstaatlich ausgesprochen problematische Versuch, Einfluss zu nehmen. Ich sage es einmal so. Und das gehört saniert. (Beifall bei der FPÖ.) Kollege Stürzenbecher - das muss ich auch gleich dazusagen - hat die sicherlich nicht die ganz einfache Aufgabe, hier die SPÖ-Fraktion zu vertreten, und er kann natürlich nicht so deutliche Worte sprechen wie ein Oppositionspolitiker. Ich denke mir aber, dass er die Problemlagen auch erkennt und bemüht ist, hier eine Verbesserung herbeizuführen. Das ist nicht so einfach, da spielen - wie soll ich sagen? - auch noch andere Bereiche mit, aber das weiß Kollege Stürzenbecher selber wohl viel besser als ich. Nur einen Satz, lieber Kollege. Sag es bitte nicht mehr! - Beim letzten Mal hast du gesagt: "Das ist eine große gelungene Reform, und es ist auch so, dass wir sehr zufrieden darüber sind, dass in unserem Bereich, im Land Wien, wir wirklich sagen können, dass dieses Vorhaben geglückt ist und wir alle stolz darauf sind, dass wir das in die Wege leiten konnten." (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Das kann ich heute wieder sagen!) Also darauf brauchen wir wirklich nicht stolz zu sein, meine Damen und Herren! Darauf brauchen wir wirklich nicht stolz zu sein! Das weist auch dieser Tätigkeitsbericht aus. Ich bin jetzt neugierig auf die Meinung der Mehrheitsfraktion in diesem Haus und was wir jetzt als Replik auf meine Rede hören werden! Ich glaube, wir täten gut daran, uns diesbezüglich wirklich am Riemen zu reißen und hier endlich ernsthaft daran zu gehen, dementsprechende Änderungen vorzunehmen! Diesbezüglich habe ich einen Beschlussantrag vorbereitet, der im Wesentlichen aus dem Bericht des Verwaltungsgerichtes zitiert. - Ich nenne jetzt noch eine Zahl, damit man auch ein bisserl einen Vergleich zu den anderen Bundesländern sieht. Ich weiß nicht, ob es heute schon gesagt wurde: Der Bericht weist aus, dass von den neun Landesverwaltungsgerichten im Jahr 2015 insgesamt 38.191 Rechtssachen entschieden wurden, wovon allein 16.825 Entscheidungen, also rund 43 Prozent, auf das Verwaltungsgericht Wien entfielen. Der größte Aufwand ist also - no na! - hier in Wien. Diese Entscheidungen wurden mit einer richterlichen Personalausstattung des Verwaltungsgerichtes getroffen, die aber nur etwa 26 Prozent des richterlichen Personals aller Landesverwaltungsgerichte beträgt. Wenn Sie diese Zahlen in ein Verhältnis zueinander bringen, dann ist das ist schon ein deutliches Zeichen! - Ja. Es ist richtig: Wir haben auch noch die Landesrechtspfleger, aber deren Arbeit ist - bei aller Anerkennung ihrer Arbeit - nicht zu vergleichen mit der Arbeit eines Richters oder einer Richterin. Es ist also erstaunlich - das wurde schon gesagt -, dass das Gericht in Anbetracht dessen diese Arbeit leisten konnte. In diesem Zusammenhang spreche ich meine persönliche Anerkennung und die Anerkennung meiner Fraktion für diese wunderbar geleistete Arbeit an den Herrn Präsidenten und an die Mitarbeiter dieses Gerichtes aus. Der Beschlussantrag ist an und für sich eine Selbstverständlichkeit. Dass dieser Antrag überhaupt gestellt werden muss, ist genant für unser Haus, das muss ich schon sagen! Aber das ist offensichtlich notwendig, wir müssen halt so arbeiten. Ich kann nicht Einfluss nehmen auf die direkten Entscheidungen der Koalition, ich bin Oppositionspolitiker, daher muss ich mir halt so Gehör verschaffen. Wir stellen den Beschlussantrag: "Die Wiener Landesregierung wird aufgefordert, in enger Zusammenarbeit mit der Richterschaft und den nicht richterlichen Bediensteten des Verwaltungsgerichtes Wien gesetzliche und finanzielle Änderungen im Zusammenhang mit dem Gericht vorzuberaten und entsprechende Gesetzesvorlagen einzubringen. In formaler Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt." (Beifall bei der FPÖ.) Meine Damen und Herren! Vielleicht kommt da noch etwas in der Debatte. Ansonsten darf ich schließen und noch einmal appellieren und darauf aufmerksam machen, dass es hiebei um wirklich entscheidende Angelegenheiten geht. Es geht um das Verwaltungsgericht, es geht um eine Rechtsmittelbehörde. Dieses Gericht muss von uns als Land, als Gesetzgeber und als Gemeinderat strukturell, personell und budgetär bestens unterstützt werden. Daher ersuche ich Sie natürlich, dass Sie diesem Beschlussantrag zustimmen. Dem Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichts werden wir selbstverständlich unsere Zustimmung erteilen, und wir bedanken uns noch einmal herzlich. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Stürzenbecher. Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Landesverwaltungsgerichtes! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Einen Satz brauche ich nicht mehr zu sagen, weil mein Vorredner das schon gesagt hat, und ich danke ihm dafür, dass ich diesen nicht wiederholen muss. Im Prinzip kann man auch beim zweiten Bericht, den der Präsident des Landesverwaltungsgerichts dem Landtag vorlegt, noch einmal kurz darauf eingehen, was denn die Ursache war, dass wir das Landesverwaltungsgericht hier eingerichtet haben. Ich glaube, es war dies wirklich eine der großen Verwaltungsreformen der letzten Jahrzehnte, und sie hat sich im Wesentlichen bewährt. Es kann ja nicht davon abhängen, ob man jetzt 2 Dienstposten mehr oder weniger von rund 100 hat. Die seinerzeitigen Unabhängigen Verwaltungssenate waren schon eine Vorstufe, aber mit diesen Landesverwaltungsgerichten, die ja noch viele andere Kompetenzen dazubekommen haben, hat man es jetzt sicherlich geschafft, das Ziel, den Verwaltungsgerichtshof perspektivisch zu entlasten, zu erreichen. Es war ja eines der drei großen Ziele, dass man noch mehr an Rechtsstaatlichkeit schafft, weil eben Gerichte - zumindest nach der Theorie, aber, wie ich hoffe, auch in der Praxis - noch mehr Rechtsstaatlichkeit garantieren und die Bürgerinnen und Bürger schneller zu ihrem Recht kommen sollen. Zusätzlich ist auch nur in diesem Fall eine gewisse Föderalisierung der Justiz eingetreten, denn sonst ist die Justiz ja zur Gänze Bundesangelegenheit. Ich sage auch nicht immer, dass alles zu uns muss, ich bin kein Föderalismusfanatiker, aber ich sage, es soll dort hinkommen, wohin es am besten passt, und gerade diese Verwaltungsgerichte passen gut zu uns. Daher halte ich es nicht für sinnvoll, das jetzt krankzujammern. Man muss auch die Probleme, die es gibt, durchaus ansprechen, und eines davon ist die Aufhebung der Bestimmungen für die Rechtspfleger, und zwar nicht generell, das muss man auch sagen: Der Verfassungsgerichtshof hat ja zugestimmt, dass auch Bereiche für Rechtspfleger eingerichtet werden. Wir haben sogar Baumschutz und Wohnbeihilfe dazubekommen, aber die Rechtspfleger haben auch einige Kompetenzen verloren. Das heißt, das müssen die Richter jetzt zusätzlich machen. Ob diejenigen, die zum Verfassungsgerichtshof gegangen sind, gut beraten waren, werde ich hier als Abgeordneter sicherlich nicht beurteilen. Das steht mir nicht zu. Jeder kann, wenn er klagslegitimiert ist, zum Verfassungsgerichtshof gehen, er oder sie muss dann natürlich selbst die Konsequenzen mit dem Gewissen vereinbaren, und die Konsequenzen sind im gegebenen Fall - Kollege Ulm hat ja die Zahlen genannt -, dass eben von 4.000 Fällen, von denen man gedacht hat, dass sie abgedeckt werden, derzeit nur 1.000 von RechtspflegerInnen abgedeckt werden. Das ist insgesamt natürlich nicht optimal für das Gericht. Aber ich sage immer: Der Verfassungsgerichtshof und seine Entscheidungen sind so wie ein Schiedsrichterpfiff absolut zu akzeptieren. Das heißt nicht, dass man die Entscheidungen nicht kritisieren darf, sie sind aber absolut zu akzeptieren. Ich sage dazu immer das Bonmot: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. - Man kann also im Vorhinein oft nicht beurteilen, ob etwas halten wird oder nicht. Jedenfalls aber hat der Gesetzgeber hier immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, wenn er die entsprechenden Gesetze beschlossen hat. Soweit ich mich erinnern kann, Kollege Kowarik, haben wir, glaube ich, zumindest die Novellen einstimmig unter Einbindung Ihrer Fraktion beschlossen, und bei der ersten Fassung war es auch so, dass 90 Prozent Ihrer Kritik dem ursprünglichen Entwurf gegolten haben, der wirklich fehlerhaft war. Das kann ich ruhig sagen. Das endgültig beschlossene Gesetz hat dann aber durchaus Hand und Fuß gehabt und hat sich im Großen und Ganzen über weite Strecken bewährt. Diese Sache mit den Rechtspflegern habe ich ausgeführt, und auch die Tatsache, dass der Rückstand 2016 jetzt abgebaut wurde, ist grundsätzlich erfreulich. Ich könnte jetzt noch sehr viele Zahlen vorlesen, die im Bericht enthalten sind und die teilweise aber schon meine Vorrednerinnen und Vorredner vorgelesen haben. Die Tatsache, dass es 70 voll judizierende RichterInnen gibt, obwohl man 83 richterliche Dienstposten hat, ist schon eine ziemliche Beeinträchtigung. Vielleicht kann man auch durch organisatorische Maßnahmen hier gewisse Verbesserungen erreichen. Was natürlich auch im Bund nicht der Fall ist, weil der Bund von der Opposition immer als angeblich vorbildhaft in der Justiz vorgeführt wird: Auch beim Bund beschließt, formal gesehen, der Nationalrat das Justizbudget, und de facto spielt natürlich der Finanzminister im letzten "Beichtstuhlgespräch", wie es so oft heißt, gegenüber den jeweiligen Ministern doch sehr deutlich seine Kompetenz aus, die er einfach de facto hat. Aber formal beschließt natürlich der Nationalrat diese Justizbudgets. Die Forderung, die Sie stellen, dass quasi die Justiz auch in budgetären Fragen autonom sein soll, wird von einigen wenigen Richtern vertreten, das ist aber im Bund absolut nicht der Fall. Ganz im Gegenteil! Im Bund ist es ja so, dass, wenn man die Kosten für die Strafvollzugsanstalten wegrechnet, die Justiz sogar quasi eine Melkkuh ist, die mehr an Gerichtsgebühren und sonstigen Einnahmen dem Gesamtbudget zur Verfügung stellt, als sie selbst bekommt, wenn man - wie gesagt - die Strafvollzugsanstalten wegrechnet. Das ist also die dortige Situation, und ich möchte nicht, dass immer gesagt wird, dass dort etwas ganz anderes, Wunderbares gemacht wird und wir davon abweichen, denn so ist es natürlich nicht. Auch bei der Personalbesetzung war es so, dass 2016 alle Personen aus diesen Vorschlägen der Personalkommission genommen wurden. Wenn es der Gesetzgeber auf Basis des Verfassungsgesetzgebers als wünschenswert erachtet hätte, dass die Auswahl grundsätzlich ausschließlich aus den drei Vorschlägen der Personalkommission erfolgt, dann hätte er es so festgelegt, das hat er aber nicht getan, folglich ist es grundsätzlich legitim, dass in Ausnahmefällen auch anders vorgegangen wird. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das gibt es nur bei uns! Eine solche Kommission finden Sie sonst nirgendwo!) Ich kenne auch bei Gerichten Fälle, in denen man einen Vierten dazunimmt und dann die Viertgereihten nimmt. Das habe ich in der Justiz auch schon erlebt. Jedenfalls läuft bei uns aber alles streng rechtsstaatlich ab, und die Fälle 2016 sind sozusagen der Normalfall. - Das sei auch einmal gesagt. Ich möchte dem Präsidenten und natürlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesverwaltungsgerichts danken, die unter sehr großen Anstrengungen sehr viel zur Rechtsstaatlichkeit in Wien beitragen. Es freut mich, dass es auch 24 fachkundige LaienrichterInnen gibt, weil ich glaube, dass Laienrichter im Rahmen einer demokratischen Justiz immer auch ein wichtiger Faktor sind und es dort nicht nur Fachleute geben soll. Auch erwähnen möchte ich, dass ich glaube, dass die Verfahrensdauer mit 147 Tagen, was im Durchschnitt weniger als 5 Monate sind, akzeptabel ist, bezeichnen wir es einmal so. Wäre es noch kürzer, dann wäre es noch besser, aber es gibt durchaus andere Gebietskörperschaften von anderen Ländern oder Staaten - von diesen will ich jetzt gar nicht reden -, bei denen Entscheidungen dieser Art sehr, sehr viel länger dauern. - In diesem Sinne danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich, dass sie die Verfahren so schnell fertigbringen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich glaube, dafür haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchaus einen Applaus verdient! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Es sind auch noch sehr viele sonstige Zahlen aus dem Bericht zu lesen. 475 Erkenntnisse und Beschlüsse des Wiener Verwaltungsgerichtes wurden bekämpft. Das ist zwar gegenüber 2014 ein Anstieg, allerdings sind es insgesamt nur 3,9 Prozent der Erledigungen, und das scheint mir durchaus im Rahmen zu sein. Wir haben natürlich als Regierungspartei einen Nachteil. Wir können hier nicht wie die Opposition sagen, gebt noch viel mehr Budget für diesen Posten und für jenen Posten, denn das wird sich im Endeffekt halt nicht ausgehen. Da steht halt sozusagen Adam Riese gegen diese Praxis, und in diesem Sinn wird sicherlich die personelle Ausstattung nach bestem Wissen und Gewissen so wie immer auch weiterhin sichergestellt sein, wobei ich glaube, dass natürlich die Relation zwischen Fällen und Personal eine deutliche Rolle spielen sollte. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Ich hätte schon ein paar Vorschläge, wie wir einsparen!) Ich meine, dass wir trotzdem auch im Hinblick auf den zweiten Bericht sagen können, dass viel Positives aus dem Landesverwaltungsgericht zu berichten ist, und ich kann damit abschließen, dass die Ziele, die wir bei der Gesetzgebung ursprünglich verfolgt haben, weitestgehend erreicht wurden. Dafür richte ich herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesverwaltungsgerichts. - Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Berichterstatterin hat das Schlusswort. Berichterstatterin Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sinne der Zeiteffizienz sage ich, dass Abg. Stürzenbecher alle Positionen bereits entsprechend vertreten hat. Ich habe nur deshalb auf das Schlusswort nicht verzichtet, weil auch ich mich noch persönlich beim Herrn Präsidenten und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gerichtes ganz, ganz herzlich bedanken möchte. Ich danke Ihnen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Ist das alles, was Sie zu sagen haben? Das ist ein Trauerspiel!) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr und schließe mich auch seitens des Landtages dem Dank an. Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Tätigkeitsbericht 2015 des Verwaltungsgerichtes Wien zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig. Wir kommen nun zum eingebrachten Beschlussantrag der FPÖ betreffend Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichts Wien. Die sofortige Abstimmung wurde verlangt. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilen will, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind ÖVP, NEOS und FPÖ, und das ist nicht die notwendige Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt. Wie gesagt: Noch einmal ein herzliches Dankeschön auch seitens des Wiener Landtages. Wir kommen nun zur Postnummer 10. Diese betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima. Ich ersuche sie, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesentwurf. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen die Zusammenlegung ein Widerspruch erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Ellensohn. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Zu diesem Geschäftsstück gibt es keine Einstimmigkeit, deswegen haben wir diesbezüglich hier normalerweise eine längere Diskussion. Ich glaube, ich bin jetzt als Einziger gemeldet, daher mache ich es sehr kurz, denn wenn sich jetzt kein weiterer Redner meldet, dann wissen wir ja alle, wie wir abstimmen! Aber damit wenigstens die wenigen, die - wider Erwarten - ein Protokoll lesen, wissen, worum es geht, sage ich: Der Ausdruck "Verschärfung des Wettgesetzes" ist eigentlich falsch. Es handelt sich um eine Präzisierung dessen, was wir ursprünglich wollten, womit wir gewisse Schwierigkeiten bei der Umsetzung haben. Das haben wir jetzt beim Thema Verwaltungsgericht Wien auch kurz besprochen. (Abg. Armin Blind: Es wurde gar nichts besprochen!) Was machen wir jetzt? Was wollen wir jetzt beschließen? - Wir möchten, dass es die Möglichkeit gibt, ohne Vorankündigungen Probewetten durchführen zu können. Das ist momentan nicht so einfach möglich, wie wir uns das vorstellen. Wir setzen die Strafen mit einer Mindeststrafe neu in Höhe von 2.200 EUR fest, wenn jemand gegen das Wettgesetz verstößt. Das ist ein Zehntel der Höchststrafe. Ganz wichtig ist das Thema der Wettautomaten, die eingezogen werden. Diese Verschärfung ist ja eine lange Geschichte. Wir haben betreffend Automaten im Zusammenhang mit dem Kleinen Glücksspiel scharfe Regelungen in Wien bereits seit Längerem umgesetzt. Wir haben hier die entsprechenden Gesetze geschaffen und dann umgesetzt, und es werden auch immer wieder Geräte beschlagnahmt. Rund um Sportwetten war es genau dasselbe, weil sich halt nicht alle an unsere Regelungen halten. Und tatsächlich mussten von der Polizei Wettautomaten, die beschlagnahmt worden waren, zurückgegeben werden, weil das Verwaltungsgericht verschiedene Urteile gefällt hat. Es wird dann behauptet, dass die MA 36 das nicht zu 100 Prozent im Rahmen des Gesetzes, das wir erst vor ein paar Monaten beschlossen haben, umgesetzt habe. Mit dem, was wir - hoffentlich nicht nur die Regierungsfraktionen! - heute beschließen werden, wird klargestellt, dass alle für verfallen erklärten Wettterminals zu vernichten sind. Die sind dann weg. Das beschließen wir heute, und das ist eindeutig eine härtere Vorgehensweise. Aber es ist ganz einfach: Es gibt weiterhin erlaubte Wetten. Es ist möglich, in Wien zu wetten. Das ist logisch. Kein Mensch redet von einem Wettverbot! Aber es gibt Regeln, an die sich alle halten müssen, und diejenigen, die sich nicht daran halten, werden, so wie wir das ursprünglich vorhatten, bestraft. Damit werden heute die Lücken, die offensichtlich beziehungsweise zumindest in den Augen des Verwaltungsgerichtes, das nun einmal entscheidet, vorhanden waren, geschlossen. Das heißt, wir beschließen das, was wir schon hatten und machen das wasserdicht. In Zukunft werden wir auch bei den Wetten eine Regelung haben, die es uns erlaubt, gegen Menschen, die dieses Wettgesetz ausnutzen, vorzugehen. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Zu Wort gemeldet ist Kollege Guggenbichler. Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Ich berichte nur in aller Kürze, warum wir dieses Geschäftsstück ablehnen. Wir haben das ja schon beim Glücksspielgesetz miterlebt und erleben das auch jetzt beim Wettgesetz. Wir alle sind dafür, dass hier Jugendschutz gelebt wird und dass jene Menschen, die durch ihre Spielsucht belastet sind, möglichst gut geschützt werden. Zum Problem bei der ganzen Situation: StR Mailath-Pokorny hat heute in der Früh schon gesagt, wie ein Gesetzwerdungsvorgang abläuft: Man bekommt eine Regierungsvorlage, man geht in eine vernünftige Begutachtung und schaut sich das dann am Ende des Tages an, um das Beste für jene zu erreichen, die der Norm unterworfen sind. Was wir hier erleben durften, ist die Änderung eines Gesetzes, das im Frühling beschlossen wurde, und jetzt war noch kurzfristig diese Woche ein Initiativantrag notwendig, und gab es sogar einen Sonderausschuss, damit wir diese Gesetzesänderung heute zur Abstimmung bringen können. - Ich meine, das ist eigentlich nicht der Weg, den wir gehen sollten! Natürlich ist es in diesem Bereich, nämlich im Bereich des Glücksspieles, schwierig, da nicht alles in der Kompetenz des Landes liegt. Das ist uns ganz bewusst, aber wir wissen auch, wer im Bund die Regierungsverantwortung hat: Wir haben ja, ebenso wie wir einen roten Bürgermeister haben, auch einen roten Bundeskanzler, und man kann der SPÖ-Fraktion nur anraten, bei ihren Genossen im Bund Anregungen zu machen, damit diese Lücken geschlossen werden. Wir haben nämlich Lücken zum Beispiel im Bereich der Videolotterieterminals. Casinos Austria haben, obwohl das Kleine Glücksspiel an Automaten verboten wurde, nach wie vor 5.000 Lizenzen für Spielautomaten, die jederzeit in Wien aufgestellt werden können. Es wurde zwar versprochen, dass das nicht geschehen wird, es besteht jedoch die gesetzliche Möglichkeit. Auch gibt es eine zweite Situation - und darüber gibt es genug Statistiken -, nämlich die Abwanderung der Spieler in den Internetbereich, wo es überhaupt keinen Jugendschutz mehr gibt, weil dort überhaupt nichts mehr reglementiert ist. Im Hinblick darauf würde ich mir von der Regierung eine vernünftige Gesetzesvorlage für all diese Bereiche wünschen, die im Vorfeld diskutiert wird, anstatt dass alle 14 Tage ein Initiativantrag von ein paar Abgeordneten eingebracht wird, damit sie den Pfusch, den sie vor einem halben Jahr produziert haben, dann wieder reparieren können. - Ich danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Valentin. Abg. Erich Valentin (SPÖ): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn fünf Leute auf einer Brücke stehen und vier hinunterspringen, wissend, dass sie Nichtschwimmer sind, und ich bin der Fünfte: (Abg. Dominik Nepp: Nichtschwimmer oder Schwimmer?) Würden Sie mir dann auch raten, zu springen? Ich schaue jetzt diesen Teil des Raumes an. (Zwischenruf von Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Wenn ich für einen Bereich verantwortlich bin - und die Argumentation von Kollegen Guggenbichler war, dass es auch viele andere Bereiche gibt, in die das Suchtverhalten des Spielens hineinfällt - und mich dann auf die anderen konzentriere, die ihre Arbeit nicht getan haben und meine vernachlässige, dann ist das, glaube ich, kein wirklich rasend gutes Handlungsprinzip, noch dazu dann, wenn die Frage diesmal relativ einfach ist. Wie würden Sie jemanden bezeichnen, der die Gesetze kennt und wissentlich etwas tut, wovon er weiß, dass es gegen das Gesetz ist? Würden Sie meinen, dass der unseren besonderen Schutz benötigt? - Das weiß ich nicht! Wenn jemand weiß, dass das Aufstellen von Glücksspielautomaten in Wien verboten ist; er sich dennoch solche Automaten besorgt, weil man sie ja kaufen darf, und diese dann im Hinterzimmer aufstellt: Ist das dann jemand, der offen angefragt und um eine Konzession für ein Gewerbe angesucht hat, das er dann ausübt, oder ist das schlicht einfach einer, der wissentlich eine strafbare Handlung setzen will, der, um es rechtlich korrekt zu formulieren, mit Vorsatz handelt? Ist jemand, der mit Vorsatz unredlich gegen das Gesetz handelt, schützenswert? Oder sind nicht eher die zu schützen, die dann dort hineinfallen und ihre Lehrlingsentschädigung oder das Einkommen der Familie verspielen? Sind das nicht eher die Schützenswerten? Ich lade Sie auch noch ein, bevor ich auf den Inhalt eingehe, sich ein bisschen das Umfeld anzuschauen! Wo werden denn diese Automaten gefunden? Und dann frage ich diejenigen, die heute der Gesetzesänderung nicht zustimmen können, ob das ihre Freunde sind. - Diese Automaten werden in illegalen Gastwirtschaften, in illegalen Clubs, in Bereichen, wo Geheimprostitution herrscht, in Bereichen, wo es keine Gewerbeordnung gibt beziehungsweise dagegen verstoßen wird, gefunden, in Bereichen, wo man daneben auch noch Suchtgiftdelikte antreffen kann. Ist es das, was wir unterstützen wollen? Ist es das, wo mit den aufgestellten Automaten eins, zwei, drei in Wirklichkeit die wirtschaftliche Basis anderer unerwünschter Tätigkeiten - jetzt sage ich es vorsichtig, um nicht das Wort "kriminelle Tätigkeiten" in den Mund zu nehmen zu müssen - mitfinanziert wird? Wollen wir das? Wenn wir sehen, meine Damen und Herren, dass wissentlich kriminelle Handlungen Setzende alles ausnützen, um den Rechtsstaat herauszufordern, haben wir dann nicht als Gesetzgeber auch das Recht, mit Initiativanträgen diese Löcher möglichst schnell zu schließen? - Ich würde die Argumentation, die Kollege Guggenbichler heute gebracht hat, einsehen, wenn es da redliche Geschäftsleute gäbe und wir versuchen würden, eine wirtschaftliche Situation zu verändern. Dann muss man fragen: Wie geht das? Es ist aber wirklich Gefahr in Verzug, weil es sich in Wirklichkeit um Leute handelt, die man nicht unterstützen kann, denn jeder von uns würde sagen, dass wir nicht wollen, dass unsere Kinder in ein solches Lokal hineinfallen oder dass Leute, die wir kennen, aber auch andere in diese Lokale gehen und dort ihr Geld verzocken. Wir wollen nicht, dass am Rande der Prostitution Wetten abgeschlossen werden! Und wenn wir all das nicht wollen, dann müssen wir dieser Gesetzesänderung zustimmen, weil es bestehen Gefahr in Verzug und Zeitnot. Meine Damen und Herren! Wenn jemand zu Unrecht den Rechtsstaat herausfordert, dann hat der Rechtsstaat auch das Recht, die gesetzlichen Möglichkeiten zu nutzen, um schnell zu agieren, und genau das tun wir heute. Sie haben heute wie im guten alten Western die Möglichkeit, zu entscheiden, ob Sie bei den Good Guys dabei sind oder bei den Bad Guys. Wir wissen, dass wir mit dieser Gesetzesvorlage bei den Good Guys sind, und laden Sie dazu ein, heute auch die richtige Entscheidung zu treffen. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Guggenbichler. Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Valentin! Ich habe mir eh gedacht, dass du etwas in diese Richtung sagen wirst. Etwas habe ich aber schon ein bisschen vermisst: Du hast darüber gesprochen, wer eventuell schützenswert sein könnte: Das sind nicht die Kriminellen und nicht jene, die das Gesetz bewusst herausfordern. So hast du begründet, dass der Initiativantrag notwendig ist. Mir ist dabei aber bei einem Sozialdemokraten doch ein bisschen abgegangen, dass er uns nicht erzählt hat, wer eigentlich schützenswert ist. Du hast kein Wort darüber gesprochen, wer schützenswert ist. Schützenswert sind die Jugendlichen, schützenswert sind jene, die der Spielsucht verfallen sind und nicht mehr auskommen, und schützenswert sind auch jene Frauen in Familien, in denen es Mitglieder gibt, die der Spielsucht verfallen sind. Darüber hast du kein einziges Wort gesagt, und das habe ich doch etwas befremdlich gefunden. (Abg. Christian Oxonitsch: Das hat er gesagt!) Noch einmal: Das ist ein Flickwerk, weil wir jetzt drei Positionen eines Gesetzes ändern. Wir lösen nicht das Problem mit den Videolotterieterminals, wir lösen nicht die Frage der Wetten und die Spielersituation im Internet. Und ich frage Sie noch einmal: Kennen Sie Herrn Kern, Bundeskanzler der Republik Österreich und Sozialdemokrat? Ich hätte mir von dir, Erich, wirklich gewünscht, dass man, begleitend zu dieser Gesetzesänderung und zu diesem Initiativantrag, zumindest einen Resolutionsantrag hier in diesem Haus beschlossen hätte, dass die Bundesregierung und die sozialistische Fraktion im Bund auch ihre Hausaufgaben machen. Außerdem sage ich, nein, es ist nicht richtig, zu sagen, dass wir uns nicht um das kümmern, was wir können. Wir haben das Große und Ganze im Auge zu behalten. Nur einen Sektor zu betrachten, ist nämlich leider Gottes zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf ein bisschen auf die Wortmeldungen eingehen, die es jetzt gegeben hat. Wie Sie wissen, befürworte ich schon seit Langem eine harte Vorgangsweise gegen illegale Wetten und gegen illegale Wettbüros, und ich kann Ihnen ins Stammbuch schreiben, Herr Kollege Guggenbichler: Gerade in diesem illegalen - wenn Sie es so nennen wollen - "Wettgewerbe", in diesem Bereich, wo es immer um viel Geld geht, wo jede Entscheidung, jeder Bescheid, jedes Fitzel, das von der MA 36, der Polizei oder sonst jemandem herausgegeben wird, immer bis zum Höchstgericht bekämpft und angefochten wird, müssen wir sehr vorsichtig sein. Gerade in diesem Bereich, wo wir bei unseren Schwerpunktkontrollen in relativ regelmäßigen Abständen immer illegales Glücksspiel, Schusswaffen, Drogen und noch alle möglichen Dinge, die wir in dieser Stadt nicht wollen, finden, müssen wir jedes Schlupfloch schließen, das sich auftut, das wir aber, obwohl wir versuchen, prophetisch vorzugehen, im Vorhinein eventuell doch nicht abschätzen konnten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Deswegen zum Beispiel die Mindeststrafe: Wir haben eine große Höchststrafe von ungefähr 22.000 EUR festgesetzt. In Anbetracht dessen könnte man sich denken, dass da doch nichts schiefgehen kann! Wenn dann aber die Kollegen vom vorher gerade anwesenden Landesverwaltungsgericht diese Strafen in ihren Verhandlungen so heruntersetzen, dass der Belangte nur mehr 100 EUR oder 200 EUR zahlen muss, dann kann er das sozusagen aus der Portokassa zahlen. Sie müssen zugeben, dass das zumindest für mich wirklich nicht vorhersehbar war. Aus diesem Grund habe ich gesagt, gut, dann setzen wir jetzt eine Mindeststrafe fest, wenn es denn sein muss und anders nicht geht. Aber ich sage Ihnen auch ganz klar: Wenn es dazu dient, dass wir die Wienerinnen und Wiener und die Jugendlichen in dieser Stadt vor illegalen Wettlokalen schützen, dann werden wir noch fünf Novellen hier in den Landtag einbringen, denn es kann wirklich nicht argumentiert werden, dass wir hier nicht hart durchgreifen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Bevor wir nun zur Abstimmung kommen, gebe ich bekannt, dass die Kollegen Gara und Kowarik ab sofort entschuldigt sind. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das ist mit Stimmen von SPÖ und GRÜNEN in erster Lesung angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit. Gemäß § 127 Abs. 1 der Wiener Stadtverfassung wird die zweite Lesung dieses Gesetzes auf die Tagesordnung der nächstfolgenden Sitzung des Landtages gesetzt. (Abg. Mag. (FH) Tanja Wehsely: Das ist ja wirklich ungeheuerlich!) Postnummer 3 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Prostitutionsgesetz 2011 geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Herr Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny. Da aber zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke. Das ist einstimmig. - Ich ersuche daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist ebenfalls einstimmig. Das Gesetz ist somit in zweiter Lesung einstimmig beschlossen. Postnummer 4 der Tagesordnung betrifft den Bericht des Kuratoriums der Museen der Stadt Wien über das Jahr 2015. Zu Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die dem vorliegenden Bericht des Kuratoriums der Museen der Stadt Wien über das Jahr 2015 zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke. Das ist ebenfalls einstimmig. Postnummer 5 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz betreffend die Tourismusförderung in Wien, Wiener Tourismusförderungsgesetz, geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner. Ich ersuche sie, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche Sie, dem vorliegenden Gesetzesentwurf zuzustimmen. - Danke schön. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. - Wird gegen die Zusammenlegung ein Widerspruch erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Ornig. Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Es wird nicht allzu lange dauern. - Vorab möchte ich sagen: Dieses Tourismusförderungsgesetz halte ich für enorm wichtig, und ich finde es auch toll, dass wir es hier geschafft haben, eine absolute Steuerfairness zu schaffen, auch für die Sharing Economy, durch welche natürlich die alte Gesetzgebung vor eine große Herausforderung gestellt wurde. Es gibt nur leider in diesem Gesetz eine Sowohl-als-auch-Variante. Gemäß Variante 1 beauftragen wir den Magistrat damit, in Verhandlungen mit den Diensteanbietern wie Airbnb und Co zu treten und eine Möglichkeit auszuhandeln, dass die Diensteanbieter Taxen, also Ortstaxe, Abgaben, Steuern, gleich direkt an die Stadt weitergeben. Das wäre eine absolute Win-win-Situation. Wir hätten kaum Bürokratie, und jedem wäre geholfen, nicht zuletzt gibt es dieses System deswegen auch beispielsweise in Amsterdam oder in Montreal. Es gibt aber eben auch diese Als-auch-Variante. Wenn Variante 1 nämlich nicht klappt - und ich habe noch nicht ganz herausgefunden, welche Variante bevorzugt wird -, dann beschließen wir hier in diesem Gesetz, dass die Stadt beziehungsweise der Magistrat die Unternehmer und Unternehmerinnen, diese Diensteanbieter, verpflichten, zum 15. jeden Monats ihre Kundendaten weiterzugeben. Und damit habe ich ein riesiges Problem. Das ist nämlich, meine ich, datenschutzrechtlich nicht ganz redlich, auch wenn es wahrscheinlich rechtlich mit dem Gesetz abgesegnet wäre. Es geht dabei für mich aber gewissermaßen um ein ethisches Thema. Ich meine, die Stadt kann nicht einfach in einem Gesetz festschreiben, dass man Kundendaten hergeben muss. Damit habe ich ein Problem, und das ist auch der einzige Grund, wieso ich diesem Gesetz leider nicht zustimmen kann. Ich möchte aber noch einmal betonen, dass ich einen Schritt in die richtige Richtung sehe, ich halte nur den Zugang mit dieser verpflichtenden Datenveröffentlichung für absolut falsch. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile der Frau Berichterstatterin das Schlusswort. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich über den breiten Konsens zu diesem Vorschlag. Wir haben ja mit Enqueten, Konferenzen, Arbeitsgruppen, in denen vor allem auch die Interessensvertretung und allen voran natürlich auch der Tourismusverband stark involviert waren, sehr viel Vorarbeit geleistet. Zu dem jetzt angesprochenen Thema: Ich kann die Unethik daran, dass jemand Steuern zahlen soll, nicht erkennen, und darum geht es schließlich. (Zwischenruf von Abg. Markus Ornig, MBA.) Doch! Natürlich hat es damit zu tun, denn die Tourismusabgabe hängt daran. Wenn man ein Zimmer vermietet ...(Abg. Markus Ornig, MBA: Die muss jetzt auch schon geleistet werden!) Eben! Aber es geschieht in manchen Bereichen eben nicht, und um das nachvollziehen zu können, ist es notwendig, zu wissen, wer das Zimmer vermietet beziehungsweise mietet. Das ist überhaupt keine Frage. Es geht uns aber nicht - ich glaube, das haben wir im Zusammenhang gerade mit dieser Regelung nachhaltig bewiesen - um irgendeinen Bürokratieausbau. Es geht uns nicht darum, dass irgendjemand gestraft wird, sondern uns geht es darum, die Menschen zu informieren. Wir haben eine riesige Informationskampagne gestartet, bei der wir, gerade auch im Netz, darauf hinweisen, welche Regelungen notwendig sind, und gerade um zu vermeiden, dass hier zusätzliche Maßnahmen notwendig sind, wurde diese Variante im Gesetz geschaffen. Ich erkläre Ihnen sehr gerne, dass das die bevorzugte Variante ist, dass es zu einer Einigung mit den Plattformen kommt, dass wir hier, genauso wie mit der Hotellerie, die ja auch die Ortstaxe von den Kunden einkassiert, zu einer entsprechenden Lösung kommen. Aber wir müssen einen Plan B haben, denn wie wir sehen, gibt es auch internationale Beispiele, dass manche Plattformen kooperativer sind und andere weniger. Daher kann ich nicht als Gesetzgeber sagen, o je, die machen das nicht! -Das ist irgendwie für einen Gesetzgeber ein wenig zu wenig, und deswegen die nicht bevorzugte Variante im Gesetz. Im Übrigen bitte ich um Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das ist mit den Stimmen der ÖVP, der Freiheitlichen, der SPÖ und den GRÜNEN mehrstimmig gegen die Stimmen der NEOS beschlossen. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig so angenommen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Gleiches Abstimmungsverhalten wie vorher: Das ist mit Stimmen der SPÖ, der GRÜNEN, der Freiheitlichen und der ÖVP mehrstimmig so beschlossen. Postnummer 6 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gebrauchsabgabegesetz 1966 geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf. StRin Mag. Brauner. Ich bitte sie, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Sehr gerne. Ich ersuche auch diesfalls um Debatte und Beschlussfassung. Danke vielmals. Präsidentin Veronika Matiasek: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird dagegen ein Widerspruch erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet ist als erster Redner Herr Abg. Ornig. - Bitte schön. Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Es wäre heute ein Traumtag. Wir haben heute schon über die Vergnügungssteuer gesprochen, aber leider kommen wir jetzt zum Thema Schanigärten, und hier ist die Situation durchaus kafkaesk. Mehr fällt mir dazu eigentlich nicht ein. Ich möchte zu Beginn kurz aus den Erläuterungen zum Gesetz zitieren: "Der vorliegende Entwurf dient der weiteren Anpassung des Gebrauchsabgabegesetzes an die geänderten rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse" - und jetzt wird es spannend - "und soll sowohl für die Wirtschaft als auch für die Verwaltung Erleichterungen und Verwaltungsvereinfachung bringen." Meine Damen und Herren, das klingt sehr, sehr gut, hat aber leider nichts mit dem Inhalt dieser Gesetzesvorlage zu tun. Gut wären nämlich echte Lösungen, aber dafür hätten Sie den UnternehmerInnen einfach zuhören müssen. Die UnternehmerInnen, in diesem Fall die GastronomInnen, sagen nämlich vor allem: Weg mit der überbordenden Bürokratie! Aber das, was Sie hier vorgelegt haben, ist absurd. Das ist, wie Sie, Frau StRin Brauner, selbst im Ausschuss gesagt haben, ein Kompromiss. Und diesen Kompromiss hat man eigentlich einer Arbeitsgruppe zu verdanken, einer Arbeitsgruppe, deren Zusammenstellung ja nur einen Kompromiss zugelassen hat. Da waren, wie wir alle wissen, 23 Bezirksvorsteher, städtische Betriebe und die sogenannten Unternehmensvertreter der Wirtschaftskammer anwesend, und die Machtverhältnisse waren hier, meiner Meinung nach, vorher schon klar. Daher haben wir auch dieses Ergebnis, nämlich die Bürokratie bleibt beziehungsweise wird noch komplizierter und die Kosten werden noch höher. Sehr geehrte Damen und Herren, die bei diesem Gesetzesentwurf beteiligt waren, erklären Sie es mir bitte: Wo sind jetzt die versprochenen Erleichterungen? Meinen Sie etwa die saftigen Erhöhungen der Gebühren, womit die meisten Wirte zukünftig ein Vielfaches für ihre Schanigärten zahlen müssen? Oder meinen Sie die kleine Winteröffnung, bei der maximal 2 Stehtische 12 m² entlang der Hausfront oder in Fußgänger- und Begegnungszonen 10 Prozent der Sommerfläche genützt werden dürfen, für die die Wirte aber natürlich noch einmal kräftig zur Kassa gebeten werden und dafür ihre Schanigärten - und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - jeden Morgen aufbauen und am Abend wieder wegräumen müssen? Oder meinen Sie gar die Verordnungsermächtigung für Nutzungskonzepte und Sanierungspläne, mit denen die Verwaltung sogar die Farbe der Sonnenschirme festlegen kann? Oder, dass sich die Gastronomen weiterhin mit zwei Magistratsabteilungen und den persönlichen Befindlichkeiten der Bezirkskaiser abärgern müssen? Oder, dass es statt transparenter Vergabekriterien weiterhin im Ermessungsspielraum der Behörden liegt und dadurch Willkür und Schikanen Tür und Tor geöffnet werden? Oder, dass es weiterhin keinerlei Rechtssicherheit für die Gastronomen und Gastronominnen gibt? Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass dieses Gesetz eine Erleichterung für die Wirte ist. Für uns ist es das genaue Gegenteil. Sie schreiben in einer ewigen Posse um diese Schikanigärten - wie wir sie nennen - ein neues Kapitel, und das wäre nicht einmal dem Franz Kafka eingefallen. Eines muss ich Ihnen schon lassen: Ihre Kreativität ist wirklich unendlich, wenn es darum geht, den Wiener Wirten noch tiefer in die Tasche zu greifen und die ohnehin schon überbordende Bürokratie noch weiter aufzublasen. (Beifall bei den NEOS.) Verschlimmbesserung - mir ist kein gescheiteres Wort als Verschlimmbesserung eingefallen -, anders kann man diesen Gesetzesentwurf leider nicht beschreiben und deswegen können wir hier auch natürlich nicht zustimmen. Die Wiener Gastronomie steuert ohnehin schon durch wirklich harte Zeiten, es vergeht ja leider kaum eine Woche, in der nicht ein Betrieb zusperrt, sehr viele davon, weil ihnen eben diese überbordende Bürokratie wirklich den letzten Nerv zieht und ihnen teilweise natürlich auch die Grundlage entzogen wird, erfolgreich wirtschaften zu können. Und jetzt, mit diesem neuen Gesetz, finde ich, legen Sie es noch einmal darauf an. Gehen wir doch zurück an den Start und schaffen wir ein neues Gesetz. Eines, das tatsächlich Erleichterungen für die Betriebe bringt. Eine sinnvolle Lösung für eine ganzjährige Öffnung, ohne dass der Gastronom immer umbauen muss und ihm dadurch erhebliche Zusatzkosten entstehen. Ich möchte Ihnen das jetzt nur einmal in der Praxis schildern, wo man, wenn man das jetzt jeden Tag auf- und abbauen muss, wieder Lagerflächen braucht. Das kostet Geld. (Abg. Peter Kraus, BSc: Wir reden von 12 m² Schanigärten!) - Ja, aber etwas, das vorher nicht da war, und dafür brauche ich Lagerfläche. Und wenn ich jetzt über den Sommer den Schanigarten habe, einen großen in einer Fußgängerzone, dann muss ich den über den Winter wieder lagern. Es ist überhaupt keine Erleichterung, ich habe dieselben Kosten wie vorher. (Beifall bei den NEOS.) Das erzählen mir die Gastronomen. Jetzt komme ich zum Kernthema: Das Allerwichtigste ist nämlich ein Abbau der Bürokratie - transparente Vergabekriterien statt eben dieser Willkür und vor allem auch Rechtssicherheit. Der Gastronom investiert ja, der zahlt ja etwas, der muss ja den Garten bauen, der hat ja auch Interesse daran, dass das etwas gleichschaut, und das kostet einen Haufen Geld. Wenn man diesen Schritt gehen würde, hier Rechtssicherheit zu schaffen, dann wäre das eine echte Erleichterung, und das würde uns sehr freuen. - Vielen Dank. (Beifall den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Nächster Redner ist Herr Abg. Mag. Juraczka. - Bitte. Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich in der Tat sehr, dass in diese ewige Diskussion um den Betrieb von Schanigärten in den letzten Monaten Bewegung gekommen ist. Es waren sehr, sehr lange sehr starre Fronten in diesem Bereich, umso schöner, dass wir in der letzten Zeit hier wirklich in eine offene Diskussion eingetreten sind. Aber da fällt mir schon auch ein Zitat von Robert Kennedy ein: In der Politik ist es ein bisschen wie in der Mathematik, wenn etwas nicht exakt richtig ist, geht's leider in die falsche Richtung. - Und genauso hat sich dann diese Diskussion in weiterer Folge abgespielt, Kollege Ornig hat da einige durchaus richtige Punkte schon angesprochen. Ja, es ist erfreulich, dass man jetzt von dieser starren Öffnungszeit, was die Wintermonate betrifft, oder von dem Verbot der Öffnung, was die Wintermonate betrifft, weggekommen ist. Gott sei Dank, man muss ja diesen Aspekt durchaus auch mit der Verschärfung der Rauchergesetze im kommenden Jahr sehen, wo wir auch Ausweichflächen für Raucher brauchen werden, die dann wohl vor dem Lokal sein werden. Dass es nur eine Minimallösung ist, ist einerseits bedauerlich, aber, Frau Stadträtin, ich weiß ja durchaus, dass es da verschiedenste Interessenslagen gibt, die unter einen Hut zu bringen, nicht immer ganz einfach ist, das ist mir schon bewusst. Gut, dass hier einmal ein erster Schritt getan wurde, gut auch, dass eine Beheizung möglich ist, denn auch das wird notwendig sein, wenn man in Wintermonaten einen Schanigarten, wenn auch nur in abgespeckter Variante führen möchte. Aber, und jetzt sind wir bei den Gebühren, bei den Abgaben für diese Stadt: Auch hier prinzipielles Verständnis dafür, dass öffentlicher Raum zwangsläufig nicht umsonst sein kann, sondern dass man hier auch etwas zu leisten hat. Das Problem ist nur, dass man hier wieder einmal mit dem Rasenmäher drüberfährt und die Härtefälle nicht sehen möchte - wir haben das vor zwei Tagen im Ausschuss schon besprochen -, die sich daraus ergeben. Ich halte bei wirklich exponierten Lagen - Innenstadt, beispielsweise Graben, Kärntner Straße - 20 EUR/m² für durchaus legitim - ich sage das ganz offen -, aber nicht, dass es jetzt in weniger prominenten Lagen Unternehmer, Kaffeehäuser gibt, die plötzlich das Zehnfache dessen zu berappen haben, was sie bis dato zu leisten hatten - Praterstraße ist so ein Beispiel, aber bei Weitem nicht das einzige. Von einem Tag auf den anderen das Zehnfache! Jetzt kann man sagen, der soll sich nichts antun, das ist trotzdem noch überschaubar: Wenn man plötzlich bei einem Posten als gut kalkulierender Kaufmann die zehnfache Belastung hat, ist das sehr wohl etwas, was man nicht von heute auf morgen wegstecken kann. (Beifall bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren, ich habe es anfänglich schon gesagt: Vergeben wir diese große Chance nicht, hier ein vernünftiges Gesetz auf die Reihe bringen, gehen wir zurück an den Start und schauen wir, dass wir auch hier bei den Belastungen der Unternehmerinnen und Unternehmer - auch die Abstellflächen, was das Wegräumen der Schanigärten betrifft, wurden ja schon angesprochen - zu einer Lösung kommen, die für alle akzeptabel ist, denn sonst bleibt dieses Gesetz das, was ich anfänglich gesagt habe: Was nicht exakt richtig ist, bleibt leider "at the end of the day" falsch. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Zu Wort gelangt Herr Abg. Dipl.-Ing. Margulies. Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Es gibt so Momente, da wird einem dann immer wieder bewusst, ein Glas ist niemals zu 100 Prozent voll, und schon gar nicht für alle. Da gelingt es nach wirklich vielen, vielen Jahren gemeinsamer Arbeit - gemeinsamer Lobbyarbeit, sage ich jetzt sogar -, dass die Winteröffnung von Schanigärten gemeinsam durchgesetzt wird, und was passiert: Die NEOS nörgeln, die ÖVP nörgelt - die FPÖ war noch nicht dran, da schauen wir nachher. Man kann sich kein einziges Mal hinstellen und sagen, probieren wir das jetzt einfach aus, sondern ich suche auf jeden Fall das Haar in der Suppe. Und das Haar in der Suppe finden dann ÖVP und NEOS gleichermaßen bei den Kosten im öffentlichen Raum. Nein, ich bin nicht dafür, dass hochwertigster öffentlicher Raum, insbesondere in Zeiten knapper Budgets einzelnen Unternehmen einfach geschenkt wird. (GR Mag. Gernot Blümel, MBA: Arbeitsplätze!) Sorry, das geht sich halt alles miteinander nicht mehr aus. Und wenn man dann eine Steigerung, eine Verzehnfachung anprangert, ohne zu sagen, vorher war es de facto geschenkt - denn 1 EUR/m² würde, glaube ich, jeder momentan in der Zollergasse oder in der Unteren Praterstraße in die Hand nehmen, um ein Tischerl hinzustellen und einen Kaffee zu servieren. Ein jeder würde das nehmen, ein jeder würde es im Großen und Ganzen auch um 10 EUR nehmen. Und Sie werden sehen, in keiner einzigen Zone, wo es jetzt von 1 EUR auf 10 EUR erhöht wird, wird der Schanigarten verschwinden. In keiner einzigen. Und kein einziger Schanigarten, der jetzt in den Top- Zonen, also der Zone 1 dann 20 EUR kostet - wo der Quadratmeter Miete jenseits dieser 20 EUR privat bezahlt wird, der liegt bei 50 EUR, bei 70 EUR, bei 100 EUR in Top-Lagen. Nur die öffentliche Hand soll wieder alles herschenken. Sie sagen zwar immer, wir sollen sparen, sparen, sparen, aber wenn es darum geht, soll die öffentliche Hand alles herschenken. Das passt nicht zusammen, liebe Kollegen und Kolleginnen von den NEOS und von der ÖVP. Das geht sich alles miteinander nicht aus. Und deshalb bin ich froh, dass wir heute da stehen und eine Öffnung haben. Ich bin froh, dass wir gleichzeitig mit dieser Regelung tatsächlich auch weitaus gerechter mit dem öffentlichen Raum umgehen. Und ich komme zu Ihrem dritten Kritikpunkt, mit dem Wegräumen: Entschuldigung, im Winter, wenn es schneit, schlechtes Wetter, Eis, et cetera, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass in Wirklichkeit die zwei Tischerl hineingetragen werden müssen, da die unterschiedlichsten Sachen in der Nacht passieren können. Oder wollen Sie jetzt wirklich, dass wir jedem Wirt sagen, nein, du musst dir einmal auf alle Fälle die Wettervorherschau um 14 Uhr, um 16 Uhr und um 18 Uhr anschauen, und wenn es bis dahin heißt, es schneit nicht, dürfen sie stehen bleiben, sollte es aber schneien, muss man um 22 Uhr auf jeden Fall alle Tischerl wegräumen. - Nein, klipp und klare Regelung, war immer ausgemacht. Und wir wissen alle, dass ein Winterschanigarten ja nicht durchgehend stehen wird. Um das ist es auch nicht gegangen. Es ist darum gegangen, dass man, wenn es zufälligerweise am 27. Dezember und am 3. Jänner einmal wunderschön ist, man ein paar Tischerl hinausstellt, einen Sessel hinausstellt, damit man in der Sonne gerade in den paar Stunden, in denen es warm ist, vielleicht etwas genießen kann. Ja, das wird möglich, und ich bin stolz darauf, dass das Rot-Grün gelungen ist. - Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Nächste Rednerin ist Frau StRin Schweiger-Stenzel. - Bitte StRin Ursula Schweiger-Stenzel: Frau Präsidentin! Frau Stadträtin! Verehrte Damen und Herren! Ganz so, wie der Herr Margulies es schildert, ist es nicht. Ich habe das Gefühl, Frau Stadtrat, dass Ihnen hier natürlich der Versuch gelungen ist, eine Quadratur des Kreises zwischen unterschiedlichsten Interessen zu schaffen. Ich rede aus meiner Erfahrung als Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt und ich weiß, dass Schanigarten etwas Wunderbares ist, herrlich dem Tourismus förderlich ist, der Unterhaltung der Menschen, der Entspannung der Menschen, der Bewohner genauso wie der Gäste. Was hier aber geschehen ist, ist ein bisserl, ich will und ich kann nicht. Ich habe mit einem Wirt gesprochen, der sehr erfolgreich ist - denn ich rede gerne mit den Leuten, ich will es nicht nur am grünen Tisch sehen. Ich habe ihn gefragt: Wie sehen Sie diese neue Winterschanigarten-Regelung? Wie sehen Sie diese Reform des GAG? Da hat er gesagt: "Wissen Sie, ich kann mich nicht beklagen, weil ich bin ein Großer, ich habe eine gute Lage und ich freue mich darauf, dass ich das machen kann. Für mich ist das wunderbar, ich habe 15 Lehrlinge und ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich werde es auch zahlen können. Aber die in der Nebengasse dahinter, die tun sich schon etwas schwerer." Damit sind wir bei der Krux dieses Schanigarten-Gesetzes, das die Wintersaison auch für Gastronomen möglich machen soll, denn wir kriegen ja eine Klimaerwärmung, viele von uns sind Raucher und müssen zum Rauchen hinausgehen - es hängt also auch damit zusammen. Aber auf jeden Fall haben die Kleinen in den Nebengassen, die nicht in der Zone 1 liegen, sondern in Zone 2, Zone 3, plötzlich eine Art Kostenexplosion. Und das ist sehr schwierig. Das Zweite, was sehr schwierig ist, ist wirklich der bürokratische Aufwand. Und den bürokratischen Aufwand sieht man bereits, wenn man sich anschaut, wie dieses Gesetz entstanden ist, wie viele Abteilungen daran mitgewirkt haben. Es ist unglaublich: internes Begutachtungsverfahren allein 47 Stellen, externes Begutachtungsverfahren 34 Stellen. Das muss schon alles sein, soll sein, aber das allein zeigt, woran es in dieser Stadt krankt. Wir haben eine überbordende Bürokratie, und das macht es für jeden Unternehmer, für jeden Selbstständigen wahnsinnig schwer, und natürlich auch für die Wirtsleute. Das Dritte, was ich hier noch anführen möchte, ist das Auslaufen der Vorgartenbewilligungen im Jahr 2021. Das ist doch ein großes Fragezeichen. Ein Unternehmer muss ja planen. In fünf Jahren ist es vorbei, dann geht das Ganze noch einmal von vorne los. - Vielleicht kann man sich hier noch eine Erleichterung vorstellen. Daher glaube ich, die Wirtschaft hat Grund, dieses Gesetz zu kritisieren, aber auch die, für die ich zehn Jahre lang gekämpft habe, nämlich die Anrainer und Bewohner. Warum ergreift man nicht die Chance - und das ist vor allem auch an die GRÜNEN gerichtet, die sich ja immer als große Vertreter und Anwälte der Bewohnerinnen und Bewohner auch im 1. Bezirk versucht haben, zu profilieren -, und sagt endlich, dass die Bewohnerinnen und Bewohner und die Anrainer halbwegs gleichberechtigt mit dem anderen Part dieser Gesetze, den Unternehmern, hier auf Augenhöhe ihr Recht bekommen. (Beifall bei der FPÖ.) Man nimmt zwar die Bürgerinitiativen dazu, das ist alles zu Protokoll gegeben, aber zu reden haben sie im Grunde gar nichts, weil das GAG das nicht vorsieht. Man hat nicht die Problematik verändert, dass Parkraumbedarf kein Hindernisgrund für einen Schanigarten ist. Ja, was heißt das? Heißt das jetzt, dass die Anrainerparkplätze im 1. Bezirk und anderswo ausgehebelt werden? Ich habe nicht so viele Jahre dafür gekämpft, dass ich das über die Hintertür GAG und Winterschanigärten ausgehebelt bekomme. Es gibt also zwei Ansatzpunkte der Kritik: Auf der einen Seite ist es Ihnen leider nicht gelungen, die wirtschaftlichen Interessen hier wirklich wahrzunehmen. Das ist jammerschade, denn wir bräuchten das dringend. Auf der anderen Seite sind sicherlich auch die Bewohnerinnen und Bewohner enttäuscht. Und so bin ich es auch und daher lehnen wir dieses Gesetzesvorhaben ab. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Zu Wort gelangt Herr Abg. Strobl. Ich bitte darum. Abg. Friedrich Strobl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn ganz klar sagen, dass dieses neue Gesetz sehr wohl ein Gesetz ist, das nicht nur aus meiner Sicht wirklich gelungen ist. Ich möchte auch dazusagen, dass wir es uns wirklich nicht einfach gemacht haben. Es hat viele Stunden an Besprechungen gegeben, an Verhandlungen. Es ist ein Prozess eingeleitet worden, in den wirklich alle Betroffenen eingebunden waren, ob das jetzt die Wirtschaftskammer Wien, ob es die Wirtschaftskammer Österreich war, ob es die BezirksvorsteherInnen waren, ob Arbeiterkammer, Initiativen, Vereine, Bürgerinnen, Bürger - alle haben dazu Stellung genommen. Natürlich ist es so, dass es hier durchaus unterschiedliche Interessen gegeben hat, und letztendlich ist dann ein Entwurf herausgekommen, der ein guter Kompromiss ist, wie ich meine, in dem sich jeder wiederfinden kann und in dem sich halt keine Gruppe zu 100 Prozent durchgesetzt hat. Zur Information: Wir haben in Wien ungefähr 8.500 Gastronomiebetriebe, und von diesen 8.500 Gastronomiebetrieben haben zirka 2.700 sogenannte Gastgärten oder Schanigärten. Es ist also nicht so, wie es in manchen Informationen gestanden ist, dass nahezu jeder Gastronom in dieser Stadt einen Schanigarten oder einen Gastgarten hat, und wenn das jetzt teurer wird, alle um die Existenz raufen müssen. Das ist bei Weitem nicht so. Ja, es hat seit einigen Jahren eine Diskussion gegeben, was die Winteröffnung von Schanigärten betrifft, es hat unterschiedliche Auffassungen dazu gegeben. Im Übrigen auch innerhalb der Wirtschaft, denn ein kleiner Teil der Wiener Gastronomen hat gesagt, sie wollen das unbedingt, der weitaus größere Teil hat aber gesagt, sie brauchen das nicht. Nichtsdestotrotz ist es jetzt zu einer Regelung gekommen, mit der es in drei Varianten die dazu Möglichkeit gibt: Entweder entlang der Hausmauer bis zu 12 m² oder maximal 10 Prozent der Größe des Schanigartens, je nachdem, wie groß dieser im Sommer ist, und dann gibt es die ganz kleine Variante mit 2 Stehtischen, bei der es genügt, das zu melden, und bei der eben nicht die oft angesprochene Bürokratie zum Tragen kommt. Es hat viele Stellungnahmen gegeben, und ich möchte Ihnen einige dieser Stellungnahmen auch hier wiedergeben. Zum Beispiel: Der öffentliche Raum gehört allen und darf nicht von einer bestimmten Gruppe allein beansprucht werden. - Für diese Rosinenpickerei von Seiten der Gastronomie stehe ich nicht zur Verfügung. - Schanigärten beleben die Wirtschaft, dabei ist aber auf die Bewohnerinnen und Bewohner Rücksicht zu nehmen. - Die Abgabe ist zu erhöhen, um einen Lenkungseffekt zu erzielen. Für kommerzielle Zwecke sollte der ortsübliche Quadratmeterpreis bezahlt werden. Das waren Stellungnahmen von einem Bezirksvorsteher, und zwar aus dem 1. Bezirk. Herr Mag. Figl hat das so in seiner Stellungnahme mitgeteilt. Ich möchte Ihnen schon auch näherbringen, was das bedeuten würde, beispielsweise, was die Tarife betrifft. Herr Kollege Juraczka, Sie haben die Tarife angesprochen und gesagt, diese sind jetzt um das Zehnfache gestiegen. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: In manchen Bereichen, habe ich gesagt!) - Wenn man jetzt zum Beispiel den Graben oder die Kärntner Straße hernimmt und theoretisch vom Vorschlag des Herrn Bezirksvorstehers ausgeht, dann sprechen wir von ganz anderen Tarifen, denn wissen Sie, wie der ortsübliche Quadratmeterpreis am Graben und in der Kärntnerstraße für Geschäftslokale und für Gastronomielokale ist? Bis zu 400 EUR. Das wären dann ungefähr, wenn man 50 Prozent hernimmt, 200 EUR/m². (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Warum gerade 50 Prozent?!) - Warum gerade 50 Prozent, danke für diese Frage, ich habe mir gar nicht vorgestellt, dass diese so prompt kommt. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich arbeite gerne mit!) Es gibt beispielsweise für Einkaufszentren, Shopping Malls eine Regelung, dass, wenn ein Gastronom dort ein Lokal hat und dann in der Mall zusätzliche Flächen haben möchte und er diese bekommt, sie ihm um 50 Prozent des Mietpreises des normalen Lokals vermietet werden. Daher kommt das und daher gibt es diese Regelung. Jetzt haben wir eine Regelung getroffen, in der die verschiedenen Lagen 2, 10 oder 20 EUR kosten. Es wird gesagt, das ist in manchen Lagen, Sie haben es angesprochen, durchaus vertretbar. Die Frau Stenzel hat gesagt, der Große kann sich das leisten, der hat eine gute Lage und hat damit kein Problem, der Kleine, der keine so gute Lage hat, hat dann einen ganz einen anderen Problemstand. Ja, aber deshalb zahlt er auch weniger, denn der Gastronom am Graben bezahlt wesentlich mehr als ein Gastronom in einer Seitenlage im 1. Bezirk oder auch in den Außenbezirken. Da ist ein gerechtfertigter Unterschied und das können auch die Unternehmerinnen und Unternehmer so einschätzen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte jetzt nicht zu lange werden, aber es ist schon bemerkenswert, wie der Vorgang bei dieser Gesetzeswerdung war. Daher möchte ich die Gelegenheit nützen und mich auch bedanken, und zwar ganz besonders möchte ich mich stellvertretend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Büro der Frau Stadträtin bei Jutta Löffler bedanken, die, glaube ich, Monate lang schon geträumt hat von den Schanigärten-Tarifen und von der Winteröffnungszeit. Ich glaube, dass es eine Lösung ist, die auch für die Wirtschaftstreibenden durchaus eine vertretbare Lösung ist, die nicht immer einfach ist, aber die dazu beitragen wird, dass genau das, was wir gesagt haben und was die Intention in diesem Gesetz war und ist, nämlich zu schauen, welchen Lenkungseffekt wir erreichen wollen, erreicht werden kann. Damit haben wir dafür gesorgt, dass es, wenn das Gesetz demnächst in Kraft tritt, auch in Wien weiterhin Schanigärten geben wird, und die werden auch weiterhin gut besucht sein. - Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Nächster Redner ist Herr Abg. Nepp. - Bitte. Abg. Dominik Nepp (FPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich war ja die Wortmeldung von Herrn Margulies bezeichnend, da er gesagt hat, kaum will man sparen, beginnen die Oppositionsparteien zu nörgeln. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Falsch!) - Doch, ich habe ganz genau aufgepasst: Kaum beginnt man zu sparen, wird hier genörgelt. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Falsches Zitat!) - Sie können es gerne nachlesen. Wir kritisieren Ihre Budgetpolitik, Sie haben nämlich ein falsches Sparverständnis. Sie sagen, Sparen bedeutet mehr Einnahmen, mehr Einnahmen durch Gebühren, mehr Einnahmen durch Steuern. Das ist Ihr Sparverständnis. Unser Sparverständnis ist, weniger auszugeben, damit man den Bürgern durch eine Gebühren- und Steuerentlastung endlich am Ende des Monats wieder einmal Geld zum Leben lassen kann. (Beifall bei der FPÖ.) Aber dass das nichts Neues ist, dass Sie ständig nur an der Gebührenschraube drehen, kann man schon seit 2010, seit Sie mit in der Regierung sind, und davor halt unter der SPÖ-Alleinregierung, ständig erkennen: Es gibt mehr Belastungen für Familien, die sich je nach Berechnungen zwischen 560 und 800 EUR jährlich bewegen. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Auch das ist falsch! Nachweislich falsch!) - Das ist nicht falsch, Sie können gerne einmal Ihre Gebührenerhöhungen, die Sie in den letzten Jahren oder die SPÖ in den letzten Jahrzehnten durchgeführt haben, zusammenrechnen, dann werden Sie auf diese Zahlen kommen, das bestätigen Ihnen die Statistik Austria und jedes andere Institut. Das kann ich Ihnen gerne erklären oder Sie lesen einmal unser Finanzkonzept, das jährlich von DDr. Edi Schock herausgegeben wird, da können Sie es ständig nachlesen. Aber wir geben auch gerne Nachhilfe. Jedenfalls, das Aussackeln geht weiter, hier will man halt die Unternehmer treffen, indem man jetzt durch eine ganzjährige Öffnungszeit erhöhte Gebühren einhebt. Und wenn man weiß, wie Unternehmer ja jetzt schon belastet sind, und ich kenne viele Klein- und Mittelunternehmen, im 1. Bezirk vor allem, da unser Familienunternehmen dort ansässig ist, können diese schon jetzt fast diese Gebührenlast und Steuerlast nicht mehr stemmen. Und anstatt, dass man einmal etwas Gutes tut und zum Beispiel den Gastronomen sagt, ihr könnt ganzjährig öffnen, aber ihr zahlt dafür nicht wesentlich mehr, nein, kommt schon wieder das Sparpotenzial der GRÜNEN und das Sparpotenzial und der Gedanke von Rot und Grün zur Geltung und man denkt sich, super, jetzt können wir wieder mehr Geld einnehmen, wieder die Gebühren drastisch erhöhen, damit wir wieder mehr Geld haben, um vielleicht wieder irgendwelche rot- grünen Prestigeobjekte, die der Bevölkerung nicht besonders nützlich sind, zu unterstützen. Und das lehnen wir Freiheitlichen ab, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Aber wir sind ja mit unserer Kritik nicht alleine, sondern bereits 2008 hat der Rechnungshof auf unsere Initiative eine Sonderprüfung der Gebühren in Wien durchgeführt. Wir haben das ja damals auch beauftragt, und schon damals hat der Rechnungshof in seinem Bericht kritisiert, dass die SPÖ hier auf Kosten der Gebührenzahler Überschüsse erwirtschaftet, die rein zur Finanzierung des allgemeinen Budgets verwendet werden. Der Rechnungshof hat damals auch noch weiters bestätigt, dass die Berechnung des Kostendeckungsgrades durch die SPÖ nicht der erforderlichen Kostenwahrheit entsprach, also schlichtweg falsch ist, und der Rechnungshof hat auch diese Berechnung ausdrücklich für ungeeignet erachtet. Der Rechnungshof hat ebenfalls unsere Kritik bestätigt, dass der Kostendeckungsgrad, sei es jetzt bei Kanal, bei Wasser oder bei Müll deutlich über 100 Prozent liegt. Und genau das bekritteln wir ständig, dass aus einer bloßen Gebühr eine Steuer wird. Eine Steuer, die ins allgemeine Budget fließt, zu Lasten der Familien, zu Lasten der Unternehmer. Und das lehnen wir Freiheitlichen ab, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Der Rechnungshof hat damals schon eine Aussetzung der Valorisierungsbestimmung empfohlen, bis eben die Mängel bei der Gebührenkalkulation behoben sind. Acht Jahre später, heute, erteile ich dem Wunsch oder der Aufforderung des Rechnungshofes noch einmal Nachdruck und fordere jetzt hier und heute die Abschaffung des Valorisierungsgesetzes mittels eines Antrages: Ich stelle hiermit den Antrag, der Landtag wolle beschließen, der Wiener Landtag spricht sich ausdrücklich für eine Abschaffung des Wiener Valorisierungsgesetzes aus. Es wird die sofortige Abstimmung verlangt. (Beifall bei der FPÖ.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem Valorisierungsgesetz, das diese ständigen Gebührenerhöhungen einzementiert, konterkarieren Sie eigentlich Ihre eigene Sozialpolitik, was sich auch in der erhöhten Anzahl an Mindestsicherungsbeziehern widerspiegelt. Dass dieses Valorisierungsgesetz jetzt nicht gut und der Weisheit letzter Schluss ist, haben Sie auch bewiesen, da Sie es als Wahlzuckerl für ein Jahr aufgehoben haben. Wir haben recht behalten, dass dies auch eine überproportionale Erhöhung in den Folgejahren zur Folge hat - die Frau Stadträtin hat ja schon angekündigt, wie hoch in den nächsten Jahren die Gebühren zu steigern sind, um dieses Budgetloch, das Rot-Grün in den letzten Jahren aufgerissen hat, zu stopfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen, hören Sie auf, mit dem Steuergeld zu urassen, entlasten Sie endlich die Wienerinnen und Wiener, setzen Sie diesen Gebührenerhöhungen ein Ende, setzen Sie dem Aussackln der Wienerinnen und Wiener ein Ende und setzen Sie vor allem dem Valorisierungsgesetz ein Ende. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abg. Margulies gemeldet. Sie haben drei Minuten. - Bitte. Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Es ist tatsächlich ein trauriger Tag für die Politik, wenn Kollege Nepp das wiederholt darstellt, obwohl wir es ihm hier schon, glaube ich, 27 Mal vorgerechnet haben, wie falsch seine Rechnung der 500 bis 800 EUR Gebührenerhöhung für jede Wiener Familie in den letzten 7 Jahren mittlerweile ist. Wir haben es Ihnen wiederholt bei den einzelnen Gebühren vorgerechnet, wir haben es Ihnen wiederholt in der Gesamtheit zusammengerechnet. Natürlich hat es Gebührenerhöhungen in diesem Zeitraum in Wien gegeben, im Bereich Wasser, Abwasser, Kanal. Sie rechnen dann gerne nicht die Energie dazu, die so billig ist, wie in den letzten - glaube ich - 15 Jahren nicht. Sie rechnen dann gerne nicht die öffentlichen Verkehrsmittel dazu, die von 449 auf 365 EUR gesenkt wurden, Sie rechnen den Gratiskindergarten nicht dazu. Sie erzeugen bewusst Falschmeldungen. Und wenn dann in der Politik sich gegenseitig nur noch Falschmeldungen vorgeworfen werden, dann ist das tatsächlich ein Tiefpunkt. Und dieser Tiefpunkt in der Politik wird dann tatsächlich auch noch durch andere Dinge unterstrichen, ich will es jetzt nicht noch einmal aufnehmen, aber heute in der Zeitung kann jeder nachlesen, wie Politiker, die betrunken Auto fahren, nicht zurücktreten. (Zwischenruf von Abg. Mag. Dr. Alfred Wansch.) Gut und schön, aber um wirklich ernsthaft Politik machen zu können, sollte man zumindest Fakten ernst nehmen und nicht ständig faktenfrei irgendwelche Unwahrheiten daherreden. - Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Gäste auf der Galerie begrüßen. Normal sieht man ja nicht so leicht, wer zu uns gekommen ist, aber ich kann eindeutig erkennen, dass hier eine Abordnung des Österreichischen Bundesheeres bei uns ist. Herzlich Willkommen. (Allgemeiner Beifall.) Als nächster Redner ist Herr Abg. Hobek zu Wort gemeldet. Abg. Mag. Martin Hobek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf den Rängen und daheim vor den Bildschirmen! Wir haben hier jetzt sehr viel über Geld gesprochen, ich möchte Ihnen aber noch einen Grund mitteilen, warum wir die Gesetzesvorlage ablehnen werden. Und zwar geht es da um die Perspektive der behinderten Menschen. Es gibt eine Organisation, die heißt IVMB, das ist die Abkürzung für Interessensvertretung der Menschen mit Behinderung. Ich muss ehrlich gestehen, bevor ich hier im Haus Abgeordneter wurde, habe ich keine Ahnung gehabt, dass es so etwas überhaupt gibt. Wir hatten Dienstag voriger Woche wieder eine Sitzung, die hat drei Stunden gedauert, von halb fünf bis halb acht. Es waren drei sehr intensive Stunden, und es war eigentlich in gewisser Weise auch bedrückend, da man dann drei Stunden lang von den Problemen der behinderten Menschen in dieser Stadt hört. Für jemanden, der an der Lösung dieser Probleme interessiert ist, und einige Kolleginnen und Kollegen waren doch auch dort, ist es natürlich eine Fundgrube. Wir haben da auch zur Kenntnis genommen, dass diese Interessensvertretung, die ja vom Amt der Wiener Landesregierung 1986 gegründet wurde - also vor genau 30 Jahren -, auch das Ziel hat, die Landesregierung bei ihren Gesetzesvorlagen und Beschlüssen zu beraten. Im Zuge dessen wurde die IVMB auch aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben, wozu man allerdings nur knappe zwei Tage Zeit hatte, was natürlich extrem kurz ist. Trotzdem hat es eine Arbeitsgruppe geschafft, das in zwei Tagen durchzuarbeiten und auch eine qualifizierte Stellungnahme abzugeben. Diese war durchaus nicht sehr umfangreich, aber sehr qualifiziert, man hat hier einige Textpassagen hineinreklamieren wollen. Wären die gekommen, hätte es keinen Aufschub gegeben, es wäre jetzt also nicht alles auf den Kopf gestellt worden, sondern es ging eigentlich nur um Selbstverständlichkeiten. Es ist einfach - um das jetzt auf einen Satz zu reduzieren - darum gegangen, dass sich behinderte Menschen im Winter im Schanigarten nicht weh tun. Sie wissen, gerade im Winter ist es natürlich doppelt problematisch etwa für Blinde mit einem Sehstock. Ich kann mich erinnern, im Winter 2012/2013 haben wir nur ein paar Tage Schnee in Wien gehabt, aber das vier Mal ordentlich, da hat es ein, zwei Tage wie verrückt geschneit und überall waren Schneeberge. Das ist natürlich für blinde Menschen oder auch für Menschen im Rollstuhl nicht ganz unproblematisch. Diese Selbstverständlichkeit, dass man darauf Rücksicht nimmt, wollte man in einigen Textpassagen drinnen haben. Und wenn Gestaltungskonzepte geändert werden - da müssen ja verschiedenste Institutionen beigezogen werden, das ist im Gesetz auch alles angeführt -, hätten die behinderten Menschen gerne gehabt, dass man sie dann auch mit einbezieht. Also eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit. Aber wie man feststellen musste, wurden kein einziges Bedenken und keine einzige Reklamation berücksichtigt. Es wurde alles ignoriert. Ich finde das sehr schade, denn diese Einrichtung ist ausgesprochen gut, wie gesagt, ich bin wirklich begeistert davon. Nur, wenn man da drei Stunden sitzt und sich das anhört, sollte es eigentlich auch mehr sein als eine Gesprächstherapie, so nach dem Motto, erzählt uns, woran es bei euch krankt, worunter ihr leidet, und dann sagt man so quasi als Endeffekt, gut, dass wir darüber gesprochen haben. Das ist ja nicht der Sinn der Sache. Ich würde mir wirklich wünschen, auch für zukünftige Gesetzesvorlagen, die behinderte Menschen betreffen, dass man das dann auch mit mehr Leben erfüllt. - Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile der Frau Berichterstatterin das Schlusswort. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Mitglieder des Hohen Hauses! Sehr geehrte Herren Leutnante! Ein ungewöhnlicher Besuch, ich freue mich, dass Sie an diesem besonderen Tag zu uns gekommen sind. Morgen ist ihre Ausmusterung, ich wünsche Ihnen alles Gute und vor allem Gesundheit. Schön, dass Sie heute bei uns sind. (Allgemeiner Beifall.) Ich werde versuchen, kurz zu sein. Es ist allerdings nicht so einfach, denn alleine die Diskussion jetzt hat schon gezeigt, dass wir uns da ein ziemlich komplexes Thema vorgenommen haben, das auch emotional besetzt ist. Denn jeder sitzt gerne im Schanigarten, gleichzeitig gibt es natürlich, zu Recht, wirtschaftliche Interessen, aber es gibt natürlich auch genauso zu Recht Anrainer und Anrainerinnen, die gerne ungestört sind. Insofern möchte ich zuerst einmal zum Ausdruck bringen, dass ich mich freue, dass wir eine gemeinsame Lösung gefunden haben. Ich freue mich auch darüber, dass, auch wenn hier viel Kritik geäußert wurde, doch schon auch grundsätzlich anerkannt wurde, dass wir hier versucht haben, viele Interessen unter einen Hut zu bringen und eine gemeinsame Lösung zu finden. Was mich weniger freut, sind immer diese allgemeinen Stehsätze des Vorwurfs der Bürokratie, die bei solchen Diskussionen immer wie das Amen im Gebet kommen. Herr Kollege Ornig, Sie haben da ein paar Begrifflichkeiten verwendet, die ich Sie bitten würde, in Ruhe im Protokoll nachzulesen und dann zu überlegen, was Sie da eigentlich sagen, nämlich nicht mir als Politikerin - da können wir jede Form der Auseinandersetzung wählen -, sondern den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses gegenüber. Ich glaube, dass Sie da ein bisschen leichtfertig Begrifflichkeiten wie Willkür oder auch Schikane verwenden. Ich würde bitten, dass wir vielleicht die Diskussion auf politischer Ebene belassen und nicht mit solchen Begrifflichkeiten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unseres Hauses betrachten. Es ist die Frage gestellt worden, wo es denn da die Erleichterungen gibt. Ich kann sie Ihnen gerne nennen. Es gibt zum Beispiel eine vereinfachte Zahlung bei den mehrjährigen Gebrauchserlaubnissen, es gibt eine Erleichterung bei der Übergabe bestehender Gebrauchserlaubnisse, zum Beispiel durch eine Verlängerung der Frist, es gibt den automatischen Zusammenhang, wenn die Gewerbeberechtigung endet, dann werden zukünftig alle anderen Nutzungen, die damit in Zusammenhang stehen, enden, und vieles andere mehr. Und ja, es gibt neue Nutzungskonzepte, aber diese Nutzungskonzepte, sehr geehrte Damen und Herren, sind nicht auf dem Mist von irgendwelchen bürokratischen Beamtinnen und Beamten gewachsen, das war der langjährige Wunsch der Wirtschaft. Das war der Vorschlag der Wirtschaftskammer, die gesagt hat, sie möchte diese Nutzungskonzepte auch entsprechend haben. Wir haben uns diesem Wunsch gefügt, da ich eben sehr daran interessiert bin, hier eine gemeinsame Lösung zu finden. Es hat, und der Kollege Strobl hat schon einige davon zitiert, völlig unterschiedliche Stellungnahmen gegeben. Ich bin ja schon lange in diesem Haus und habe schon viele Gesetze behandelt, und - bei aller Bedeutung der Schanigärten - wahrscheinlich auch solche, die für die Lebensnotwendigkeit doch noch eine Spur bedeutender sind als die Frage der Schanigärten, aber so viele, so unterschiedliche, so diametral einander widersprechende Stellungnahmen wie in diesem Fall haben wir noch nicht bekommen. Insofern ist der Begriff der Quadratur des Kreises, der hier schon verwendet wurde, wirklich richtig. Es wurde schon erwähnt, dass der, der die radikalste Forderung gestellt hat, der Herr Bezirksvorsteher aus dem 1. Bezirk war, der sehr hohe Preise verlangt hat, in Wahrheit auch sehr viel an Einschränkungen verlangt hat. Dem konnte und wollte ich nicht nachgeben. Ich sehe mich hier als die Stimme der Wirtschaft in der Regierung und dann kann ich so einer Lösung, wie sie hier vorgeschlagen wurde, nicht zustimmen. Wiewohl ich verstehe, dass der Herr Bezirksvorsteher unter Druck ist. Und das meine ich jetzt gar nicht zynisch, ich verstehe - und das hat Kollege Margulies auch schon versucht, darzustellen -, welchen Druck wir auf die Nutzung des öffentlichen Raumes in unserer Stadt haben. Das ist halt ein sehr dicht besiedeltes Gebiet, und da gibt es natürlich unterschiedliche Interessen. Und ja, natürlich nimmt die Höhe der Gebühr auch auf diese unterschiedlichen Situationen Rücksicht und unterscheidet man auch zwischen den verschiedenen Zonen. Frau Kollegin Stenzel, wenn Sie hier davon sprechen, wie schwer belastet dann in Zukunft die Wirte in schlechten Lagen im 1. Bezirk sind: Zunächst frage ich mich, wo es denn im 1. Bezirk eigentlich eine schlechte Lage gibt. Es wundert mich, dass Sie das als Ex-Bezirksvorsteherin so sehen, ich finde den ganzen Bezirk eigentlich eine gute Lage und habe da vielleicht eine bisschen positivere Einstellung zum Bezirk als Sie zu Ihrer ehemaligen politischen Heimat. Aber wenn Sie damit gemeint haben, diese sind wirtschaftlich nicht so erfolgreich, dann kann ich Ihnen sagen, in den Nebengasse im 1. Bezirk ist die zu bezahlende Gebühr 2 EUR/m². 2 EUR, also, da denke ich doch wirklich nicht, dass man von überbordenden Kosten sprechen kann. Ich kann Ihnen auch versichern - auch das ist nicht richtig, Frau Kollegin -, dass es erstens einmal eine Sonderregelung für die Anrainerparkplätze gibt, das ist völlig klar geregelt, und es ist völlig klar, dass es keinen Winterschanigarten in der Parkspur geben kann. Das war von Anfang an klar. Daher ist das, was hier von Ihnen gesagt wurde, schlicht und einfach nicht richtig. Wie auch viele andere Punkte nicht richtig waren, ich versuche, nur die wichtigsten entsprechend richtigzustellen: Das eine hat Kollege Margulies schon gesagt, zur Frage der Zuschüsse, die die Stadt Wien aus allgemeinem Steuergeld seit vielen Jahren an die Gebühren gibt. Ich darf nur, abgesehen davon, dass die Berechnungsmethode vom Verfassungsgerichtshof als korrekt anerkannt wurde, die Zahlen nachliefern: 2015 hat die Stadt Wien zum Gebührenhaushalt 638 Millionen zugeschossen! - Dies zu dieser immer wieder kommenden Behauptung, dass wir uns hier ein Körberlgeld machen. Dieses Körberlgeld, das darin besteht, dass man 638 Millionen zuschießt, möchte ich niemandem vergönnen. Genauso ist es nicht richtig, was der Vertreter der FPÖ gesagt hat, dass die Frage der Behindertengerechtigkeit nicht akzeptiert wurde. Im Gegenteil, sogar in § 1 wird explizit darauf eingegangen und ist explizit geregelt, neben vielen anderen Dingen, dass der öffentliche Grund barrierefrei zugänglich sein muss. In § 1a, Nutzung des öffentlichen Grundes, ist die Barrierefreiheit selbstverständlich explizit enthalten. Ich würde schon meinen, man kann über alles diskutieren, aber bleiben wir bitte bei den Fakten. Ich denke, es ist uns hier wirklich unter nicht einfachen Rahmenbedingungen gelungen - ja, es ist ein Kompromiss, aber wegen dem geniere ich mich nicht, im Gegenteil, ich finde, das ist eine tolle Leistung -, dass wir hier einen Kompromiss geschafft haben. Aber ich möchte mich auch, da ja ganz sicher nicht nur meine Arbeit da drinnensteckt - und das ist sonst nicht meine Art, aber da so viel dahintersteckt, wir mit so vielen Leuten geredet haben, Umfragen gemacht haben, Runde Tische und, und, und -, ausnahmsweise auch bedanken. Die Kollegin Löffler wurde schon erwähnt, aber ich möchte mich auch bedanken bei den Damen und Herren der zuständigen Magistratsabteilung, und vor allem bei der Frau Kollegin Bollinger, die sich nicht einmal von einem Unfall abhalten ließ, dieses Gebrauchsabgabegesetz so zu machen. Dafür ein herzliches Dankeschön, und ich bitte Sie, es zu beschließen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das ist mit den Stimmen der SPÖ und der GRÜNEN gegen die Stimmen von FPÖ, ÖVP und NEOS mehrstimmig so beschlossen. Es liegt ein Beschlussantrag vor, der sich mit der Abschaffung des Wiener Valorisierungsgesetzes beschäftigt. Abg. Nepp hat ihn verlesen, und ich bringe diesen nun zur Abstimmung. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind die Stimmen der ÖVP, der NEOS und der Freiheitlichen gegen die Stimmen von SPÖ und GRÜNEN, der Antrag hat somit nicht die notwendige Mehrheit, bleibt in der Minderheit und ist damit nicht beschlossen. Ich schlage nun vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand. Das ist nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit und gemäß § 27 Abs. 1 der Wiener Stadtverfassung wird damit die zweite Lesung auf die Tagesordnung der nächstfolgenden Sitzung gesetzt. Postnummer 7 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Besteuerung von Vergnügungen im Gebiet der Stadt Wien - Vergnügungssteuergesetz 2005 geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner. Ich bitte sie, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren, auch hier ersuche ich um Diskussion und Beschlussfassung. Präsidentin Veronika Matiasek: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird dagegen Widerspruch erhoben. - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit eröffnet, und ich darf Herrn StR Mag. Blümel das Wort erteilen. StR Mag. Gernot Blümel, MBA: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Leutnante! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift "Keine Steuer aus Vergnügen! Spassbefreien.at!" auf das Pult.) Dieser Tagesordnungspunkt ist zweifellos ein guter für die Stadt. Ich freue mich sehr, dass wir alle heute gemeinsam - so nehme ich doch an - einer langjährigen Forderung meiner Fraktion nachkommen und endlich die Vergnügungssteuer abschaffen können. Das ist nicht nur ein Vergnügen, sondern vor allem auch ein Sieg der Vernunft und ein Sieg der Beharrlichkeit, hat doch meine Fraktion seit 2005 regelmäßig diese Forderung gestellt, und wir haben auch im letzten halben Jahr mit dieser Kampagne "Spassbefreien.at" dafür Werbung gemacht, dass diese Vergnügungssteuer endlich der Vergangenheit angehört. Das beschließen wir heute, und das ist ein schöner Erfolg. (Beifall bei der ÖVP.) Es war höchste Zeit, dass das passiert ist, und zwar nicht nur deswegen, weil es ohnehin skurril genug ist, Vergnügen zu besteuern, sondern weil seit dem Wegfall der Einnahmen aus dem Kleinen Glücksspiel diese Steuer ohnehin ja zu einer Farce verkommen ist. Das muss man sich vorstellen, rund ein Viertel der Gesamteinnahmen aus dieser Steuer waren für den Vollzug dieser Einnahmen aufzuwenden. Also ein absoluter Schildbürgerstreich. Und nicht nur aus Kosten-Nutzen-Gründen gehört dieses Gesetz eher ins Kabarett, sondern auch, wenn man sich den Gesetzestext noch einmal durchliest. Wenn da unter Publikumstanz, Masken- und Kostümfest im § 8 Z 3 steht "als Publikumstanz gelten die auf einer vom Veranstalter bereitgestellten Tanzfläche getanzten Gesellschaftstänze", dann klingt das nicht nur skurril, sondern ist es auch, vor allem wenn man sich ein bisschen anschaut, was das im Vollzug geheißen hat. Vor Kurzem ist ja der Fall Parov Stelar durch die Medien gegangen, bei dem dieser Elektro- Swing-Künstler eine Veranstaltung gehabt hat, ein Konzert, und im Nachhinein hat es dann geheißen, er muss Vergnügungssteuer nachzahlen, weil ein Revisionsbeamter der MA 6 gemeint hat, beim Saalfeger, das heißt, nachdem er fertig war und ein anderer Künstler gespielt hat, haben die Leute irgendwie zu tanzen begonnen - also mehr als nur ein normaler Hüftschwung - und damit wird Vergnügungssteuer fällig. Die Nachzahlung war 8.000 EUR. Das ist skurril nicht nur auf Grund dieser Tatsache an sich, sondern auch, weil das Bundesfinanzgericht 2014 bereits beschieden hat: "Rhythmische Bewegungen der Konzertbesucher, wie sie auch bei Rockkonzerten zu sehen sind, sind keine Gesellschaftstänze." Also, bei einem Elektro-Swing-Konzert muss man Steuer zahlen, bei einem Rockkonzert nicht, weil der Hüftschwung ein anderer ist, das, bitte, argumentieren Sie hier, das hätte ich gerne im Protokoll. (Beifall bei der ÖVP.) Insofern ist es heute ein guter Tag für die betroffenen Unternehmer und auch für extensive Hüftschwinger und deswegen würde ich sagen, nutzen wir diesen Schwung gleich aus, um weiter das Steuersystem von Skurrilitäten zu befreien, es gibt auch ein paar andere Dinge, die nicht ganz so - wie soll ich sagen - argumentierbar sind: Als Luftsteuer wird gemeinhin das bezeichnet, was man für ein Schild zahlen muss, wenn es einmal genehmigt ist. Ich habe auf der Wirtschaftsuni einmal gelernt, Luft ist kein knappes Gut, deswegen nicht handelbar, besteuern kann man es scheinbar doch. Jetzt ist mir schon klar, der öffentliche Raum ist knapp, aber wenn es irgendwo aus verkehrstechnischen Gründen kein Schild geben soll, dann genehmigen wir es einfach nicht. Danach Steuern zahlen, ist eine Skurrilität, deswegen wird meine Fraktion auch den Antrag einbringen, diese abzuschaffen. Nutzen wir den Schwung der heutigen Liberalisierung. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Nächster Redner ist Herr Abg. Peter Kraus. Ich darf vorab darauf hinweisen, dass wir um 16 Uhr die Sitzung unterbrechen müssen, um die Dringlichen Anfrage abzuhandeln. Sie schaffen das? Abg. Peter Kraus, BSc (GRÜNE): Frau Präsidentin, ich schaffe das ganz bestimmt, denn vieles ist ja heute zur Vergnügungssteuer schon gesagt worden. 5 Millionen EUR Entlastung für Wiens UnternehmerInnen, 3.000 UnternehmerInnen sind betroffen, nicht zu vergessen, dass sehr viele davon kleine UnternehmerInnen sind, Selbstständige, an denen wieder sehr viele andere Selbstständige dranhängen: DJs, VJs, FotografInnen, PromotorInnen. Es ist wirklich eine spürbare Erleichterung für ganz, ganz viele Menschen, die in unserer Stadt wirtschaftlich aktiv sind und damit auch eine handfeste Wirtschaftsförderungsmaßnahme. Es ist aber viel mehr, es ist auch ein Ausdruck von Freiheit, tanzen, Party machen, feiern. Die Wiener Clubkultur, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat, ist ein Ausdruck von Freiheit, ist aber auch ein Anziehungspunkt für ganz, ganz viele kreative Köpfe in dieser Stadt und prägt letztendlich auch das Image von Wien auf der Welt. Und nicht zuletzt ist es auch ein Tourismusfaktor, denn Menschen kommen heute nicht mehr nur ausschließlich wegen Schönbrunn und dem Stephansdom nach Wien, sondern zum Beispiel auch, wenn man ein Wochenende nach Wien kommt, um in die Grelle Forelle zu gehen, um in die Pratersauna zu gehen, um wo auch immer hinzugehen. Ja, das ist ein guter Tag für die Wiener Wirtschaft, auch, weil es nicht nur eine finanzielle Entlastung ist, sondern auch eine bürokratische Entlastung. Ich habe wieder meine Eintrittskarte mit von unserer Pressekonferenz: Es war nämlich so, VeranstalterInnen mussten bislang von Tanzveranstaltungen diese Eintrittskarten zur MA 6 bringen, die wurden dann dort geprägt, dann musste man diese Eintrittskarten bei der Veranstaltung verwenden, nach der Veranstaltung die geprägten Eintrittskarten wieder zurückbringen, und dann wurde die Vergnügungssteuer abgerechnet. Das heißt, auch für die Verwaltung gibt es weniger Aufwand durch diese Novelle. Ich möchte abschließend noch zwei Mal Dank aussprechen. Ein Mal bei der Opposition, nicht nur dafür, da ich glaube, dass diese Novellierung heute einstimmig wird, sondern auch für die unterhaltsamen Stunden in den letzten Tagen. Wer war es denn jetzt? Waren es die JUNOS oder waren es die UNOS oder die NEOS oder die JVP oder der Wirtschaftsbund oder die ÖVP-Wien? (StR Mag. Gernot Blümel, MBA hält die Tafel mit der Aufschrift "Keine Steuer aus Vergnügen! Spassbefreien.at!" in die Höhe.) - Ja, diese sehr schöne Kampagne, die Webseite hat übrigens nicht funktioniert letzte Woche. (Heiterkeit bei GRÜNEN und SPÖ.) Wir haben, während ihr da so ein bisschen Sackhüpfen gemacht habt, auf jeden Fall eine Novellierung vorgelegt, sehr schön, wenn wir die heute alle einstimmig beschließen. Und dann möchte ich mich auch noch bei der MA 6 und beim Büro von Renate Brauner bedanken, nicht nur für die Novellierung der Vergnügungssteuer, sondern für alle Gesetze, die wir da heute auf Schiene gebracht haben. Ich glaube, das war eine wirklich gute Arbeit. Vielen Dank dafür. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Nächste Rednerin ist Frau Abg. Wehsely. Kommen Sie mit der Redezeit aus oder wollen Sie unterbrechen, es sind knappe fünf Minuten? Abg. Mag. (FH) Tanja Wehsely (SPÖ): Der Kollege Juraczka ist ja auch noch gemeldet. (Zwischenruf von Abg. Mag. Manfred Juraczka) - Ich wollte gerade anbieten, machen wir es jetzt einfach wirklich nett und schnell. Es ist ein einstimmiges Gesetz, wir freuen uns, der Kollege hat schon alles gesagt, bedankt wurde sich auch schon bei allen, ich möchte mich dem noch anschließen, denn es war wirklich eine große Freude gemeinsam. Es wird für die letzten Stunden das letzte Vergnügen sein, das wir gemeinsam haben, also begehen wir es. - Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Wenn es beim Kollegen Juraczka auch so schnell geht und wenn Sie als Antragsteller nichts dagegen haben, dann handeln wir das Gesetz ab und steigen dann in die Dringliche ein. Gibt es dagegen irgendwelche Einwände? - Dann wollen wir das so machen. Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Frau Präsidentin, warum stehe ich schon da? Ich nehme das Hölzel meiner Vorrednerin gerne auf, kann es nicht ganz so schnell machen wie Kollegin Wehsely, weil es mir darum geht, noch zwei Anträge einzubringen. Ja, es ist ein guter Tag, dass wir es geschafft haben, eine Steuer zu entsorgen, die wahrlich unternehmenshemmend war und bei der die Bürokratie mehr gekostet hat als die Einnahmen. Gut, dass die Vergnügungssteuer weg ist, aber ich glaube, das sollte nur ein Anfang sein. Deshalb bringe ich heute einen Antrag betreffend weiterer Entlüftung des Wiener Steuersystems ein. Ich will jetzt wirklich nicht lange werden, aber ich darf nur daran erinnern, dass Bgm Häupl schon vor einigen Jahren darüber philosophiert hat, beispielsweise die Werbeabgabe in Wien ersatzlos zu streichen. Vielleicht kann man in diese Richtung nachdenken. Und der zweite Antrag: Ja, ich weiß, vor wenigen Minuten wurde von einer anderen Fraktion ein fast gleichlautender Antrag eingebracht, nämlich auf Aufhebung des Wiener Valorisierungsgesetzes. Ich verspreche, ich möchte mit den Kollegen der Freiheitlichen keinen Streit über die Urheberschaft führen, wer zuerst war, es ist schön, zwei Fraktionen, und ich glaube, die NEOS sehen das sogar ähnlich, drei Fraktionen in diesem Haus wollen weniger Belastung. Es ist klar, wer mehr Belastung will, aber vielleicht wird sich die Vernunft auch in diesen Fragen durchsetzen. Das war der zweite Antrag, damit war es auch schon. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Abg. Ornig hat sich nachgemeldet und hat mir gezeigt, es ist eine kurze Wortmeldung. Dann handeln wir jetzt dieses Gesetz ab. (Abg. Mag. (FH) Tanja Wehsely: Ich rede nie wieder kurz!) Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Ich bin der Kürzeste, versprochen! Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken, sowohl der Koalition als auch der Opposition. Ich glaube, wir haben alle gefeiert, die GRÜNEN haben auch auf Tischen gefeiert, es ist nicht so, dass wir nicht uns gematcht haben, wer hier mehr zu feiern hat. Ich finde das auch sehr schön, wenn man etwas zu feiern hat. Ich sage, hui, es ist auch wahnsinnig schnell gegangen, wenn man bedenkt, dass die GRÜNEN erst seit 6 Jahren in der Regierung ist und die SPÖ es erst seit 30 Jahren ist. Hui, sagt bekanntermaßen auch eine Schnecke, die auf einer Schildkröte reitet. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist damit beendet. Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort. - Bitte. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Ich lasse mir die Freude nicht vermiesen und freue mich über den einstimmigen Beschluss. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen, die Hand zu heben. - Ich stelle fest, dass das einstimmig in erster Lesung so beschlossen ist. Es liegen zwei Beschlussanträge der ÖVP vor. Der erste beschäftigt sich mit der Entlüftung des Wiener Steuersystems. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit den Stimmen der ÖVP, der NEOS und der Freiheitlichen, somit der Minderheit und damit eben nicht beschlossen. Der zweite Antrag befasst sich mit dem Valorisierungsgesetz. Auch hier bitte ich diejenigen, die diesem Antrag zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Hier ist dasselbe Abstimmungsverhalten, und damit bleibt auch dieser Antrag in der Minderheit. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vorzunehmen. Gibt es dagegen einen Einwand? - Das ist nicht der Fall. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die nun in zweiter Lesung dem Gesetz ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich kann wieder die Einstimmigkeit feststellen, das ist etwas Schönes. Mit geringfügiger Verspätung kommen wir nun zur Dringlichen Anfrage. Wir kommen zu der von den Abgeordneten Mag. Juraczka und Korosec eingebrachte und an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit, Soziales und Generationen gerichtete Dringliche Anfrage betreffend Missbrauch der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Grund fehlender Kontrolle durch die MA 40. Vom Fragesteller mündlich begründet wird hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfinden. Für die nun folgende Begründung der Dringlichen Anfrage sieht die Geschäftsordnung gemäß § 37 Abs. 1 eine Redezeit von 20 Minuten vor. Die Antragsteller haben auf eine Verlesung der Dringlichen Anfrage verzichtet. Daher erteile ich nun zur Begründung dem Herrn Abg. Mag. Juraczka das Wort - 20 Minuten Redezeit. Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gestern schon sehr intensiv über die Baustellen im Ressort Gesundheit und Soziales gesprochen. Gestern mit dem Fokus auf das Thema Gesundheit, heute erschien uns und meiner Fraktion diese Dringliche ganz wesentlich im Hinblick auf die Gebarung im Bereich des Sozialen. Wir stehen da vor Problemen, vor allem finanzieller Natur, auf die die ÖVP schon lange aufmerksam macht. Es geht nämlich um die Finanzierbarkeit des Wiener Sozialsystems, aber nicht nur um die Finanzierbarkeit, meine Damen und Herren, sondern auch um die Gerechtigkeit des Wiener Sozialsystems. Schauen wir uns doch den historischen Rückblick an! Es gibt die Bedarfsorientierte Mindestsicherung österreichweit seit September 2010. Und seit Beginn der Ära der Mindestsicherung in diesem Land gibt es, wenn man sich den Bundesländervergleich ansieht, eine Schräglage, die in den letzten Monaten immer eklatanter wurde. Eine Schräglage, die schon die Tageszeitung "Die Presse" vor mehr als einem Jahr dazu verleitet hat, einen Leitartikel mit der Headline "Die soziale Zeitbombe Wiens" zu schreiben. Was ist damit gemeint? - Wir hatten in Wien bei der Einführung der Mindestsicherung 106.000 Bezieher eben dieser, wir hatten nur 3 Jahre später schon 50 Prozent mehr, nämlich 150.000, und 2016 fehlen nicht mehr allzu viel auf 200.000. Es waren 2015, letztes Jahr, schon über 180.000, wir gehen leider Gottes mit großen Schritten auf die 200.000 Mindestsicherungsbezieher in dieser Stadt zu. Österreichweit wurde von allen Bundesländern zusammengenommen im Jahr 2015 ein Betrag von 869 Millionen EUR, also eine beachtliche Geldleistung, ausgegeben, um diese Sozialleistung zu stemmen. Wien allein muss 544 Millionen EUR, also knapp 63 Prozent dieser Geldleistung, berappen. Und was hören wir von Seiten der verantwortlichen Stadträtin? - Alles kein Problem! 46 Prozent der Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in dieser Stadt sind mittlerweile nicht österreichische Staatsbürger. Auch das muss man einmal völlig empathielos auf den Tisch legen und sich ansehen, wie man damit umgeht. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Empathielos! Empathielos ist das richtige Wort! - Zwischenruf bei den GRÜNEN.) Interessant ist nur, wie Kollegin Wehsely immer argumentiert, es sind ja alles nur Zuzahler, die Working Poor wären es, die das Problem ausmachen. Frau Kollegin Wehsely, danke für Ihre Anfragebeantwortung, die nämlich auch Licht ins Dunkel gebracht hat. Ich werde Ihnen die Zahlen noch einmal vorlesen: Es sind zwar in der Tat knapp 140.000 Ergänzungsleistungsbezieher in Wien, aber gerade mal 21.700 sind Ergänzungsleistungen auf Erwerbseinkommen, die restlichen Ergänzungsleistungen sind auf Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Unterhalt, Alimente, Wochengeld, und so weiter und so fort; also im Wesentlichen auf andere Sozialleistung. Also von den Working Poor zu reden, ist wohl der falsche Ansatz. Sie selbst, Frau StRin Wehsely, haben im Jahr 2010 noch, als es um die Einführung der Mindestsicherung ging, gemeint, es geht hier darum, Menschen sehr rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das ist auch das Ziel, wie Sie damals im Juni 2010 meinten, der Mindestsicherung, nämlich dass sie ein Trampolin sei, ein Trampolin in Richtung Selbstständigkeit, und Selbstständigkeit wird nur durch Beschäftigung erreicht. Große Worte, die ich absolut teile, die Realität zeigt jedoch ein ganz anderes Bild. Meine Damen und Herren, darum ist es jetzt höchste Zeit, zu handeln. Ich darf daher gemeinsam mit meiner Kollegin Ingrid Korosec und meinem Kollegen Dr. Wolfgang Ulm einen Antrag auf Reform der Bedarfsorientierten Mindestsicherung einbringen. Was fordern wir im Konkreten? - Die Schaffung einer gesetzlichen Regelung, wonach Geldleistungen für Mehrpersonenhaushalte mit einer bundesweit einheitlichen Obergrenze von 1.500 EUR versehen werden. Und damit nicht sofort vom sozialen Kahlschlag die Rede ist - ich höre jetzt schon die Worte der Kollegin Hebein -, darf ich Ihnen sagen, dass das Medianeinkommen eines Arbeiters in Wien im Jahr 2013 - für 2014 gibt es dazu leider keine Werte - bei 14.480 EUR brutto lag, das Medianeinkommen eines unselbstständig Erwerbstätigen in Wien im Jahr 2014 bei 25.187 EUR, was rund 1.790 EUR brutto verspricht. Wenn wir Fairness wollen, glaube ich, sollte den Menschen, die tagtäglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen, schon mehr Geld im Börsel bleiben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenruf von Abg. Mag. Rüdiger Maresch.) Herr Kollege Maresch, Sie erinnern mich frappant an ein Plakat, das Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi in Deutschland plakatiert haben: Wohlstand für alle. - So stellen sich das die Kommunisten vor, nur, das kann man gesetzlich leider nicht verordnen. Nehmen Sie das zur Kenntnis! - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenruf von Abg. Mag. Rüdiger Maresch.) Das Zweite, was wir fordern, meine Damen und Herren, ist, dass Mindestsicherung nur an erwerbsfähige Personen ausgezahlt wird. (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Herr Kollege, das ist völlig empathielos! Empathielos ist das Zauberwort!) Personen, die noch keine drei Jahre Lohn- und Einkommensteuer in Österreich gezahlt haben, sollen keine Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bekommen. Natürlich soll das auch dahin gehend sein, dass man einmal eingezahlt haben sollte, um hier auch in Bezug einer solchen Sozialleistung zu kommen. Der dritte Punkt ist: Subsidiär Schutzberechtigte, und da geht es darum, Menschen unmittelbaren Schutz, wohl aber auch Schutz auf Zeit angedeihen zu lassen, sollen nicht in die normale Sozialgesetzgebung, in die Mindestsicherung fallen, sondern weiter Teil der Grundversorgung bleiben und Grundversorgung beziehen. Wir wollen genauso als Teil dieses Antrages den Abschluss einer verpflichtenden Zusammenarbeitserklärung - Vorarlberg hat ein sehr interessantes Modell im Zuge der Antragstellung vorgestellt -, wobei sicherzustellen ist, dass bei Nichteinhaltung dieser Verpflichtung die Mindestsicherung gekürzt und im Wiederholungsfall gestrichen wird. Wir fordern, und da gibt es ja durchaus Diskussionen über Parteigrenzen hinweg, die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen. Wir fordern einen Wiedereinsteigerbonus, um Arbeitsanreize zu stärken. Und wir fordern die Verpflichtung zur Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten. - Soweit der Antrag, den ich hiermit einbringen möchte. Meine Damen und Herren! Was natürlich schon auch Gegenstand dieser Dringlichen Anfrage sein muss, ist die Berichterstattung, wie sie uns erst vor wenigen Tagen in der größten österreichischen Tageszeitung vergegenständlicht wurde. Denn wenn ich jetzt nicht bewusst davon ausgehe, dass Journalisten per Definition die Unwahrheit sagen, gibt es ganz offensichtlich Mitarbeiter der MA 40, die beispielsweise Folgendes zu Papier bringen: "Wir sollen keinesfalls die Polizei rufen, wenn uns gefälschte Urkunden vorgelegt werden. Wir sollen nicht so genau hinsehen." - So wird dieser Mitarbeiter zitiert. Und wenn es hier Ausformungen gibt, die nicht Sinn einer Sozialgesetzgebung sein können, die, wie die Frau Stadträtin 2010 gesagt hat, Trampolin und nicht Hängematte sein möchte, dann muss man schon darüber nachdenken, ob das, wenn arbeitslose Drittstaatsangehörige, die mit ihrer Familie beispielsweise 5.200 EUR netto bekommen, eine Treffsicherheit in der Sozialleistung ist, wie wir sie wollen und wie wir sie uns leisten können. Meine Damen und Herren, ich bitte, springen Sie über Ihren Schatten, denken Sie darüber nach! Die Sozialleistung in diesem Bundesland, in unserer Stadt, die Bedarfsorientierte Mindestsicherung muss, um das wichtige Sozialsystem abzusichern, reformiert werden. Das ist dringend notwendig. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Ich danke dem Herrn Abgeordneten für die Begründung. Die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit, Soziales und Generationen hat sich nun zur Beantwortung zu Wort gemeldet. - Ich bitte darum. Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zur Beantwortung der konkreten Fragen der Fraktion der Österreichischen Volkspartei komme, lassen Sie mich einleitend ein paar Bemerkungen machen. Erstens schließe ich aus der Begründung der Dringlichen Anfrage durch den Herrn Abg. Juraczka, dass ihm selber die Dringliche Anfrage ein bisschen peinlich ist. Denn das Verhältnis zwischen allgemeiner Diskussion über die Mindestsicherung, die selbstverständlich zu führen ist, und dem Text und den Fragen dieser Dringlichen Anfrage könnte nicht größer sein. Aber ich werde noch darauf zu sprechen kommen. Der zweite Punkt, der mir ganz besonders wichtig ist, ist, mich an dieser Stelle bei den mehr als 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 40 mit der Abteilungsleiterin, Frau Mag. Löschl, die heute auch hier ist - vielen Dank dafür! -, für das große Engagement, das die Kolleginnen und Kollegen an den Tag legen, zu bedanken. Nur damit wir wissen, von welcher Dimension hier zu sprechen ist: Die MA 40 hat im Jahr 2015 376.738 Bescheide erlassen. Dies sei nur erwähnt, damit man die Relation zu dem, worüber diskutiert wird, sieht. - Vielen, vielen herzlichen Dank an die MA 40. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ein zweiter Punkt, der generell aufklärend wirken muss, ist die Frage: Was ist der Unterschied zwischen einer Transferleistung und einer Sozialleistung? Das ist nämlich grundsätzlich etwas ganz Unterschiedliches im österreichischen Sozialstaat. Eine Transferleistung ist eine Leistung, für die man zunächst Beiträge einbezahlt hat. Das sind auch die von Ihnen erwähnten, und es freut mich, dass Ihnen meine ausführlichen Anfragebeantwortungen hier Licht ins Dunkel bringen. Das sind jene Menschen, die in das System einbezahlt haben und dann aber eben so wenig Arbeitslosengeld oder so wenig Notstandshilfe rausbekommen, dass sie damit unter der Existenzgrundlage sind und dann eben als Ergänzung noch die Mindestsicherung bekommen. Die vormalige Sozialhilfe, nunmehrige Mindestsicherung ist per Definition das letzte soziale Netz, für das es eben nicht notwendig ist, vorher eingezahlt zu haben. Und zwar ist das auf der einen Seite aus meiner Sicht sehr wohl eine zivilisatorische und sozialstaatliche Entwicklung und Leistung. Auf der anderen Seite ist das, so wie der Sozialstaat an sich, eine Sicherung nicht nur für die, die diese Leistung bekommen, sondern auch für alle anderen Bürgerinnen und Bürger, die diese Leistung möglicherweise niemals brauchen. Die Frage des sozialen Friedens hängt ganz stark damit zusammen, ob wir soziale Sicherungssysteme haben, in denen alle Menschen, wenn es auch schon schwer genug ist, das Auskommen finden. Das bedeutet, das letzte soziale Netz schützt nicht nur die Menschen, die von Armut bedroht sind, sondern schützt die gesamte andere Bevölkerung davor, dass - und ich weiß nicht, ob das sozusagen in Ihrem Denkmodell immer so vorkommt, denn anders kann ich es mir nicht vorstellen -, wenn Menschen, die legal in dieser Stadt sind, wo immer sie herkommen und welche Staatsbürgerschaft sie immer haben, kein Einkommen haben und nichts zum Leben haben, dann ist der Schluss daraus nicht, dass die dann weg sind, sondern die sind dann da, haben aber eben kein Einkommen und haben dadurch keine Möglichkeit zu wohnen. Wir können in europäische Städte schauen - in Österreich haben wir eben keine anderen Städte als Wien, die vergleichbar mit europäischen Städten sind -, wie dort die Obdachlosigkeit ist, wie dort die Kriminalität ist, wie sich dort der Mittelstand schon absichern muss, um nicht von Kriminalität bedroht zu werden. Sehr geehrte Damen und Herren, das möchte ich in unserer Stadt nicht! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ! Ich bin sehr für Reformen der Mindestsicherung, und zwar nicht seit jetzt und heute, sondern seit über zwei Jahren bemühe ich mich darum. Es geht darum, verstärkt Sachleistungen anzubieten, auch Angebote zu machen, die vor allem - das liegt mir ganz besonders am Herzen - dazu führen, dass sich junge Menschen in der Mindestsicherung nicht verfestigen. Da haben wir im Regierungsprogramm ein ganz konkretes großes Projekt, das in Umsetzung ist, nämlich die Wiener Jugendunterstützung "Back to the Future". Die wesentliche Frage dabei ist aber - und ich werde auf die Leistbarkeit auch noch zu sprechen kommen -: Geht es der ÖVP - der FPÖ sicher nicht, das kann man abhaken - darum, einen sachdienlichen Dialog zu führen - diesen Eindruck hatte ich bei vier Fünftel Ihrer Wortmeldung, Herr Kollege Juraczka -, oder geht es in Wahrheit darum, bei diesem Thema die Gesellschaft zu spalten? Geht es darum, die ganz Armen gegen die, die noch nicht so arm sind, aber Abstiegsängste haben, auszuspielen? Geht es insbesondere darum, die Menschen, die in dieser Republik, in der es auch großen Reichtum gibt, zu Kollektivvertragslöhnen von 1.300 EUR oder 1.100 EUR 40 Stunden arbeiten müssen (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Es gibt keine 1.100-EUR-Kollektivverträge mehr!), auszuspielen gegen die, die arbeitslos sind? - Das halte ich für verwerflich, und das muss man aus meiner Sicht auch aufzeigen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Geht es bei der Debatte über die Mindestsicherung um die Frage, ob man sich das budgetär leisten kann, oder geht es hier einfach wiederum darum, dass Diskussionen über die Frage der Leistbarkeit immer nur von Seiten der ÖVP und der FPÖ auftreten, wenn es um den Sozialstaat geht? Denn Sie haben die Zahl von über 860 Millionen EUR, die die Mindestsicherung österreichweit ausgemacht hat, richtig genannt, auch die 544 Millionen EUR in Wien, völlig richtig. Das ist sehr viel Geld. Im selben Zeitraum wurden in Österreich Landwirtschaftsförderungen in Höhe von 1,9 Milliarden EUR vergeben. (StR Mag. Gernot Blümel, MBA: Das ist aber billig!) - Nein, das ist nicht billig, sondern 1,9 Milliarden EUR ist sehr teuer, und im selben Zeitraum wurden 7,3 Milliarden EUR zur Rettung von Banken investiert. Ich möchte zur Bankenrettung sagen, dass ich 100-prozentig der Meinung bin, dass diese Mittel richtig eingesetzt waren, denn den Kollaps der Banken hätten die kleinen Leute gespürt. Aber die Diskussionen, ob wir uns das eigentlich leisten können, habe ich damals von Seiten der ÖVP nicht gehört, und das ist schon ziemlich durchsichtig. Lassen Sie mich, bevor ich zur konkreten Beantwortung komme, auch noch einen Punkt zur Frage des Verwaltungshandelns sagen. Ich habe schon gesagt, die Kolleginnen und Kollegen der MA 40 haben auf der einen Seite im Jahr 2015 mit rund 180.600 Bezieherinnen und Beziehern der Bedarfsorientierten Mindestsicherung Kontakt gehabt, im Verwaltungsbereich, im sozialarbeiterischen Bereich, und haben über 376.000 Bescheide erlassen. Es wäre völlig vermessen, zu sagen, dass es bei der MA 40 anders ist, als es vielleicht beim Finanzamt ist, bei der Baupolizei oder welche Behörden Sie jetzt immer nennen, nämlich dass es da Menschen gibt, die falsche Angaben machen und dass es bei 376.738 Bescheiden nicht auch möglicherweise da oder dort sein kann, dass ein Fehler unterläuft. Und ja, es gab von diesen 376.738 Bescheiden auch eine gewisse Anzahl - es wurde vor einigen Stunden hier im Haus diskutiert -, bei denen die Volksanwaltschaft auf Grund von Beschwerden befunden hat, dass die MA 40 zu wenig ausbezahlt hat. Und bei diesen 376.738 Bescheiden, die erlassen wurden, wurden zu 1.786 Bescheiden auch Beschwerden eingebracht - nur von der Dimension her. Aber das, was es in der MA 40 mit Sicherheit nicht gibt und was ein ungehöriger, degoutanter und zynischer Schluss ist, der nur darauf zurückzuführen ist, dass es einem darum geht, die Gesellschaft zu spalten und nicht Probleme zu lösen, ist der Schluss, den die FPÖ und die ÖVP daraus ziehen. Ich kann Ihnen in einer Sache eindeutige Klarheit geben: Nur wenn ein Journalist einer Zeitung, die eine hohe Auflage hat (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Die sehr beliebt ist bei Ihnen!), von einem Informanten, den er nicht nennt, was sein gutes Recht als Journalist ist, Informationen zu bekommen vorgibt oder wirklich bekommen hat - ich weiß es nicht -, die unwahr sind, wird diese Unwahrheit nicht wahrer, wenn sie von der FPÖ oder einer Kleinpartei wie der ÖVP wiederholt wird. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Sind Sie von der SPÖ- Leopoldstadt?) Der wesentliche Unterschied zwischen der FPÖ und der ÖVP ist, dass die FPÖ wenigstens den Mut hat, diese ungeheuerlichen Unwahrheiten in einem Forum zu sagen, in dem auch die Möglichkeit besteht, sich rechtlich dagegen zu wehren, während sich die Kleinpartei ÖVP hier hinter der Immunität des Landtages verschanzt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Zwischenruf von Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Ich werde Ihnen jetzt, da ich ja der Meinung bin, dass das eben nur darauf beruhen kann, dass Sie einem Irrtum aufgesessen sind und geglaubt haben, dass das alles stimmt, bevor ich Ihnen Ihre Anfrage beantworte, ganz konkret die Fragen beantworten, die der Journalist am von Ihnen auch genannten 16.9. an mein Büro gestellt hat. Ich lese Ihnen jetzt vor, wie die Fragen waren und lese Ihnen auch vor, welche Antworten er bekommen hat. Die Antworten haben jedoch keinen Eingang in den Artikel gefunden, weil man sich offenbar von Fakten nicht stören lassen wollte. Der erste Vorwurf war der Vorwurf, es gebe mündliche Weisungen an MitarbeiterInnen, Pässe und Unterlagen von neu Zugezogenen nicht zu kopieren. Dieser Vorwurf ist sozusagen per Mail vom Journalisten gekommen. Die Antwort, die darauf gegeben wurde, war folgendermaßen: Stimmt nicht, denn eine solche Weisung widerspricht klar dem Wiener Mindestsicherungsgesetz und ist unzulässig. Notwendige Unterlagen zur Bearbeitung eines Antrages nicht zu dokumentieren, entspricht außerdem nicht den internen Richtlinien und stünde dem Prüfverfahren entgegen. Ein Ausweis und ein Nachweis über den rechtmäßigen Aufenthalt werden in jedem Fall verlangt und auch abgelegt. Wenn Unterlagen von anerkannten Flüchtlingen auf Grund der Flucht nicht nachgewiesen werden können, etwa Heiratsurkunde und Geburtsurkunde, so werden diese, sofern etwa ein Konventionspass und ein gültiger Asylbescheid vorgelegt werden kann, nicht verlangt. Auszug aus den internen Richtlinien zum Identitätsnachweis: Lichtbildausweis - bei Kindern Geburtsurkunde - aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, bei Notfällen ist zumindest ein Personaldokument, Geburtsurkunde oder Staatsbürgerschaftsnachweis unbedingt erforderlich. Zweiter Vorwurf, der hier gefragt worden ist: Der Vorwurf lautet, die Identität von Kindern werde nicht überprüft. Antwort der Abteilung: Stimmt nicht, denn um jemandem eine Leistung anweisen zu können, muss das Kind im System angelegt werden, und um das zu tun, muss eine Übernahme mittels Abgleich des Zentralen Melderegisters gemacht werden. Es muss von jeder Person ein Ausweis im Akt sein. Eine Leistungsauszahlung einer nicht im Zentralen Melderegister erfassten Person ist nicht möglich. Der Nachweis muss mit Ausweis, Asylbescheid ausnahmslos nachgewiesen werden. Bei allen minderjährigen Kindern ist jedenfalls die Geburtsurkunde und, sofern vorhanden, ein Lichtbildausweis, meistens Reisepass, vorzulegen. Bei Beantragung eines Reisepasses muss das Kind, auch ein Baby, persönlich anwesend sein. Bei Drittstaatsangehörigen ist zusätzlich ein gültiger Aufenthaltstitel des Kindes erforderlich. Bei Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls ein entsprechender Bescheid beziehungsweise Erkenntnis oder Beschluss über die Zuerkennung des Status erforderlich. Sollte für ein in Österreich anerkanntes Kind keine Geburtsurkunde vorgelegt werden können, wird davon ausgegangen, dass die Identität durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geprüft wurde, weil das dessen Zuständigkeit ist. Als Identitätsnachweis wird ein Konventionsreisepass beziehungsweise die Karte für subsidiär Schutzberechtigte verlangt. Unabhängig davon erfolgt regelmäßig eine Prüfung der Meldedaten mittels ZMR-Anfrage. Nächster Vorhalt des Journalisten: Der Vorwurf, die Personalsituation sei schlecht. Es gäbe zu viele Fälle pro Servicezentrum, derzeit werden zwar Kollegen eingeschult, aber sie sind noch nicht einsatzbereit. Wann wird das Personal aufgestockt? Antwort: Die steigenden Fallzahlen machten und machen eine Aufstockung des Personals im Fachbereich Mindestsicherung notwendig. So besteht eine Überstandsgenehmigung für 114 Dienstposten im Fachbereich Mindestsicherung. Seit 1.7.2016 wurden insgesamt 41 Kollegen neu bei der Stadt aufgenommen und der MA 40 dienstzugeteilt. Alle Neuaufnahmen erfolgen für den Bereich Mindestsicherung zur Besetzung der zusätzlich genehmigten Dienstposten. Selbstverständlich erhalten neu aufgenommene Mitarbeiter eine Einschulung. Nächster Vorhalt: Asylberechtigte bekommen nicht nur 837 EUR Mindestsicherung im Monat, sondern auch Sachleistungen in bar ausgezahlt. Der Vorwurf besagt, für eine Einrichtungspauschale müssen keine Belege erbracht werden. Als Beispiel wurde vom Journalisten ein Kauf eines Fernsehers um 380 EUR gebracht. Antwort der Abteilung, die dem Journalisten übermittelt wurde: Stimmt nicht. Jede Leistung muss selbstverständlich nachgewiesen werden. Ein TV wird nicht gefördert. Es gibt keine Sachleistungen, die einfach in bar ausbezahlt werden, ohne Begründung oder Kontrolle. Sachleistungen sind entweder Sachen wie Kleidung, et cetera, die aber die MA 40 nicht hat, oder Leistungen, die für eine bestimmte Sache gewährt werden. Diese Leistungen werden in der Regel nicht direkt an die KlientInnen ausbezahlt, sondern an denjenigen, der die Sache - unter Anführungszeichen - "in Rechnung stellt": Hausverwaltung bei Miete, Energieversorger, Installationsbetriebe. Ansonsten gibt es noch Lebensmittelgutscheine, welche jedoch nur in extremen Notfällen ausgegeben werden. Es gibt auch die Möglichkeit, einen Antrag auf Hilfe in besonderen Lebenslagen zu stellen. Wie für jeden anderen Mindestsicherungsbezieher gibt es auch für Asylberechtigte diese Möglichkeit. Die Hilfe in besonderen Lebenslagen gibt es auch für Menschen, die nicht Mindestsicherung beziehen, weil es Einmalzahlungen sind. Zur Wohnungsintegration, Bezug einer neuen Wohnung, zum Beispiel nach Obdachlosigkeit oder Aufenthalt in einer Asylunterkunft, kann eine Möbelpauschale gewährt werden. Vorab müssen die Klienten Kostenvoranschläge bringen. Dieser Kostenvoranschlag wird dann direkt mit der Rechnung verglichen. Die MA 40 überweist das Geld entweder direkt an das Möbelhaus, oder die Klienten bekommen im Ausmaß des Kostenvoranschlages das Geld, um die Rechnung zu begleichen und müssen danach die beglichene Rechnung vorlegen. Sollte sich nach Vorlage dieser Rechnungen ergeben, dass damit nicht nur existenziell notwendige Möbel angekauft wurden, wie Küche, Sitz-, Schlafgelegenheiten, wird der jeweilige Betrag rückgefordert, nach § 39 Abs. 7 Wiener Mindestsicherungsgesetz, zweckwidrige Verwendung. Werden keine Belege gebracht, kann der gesamte Betrag rückgefordert werden. Der Kauf eines Fernsehers zählt nicht zu den existenziell notwendigen Möbeln und ist daher nicht förderungswürdig. Wenn der/die Antragsteller/in in einer betreuten Einrichtung wohnt, werden keine solchen Hilfen ausbezahlt. Zusätzlich werden Hausbesuche im Verdachtsfall durchgeführt. Der nächste Vorwurf lautete: Kürzungen in der BMS seien zahnlos. Wenn jemand durch Kürzung die Miete nicht bezahlen kann, springt eine Mietausgleichszahlung ein. Antwort der MA 40: Stimmt nicht. Eine Mietausgleichszahlung bei einer Kürzung existiert nämlich nicht. Sollte etwa im Zuge einer Antragstellung für die Hilfe in besonderen Lebenslagen eine Kostenübernahme von Mietrückständen erfolgen, so wird die Chance auf Nachhaltigkeit der Zahlung beurteilt. Die Lösung der Situation bei Verlust einer Wohnung und der folgenden Obdachlosigkeit ist mit höheren Kosten verbunden als die Delogierungsprävention. Nächster Vorhalt: das Aufzählen von diversen Familien mit 5 bis 18 Kindern. Die Antwort der MA 40: Ein Paar mit 18 Kindern, die in der Mindestsicherung sind, ist der MA 40 nicht bekannt. Allerdings kann es vorkommen, dass sich in einem Haushalt mehrere Bedarfsgemeinschaften befinden. Ein Paar mit minderjährigen Kindern, mit volljährigen Kindern, und die volljährigen Kinder haben wieder Kinder. Für Asylberechtigte sowie für alle Personen, die nach § 5 Abs. 2 Mindestsicherungsgesetz den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind, haben die gleichen Gesetze und die gleichen Regelungen wie für Österreicher zu gelten. Es gibt keine Ausnahmen. Festzuhalten wäre auch, dass sich fast alle Asylberechtigten auch nach Erhalt der Asylberechtigung noch weiterhin in Betreuung durch anerkannte Organisationen befinden. Die meisten Asylberechtigten erhalten nur durch den Einsatz dieser Organisationen überhaupt eine eigene Wohnung und sind nur mit deren Hilfe in der Lage, entsprechende Anträge und Ansuchen zu stellen. - Ende der Vorlesung. Diese Vorlesung war die Antwort auf die Fragen des Journalisten, der dann den von Ihnen zitierten Artikel geschrieben hat. Ich komme jetzt zur Beantwortung der Fragen der Dringlichen Anfrage der ÖVP. Die 1. Frage lautet: Seit wann sind den zuständigen Stellen die in den Medien von einem Mitarbeiter der MA 40 erhobenen Vorwürfe über die mangelhafte Ausübung der Kontrolle beim Vollzug der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bekannt? Erstens: Es waren nicht Medien, es war ein einziger Artikel. Zweitens, wie schon gesagt: Am 16.9. wurden die Vorwürfe übermittelt und am selben Tag, am 16.9., in dieser ausführlichen Art und Weise beantwortet. Aber wie gesagt, von Fakten wollte man sich hier nicht stören lassen. Sie postulieren hier, dass es einen Mitarbeiter der MA 40 gibt, ich weiß das nicht, und es wurde auch in dem Artikel so nicht geschrieben, weil wir nicht wissen, ob es ihn gibt und wer es ist. Frage 2: Wie kann es sein, dass in Wien offenbar ein derart unzureichender Vollzug des Wiener Mindestsicherungsgesetzes herrscht und noch dazu offenbar Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von oberster Stelle gesetzwidrige Weisungen gegeben werden, die de facto zum Amtsmissbrauch auffordern? Auch hier postulieren Sie in dieser Frage Dinge, die unwahr sind. Auf Grund dessen, dass Sie das im Landtag postulieren, kann ich gegen Sie nicht Klage wegen übler Nachrede einbringen. (Abg. Prof. Harry Kopietz: Aber man hat nicht immer ein Mandat! - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Stimmt!) Frage 3: Welche persönlichen Konsequenzen ziehen Sie, Frau Stadträtin, aus diesem offensichtlichen Kontrollversagen der Ihnen unterstehenden Behörde? Ein Artikel in einer Zeitung von einem Journalisten, der sich von Fakten nicht beeindrucken lässt, bedeutet kein Kontrollversagen. Ich gehe davon aus, dass Sie jetzt, wo Sie all diese Informationen haben, das auch zukünftig nicht mehr behaupten werden. Frage 4: Der Informant - das ist wieder der, der in diesem Artikel da ohne Näheres genannt wurde - behauptet, dass den Abteilungsleitern der Sozialzentren von ganz oben die Weisung erteilt wurde, alle Anträge auf Gewährung der Mindestsicherung von nach Wien gezogenen Asylberechtigten positiv zu erledigen und keine Fragen zu stellen. Die Fragen lauten: Wie kann es sein, dass derartige Anweisungen in Ihrem Ressort erteilt werden? B: Wer hat diese gesetzwidrigen Anweisungen an die Abteilungsleiter der Sozialzentren in welcher Form - mündlich, schriftlich - gegeben? C: Wann wurden diese gesetzwidrigen Weisungen an die Abteilungsleiter der Sozialzentren in welcher Form gegeben? Sie wurden nicht gegeben, ist meine Antwort. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Frage 5: Wir kommen jetzt wieder zum Informanten des einen Journalisten dieser einen Zeitung. Der Informant gibt als Beispiel Fälle von Mindestsicherungsbeziehern mit fünf oder mehr Kindern an und betont, dass dies absolut nicht außergewöhnlich wäre. Sie fragen mich nun: Wie viele Fälle gab es im Jahr 2015 bis dato, in denen eine Bedarfsgemeinschaft fünf oder mehr Kinder umfasste? Und die zweite Frage ist: Es werden bereits Fälle genannt, in denen Asylberechtigte ihre Familien mit teilweise mehr als zehn Kindern nach Österreich holen, um hier Mindestsicherung zu beantragen. Was gedenkt das Land Wien konkret zu unternehmen, dass die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher sowie die Ausgaben nicht ins Uferlose steigen? Erste Antwort: Im Jahr 2015 gab es 101.983 Bedarfsgemeinschaften, die Mindestsicherung bezogen haben. Davon gab es 28.000, also 27 Prozent der Bedarfsgemeinschaften, mit Kindern. 0,7 Prozent aller Bedarfsgemeinschaften hatten 5 Kinder, und 0,3 Prozent der Bedarfsgemeinschaften hatten 6 oder mehr Kinder. Ich darf Sie auch darüber informieren, dass es im Jahr 2015 ganze 9 Bedarfsgemeinschaften mit 10 und 11 Kindern gab. Das waren 0,008 Prozent. Weiters darf ich Sie darüber informieren, aber das kann Ihnen Kollege Ulm sicher auch sagen, dass über die Frage der Familienzusammenführung niemand in der Gemeinde Wien entscheidet, sondern das ist eine Frage, die im Rahmen des Asylverfahrens zu entscheiden ist. Ich komme zur Frage 6: Das ist die Frage bezüglich der Hilfe in besonderen Lebenslagen, die eine einmalige Förderung ist. In der Praxis ist offenbar daraus seitens der MA 40 eine Einrichtungspauschale in der Höhe von 1.500 EUR pro Person gemacht worden, die offenbar völlig ohne Kontrolle vergeben wird, so Ihr Postulat. Als Nachweis würden von der MA 40 Belege ohne Firmenstempel akzeptiert, in einem Fall ist ein handschriftlicher Vermerk - ich habe Möbel um 800 EUR gekauft - offenbar für die MA 40 völlig ausreichend. Die Fragen: Wie kann es sein, dass die MA 40 Geldleistungen offen in gesetzwidriger Weise ohne stichhaltige Belege auszahlt? Welche Maßnahmen wurden gesetzt, und wie wird diese gesetzwidrige Vollzugspraxis verhindert? Auch hier kann ich wieder sagen: Das sind lauter Postulate, die nicht der Wahrheit entsprechen, sondern offenbar Zitate aus einem Zeitungsartikel sind. Ich darf Sie aber, um wieder zu den Fakten zurückzukommen, darüber informieren, dass im Jahr 2015 weniger als 4 Prozent aller Bedarfsgemeinschaften eine Förderung als Hilfe in besonderen Lebenslagen für die Anschaffung von Möbeln bekommen haben und dass der durchschnittliche Förderbedarf von diesen weniger als 4 Prozent der Bedarfsgemeinschaften bei 889 EUR gelegen ist. Die Frage 7 ist wieder ein Zitat aus einem Zeitungsartikel, in dem ein angeblicher Mitarbeiter der MA 40 von Anordnungen berichtet, die Angaben der antragstellenden Personen nicht gesetzmäßig zu überprüfen. Es sei sogar mündlich angeordnet worden, selbst dann nicht die Polizei zu verständigen, wenn gefälschte Ausweise und Urkunden vorgelegt werden. Die Antwort darauf ist - und ich bitte Sie, das dann damit zur Kenntnis zu nehmen -, dass das, was Sie als Postulat darstellen und woanders geschrieben wurde, die Unwahrheit ist. Es gibt definitiv keine solche Anordnung, weder schriftlich noch mündlich. Diese Behauptung ist unwahr! Die Frage 8 beschäftigt sich mit dem Problem des Vollzugs der Mindestsicherung und der, wie Sie sagen, völlig ungenügenden Kontrolle von Vermögenswerten im Ausland. Ich darf dabei auf meine sehr ausführliche Anfragebeantwortung vom 24.5.2016 verweisen und darf auch hier wieder an Kollegen Ulm, der Rechtsanwalt und Jurist ist, verweisen, der Ihnen sicher erklären kann, warum es rechtlich unmöglich ist, im Ausland grundbücherliche Sicherstellungen auf Grundlage österreichischer Gesetze zu erwirken. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir die Zeit genommen, diese Anfrage doppelt und ausführlich zu beantworten, weil jetzt niemand mehr in diesem Haus sagen kann, dass er etwas nicht wusste, weil jetzt niemand mehr in diesem Haus sagen kann, man bekommt ja keine Informationen, weil jetzt niemand mehr in diesem Haus sagen kann, na, irgendwas wird schon dran sein. Ich sage noch einmal: Bei über 370.000 Bescheiden, die im Jahr ausgestellt werden, und bei über 180.000 Antragstellerinnen und Antragstellern wird es auch in der MA 40, wie in allen anderen behördlichen Verfahren in dieser Republik, beim Finanzamt oder sonst wo, auf der einen Seite Antragstellerinnen und Antragsteller geben, die nicht komplett und möglicherweise die volle Wahrheit sagen, und wird bei über 370.000 Bescheiden auch da oder dort im Verwaltungshandeln etwas möglicherweise nicht in Ordnung sein; so wie überall anders auch. Aus dem aber für hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die sozial Schwächsten in dieser Stadt ein Politikum in dieser Art und Weise zu machen, das ist einer christlich-sozialen Partei nicht würdig. Schämen sie sich! (Langanhaltender, überwiegend stehender Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke für die Beantwortung. Ich eröffne nun die Debatte, wobei ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt. Zur Debatte über die Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich Herr StR Mag. Blümel zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm und merke an, dass die Redezeit 20 Minuten beträgt. StR Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank. Ja, das war sehr aufschlussreich, in vielerlei Hinsicht, Frau Stadträtin. Dafür, dass Sie so oft betont haben, dass wir so eine kleine und irrelevante Fraktion sind, haben Sie sich ganz schön aufgeregt; irgendwas dürften wir richtig gemacht haben, offenbar haben wir den Nagel auf den Kopf getroffen. (Beifall bei der ÖVP.) Ganz ehrlich, in Anbetracht der Tatsache, dass die Mehrheiten zu Ihrer Verteidigung bei Misstrauensanträgen gegen Sie immer geringer werden, reiten Sie ein ganz schön hohes Ross in Ihrem Auftreten, finde ich. (Beifall bei der ÖVP.) Man hat ja gesehen, beim Aufstehen haben sich einige schwer getan, und mich würde es ja interessieren, wie das ausgehen würde, wenn man das Ganze in geheimer Abstimmung abführen würde. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ich darf die Gelegenheit aber auch nutzen, um ein bisschen prinzipieller und nicht nur polemisch auszuführen (Zwischenruf bei den GRÜNEN.), warum wir die Mindestsicherung unbedingt reformieren wollen. Am Beginn der Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hat es einen gewissen Konsens gegeben; interessanterweise auch innerhalb der SPÖ und der ÖVP. Ich darf Ihnen einen Auszug aus dem Landtagsprotokoll vom 24.6.2010 vorlesen. Ihr Zitat, Frau Stadträtin: "Das ist auch das Ziel der Mindestsicherung, nämlich dass sie ein Trampolin ist, ein Trampolin in Richtung Selbstständigkeit, und Selbstständigkeit wird durch Beschäftigung erreicht." - Ja, ausnahmsweise kann ich mal sagen, da sind wir d'accord. Das ist auch meine Meinung. Das war auch immer die Meinung unserer Fraktion. Sogar der damalige Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat gemeint, dass er sich schon freut, wenn die Mindestsicherung eingeführt wird, denn, Zitat: "Sie ist keine Hängematte für Arbeitsunwillige, sondern ein Sprungbrett." - Das hat er in der Zeitung "Die Presse" vom 17. Juni 2010 gesagt. Auch wenn Sie mich jetzt ignorieren (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely unterhält sich mit Amtsf. StRin Sandra Frauenberger.), ich sage es Ihnen trotzdem: Schon damals haben ÖVP-Verantwortliche und Experten davor gewarnt, was passiert, wenn man sie nicht korrekt vollzieht. Im selben Artikel hat nämlich das IHS die Umverteilungsfunktion der gesetzlichen Regelung in Österreich inklusive der BMS untersucht, und das Fazit war: "Das System funktioniert, reduziert aber Arbeitsanreize deutlich. Damit die Bedarfsorientierte Mindestsicherung zum Sprungbrett werde, müsse man ihr erst auf die Sprünge helfen. Kurzfristig heißt das - die wenig sympathische Lösung -: mehr Druck auf Drückeberger." Bitte, das war 2010. Wie schaut die Gegenwart aus? Leider Gottes haben sich diese Befürchtungen bewahrheitet, sowohl, was die der Experten betrifft, als auch unsere eigenen, und die Mindestsicherung ist von einer guten Idee, von einer guten Absicht zu einem Arbeitslosengrundeinkommen verkommen, und zwar vor allem in Wien. Vom Sprungbrett zur Hängematte, und das ist keine Polemik, das sind reine Fakten. (Beifall bei der ÖVP und von StRin Ursula Schweiger-Stenzel.) Wir alle kennen das Beispiel, in dem eine Flüchtlingsfamilie von Salzburg nach Wien gegangen ist, weil sie da über Sozialleistungen mehr bekommt als dort fürs Arbeiten. Das ist durch alle Zeitungen gegangen. Es war nicht einmal von der ÖVP aufgedeckt, das muss ich zugeben. 77 Prozent der sogenannten Ergänzungsleistungen sind Mindestsicherungserwerbsbezieher, allerdings nur 22 Prozent auf Erwerbseinkommen, der Rest auf Transferleistungen. Was die Bezugsdauer betrifft, und das ist ja wohl der relevanteste Punkt, wenn es darum geht, ob es zu einem Arbeitslosengrundeinkommen verkommen ist oder nicht, so ist diese in Wien deutlich länger als in allen anderen Bundesländern miteinander, denn 50 Prozent, ein extrem hoher Anteil, beziehen die Mindestsicherung 20 Monate und mehr. Mich würde interessieren, wie lange der längste Bezug ist, denn die Statistik Austria gibt an, nur 20 Monate zu untersuchen, und das ist das eigentliche Problem. Ich behaupte, dass dieser Zustand durch Rot-Grün vorsätzlich herbeigeführt worden ist. Ich kann Ihnen auch sagen, worauf ich diese Annahme gründe: In dieser Gemeinderatssitzung von 2010, die ich vorhin zitiert habe, hat es auch eine Abstimmung zur BMS gegeben. In der ersten Lesung waren SPÖ, ÖVP und FPÖ dafür, und die GRÜNEN waren dagegen. In zweiter Lesung waren nur noch SPÖ und ÖVP dafür und FPÖ und GRÜNE dagegen. Die heutige Frau Vizebürgermeisterin hat damals Folgendes gesagt - und das offenbart die Grundmotivation, warum das offenbar so geworden ist - Zitat: "Aber leider, die Höhe, in der diese Mindestsicherung ausgeschüttet werden soll, ist eine, die alles andere als ausreicht." Ich gehe auch davon aus, dass Sie alle, die Sie sich in den letzten Jahren mit dieser Materie befasst haben, wissen, dass laut aktuellen Zahlen 951 EUR 12 Mal im Jahr der Betrag wäre, den es brauchen würde. Herzliche Gratulation an die Damen und Herren von der Grünen Fraktion, Sie haben Ihr Ziel erreicht, die Mindestsicherung ist zum Arbeitslosengrundeinkommen verkommen! (Beifall bei der ÖVP.) Die SPÖ - und da frage ich mich schon, was da mit den Zitaten, auch von Ihnen, Frau Stadträtin, war - hat sich entweder zu 100 Prozent über den Tisch ziehen lassen oder hat einfach freudig mitgemacht. Und das ist eine Schande für eine ehemalige Arbeiterpartei, das muss man hier auch konstatieren. (Beifall bei der ÖVP.) Ganz ehrlich, wie wollen Sie das fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Wien erklären, die jeden Tag aufstehen, hart arbeiten und am Ende des Monats kaum mehr haben als Leute, die nichts tun? Das ist nicht gerecht, um es mit ihren Worten zu sagen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Und wenn Sie uns vorgeworfen haben, dass wir mit dem Aufzeigen von Problemen die Gesellschaft spalten wollen würden, dann sage ich Ihnen: Sie spalten die Gesellschaft! Die Art und Weise, wie in Wien die Mindestsicherung vergeben wird, führt zu einer Entsolidarisierung der Steuerzahler mit den Transferleistungsbeziehern, das ruiniert den Sozialstaat. (Beifall bei der ÖVP.) Ich bin ja fast dankbar für den Vorwurf, dass das, was wir tun, einer christlich-sozialen Partei nicht würdig wäre. Ich habe mich lange mit diesem Begriff der christlichen Soziallehre befasst, auch in meiner Diplomarbeit (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Ich bin sehr stolz auf Sie!), und der Ursprung des Ganzen ist in der christlichen, in der sozialen Frage des 19. Jahrhunderts zu sehen. (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Das glaubt aber keiner!) Ja, ich erkläre es Ihnen gerade. Die soziale Frage des 19. Jahrhunderts war eine Situation, in der es zur Verelendung der Massen kam, die so groß war, dass sie gedroht hat, die Gesellschaft zu spalten auf Grund der Tatsache, dass viele mehr gearbeitet haben, als sie konnten, und weniger dafür bekommen haben, als sie brauchten. Und die betroffene Gruppe hat sich nicht selbst aus diesem Dilemma befreien können. Deswegen bedarf es christlich-sozialer Politiker, um dieses Problem zu lösen. Das ist gelöst worden durch Arbeitszeitgesetze, Transferleistungen, Sozialgesetze, et cetera, Gott sei Dank. Wenn wir uns heute die Frage stellen, was die soziale Frage unserer Zeit ist, dann frage ich: Haben wir zu wenige Arbeitszeitgesetze? Haben wir wirklich zu wenige Transferleistungen? (Zwischenruf von Abg. Mag. Rüdiger Maresch.) Ich sage es Ihnen: Die soziale Frage unserer Zeit ist die Ausbeutung des Mittelstandes, das ist das wahre Problem unserer Zeit, denn diese droht die Gesellschaft zu spalten, und nichts anderes. (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein. In Wien ist das leider der Fall, deswegen sage ich: Retten wir den Sozialstaat und reformieren wir die Mindestsicherung! (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Mag. Meinl-Reisinger. - Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Danke, Herr Präsident. Sehr geehrte Frau Landesrätin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Rede eigentlich in zwei, wenn nicht sogar drei Teile teilen. Als Erstes, Frau Landesrätin, ist mir aufgefallen, dass sozusagen im Kanon der Kritiker Ihrer Mindestsicherungspolitik ÖVP und FPÖ vorgekommen sind, NEOS nicht. Das muss ich inhaltlich zurückweisen, weil wir sehr wohl auf der kritischen Seite stehen; das wird dann der zweite Teil meiner Rede sein. Ich führe es aber darauf zurück, und darauf bin ich durchaus stolz, dass ich mit meiner Fraktion nicht diesen Stil verfolge, den FPÖ und ÖVP bei dieser Frage an den Tag legen. (Beifall bei den NEOS.) Ich habe gestern auch zum Ausdruck gebracht, dass es mich tief erschüttert, auf welchem Niveau hier Diskussionen abgehalten werden, mit einem Artikel aus einer Zeitung heraus. Ich habe dazu gesagt, natürlich, das muss man alles aufklären, keine Frage, das ist ein Fall für die Justiz. Aber daraus sich geradezu hyperventilierend in eine Skandalisierung hineinzureden, das halte ich wirklich für höchst problematisch und tatsächlich demokratiegefährdend. (Beifall bei den NEOS.) Das möchte ich gerade auch Ihnen sagen, die Sie mir ja doch wohlwollend und durchaus paternalistisch nahegelegt haben, doch in mich zu gehen, was jetzt eine neuerliche Anfechtung - das kommt übrigens von grüner Seite genauso - der Leopoldstädter Wahl angeht, wozu man mir sagt, ich gefährde damit unter Umständen die Demokratie. Ich meine, ich stelle mich da auf die Seite von Menschen, die um ihr Stimmrecht gebracht wurden und will einen Diskurs über Demokratie und Rechtsstaat führen, und Sie fallen hier einem Stil anheim, der wirklich nur noch als Postfaktendemokratie und -zeitalter gewertet werden kann, wobei es eigentlich nur noch darum geht, Stimmungen abzuholen, Ressentiments aus der Bevölkerung. Das ist wirklich beschämend und tatsächlich für eine christlich-soziale Partei mehr als beschämend! (Beifall bei den NEOS.) Ich kann aber die SPÖ nicht aus der Verantwortung lassen, denn das Thema Mindestsicherung ist ein Dauerbrenner in dem parteipolitischen Hickhack zwischen SPÖ und ÖVP, durchaus auch auf Bundesebene. Das ist halt heute eine weitere Sequenz sozusagen einer Klein-Klein-Hickhack-Politik (Abg. Christian Oxonitsch: So klein- klein ist das nicht!), in der man sich eigentlich täglich ausrichtet, dass es ein völliger Schwachsinn ist, überhaupt jemals auf die Idee gekommen zu sein, gemeinsam zu regieren. Das ist eben das, was die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes tagtäglich lesen und warum die Politikverdrossenheit so groß ist, denn dass Sie Lösungen und Reformen bei diesem Bereich brauchen ... (Abg. Christian Oxonitsch: Das stimmt ja nicht!) - Na sicher stimmt das, Herr Klubobmann. (Abg. Christian Oxonitsch: Aber das gibt es! Es gibt aber Diskussionen zwischen zwei Parteien!) - Ja, aber Sie richten es sich täglich medienwirksam aus, und zwar die eine Seite wie die andere Seite. Und das trägt auch nicht dazu bei, dass in irgendeiner Weise Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage Vertrauen in Ihre Parteien entwickeln. Jetzt komme ich zum zweiten Punkt, das ist die Frage der Mindestsicherung an sich, und die Frage: Brauchen wir eine Reform? - Selbstverständlich brauchen wir eine Reform der Mindestsicherung, und zwar aus unserer Sicht aus mehreren Gründen: Für uns ist das Thema Eigenverantwortung ein sehr wichtiges. Soziale Systeme müssen so geschnitzt sein, dass sie die Selbstermächtigungsfähigkeit im Auge haben. Ich mag diese Worte wie Hängematte, oder so weiter nicht, da ich finde, es ist immer das System, dem der Vorwurf gemacht werden soll und nicht dem Einzelnen oder der Einzelnen, der oder die es natürlich in Anspruch nimmt. Na ja, ich meine, blöd wird man sein. Aber das System ist der Fehler, welches eben genau nicht diese Selbstermächtigungsfähigkeit im Auge hat, und das müssen Sie zugestehen. Das steht ja auch im Regierungsprogramm drinnen, dass Sie das erkannt haben. Also hier muss man ganz dringend etwas tun, ob mit Einschleifregelungen oder anderen Mechanismen, aber das ist jedenfalls ein Thema. Die zweite Frage ist, und das ist auch bei Sozialsystemen immer notwendig, die Frage der nachhaltigen Finanzierbarkeit. Diese Frage muss man schon stellen. Ich sage ja sonst immer sehr gerne, man kann die Mindestsicherung von verschiedenen Seiten beleuchten, aber das jetzt ausschließlich über die Flüchtlingsdiskussion zu machen, ist einfach unredlich. Denn das Problem, das ich zuerst geschildert habe, nämlich dass es keine Trampolinfunktion hat, das Problem war schon vor zehn Jahren da. Da kann ich mich noch erinnern, da hat es auch schon dahin gehend die Studien und Diskussionen gegeben. Das heißt, das hat primär nichts mit der Flüchtlingsfrage zu tun. Aber natürlich hat die Frage der nachhaltigen Finanzierbarkeit schon mit der Fallzahl zu tun, und da komme ich jetzt zu einem ganz entscheidenden Punkt. Es stellt sich natürlich die Frage: Wie viele kommen jetzt noch nach Wien, wie viele subsidiär Schutzberechtigte und anerkannte Flüchtlinge? Das ist die eine Seite, und die andere Seite ist die steigende Arbeitslosigkeit. Da haben wir ein Thema, und natürlich müssen wir als verantwortungsvolle Politiker in so einer Situation fragen: Können wir das so, wie das jetzt aufgestellt ist, nachhaltig finanzieren? - Da muss die Antwort Nein sein. Daher braucht es auch dahin gehend eine Reform. Frau Landesrätin, weil Sie die Höhe gesagt haben, die Höhe an sich wäre nicht das Thema. Ich glaube, Sie haben argumentiert, wenn beispielsweise ausländische Bezieherinnen und Bezieher sich rechtmäßig in Wien aufhalten und sie dann keinen Anspruch mehr hätten, so würden diese ja auch bleiben. Na ja, also die Höhe hat schon einen gewissen Pull-Faktor, das darf man nicht unterschätzen. Es gibt einen Pull-Faktor, das heißt, dass die Attraktivität, nach Wien zu kommen, schon in einer gewissen Korrelation zu der Höhe der Mindestsicherung steht. Ich gebe Ihnen aber völlig recht, es gibt auch Push-Faktoren. Der größte Push-Faktor bei dieser Diskussion der Flüchtlinge und der subsidiär Schutzberechtigten sind Kriege in bestimmten Krisengebieten dieser Erde. Das ist ein Push-Faktor, der zweifelsohne höher ist als der Pull-Faktor der Mindestsicherung in Wien. Aber es gibt natürlich auch den Push-Faktor einer völlig unsolidarischen, schlechten, föderalen Ordnung in dieser Frage, nämlich nach einer "Beggar my neighbour"-Politik, die sehr stark von ÖVP und auch jetzt FPÖ, ÖVP-geführten Bundesländern vorangetrieben wird, nämlich zu sagen: Wunderbar, wir senken unsere Standards, wir schauen, dass wir die Höhe senken, dass wir den Zugang einschränken, et cetera, denn dann haben wir mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Wir haben weniger Belastung für unseren Haushalt, wir haben die Zahlen nicht bei uns in der Arbeitslosigkeit, wir müssen uns nicht darum kümmern, für Wohnbau zu sorgen, und wir haben alle schlechten Statistiken in Wien. Und das ist auch genau nicht das, was ich mir unter verantwortungsvoller Politik einer auf Bundesebene regierenden Partei vorstelle. Das möchte ich auch ganz klar sagen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.) Wir brauchen aber tatsächlich dringend eine Reform, und wir haben hier natürlich unterschiedliche Weltbilder und auch unterschiedliche Menschenbilder. Denn ich halte es nicht für gut, dass wir in Richtung einer Gesellschaft gehen, in der sich Menschen tatsächlich - und das müssen Sie ernst nehmen - gefrotzelt fühlen, wenn sie arbeiten gehen, wenn sie jeden Tag aufstehen und dann aber sehen, dass unter Umständen weniger rausschaut als bei einer Familie, die das nicht tut. Das müssen Sie ernst nehmen, denn das bedroht sehr wohl den Zusammenhalt. - Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt ist: Versorgen, der soziale Ansatz. Das ist wichtig, das muss es geben, denn wir wollen ja auch keine Aufstände von arbeitslosen Mobs, die zu wenig zum Leben haben. Keine Frage, der soziale Frieden ist sehr wichtig, und daher muss es immer diese Mindestsicherung geben. Was aus meiner Sicht dabei aber sehr wesentlich ist, ist die Frage: Womit erreichen wir wirklich die Menschen, und was schafft den Zusammenhalt in der Gesellschaft? Und das ist nicht der Aspekt: Wir versorgen euch, wir kümmern uns um euch!, sondern es geht um Anerkennung. Und was Sie diesen Menschen, die in der Mindestsicherung sitzen und letztlich auch sehr oft darin gefangen sind, damit nicht geben, ist Anerkennung! Damit bin ich bei zwei weiteren Aspekten, die ich herausstreichen will, und das sind die Frage eines Bildungssystems und jene des Arbeitsmarkts. Ich komme einmal zur ersten. Wir reden sehr oft und wir lesen in Artikeln von der Generation AMS, von einem Drittel der Schülerinnen und Schüler, sehr oft mit migrantischem Hintergrund, die die Pflichtschule in Wien verlassen und nicht sinnerfassend lesen können, nicht gescheit rechnen können. Dann gibt es sehr teure Programme der Stadt Wien - also wieder der soziale Ansatz: Wir kümmern uns, wir kümmern uns um euch. - Das ist unsere Sozialpolitik. Das ist paternalistisch! Sie schaffen es nicht, diesen jungen Menschen Anerkennung zu geben im Leben. Die wollen etwas darstellen! Die wollen nicht versorgt werden, die wollen etwas darstellen - und Sie geben ihnen keine Chancen, sondern Sie versorgen sie. (Beifall bei den NEOS.) Das ist falsch, und das bedroht den Zusammenhalt! Das ist eine Generation AMS, und das ist natürlich auch die Generation BMS, die Sie hier mit einem falschen Bildungssystem heranbilden. Der zweite Aspekt ist der Arbeitsmarkt. Das hat zwei Seiten. Die eine Seite ist: Irgendjemand muss das finanzieren - der Steuerzahler. All jene, die Steuern zahlen, müssen auf der anderen Seite die Sozialausgaben auch finanzieren. Damit bin ich nicht nur bei der Frage der nachhaltigen Finanzierbarkeit, aber gerade eben auch. Und weil hier gerade vorhin wieder von zusätzlichen Abgaben gesprochen wurde, so ist das genau ein Punkt, warum wir da dagegen sind, denn ich glaube, der Deckel ist schon längst erreicht, was die Abgaben- und Steuerbelastung in diesem Land und in dieser Stadt betrifft. Aber selbstverständlich sind wir damit auch bei der Frage - um auch wieder auf dieses Thema zurückzukommen, und ich weiß, es geht nur um Schanigärten -, was wir eigentlich jetzt, in dieser Situation mit steigender Arbeitslosigkeit, zu tun haben, und das ist definitiv nicht, durch weitere regulatorische Belastungen oder steuerliche Belastungen oder Gebührenbelastungen ausgerechnet jene zu belasten, die Menschen anstellen, die Menschen einen Job geben und die auch dieses Sozialsystem finanzieren. Das ist der falsche Weg und dem stellen wir uns ganz massiv entgegen! (Beifall bei den NEOS.) Wir brauchen in dieser Stadt Wachstum, wir brauchen Innovation und wir brauchen Arbeitsplätze. Wir brauchen eine nachhaltige Finanzierung eines Sozialsystems, das die Eigenverantwortung und die Selbstermächtigungsfähigkeit und die Möglichkeit, Anerkennung im Leben zu finden, in den Mittelpunkt stellt und nicht den "Wir versorgen eh alle"-Gedanken, der nicht finanzierbar ist. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abg. Hebein. - Bitte. Abg. Birgit Hebein (GRÜNE): Werter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Natürlich wäre es reizvoll, gleich einmal auf Reden der Opposition einzugehen - das mache ich später. Ich möchte mit etwas Grundlegendem beginnen, weil immer, wenn solche Kampagnen mit einem einzelnen Medium und einzelnen Parteien starten, dies eine enorme Verunsicherung auslöst. Es kommen unzählige Rückmeldungen von Menschen, die fragen: Was stimmt? Was stimmt nicht? - Lassen Sie mich insofern hier einmal ganz grundlegend beginnen, nämlich: Wenn es bei Ihrer Nachbarin brennt, wollen Sie sich darauf verlassen, dass die Feuerwehr so rasch wie möglich kommt. Wir alle wollen uns darauf verlassen. Wenn es einen Unfall gibt - egal, wo, mit dem Auto oder sonst wo -, wollen Sie sich und wollen wir alle uns darauf verlassen, dass die Rettung kommt. Geht es um Gewalt - wieder egal, wo, zum Beispiel im Fußballstadion, wenn Fans durchknallen -, wollen Sie, dass die Polizei rechtzeitig da ist. Und genauso ist es, wenn Sie sich völlig unverschuldet plötzlich in einer Lebenssituation befinden wie Scheidung, Jobverlust, Krise, Krankheit (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Dafür habe ich eingezahlt!): Dann wollen Sie sich darauf verlassen, dass es die Mindestsicherung gibt und dass Sie nicht abstürzen. Die Mindestsicherung ist ein Notruf, und er kommt uns allen zu Gute, so wie die Polizei, die Feuerwehr und die Rettung. Und wir können immer wieder separat diskutieren: da Wirtschaft, da Bildung, da Arbeitsmarkt, dennoch werde ich einige Punkte nennen, warum es so elementar wichtig ist, dass wir diese Mindestabsicherung haben. Wir haben nur 1 Prozent Wirtschaftswachstum, wir haben 2 Prozent Bevölkerungswachstum in unserer Stadt, wir haben 150.000 Arbeitslose, wir haben zu wenige Jobs, und das vor allem im Niedriglohnsektor. So ist es! Und dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn daraus folgt, dass immer mehr Menschen die Mindestsicherung vor allem als Ergänzungsleistung brauchen, um nicht abzurutschen. Und dass, wie auch die im Auftrag der Stadt Wien erstellte und jetzt auch öffentlich zugängliche Wifo-Studie zeigt, die Verweildauer länger wird, das ist ein Faktum, und es ist wahnsinnig wichtig, dass wir dort hinschauen und nicht die Augen zukneifen, uns empören und hoffen, dass, wenn wir die Augen aufmachen, alles wieder besser wird. Wenn wir keine Mindestsicherung haben, passiert Folgendes - und insofern unterstreiche ich sehr, was Frau Landesrätin Wehsely gesagt hat -, und ich versuche es wirklich weder mit Wattebausch noch mit Übertreibungen darzustellen, sondern nur auf Grund dessen, was die Prognosen für das nächste Jahr sagen, und auf Grund dessen, wo wir jetzt im Augenblick stehen: Wenn wir keine Mindestsicherung haben, wenn Rot und Schwarz sich nicht auf eine sinnvolle neue Art. 15a-Vereinbarung einigen, heißt das Folgendes - und das wird immer wieder vergessen -: Es kommt zu einem massiven Lohndumping, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem im Niedriglohnbereich. Wenn immer mehr Leute wenig zum Leben haben, was passiert dann mit dem Arbeitsmarkt? - Der Druck wird dazu führen, dass die Leute, egal, unter welchen Bedingungen, ihre Arbeit annehmen. Das heißt, auch diejenigen, die eine Arbeit haben, kommen damit unter Druck. Das muss uns bewusst sein, dass auch das passieren kann. Oder auch wenn man massiv reinkürzt, wie die ÖVP das unbedingt haben will, dann ist das eine Folge davon. Wenn Sie von der ÖVP es nicht schaffen, sich einen Schritt zu bewegen, damit es wirklich zu einer sinnvollen Vereinbarung kommt, dann gibt es in ganz Österreich ein Sozialdumping mit all den Konsequenzen, die die gesamte Gesellschaft tragen wird, nicht nur die Betroffenen. Na, was werden Leute tun, wenn sie wenig zu essen haben - und dieser Schritt fehlt mir bei Ihren Empörungsreden immer wieder -: Es ist die Gefahr ernst zu nehmen, dass dann Leute in die Kriminalität abrutschen. Es ist die Gefahr ernst zu nehmen, dass wieder eine Schattenwirtschaft entstehen wird, in der Leute ausgebeutet werden, Scheinfirmen entstehen. Das ist übrigens auch ein Effekt oder kann auch passieren, wenn man sich krampfhaft an der Residenzpflicht festhält - um auch das einmal zu sagen. Und ich kenne schon die Dynamik der Diskussion in ein, zwei Jahren: Wir sagen, wir versuchen, obdachlosen Menschen bestmöglich eine Unterstützung zu geben. Sie werden sagen, na furchtbar, Rot-Grün, wie viele Tausend obdachlose Menschen es gibt! - Wir haben eine Dynamik eines Mehr an Armut und an sozialen Unruhen, an Krankheiten, an Folgekosten. Das halten Sie sich bitte vor Augen! Ich bringe noch eines ins Spiel, um auch die Zusammenhänge aufzuzeigen. Man kann - Herr Chorherr hat es, glaube ich, gestern gesagt - von Herrn Filzmaier halten, was man will, aber lesen Sie die neue Untersuchung, wie es gerade stimmungsmäßig um die Demokratie in unserem Lande steht: 1,2 Millionen Menschen sind demokratiemüde! Sie haben genug von diesem Gezerre, der Ausrichterei, dem taktischen Kalkül und davon, dass wir als PolitikerInnen nicht hergehen und mehr Verantwortung übernehmen und Lösungen anbieten, die über Wahlen hinausgehen. 300.000 Menschen sind in unserem Land schon empfänglich für Extreme! Und ich komme hier wieder zu dem Punkt: Wenn wir es nicht schnallen, dass es Zeit wird, in Kinder und Jugendliche zu investieren, dann haben wir etwas nicht verstanden. Insofern noch einmal: Die Mindestsicherung brauchen wir alle! Jetzt komme ich konkret zu den ÖVP-Forderungen. Man weiß ja schon gar nicht mehr, geht es um 1-EUR-Jobs oder um gratis Hackeln oder um einen Deckel bei 1.500 EUR. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Nicht gratis Hackeln!) Wurscht, was - Sie überbieten sich in den letzten Monaten mit sehr grauslichen Vorschlägen, wo man sich fragt: Wohin wollen Sie denn? Die 1.500-EUR-Deckelung ist rechtswidrig, das wissen Sie. Man kann nicht willkürlich eine Grenze einziehen, da stimmt auch die Verhältnismäßigkeit nicht. Und das, was passiert - und ich meine es wirklich ganz sachlich, ich habe nächtelang alle Ihre Varianten und Vorschläge durchgerechnet -, was das für die 200.000 Menschen hier in Wien bedeutet, ist Folgendes: Sie sagen damit - nehmen Sie nur die Fakten her! -, dass zukünftig an die 10.000 Kinder mit ihren Familien über der Grenze sind und mit Kürzungen zu rechnen haben. Sie sagen gleichzeitig, dass noch einmal so viele Menschen aus dem System herausfallen, weil die Höchstgrenze erreicht ist. Was Sie aber nicht sagen, ist - und ich komme jetzt wirklich auf diese Ebene, das meine ich ernsthaft -: Welche Perspektive geben Sie diesen Kindern und Jugendlichen? Wie viel verbauen Sie an Perspektiven für die Zukunft? Wollen Sie tatsächlich - jetzt überspitze ich, ich gebe es zu -, dass hier in unserer Stadt, in unserem Land, eine Hartz- IV-Generation heranwächst? (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Die ist ja schon da! Die gibt's ja schon! Die wird immer größer!) - Das ist dann Ihre Mitverantwortung, aus der werde ich Sie sicher nicht entlassen. Dann komme ich zu den anerkannten Flüchtlingen, die immer wieder auch dazu benützt werden, unser Sozialsystem zu destabilisieren. (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Ja, die destabilisieren das Sozialsystem, die Flüchtlinge!) - Ich richte mich eigentlich an die ÖVP. Zur FPÖ kann ich nur sagen: Sie haben gestern davon geredet - Herr Aigner, ich glaube, Sie waren es (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Ja, und ich werde heute wieder reden!) -, es sei so schön gewesen in den Zeiten der Sachleistungen, wobei ich nicht genau weiß, wie weit Sie historisch zurückgehen, zu den Lebensmittelgutscheinen oder zum Suppenausschank. - Wir wollen dorthin nicht mehr zurück! Sie pfeffern uns mit Ihren Vorschlägen zurück ins letzte Jahrhundert! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Was die anerkannten Flüchtlinge betrifft, so empfehle ich Ihnen wirklich, die Wifo-Studie zu lesen. Da sehen Sie die Daten und Fakten, und Wien ist da unglaublich transparent, was das anbelangt. Sie sehen genau, insgesamt werden 4.500 Anträge im Monat bearbeitet, es gibt eine Anerkennungsquote von 40 Prozent, und tatsächlich wird, eins zu eins, ein Teil davon direkt in der Mindestsicherung landen, wenn wir es nicht schaffen, Perspektiven zu entwickeln. All das, was wir als Stadt Wien meinen, investieren wir ab dem ersten Tag in die Integration dieser Menschen, damit auch ihre Qualitäten eine Chance hier in unserer Gesellschaft haben. Sie können das definitiv nachlesen, und Sie können auch nachlesen, die Zahl wird sich erhöhen, nicht zuletzt weil das Personal aufgestockt wird, und wir werden wieder vor der Frage stehen: Investieren wir in die Menschen? Geben wir ihnen eine Chance? 40 Prozent davon sind übrigens Kinder. Oder lehnen wir uns zurück und sagen wir - und das muss ich jetzt so direkt sagen - wie die ÖVP: Drei Jahre warten wir einmal, was auch immer ihr in dieser Zeit tut, und dann reden wir weiter! - Das sind weder sozial verantwortliche noch ökonomisch sinnvolle Lösungsvorschläge, die Sie da auf den Tisch legen. Noch einmal: Was tun? Und ich rede jetzt nicht davon, was wir grundsätzlich machen sollten, wo ich mit Überzeugung meine, dass wir endlich eine Umverteilungsdiskussion führen müssen angesichts von 1.300 Milliarden Vermögen in Österreich und endlich einen Mindestlohn einführen müssen. Herr Abg. Juraczka, 9,20 EUR brutto ist die Armutsgrenze, und viele, besonders Frauen, liegen weit darunter - wie Friseurinnen, Ordinationsgehilfinnen oder Masseurinnen. Darüber kann man auch reden, aber ich werde jetzt noch einmal ganz pragmatisch einige Vorschläge machen, damit auch Sie merken - ich sage es ganz offen-, dass auch wir uns bewegen, weil wir hier Verantwortung tragen für, ich habe es schon gesagt, mindestens 200.000 Menschen, die es nächstes Jahr trifft. Das ist nämlich ein Punkt, wo ich den NEOS ein Stück weit recht gebe in der Analyse, nur fehlen mir da die konkreten Vorschläge. (Ruf bei den NEOS: Einschleifregelung!) Selbstermächtigung klingt wahnsinnig klasse, irrsinnig klasse! Selbstermächtigung - ich bin voll dafür, wir unterschreiben das alle auf der Stelle. Bei der Arbeitslosigkeit, die wir jetzt haben - und Sie wissen auch, je länger Jugendliche in der Mindestsicherung sind, desto schwieriger kommen sie heraus, desto öfter kommt es zu Mehrfachproblematiken -, da macht es doch Sinn, genau solche Initiativen zu starten wie die Jugendunterstützung. Da macht es doch Sinn, sich zu überlegen: Wo kann man Jobs schaffen im zweiten Arbeitsmarkt, wo zumindest Jugendliche mit Begleitung und Qualifizierung überhaupt die Chance erhalten, herauszukommen? Ich kann einem Jugendlichen sagen: Ermächtige dich jetzt selbst, viel Glück, dort ist das Arbeitsamt!, oder wir gehen her und überlegen uns gemeinsam, wo es sinnvolle Lösungen gibt. Man kann auch, wenn Sie es unbedingt brauchen, überlegen: Wie ist das, pragmatisch gesehen, mit den Kinderzuschlägen? Man kann natürlich über Eingliederungshilfen bei Unternehmen diskutieren, wo es unbedingt begleitend Qualifizierungsmaßnahmen geben muss, sonst kriegen diese Menschen ja keine Chance, herauszukommen aus dem System. Das sind alles Vorschläge, die Sinn machen - denn wir werden nicht von heute auf morgen den Arbeitsmarkt verändern, zumindest nicht, wenn wir nur darüber reden. Also das Ziel der Mindestsicherung ist, dass die Betroffenen so schnell wie möglich auch die Chance und die Möglichkeit erhalten, wieder herauszukommen. Keiner liegt freiwillig länger im Krankenhaus, als er unbedingt muss. Und ich komme noch einmal zu dem Bild - und das vergessen Sie bitte nicht, wenn wieder irgendwelche Einzelfälle in irgendeinem Boulevardblatt aufscheinen -: Wir alle wollen uns auf die Mindestsicherung verlassen, denn sie ist ein Notruf, genauso wie Feuerwehr, Polizei und Rettung. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Nepp. - Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dominik Nepp (FPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Hebein, um vielleicht zu Beginn noch kurz auf Sie zu replizieren: Sie haben sich darüber aufgeregt, dass Herr Dr. Aigner gestern gemeint hat, es sollten im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung mehr Sachleistungen und weniger Geldleistungen übermittelt oder bezahlt werden. (Abg. Birgit Hebein: So wie früher, hat er gesagt! Wie früher!) Und damit hat ja Dr. Aigner der StRin Wehsely recht gegeben, die ja auch sagt, dass man weg von den Geldleistungen hin zu den Sachleistungen gehen muss. Da frage ich mich nur eines: Wie soll dieses gesamte System der Bedarfsorientierten Mindestsicherung funktionieren, wenn Sie sich nicht einmal in der Regierung einig sind, was ausbezahlt werden soll? Das ist doch jetzt schon zum Scheitern verurteilt! (Beifall bei der FPÖ.) Und eines möchte ich Ihnen auch noch sagen: Am Anfang haben Sie davon geredet, dass 200.000 Menschen Mindestsicherungsbezieher sind. Das klang hier am Rednerpult eigentlich schon wie eine Selbstanklage, denn Ihnen stehen ja alle Mittel frei, Sie haben alle Mittel zur Verfügung, um dagegen anzukämpfen. Sie haben sogar eine SPÖ, die in der Bundesregierung sitzt. Also woran scheitert es? Es kann eigentlich nur noch, wenn man ehrlich ist, an Ihnen selbst scheitern, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Aber ich gebe Ihnen recht, oder zur Hälfte recht - sagen wir einmal so -, dass die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ein Netz sein soll, das unterste Netz zum Auffangen von Menschen, bevor sie auf der Straße leben, herumlungern, herumliegen. Also das letzte soziale Netz soll die Bedarfsorientierte Mindestsicherung sein. Da gebe ich Ihnen zur Hälfte recht, weil ich sage, ja, das stimmt, aber für diejenigen, die da sind, und nicht noch, wie Sie es suggerieren wollen, für die Tausenden, die vielleicht noch von anderen Kontinenten hier herkommen wollen! Hier muss auch einmal ein klarer Schlussstrich gezogen werden. (Beifall bei der FPÖ.) Um nur noch kurz auch auf die Frau Kollegin Wehsely und auf ihre Beantwortung der Anfrage einzugehen: Sie haben sich hier mehr oder weniger gefreut, dass es so wenige Beschwerden gibt - so viele Bescheide, aber dennoch nur so wenige Beschwerden -: Na, wer wird sich denn beschweren gegen einen Bescheid? Sicher nicht der, der unrechtmäßig zu viel bekommt, sondern eher der, der unrechtmäßig zu wenig bekommt. Ich rege mich eher auf, wenn ich zu wenig bekomme, als wenn ich sage, ich bekomme zu viel. Da wird ja keiner hingehen und sagen, juhu, die StRin Wehsely zahlt mir zu viel aus! - Darum frage ich mich: Auf welcher Seite stehen Sie? Auf der Seite der Ehrlichen, die zu wenig bekommen, oder auf der der Unehrlichen, die zu viel bekommen? - Das müssen Sie auch selbst für sich entscheiden. (Beifall bei der FPÖ. - Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: ... des Rechtsstaats stehen!) Sie haben auch gesagt, Sie führen gerne einen sachdienlichen Dialog mit der ÖVP. Sie haben uns, die FPÖ, ja ausgenommen; wir führen auch gerne sachdienliche Dialoge. Aber bei diesen gravierenden Anschuldigungen, die hier medial publiziert wurden, bei diesen Rechtswidrigkeiten ... (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Haben Sie zugehört bei der Beantwortung? Behaupten Sie das weiter?) - Ich behaupte das weiter, denn ich glaube der "Kronen Zeitung", ja. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei SPÖ und GRÜNEN. - Zwischenrufe bei der SPÖ.) - Ja, keine Sorge, Sie können gerne einen Prozess führen. Das wäre der nächste Punkt gewesen. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: "Ich glaube der ‚Kronen Zeitung'"! Das ist unfassbar! - StR DDr. Eduard Schock: Wie der Herr Bürgermeister!) Aber ich sage Ihnen eines: Bei diesen schwerwiegenden Anschuldigungen, bei diesen Rechtswidrigkeiten, die sogar vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurden - das bestätigen ja nicht wir, Rechtswidrigkeiten wurden ja bereits vom Gericht bestätigt -, da bleibt uns nichts anderes übrig, da können wir keinen sachdienlichen Dialog führen, sondern nur noch sachdienliche Hinweise der Staatsanwaltschaft liefern, meine sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Und weil Sie alle vorher so gelacht haben über die "Kronen Zeitung", dass diese da laut Ihnen eine Unwahrheit geschrieben hat: Also wenn jemand über mich in der "Krone" so eine Unwahrheit ... (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Ich bin gar nicht vorgekommen!) - Na ja, Sie sind ja dafür verantwortlich. Und angeblich haben ja auch Sie eine Weisung gegeben, wie die "Kronen Zeitung" schreibt (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Das schreibt die "Krone" nicht, das schreiben Sie!), oder es kam eine solche aus Ihrem Büro. Aus Ihrem Büro oder Sie! Lesen Sie es nach! (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Das schreiben Sie!) Selbst wenn Sie die oberste Stelle anscheinend nicht sind (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Die oberste Stelle ist mein Büro?) - das haben Sie anscheinend schon alles aufgegeben, Sie sind nicht mehr die oberste Stelle -, sage ich Ihnen eines, Frau StRin Wehsely (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: ... ist nicht die oberste Stelle!): Führen Sie doch einen Prozess gegen die "Krone"! Klagen Sie doch auf Widerruf! Machen Sie das doch! Warum nicht? Trauen Sie sich nicht? - Dann muss wohl etwas Wahres vielleicht dran sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Aber die Schlüsselfrage dieser Anfrage von der ÖVP ist eigentlich die Frage, seit wann Sie von diesen Missständen bei der MA 40 Bescheid wussten. Und Sie haben gesagt, am 16.9.2016 wurden Sie von der "Krone" gefragt, was Sie zu diesen Missständen, die dort herrschen, sagen. Oder von mir aus von dem Reporter; ein Reporter hat Sie angerufen. Dann war es nicht die "Krone", sondern ein Reporter. - Sie haben gesagt, am 16.9. kam ein E-Mail und Ihr Büro hat geantwortet. - Gut, 16.9.2016. Jetzt frage ich mich nur: Was haben Sie denn die ganze Zeit gemacht, wo es schon längst Gerichtsentscheide gab, die genau diese Missstände, die hier vorkommen, bestätigen? Und ich habe es Ihnen gestern schon vorgelesen: Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Bedarfsorientierte Mindestsicherung vergeben wird, ohne dass vorher eingehend geprüft wird, ob überhaupt ein Anspruch besteht. Ich kann Ihnen diese Fälle - ich habe sie auch hier, Urteile des Verwaltungsgerichts Wien - vorlesen (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Tun Sie die von der Volksanwaltschaft gleich dazu!), denn ich sage Ihnen eines: Die sind nämlich schon am 29.10.2015 abgeschlossen worden. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Bei 350 000 Bescheiden passieren Fehler!) - Na ja, dann ziehen Sie den Hut und gehen Sie, wenn bei Ihnen ständig Fehler passieren! Das wäre einmal eine Ansage. (Beifall bei der FPÖ.) Sie sollten nicht so salopp sagen, da passieren Fehler, sondern Sie sollten sagen, ich tue mein Möglichstes, damit diese Fehler nicht passieren! Aber genau diese Ansage fehlt bei Ihnen ständig, Frau Stadträtin. Das vermissen wir. (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenrufe von Abg. Gerhard Kubik und Abg. Christian Oxonitsch.) Das heißt, es gibt genau drei Möglichkeiten, wie diese Datumsveränderung - Sie wissen erst am 16.9.2016 Bescheid, obwohl der Volksanwaltschaftsbericht daliegt und obwohl die Urteile des Verwaltungsgerichts Wien schon 2015 bekannt waren - zu erklären ist. Da gibt es nur genau drei Möglichkeiten. (Neuerlicher Zwischenruf von Abg. Christian Oxonitsch. - Gegenruf von StR Anton Mahdalik: Bleibt ruhig, Burschen! Beruhigt euch!) Erstens: Sie sind Chefin einer Organisationsstruktur, die zulässt, dass solche Missstände stattfinden. Zweitens: Sie sind Chefin einer Organisationsstruktur, wo solche Missstände stattfinden und Sie davon nicht informiert werden. Oder, drittens - und das wäre das Schlimmste -: Sie lassen sich diese Belege vorlegen und Sie goutieren es. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Was meinen Sie mit "Belege"? - Ruf bei der SPÖ: Welche Belege sind das?) Es ist aber vollkommen wurscht, welche dieser drei Möglichkeiten zutrifft: Ob eins, zwei oder drei, Ihre politische Wirkungsweise ist hoffentlich bald vorbei! (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Dr. Wolfgang Ulm.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Mörk. - Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Gabriele Mörk (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Klubobmann Juraczka, Sie haben mir gestern mehr oder weniger vorgeworfen (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich habe Sie lobend erwähnt!) - ja, ja, schon (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich hoffe, das schadet Ihnen nicht!) -, dass ich in Richtung der ÖVP von Hetzkampagne spreche, dass ich diesen Begriff verwende, und Sie haben gesagt, dass Sie sich das nicht erwartet hätten, weil Sie mich bis jetzt immer als sachorientierte Politikerin empfunden haben. - Hetzen, Polarisieren und auch Polemisieren ist, das gebe ich zu, nicht wirklich meine politische Stärke. Mein Ansatz ist die Sachpolitik. Aber mittlerweile vermisse ich diese sehr in diesem Hohen Haus. Und auch wenn ich mir die heutige Debatte vor Augen führe, muss ich feststellen, dass es kaum mehr möglich ist, in diesem Haus irgendetwas sachlich zu diskutieren. Und wenn ich mir auch anschaue, was sich in der letzten Zeit abgespielt hat, so finde ich doch, dass es Hetze ist: gegen gewisse Personen und gegen gewisse Gruppen. Und auch das Thema der heutigen Dringlichen Anfrage passt ein bisschen in dieses Bild hinein. Sie nehmen Behauptungen aus der "Kronen Zeitung" her und behaupten, das wäre ein Missstand, ohne dass diese Behauptungen der "Kronen Zeitung" auch überprüft werden. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Aber bitte, dann muss man diese Zeitung klagen, wenn die bewusst Unwahrheiten schreiben! Und das wird heute den ganzen Tag hier ... - Abg. Kurt Wagner: Sie kennen das Pressegesetz genauso gut wie ich!) - Aber, Herr Kollege, jetzt sage ich einmal: Einer ÖVP würde ich schon noch so viel Seriosität zuordnen, dass man nicht Behauptungen aus der "Kronen Zeitung" für wahr nimmt und dazu eine Dringliche Anfrage an die Stadträtin stellt! (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich glaube, dass es den Mitarbeiter der MA 40 gibt, ganz ehrlich!) Okay, das glauben Sie, aber ... Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Darf ich nur darum ersuchen, dass wir wieder aufmerksam zuhören? Man hört auch nichts durch die vielen Zwischenrufe. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Gabriele Mörk (fortsetzend): Und das, was sich in der letzten Zeit abgespielt hat, hat auch nichts mehr mit einer seriösen Sachpolitik zu tun. Wir als PolitikerInnen sind es gewohnt, mit Kritik umzugehen, und ich denke, dafür sind wir als PolitikerInnen auch da. Es ist auch so, dass wir, da wir unterschiedlichen Parteien angehören, unterschiedliche Weltanschauungen haben und gemäß diesen auch unsere Stadt oder unser Land verändern wollen. Aber dazu gehört für mich auch ein sachlicher Diskurs, und dessen Grenze ist, glaube ich, in der Diskussion auch von der FPÖ in den letzten Tagen und Wochen mehr als überschritten worden. Und vor allem: Diese Unterstellungen treffen jetzt nicht PolitikerInnen, sondern, was noch viel schlimmer ist, sie treffen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Wien. Und genau das schadet allen Beteiligten. Ich möchte jetzt auch noch auf Herrn Nepp zurückkommen, der meint, was in der "Kronen Zeitung" steht, stimmt. (Abg. Dominik Nepp: Dann klagen Sie doch! - Gegenruf des Abg. Kurt Wagner.) Wenn Sie der "Kronen Zeitung" glauben, möchte ich noch einmal ganz klar feststellen: Wenn Missstände auftreten oder Verdachtsmomente vorliegen, geht die MA 40 all diesen Verdachtsmomenten nach und überprüft das - unabhängig davon, ob es eine mediale Berichterstattung gibt oder nicht. Und ich sage noch einmal ganz klar, obwohl das auch schon die Frau Landesrätin gesagt hat: Es gibt keine Weisungen, Belege oder Dokumente nicht ordnungsgemäß zu überprüfen, und es gibt auch keine Weisungen, die Angaben von nichtösterreichischen Mindestsicherungsbeziehern nicht weiter zu hinterfragen. Das war gestern auch schon ganz klar, habe ich hier gesagt. Solche Weisungen wären rechtswidrig, und auch solche Weisungen durchzuführen, wäre rechtswidrig und damit strafbar. Und: Die MA 40 nimmt ihre Aufgabe ganz konkret wahr. Sie nimmt ihre Kontrollfunktion wahr und sie prüft sehr genau, wenn Anträge auf Mindestsicherung einlangen. Deshalb werden auch schon im Vorhinein 30 Prozent der Anträge abgelehnt. Aber es gelten auch im Bereich der Mindestsicherung Pflichten und Rechte für alle BezieherInnen, und wenn diese Pflichten und Rechte nicht eingehalten werden, dann kommt es auch zu Kürzungen. Das waren im letzten Jahr 8.000, und das zwischen 25 und 100 Prozent. Ja, wir und auch die Frau Landesrätin und auch die zuständige Behörde stehen für strenge Kontrollen. Ich möchte heute hier auch die Gelegenheit wahrnehmen, mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 40 recht herzlich für ihre Arbeit zu bedanken. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Sie haben wahrlich keine leichte Aufgabe, vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den Sozialzentren arbeiten, aber sie sind tagtäglich für die Menschen, die zu ihnen kommen, da und sie geben ihnen Hoffnung und Perspektive. Und die Diskussion, die derzeit in der Öffentlichkeit geführt wird, haben sich diese MitarbeiterInnen wahrlich nicht verdient. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und noch etwas: Mindestsicherung und Mindestsicherungsbezieher sind seit Monaten, eigentlich kann man schon sagen, seit Jahren, im Fokus der ÖVP. Und ich kann mich erinnern, wir haben in diesem Hohen Haus schon viele, eigentlich unzählige Diskussionen über die Mindestsicherung geführt, und es werden immer wieder Anträge und Forderungen von Ihnen eingebracht, nicht nur heute der Antrag, den Sie einbringen. Ich erinnere mich eigentlich nicht gerne zurück, wie wir das Geschäftsstück "Back to the Future" hier behandelt haben. Bei der Debatte zu diesem Geschäftsstück ist Herr Klubobmann Juraczka ans Rednerpult getreten und hat wörtlich gesagt: "Mit Freude bringe ich heute drei Anträge ein." - Unter anderem hat ein Antrag vorgesehen, die Mindestsicherung mit 1.500 EUR zu deckeln, aus dem Bezug der Mindestsicherung subsidiär Schutzberechtigte herauszustreichen - ähnlich den Forderungen, die auch in dem heute von Ihnen eingebrachten Antrag wieder enthalten sind. Ich kann bei Gott nicht verstehen, wie man Freude haben kann, wenn man Menschen, die auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind, ihre Lebensgrundlage entzieht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und weil Sie auch immer auf die steigende Anzahl von Beziehern hinweisen: Ja, das ist so. Aber wieso ist es so? Man muss auch sehen, dass wir seit vielen Jahren in einer Wirtschaftskrise leben. Die wirtschaftliche Situation ist nicht einfach, und deshalb ist es auch wichtig, dass wir gerade in solchen Zeiten ein dichtes soziales Netz haben. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Aber nicht für die ganze Welt!) Unsere Aufgabe ist es auch - und da gebe ich auch den RednerInnen von den GRÜNEN und der Frau Stadträtin, die das ebenfalls gesagt hat, recht -, Menschen in dieser Stadt Perspektiven zu geben. Und das tun wir auch! Ich möchte zum Beispiel nur "Step 2 Job" anführen. Das wurde schon mit Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Jahr 2010 in Wien gestartet. Das ist eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme, um Leute in Beschäftigung zu bekommen. Dieses Modell wurde dann auch österreichweit ausgerollt. Oder: "Back to the Future", das Jugend College, die Wiener Ausbildungsgarantie oder die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Sozialstaat hat die Aufgabe, Menschen vor dem Nichts zu bewahren, und diese Errungenschaften gilt es auch zu verteidigen. Eine Auflösung des Sozialstaates bedeutet Massenverelendung, Ghettobildung, Kriminalität und damit einen großen gesellschaftlichen Rückschritt. Menschen, die von der Bedarfsorientierten Mindestsicherung leben, sind durch soziale Netze gefallen. Denen macht es sicher nicht Spaß, in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu leben, und sie befinden sich auch sicher nicht gerne in dieser Situation. Diese Menschen aber an den medialen Pranger zu stellen, halte ich persönlich für unerträglich. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Eine sachliche Debatte über Veränderungen ist wichtig, und es gibt immer wieder Aspekte, wo man etwas besser machen kann. Arme Menschen als Sündenböcke hinzustellen, ist ein gefährlicher und auch ein falscher Weg, und diesen möchte ich und diesen möchte die rot-grüne Stadtregierung nicht gehen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Nehmen wir gemeinsam den Menschen die Furcht, komplett abzurutschen, dann können sie ihre Energie in Arbeitsuche und Weiterbildung investieren! - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Ornig. - Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar für das, was Frau Kollegin Hebein gesagt hat, nämlich dass man sich mit dieser Wifo-Studie einmal intensiv beschäftigen sollte. Genau das haben wir natürlich auch gemacht, und ich möchte daher jetzt auch wieder ein bisschen sachlich auf dieses Thema eingehen, denn de facto sind wir uns, glaube ich, schon einig darin, dass Wien ein Problem hat, und wir brauchen rasche Maßnahmen, um dieses Problem zu lösen. Die "Generation AMS", titelte das "profil" zuletzt, und die eben erwähnte aktuelle Wifo-Studie zeigt auf, was meiner Meinung nach schon lange offensichtlich war: Die Mindestsicherung in ihrer derzeitigen Form funktioniert leider nicht. Gut gemeint ist bekanntlich das Gegenteil von gut. (Beifall von Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc.) 2015 waren in Wien bereits 158.375 Personen auf die Mindestsicherung angewiesen. Gegenüber 2012 ist das ein Anstieg von 20 Prozent. 20 Prozent in nur 3 Jahren! Das sind die Fakten. Die Menschen in unserer Stadt haben derzeit wirklich kaum eine Chance, dauerhaft aus der Mindestsicherung herauszukommen und sich langfristig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das derzeitige Mindestsicherungsmodell ist leider kein kurzfristiges Auffangnetz in einer Notsituation, wie es geplant war, sondern ein Fangnetz, aus dem die Menschen nur schwer wieder herauskommen. Die Studie zeigt, dass zwei Drittel der BezieherInnen im Jänner 2015 schon länger als 13 Monate in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung festhängen. Von jenen, die den vermeintlichen Absprung geschafft haben, den wir uns hier alle wünschen, brauchen erschreckende 45 Prozent nach nur 2 Monaten erneut Unterstützung durch die Mindestsicherung. Traurig ist auch, dass das Wifo zu dem Schluss kommt, dass gerade Geringqualifizierte kaum eine Chance haben, sich erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Studie zeigt deutlich den Zusammenhang von Bildung und Mindestsicherung. Demnach haben zirka 62 Prozent der BezieherInnen maximal einen Pflichtschulabschluss. 62 Prozent haben maximal einen Pflichtschulabschluss! Überraschend ist das nicht, meine Damen und Herren. Die wirksamste Maßnahme gegen Armut ist nun einmal Bildung, Bildung und noch einmal Bildung. Besonders erschreckend und ebenfalls traurig ist der Anstieg des Mindestsicherungsbezugs bei den Jungen in den vergangenen Jahren, jenen Menschen, die unser Sozialsystem in Zukunft tragen müssen. 2015 bezogen in Wien 26.200 junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren die Mindestsicherung. Das ist gegenüber 2010 ein Anstieg um 191 Prozent. 191 Prozent! - Meine Damen und Herren, das ist ein Totalversagen der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik, aber auch der Sozialpolitik, und das ist nicht akzeptabel. Das muss man leider so sagen. Wir NEOS haben in diesem Haus schon mehrfach gesagt, und ich sage es jetzt noch einmal, es braucht endlich eine Reform des Pflichtschulsystems. Es geht nicht, dass junge Menschen in die Pflichtschule oder in die Wiener Ausbildungsgarantie hineinkommen und diese verlassen und direkt zum AMS oder zum Sozialamt gehen. Generation AMS nennt es das "profil", und ich sage, die Wiener Stadtpolitik hat diese Generation AMS geradezu herangezogen. Die Zahl der BezieherInnen ist durch die Flüchtlingsthematik noch zusätzlich gestiegen. Das Problem liegt aber ganz woanders: Es liegt in einem starren System, das kein Sprungbrett, sondern im Moment ein Hemmschuh ist. Ich verwahre mich in diesem Zusammenhang auch gegen die Hängematten-Rhetorik von FPÖ und ÖVP, denn das Nichtstun kann man nicht den Menschen vorwerfen, die Unterstützung brauchen, sondern nur der derzeit regierenden Politik, die es trotz der offensichtlichen Schwächen des Systems seit Jahren nicht geschafft hat, eine sinnvolle Reform auf den Weg zu bringen. Es ist nämlich keine Reform, eine bloße Deckelung oder gar Kürzungen vorzunehmen und denjenigen, die nichts haben, noch mehr zu nehmen. Unsere Aufgabe ist es, die Mindestsicherung so zu gestalten, dass sie tatsächlich zum Sprungbrett wird. Wir müssen dafür sorgen, dass jeder Mensch genug zum Leben hat, wir müssen aber vor allem Chancen und Anreize schaffen, dass Mindestsicherungsbezieher so schnell wie möglich wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. (Beifall bei den NEOS.) Und gerade hier scheitert das derzeitige System laut Wifo-Studie auf allen Ebenen. Es darf nicht sein, dass ein Mindestsicherungsbezieher einen Job annimmt und trotzdem nicht mehr Geld bekommt als vorher - sei es, weil sein Job, wie heute schon erwähnt, schlecht bezahlt ist, so schlecht bezahlt ist, dass er aus der Mindestsicherung nur knapp herausfällt, oder sei es, weil er sogar so wenig verdient, dass sein kleines Geld mit der Mindestsicherung aufgestockt wird, unterm Strich aber dennoch die gleiche Summe übrig bleibt, als würde er gar nichts arbeiten. Das System ist grundfalsch, aber es ist Realität. Wir brauchen in der Wirtschaftspolitik eine Senkung der Lohnnebenkosten, damit UnternehmerInnen höhere Gehälter zahlen können und Arbeitsplätze schaffen können, und wir brauchen eine Einschleifregelung, die sicherstellt, dass es sich immer auszahlt zu arbeiten, egal, wie viel man verdient. (Beifall von Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc.) Diese Neuregelung muss sicherstellen, dass ab dem Überschreiten des Freibetrags die Bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht im Ausmaß des über dem Freibetrag liegenden Erwerbseinkommens gekürzt wird, sondern in einem geringeren Verhältnis, damit sich die Arbeit wieder auszahlt. Außerdem wollen wir eine vermehrte Umstellung auf Sachleistungen, und zwar nicht, wie vorher gesagt worden ist, mit Essensgutscheinen und ich weiß nicht, mit was für Phantasien, sondern hier geht es ganz klar um die Bereiche Bildung, Wohnung und Kinderbetreuung und vor allem um eine von uns schon so oft geforderte Verbesserung der Datenerhebung, damit Transparenz hergestellt wird und diese Debatte hier auch wirklich versachlicht werden kann. Aber jetzt das Wichtigste: Die Mindestsicherung muss endlich einheitlich in Bundeskompetenz. Es darf nicht sein, dass jeder Landeskaiser macht, wie es ihm in den Sinn kommt, und das auf Kosten anderer Bundesländer, allen voran auf Kosten Wiens. (Beifall bei den NEOS.) Gerade in der aktuellen Flüchtlingssituation können wir mit einer Wohnsitzauflage sicherstellen, dass nicht, so wie jetzt, Wien diese riesige Herausforderung fast im Alleingang stemmen muss, während sich andere Bundesländer mit teilweise grauslichen und recht fragwürdigen Methoden aus der Verantwortung stehlen. "Wer will, der kann!" - Das hat der ehemalige Flüchtlingskoordinator Konrad unlängst gesagt, und es stimmt. Aber Wien kann es nicht alleine, sondern nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung. Es braucht auch ein sinnvolles Integrationsangebot und vor allem Sprach- und Bildungsangebote, damit die geflüchteten Menschen so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt integriert werden und an der Gesellschaft teilhaben können, und zwar nicht nur in Wien, sondern auch in anderen Bundesländern. (Abg. Dominik Nepp: In anderen Ländern!) - In anderen Ländern wäre es genauso schön, das stimmt. Da gibt es auch schöne Beispiele. Ich glaube, Sie haben da ja einige Vorbilder auch in der Nachbarschaft. - Ja, liebe ÖVP, das geht hauptsächlich an eure Adresse, es ist euer Sebastian Kurz, der hier seinen Job nicht gemacht hat. Es gibt akuten Reformbedarf, und Sie liegen hier selbst in der politischen Hängematte. Wenn ich den "profil"-Artikel zur Wifo-Studie lese, wo ganz klare Zahlen für sich selbst sprechen, dann kann ich auch die teilweise Realitätsverweigerung der GRÜNEN nicht verstehen. Diese Studie ist pure Realität, und es ist wirklich traurig, wenn man die Zugänge von Kollegin Hebein, die ich übrigens sehr schätze, im bereits genannten "profil"-Artikel liest. Sie sagt - ich zitiere: "Wir haben einfach keine Arbeit, schon gar nicht im niederen Bereich." - Das ist überraschend realistisch, auch wenn ich nicht ganz verstehe, was der "niedere Bereich" ist, den Sie hier meinen. (Abg. Birgit Hebein: Niedriglohn!) Vielleicht ist das Ihrer Ansicht nach die Arbeit im Stadtgartenamt, von der Sie in weiterer Folge sprechen. Sie sagen dort nämlich weiters im O-Ton: "Im Stadtgartenamt könnten auch drei die Arbeit von zwei machen." Ist das wirklich Ihr Plan oder die Lösung der Probleme, einfach jeden Mindestsicherungsbezieher in den öffentlichen Dienst zu stecken, und dann ist alles super? - Ich sehe da keine Innovation. Und ich habe lange meine Rede hier zum letzten Punkt verändern wollen, weil ich mir von Ihrer Seite Ideen erwartet habe. Sie sind dann später auch hier herausgegangen und haben gesagt, jetzt kommen unsere Ideen - und das Einzige, wovon Sie gesprochen haben, ist, dass Sie wieder eine Idee von uns in irgendeiner Art und Weise ganz gut gefunden haben, aber es war so ein bisschen schwammig. Mir fehlen bei Ihnen einfach die Ideen für die Zukunft, die Innovationsansätze. Kollege Ellensohn wird uns das jetzt sicher noch präsentieren: alle Ideen der GRÜNEN zur Reform der Mindestsicherung. Ich freue mich schon extrem darauf. Aber noch mehr Stillstand und Kosten für die Stadt, wie Sie es in diesem Interview gesagt haben? - Ich weiß, Sie haben dort wahrscheinlich wesentlich mehr gesagt - das ist normal, Überraschung. Aber ich hätte einfach gehofft, dass Sie hier mehr sagen, und da habe ich noch nichts gehört. Und deswegen freue ich mich besonders auf die Ausführungen des Kollegen Ellensohn und hoffe, dass sich auf Grund seiner Aussagen die Meinung des Journalisten, der nämlich schreibt, das, was Sie sagen, klingt nach einem aus der Not geborenen Modell, sehr stark ändern wird. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Ellensohn. - Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion um die Mindestsicherung in Österreich ist nicht leicht verdaulich, weil man in Wirklichkeit wenig bei den Fakten bleibt, wie wir heute gleich bei der Einleitung gesehen haben. Und es ist ja dann auch egal, ob man sagt, wir hätten eigentlich Fakten präsentiert, so wie das die StRin Sonja Wehsely gemacht hat, die Antwort lautet ja: Ist ja egal! - Genau so, wie halt die Zeitung vorgegangen ist, die schriftlich anfragt, schriftliche Antworten bekommt und dann sagt, die passen halt nicht. Ich kenne das, ja: In den Zeitungen heißt es oft, Recherche macht die Geschichte kaputt; du musst vorher schreiben, bevor du die Informationen einholst, denn dann kannst du ja nichts mehr machen. Du kannst natürlich auch versuchen, Informationen einzuholen, und wenn sie dir nicht passen, sie zu negieren. So schreiben manche, und so machen auch viele Politik. Und gerade rund um die Wahlkämpfe, die laufen, hätten wir ja jetzt alle hinlänglich in den Social Media bewiesen bekommen, wie man Fragen ausweicht, wie man nicht antwortet, wie man einfach die Unwahrheit sagt, ohne dass es irgendwie auffällt. Darum ist es komplett sinnlos, den Versuch zu unternehmen, den hier herinnen immer wieder Leute von meiner Fraktion machen und Leute von der SPÖ machen, nämlich zu versuchen, bei der FPÖ irgendwie auf etwas zu kommen, wo man sagt, versuchen wir doch gemeinsam, irgendwie wenigstens die Fakten zusammenzutragen. Das ist wertlos, und wir sollten das auch lassen. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Wir wollen ja nicht Sie überzeugen, sondern die Wähler!) Was wir nicht lassen sollten, ist, dass wir mit hunderttausenden Leuten in Österreich, die die FPÖ wählen, in den Diskurs treten. Aber mit den FunktionärInnen doch nicht mehr! Das ist komplett für die Fische, es bringt nichts; man sieht es ja auch jetzt wieder: Haben Sie zugehört? - Ja, ich habe zugehört. - Und? - Ist mir wurscht. Ich glaube das, was ich vorher gelesen habe. Es ist wurscht! Es bringt nichts, also reden wir mit allen anderen. Und weil ein paar zumindest zwischendurch eine größere Verantwortung übernehmen, macht es Sinn, dass man sich an ÖVP und NEOS adressiert. An die NEOS zum Beispiel: Wenn Sie schon der Meinung sind, dass der Stil der FPÖ unsere Gesellschaft auseinanderhaut - und das weiß ich, dass wir das ähnlich sehen -, dann darf man aber auch nicht, so wie gestern, bei Misstrauensanträgen hinten nachlaufen. (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Hallo, hallo, hallo!) Nein, wenn wir versuchen, quer vom Bodensee bis ... - im Burgenland ist es schwer -, bis Wien überall die Vernünftigen zusammenzunehmen - und Vernünftige gibt es immerhin noch teilweise, sage ich, in der Volkspartei und größtenteils, oder von mir aus gerne durchwegs, bei den NEOS und bei der Sozialdemokratie und bei den GRÜNEN - , dann arbeiten wir zusammen an einer Gesellschaft, in der es um einen Zusammenhalt geht. Es ist ja nicht leichter geworden die letzten Jahre. Wir haben jetzt doch ziemlich lange eine Wirtschaftskrise (Abg. Mag. Wolfgang Jung: ... die Bevölkerung immer weniger glaubt!), die die Situation für die öffentliche Hand, für Staaten und für Städte schwerer gemacht hat. Es ist ja nicht leichter geworden. Die Wirtschaftskrise, die überall herrscht, ist ja nicht verordnet von irgendeiner kleinen Gemeinde oder von der Stadt Wien und auch nicht von der österreichischen Bundesregierung, sondern die ist nun einmal da. Und jetzt kann man damit ernsthaft umgehen oder jedes Mal mittun mit denjenigen, die null Interesse am Zusammenleben haben, bei denen es nur um das Gegeneinander-Leben geht. Dort kann man mittun oder nicht. Und diese Verantwortung kann Ihnen niemand abnehmen, das müssen jeder und jede für sich selbst entscheiden. Und Kritik, sachliche Kritik üben, normal darüber reden, das kann man ja, das funktioniert während der Verhandlung der Tagesordnungspunkte zumindest mit einer Fraktion im Haus normal. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Sie werben schon für die notwendige Dreierkoalition, nicht?) - Wenn es eine Koalition gibt, in der Sie nichts zu sagen haben, werde ich immer dafür werben, das ist vollkommen richtig. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Eine Dreier-, eine Viererkoalition - mir ist jede Koalition recht, in der die FPÖ nichts zu sagen hat. Herr Jung, wir sind uns ausnahmsweise einig; ausnahmsweise haben Sie recht gehabt. Ist ja auch schön zwischendurch. So, was ist der Zweck der Mindestsicherung? - Na ja, einen Mindeststandard zu definieren, unter den niemand fallen soll. Was wäre denn schlauer, wenn wir es nicht an die Zahlen picken, mit 837 EUR? - Nun, wir definieren gemeinsam eine Armutsgrenze, wo wir sagen, da sollte eigentlich niemand darunter sein. - Oder schon? Findet irgendjemand, wir definieren eine Armutsgrenze und sagen, wenn du darunter bist, bist du bettelarm, kommst nicht mehr über die Runden, weißt nicht, wie du die Miete zahlst oder wie du deinen Kindern Essen kaufst, und es soll jemand so arm sein? - Jetzt werden alle sagen: Nein, so arm soll niemand sein! Gut, jetzt müssen wir ausrechnen: Wie viel ist das, damit jemand sich eine Wohnung leisten kann, den Kindern das Essen machen kann, sich normal anziehen kann und, und, und, also normal am Leben teilhaben kann? - So, da kommen wir schon einmal auf verschiedene Summen. Da gibt es Berechnungen, die liegen über dem, was die Mindestsicherung im Moment ausmacht. Ja, die Mindestsicherung liegt unter dem, was man laut Berechnungen aller ExpertInnen mindestens braucht, um nicht als arm bezeichnet zu werden. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Wollen Sie eine Erhöhung?) - Ja, das wird schon noch kommen. Es könnte sein, dass ich das will. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich frag ja nur!) Sie haben das ja anders formuliert. Die ÖVP hat formuliert: Wohlstand für alle, das darf es auf keinen Fall sein! - Ich sage: Armut für irgendjemanden soll es nicht sein! - Sie sagen: Wohlstand für alle darf es nicht sein. - Ich mache die Grenze woanders. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich hab gesagt, den kann man nicht staatlich verordnen! - Zuhören! Zuhören!) Nein, weil der Mensch ein Mensch ist, hat er verdient, dass es Mindeststandards gibt, über die alle kommen! So, jetzt nehme ich die Gabriele Fischer, das ist die Vorsitzende der Plattform für Alleinerziehende. Jetzt müssen wir alle Gruppen durchdeklinieren. Es sind viele Gruppen betroffen bei der Mindestsicherung. Besonders schnell bist du betroffen, wenn du alleinerziehend bist. Da genügt es schon, alleinerziehend mit einem Kind zu sein. Beinahe die Hälfte der AlleinerzieherInnen lebt in Österreich unter der Armutsgrenze. Das sind zu 90 Prozent Frauen, ja. Das sind schon einmal viele. Mittlerweile haben wir auch durch die zitierte Wifo-Studie, die nicht - das war ein Irrtum von meinem Vorredner - irgendwie im freischaffenden Raum gemacht wurde, sondern die in Auftrag gegeben wurde von der MA 24, einen Haufen zusätzliche Informationen, die da versickern. Die Fakten interessieren aber vielleicht andere, zum Beispiel: Wie viele kriegen denn mehr als 1.500 EUR im Monat? - Na praktisch alle, denn alle haben 10 oder 11 Kinder und was weiß ich. - Nein: 2 Prozent von allen Bedarfsgemeinschaften kriegen 1.500 EUR, und 98 Prozent kriegen eben weniger. Da sieht man schon, dass man gar nicht über das Volumen und über die Einsparungsmöglichkeiten redet, sondern dass das eine Attacke prinzipiell auf das Instrument der Mindestsicherung, auf das Instrument Armutsverhinderung ist. Denn ums Geld geht es dort nicht. Wissen Sie, wie viel das in manchen Bundesländern ausmacht, wie etwa in Vorarlberg? - So wenig! Da ist kein Geld mehr dort! - Bei uns, bei 2 Prozent ist alles Geld, das ist schon richtig. Aber mich würde ja interessieren, mit wie viel Geld Ihrer Meinung nach eine Familie, die sechs Kinder hat, auskommen soll. Ich weiß es nicht. Sollen die weniger haben, als Sie haben? (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Sie wissen aber schon, dass bei den 1.500 die Familienbeihilfe dazukommt?) Soll eine Familie, die sechs Kinder hat, weniger Einkommen haben als der Herr Blümel alleine? Soll das so sein? Zu sechst, zu siebent? (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Es darf Unterschiede geben!) - Ja, natürlich gibt es Unterschiede. Aber mit wie wenig soll denn jemand auskommen müssen? Das definieren Sie nie! Sie greifen einfach das System an, und dann wird es zusammengeschossen. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Ja, weil wir es nicht für alle ...) Nur: Es wird ja auch nicht fertiggedacht, was am Ende herauskommen soll, denn Einsparungen werden das ja am Ende keine sein, aber das ist wieder ein anderer Kaffee. So, die Gabriele Fischer, Vorsitzende der Plattform für Alleinerziehende, sagt: 16 Prozent aller Bezieherinnen der Mindestsicherung sind alleinerziehend, jede zweite Alleinerziehende ist armutsgefährdet; und das - und das ist interessant bei dieser Studie - obwohl Frauen, die alleinerziehend sind, eine höhere Erwerbsquote haben als Frauen in Partnerschaften. Das habe ich auch nicht gewusst und hätte ich auch nicht geglaubt. Das hängt natürlich damit zusammen, dass du, wenn du alleine bist und nichts arbeitest, überhaupt nicht mehr davonkommst, dass sich gar nichts mehr ausgeht. Die sind nicht alle Vollzeit tätig, aber die haben eine höhere Erwerbsquote - um ein paar Prozentpunkte, aber tatsächlich eine höhere Erwerbsquote - als Frauen in Partnerschaften, weil man eben mit eineinhalb Einkommen besser über die Runden kommt, als wenn man alleine zuständig ist. Das ist schon mal eine kleine Überraschung, und es kann sich jeder vorstellen, was das bedeutet, wenn man alleine ein Kind erzieht und dann noch arbeitet, wie viel Zeit da noch übrig bleibt für irgendetwas wie ein Privatleben, abseits der Familie zu Hause. Diese Gabriele Fischer hat tatsächlich den Nerv - das klingt wahrscheinlich unverschämt für viele - zu sagen, die Mindestsicherung gehört - wobei sie das auf die Alleinerziehenden bezogen hat - erhöht. Es ist ja momentan total unverschämt, so etwas auch nur zu denken, geschweige denn, dass jemand sagt, sorry, ihr gebt mir so wenig, ich habe echte Schwierigkeiten damit, ich komme nicht durch. Jetzt müsste man natürlich eine ganze Litanei machen mit Vermögen, mit Steuerbetrug und dann von mir aus mit Sozialmissbrauch. Dann kommt man mit allen Studien quer durch Europa. Ja, das gibt es, überall, wo man etwas anbietet, gibt es irgendjemanden, der etwas tut, was er nicht tun darf. Es ist einfach. Es fahren Leute schnell Auto, es fahren Leute alkoholisiert. Ich bringe auch nicht alle Beispiele. Es gibt Politiker, über die man jetzt in der Zeitung schreibt, die 4.500 EUR pro Monat wahrscheinlich bekommen haben, um das Glücksspielgesetz zu befördern. Heute haben wir über Wettbüros geredet und haben uns die Frage gestellt: Wer hat denn etwas davon? Ich weiß nicht, ob es alle schon gelesen haben. Lesen Sie "News" morgen! Wieder mal ein Blau-Oranger. Wurscht, hat damit nichts zu tun. (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Wie ist das bei den Widmungen?) Ist wurscht, die Fakten interessieren ja wenige. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Macht ja nichts. Sie können es ja nachlesen, einer mehr in der langen Liste. Vermutlich irgendwann gesiebte Luft, wir werden sehen. Wie frech ist das von Gabriele Fischer, wenn sie sagt, eigentlich bin ich der Meinung, dass Menschen wie ich mehr Geld bekommen sollten, wenn ich nicht in der Lage bin, es selber aufzustellen?! Und Sie schützen gleichzeitig die Steueroasen auf der Welt. Jedes Mal, wenn man in Österreich auch nur andenkt, ob man eventuell überlegen könnte, ob man von dem 1 Prozent der Allerreichsten - 1 von 100, es sind nicht einmal hier herinnen viele dabei, die zu den obersten 1 Prozent gehören - etwas wegnimmt, ohne auch nur eine Zahl zu nennen, geht es sofort los. Neulich ist bei einer Podiumsdiskussion das Wort Vermögenssteuer gefallen und sofort setzte bei den anwesenden Freiheitlichen der Reflex ein: Das bedeutet, den Mittelstand schröpfen! Er hat nicht dazugesagt: Deswegen nehmen wir es der Mindestsicherungsbezieherin aus dem Sack, denn das wäre ja die Logik dahinter gewesen. Wenn das Wort Vermögenssteuer fällt, heißt es sofort, man nimmt die Leute mit 1.500 EUR Monatslohn aus. Nein, wir reden von Menschen, die über 500.000 EUR an Barvermögen haben. Da schauen ein paar. Sagen wir, 1 Million EUR. Soll man Menschen, die 1 Million EUR an Barvermögen haben, ein bisschen mehr wegnehmen als bis jetzt? Wahrscheinlich nicht. Soll man mit denen streiten, die 837,76 EUR im Monat bekommen? - Ja, sagt die Volkspartei. Ich versteh es nicht, weil ich weiß, dass eine ganze Menge von der Volkspartei in die Kirche gehen, und ich weiß, was dort gepredigt wird, denn ich bin ja auch lange genug hingegangen. Als ich klein war, war ich katholisch. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Echt? - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich find's toll, dass die größten Antiklerikalen uns "christlich-sozial" erklären!) Ja, sowohl das "christlich" wie auch das "sozial" muss man in diesem Zusammenhang erklären. Christlich-Sozial heißen ja nur die in Bayern, wobei man es auch denen dort erklären müsste, aber Sie heißen ja zum Glück Österreichische Volkspartei, also es ist nicht ganz so ein Drama. Aber diese Wurzeln, im Ernst, wo sind die hin? Wo ist die Rede davon, dass man jenen, denen es schlecht geht, hilft? Ich höre immer nur, Attacke, Attacke und volle Unterstützung für die Freiheitlichen, die den Sozialstaat zusammenhauen wollen. Und gleichzeitig höre ich nur das Verteidigen von denen, die mehr haben. Leute, wir werden gar nicht in der Lage sein, diesen Wirtschaftsstandard zu halten und halbwegs eine Sicherheit zusammenzubringen für die Mittelschicht und für diejenigen, die es momentan eine Spur besser haben, für das obere Drittel, wenn wir weiterhin zuschauen, wie unten mehr Leute rausrutschen oder mehr Leute hinaustreten. Was sollen denn die alle tun? Das werden nicht die Superdemokraten sein, die sagen: Das ist ja urleiwand, eure Demokratie, ist ja echt spitze! Ich kann zwar meine Rechnungen nicht bezahlen, ich fliege demnächst aus meiner Wohnung, aber ihr habt recht, eure Werte sind großartig. Das kann man doch nicht erwarten, wenn wir in einem der reichsten Länder der Welt nicht einmal in der Lage sind, zu sagen, unser erstes Ziel ist nicht der Schutz von denen, die im Überfluss leben, sondern das erste Ziel ist, dass jeder Mensch, weil er ein Mensch ist, nicht in Armut leben muss. Und das sehe ich nicht. Diesen Konsens kann ich nur bei Rot und Grün verorten, und dann wird es schon schwierig. Wissen Sie, es ist lustig, vom Wettbewerb zu reden, wenn momentan keine Arbeit oder nicht ausreichend bezahlte Arbeit vorhanden ist. Wenn es zehn Leute gibt, ihnen aber nur fünf Arbeitsplätze angeboten werden, dann braucht man über die, die ohne Arbeitsplatz bleiben, auch nicht schimpfen, wenn man ihnen keinen Arbeitsplatz anbieten kann. Momentan muss ich ja überhaupt niemanden drangsalieren, weil es ohnehin nicht genug bezahlte Arbeit gibt. Das kann man übrigens auch ändern, aber das wird ja die nächste Ausführung sein, wie wir nämlich die Arbeit untereinander aufteilen. Ich finde insgesamt die Diskussion sehr bezeichnend dafür, wie momentan Politik gemacht wird. Es ist also ein super Sittenbild - leider, muss man sagen -, aber viel genauer kann man es gar nicht machen. Wenn irgendjemand daran interessiert ist, zu sehen, wer, wie und wofür steht, wären der gestrige und der heutige Tag ausgezeichnet. Es gibt Leute, die machen sich echt Sorgen um die Leute, denen es schlecht geht, die arm sind. Und wir können auch nicht alles leisten, leider. Die meisten von uns würden noch mehr tun wollen. Es gibt aber auch ein paar, denen das völlig blunzenwurscht ist. Und das tut mir weh, weil ich weiß, dass Sie am Ende mehr kaputt machen, als Sie jetzt glauben. Sie treten nicht unten ein paar Leute raus, Sie hauen Ihre eigenen Säulen der Demokratie zusammen unter anderem. Das ist traurig. Deswegen ist es gut, dass in dieser Stadt Rot und Grün die Verantwortung übernehmen. Und ich bin froh, wenn es möglichst viele Koalitionen gibt, in denen zumindest die Freiheitlichen nichts zu sagen haben. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächster ist Abg. Dr. Aigner zu Wort gemeldet. Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Stadträtin! Ich mache es jetzt ein bisschen so wie der Kollege Klubobmann Ellensohn, ich wende mich in erster Linie an die Kollegen und Kolleginnen der SPÖ, weil ich glaube, Ihnen ist der österreichische Sozialstaat auch wirklich ein Anliegen. Jeder, dem der Sozialstaat ein Anliegen ist, muss vor der Überdehnung und der Überspannung eigentlich Angst haben. Und das, was die GRÜNEN, Ihr Koalitionspartner auf Landesebene, hier postulieren, ist: Wir schaffen mit unseren Sozialleistungen die Armut weltweit ab. (Beifall bei der FPÖ.) Meine Damen und Herren, das wird uns nicht gelingen. Wenn Sie sich gerade die Armutsproblematik anschauen: Es ist uns gelungen, die eigene Obdachlosenszene gerade in Wien mit sehr vielen Leistungen, vor allem Sachleistungen, aber auch Geldleistungen der Stadt Wien, weitgehend zurückzudrängen. Das nützt aber nichts, wenn autobusweise die Bettler ins Land gebracht werden. Diese Art von Armut kann man doch nicht verhindern, indem man den Leuten, die jetzt wieder vor der U-Bahn-Station - mittlerweile nicht mehr mit Kindern, sondern mit ruhiggestellten Hunden - sitzen oder sonst irgendwie um Almosen betteln, etwas gibt. Denn kaum sind die sozusagen von der Straße weg, kommt der nächste Schub. Das Gleiche passiert im Endeffekt auch bei der Mindestsicherung. Ich gebe allen Kollegen und Kolleginnen recht, die sagen, das ist das letzte Netz für die, die nichts haben - aber für jene, die aus unserer Solidargemeinschaft kommen. Ich kann nicht hunderttausende Menschen versorgen, die aus dem Nichts kommen! Und für die, die vorher noch viel weniger hatten, sind 1.000 EUR viel. Und wenn man das dann noch mit der entsprechenden Familiengröße multipliziert, sind es unter Umständen einige Tausend Euro, das ist ja dann kein Nichts mehr. Und das kann doch kein tragfähiges Modell sein. (Beifall bei der FPÖ.) Deswegen muss man wirklich die Systemfrage auch immer beantworten und sich stellen. Und den GRÜNEN, die da sprechen in einem Anfall von: Wir können uns alles leisten, wir können jeden nehmen!, möchte ich sagen: Schauen sie sich doch einmal an, wie viele derer, die im letzten Jahr einfach unsere Grenzen überrannt haben, wirklich schutzberechtigt im Sinn der Konventionen sind! Die wenigsten, denn die meisten waren schon längst in mehreren sicheren Drittländern und sind dann eben genau in dem Land stehen geblieben, wo es geheißen hat, hier gibt es entsprechend gute Leistungen. Das ist durchaus verständlich, aber das hat weder etwas mit Schutzbedürfnis nach irgendwelchen Konventionen zu tun noch hat das etwas mit unserem Sozialsystem zu tun. Und da frage ich mich wirklich: Wieso verweigern Sie sich folgender Debatte? Wenn ein Asylwerber mit der Grundversorgung das Auslangen findet - und die ist sicher besser als in vielen Gegenden, aus denen die Menschen kommen -, warum sollte man da nicht die ersten Jahre nach der Zuerkennung als Asylberechtigter auch mit der Grundversorgung auskommen müssen? Wie kann es sein, dass man dann unbefristet Sozialleistungen bekommt, die eigentlich für solche Menschen in überhaupt keiner Weise gedacht waren? Vor dieser Diskussion sträuben sich die GRÜNEN sowieso. Ich hoffe, dass die SPÖ in die Diskussion einsteigt. Denn wenn Sie von der europäischen Solidarität reden: Warum will denn niemand in Nachbarländer? Weil es dort schlichtweg diese Leistungen nicht gibt, für niemanden, weder für die eigenen Leute noch für die Fremden. Deswegen will dort niemand Schutz und Sicherheit suchen. Man geht genau in die wenigen Sozialparadiese. Und wir befinden uns mittlerweile in der Vertreibung aus dem Paradies, weil wir uns diese Zustände nicht einmal für die Eigenen, für die es gedacht war, mehr leisten können. (Beifall bei der FPÖ.) Schauen Sie sich bitte auch die EU-Vorgaben an. Es ist ständige Judikatur des Europäischen Gerichtshofs, dass die Freizügigkeit innerhalb des Binnenmarktes nicht dazu dienen darf, ins Sozialsystem einzuwandern. Also EU- Bürger dürfen das nicht, was Sie Leuten aus weiten Bereichen der Welt sozusagen zugestehen, nämlich dass man einfach kommt und sich ein Land sucht, und zwar nicht aus irgendwelchen berücksichtigungswürdigen Gründen, sondern deshalb, weil dort die Sozialleistungen am besten sind. Also die eigenen EU-Bürger dürfen nicht einfach nach Österreich kommen und Sozialleistungen beziehen (Zwischenrufe bei der SPÖ.), aber andere dürfen das. Also da ist doch ein grundlegender Systemfehler da; und wenn wir den nicht erkennen, dann kippt das System. (Beifall bei der FPÖ.) Es ist ganz gefährlich, wenn die Mindestsicherung so dargestellt wird als quasi ja die Stillhalteprämie dafür, dass die Leute keinen Krach schlagen. Meine Damen und Herren, wenn wir uns Leute ins Land hereinholen, die wir mit tausenden und abertausenden Euro ruhigstellen müssen, dann ist das kein soziales Problem, sondern ein polizeiliches Problem. Das ist eine Sicherheitsthematik. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Was?) Wir können nicht hergehen und sagen, die Leute sind da, egal, ob sie berechtigt sind oder nicht (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Nur wenn sie berechtigt sind!); geben wir ihnen Geld, sonst machen sie Krach. Das ist die Selbstaufgabe des Staates. (Beifall bei der FPÖ.) Genau so wird argumentiert, meine Damen und Herren. Genau das haben wir gerade gehört: Seien wir doch froh, dass die Leute Ruhe geben. Und wenn die draufkommen, dann fahren wir eben über einen Zebrastreifen drüber, nehmen wir jemand ins Visier und dann gibt es Geld. - Das kann es doch wirklich nicht sein! Unsere Sozialleistungen sind nicht dafür da, dass wir sozusagen hier bürgerkriegsartige Unruhen verhindern. Sondern Sozialleistungen haben einen Sinn, die sind gebunden an unsere Solidargemeinschaft, und die kann man nicht ad infinitum ausbauen. (Beifall bei der FPÖ.) Was den Vollzug bei der Mindestsicherung betrifft: Ich möchte jetzt nicht auf den Zeitungsartikel eingehen. Ich muss schon sagen, ich gehe davon aus, dass eine der größten Tageszeitungen unseres Landes so einen Artikel nicht schreibt, ohne auch valide Informationen zu haben. Gerade in Zeiten, wo man von Informationsfreiheit spricht, wo man auf Knopfdruck als Außenstehender in jedes Verfahren Einsicht nehmen könnte, wissen wir selber als Gemeinderäte und Landtagsabgeordnete, wie oft uns dann gesagt wird: Das ist alles Datenschutz, das ist Amtsverschwiegenheit. Also nicht einmal wir als gewählte Mandatare bekommen Antworten auf Fragen, weil es dauert heißt, das dürfen wir nicht sagen. Wir dürfen nicht einmal fragen, was die ganzen Geschäftsführer Ihrer Tochtergesellschaften bekommen, das ist Amtsverschwiegenheit. Und gleichzeitig wollen Sie auf Bundesebene ein Gesetz, dass jeder Bürger in jedes Verfahren auch ohne persönliche Betroffenheit Einsicht nehmen kann. Aber eines muss man schon sagen: Es wird hier ein Klima geschaffen, das bei einem durchschnittlichen öffentlich Bediensteten sehr wohl den Eindruck erwecken muss: Es ist politisch gewünscht, dass wir bei den Zuwanderern nicht allzu genau nachschauen, denn die machen Probleme (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Das ist falsch, Herr Dr. Aigner, das ist die Unwahrheit!), die wissen um ihre Rechte besser Bescheid, weil wir ja den NGOs, die denen die teuersten Anwälte finanzieren, ja auch noch das Geld in den Rachen werfen. Das muss man ja auch dazusagen. (Beifall bei der FPÖ.) Warum dauern denn die Verfahren so lange? Weil hier eine Armada an Rechtsanwälten auftritt, weil diese sogenannten NGOs ein Geschäftsmodell entwickelt haben, das muss man ja sagen. Die Caritas ist ein Teil dieser Asylindustrie, das sage ich ganz bewusst. (Beifall bei der FPÖ. - Heftiger Widerspruch bei SPÖ und GRÜNEN.) Das sage ich ganz bewusst als praktizierender Katholik. Ich hoffe, dass von meinem Kirchenbeitrag, der nicht allzu gering ist, kein Cent zur Caritas kommt. Ja, das hoffe ich wirklich. (Beifall bei der FPÖ. - Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) Denn ich erwarte mir von einer christlichen und katholischen Organisation, dass man für christliche Werte eintritt und nicht dem politischen Islam den roten Teppich ausbreitet. (Beifall bei der FPÖ. - Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich darf Ihnen sagen - und ich weiß, wovon ich rede, weil ich aus diesem Milieu komme -, dass die Linie der Caritas bei vielen Katholiken nicht auf Zustimmung stößt. Es gibt genug Katholiken, die das anders sehen, da bin ich mit Sicherheit nicht der Einzige. Mich beeindruckt aber dieser Eklektizismus, den Sie betreiben: Sie wollen vom Christentum nichts hören, wenn es um den Schutz des ungeborenen Lebens geht. (Zwischenruf der Abg. Birgit Hebein.) Und da geht es wirklich um Menschen, die noch nicht einmal auf der Welt sind! Da wollen Sie nichts hören von der Kirche, aber wenn es um 17- oder 18-jährige Afghanen geht, dann sind Sie auf einmal für das Christentum. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. - Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) Das grundlegendste Menschenrecht ist jenes auf Leben, und das kann sich das ungeborene Kind nicht von selber verschaffen, das muss ihm die Gemeinschaft verschaffen. (Zwischenruf der Abg. Birgit Hebein.) Wer dem ungeborenen Leben dieses Lebensrecht vorenthält, der braucht mit mir nicht über christliche Werte zu diskutieren. (Beifall bei der FPÖ. - Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich stelle fest, es gibt keinen Applaus, nur ein freundliches Nicken seitens der ÖVP, aber auch das ist irgendwie bezeichnend. Aber wenn man das Christentum ernst nimmt von A bis Z, so fängt das A vor der Geburt an, und dann können wir über alles andere reden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) - Alpha bis Omega. Wenn man daher das Mindestsicherungssystem und unser Sozialsystem funktionsfähig erhalten muss und will, und dazu stehen wir, dann muss man auch die Grenzen der Belastbarkeit im Auge behalten. Dann dürfen wir uns dieser Debatte nicht entziehen. Schauen Sie sich unser Sozialversicherungssystem an. Sie müssen überall eine Mindestversicherungsdauer, eine sogenannte Wartezeit aufweisen. Wer nicht ein Jahr arbeitslosenversichert ist, bekommt keine Leistungen, und wer nur kurz versichert ist, bekommt nur kurz die Leistungen. Wer nicht 15 Jahre echte Beiträge für die Pension gezahlt hat, bekommt keine Pension. Dann kann es doch nicht sein, dass es bei der steuerfinanzierten Mindestsicherung, sprich, bei der ehemaligen Sozialhilfe sozusagen unbegrenzt Möglichkeiten gibt, ohne dass es irgendwo eine Mindestdauer gibt. Das ist doch völlig systemwidrig! Deswegen muss man differenzieren zwischen jenen, die schon lange bei uns sind, und den anderen. Deswegen bin ich auch ganz für das Vorgehen der Stadt Wien, dass man die schon länger in Wien Befindlichen bei der Wohnungsvergabe bevorzugt - auch wenn das die Volksanwaltschaft rügt, das ist mir in diesem Fall völlig egal. Auch das ist so: Wer länger in Wien ist, soll schneller zu einer Wiener Gemeindewohnung kommen. Das ist doch keine Ungerechtigkeit, das ist doch eine Selbstverständlichkeit! (Beifall bei der FPÖ.) Genauso sollte es auch bei diesen Mindestabsicherungen sein. Für wen haben wir die geschaffen? Es geht nicht um die Alleinerzieherin, die da ist. Der muss man helfen, der wollen wir helfen, und wir wollen das System so finanzierbar erhalten, dass wir jenen auch wirklich in Zukunft helfen können. Und da können wir nicht Millionen Menschen versorgen - denen es schlecht geht, das ist überhaupt keine Frage. Es warten in Libyen und Jordanien Millionen, es warten Millionen Menschen darauf, nach Europa zu kommen. Das können wir uns schlichtweg nicht leisten. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster hat sich Herr Abg. Gremel zur Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Mag. Marcus Gremel (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Landesrätin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher im Livestream - auf der Galerie ist es schon ein bisserl schütter geworden! Also das war jetzt wirklich "Best of FPÖ"-Propaganda, wirklich beachtlich. Da war alles dabei, von den Menschen, die im zerbombten Aleppo sitzen und sich dort überlegen, wo bekomme ich in Europa die meisten Sozialleistungen, über den politischen Islam bis hin zur Asylindustrie. Also echt stark, dass man das alles in einer einzigen Rede unterbringt, beachtlich! Ich habe ja selber mit der Kirche nicht ganz so viel am Hut, aber ich habe einmal in der Schule ein bisschen darüber gelernt. Vielleicht wäre eine Beichte angesagt. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Die Frau Landesrätin und auch meine Kollegin Mörk haben schon ganz viel zu diesen Mutmaßungen in der Dringlichen Anfrage der ÖVP gesagt, und ich will nicht redundant werden und schon gar nicht möchte ich diese infamen Unterstellungen irgendwie unnötig aufwerten. Also möchte ich jetzt nur einen Aspekt davon herausgreifen. Und zwar sprechen Sie in Ihrer Anfrage von einer sogenannten Einrichtungspauschale in der Höhe von 1.500 EUR, die in Ihren Augen vor allem an Asylberechtigte vollkommen willkürlich vergeben wird, ohne dass sie irgendwelche Rechnungen oder Belege vorlegen müssen. Im Wiener Mindestsicherungsgesetz ist in § 39 ganz klar geregelt, wer aus welchem Grund eine einmalige Unterstützungsleistung erhalten kann. Sie ist für Menschen vorgesehen, die "auf Grund ihrer besonderen persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse oder infolge außergewöhnlicher Ereignisse von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen oder bedroht sind". Zufälligerweise kenne ich eine syrische Familie, die vor kurzer Zeit eine solche Förderung bei der MA 40 beantragt hat, und zwar, um eine Wohnung anmieten zu können und irgendwie auch die Kaution und auch die Mietvertragsvergebührung finanzieren zu können. Ich lese Ihnen jetzt die Antwort vor, die sie von der MA 40 erhalten hat: Sie haben am Soundsovielten ein Ansuchen um Hilfe in besonderen Lebenslagen bezüglich einer etwaigen finanziellen Unterstützung für Lebensbedarf beziehungsweise der Kaution und der Mietvertragsvergebührung einer neu angemieteten Wohnung gestellt. Derzeit beziehen Sie als Haushaltseinkommen Bedarfsorientierte Mindestsicherung. In dem Ansuchen haben Sie angegeben, auf Grund der Anmietungskosten für eine Wohnung eine einmalige Unterstützung zu benötigen. Des Weiteren wird um die Übernahme der Kaution und der Mietvertragsvergebührung angesucht - Hilfe in besonderen Lebenslagen, ist als eine einmalige finanzielle Unterstützung bei unvorhergesehenen und unverschuldeten Notlagen gedacht. Dass bei der Anmietung einer Wohnung Kosten entstehen, ist absehbar, weshalb hier nicht von einer unvorhergesehenen unverschuldeten Notlage ausgegangen werden kann. Zudem sind etwaige Förderungen immer im Vorhinein mit der MA 40 abzuklären. Nachträglich ist dies nicht möglich. Aus dem genannten Grund muss Ihr Ansuchen für die Übernahme der Kaution und der Mietvertragsvergebührung abgelehnt werden. Weiters ist der Lebensbedarf in der monatlich zur Anweisung kommenden BMS inkludiert und Hilfe in besonderen Lebenslagen für Lebensbedarf nicht vorgesehen, da dieser Bedarf bereits durch die Mindestsicherung abgedeckt ist. Daher wird Ihr Ansuchen abgelehnt - Zitat Ende. Wenn man diese Zeilen hört, wird man wohl kaum davon sprechen können, dass hier irgendwelche Unterstützungsleistungen willkürlich und ohne Vorlage irgendwelcher Belege vergeben werden. Das Gegenteil ist der Fall. Und ich sage Ihnen auch ganz offen: Ich habe Mitleid mit dieser Familie, und es tut mir sehr leid, dass wir hier nicht weiterhelfen können. Natürlich verstehe ich die Intention des Bescheides und vor allem auch die rechtskonforme Anwendung der geltenden Regeln durch die MA 40. Da gibt es überhaupt nichts zu kritisieren, das ist vollkommen in Ordnung und auch richtig so. Aber dennoch ist das Ergebnis für Menschen, die sich subjektiv in einer Notlage befinden, frustrierend. Ich persönlich finde das traurig. Herr Juraczka! Genau um diese Empathie geht es hier bei dem ganzen Thema. Wir haben Verständnis für Menschen in schwierigen Lebenssituationen und versuchen, ihnen nach Möglichkeit zu helfen, Sie eben leider nicht. Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ, waren immer schon gegen die Mindestsicherung. Und jetzt, wo vermehrt auch Flüchtlinge Mindestsicherung bekommen, wird der Widerstand natürlich immer größer und Sie bedienen sich immer aller möglichen absurden Märchengeschichten, um Ihren Sozialabbau voranzutreiben. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist zwar konsequent in der Haltung, aber mit Anstand, sozialem Bewusstsein und Verantwortung für Menschen, die Hilfe brauchen, hat das überhaupt nichts zu tun. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und von Abg. Birgit Hebein.) Wie der Begriff Mindestsicherung schon sagt, ist diese soziale Leistung das Mindeste, was Menschen für die Absicherung Ihrer Existenz brauchen. Es ist das Mindeste, um Menschen vor absoluter Armut und Obdachlosigkeit zu schützen. Ich spreche bewusst von absoluter Armut. Denn wie Sie sicher wissen und wie Kollege Ellensohn schon erwähnt hat, liegt die Grenze, ab der Menschen in Österreich gemeinhin als armutsgefährdet gelten, weit über der Mindestsicherung. Die Armutskonferenz hat errechnet, dass einer Person, der die volle Höhe der Mindestsicherung ausbezahlt wird, nach Abzug der Fixkosten lediglich 4 EUR am Tag bleiben. 4 EUR am Tag für Lebensmittel, Hygieneartikel, Kleidung und was sonst noch so anfällt. Da geht sich nicht einmal mehr ein Cappuccino beim Starbucks aus. Sieht das für Sie wirklich nach einer sozialen Hängematte aus? Wer das behauptet, verhöhnt Menschen, die auf das letzte soziale Netz angewiesen sind und die ohnehin jeden Euro zehn Mal umdrehen müssen. (Beifall von Abg. Christian Oxonitsch.) Da können Sie mit noch so absurden Unterstellungen daherkommen, da können Sie noch so viele Misstrauensanträge gegen unsere Landesrätin stellen, da können Sie noch so oft in die Presse gehen und irgendetwas erzählen oder mit irgendeiner feigen Dringlichen Anfrage heute im Landtag auftreten; wir werden nicht zulassen, dass Sie mit Menschen so umgehen! (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Natürlich greifen Sie bei Ihrer Kampagne für den Sozialabbau auch auf diese abstrusen Unterstellungen zurück und versuchen damit, ihn weiter zu befeuern, eh klar, aber kommen wir einmal zum Kern der Sache. Was passiert denn, wenn wir die Mindestsicherung wirklich so kürzen, wie Sie sich das vorstellen? Also jetzt einmal, Herr Kollege Juraczka, ganz ohne Empathie für die persönlichen Konsequenzen für die Einzelnen, denn da kommen wir bei Ihnen sowieso nicht weiter: Nehmen wir einfach einmal die Konsequenzen, die das für die gesamte Gesellschaft mit sich bringt. Nun, natürlich würden wir Menschen damit direkt in die Obdachlosigkeit schicken. Es würden Slums entstehen und auch die Kriminalität würde weiter steigen. Da stellt sich die Frage, ob Sie das wirklich wollen. Das frage ich Sie ernsthaft. Denn wenn dem so ist, dann geben Sie das endlich offen und ehrlich zu! Hören Sie auf, sich hinter irgendwelchen semisubtilen Anfragen zu verstecken, in denen Sie der MA 40 mangelnde Kontrolle unterstellen oder irgendwelche Verschwörungstheorien konstruieren, laut denen die Frau Landesrätin geheime Weisungen an ihre Mitarbeiter erteilen würde. Stellen Sie sich bitte endlich hin und erklären Sie der alleinerziehenden Mutter, dass Sie einfach keinen Wert auf soziale Leistungen für die Mindestsicherung legen. Stellen Sie sich hin und erklären Sie dem Arbeitslosen, dass Ihnen das soziale Netz in unserem Land ein Dorn im Auge ist! Stehen Sie dazu, dass Sie steigende Obdachlosigkeit, Kriminalität oder die Bildung von Slums in Kauf nehmen, weil Sie nun einmal die Lobby der Reichen und Superreichen in unserem Land sind und die der Rest einfach nicht schert! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Es gibt einen einzigen Punkt in der ganzen Debatte um die Mindestsicherung, in dem ich mit der ÖVP übereinstimme. Ja, der Unterschied zwischen der Mindestsicherung und manchen Löhnen ist zu gering. Aber bitte, die Lösung kann doch nicht sein, dass wir Menschen die Existenzgrundlage nehmen. Die Lösung kann nur sein, dass wir endlich gemeinsam für gerechte Löhne und Gehälter sorgen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und da freue ich mich über Ihre Unterstützung, wenn Sie endlich einmal kommt. Natürlich kann ich den Unmut von Einzelnen über ein zu geringes Einkommen oder über zu geringe Pension sehr gut verstehen, nur ist daran weder die Mindestsicherung noch ein Flüchtling schuld, sondern ein System, in dem wir einfach immer noch zu niedrige Löhne haben. Es ist ein System, in dem wir zwar zu Recht 7,3 Milliarden EUR für die Bankenrettung bereitstellen (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Wer ist Bundeskanzler?), aber gleichzeitig die ÖVP hergeht und sagt, wir können uns die paar Millionen für die Mindestsicherung nicht leisten. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Was schlagen Sie für ein Wirtschaftssystem vor?) - Wie bitte? Ich stelle mir vor, dass wenn wir Geld für die Bankenrettung haben, wir selbstverständlich auch ein Geld haben für die Menschen, die ohne dieses Geld nicht überleben können. Das ist überhaupt keine Frage. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich bin nicht dafür, die Mindestsicherung zu kürzen. Die Frage ist, warum Sie nicht endlich für echte Lösungen eintreten, um der steigenden Ungleichheit entgegenzutreten. Ein paar konkrete Vorschläge, wenn Sie das schon so einfordern. Warum tangiert es Sie nicht viel mehr, dass der EU jährlich 40 Milliarden EUR durch Steuerflucht entgehen? Oder dass Großkonzerne wie Starbucks in Österreich lediglich 830 EUR im Jahr an Steuern zahlen? Bitte, das ist gerade einmal die Mindestsicherung für eine Person im Monat! Und wie vorher schon erwähnt, kann sich ironischerweise eine Mindestsicherungsbezieherin mit den 4 EUR am Tag, die ihr letztlich übrig bleiben, nicht einmal den Cappuccino beim Starbucks leisten! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Also fangen Sie endlich an, ernsthaft an Lösungen zu arbeiten, anstatt darüber nachzudenken, wie man Menschen, die ohnehin nichts haben, auch noch das Mindeste aus den Taschen ziehen kann! Und da wir gerade beim Punkt Lösungen sind, möchte ich auch noch einen letzten Punkt anmerken. Was nämlich stimmt, und das lässt sich auch aus den jüngsten Zahlen ablesen, ist, dass wir bei den Asylberechtigten leider eine Verfestigung in der Mindestsicherung feststellen müssen. Da funktioniert die Trampolinfunktion leider nur unzureichend, das ist richtig. Weil für diese Gruppe schlicht zu wenig Arbeit da ist (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Zu wenig Arbeit für die Österreicher! Das ist es!), und mangelhafte Deutschkenntnisse und fehlende Ausbildung oder Anerkennung verschärfen natürlich das Problem. Natürlich stimmt es auch, dass der Sprung von nichts zu 837 EUR ein großer ist. Das ist auch eine ähnliche Situation wie jene bei den jungen Mindestsicherungsbezieherinnen und -beziehern, über die wir schon debattiert haben. Für die haben wir "Back to the Future" ins Leben gerufen, um die Verfestigung eben zu beenden. Das heißt, Teilnahmepflicht, aber auch ein ernsthaftes und vernünftiges Beschäftigungsangebot. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Und wo kriegen Sie die Arbeitsplätze her?) Über so etwas können wir gerne auch für Asylberechtigte diskutieren, und ich finde, wir sollten darüber diskutieren. Aber wenn wir darüber diskutieren, seien wir ehrlich: Sie, Kollege Jung, sind der Erste gemeinsam mit der ÖVP, der dann schreit: Skandal, jetzt machen Sie schon wieder ein eigenes Angebot für die Ausländer! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Mag. Wolfgang Jung: Es stimmt ja auch! - Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Es stimmt ja auch! Sie sind der Erste, der schreit!) Also doch keine Problemlösung, ich denke es mir ja. Danke, dass Sie meine These gerade verifiziert haben. An ernsthafter Problemlösung sind Sie also gar nicht interessiert. Sie sind vielmehr interessiert an populistischer Stimmungsmache, um Menschen zu blenden und Wahlen zu gewinnen. Das wird aber nicht aufgehen, das wird einfach nur schiefgehen, weil die Menschen nicht so blöd sind. Sie werden Sie durchschauen, das verspreche ich Ihnen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte über die Beantwortung der Dringlichen Anfrage ist somit beendet. Ich erlaube mir persönlich anzufügen: Godwin Schuster hat das eine oder andere Mal versucht, moralisierend auf uns einzuwirken. Das erspare ich mir. Ich bin einfach nur froh, dass diese Debatte, die zwischendurch sehr zynisch geführt wurde, beendet ist. - Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Mag. Wolfgang Jung: Beschränken Sie sich auf die Vorsitzführung!) Wir kommen zur Abstimmung über den eingebrachten Beschluss- und Resolutionsantrag der ÖVP betreffend Reform der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. In formeller Hinsicht wurde die sofortige Abstimmung verlangt. Wer für diesen Antrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist die ÖVP ganz alleine, damit ist der Antrag abgelehnt. Ich gebe bekannt, dass Frau StRin Renate Brauner seit 17 Uhr entschuldigt ist. Wir kommen zur Postnummer 8. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2014 geändert wird. Berichterstatterin hiezu ist nun Frau Abg. Tanja Wehsely. Ich ersuche sie, die Verhandlung einzuleiten, erlaube mir aber gleich, zu sagen: Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke das ist einstimmig, das Gesetz ist somit in erster Lesung beschlossen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke, das ist ebenfalls einstimmig angenommen. - Wir kommen daher zur zweiten Lesung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist ein drittes Mal einstimmig. Danke sehr. Wir kommen nun zur Postnummer 9. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage des Gesetzes, mit dem das Wiener Frühforderungsgesetz geändert wird. Berichterstatterin hiezu ist Frau Amtsf. StRin Sonja Wehsely. Ich ersuche sie, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Danke, Herr Präsident. Ich ersuche um Zustimmung! Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen diese Zusammenlegung ein Widerspruch erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Schwarz. (Der Präsident spricht sehr schnell, was allgemeine Heiterkeit auslöst.) Abg. Sabine Schwarz (ÖVP): Vielen Dank. Ich glaube, ich kann nicht ganz so schnell sprechen wie der Vorsitzende, werde es aber sehr kurz halten, denn ich glaube, wir alle brauchen jetzt ein bisschen frische Luft nach der Diskussion. Ich möchte gleich zum Resolutionsantrag kommen, den ich jetzt einbringe. Da geht es um das Personal in den Wiener Kindergärten. Ich habe es immer wieder betont, in vielen Reden von mir: Wenn der Kindergarten, wie wir alle sagen, die erste Bildungseinrichtung sein soll, dann hat folgender Gesetzespassus keinen Platz: Und zwar ist das § 16 Abs. 4 des Wiener Kindergartengesetzes. Darin wird geregelt, dass: Wenn ausgebildetes Personal nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, auf Antrag die befristete Verwendung von nicht entsprechend ausgebildetem Betreuungspersonal durch die Behörde bewilligt werden kann. Das nicht ausgebildete Personal muss dabei für die Verwendung an Stelle einer Kindergartenpädagogin oder eines Kindergartenpädagogen: Erfahrung in der Betreuung einer Gruppe von Kindern bis zu Beginn der Schulpflicht vorweisen. Ich möchte nur den Vergleich bringen: Auch die Schule ist eine Bildungseinrichtung. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand von uns akzeptieren würde, wenn ein Schulwart, ein Jungscharleiter, ein Pfadfinder, weil wir ja gerade sehr viel von Kirche gesprochen haben, den Klassenunterricht leiten dürfte. Deswegen muss auch unserer Meinung nach dieser Satz beim Kindergartengesetz raus. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächster hat sich Abg. Gremel zu Wort gemeldet. Abg. Mag. Marcus Gremel (SPÖ): Grüße Sie noch einmal! Ich habe den Platz hier schon vermisst. Ja, selbstverständlich geht es uns allen darum, dass wir die beste Ausbildung unserer Kinder auch schon im Kindergarten gewährleisten. Und natürlich funktioniert das am besten mit exzellent ausgebildeten Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen, ist vollkommen klar. Deswegen bemühen wir uns alle, möglichst viele davon zu haben. Nur was manchmal auftreten kann, ist, dass aktuell keine zur Verfügung stehen, weil beispielsweise eine im Krankenstand ist und dem oder der anderen wird auf einmal schlecht. Es geht hier um eine Praxisbestimmung, mit der man kurzfristige Ausnahmen nach Rücksprache mit der zuständigen Fachabteilung einführen kann. Wenn wir das nicht machen, dann haben wir bald einmal die Situation, dass wir irgendwelche Kindergruppen oder Kindergärten zusperren können; und was dann passiert und wie die Eltern sich dann bedanken werden, das kann man sich bei der "Alt Wien"-Geschichte ganz gut vor Augen führen. Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass wir diese Ausnahmeregelungen in fast allen Bundesländern haben. Daher sehe ich überhaupt keinen Anlass, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächster ist Herr Abg. Aigner zur Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Landesrätin! Wir stimmen dem Gesetz zu, und ich möchte am Schluss der Debatte in der heutigen Landtagssitzung Ihnen auch noch ein Lob aussprechen. Ich habe heute die Wiener Tagesbetreuungsverordnung, die ja schon in einer der letzten Landtagssitzungen grundgelegt wurde, ganz frisch sozusagen mir ausheben lassen. Es ist ja damals festgelegt worden, dass wir auf 400 Stunden Ausbildungsverpflichtung für private Betreuungseinrichtungen aufstocken. Wir haben seinerzeit moniert, dass es wichtig wäre, dass auch die bestehenden Betreuerinnen und Betreuer zumindest sukzessive diese Ausbildungsverpflichtung erlangen. Ich bedanke mich dafür und möchte wirklich ganz positiv anmerken, dass die Verordnung das jetzt hier vorsieht, nämlich dass innerhalb einer Übergangsfrist von etwa sechs Jahren dieses einheitliche Ausbildungsniveau generell erreicht werden soll. Ich möchte Ihnen ganz persönlich sagen, dass wir das sehr in Ordnung finden und dass wir froh sind, dass hier diese Dinge so passieren. - Danke. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen. Die Frau Berichterstatterin verzichtet auf das Schlusswort. Wir kommen daher nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das ist einstimmig. Das Gesetz ist somit in erster Lesung beschlossen. Wir kommen nun zunächst zum eben eingebrachten Beschluss- und Resolutionsantrag betreffend Personal in den Wiener Kindergärten. Die sofortige Abstimmung ist verlangt. Wer für diesen Antrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind die Stimmen von NEOS, ÖVP und FPÖ. Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt. Ich schlage daher vor, jetzt die zweite Lesung der Gesetzesvorlage vornehmen zu lassen. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag die Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke, das ist einstimmig. Wir kommen zur zweiten Lesung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtags, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke das ist noch einmal einstimmig angenommen. Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf schriftlichem Wege bekannt gegeben. Die Sitzung ist geschlossen. - Danke. (Schluss um 18.39 Uhr.) Landtag, 20. WP 30. September 2016 9. Sitzung / 89 Landtag, 20. WP 30. September 2016 9. Sitzung / 3 Landtag, 20. WP 30. September 2016 9. Sitzung / 50 Landtag, 20. WP 30. September 2016 9. Sitzung / 49