Wiener Landtag 20. Wahlperiode 2. Sitzung vom 17. Dezember 2015 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. Fragestunde 1. Anfrage (FSP - 03514-2015/0001 - KNE/LM) S. 3 2. Anfrage (FSP - 03512-2015/0001 - KVP/LM) S. 4 3. Anfrage (FSP - 03509-2015/0001 - KFP/LM) S. 6 4. Anfrage (FSP - 03508-2015/0001 - KSP/LM) S. 8 5. Anfrage (FSP - 03511-2015/0001 - KVP/LM) S. 11 3. AST - 03467-2015/0002 - KSP/AL: Aktuelle Stunde zum Thema "Tourismus- Hotspot Wien: Das Ergebnis guter Arbeit." Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Friedrich Strobl S. 12 Abg. Markus Ornig, MBA S. 14 Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 14 Abg. Peter Kraus, BSc S. 15 Abg. Mag. Gerald Ebinger S. 16 Abg. Dkfm. Dr. Fritz Aichinger S. 17 Abg. Brigitte Meinhard-Schiebel S. 18 Abg. Christian Unger S. 18 Abg. Katharina Schinner S. 19 4. Mitteilung des Einlaufs S. 20 5. Begrüßung des Volksanwaltes Dr. Günther Kräuter, der Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek und des Volksanwaltes Dr. Peter Fichtenbauer S. 20 6. 02594-2015/0001-MDLTG, P 1: 36. Bericht der Volksanwaltschaft 2014 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES S. 20 Abg. Ingrid Korosec S. 21 Abg. David Ellensohn S. 23 Abg. Lisa Frühmesser S. 24 Abg. Peter Florianschütz S. 25 Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 27 Abg. Birgit Hebein S. 28 Abg. Mag. Dietbert Kowarik S. 29 Abg. Dr. Gerhard Schmid S. 31 Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer S. 32 Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek S. 34 Volksanwalt Dr. Günther Kräuter S. 35 Abstimmung S. 36 7. LG-03272-2015/0001/LAT, P 2: Änderung der Gemeindewahlordnung der Stadt Wien, des Gesetzes über die Durchführung von Volksabstimmungen, des Gesetzes über die Durchführung von Volksbefragungen und des Gesetzes über die Durchführung von Volksbegehren (Beilage Nr 23/2015) Berichterstatter Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny S. 36 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES S. 36 Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 38 Abg. David Ellensohn S. 39 Abg. Mag. Dietbert Kowarik S. 41 Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher S. 47 Abg. Christoph Wiederkehr, BA S. 51 Abg. Dr. Wolfgang Ulm S. 52 Abg. Dr. Jennifer Kickert S. 53 Abg. Dr. Wolfgang Aigner S. 55 Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES S. 57 Abg. Georg Niedermühlbichler S. 59 Abg. Dr. Wolfgang Aigner (tatsächliche Berichtigung) S. 60 Berichterstatter Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny S. 60 Abstimmung S. 61 8. 02547-2015/0001-GGU, P 3: Naturschutzbericht 2014 Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima S. 63 Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc S. 63 Abg. Mag. Rüdiger Maresch S. 63 Abg. Nikolaus Amhof S. 64 9. PGL - 03552-2015/0001 - KVP/MDLF: Dringliche Anfrage von Abg. Mag. Manfred Juraczka, Abg. Ingrid Korosec, Abg. Sabine Schwarz und Abg. MMag. Dr. Gudrun Kugler betreffend islamische Kindergärten in Wien Begründung: Abg. Mag. Manfred Juraczka S. 65 Beantwortung: Lhptm Dr. Michael Häupl S. 66 Rednerinnen bzw. Redner: StR Mag. Gernot Blümel, MBA S. 68 Abg. Dominik Nepp S. 69 Abg. Safak Akcay S. 72 Abg. Christoph Wiederkehr, BA S. 72 Abg. Sabine Schwarz S. 74 Abg. David Ellensohn S. 75 Abg. Dr. Wolfgang Aigner S. 76 Abg. Mag. Marcus Gremel S. 78 Abstimmung S. 80 Weitere Rednerinnen zur Postnummer 3: Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc S. 80 Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS S. 81 Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima S. 82 Abstimmung S. 82 10. 03439-2015/0001-MDLTG, P 4: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG betreffend frühe Förderung in Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen (Beilage Nr 24/2015) Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely S. 82 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES S. 82 Abg. David Ellensohn S. 83 Abg. Maximilian Krauss S. 83 Abg. Mag. Marcus Gremel S. 83 Abstimmung S. 84 11. 03447-2015/0001-MDLTG, P 5: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG betreffend Grundversorgungsvereinbarung (Beilage Nr 25/2015) Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely S. 84 Redner: Abg. Gerhard Haslinger S. 84 Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely S. 85 Abstimmung S. 85 (Beginn um 9.01 Uhr. – Auf den Plätzen der Abgeordneten stehen Tragtaschen mit der Aufschrift „Im Auftrag der Menschen für die Menschen. Der Wiener Landtag.“) Präsident Prof. Harry Kopietz: Einen schönen guten Morgen! Ich eröffne die 2. Sitzung des Wiener Landtages und darf vor Eingang in die Tagesordnung auch auf das Geschenk, Präsent, das alljährliche, am letzten Landtag vor den Feiertagen hinweisen und würde mich freuen, wenn Sie auch dafür Verwendung haben, obwohl Sie es hoffentlich nie verwenden müssen. Aber sollte es in den nächsten Tagen bei Ihnen daheim zu einem Adventkranzbrand oder Christbaumbrand kommen, was ich nicht hoffe und keinem wünsche, dann könnte das Löschmittel in den Säckchen gute Dienste leisten. Ich möchte noch darauf aufmerksam machen, dass dieser Feuerlöscher ein ganz besonderes Produkt ist. Das Löschmittel ist biologisch abbaubar, man kann sogar Öl damit binden, und ist wartungsfrei, also es kann jahrelang auch entsprechend verwendet werden. (Allgemeiner Beifall.) Danke schön. Ein sogenanntes nachhaltiges Produkt. Entschuldigt sind Frau Abg. Mag. Nittmann und Herr Abg. Stark. Beide haben sich krank gemeldet. Wir kommen zur Fragestunde. Die 1. Anfrage (FSP - 03514-2015/0001 - KNE/LM) wurde von Frau Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger gestellt und ist an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (2016 wird der Nationalrat voraussichtlich ein Informationsfreiheitsgesetz beschließen, das vom Land landesgesetzlich umgesetzt werden muss. Welche Vorbereitungen trifft das Land zur Einführung und Umsetzung eines Informationsfreiheitsgesetzes auf Landesebene?) Bitte, Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr. Michael Häupl: Sehr geehrte Frau Klubvorsitzende! Der Entwurf für ein Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen, das Informationsfreiheitsgesetz, befindet sich derzeit - noch, muss ich hinzufügen - in Begutachtung. Dieser Entwurf geht von einer bundesrechtlichen Kompetenz zur Regelung des Zugangs zu Informationen aus. Anders als bei der derzeitigen Regelung der Auskunftspflicht handelt es sich hierbei nicht um ein Grundsatzgesetz des Bundes, welches zur weiteren Konkretisierung ein Ausführungsgesetz jedes einzelnen Landes nach sich zieht. Denn nach derzeitigem Stand soll ein Bundesgesetz erlassen werden, welches bundesweit einheitliche Regelungen über den Zugang zu Informationen für den Bund, die Länder und die Gemeinden enthält. Eine zusätzliche landesgesetzliche Umsetzung wäre dann nicht erforderlich. Erwähnen möchte ich noch, dass die dafür notwendige verfassungsrechtliche Regelung derzeit noch nicht besteht. Die bezughabende Änderung des Bundes- Verfassungsgesetzes wird derzeit noch im Verfassungsausschuss des Nationalrats behandelt. Das heißt: Jegliche Vorbereitungen für landesgesetzliche Maßnahmen oder auch zur Umsetzung werden wir dann machen können, wenn wir wissen, was nun tatsächlich im Gesetz auch drinnensteht. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Ulm. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Ein Informationsfreiheitsgesetz sieht mehr Transparenz der Verwaltung für den Bürger vor. Solche Transparenz der Verwaltung wäre nicht nur für den Bürger nicht schlecht, sondern auch für die Wiener Abgeordneten nicht schlecht. Sie wissen wahrscheinlich, worauf ich hinaus möchte. Durch die Ausgliederungen vieler Aufgaben der Daseinsvorsorge besteht das Interpellationsrecht der Gemeinderäte im ganz breiten Umfang mittlerweile nicht mehr. Der Gemeinderat ist aber auf Grund der Stadtverfassung das höchste Organ der Gemeindeverwaltung, und der Gemeinderat hat die Oberaufsicht in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches und die Oberaufsicht über die gesamte Finanzgebarung. Das sind ja nicht nur Rechte, sondern das sind ja auch Pflichten, die die Gemeinderäte auf Grund der Stadtverfassung haben. Wie sollen sie diesen Pflichten nachkommen, wenn ihnen nicht einmal ein Fragerecht in mehr als 50 Prozent aller Angelegenheiten zukommt, die in ausgegliederten Unternehmungen erledigt werden? Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr. Michael Häupl: Herr Abgeordneter! Diese Fragestellung haben wir des Öfteren erörtert, und Sie kennen auch meine grundsätzliche Haltung dazu. Soweit ich informiert bin, gibt es derzeit Gespräche darüber, wie man dies so auflösen kann, dass selbstverständlich auch jene Gesetze, die in diesen Unternehmen entsprechend wirksam sind, wie etwa das Aktienrecht, unangetastet bleiben und nicht verletzt werden. Wenn wir dieses Problem gelöst haben, denke ich, ist das auch gelöst. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Aigner. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Danke. Sehr geehrter Herr Präsident! Grüß Gott, Herr Bürgermeister, Herr Landeshauptmann! Der Kollege Ulm hat mir fast meine Frage vorweggenommen. Das ist natürlich naheliegend, dass wir als Abgeordnete nicht auf ein Informationsfreiheitsgesetz warten wollen, sondern dass die rechtlichen Rahmenbedingungen in der Stadt und im Land Wien so gestaltet sein sollten, dass wir unserer Kontrolltätigkeit nachkommen können. Wäre es nicht vielleicht auch ein Ansatz, dass man Ausgliederungen in privatrechtlich organisierte Träger hinterfragt? Warum finden diese Ausgliederungen statt, wenn öffentliche Aufgaben im Rahmen des Landes Wien oder der Stadt Wien wahrgenommen werden? Dann würde sich das Problem mit dem Aktienrecht eigentlich gar nicht stellen. Daher: Sehen Sie nicht auch in diesen zahlreichen Ausgliederungen im Endeffekt eine Flucht aus der Kontrollverantwortlichkeit? Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr. Michael Häupl: Also ganz kann ich Ihre Argumentation nicht nachvollziehen, denn die Ausgliederungen in privatrechtliche Konstruktionen waren ja keine Willküraktionen, sondern sind hier beschlossen worden. Und soweit ich mich erinnere, hat weder Ihre frühere Fraktion noch Ihre jetzige Fraktion gegen diese Ausgliederungen gestimmt. Daher kann ich persönlich diese Argumentation nicht nachvollziehen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Meinl-Reisinger. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Ja, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, ich komme noch einmal auf das Informationsfreiheitsgesetz zurück, weil es mir ein großes Anliegen ist, dass die Bürgerinnen und Bürger einen Zugang zu Information bekommen. Ich persönlich freue mich auch darüber, dass es hier keine landesgesetzliche Umsetzungen brauchen wird, weil es zumindest einmal auf dem Papier die Garantie dafür bieten kann, dass wir in ganz Österreich einheitliche Regelungen haben werden, und ich halte das für einen Vorteil. Vom Forum für Informationsfreiheit wird ja der vorliegende Entwurf auf Bundesebene in mehrerlei Hinsicht kritisiert. Ein Kritikpunkt betrifft die Frage der Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle. Jetzt ist es im Bereich der Gemeinde Wien, des Landes Wien durchaus üblich, Beauftragte mit bestimmten Agenden zu betrauen. Daher meine Frage, ob darüber nachgedacht wird, diesen so wichtigen Bereich für die Bürgerinnen und Bürger, eine Ombudsstelle, eine unabhängige, einzurichten. Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr. Michael Häupl: Frau Klubvorsitzende! Sie kennen ja meine Einstellung zu Beauftragten vom Grundsätzlichen her - und daraus kann ich nicht ableiten, dem Bund Empfehlungen zu geben, was er mit der Einrichtung von Beauftragten im Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz zu tun hat. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Damit ist die Anfrage 1 beantwortet. Die 2. Anfrage (FSP - 03512-2015/0001 - KVP/LM) wurde vom Abg. Dr. Wolfgang Ulm gestellt und ist an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (Wien hinkt hinsichtlich der Umsetzung der Beamtenpensionsreform auf Wiener Landesebene nach Vorbild des Bundes weiterhin als einziges Bundesland nach bzw. setzte diese seit Jahren bewusst nicht vollständig um. Die Nichtumsetzung dieser so wichtigen Reform kostet den Wiener Steuerzahlern laut Rechnungshof rund 350 Millionen Euro. Werden Sie sich vor dem Hintergrund des aktuellen Reformbedarfes für die vollständige Umsetzung der Beamtenpensionsreform auf Wiener Landesebene nach Vorbild des Bundes einsetzen?) Bitte, Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr. Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter! Zunächst ist einmal mehr mit Nachdruck festzuhalten, dass sich Wien mit der am 1. Jänner 2005 in Kraft getretenen Pensionsreform bewusst für eine Pensionsreform mit sozialem Augenmaß entschieden hat. Wie Sie sicherlich ebenso gut wissen wie ich, wurden dabei sehr wohl die Eckpunkte der Pensionsreform des Bundes - nämlich ein Pensionsantrittsalter von 65 Jahren, eine 40-jährige Durchrechnung und eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 45 Jahren - übernommen. Freilich wurde aber auch auf die soziale Ausgewogenheit der Regelungen besonderer Wert gelegt, weshalb insbesondere die Situation von Frauen mit Kinder- oder sonstigen Betreuungspflichten entsprechend berücksichtigt worden ist. Ziel der sozialpartnerschaftlich ausverhandelten Wiener Pensionsreform war es jedenfalls, ein langfristig finanzierbares und sozial ausgewogenes Pensionsrecht zu schaffen, auf das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch langfristig vertrauen können. Die Stadt Wien bekennt sich als Arbeitgeberin zu hoher sozialer Verantwortung und steht nach wie vor zu einer Reform, die nicht über Gebühr in die Lebensplanung der Menschen eingreift. Zu dem vom Rechnungshof errechneten Einsparpotenzial von 350 Millionen EUR möchte ich nur darauf hinweisen, dass dieses sich auf den Zeitraum 2010 bis 2047 erstreckt, also 37 Jahre beinhaltet. Man kann sich daher leicht ausrechnen, wenn man es linear rechnet - eine fragwürdige Mathematik - , was man im Jahr dann entsprechend einsparen kann. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Mag. Huemer. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sie haben es angesprochen, Wien hat die Pensionsreform sozialer als der Bund vollzogen. Und Sie haben auch auf die Situation von Frauen schon angespielt, dass es hier eine Vergünstigung gibt. Dennoch, ein Hauptkritikpunkt ist und bleibt diese 40-Jahre-Durchrechnung, weil sie insbesondere für Menschen mit Betreuungspflichten, mit Pflegepflichten, mit der steigenden Teilzeitarbeit und Atypisierung ein zunehmendes Armutsrisiko darstellt. Meine Frage an Sie ist: Was kann Wien tun, damit Altersarmut gemindert werden kann und eine existenzsichernde Pension, insbesondere auch für Frauen, möglich sein wird? Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr. Michael Häupl: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Natürlich ist das ein Thema oder kann ein entsprechendes Thema sein; vergleichsweise allerdings ein geringeres, denn worüber wir reden, ist die Pension von Beamten und nicht von Vertragsbediensteten. Wenn man sich anschaut, wie die Situation heute in der Realität ausschaut, hat es sich ziemlich umgedreht - etwa 40 Prozent Beamte und 60 Prozent Vertragsbedienstete, und das Entlohnungsschema bei den Beamten ist so, dass man ohne schlechtes Gewissen sagen kann, es ist soweit in Ordnung. Ich werde nicht in jedem Einzelfall sagen, sowas gibt es nicht. Aber es lässt sich sicherlich auch für Einzelfälle entsprechend auflösen, und das soll man berücksichtigen. Das steht außer Streit, da sind wir durchaus auch einer Meinung. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Bevor ich zur 2. Zusatzfrage aufrufe, darf ich noch bekannt geben, dass Herr Abg. Seidl erkrankt ist. Wir kommen zur 2. Zusatzfrage, die von Frau Abg. Schütz gestellt wird. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Angela Schütz (FPÖ): Herr Landeshauptmann, guten Morgen! Der Rechnungshof hat sich ja gewünscht oder hat angeregt, dass neue BeamtInnen nach dem Pensionskonto, nach Art des allgemeinen Pensionsgesetzes geführt werden sollen, dass die Geburtsjahrgänge nach 1959 als Parallelrechnung von Kontopensionen und Ruhegenüsse des jeweiligen Landes geführt werden sollten und dass Beamte vor 1959 einer Deckelung unterliegen sollen. Wir haben ja in Wien auch die Berücksichtigung der Vordienstzeiten, die den Beamten vorangestellt werden, um die besoldungsrechtliche Einstufung festzustellen. Jetzt hat es ja im Juni eine von der SPÖ beschlossene Dienstrechtsnovelle gegeben, die massive Auswirkungen auch auf die Vordienstzeiten und die Besoldung hat. Jetzt würde mich interessieren, welche Auswirkungen das jetzt nun auf die Beamtenpensionen hat und vor allem auf diesen langen Übergangszeitraum, der vom Rechnungshof kritisiert wird, bis 2042. Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr. Michael Häupl: Das ist eine Diskussion für Experten und eine Frage für Spezialisten. Beides bin ich in dieser Frage nicht und kann daher heute nur sagen, dass ich Ihnen das nachliefere, denn diese Auswirkungen sind mir zur Stunde weder mathematisch noch inhaltlich geläufig. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Mag. Wiederkehr. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Christoph Wiederkehr, BA (NEOS): Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Wie ich sehe, besteht nicht der Wille, wie vom Rechnungshof empfohlen, die Bundespensionsreform zeitig umzusetzen. Es gäbe eine andere Möglichkeit, um einzusparen. In dem Bereich ist das faktische Pensionsantrittsalter anzuheben, was in Wien ja im Vergleich zu anderen Bundesländern auch recht niedrig ist. Gibt es diesbezüglich Vorhaben, das faktische Pensionsantrittsalter zu steigern und dies vor allem im Bereich der Pflichtschullehrer, wo das faktische Pensionsantrittsalter katastrophal niedrig ist? Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann! Lhptm Dr. Michael Häupl: Ich würde Sie bitten, sich die Entwicklung der letzten fünf bis zehn Jahre anzuschauen, die eine wesentliche Steigerung des faktischen Pensionsantrittsalters beinhaltet. Und im Übrigen ist die Behauptung, dass dies mit anderen Bundesländern nicht vergleichbar ist, auch ziemlich antiquiert, auch das ist entsprechend vorüber. Also wenn wir über die realen Fakten des Jahres 2015, respektive 2016, reden wollen, dann werden wir uns auch die heutigen Realitäten anschauen müssen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die nächste und letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Ulm. Bitte, Herr, Abgeordneter. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sie haben ja eine kleine Rechenaufgabe gestellt: 350 Millionen Einsparungspotenzial auf 37 Jahre, wie viel ergibt das im Jahr? Ich habe es nicht genau ausgerechnet, es sind laut Rechnungshof ungefähr 10 Millionen mögliches Einsparungspotenzial. Ich weise auf ein weiteres Einsparungspotenzial von 200 Millionen pro Jahr hin. Das sind nämlich mindestens die Kosten für die Frühpensionierungen in dieser Stadt, sowohl aus organisatorischen Gründen als auch aus gesundheitlichen Gründen. Das sind in einer Legislaturperiode über 1 Milliarde EUR, die uns die Frühpensionierungen kosten. Wir haben eine sehr angespannte Budgetsituation, wir haben viele Mitarbeiter, die gerne länger gesund im Dienst arbeiten würden. Wollen Sie nicht eine Zielsetzung vorgeben und sagen, diese 200 Millionen im Jahr oder diese 1 Milliarde in der Legislaturperiode wollen wir auf einen bestimmten Betrag hinunterbringen? Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr. Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter! Dieses Thema haben wir schon weiß Gott wie oft diskutiert - denn selbstverständlich bemühen wir uns ja auch, die Frühpensionen entsprechend zu senken, aber sie sind da. Ich will Ihre mathematischen Künste nicht in Zweifel ziehen, obwohl Sie mir das gerade falsifiziert haben mit Ihren Rechnungen - weil wenn ich 37 Jahre auf 350 Millionen umrechne, immer noch die Rechnung des Rechnungshofes, dann sind es nicht 10 Millionen im Jahr. Egal, wir machen da keine Mathematikübungen, obwohl die Grundrechnungsarten sollte man einigermaßen hinkriegen. Wir haben das schon oft diskutiert. Sie rechnen da zum Beispiel auch die Feuerwehr hinein, die natürlich ein Pensionsantrittsalter hat, das auf Grund bestimmter gesetzlicher Regelungen wie etwa zur Schwer- und Schichtarbeit anders zu sehen ist, als wir das normalerweise sehen. Wir haben laut meinen Informationen die Frühpensionen in den letzten Jahren deutlich absenken können. Natürlich weiß ich auch, dass es viele gibt, die länger arbeiten wollen, selbst über ihr 65. Lebensjahr hinaus - und ich rede jetzt nicht von mir. Ich arbeite auch gern, aber das wollte ich nicht als Beispiel anführen. Aber mir werden zum Beispiel die Verlängerungen von Primarärzten vorgelegt, die ich im Regelfall ja durchaus goutiere, weil gerade in Zeiten von Veränderungen auch ein gewisser Nutzen der Expertise in diesen Bereichen durchaus sinnvoll erscheint. Wir stimmen im Grunde genommen überein: Ja, so wie wir das faktische Pensionsantrittsalter anheben wollen, so wollen wir auch die Frühpensionen entsprechend senken. Das ist überhaupt gar keine Frage. Aber wir wollen das so machen, wie wir es auch tatsächlich tun - nicht uneffizient, aber halt mit sozialem Augenmaß. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 2. Frage ist damit beantwortet. Wir kommen zur 3. Anfrage (FSP - 03509-2015/0001 - KFP/LM), die von Herrn Abg. Mag. Gerald Ebinger gestellt und an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit, Soziales und Generationen gerichtet ist. (160 152 Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gab es mit 31. Dezember 2014 in Wien. Knapp 40% der Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sind keine österreichischen Staatsbürger. Ein Beispiel, das aus einer Anfragebeantwortung resultiert: Von 116 941 Personen, die zum Stichtag 30. November 2014 Mindestsicherung bezogen haben, waren 71 705 österreichische Staatsbürger (=61,32%), 37 182 Drittstaatenangehörige (=31,80%) und 8 054 EU-Bürger (=6,88%). Da die vorhandenen Budgetmittel nicht ausreichend waren, fand Mitte 2015 eine Aufstockung um 50 Millionen Euro und nun eine weitere um 25 Millionen Euro für das laufende Jahr statt. Mit wie vielen Mindestsicherungsbeziehern rechnen Sie bis Ende 2015?) Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Danke. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie fragen mich, wie viele Mindestsicherungsbezieher es Ende 2015 geben wird. Ich bin eine Freundin des Wissens und nicht so sehr des Glaubens. Daher werden wir das wissen, wenn 2015 zu Ende ist. Was ich Ihnen sagen kann ist, wie viele Mindestsicherungsbezieher wir mit dem Stichtag 30.11.2015 hatten: Das waren 134.251. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Bevor ich zur 1. Zusatzfrage komme, möchte ich auch noch bekannt geben, dass Frau Abg. Mag. Tanja Wehsely erkrankt ist. Wir kommen zur 1. Zusatzfrage, die von Herrn Abg. Ornig gestellt wird. Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf: Gestrichen!) Gestrichen? Ja, wenn ich es weiß, dann gerne. Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Korosec gestellt. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Wir haben ja gestern bereits in der Fragestunde über Mindestsicherung gesprochen, und da möchte ich nur einen Sidestep machen. Da haben Sie ja relativ stolz gesagt, so ist es mir zumindest vorgekommen, in Wien gibt es 6.300 Kürzungen und Wien hat die meisten Kürzungen von Österreich. Ja, das stimmt schon, aber bitte die Rechnung ist ja einfach anzustellen. Also wenn es 140.000, 150.000 Mindestsicherungsbezieher gibt, dann sind klarerweise die Kürzungen mehr. In den Bundesländern bewegen sich die Mindestsicherungsbezieher zwischen 15.000 und 20.000. Also das wollte ich nur so zur Klarstellung sagen. Aber zu meiner heutigen Frage: Wir haben gestern auch über die Jugendunterstützung gesprochen, die ich sehr positiv sehe, nur, im Koalitionsübereinkommen ist nichts zu finden, wie Sie sich das vorstellen. Gibt es da einen Unterschied in der Höhe zwischen den Jugendlichen vom Alter her beziehungsweise wie wird das Ganze realisiert werden? Vielleicht können Sie da schon ein bissel einen Überblick geben. Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Frau Abgeordnete, da muss es sich um einen Hörfehler handeln. Ich habe von 6.300 Kürzungen gesprochen, also es gab 2014 6.300 Kürzungen. Selbstverständlich geht es hier nicht um die absoluten Zahlen, na, selbstverständlich, da haben Sie vollkommen recht, sondern auch prozentuell ist Wien das Bundesland, das in diesem Bereich am meisten kürzt und sehr streng kontrolliert. Ein Drittel aller Anträge, die eingebracht werden, werden gleich zu Beginn abschlägig behandelt. Auch hier sind wir Spitzenreiter. Vielleicht nur auch zu dieser Frage, Wien und Mindestsicherung, zwei Blitzlichter, woran das natürlich auch liegt, nämlich am Ballungsraum. Die Stadt Salzburg hat drei Mal so viele Mindestsicherungsbezieherinnen und -bezieher wie Salzburg Land. Die Stadt Innsbruck vier Mal so viele Mindestsicherungsbezieherinnen und -bezieher wie Tirol. Und das bildet sich natürlich auch in Wien ab, und ich bitte, das hier schon auch zu berücksichtigen. Was die Jugendunterstützung betrifft, habe ich gestern schon in der Beantwortung gesagt, da sind wir in Konzeption, eine Konzeption gemeinsam mit dem Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice, weil es darum geht, für diese Zielgruppe konkrete Angebote der Ausbildung, des Nachmachens von Bildungsabschlüssen und zur Beschäftigung zu machen, wobei es mehrere Phasen gibt. Es soll jeweils mit einer Orientierungsphase beginnen, wo es darum geht, das Richtige für den/die zu finden, dann konkret mit dem jüngeren Mindestsicherungsbezieher eine zu vereinbaren, dass er in dem Programm drinnen ist. Und dann geht es um einen ähnlichen Punkt, der gestern vom Kollegen von den NEOS gefragt wurde, nämlich: Was kann denn da der Anreiz sein? Der Anreiz kann der sein, dass, wenn dann jemand zum Beispiel in eine Lehrausbildung geht, er nicht gleich alles von der Mindestsicherung sozusagen als Differenz verliert, sondern wenn er in diesem Programm ist, hier auch einen Anreiz hat, dranzubleiben und die Ausbildung fertig zu machen. Also das ist die Grundkonzeption. Wichtig wird es sein und ist es, dass wir jetzt gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice, dem WAFF und mit den Expertinnen und Experten in dem Bereich dahin gehend arbeiten, dass es nicht die eine Maßnahme gibt, die für alle 19- bis 25-Jährigen die richtige ist. Das Ziel ist immer dasselbe: Menschen raus aus der Mindestsicherung, rein in die Beschäftigung zur Selbsterhaltungsfähigkeit. Und da muss es einen Blumenstrauß und ein Bündel geben, und genau daran arbeiten wir. Aber von der Konzeption, wie gesagt: Orientierungsphase, dann beginnt die Umsetzungsphase, und dann soll es einen Anreiz geben, um hier auch dabei zu bleiben. Genau in die Richtung geht auch der Anreiz zur Arbeit bei denen, wo es nicht mehr um Ausbildung geht, aber auch bei der Ausbildung den Anreiz mit dem Ziel, raus aus der Mindestsicherung, zu schaffen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abg. Hebein. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Birgit Hebein (GRÜNE): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Ich halte es als für enorm wichtig, dass wir hier in Wien konkret handeln und den Jugendlichen eine Perspektive bieten. Das ist politisch sehr entscheidend. Nun wird auf Bundesebene intensiv darüber diskutiert, die Rahmenbedingungen der Mindestsicherung zu verändern. Wir sprechen ja hier von einem Rechtsanspruch für Menschen, unter bestimmten Bedingungen das Notwendige zu erhalten. Einer der Vorschläge von der ÖVP ist es, nun gerade bei Familien zu kürzen, das heißt, es ist offensichtlich in Ordnung, wenn man ein, zwei Kinder hat, aber ab drei, vier Kindern sollen jetzt die Geldleistungen gekürzt werden. Wie können Sie sich das erklären? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Wie ich mir das erklären kann? Ich nehme es zur Kenntnis, habe es auch noch gelesen. Es gibt ja diesbezüglich, ich habe das gestern schon gesagt, auch noch keine Verhandlungen mit den Ländern. Ich denke, dass es wichtig ist, hier auch genau hinzuschauen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass die ÖVP, die zwar sozusagen eine andere Familienpolitik macht als meine Partei, jetzt hier Vorschläge macht, gerade Familien, die mehr als ein Kind haben, weil es schon beim zweiten Kind Konstellationen gibt, wo die Familien verlieren - das kann ich mir nicht vorstellen, dass das wirklich so gemeint ist. Vielleicht geht es in der Diskussion um einen gewissen Bereich in Sachleistungen, ich habe das ja gestern auch angesprochen. Da denk ich mir, man kann sich auch durchaus, und ich bin auch gesprächsbereit darüber, wenn wir bei der ganzen Familienpolitik von diesen hohen Geldleistungen weggehen und in Richtung Sachleistungen gehen. Da bin ich sehr bereit und gesprächsbereit, das bei der Mindestsicherung auch anzusprechen. Aber dass das wirklich so gemeint ist, wie es in den Zeitungen steht, dass die Österreichische Volkspartei jetzt Familien bestrafen will, das kann ich mir eigentlich gar nicht vorstellen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg. Mag. Ebinger. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Mag. Gerald Ebinger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Landesrätin! Wir sehen uns ja heuer mit massiven Erhöhungen konfrontiert. Wenn man den Worten des Herrn Sozialministers Hundstorfer folgt, dann können wir nächstes Jahr mit 40.000 zusätzlichen Mindestsicherungsbeziehern rechnen, die Anspruch auf Asyl haben. Das heißt, es ist durchaus auch eine finanzielle Frage, und es wird aktiv von allen Seiten auf Bundesebene diskutiert, was man da jetzt machen kann, also Kontrollen einführen, Sanktionen, wenn jemand ein Jahr lang keine Arbeit annimmt, die Kürzung der Mindestsicherung, die Sachleistungen, die sie erwähnt haben. Meine konkrete Frage schließt jetzt schon auch an das an, was die Frau Kollegin Hebein gesagt hat. Es wird auch eine Obergrenze von 1.500 EUR diskutiert. Jetzt meine Frage: Es ist auf der einen Seite sehr tragisch, wenn eine ganze Familie in der Mindestsicherung ist, auf der anderen Seite auch ein bisschen hinterfragenswert, weil dass jemand in die Mindestsicherung kommt, ist tragisch genug, aber gleich beide Ehepartner – okay, ich würde sagen, hinterfragenswert. Der Herr Sozialminister sagt oder die ÖVP, das weiß ich jetzt nicht, es sind ungefähr 60.000 Mindestsicherungsbezieher von dieser Obergrenze betroffen. Wie viele sind das in Wien, und wie stehen Sie grundsätzlich zu diesen 1.500? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Ich glaube, ich habe das an sich in der vorigen Anfrage beantwortet. Wie viele das in Wien sind, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, weil ich auf Verhandlungen warte, die wir führen und nicht auf Grund von Zeitungsartikeln Zahlen auswerten. Ich denke, dass man einfach ganz genau hinschauen muss, wen das betreffen würde, und ich glaube, dass es insbesondere auch AlleinerzieherInnen mit mehreren Kindern treffen würde. Wir wissen, dass AlleinerzieherInnen mit mehreren Kindern am meisten armutsgefährdet in ganz Österreich und auch Wien sind, und ich halte die für eine Zielgruppe, wo ich mir nicht vorstellen kann, sie hier schlechterzustellen, weil es da insbesondere ja um die Zukunft der Kinder geht. Ich habe es mehrmals schon gesagt, ich sage es gerne auch noch einmal, dass man sich anschauen kann, was von Geldleistungen sinnvollerweise in Sachleistungen umgewandelt werden kann. Aber da handelt es sich aus meiner Sicht nicht um Gutscheine, die man hergibt, sondern wenn wir uns dazu entschließen, dass es flächendeckend in Österreich Ganztagsschulen gibt, wo die Kinder zu Mittag ein Mittagessen kriegen, dann ist natürlich der Bedarf, der zu Hause für all das notwendig ist, ein geringerer. Und da kann ich mir dann durchaus vorstellen, dass, wenn es diese Sachleistung gibt, es weniger Geldleistung gibt. Was mir wichtig erscheint, ist, dass wir uns diese Frage Geldleistungen und Sachleistungen eben generell anschauen und, und das habe ich gestern schon bei der Beantwortung der Frage der Frau Abg. Korosec gesagt, wir als Land, heute sind wir Landespolitiker, aber gestern waren wir Gemeindepolitiker und in der Verantwortung muss klar sein, dass, wenn man irgendwelche Deckel einführt, die Frage jener Menschen, die auf Grund dessen trotzdem nicht das Auslangen finden, in der Zuständigkeit der Gemeinde ist. Das heißt, es geht dann nicht weg, sondern das ist dann weiterhin unsere Verantwortung. Da können sie im Bund alles Mögliche beschließen, bei uns geht die Verantwortung nicht weg. Und einen Punkt lassen Sie mich auch noch sagen, weil Sie von den Asylwerbern gesprochen haben, da, glaube ich, braucht es ganz große Anstrengungen. Da braucht es ganz große Anstrengungen, dass die nicht oder nur möglichst kurz in der Mindestsicherung sind. Das geht aber wiederum auch nicht mit Hoffen, dass es so ist, sondern dazu brauchen wir - und ich habe gestern den Beschluss, und jetzt werden sich manche vielleicht wundern, der CDU am Parteitag gelesen, der ganz viele solcher notwendigen Maßnahmen hier definiert, und der ist, glaube ich, einstimmig oder mit 99 Prozent beschlossen worden, nämlich vom ersten Moment an Sprachförderung, Qualifikationsschecks. Das steht auch, glaube ich, wörtlich drinnen: „Wir müssen die jetzt sofort ausbilden, damit sie dann für Deutschland“ - ich zitiere aus diesem Beschluss – „und für die Entwicklung Deutschlands auch einen wichtigen Beitrag leisten können.“ Und das geht mir ein bissel in der österreichischen Debatte ab. Ich bin dafür, dass wir von denen fordern, die hier in Österreich sind. Das ist unser gutes Recht. Aber wir müssen ihnen auch die Rahmenbedingungen schaffen, wo sie das, was wir von ihnen fordern, auch bringen können. Daher muss das Ziel sein, möglichst wenige in die Mindestsicherung, möglichst schnell wieder raus. Das geht aber nicht, indem man sagt, wir machen mehr Sanktionen, weil dann sind die draußen, sondern, wie sorgen wir dafür, dass die die Qualifikationen bekommen, damit sie am Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Daher müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen und dann können wir auch ganz stark und ganz streng von diesen Menschen fordern, dass sie diese Angebote, diese Kurse, diese Ausbildungen machen. Das muss immer ein Geben und ein Nehmen sein. Die Angebote müssen aber geschaffen werden, und da empfehle ich allen, insbesonders auch der ÖVP, den Leitantrag, der am CDU-Parteitag beschlossen wurde. Wenn wir das in Österreich machen, sind wir einen großen Schritt weiter! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Wir kommen daher zur 4. Anfrage (FSP - 03508-2015/0001 - KSP/LM). Sie wurde von Herrn Abg. Christian Hursky gestellt und ist an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Umwelt, Wiener Stadtwerke gerichtet. (Sehr geehrte Frau Stadträtin! Derzeit befindet sich der Entwurf zu einem neuen Wiener Wettengesetz in Brüssel zur Notifizierung. Was werden die Neuerungen in diesem Gesetz sein und welche Verbesserungen sind für die Wiener Bevölkerung zu erwarten?) Bitte, Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Frage beschäftigt sich mit dem neuen Wiener Wettengesetz, das derzeit in Brüssel zur Notifizierung ist. Bisher oder genauer gesagt, bis vor dem Sommer war es ja so, dass wir ein Wettgesetz hatten, das mit wenigen Änderungen aus dem Jahr 1919 stammt. Wir haben dann festgestellt, dass nach dem Verbot des Kleinen Glücksspiels, das ja mit 1. Jänner des heurigen Jahres in Kraft getreten ist, sehr viele illegale Wettlokale in dieser Stadt quasi wie Schwammerl aus dem Boden geschossen sind und haben uns daher dazu entschlossen, sehr schnell dann auch darauf zu reagieren. Wir haben am 8. Juli hier einen Initiativantrag eingebracht und den dann auch beschlossen, der den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt ermöglicht hat, bei solchen illegalen Wettlokalen sehr schnell einzugreifen, nämlich einerseits mit der Möglichkeit einer sofortige Betriebsschließung und andererseits damit, dass der Strafrahmen auf 22.000 EUR Maximalstrafe erhöht worden ist. Diese Änderungen waren notwendig, um da auch wirklich sofort tätig werden zu können. Seither führen wir ungefähr alle drei Wochen Schwerpunktkontrollaktionen koordiniert vom Büro für Sofortmaßnahmen gemeinsam mit der Landespolizeidirektion und der Finanzpolizei durch, die wirklich sehr, sehr erfolgreich sind und auch eine sehr gute Kooperation jetzt zwischen Bundes- und Landesbehörden mit sich gebracht haben, was mich persönlich natürlich sehr freut. Ja, das geltende Gesetz weist aber noch andere Mängel auf, und aus dem Grund haben wir uns dazu entschlossen, eine sehr umfangreiche Novelle ist es eigentlich gar nicht mehr, sondern ein komplett neues Gesetzes hier auf die Beine zu stellen. Sie kennen es vermutlich. Es war ja schon in Begutachtung und ist derzeit zur Notifizierung in Brüssel. Dieses sehr, sehr umfangreiche Gesetz ist jetzt auch insofern sehr modernisiert, dass es auf viele sehr wichtige Aspekte eingeht, vor allem auf zwei Schwerpunkbereiche. Der erste ist ein umfassender Spielerschutz, der zweite ist ein sehr strenger Jugendschutz. Also es ist jetzt auch ganz klar drinnen geregelt, dass der Abschluss von Wetten nur für Personen ab 18 Jahren möglich ist. Es gibt ein Zutrittsverbot für unter-18-jährige Personen zu den Räumen, wo Wettterminals sind oder zu Wettbüros überhaupt. Es gibt künftig die Möglichkeit, dass sich Spielsüchtige selbst sperren können. Und es gibt klar definierte, festgelegte Betriebszeiten. Auch die Betreiber müssen künftig einige Voraussetzungen erfüllen, um überhaupt ins Wettgeschäft einsteigen zu können. Es müssen natürlich detaillierte und umfangreiche Unterlagen vorliegen, bevor sie eine Genehmigung erhalten. Dazu gehört zum Beispiel ein Bonitätsnachweis, eine Strafregisterbescheinigung, das Vorlegen von einem detaillierten Wettreglement, also die Bestimmungen über die Teilnahme an Wetten, welche in diesem Lokal eben auch ausgehängt sein müssen, ein Konzept zur Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit Spiel- und Wettsucht und eine Zusammenarbeit mit fachlich qualifizierten Spielerschutzeinrichtungen. Es muss auch ein Konzept über die Schulung der Mitarbeiter betreffend Jugendschutzmaßnahmen geben und ein Konzept für ein Warnsystem mit abgestuften Wettschutzmaßnahmen, um eben zu versuchen, Spielsucht oder in diesem Zusammenhang vermutlich Wettsucht auch tatsächlich hintanzuhalten. Zusätzlich ist eine Standortbewilligung für jede Betriebsstätte erforderlich. Diese Bewilligung wird maximal für zehn Jahre erteilt, kann aber auch auf einen kürzeren Zeitraum ausgestellt werden. Und, und dieser Punkt war mir besonders wichtig, die Behörde hat künftig auch die Möglichkeit, zur Sicherung des öffentlichen Interesses, insbesondere was die Punkte Jugendschutz oder Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit betrifft, künftig auch Bewilligungen zu versagen. Das ist ein neuer Punkt, das war bisher nicht möglich. Es soll auch vor Ort immer eine Person anwesend sein, die sozusagen eine verantwortliche Person ist, die dann auch die Einhaltung des Jugendschutzes und der Spielerschutzbestimmungen zu gewährleisten hat. Ja, auch die Behörde hat in dem neuen Gesetz und den gesetzlichen Bestimmungen natürlich Möglichkeiten bekommen. Sie kann wie bisher, also das war wie bisher auch schon möglich, jederzeit unangekündigte Kontrollen vornehmen und in die Duplikate der Wettscheine Einsicht nehmen. Auch die Änderung, die wir schon im Juli vorgenommen haben, findet sich natürlich auch im neuen Gesetz, und es wird weiterhin die Möglichkeit einer sofortigen Betriebsschließung bei gleichzeitiger Beschlagnahmung der Wettterminals geben. Das ist vor allem natürlich für die Lokale gedacht, die illegal sind, das heißt, über keine landesrechtliche Genehmigung verfügen, weil es sich da gezeigt hat, dass das natürlich der effektivste Weg ist, den Laden dicht zu machen, die Wettterminals mitzunehmen und damit jegliche Grundlage für einen zukünftigen weiteren Betrieb oder weiteren illegalen Betrieb zu entziehen. Was auch noch neu ist, ist, dass es im Gesetz - und das ist auch ein wichtiger Punkt - auch Betriebsstätten betrifft, die nicht nur reine Wettbüros sind, sondern wo auch Wettterminals stehen, zum Beispiel, sage ich jetzt, in einem Gastgewerbetrieb oder in einer Tankstelle. Das heißt, die Behörde hat die Möglichkeit, natürlich nach Abwägung aller Gründe, und so weiter, die gesamte Betriebsstätte zu schließen, wenn illegale Wettterminals dort stehen. Das ist deswegen wichtig, weil es bisher eigentlich nur die Möglichkeit gab, dass man das dann quasi nur teilweise absperrt, was natürlich, wenn das ein Raum ist, ehrlich gesagt, ein bissel witzlos beim Hintanhalten ist und keine sehr effektive Maßnahme. Das ist jetzt eine Maßnahme, die dann auch schmerzt und weh tut, aber die, glaube ich, den Effekt haben wird, dass es in solchen Betriebsstätten keine illegalen Wettterminals mehr geben wird, weil man dann damit rechnen muss, dass die komplette Betriebsstätte gesperrt wird. Also ich erwarte mir dann von dem Gesetz durchaus auch viel präventive Wirkungen. Ja, und bei den Verstößen gegen das neue Gesetz können die für die Betriebsschließungen und Beschlagnahmungen anfallenden Kosten auch dem jeweiligen Unternehmer vorgeschrieben werden. Ein weiterer sehr, sehr wichtiger Punkt, von dem ich persönlich mir wirklich sehr, sehr viel erhoffe, ist, dass die Bewilligung auch erlöschen kann, wenn man zwei rechtskräftige Strafen wegen Übertretung des neuen Landesgesetzes hat. Also rechtskräftig heißt, das muss dann von allen Instanzen, weil meistens gibt es eine Berufung, das heißt, auch von einem Landesverwaltungsgericht bestätigt worden sein, aber trotzdem, und zwar bei zwei Punkten, einerseits wenn man gegen den Jugendschutz verstößt, und das halte ich für eine sehr wichtige auch gesetzliche Botschaft in Richtung der Betreiber, wenn wir dort zwei Mal jemanden antreffen, der unter 18 ist und dort spielt, dann heißt das, dass die Bewilligung entzogen wird. Genauso gilt das übrigens auch, wenn dort illegales Glücksspiel betrieben wird, denn was wir bei den Kontrollen in den letzten Monaten gesehen haben, ist, dass es kaum ein illegales Wettunternehmen gibt, wo nicht auch illegales Glücksspiel ist. Aus dem Grund haben wir uns da zu einer sehr, sehr strengen Regelung durchgerungen. Ich glaube, dass das wirklich ein guter Punkt ist und auch eine sehr, sehr klare Botschaft in Richtung der Betreiber, dass man das hier nicht mehr tolerieren wird und dann wirklich sehr schnell Nägel mit Köpfen machen kann. Zusätzlich wurden natürlich auch Maßnahmen zur Geldwäschevorbeugung und zur Terrorismusbekämpfung eingeführt und Wetten während eines laufenden Sportereignisses, die sogenannten Live-Wetten, insofern eingeschränkt, dass man nur mehr auf Zwischen- und Endergebnisse wetten kann. Das heißt, die Bereiche, die sehr, sehr betrugsanfällig waren, und dazu gibt es schon europäische Initiativen und auch von Bundesseite, also ich sage jetzt irgendwas, Gelbe Karte in der so und so vielten Minute, Eckball, Einwurf, also alles, was man relativ sehr leicht, sage ich jetzt einmal, manipulieren kann, das haben wir ausgeschlossen. Das ist auch ein Trend, den es bereits in anderen österreichischen Bundesländern gibt. Ich glaube, dass das eine sehr sinnvolle Maßnahme ist. Sportwetten werden ja sehr häufig über Wettterminals abgeschlossen. Jetzt haben wir dann noch eine Differenzierung in dem Gesetz vorgenommen zwischen einem Wettterminal, der in einem Wettbüro steht, dort gibt es keine besondere Behandlung, und einem Wettterminal, der jetzt sozusagen für sich alleine oder vielleicht mit zwei oder drei anderen Wettterminals auf einer Tankstelle oder in einem Lokal steht oder sonst irgendwo, wo es halt keine verantwortliche Person gibt, die das wirklich beaufsichtigen kann. Die bekommen insofern eine Sonderbehandlung, dass der Spielereinsatz dort auf 50 EUR beschränkt ist und auf vielfachen Wunsch der Suchtpräventionsstellen tatsächlich auch nur mit Bargeld zu bedienen ist und keine Wertkarten oder Bankomatkarten oder Kreditkarten möglich sind, weil die Erfahrung der Suchtpräventionsleute sagt uns, dass da die Hemmung, viel Geld mit Plastikgeld zu verspielen, offensichtlich eine geringere ist, als wenn man hier wirklich immer Münzen und Noten eingeben muss. Es dürfen natürlich künftig auch nur Wetten auf in Zukunft liegende sportliche Ereignisse durchgeführt werden. Das mag jetzt banal und logisch klingen. Tatsache ist, dass es aber Vorfälle gegeben hat, wo aufgezeichnete Sportereignisse, irgendwelche Pferde- oder Hunderennen, gezeigt worden sind. Das ist dann natürlich keine Wette. In meinen Augen ist das Betrug, aber okay, wie auch immer das die Juristen dann definieren wollen. Das wäre jetzt einmal so ein erster Überblick über die, wie ich glaube, sehr, sehr vielen sinnvollen Maßnahmen, die wir vor haben. Wie gesagt, das Gesetz ist zur Zeit zur Notifizierung in Brüssel. Ich bin guter Hoffnung, dass wir das dann im Jänner, spätestens Februar - also man weiß ja nicht, wie lange das dauert, aber ich hoffe, dass die Drei- Monats-Frist eingehalten wird - dann zurückbekommen und werden das dann dem Landtag natürlich zur Beschlussfassung vorlegen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dr. Ulm. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Missverständnis. Präsident Prof. Harry Kopietz: Gerne. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Ellensohn. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Frau Landesrätin! Sie haben jetzt auch das Automatenglücksspiel zwischendurch angesprochen. Da sind wir beide froh, dass wir das mit Beginn des Jahres für Wien in der Form, in der es existiert, beenden konnten. Die Sportwetten sind das nächste große Thema. Sie haben jetzt auch dezidiert bereits vorgenommene Maßnahmen und gesetzliche Änderungen angesprochen, die wir schon haben, wo wir jetzt nicht mehr auf Brüssel warten. Was ist denn im Zusammenhang mit den bereits bestehenden Gesetzen und den Änderungen, die wir heuer schon vorgenommen haben, auch tatsächlich passiert? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Also es gibt zwei Bereiche, einerseits was jetzt das Kleine Glücksspiel betrifft. Da sind wir als Land Wien ja nicht mehr zuständig. Das ist mit 1. Jänner in die Zuständigkeit des Bundes übergegangen. Aber wir haben uns natürlich sehr bemüht, die zuständige Finanzpolizei hier wirklich mit allen Kräften zu unterstützen, da es ja in unserem gemeinsamen Interesse ist, das illegale Kleine Glücksspiel in der Stadt zu bekämpfen. Ich weiß, dass es hier sehr, sehr viele Einsätze gegeben hat, auch viele Beschlagnahmungen von hunderten Geräten. Aber mittlerweile ist es so, dass die Finanzpolizei sagt, dass sie da wirklich auf einem sehr, sehr guten Weg ist und nur mehr sehr wenige Geräte findet. Was wir noch gemacht haben, sind die Schwerpunktaktionen, die ich vorher schon erwähnt habe, wo eben als Sofortmaßnahme die MA 36, die Landespolizeidirektion und die Finanzpolizei gemeinsam zur Kontrolle von Wettbüros unterwegs waren, Schwerpunkt natürlich die illegalen Wettbüros ohne landesrechtliche Genehmigung. Ich kann eigentlich sagen, wir haben in, ich schätze jetzt einmal, 90 Prozent der Fälle dort immer illegales Glücksspiel angetroffen. 72 Lokale haben wir jetzt insgesamt überprüft, dabei 6 Betriebsschließungen vorgenommen, 244 Wettterminals beschlagnahmt, 36 Flachbildschirme beschlagnahmt und 32.000 EUR an Bargeld. In diesem Bereich haben wir ungefähr 36 Glücksspielautomaten gefunden. Da sind jetzt aber die anderen von der Finanzpolizei noch nicht mit hineingerechnet. Das heißt, ich finde, es waren sehr erfolgreiche Aktionen, die auch dazu geführt haben, dass natürlich andere Lokale dann geschlossen haben. Das haben wir dann schon mitbekommen, dass das natürlich einen Effekt, sage ich einmal, auf die Szene gehabt hat, wenn Sie so wollen. Und wir werden das auch weiterhin fortsetzen, weil es, glaube ich, sehr wichtig ist, da ein klares Signal der Stadt auszusenden, dass wir illegales Glücksspiel, aber auch vor allem illegale Wettlokale hier in dieser Stadt nicht dulden und dagegen auch sehr strikt vorgehen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die letzte Zusatzfrage stellt der Abg. Mag. Jung. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Mag. Wolfgang Jung (FPÖ): Danke, Frau Landesrätin, für die umfangreiche Beantwortung, die vieles schon vorweggenommen hat. Das Kleine Glücksspiel, das von Ihnen ja auch jetzt angesprochen wurde und das man doch einigermaßen in den Griff bekommt, glaube ich, war und ist teilweise natürlich auch ein großes Problem. Aber man merkt schon sehr stark die Einschränkungen und ein Reduzieren dieser Schmuddellokale. Das ist, Gott sei Dank, ein Erfolg. Es ist ja auch einer der wenigen Bereiche, wo sich der Landtag hier wirklich ziemlich einig ist und wo ich sogar mit dem Kollegen Ellensohn manchmal die gleiche Auffassung vertrete. Die Fortsetzung ist, wenn sie so angenommen wird, vielversprechend. Es bleibt hier derzeit wirklich noch die Frage dieser Wettautomaten. Da geht meine Frage dahin, ich weiß nicht, ob man das so genau beantworten kann, ich habe meine Frage nicht eingereicht wie vorher der Kollege Ellensohn: Wie viele dieser Wettautomatenlokale in etwa gibt es derzeit in Wien? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Also ich darf Sie beruhigen, der Herr Kollege Ellensohn reicht bei mir keine Frage ein, vielleicht bei Ihnen, ich weiß es nicht. Aber er traut mir offensichtlich zu, dass ich nach elf Jahren Stadträtin in der Lage bin, manche Dinge einfach so zu beantworten. Ich kann Ihnen natürlich nur sagen, wie viele legal genehmigte Wettlokale es gibt. Da haben wir rund 600 Standorte. Da sind aber die Lotterien, also sprich, die Tabak-Trafiken, jetzt nicht dabei, weil das viele bei der Beurteilung vergessen. Das war auch beim Gesetz, ehrlich gesagt, für uns eine große Schwierigkeit, dass eine Tabak-Trafik auch ein Wettlokal im weitesten Sinn ist. Es hat natürlich nicht die sozialen Probleme, die wir bei den klassischen Wettlokalen haben, weil man dort selten länger verweilt. Man geht halt hinein und gibt jetzt seinen Lottoschein oder seinen Tipp 3 oder was auch immer ab, und dann geht man wieder nach Hause. Also insofern war es für uns ein bissel schwierig bei der Gesetzeseinstellung, weil du ja nicht zwischen den verschiedenen Typen von Wettlokalen differenzieren darfst, weil das sonst eine Ungleichbehandlung ist und das dann auch gute Aussichten hätte, von einem Gericht aufgehoben zu werden. Also haben wir uns bemüht, praktikable Regelungen zu finden, die passen. Vielleicht noch etwas, was ich jetzt auch schon wahrgenommen habe und was mich sehr freut, dass in vielen Bezirken, zum Beispiel im 16. Bezirk, aber auch im 5. Bezirk jetzt dort, wo früher diese Kabäuschen für das Kleine Glücksspiel waren, die jetzt doch ein dreiviertel Jahr leer gestanden sind, jetzt erste neue Lokale eingezogen sind. Das führt schon zu einer schönen Belebung der Einkaufsstraßen mit neuen Lokalen, wo man essen kann oder wo es eben so Kleingewerbe gibt. Das, finde ich, ist eine Entwicklung, die mich sehr freut, und ich hoffe, dass wir das auch bei den Wettlokalen schaffen, weil es jetzt so ist, dass eben die illegalen Wettlokale immer noch geschlossen sind, teilweise amtlich versiegelt sind. Da pickt vorne noch das Pickerl drauf und die stehen jetzt seit so und so vielen Monaten leer, also seit Juli. Ich hoffe, dass es da auch noch zu diesen Entwicklungsschritten kommt, dass da eben der Betreiber einsieht, dass es da keine Genehmigung mehr zu holen gibt. Es ist auch dieser eine Passus wichtig, den ich vorher erwähnt habe, dass die Behörde künftig die Möglichkeit hat, auch die Genehmigung zu versagen, wenn es im öffentlichen Interesse ist. Da stelle ich mir schon vor, dass man da in einer Einkaufsstraße, wo es dann in unmittelbarer Umgebung schon x Lokale gibt, vielleicht nicht noch eines genehmigen wird müssen. Also wir haben wirklich versucht, dieses Gesetz so zu schreiben, dass es uns viele Möglichkeiten einräumt, nicht nur auch streng durchzugreifen, sondern das in Zukunft auch ein bissel stärker gestalten zu können. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Wir kommen zur 5. Anfrage (FSP - 03511-2015/0001 - KVP/LM), die von Herrn Abg. Dr. Ulm gestellt wird und an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Frauen, Bildung, Integration, Jugend und Personal gerichtet ist. (Werden Sie sich für die Reform der Wiener Stadtverfassung dahingehend einsetzen, dass die Bezirksvorsteher bzw. Bezirksvorsteherinnen künftig von der Bevölkerung direkt gewählt werden können?) Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Guten Morgen, sehr geehrter Herr Abgeordneter! Meine Antwort wird Sie jetzt nicht unglaublich überraschen. Es ist so, dass ja nach dem § 61b Abs. 1 der Wiener Stadtverfassung es so vorgesehen ist, dass eben die Bezirksvorsteherin beziehungsweise der Bezirksvorsteher auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei von der Bezirksvertretung gewählt wird. Die Einführung der Direktwahl einer Bezirksvorsteherin oder eines Bezirksvorstehers bedürfte daher eben einer Änderung der Stadtverfassung. Sie fragen mich danach, ob ich da dafür bin oder nicht. Ich sage Ihnen, einer Änderung der Stadtverfassung geht üblicherweise zuerst einmal eine Verhandlung auf Ebene der Klubs voraus, wo man in den einzelnen Fraktionen schaut, wie sind denn da die Positionen, wer will das, und dann einigt man sich, und dann ändert man die Stadtverfassung. Ich denke mir, im Zuge von Gesprächen, die ja auf Klubebene laufend zu Stadtverfassungsthemen auch stattfinden, wäre das natürlich auch ein Thema für eine Änderung des Wahlmodus bezüglich der BezirksvorsteherIn. Aber dem kann ich nicht vorgreifen. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Dr. Kickert. Bitte. Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Danke. Guten Morgen, Frau Landesrätin! Es ist ja bei so einer Frage nach der Wahl, Direktwahl, von Organen nicht nur die Form der Wahl ausschlaggebend, sondern auch die Frage der Kompetenzen und das eine hängt aus meiner Sicht mit dem anderen durchaus zusammen. Wir haben ja im Regierungsübereinkommen einen Runden Tisch zur Demokratiereform vereinbart. Da würde die Diskussion über allfällige Änderungen der Stadtverfassung nicht nur interfraktionell stattfinden, sondern wäre darüber hinaus so ein Thema für Sie auch ein mögliches Thema für einen dieser Runden Tische. Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Nun, wir haben uns ja auch im Zuge der Regierungsverhandlungen sehr intensiv damit auseinandergesetzt, wie wollen wir Demokratie organisieren, wie wollen wir auch neuen Herausforderungen begegnen, wenn wir wissen, wir haben diese wachsende Stadt. Es kommen große Aufgaben auf die Bezirke zu. Wie können die Bezirke auch ihre Aufgaben gut lösen? Wir haben, denke ich mir, da zwei Möglichkeiten: Ich glaube, dass es auf der einen Seite eine gute Idee ist, das im Rahmen der Runden Tische zur Demokratie zu diskutieren, wo wir eben auch Zivilgesellschaft und Bürgerinnen und Bürger einbinden können. Es ist aber natürlich auch eine Möglichkeit, wir machen wie vereinbart eine Arbeitsgruppe, wo wir uns anschauen, wie soll denn die Mitbestimmung, Partizipation auf der Bezirksebene in Zukunft gestaltet werden. Und mittlerweile dann natürlich die ganz neuen Entwicklungen der Partizipation, wir haben heute auch noch das Wahlrecht, das ja auch damit zusammenhängt. Ich denk mir, in beiden dieser Runden kann man das diskutieren. Letztendlich aber eben in Richtung der Fragestellung selbst, denke ich mir, das muss passieren, bevor es hier in der Stadtverfassung zu einer Änderung kommt. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abg. Mag. Kowarik. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Ich darf nur zurückkommend auf die bisher gesagten Sachen anmerken, wir hätten versucht, einen entsprechenden Ausschuss schon bei der ersten Sitzung des Gemeinderates zu implementieren. Dazu kam es leider nicht. Das wäre vielleicht klug gewesen. Nichtsdestotrotz bin ich schon sehr neugierig auf diese Arbeitsgruppe, die es dann womöglich geben wird, schauen wir einmal. Meine Frage bezieht sich auf die Zuständigkeiten, jetzt auch im Hinblick auf die Beantwortung dieser Anfrage. Gestern haben wir mit dem Kollegen Ulm diskutiert beziehungsweise auch mit dem Herrn Korn gesprochen, ich hab es nicht ganz lösen können, wo jetzt nämlich die Legistik in der Geschäftseinteilung, wenn man so will, ressortiert, nämlich die Legistik, was zum Beispiel Verfassungsgesetze in der Wiener Stadtverfassung, Gemeindewahlordnung und vergleichbare Gesetze betrifft. Wir verhandeln oder wir haben es verhandelt, die Gesetzesvorlage, die wir heute auch besprechen werden eben im Ausschuss Mailath-Pokorny. Der Kollege hat jetzt diese Anfrage an Sie gestellt. Grundsätzlich ist es meiner Meinung nach auf alle Fälle richtig, wenn man den amtsführenden Stadtrat oder eine Landesrätin dazu befragt, weil es ja auf Landesebene nur ein Kollegialorgan Landesregierung gibt und keine einzelnen Zuständigkeiten oder keine einzelnen Aufgabenzuordnungen. Es gibt wohl interne Vertretungsregelungen. Und hier würde mich interessieren, ich bin aus der Geschäftseinteilung des Magistrates nicht schlau geworden, vielleicht hab ich was übersehen: Wer ist jetzt für die Legistik zuständig, für Verfassungsgesetze der Wiener Stadtverfassung? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: In der neuen Geschäftseinteilung nach der Regierungsbildung ist es so, dass zwei Rechtsabteilungen, wenn ich das mal so formulieren darf, nämlich die MA 26 und die MA 62 in die Verantwortung des StR Mailath-Pokorny gewandert sind. Es ist aber so, dass wir uns mit der Magistratsdirektion beraten haben, und alles, was an Rechtsangelegenheiten und Personalangelegenheiten im Laufe einer Legislaturperiode zu erledigen, zu bearbeiten ist, hat so eine traditionelle Ansiedlung an der Geschäftsgruppe, wo das Personal zu Hause ist, und diese Verantwortung bleibt auch so. Das heißt, für diese Punkte wie zum Beispiel Stadtverfassung bin ich weiterhin verantwortlich, so wie in den letzten neun Jahren. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die nächste Zusatzfrage stellt der Herr Abg. Wiederkehr. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Christoph Wiederkehr, BA (NEOS): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Ich freue mich zu hören, dass es den Willen gibt, im Bereich direkter Demokratie mehr zu machen. Ich glaube, da gibt es viele Instrumente, die man in Wien einführen könnte, und ich finde auch die Form einer Arbeitsgruppe oder eine Einbindung auch von den Oppositionsparteien wäre hier sehr wichtig in dieser Frage, weil wir da auch sehr viel zu sagen hätten. Ein Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, ist die Frage der Volksbegehren. Es gab ja in Wien bisher ein einziges Volksbegehren, von uns initiiert, weil die Hürden so hoch sind, höher als auf Bundesebene. Wie sehen Sie diese Sachen und könnte man andenken, hier die Hürden zu senken, damit es auch für Bürger möglich wird, ein Volksbegehren zu initiieren? Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin! Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Nun, grundsätzlich, ich hab es eigentlich vorher schon beantwortet, ist es so, dass wir die wachsenden Herausforderungen an die Demokratie, an die Partizipation insofern bewältigen wollen, dass wir eine Arbeitsgruppe einsetzen, die, und ich hab vorhin das Grinsen von der Opposition wahrgenommen, Mitte 2017 auch ganz konkrete Vorschläge bringen soll. Dort kann das Thema natürlich auch diskutiert werden. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die nächste und letzte Frage stellt Herr Abg. Dr. Ulm. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Es freut mich natürlich sehr zu hören, dass ein Runder Tisch geplant ist, dass eine Arbeitsgruppe geplant ist, dass es sogar schon Ergebnisse bis 2017 geben soll und dass es dabei um Angelegenheiten der Stadtverfassung und des Wahlrechts gehen soll. Die Botschaft hör ich wohl, allein, mir fehlt ein bisschen der Glaube, denn heute beschließen wir eine grundlegende Veränderung des Wahlrechts, und die Opposition war nicht eingebunden. Es gab keine Gespräche auf Klubebene oder auf Fraktionsebene! Aber lassen Sie mich die Gelegenheit beim Schopf packen und lassen Sie mich bei dem, was der Kollege Kowarik Sie gefragt hat, nachstoßen. Ich hab in der Geschäftseinteilung für den Magistrat gefunden, dass der Verfassungsdienst nach wie vor zur Magistratsdirektion ressortiert und damit zu Ihnen, sehr geehrte Frau Stadträtin. Die MA 62 ist bei Mailath-Pokorny, das sind rechtliche Angelegenheiten und genannt sind explizit als Beispiele das Landes-Sicherheitsgesetz und das Prostitutionsgesetz, etwas, was bisher zu Ihnen ressortiert hat. Wäre es möglich, dass man uns von Seiten der Verwaltung eine Interpretation oder Verfeinerung der Geschäftseinteilung übermittelt, damit wir in Zukunft ganz genau wissen, welche Gesetzesmaterie jetzt zu welchem Stadtrat ressortiert? Das müsste uns, glaube ich, die Arbeit in den nächsten fünf Jahren einfach erleichtern. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Frau Stadträtin. Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Wir haben das jetzt konkretisiert, weil es waren auch für uns nach diesen neuen politischen Verantwortungszuteilungen einige Fragen offen. Ich werde den Herrn Magistratsdirektor bitten, diese Konkretisierung auch noch einmal schriftlich festzuhalten, damit wir alle miteinander wissen, wer wofür zuständig ist. Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die Fragestunde ist abgeschlossen. Wir kommen damit zur Aktuellen Stunde. Die Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „Tourismushotspot-Wien: Das Ergebnis guter Arbeit.“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte den Erstredner, Herrn Abg. Strobl, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass die Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Friedrich Strobl (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Tourismus-Hotspot-Wien: Das Ergebnis guter Arbeit.“ ist der heutige Titel der Aktuellen Stunde und ich sage ganz ehrlich, ich freue mich sehr, dass wir dieses Thema heute hier ausgewählt haben, und ich denke, es wird auch den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen ähnlich gehen. Denn es ist ein Thema, wo wir uns, glaube ich, einig sind, dass es wirklich ein Ergebnis guter Arbeit ist, dass die Tourismusstadt Wien so dasteht, wie sie eben dasteht. Der Tourismusstandort Wien und die Aktivitäten der Wiener Tourismuskommission sind ganz einfach eine Erfolgsgeschichte. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde es fast bedauerlich, dass wir alle gemeinsam nicht mehr Zeit zur Verfügung haben, denn dann könnten wir dieses Marketingkonzept 2016 vielleicht im Detail durchgehen. Es ist wirklich ein hervorragendes Konzept, wo man sehr schön auch erkennen kann, dass eben die erfolgreiche Arbeit dementsprechend fortgesetzt wird. Lassen Sie mich zu Beginn vielleicht ein paar Zahlen, Daten und Fakten erklären. Der Tourismus ist eine Erfolgsgeschichte in Wien. Wir blicken trotz wirklich schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, nicht nur in Wien, sondern, wie wir alle wissen, natürlich europaweit und weltweit, auf Rekordjahre in Folge zurück. Beginnend, glaube ich, ab dem Jahr 2000 eilt der Wien-Tourismus von einem Rekord zum nächsten. Ein paar Kennzahlen: Die Zahl der Gästenächtigungen hat sich beispielsweise um ein Drittel erhöht und hat 2014 - die aktuellen Zahlen für 2015 können wir naturgemäß noch nicht komplett vorlegen - erstmals die 13-Millionen-Marke überschritten. Das heurige Wachstum lag bis Oktober bei ungefähr 7 Prozent und liegt damit auch dieses Jahr wieder im europäischen Spitzenfeld. Ein bisschen am Rande bemerkt, gäbe es ein Unternehmen aus dem Wirtschaftsbereich, das laufend solche Zahlen präsentiert, dann wäre das eine Erfolgsgeschichte, die wahrscheinlich wöchentlich irgendwo in den Medien, und zwar nicht nur in der eigenen Stadt, sondern europaweit oder weltweit abgefeiert werden würde. Besonders, wenn man sich den österreichischen Vergleich ansieht, kann sich Wien sehen lassen, während nämlich seit 2005 die Nächtigungen in Österreich um etwa 10 Prozent zugelegt haben, sind sie in Wien um zirka 60 Prozent gestiegen. Ich glaube, auch nicht unwichtig, beispielsweise für die Unternehmen im Bereich der Tourismuswirtschaft, sind die Kennzahlen der Nächtigungsumsätze, also nicht nur der Nächtigungen, sondern auch der Nächtigungsumsätze. Auch hier geht die Kurve wirklich ständig nach oben. So hatten wir zum Beispiel 2010 in etwa 450 Millionen Nächtigungsumsatz und liegen Ende des Jahres 2015 wahrscheinlich bei zirka 700 Millionen EUR. Natürlich schlägt sich das auch bei anderen Kennzahlen nieder, nämlich zum Beispiel bei den Arbeitsplätzen. Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft sichert in Wien mehr als 85.000 Arbeitsplätze. Das sind immerhin knapp 15 Prozent aller Arbeitsplätze in der gewerblichen Wirtschaft. Und, ich glaube, auch sehr bemerkenswert und sehr erfreulich ist, jede Million Euro, die von den Gästen während ihrer Wien-Aufenthalte ausgegeben wird, schafft elf neue Vollzeitarbeitsplätze. Also, hier sieht man, diese gute Arbeit zahlt sich aus! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Wie können wir die Wertschöpfung durch den Tourismus weiter erhöhen? Hier muss man sich natürlich ständig überlegen, wie man sich noch verbessern kann, was man noch zusätzlich machen kann. Hier ist die Tourismuskommission natürlich auch sehr aktiv und hat ein hervorragendes Konzept präsentiert. Aufbauend auf dem Tourismuskonzept 2015 gibt es jetzt das Konzept „Tourismusstrategie 2020“, dessen Wachstumsformel sich auf „5 x 400 + 20 = 2020“ zusammenfassen lässt. Das bedeutet übersetzt oder dechiffriert, dass ausgehend vom Jahr 2015 bis ins Jahr 2020 5 Millionen mehr Nächtigungen erreicht werden sollen, also von zirka 12,7 Millionen Nächtigungen auf über 18 Millionen Nächtigungen, dass es um 400 Millionen EUR mehr Nächtigungsumsatz geben soll und dass aus 20 zusätzlichen Großstädten weltweit Direktflüge nach Wien angeboten werden sollen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Wien kann auf seine Erfolge und auf seine Stärken, die ich, glaube ich, an dieser Stelle nicht noch einmal ausführen und aufzählen muss, aufbauen. Wien positioniert sich in Zukunft nicht einfach als zeitlos schöne Kulisse, sondern als eine moderne pulsierende Metropole, die nicht in die sogenannte „Einmal im Leben“-Falle tappt, sondern unsere Gäste sollen ihre Reise nach Wien nicht immer wieder hinausschieben, sondern das Gefühl haben, etwas zu versäumen, wenn sie nicht herkommen, und sie sollen natürlich auch immer wieder kommen. Was bedeutet das konkret für 2016, um ein bisschen in die Zukunft zu blicken? Nachdem 2015 das Jubiläum „150 Jahre Ringstraße“ im Mittelpunkt des Wiener Marketings stand, richtet sich der Blick im kommenden Jahr vor allem auf die Verbindung des imperialen Erbes im Zusammenspiel mit dem modernen Wien. Unter dem Motto „Imperial & Co(ntemporary)“ wird bewiesen, dass sich Historisches und Zeitgenössisches nicht ausschließen. Im Gegenteil, der Verbindung von Altem und Neuem begegnet man in Wien an jeder Ecke. Hier sei das MuseumsQuartier als besonderes Beispiel hervorgehoben. Ich habe vorher schon angekündigt, es ist sehr schwierig, in der kurzen Zeit all die Vorzüge und auch die Pläne hier darzustellen. Aber lassen Sie mich vielleicht noch in ein paar Sätzen einen der 20 besonders bearbeiteten Märkte für 2016 erwähnen, nämlich die Ostküste der USA, und ganz kurz, wie so eine Bearbeitung ausschaut. Erstens geht es darum, die richtigen Zielgruppen zur richtigen Zeit anzusprechen. Zweitens müssen die Besonderheiten des jeweiligen Marktes beachtet werden. Und drittens müssen integrierte Werbeaktionen durchgeführt werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, um zum Schluss zu kommen, kann ich, glaube ich, ganz klar sagen, eine wohlüberlegte und qualitativ hochwertige Marketingstrategie, wie sie hier vorliegt, stellt sicher, dass die WienTourismus-Werbung maximale Effekte für den Standort erzielt und damit den Wirtschaftsstandort Wien weiterhin fördert und auch neue Arbeitsplätze schafft. Ganz zum Schluss möchte ich mich ganz herzlich bei unserem Tourismusdirektor Norbert Kettner und seinem Team für die wirklich hervorragende Arbeit bedanken, die sie für unsere Stadt leisten. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Bevor ich zu den weiteren Wortmeldungen komme, darf ich gemeinsam mit Ihnen den Polytechnischen Lehrgang der Schaumburgergasse recht herzlich bei uns willkommen heißen, sehr geehrte Damen und Herren! (Allgemeiner Beifall.) Wir freuen uns, dass Sie im Zuge Ihres Besuches des Wiener Rathauses auch den Landtag besuchen. Herzlich willkommen nochmals! Für die weiteren Wortmeldungen darf ich erinnern, dass die Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist und dass sich die Redner nur ein Mal zum Wort melden können. Als Erster zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Ornig. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Markus Ornig, MBA (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher auf den Rängen! Ich kann hier nur einstimmen, Herr Kettner hat einen sensationellen Job gemacht. Wien ist als Tourismusstandort an sich für Österreich enorm wichtig. Wien hat, glaube ich, auch auf Grund von kulturellen Schätzen, von Gastlichkeit, von vielen Themen, die uns Österreichern so wichtig sind, international sehr hohes Ansehen. Ich möchte aber ein bisschen auf die Wertschöpfung eingehen. Die Wertschöpfung ist gut. Da gibt es aber wahnsinnig viel Luft nach oben, wie ich finde. Da geht es auch ein bisschen um die Rahmenbedingungen, die wir für die Wirtschaft schaffen können. Wir brauchen natürlich das Rad nicht neu zu erfinden, wie Sie richtig gesagt haben, aber man kann vielleicht ein bisschen neu bereifen, um in diesen Bildern zu sprechen. Ich glaube, wenn man es sich anschaut, letzte Woche ein Bericht, es gibt ein bisschen ein Kaffeehaussterben bei den historischen Kaffeehäusern. Ich stimme da nicht zu 100 Prozent zu. Dafür gibt es andere Argumente. Die Wirte haben im Moment die Schnauze voll. Wir haben ein bisschen ein Greißlersterben. Es gilt, bei vielen Themen anzusetzen, damit Wien wirklich auf Weltstadtniveau kommt. Da braucht es, wie gesagt, bessere Rahmenbedingungen, weniger Restriktionen und weniger bürokratische Hürden, damit sich die Unternehmer und Unternehmerinnen in Wien auch international gut positionieren können. (Beifall bei den NEOS.) Ich weiß nicht, ob Sie den Globe Shopper Index kennen. Da werden Tourismusstädte anhand von 22 Kriterien bewertet. Die Basis hierfür sind 5 Oberkriterien, das heißt, Shops, Leistbarkeit, Annehmlichkeiten, Hotels, Kultur & Klima. Da belegt Wien im Moment von 33 europäischen Städten nur Platz 12. Hier wurde auch ein Hauptgrund genannt. Dieser Hauptgrund sind restriktive Ladenöffnungszeiten. Man könnte hier mit einer Öffnung oder bei einem Thema, wo man zumindest einmal darüber spricht, sehr viel bewirken, denn es gab eine Befragung, und 61 Prozent der Touristen, die in Wien sind, wünschen sich eine Ausweitung dieser Ladenöffnungszeiten. EcoAustria belegt, dass der Wirtschaft Mehreinnahmen von 44 Millionen EUR pro Jahr durch die Lappen gehen. Nach Schätzungen der Österreichischen Hoteliersvereinigung könnten wir hier über 300.000 Nächtigungen mehr haben. Ich weiß, Herr Strobl hat sich dazu schon geäußert, hat auch gesagt, wir brauchen keine Power-Shopper hier in Wien. Meiner Meinung nach können wir Power-Shopper sehr gut brauchen, weil das würde die Wirtschaft beleben. Sie wollen ja ein bisschen Geld bei uns ausgeben. (Beifall bei den NEOS.) Die Wirtschaftskammer hat bei den Unternehmerinnen und Unternehmern ebenfalls eine Befragung durchgeführt. Diese ist positiv gewesen. Hier gibt es mehrfache Ideen, was Tourismuszonen betrifft. Wir gehen so weit, ich sage, der Tourismus in Wien findet in ganz Wien statt und nicht nur im 1. Bezirk, nicht nur in Schönbrunn, nicht nur auf der Mariahilfer Straße. Deswegen wären wir für eine ganzheitliche Lösung. Ich wäre aber schon einmal mit dem 1. Bezirk zufrieden, wenn wir einmal anfangen würden, hier nächste Schritte zu machen. Die Tourismuswirtschaft braucht neue Impulse. Ich finde, wir sollten hier rasch darüber reden. Letztlich ist dieser Impuls, wie von Ihnen auch erwähnt, sehr wichtig für den Arbeitsmarkt. Ich möchte hier noch einmal die ganzjährigen Schanigärten ansprechen. Durch die Ladenöffnungszeiten, die Gastronomie und auch den Handel würden viele zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Gerade die ganzjährigen Schanigärten sind in anderen Tourismusmetropolen Usus. Dort kann man auch im November draußen sitzen und seinen Kaffee trinken, wenn das Wetter noch schön ist. Und heuer im November war es schön, das wissen wir alle. Deswegen sage ich, denken wir im Sinne der Weiterentwicklung an neue Konzepte, auch im Tourismus, schaffen wir neue Arbeitsplätze, denken wir darüber nach! Wir haben hier viele Ideen und sind auch offen für konstruktive Gespräche. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Mag. Juraczek. Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Na!) - Na, so weit sind wir noch nicht! Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Mag. Juraczek meldet sich zum Dienste. (Allgemeine Heiterkeit.) Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat ein durchaus wichtiges Thema. Ich freue mich durchaus, dass die Sozialdemokratie dieses Thema auserkoren hat. Es ist vieles auf einem guten Wege. Die steigenden Nächtigungszahlen sprechen dafür. Aber auch hier gibt es keine „Selffulfilling Prophecy“, dass das immer und ewig so bleiben muss. Wir alle wissen, dass es natürlich gerade im Bereich des Tourismus große Herausforderungen gibt, weil wir leben in einer internationalen Weltwirtschaftskrise, wo auch der Städtetourismus generell darunter leidet, wir haben eine Situation am Arbeitsmarkt, gerade in Wien, wo wir nicht nur erschütternd hohe Arbeitslosenzahlen haben, sondern wissen, dass gerade in der Gastro, aber auch in der Hotellerie sehr viele Arbeitslose zu beklagen sind, und wir müssen wirklich danach trachten, dass wir vor allem auch die vielen Vier- und Fünf-Sterne-Betten, die wir in den letzten Jahren errichtet haben, in weiterer Folge füllen können. Da gibt es, glaube ich, neben dem Marketingkonzept des WienTourismus - Marketing in allen Ehren, nicht missverstehen, die Stadt zu bewerben, ist natürlich wichtig - gerade für politische Vertreter in dieser Stadt ein bisschen mehr zu tun, als nur Wien in Hochglanzbroschüren, bei aller Wichtigkeit, von seiner schönsten Seite zu zeigen. Was ist beispielsweise für Tourismus wichtig? No na ned, die Erreichbarkeit. Da sind wir beispielsweise bei einem wichtigen Thema. Der Flughafen Wien-Schwechat muss für den internationalen Flugverkehr ein Dreh- und Angelpunkt bleiben. Wir müssen aufpassen, dass hier Flugverbindungen nicht nach Bratislava, Budapest und woanders hin abwandern, auch wenn das manche Fraktionen, die vielleicht nicht so marktorientiert sind, sogar für eine gute Idee halten würden. Ich freue mich, und ich habe das an anderer Stelle hier schon gesagt, dass man zum Thema Erreichbarkeit auf einer anderen Ebene im Koalitionsabkommen sogar schon Vorkehrungen getroffen hat, indem man endlich das Neuerrichten eines internationalen Busterminals, eines Busbahnhofes andenkt, auch wichtig im Tourismus. Ich hoffe, es bleibt nicht nur beim Lippenbekenntnis, sondern wir gehen sehr rasch daran, uns zu überlegen, wo er sein soll, wie er konzipiert sein soll und gehen sehr rasch auch in eine Realisierungsphase. Dann gibt es natürlich neben dem historisch wunderschönen Wien, das einen Gutteil der Verantwortung dafür trägt, dass Wien bei den Städtetouristen so attraktiv ist, schon auch Dinge, die wir als Politik beeinflussen können. Der Kollege Ornig hat es schon angesprochen. Natürlich hat das auch etwas mit Ladenöffnungszeiten zu tun. Das hat, wie wir das schon seit Jahr und Tag fordern, mit Tourismuszonen bei der Sonntagsöffnung zu tun. Ich war vor einiger Zeit mit meiner Familie an einem Sonntag in Mailand, dort überhaupt kein Problem, direkt neben dem Dom in einem Kaufhaus bis Mitternacht. Ich glaube nicht, dass wir das benötigen, aber im katholischen Italien kann man bis Mitternacht direkt neben dem Dom shoppen. Berlin hat eine Regelung für Sonntagsöffnung gefunden. Viele andere internationale und europäische Metropolen sind uns da längst voraus. Die Wirtschaftskammer hat sozialpartnerschaftlich der AK, aber auch der Gewerkschaft im Juni ihre Vorstellungen übermittelt, wie wir das realisieren können für den Tourismus, für den Arbeitsmarkt. Meine Damen und Herren, wir haben mittlerweile Mitte Dezember. Dass die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer nicht immer die Schnellsten sind, wurde schon gemutmaßt. Aber dass es so lange braucht, um hier überhaupt eine Reaktion zu zeigen, finde ich bedrückend, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem der Kollege Strobl diese Aktuelle Stunde eingeleitet hat, habe ich mir gedacht, es gibt ein bisschen mehr Interesse an dem Thema als seinerzeit. Entschuldigung, ich nehme alles zurück. Vielleicht kann der Kollege Strobl bei seinen Parteikollegen initiieren, dass man sich diesem Thema einmal stellt und in einen Dialog dazu geht. Ich sehe, das rote Lämpchen leuchtet schon, dabei hätte ich noch so viel zu sagen. Stärkerer Fokus auch in der Stadtentwicklung. Ich bin des Englischen schon mächtig, mit einem Augenzwinkern nenne ich es trotzdem „Greater Vienna“, in der Tourismuswerbung den ganzen Großraum in dieser Stadt zu bewerben. Aber auch Rahmenbedingungen für die Hotellerie auf Bundes- wie auf Landesebene zu diskutieren, Beispiel Airbnb. Ich bekenne mich zum Markt. Wenn es neue Geschäftsmodelle gibt, super. Aber, meine Damen und Herren, wenn man in den Wettbewerb geht, müssen gleichen Rechten auch gleiche Pflichten gegenüberstehen. Auch da haben wir, glaube ich, die Notwendigkeit seitens der Politik, darüber nachzudenken, wie man mit diesen Formen im Tourismus umgeht. (Beifall bei der ÖVP.) Das heißt, abschließend gesagt, der Tourismus funktioniert in Wien gut angesichts der wunderschönen Stadt. Wir als Politik sollten alles unternehmen, dass es noch besser wird und uns nicht nur hinter Marketingbroschüren verstecken. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Kraus. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Peter Kraus, BSc (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte KollegInnen! Meine Vorredner haben alle durch die Bank schon gesagt, und ich möchte jetzt nur ein paar Gedanken noch ergänzen, dass der Tourismus in Wien tatsächlich jedes Jahr Rekorde schreibt. Ich möchte hier noch zwei Bereiche ergänzen: Einer ist der Kongresstourismus, wo Wien wirklich jedes Jahr Spitzenränge erreicht. 17.000 Arbeitsplätze sichert alleine der Bereich Kongresstourismus in Wien. Der zweite Bereich, den ich noch erwähnen möchte, weil er einfach dieses Jahr hoch relevant war, sind auch Groß-Events in Wien. Ich rufe hier nur den Song Contest in Erinnerung, wo 1.500 JournalistInnen im Mai dieses Jahres in Wien waren, 1.270 Delegierte mittendrin und dann so hysterische Fans wie ich. All das hat zum Beispiel bewirkt, dass der Nächtigungsumsatz allein im Mai 2015 70 Millionen betragen hat. Ein zweiter Gedanke, den ich darauf aufbauend noch einbringen möchte, ist, dass Tourismus natürlich eine ganz zentrale Branche ist, die für die Zukunft Wiens ganz zentral ist. Neben IKT, neben Life Sciences ist Tourismus eine Zukunftsbranche in unserer Stadt. Das schlägt sich auch in der Wirtschaftspolitik und in der strategischen Ausrichtung nieder. Es ist schon die Tourismusstrategie 2020 mit den Zielen, 5 Millionen mehr Nächtigungen, 400 Millionen mehr an Nächtigungsumsatz, angesprochen worden. Das würde auch bedeuten, dass damit erstmals die Schallmauer von 1 Milliarde an Nächtigungsumsatz durchbrochen wird bis 2020. Diese Ziele orientieren sich an einem Leitmotiv, das sich an drei Begriffen orientiert. Der eine ist global, das heißt, dass Wien weiter den Status als kosmopolitische Metropole ausbaut. Der andere ist smart, das heißt, Nachhaltigkeit und intelligente Mobilitätslösungen zu forcieren. Und der dritte ist premium, das heißt, unabhängig vom Preis, unabhängig von der Preiskategorie, die Qualitätsführerschaft auf allen Ebenen als Ziel zu definieren. Es ist also einmal mehr eben die hohe Lebensqualität, die Qualität des öffentlichen Raums, die Qualität der Verkehrsmittel in Wien, also das Gesamtpaket unserer Stadt, dass die Attraktivität auch der Tourismusmetropole Wien ausmacht. Dieser Erfolg fällt natürlich nicht vom Himmel, das haben meine Vorredner auch schon gesagt, sondern ist das Resultat von ganz harter Arbeit. Ich rufe jetzt nur in Erinnerung, dass WienTourismus in den letzten Jahren mehrfach für die Kommunikation ausgezeichnet worden ist. Ich glaube, 2013 waren es alleine 26 internationale Auszeichnungen für die Kommunikation von WienTourismus. Ich möchte nur ein sehr erfolgreiches Beispiel herausgreifen. Das ist die LGBT-Marketingstrategie, die seit 2013 ganz neu aufgestellt wurde. Hier hat man sich mit ganz großem Erfolg in der Werbung auf eine Zielgruppe spezialisiert. Darum auch von meiner Stelle und von der Stelle der GRÜNEN stellvertretend ein ganz großer Dank an Norbert Kettner und das ganze Team von WienTourismus für die wirklich ausgezeichnete Arbeit! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Abschließend möchte ich nur eines mitnehmen, ich glaube nämlich, dass der Erfolg von Tourismus in Wien schon ein großer Appell an uns alle, sowohl an die Stadt als auch an die Politik, ist, dass wir uns Offenheit und die internationale Ausrichtung der Stadt Wien beibehalten müssen, weil das die Erfolgsgaranten sind, auf denen erfolgreicher Tourismus aufbauen kann. Ich bringe jetzt ein Zitat, das die GRÜNEN sicher kennen, weil sie hören das schon öfters, einige im Haus vielleicht auch, von Perikles. Perikles war es, der einmal gesagt hat: „Die Stadt ist groß, weil sie die Welt in sich fließen lässt.“ Rot-Grün steht für diese Offenheit. Wir werden auch in Zukunft daran arbeiten, dass wir Weltoffenheit und internationale Ausrichtung beibehalten. Wir werden daran arbeiten, dass die Welt auch weiterhin in Wien fließen kann. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Mag. Ebinger. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Mag. Gerald Ebinger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Strobl hat schon angedeutet, wir sind eigentlich alle zufrieden mit diesen Entwicklungen. Es wird da jetzt nicht so viel Negatives zu sagen geben. Lassen Sie mich eingangs zu der Wortmeldung vom Herrn Kollegen Ornig zu den Ladenöffnungszeiten etwas sagen. Das ist auch in unserer Partei ein widersprüchliches Thema. Ich glaube, wir sind eher auf der Hauptlinie der SPÖ, wobei, glaube ich, der Herr Kettner auch einmal gesagt hat, er könnte sich eine Ladensonntagsöffnung im 1. Bezirk vorstellen. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Das darf man nicht mehr sagen!) - Der Herr Klubobmann Juraczek! (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Mag. Juraczek!) - Mag. Juraczek! Man soll sich nicht zu viel daraus machen. Ich sage immer Fritz statt Manfred zu ihm. Er ist offenbar ein Medium. In Paris zum Beispiel, das noch immer zweieinhalbmal mehr Touristen als wir hat, hat, glaube ich, soweit ich das letzte Mal in Paris war, ein Stadtteil am Sonntag offen und die anderen nicht, also Marais. Es muss nicht unbedingt immer durchgezogen werden, wobei ich persönlich der Ansicht von Herrn Kettner auch etwas abgewinnen kann. (Abg. Mag. Manfred Juraczka, Beifall spendend: Finde ich gut!) Wir haben steigende Tourismuszahlen. Wir haben gerade gehört, wir sollen unsere Nächtigungszahlen noch um 5 Millionen bis 2020 erhöhen. Das ist in den letzten Jahren durchaus eine unentwegte Erfolgs-Story, 2010 plus 11 Prozent, 2011 7 Prozent, 7 Prozent, 4 Prozent, 6 Prozent, bis September 2015 7 Prozent. Das birgt auch die Gefahr in sich, wenn es immer bergauf geht, dass es irgendwann einmal bergab geht und dann alle fragen, wieso es bergab geht. (Abg. Christian Oxonitsch: Wer wird der Erste sein, der das sagt?) Gott sei Dank, bis jetzt haben wir das nicht. Der Tourismusverband arbeitet gut. Wir bewerben viele Märkte. Wir haben in ganz wenigen Märkten, ich glaube, in Japan und in Russland, Einbußen. Das tut mir besonders weh, dass wir mit russischen Touristen Einbußen haben. Da sollten wir etwas tun, dass das wieder in Gang kommt. Uns hat man einmal vorgeworfen, dass wir die Vasallen oder Marionetten Russlands sind. Im Wahlkampf war das im Blaubuch. Ich will dazu jetzt gar nicht Stellung nehmen. Ich möchte nur feststellen, auch Compress hat ein Wien-Büro in Russland. Trotzdem ist Russland noch auf dem 6. Platz aller Touristen in Wien. Wir haben zum Beispiel auch in der Tourismuskommission einmal gehört, das Goldene Quartier gegenüber vom Schwarzen Kamel, diese ganzen Luxusgeschäfte sind deswegen geschaffen worden, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass Wien die höchsten Pro-Kopf-Umsätze in diesen Luxusgeschäften hat. Das betrifft nicht uns, das betrifft mehr Touristen. Weil du gesagt hast, Manfred, dass du in dem Kaufhaus gegenüber dem Dom in Mailand warst, dort war ich auch, nur kann ich mir in dem Kaufhaus nichts leisten, ob das 24 Stunden offen hat oder nicht. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich war auch nur schauen!) Da muss ich mir wirklich überlegen, ob ich mir Socken um 100 EUR oder irgendetwas kaufe. WienTourismus hat durch Studien auch eruiert, worauf die Attraktivität Wiens zurückgeht. Da haben wir in erster Linie das imperiale Erbe und Musik- und Kulturangebot. Dazu möchte ich als kurze Kritik anmerken, wenn wir dann zum Beispiel das Haus der Geschichte in der Hofburg andenken, also in einem Areal, wo wirklich Millionen Touristen durchgehen - und dann rede ich jetzt gar nicht über das Haus der Geschichte, das ist eine alte Geschichte, seit Schüssel gibt es diese Idee, wie auch immer, wie lange das noch dauern wird und wo auch immer es hinkommen wird -, haben wir dort das Weltmuseum mit einmaligen Sammlungen, mit der bedeutendsten Benin-Sammlung, mit einer Sammlung von James Cook, die seit Jahren nicht zugänglich sind. Das heißt, andere Städte wie Paris verkaufen ihre Museen. Dort gehen die Leute hinein. Wir haben viel bessere Museen. Wir haben in einem Museum die bedeutendste Sammlung von historischen Musikinstrumenten der Welt. Die kommen dann einfach weg, kommen in ein Lager, und so weiter. Das muss man schon bedenken! Wir haben so viel Platz in Wien, und damit kommen wir auf die gestrige Diskussion zurück, wo wir Dinge in den Außenbezirken machen können, wo Kultur hingehört. Dabei müssen wir uns nicht unbedingt wieder dort einschränken, wo eh schon alles funktioniert. (Beifall bei der FPÖ.) Zu den Kriterien gehören auch Genussstadt Wien und funktionierende Stadt. Ich nehme an, es ist die Daseinsvorsorge und BALANCE Wien … Ein positives Wort zum Schluss, was mir sehr positiv auffällt in Wien, wir haben nicht solche Touristenlokale. Ich weiß nicht, wie weit wir darauf Einfluss nehmen können. Aber wenn Sie in eine andere Stadt kommen, in Kopenhagen ist mir das passiert, dort setzen wir uns zu viert hin und drei wollen essen, sagt er, wenn nicht alle vier essen, können wir gleich wieder gehen. Das gibt es in Wien Gott sei Dank nicht. Da haben wir die nötige Nonchalance, dass wir das vertragen. Es gibt kein Lokal, auch in der Inneren Stadt, wo Wiener nicht genauso hingehen. Das ist, glaube ich, ein richtiges Konzept. In diesem Sinne freue ich mich auch, dass ich in der Tourismuskommission teilnehmen darf, mitgestalten darf und bin froh, dass ich in diesem Bereich bin. Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Herr Abg. Ebinger, darf ich bitten, zum Schluss zu kommen. Abg. Mag. Gerald Ebinger (fortsetzend): Ich bin schon beim Ende, Herr Präsident. Ich bin schon fertig. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Wunderbar. Danke schön. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Dkfm. Dr. Aichinger. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dkfm. Dr. Fritz Aichinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Tourismusdirektor! Meine Damen und Herren! Meine erste Überlegung war: Warum bringt die SPÖ so ein Wohlfühlthema, wenn ich so sagen darf, zur Aktuellen Stunde, wo wir wissen, dass im Prinzip sehr viel gelobt wird und auch berechtigt gelobt wird, sage ich dazu? Der Tourismus ist natürlich eine sogenannte Visitenkarte der Stadt. Das ist klar. Es sind auch die Augen, sozusagen mit dem Handel gemeinsam, wie sich eine Stadt präsentiert, extrem wichtig. Die Stadt hat in den letzten Jahren auch sehr viele Erfolge gefeiert. Einzig möchte ich nur ein bisschen ins rechte Licht rücken, Kollege Strobl, es ist richtig, die Prozentzahlen- Steigerungen der Wien-Nächtigungen in den letzten Jahren - du hast, glaube ich, von fast 60 Prozent in 5 Jahren gesprochen - sind absolut richtig, aber es ist ein bisschen unfair im Vergleich zu den Bundesländern, vor allem jenen Bundesländern, die jetzt vom Niveau her schon wesentlich mehr Nächtigungen haben. Ich sage, Tirol hat ungefähr 45 Millionen oder so. Aber das soll es nicht sein. Es ist eine Erfolgsgeschichte, gar keine Frage. Aber ich bin auch zum Schluss gekommen, warum die SPÖ dieses Thema gewählt hat. Wahrscheinlich hat der Tourismusdirektor das Regierungsabkommen zwischen Rot und Grün gesehen und hat gesehen, dass im Wirtschaftsteil prinzipiell extrem wenig und über den Tourismus überhaupt ein Satz steht, der meiner Ansicht nach dem Tourismusdirektor nicht gefallen kann: „Die weltweite Bedeutung der Position Wiens als Kongressstadt darf nicht gefährdet werden.“ Das ist extrem defensiv, würde man im Fußball sagen. Ich glaube, er will es ausbauen. Ich glaube, er will weiterkommen. Das heißt, eigentlich ist er draufgekommen, dass in dem Regierungsübereinkommen relativ wenig positive Ansätze drinnen sind, was man für den Tourismus machen kann, wie man den Tourismus weiter steigern, beleben kann und ähnliche Dinge mehr. Wir wissen in der Wirtschaft, wenn man nicht prinzipiell jedes Jahr einen gewissen Sockel, im Handel sagt man meistens, 7 Prozent der Produkte, erweitert, dann geht man zurück. Das heißt, man muss neue Ideen haben. Und so ein defensives Regierungsprogramm hat natürlich den Tourismusdirektor auf die Idee gebracht, wir machen eine Aktuelle Stunde und lassen Fritz Strobl sagen, wie gut der Tourismus ist. Das ist der eine Punkt, meine Damen und Herren. Der zweite Punkt, es ist schon sehr viel darüber gesprochen worden, was wir alles machen, aber eines möchte ich besonders betonen. Wesentlich ist auch, der Tourismus lebt und arbeitet mit Unternehmern. Da muss man schon aufpassen, wie es diesen Unternehmen geht. Wie geht es denn Unternehmern in der Gastronomie oder wie der Herr Bürgermeister sagt, in der sogenannten gastronomischen Dreifaltigkeit Wirtshäuser, Kaffeehäuser und Heurige? Beziehungsweise wie geht es der Hotellerie? Da muss man sich schon überlegen, dass vieles sozusagen verbesserungswürdig wäre, was die Rahmenbindungen sind, die die Betriebe haben. Da sollten wir uns gemeinsam anstrengen, dass sie, und das sage ich bewusst so, auf einem so hohen Niveau bleiben können. Wie schaut es aus mit den Genehmigungen, mit den Betriebsanlagengenehmigungen? Wie schnell ist die MA 36? Wie schnell sind die Lebensmittelbehörden? Wie schnell wird im Großen und Ganzen für Klarheit gesorgt? Wie schaut auch die Entlastung dieser Betriebe aus? Wie wird die Ausbildung forciert? Entlastung ist eine alte Forderung von uns, wenn wir zum Beispiel, nehmen wir an, die Kommunalsteuer bei den Lehrlingen streichen können, um den Betrieben mehr Luft zu geben, um mehr Personal auszubilden. Wir wissen, dass man auch in diesen Bereichen extrem viel Fachkräfte braucht und nicht ganz einfach mit unausgebildeten Mitarbeitern Erfolge erzielen kann. Das Beispiel vom Kollegen Ebinger mit einem Gasthaus in Dänemark ist dort typisch. Das wird es in Wien ganz einfach nicht geben. Aber daher brauche ich diese Mitarbeiter. Es wäre notwendig, hier einiges zu tun beziehungsweise sich überhaupt die Gebührenlandschaft anzuschauen, wie es ausschaut, wie wir die Betriebe entlasten können, damit sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren können, wie es mit dem Gast geht und der Gastraum ausschaut. Schlussendlich, meine Damen und Herren, es ist auch dort vieles zu tun, um das Niveau zu halten. Darum würde ich die SPÖ und die Regierung sehr bitten. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Meinhard-Schiebel. Ich erteile es ihr. Abg. Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die „Tourismusstrategie 2020“ ist mit Sicherheit ein Erfolgsrezept. Das ist ambitioniert. Wer Wien als Tourismusstadt kennt, weiß auch, welchen monetären, aber auch ideellen Gewinn es bedeutet, eine Metropole zu sein, in die tausende Menschen jährlich kommen, um Wien kennen zu lernen. Wer sich aber selbst in einer so schönen Stadt wie Wien schon einmal die Füße abgelaufen hat, wird dankbar sein, wenn intelligentes Tourismusservice die Besucherinnen und Besucher und deren wunde Füße entlastet. Die Freude und der Genuss werden dadurch mit Sicherheit erhöht. FußgängerInnenfreundlichkeit in Wien hat im Jahr der FußgängerInnen 2015 schon auf die maroden Füße aller, auch der BesucherInnen, Rücksicht genommen. Aber Kinder haben kleine Füße und eigene Bedürfnisse. Sie sind kleiner, sie werden müde, der Stephansdom ist nicht ihr erklärtes Lieblingsziel. Aber sie nehmen aus einer Stadt das mit, was sie als kinderfreundlich erleben. Ich erinnere mich daran, dass ich mit zehn Jahren in Stockholm war und hingerissen war, mitten in der Stadt einen wunderbaren Spielplatz zu finden, wo ich bauen und gestalten konnte, wie ich gerne wollte. Das habe ich mir gemerkt. Ältere Menschen sind keine eigene Kategorie Mensch. Aber auch sie erwarten vom Tourismus und Städtetourismus, dass er ihnen alle Möglichkeiten eröffnet, die auch jüngeren Menschen zur Verfügung stehen. Es braucht keine eigenen Rezepte und es braucht auch keine Konzepte, die auf Defizite spezialisiert sind. Aber zum Beispiel ein paar Parkbänke mehr und auch einmal konsumfrei ausrasten zu können, kann für ältere Menschen ganz wichtig sein. Das ist auch für Kinder und für alle anderen wichtig. Generationenfreundlichkeit gilt auch für alle Besucherinnen und Besucher. Das heißt, dass intelligente Mobilität für Kopf und Geist Vorrang haben muss in der Tourismusstrategie 2020. Aber ich nehme auch den Begriff Barrierefreiheit im Tourismus sehr ernst, weil niemand ausgeschlossen werden darf, weil Barrierefreiheit heißt, sich frei bewegen zu können, alles lesen zu können, alles hören zu können, alles ungehindert und unbehindert erleben zu können. Wir werden die Tourismusstrategie 2020 mit besonderem Blick auf diese Punkte unterstützen und auch im Sinne der Stadtaußenpolitik in Europa dafür sorgen, dass wir weiterhin ein Vorbild für ganz Europa sind. Alles, was wir hier finanzieren, kommt x-fach zurück, sowohl in Form von Einnahmen als auch durch den hervorragenden Ruf, den wir als aufgeschlossene und weltoffene Stadt genießen. Darauf dürfen wir zu Recht stolz sein! - Ich danke Ihnen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Unger. Ich bitte darum. Abg. Christian Unger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher hier im Haus und im Internet! Ganz kurz zum Kollegen Ornig und zu meiner Vorrednerin: Natürlich ist Barrierefreiheit etwas ganz Wichtiges, überhaupt keine Frage, nicht nur im Tourismus, aber auch. Wir sollten uns nur überlegen, ob wir nicht auch die touristischen Betriebe zur Umstellung vielleicht finanziell anders unterstützen können, als es jetzt passiert. Der Kollege Ornig hat gesagt, Kaffeehaussterben, et cetera glaubt er nicht ganz. Doch, es passiert, keine Frage! (Abg. Markus Ornig, MBA: Es muss kein Kaffeehaus sterben!) Habe ich vielleicht falsch verstanden. (Abg. Markus Ornig, MBA: Ja!) Registrierkassenpflicht, Rauchverbot, Barrierefreiheit sind Kosten für Unternehmer, die man wirklich nicht außer Acht lassen darf. (Beifall bei der FPÖ.) „Tourismus-Hotspot Wien: Das Ergebnis guter Arbeit.“ - Ja, muss ich sagen, hehre Ziele im Tourismuskonzept. Muss ich sagen, ja, können wir unterstützen. Man muss nur schon eines auch dazu betrachten. Was machen Sie, damit das auch in Zukunft so bleibt? Sie haben das imperiale Erbe angesprochen, Herr Kollege Strobl. Ich glaube, das ist eines der wichtigsten Dinge, warum die Besucher nach Wien kommen. Aber Sie haben auch den Masterplan Glacis vorgestellt. Sie haben das Hochhauskonzept vorgestellt, eine Ansammlung von Hochhäusern mitten in der Stadt, im Weltkulturgebiet. Ich glaube, dass ein sehr wichtiges Prädikat für den Tourismus in Wien das Weltkulturerbe ist. Ich glaube, dass sehr viel mehr Leute nach Wien kommen, um sich das Weltkulturerbe anzusehen, als irgendwelche modernen Hochhäuser, die dann vielleicht im Bereich des Weltkulturerbes stehen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass die UNESCO bei der letzten Sitzung in Bonn sehr wohl das Hochhauskonzept kritisiert hat, den Masterplan Glacis kritisiert hat und, fast mein Lieblingsthema, den Neubau des Turms auf dem Hotel Intercontinental ebenfalls kritisiert hat und gesagt hat, wenn das passiert, verliert Wien das Weltkulturerbe. Aber es gibt weitere Gebiete, die für Touristen, auch für Wiener, aber speziell für Touristen, sehr wichtig sind. Schauen wir in Richtung 19. Bezirk, Neustift am Walde, Grinzing. Sehr viele alte Häuser kommen in Konflikt mit der sogenannten Abrissbirne, und das gerade in einem Gebiet, wo die Touristen die Wiener Heurigengemütlichkeit sehr schätzen. Was machen Sie? Sie schaffen es leider hier nicht, Konzepte zu bieten. Schauen wir in den Bereich Otto-Wagner-Spital. Mehrere Anträge von Seiten der Opposition, von den Freiheitlichen, das unter Schutz zu stellen, neu als Weltkulturerbegebiet einzureichen. Was haben Sie gemacht? Leider Gottes nicht zugestimmt! Wir Freiheitlichen stehen nicht gegen eine neue Architektur. Wir Freiheitlichen sagen, auch die neuen Stadtteile brauchen kulturelle identitätsstiftende Bauwerke, die auch für die Touristen interessant sind. Aber unser Konzept ist, und der Kollege Kraus hat es angesprochen, Tourismus ist eine Zukunftsbranche, wir sagen, nicht das Alte vernichten und durch Neues ersetzen, sondern Neues im Einklang und unter Verschonung des Alten. Das ist das Konzept für die Zukunft des Tourismus in Wien. - Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, lassen Sie mich eine weitere Klasse des Polytechnischen Lehrgangs aus der Schaumburgergasse auf der Galerie herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.) Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Schinner. Bitte darum. Abg. Katharina Schinner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt viel über den Wien-Tourismus gesagt worden, viel Positives. Was mir aufgefallen ist - jetzt ist Fritz nicht mehr da -, Fritz Aichinger hat das vorher am Anfang irgendwie ein bisschen zusammengefasst und gesagt, wir reden hier von einem Wohlfühlthema durch und durch, hat das dann auch kurz angeführt und argumentiert. Ich glaube, was schon wichtig ist zu sagen, ein Wohlfühlthema fällt nicht einfach vom Himmel! Das ist auch kein Zufall! Ein bisschen gehört haben wir dann, wozu überhaupt über das Gute zu reden, es ist doch eh selbstverständlich. Ich möchte meine Rede damit beginnen, dass ich sagen möchte, nein, das ist nicht selbstverständlich. Das ist auch nicht das Werk von irgendjemandem, sondern das ist die Arbeit, die es seit vielen Jahren gibt, weil, wie schon meine Vorredner gesagt haben, wir stehen jetzt wieder vor einem Rekordjahr. Das ist im Wien-Tourismus schon eine Tradition, die absolut nicht selbstverständlich ist. Deswegen fange ich heute mit dem Dank an. Ich möchte mich bei Norbert bedanken. Ich möchte mich bei Renate Brauner bedanken, die nämlich als Präsidentin ganz gezielt jedes Jahr die Weichen stellt, damit der Wien-Tourismus so dasteht, wie er dasteht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Wohlfühlthemen sind nicht selbstverständlich und auch nicht zum Wohlfühlen da, weil, und da schlage ich sozusagen den Bogen, was den Wien-Tourismus besonders auszeichnet, und ich darf seit einigen Jahren in der Tourismuskommission sitzen, es in diesem Haus eine ganz große und gelebte Selbstverständlichkeit gibt, sich immer zu hinterfragen, internationale Experten beizuziehen und sehr gemeinschaftlich, aber auch sehr kritisch in der Sache zu arbeiten. Das ist der Grund, warum wir den Wien-Tourismus und vor allen Dingen die vielen Besucherinnen und Besucher jedes Jahr haben, die so gerne nach Wien kommen und Wien so ein phantastisches Zeugnis ausstellen. Es wurde heute viel über die Öffnungszeiten geredet. Das möchte ich auch erwähnen, weil das natürlich ein wesentliches Thema ist, das mich auch seit vielen Jahren hier im Haus begleitet und auch in der Tourismuskommission eine breite Diskussion ist, wo wir immer gesagt haben, und gerade auch unsere Präsidentin in diesem Jahr gesagt hat, es bedarf dieser Einigung der Sozialpartner. Wir leben in einer Stadt und in einer Struktur, wo die sozialpartnerschaftliche Einigung eine ganz wichtige ist. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: So ist es!) Dieser Einigung stehen wir ganz offen gegenüber und finden, dass dort die Grundlage, das Experten-Know-how, liegt, um die Entscheidungen auch zu treffen. Weil vorher mein Kollege Ornig gesagt hat, und das zeigt auch, wie man sozusagen teilweise hier mit Zahlen arbeitet, die ganz auseinandergehen, uns gehen 44 Millionen durch die Lappen, und die Wirtschaftskammer sagt, 140 Millionen. Also, das ist eine derartige Bandbreite (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Probieren wir es aus!), die zeigt, dass dieses Thema in der Sache bei den Sozialpartnern definitiv richtig aufgehoben ist und dort, ich meine, da stehen wir ganz eng zusammen, eine Lösung herbeigeführt werden soll. Denn eines muss man auch sehen, weder die Beschäftigten, und wir reden immer so gerne von den Unternehmern, aber das sage ich dir selber als ehemalige Händlerin, mich interessiert in dem Fall, was die Händler denken, noch die Händler sind für eine Öffnung. Deswegen darf man das Thema nicht einfach so pauschal drüberziehen, sondern muss sich das schon sehr differenziert anschauen, weil es halt, wenn man ein kleines Geschäft hat, vermeintlich nicht immer die beste Lösung ist. (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Niemand wird gezwungen, dass er aufsperrt!) Dieses Thema, wenn man in der Wirtschaft war und auch ist, hat sehr viele Facetten in dem Bereich. Ein Punkt, der mir wichtig ist, die Bedeutung der Städte, und das sehen wir auch im Tourismuskonzept, wird immer wichtiger. Wir werden in den nächsten Jahren hier vor großen Möglichkeiten, großen Herausforderungen und großen Chancen stehen. Wir hatten erst vor zwei Tagen Tourismuskommission. Wenn man sich hier auch die neuen Daten, Konzeptansätze, Zahlen und dergleichen anschaut, glaube ich, haben wir uns bereits gut aufgestellt für diese Herausforderungen, die für Wien ganz wichtig sind. Auch unsere Politik, indem wir in Infrastruktur investieren, indem wir die Stadt so hinstellen, wie sie in allen ihren Möglichkeiten steht, ob das Wissenschaft ist, ob das Bildung ist, ob das Infrastruktur ist, ob das Stadtentwicklung ist, ist ein ganz großer Grund, warum jedes Jahr mehr Menschen nach Wien kommen wollen. Andererseits hat es WienTourismus wiederum geschafft, weil Wien hat immer ein bisschen das Image gehabt, dass man gesagt hat, das ist eh zeitgenössisch, da kann ich nächstes Jahr auch hingehen, da ändert sich eh nichts, diese Brücke zwischen dem historischen Wien und dem zeitgenössischen Wien zu schlagen und Wien damit eine unglaubliche Strahlkraft zu geben. Das ist durch die Arbeit von uns allen, aber vor allen Dingen durch das Haus des WienTourismus, wo sich alles zusammenträgt, sehr passiert. Somit möchte ich zum Schluss noch sagen, ich hoffe, viele haben mitbekommen, dass das „Zeit“-Magazin in seiner, ich glaube, vorvorletzten Ausgabe in der Beilage eine wirkliche Liebeserklärung zu unserer Stadt hatte. Es ist dort sinngemäß gesagt worden, nach Wien kommt man nicht nur, weil man dort einen Job kriegt oder weil man sich verliebt hat oder weil es irgendeinen anderen Grund gibt, sondern nach Wien kommt man einfach, weil das eine der allerschönsten Städte ist, die es auf dieser Welt gibt! In diesem Sinne danke noch einmal an alle MitarbeiterInnen, an alle Menschen, die es möglich machen, dass unsere Destination so dasteht und so ein Aushängeschild in der Welt ist. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Die Aktuelle Stunde ist somit beendet. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Landtagsabgeordneten des Klubs der Wiener Freiheitlichen eine, des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien zwei schriftliche Anfragen eingelangt sind. Von den Abgeordneten Mag. Juraczka, Korosec, Schwarz, MMag. Dr. Kugler wurde eine Anfrage an den Herrn Landeshauptmann betreffend islamische Kindergärten in Wien gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde von der notwendigen Anzahl von Abgeordneten unterzeichnet. Gemäß § 36 Abs. 5 der Geschäftsordnung wird die Beantwortung der Dringlichen Anfrage vor Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht beendet, wird die Landtagssitzung zur tagesordnungsmäßigen Behandlung der Dringlichen Anfrage unterbrochen. Die Abgeordneten Niedermühlbichler, Oxonitsch, Mag. Straubinger, Dr. Stürzenbecher, Woller, Ellensohn und Dr. Kickert haben am 24. November 2015 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz zur Novellierung der Gemeindewahlordnung der Stadt Wien, Wiener Gemeindewahlordnung 1996, des Gesetzes über die Durchführung von Volksabstimmungen nach dem Wiener Volksabstimmungsgesetz, des Gesetzes über die Durchführung von Volksbefragungen, Wiener Volksbefragungsgesetz, und des Gesetzes über die Durchführung von Volksbegehren, Wiener Volksbegehrensgesetz, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Kultur, Wissenschaft und Sport zugewiesen. Die Abgeordneten Valentin, Mag. Taucher, Mag. Abrahamczik, Gaal, Holzmann, Karner-Kremser, Mag. Spitzer, Strobl, Mag. Maresch und Dr. Kickert haben am 11. Dezember 2015 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem das Gesetz über die Regelung des Veranstaltungswesens, Wiener Veranstaltungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 12/1971, zuletzt geändert durch LGBl. für Wien Nr. 43/2014, geändert wird, eingebracht. Dieser Antrag wird dem Ausschuss Umwelt und Wiener Stadtwerke zugewiesen. Postnummer 1 der Tagesordnung betrifft den 36. Bericht der Volksanwaltschaft 2014 an den Wiener Landtag. Ich begrüße bei uns die Volksanwälte Dr. Günther Kräuter, Dr. Gertrude Brinek und Dr. Peter Fichtenbauer. Herzlich willkommen im Wiener Landtag! (Allgemeiner Beifall. - Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer begibt sich zum Rednerpult und möchte mit seiner Rede beginnen.) - Sie haben noch nicht das Wort. Entschuldigung, Herr Volksanwalt, Sie kommen nach den Berichten dran. Zu diesem Tagesordnungspunkt gibt es eine Debatte. Als erste Debattenrednerin ist Frau Abg. Mag. Meinl- Reisinger gemeldet. Bitte. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Volksanwälte, es tut mir leid, dass ich jetzt vor Ihnen spreche, aber ich möchte gleich meine Dankbarkeit und auch Wertschätzung gegenüber der wirklich intensiven, kontinuierlichen und sehr qualitätsvollen Arbeit der Volksanwaltschaft zum Ausdruck bringen. Besonders begeistert mich auch in diesem Zusammenhang, dass nunmehr die Volksanwaltschaft gesetzlich auch den Auftrag hat, sich um das Thema Menschenrechte zu kümmern. Ich habe das auch in meiner vorigen Tätigkeit, vor allem als Justizsprecherin, sehr zu schätzen gewusst, dass hier durchaus vonseiten der Volksanwaltschaft immer wieder Anstöße im Justizbereich kommen, was die Situation der Menschenrechte angeht. Ich danke auch für den Bericht. Er ist sehr interessant und zeigt auch, wie umfangreich Ihre Tätigkeit ist, wie viele Prüfungen und Verfahren durchgeführt wurden. Das ist schon eine ganze Menge. Auch dafür, wie gesagt, meine Dankbarkeit. Ich möchte auf einen Punkt gleich vorweg eingehen. Das ist der Prüfauftrag der Stadt Wien. Wien hat durch die Landesverfassung die Volksanwaltschaft dazu berufen, die Verwaltung des Landes und der Gemeinde zu kontrollieren. Zur Verwaltung gehört auch die Privatwirtschaftsverwaltung. Sie sagen selber in dem Bericht, dass Sie mit großem Bedauern zur Kenntnis nehmen, dass Ihnen hier nach wie vor nur eine sehr eingeschränkte Kontrolle über große Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge zukommt, da diese vielfach als ausgegliederte Rechtsträger in einer GmbH oder AG organisiert sind. Das ist natürlich ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch viele Debatten durchzieht, nun auch hier. Ich bin sehr der Meinung, dass die Kontrollrechte der Volksanwaltschaft dahin gehend ausgeweitet gehören, dass man auch in diese ausgegliederten Bereiche hineinschaut, wo es um Daseinsvorsoge geht, um tatsächlich diesem Prüfauftrag auch in der geforderten Umfassendheit - sagt man das so? - nachkommen zu können. (Beifall bei den NEOS.) Ich möchte mich auf vier Bereiche konzentrieren, die ich herausstreichen möchte, wo ich gerne auch ein paar Anmerkungen dazu machen möchte: Einer ist der Fall eines Ganztageskindergartenplatzes bei einer nicht berufstätigen Mutter zweier Kinder, von denen eines chronisch krank und pflegebedürftig ist, wo es nach einer Beschwerde der Volksanwaltschaft gelungen ist, dass diese familiäre Pflege als gleichwertig zu einer Berufstätigkeit anerkannt wurde und so der Zugang zu einem Ganztagesplatz möglich war. Das ist ein Thema, das immer wieder in der Vergangenheit auch an uns herangetragen wurde, nämlich die sogenannte „Die Katze beißt sich in den Schwanz.“-Thematik, der hohen Nachfrage nach vor allem Ganztageskindergartenplätzen für Frauen, auch vielen alleinerziehenden Frauen, die gerne berufstätig sein würden, nicht immer in so einem tragischen Fall wie eines chronisch kranken Kindes, sondern auch tatsächlich in der Situation der Arbeitssuche. Einerseits ist es natürlich notwendig, dass man beim AMS zum Ausdruck bringt, dass man in der Lage ist, einen Beruf auszuüben, insofern auch nachweisen kann, dass es eine Kinderbetreuung gibt. Andererseits wissen wir, auf Grund der hohen Nachfrage nach Plätzen ist es so, dass Berufstätige, was natürlich an sich sinnvoll ist, schon bevorzugt werden. Das nenne ich aber „Die Katze beißt sich in den Schwanz.“-Thematik, wo einige Frauen wirklich ein Problem damit haben, dass sie einerseits den Kindergartenplatz brauchen, um sich wirklich einen Job zu suchen und andererseits aber auch Schwierigkeiten haben, einen Kindergartenplatz zu bekommen. Da habe ich immer wieder einige Fälle zugeschickt bekommen. Den zweiten Fall, den ich herausgreifen möchte, möchte ich nur als Anlass nehmen, um ein Thema anzusprechen. Sie haben in einer Obsorgestreitigkeit die mangelnde Begründung eines Gerichts bei zwei Obsorgeentscheidungen kritisiert. Da möchte ich auf das Thema Doppelresidenz zu sprechen kommen, für das wir uns auf Bundesebene sehr stark machen. Es geht darum, dass die Möglichkeit verankert wird, dass Eltern im Falle einer Trennung oder auch im Falle getrennt lebender Elternteile die Möglichkeit haben, zu vereinbaren, dass das Kind in zwei Haushalten betreut wird. Das hat natürlich Auswirkungen auf Unterhaltsregelungen. Das dürfte auch der Grund sein, warum es in dieser Debatte so schleppend vorangeht. Ich möchte aber hier in Erinnerung rufen, dass auch der Oberste Gerichtshof in seiner Spruchpraxis die durchaus gelebte Praxis der Doppelresidenz schon sehr abbildet, was dann Unterhaltsregelungen angeht. Es geht mir nicht darum, eine Verpflichtung zu fordern, aber es geht darum, tatsächlich die Möglichkeit für Eltern, die das wollen, zu schaffen, diese Vereinbarung zu treffen. Wir werden da nicht lockerlassen. Sie haben im Bericht auch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung kritisiert. Ich rufe auch die Auskunft der Frau Stadträtin in der Fragestunde in Erinnerung. 134.251 Mindestsicherungsbezieher gab es Ende November 2015 in Wien. Das ist eine enorme Zahl. Sie kritisieren, dass keine Indikatoren zur Zielerreichung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung definiert sind und insbesondere die Mindestsicherung keinen ausreichenden Beitrag dazu leistet, dass es eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt gibt. Das sehen wir als großes Problem. Kollege Ornig hat auch schon, glaube ich, gestern darauf hingewiesen. Das liegt natürlich auch an der Beschaffenheit der Mindestsicherung, dass es letztlich ein Hopp oder Tropp ist. Wir machen uns dringend dafür stark, dass es hier Einschleifregelungen, etwa im Wege einer Negativsteuer, gibt, sodass man nicht alles verliert. Ich habe jetzt auch gesehen, dass dieses Thema im Regierungsprogramm thematisiert ist. Sie haben an einer Stelle erwähnt, dass es diese Trampolinfunktion hier eigentlich braucht. Das freut mich sehr. Ich glaube, wir müssen hier wirklich dringend etwas tun, um nicht Mindestsicherungsbezieher letztlich in dieser Trap, einer Falle, zu halten. Da braucht es stärkere Anstrengungen. (Beifall bei den NEOS.) Last but not least möchte ich noch auf die MA 35 zu sprechen kommen, wo es eine ganze Reihe von Beschwerden zu Staatsbürgerschaftsverfahren gegeben hat. 83 Eingaben gab es, 30 begründete Beschwerden nach der Prüfung. Es wurden teilweise wirklich gravierende Verfahrensverzögerungen bei, und das möchte ich hier noch einmal betonen, einer sechsmonatigen gesetzlichen Verfahrensfrist festgestellt. Das ist ein Punkt, der immer wieder thematisiert wird. Ich kann mich erinnern, im Zuge, ich glaube, der letztjährigen Integrationswoche, also im Jahr 2014, gab es sogar den „Preis der Sackgasse“ an die MA 35. Ich habe auch dort gehört, dass das Thema erkannt wurde. Nichtsdestotrotz kennen wir auch sehr viele Beispiele, die immer wieder an uns herangebracht werden, dass die Verfahren dort wirklich überbordend lange dauern. Das ist natürlich für die betroffenen Menschen ein Wahnsinn, das ist aber auch, möchte ich sagen, für Unternehmerinnen und Unternehmer in Wien schwierig, die nämlich Fachkräfte nach Wien holen wollen, etwa über die Rot-Weiß-Rot-Karte, und dann so lange Verfahren in Kauf nehmen müssen. Das ist eine teilweise wirklich schwierige Situation für die Unternehmen. Ich würde hier wirklich sehen, dass wir Anstrengungen unternehmen müssen, dass diese Verfahren deutlich verkürzt werden, weil es letztlich natürlich einerseits zu einem unzumutbaren Ergebnis auf Seite der Menschen, die dort Anträge stellen, kommt, länger als sechs Monate zu warten, dann teilweise aufgefordert zu werden, neuerlich Unterlagen zu bringen, die man eigentlich schon vor acht, neun Monaten gebracht hat - das geht meiner Meinung nach nicht, ist auch gesetzlich nicht so vorgesehen -, aber auch im Sinne der Unternehmerinnen und Unternehmer, die Fachkräfte brauchen, dass es hier nicht zu einem Wohlstandsverlust kommt. - Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Korosec. Ich erteile es ihr. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Dame, meine Herren Volksanwälte! Wir behandeln heute den 36. Bericht der Volksanwaltschaft. Wir alle wissen, dass die Volksanwaltschaft ein ganz wichtiges Kontrollorgan ist. Dort werden Missverständnisse aufgeklärt, werden Systemfehler aufgezeigt, Anregungen an die Stadtverwaltung gemacht und sehr oft werden, und das möchte ich wirklich positiv betonen, gemeinsame Lösungen in Einzelfällen erzielt. Da muss ich sagen, nachdem ich selbst einmal in der Volksanwaltschaft tätig war, war Wien damals und ist auch heute bestimmt Vorreiter, dass in Einzelfällen Lösungen herbeigeführt werden. Bei Systemfehlern ist es schon nicht mehr so rasch. Dort ist die Lösungsbereitschaft oft nicht so positiv. Meine Damen und Herren, meine Fraktion und natürlich ich wollen uns ganz herzlich einmal bei der Dame und den Herren Volksanwälten bedanken, vor allem bei ihrem Herrn Vorsitzenden Dr. Fichtenbauer, für die wertvolle Arbeit, die sie im Interesse der Bürgerinnen und Bürgern tun! (Beifall bei der ÖVP.) Dank aber auch den unglaublich engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft. Ich weiß, wie engagiert und mit welcher sozialen Kompetenz die Arbeit geleistet wird. Die Berichte der Volksanwaltschaft sind Gradmesser für die Art und Weise, wie die Verwaltung mit den Bürgerinnen und Bürgern, denen sie dienen soll, umgeht. Das heißt, die Volksanwaltschaft ist tatsächlich ein Sprachrohr für den Bürger. Wenn man sich die vielen Fälle anschaut, sind es, wenn ich es jetzt bundesweit sehe, fast 20.000 Fälle, die im Jahr 2014 bearbeitet wurden, also die höchste Anzahl in der Geschichte der Volksanwaltschaft. Aber auch im Wiener Bereich sind 1.176 Beschwerdeaufkommen gewesen, also eine Steigerung um 11 Prozent. Abgeschlossen wurden dann sogar mehr als 20 Prozent. Das ist schon eine Fülle. Das ist natürlich auch, und das möchte ich sehr positiv sehen, weil die Öffentlichkeitsarbeit der Volksanwaltschaft unglaublich gut ist. Das ist auch richtig so. Tue Gutes und rede davon. Auch das Besucherzentrum, die Homepage sind Dinge, die dazu dienen, dass der Bürger stärker auf die Volksanwaltschaft aufmerksam wird und sich dann natürlich ihrer bedient. Nachdem wir 34, also ein Drittel, neue Abgeordneter haben, kann ich Ihnen nur empfehlen, den Bericht der Volksanwaltschaft jedes Jahr sehr aufmerksam zu lesen. Er ist eine Fundgrube, und man kann hier sehr viel lernen. Man ist aber auch oft sehr erstaunt, wenn man das einige Jahre tut, welche Fehler passieren und wie oft sie vorkommen. Wenn Sie fünf Berichte sehen, dann können Sie in manchen Bereichen immer wieder die gleichen Fehler entdecken. Damit komme ich zu konkreten Fällen in aller Kürze: Ein sehr obskurer Fall ist die Lohnpfändung nach einem Rettungseinsatz. Ich meine, gerade die SPÖ sagt dann zwar immer wieder, dass Rettungseinsätze kaum verrechnet werden, höchstens bei Touristen, ansonsten zahlt es die Sozialversicherung. Das kann aber nicht stimmen, weil in fast jedem Jahr finden wir Fälle bei der Volksanwaltschaft oder bei der Patientenanwältin, wo eben Betroffene zur Zahlung verpflichtet werden. Da ist insofern ein Fall, wo eine Dame, eine Passantin, auf der Mariahilfer Straße zusammengefallen ist, ohnmächtig wurde. Passanten haben die Rettung geholt. Es hat sich dann herausgestellt, es war ein leichter Kollaps. Die Rettung fuhr wieder weg. Also, die Dame kam nicht ins Spital. Dann hat sie ein Jahr lang nichts gehört. Nach einem Jahr hat sie dann die Aufforderung zur Zahlung bekommen. Sie hat einen Einspruch gemacht. Dann ist wieder lang nichts passiert. Dann wurde sie plötzlich zu ihrem Dienstgeber zitiert, weil eine Lohnpfändung vorgelegen ist. Die Volksanwaltschaft hat das Ganze natürlich geregelt, aber ich muss schon sagen, die MA 70 hätte sich natürlich selbstverständlich, bevor eine Lohnpfändung weggeschickt wird, mit der betroffenen Person in Verbindung setzen müssen. Auch ein Fall der MA 10 - Kindergärten ist sehr problematisch. Hier geht es um eine Rücknahme der Zusage eines Krippenplatzes für ein chronisch krankes Kind. Die MA 10 zog diese Zusage zurück, weil sich herausgestellt hat, dass das Kind Diabetes hat und eine gewisse medizinische Betreuung notwendig ist. Jetzt weiß ich schon, es ist nicht ganz einfach, weil natürlich die PädagogInnen medizinisch nicht geschult sind. Allerdings glaube ich schon, dass es notwendig ist, dass man da auch Vorsorge trifft. Die Stadt Wien scheut sich seit Jahren davor, Kindern mit chronischer Erkrankung den Besuch eines normalen Kindergartens zu ermöglichen. Stattdessen wird lieber der Besuch einer Spezialeinrichtung für behinderte Kinder angeboten. Das ist für eine Weltstadt Wien, wo bereits der Kindergartenbesuch eines Kindes mit Diabetes eine scheinbar unüberwindliche Hürde darstellt, glaube ich, nicht in Ordnung. Auch hier hat es Anregungen der Volksanwaltschaft gegeben. Ich hoffe, das ist damit in Zukunft erledigt. Nun komme ich zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung, die auch meine Kollegin Meinl-Reisinger angeführt hat. Da spricht die Volksanwaltschaft der MA 40 durchaus Lob für eine gute Zusammenarbeit aus. Gleichzeitig werden aber, wie ich am Anfang gesagt habe, bei der Vollziehung der Mindestsicherung die gleichen Missstände wie in den letzten Jahren festgestellt. Es heißt in zahlreichen Fällen: zu Unrecht nicht zuerkannt, Berechnung des Leistungsanspruches falsch, die Mitarbeiter waren zu wenig geschult, et cetera. Wenn man es zusammenfasst, gibt es eine Menge Flüchtigkeitsfehler bei der Bearbeitung der Anträge und sie dauern länger als gesetzlich erlaubt. Sie wissen, gesetzlich sind maximal drei Monate vorgesehen. Sie dauern oft fünf bis sechs Monate. Da ist Handlungsbedarf vorhanden. Nun komme ich grundsätzlich zur Mindestsicherung, die wir bei der Budgetdebatte, auch gestern in der Fragestunde und heute behandelt haben. Ich möchte noch einmal mit Nachdruck sagen, weil immer gesagt wird, die ÖVP will die Mindestsicherung weg haben, wir, die Bundes-ÖVP und die Wiener ÖVP, bekennen uns mit allem Nachdruck zu einer Bedarfsorientierten Mindestsicherung als notwendiges soziales Netz für Menschen, die unabhängig von der Ursache die Unterstützung der Solidargemeinschaft brauchen. Aber für uns war und ist klar, es muss ein Sprungbrett und keine Hängematte sein. Ich bitte Sie von der rot-grünen Koalition schon, die Realität zu sehen und nicht die Augen zu verschließen, denn unter dem Schlagwort soziale Gerechtigkeit werden mangelnder Einsatz und fehlende Leistungsbereitschaft gefördert, sogar belohnt! Das ist einer der Gründe, warum unser Sozialsystem in eine Schieflage geraten ist. Warum sollen Männer, Frauen, die in einem aktiven Job weniger verdienen oder nicht mehr verdienen, als sie in Summe mit den Sozialleistungen, Gebührenbefreiungen, Förderungen von Steuergeld erhalten, arbeiten gehen? Ich habe Ihnen bei der Budgetdebatte das eine Beispiel gesagt, eine Familie mit zwei Kindern, beide sind Sozialhilfebezieher, haben ein Nettoeinkommen von 1.940 EUR, dann kommt noch die Kinderbeihilfe dazu. Wenn der Mann oder die Frau arbeiten würde, wäre mindestens ein Bruttoeinkommen von 3.100 EUR notwendig, damit man auf 1.936 EUR kommt. Also, das kann es nicht sein! Warum soll sich da jemand um einen Arbeitsplatz bemühen? Das ist zu evaluieren, ist zu ändern. Natürlich brauchen wir Mindestsicherung. Wir wissen, gerade im Zusammenhang mit den Asylanten wird es so sein, dass im nächsten Jahr eine erhebliche Anzahl mehr an Mindestsicherung bezahlt werden muss. Aber es muss so geregelt werden, dass es tatsächlich denen zu Gute kommt, die es brauchen und es darf keine Überversorgung sein, dass manche sagen, sie wären dumm, wenn sie sich einen Arbeitsplatz suchen. Aus diesem Grund bringen wir auch einen Antrag ein, den ich bei der Budgetdebatte angekündigt habe, betreffend Reform der Mindestsicherung, Hilfe durch einen Wiedereinsteigerbonus. Da bin ich ganz bei Ihnen, Frau Hebein. Natürlich ist auch das wichtig. Diese Jugendaktion, die die Frau Stadträtin heute vorgestellt hat, mit einem Wiedereinsteigerbonus, ist durchaus gerechtfertigt und soll sozusagen dazu beitragen, dass man auch diesen Schritt tut. Allerdings meinen wir, dass eine Reihe von Veränderungen notwendig ist. Daher wolle der Landtag beschließen: „Die Landesregierung wird dazu aufgefordert, dem Wiener Landtag nach Rücksprache mit den zuständigen Stellen des Bundes eine Novelle des Gesetzes der Bedarfsorientierten Mindestsicherung vorzulegen: Deckelung der Geldtransferleistungen des Landes mit 70 Prozent des Medianeinkommens. Verpflichtende teilweise Umstellung auf Sachleistungen beziehungsweise Direktzahlungen - Essen, Wohnen, Energie, Weiterbildung, et cetera -, sodass zwischen Sach- und Geldleistungen ein Verhältnis von 50 zu 50 hergestellt wird. Verpflichtende Reduktion der Geldleistungen um 25 Prozent, nachdem die Mindestsicherung ein Jahr lang bezogen wurde, für Personen, die in diesem Zeitraum dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung standen, jedoch während dieser Zeit die zumutbaren Beschäftigungsangebote abgelehnt haben. Schaffung eines Wiedereinsteigerbonus: Wer länger als 6 Monate die Mindestsicherung bezieht, soll bei der Aufnahme einer Beschäftigung für maximal 6 Monate einen Zuschlag zum Einkommen bis maximal 1.150 EUR bekommen. Und eine verstärkte Missbrauchskontrolle. In formeller Hinsicht wird die Zuweisung des Antrages an Gesundheit, Soziales und Generationen verlangt.“ Da haben wir dann genug Möglichkeiten, das in aller Ruhe zu diskutieren. Gerade in den letzten Tagen ist auf Bundesebene Bewegung entstanden. Sowohl Bundeskanzler als auch Vizekanzler, Klubobmann Schieder und Finanzminister haben unisono gesagt, hier müssen Veränderungen kommen. Das hat auch der Sozialminister gesagt. Also, er ist ganz überzeugt, dass wir zu einer positiven Lösung kommen. Davon bin ich auch überzeugt. Meine Damen und Herren, nun darf ich noch einmal zur Volksanwaltschaft zurückkommen. Ich darf Ihnen nochmals recht herzlich danken! Ich darf Ihnen und den Mitarbeitern im Namen meiner Fraktion und natürlich in meinem eigenen Namen für die unglaublich professionelle Arbeit danken, danken im Namen der vielen Bürgerinnen und Bürger, denen Sie in einer für sie wichtigen Situation helfen. Erlauben Sie mir bei der Gelegenheit, nachdem wir nahe der Feiertage sind, Ihnen auch ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2015 zu wünschen. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Bitte den Antrag. - Danke. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Ellensohn. Ich erteile es ihm. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geschätzte VolksanwältInnen! Der Bericht zur Volksanwaltschaft ist immer sehr umfangreich und jedes Jahr umfangreicher. Es wird hier jedes Mal im Detail aufgezeigt, wie viel es mehr wird. Jeder Einzelfall ist für die einzelne Person wichtig, aber wie Abg. Korosec angesprochen hat, dort, wo es vom Einzelfall zu einem größeren Kreis wird, wo es System hat oder zumindest sehr oft vorkommt, muss die Politik dann überlegen, ob tatsächlich die Regeln geändert werden müssen. Dem Einzelnen muss geholfen werden. Das ist sehr oft dokumentiert, dass in dem betroffenen Einzelfall tatsächlich eine Lösung gefunden werden konnte, aber natürlich nicht jedes Mal. Ich möchte auf ein paar einzelne Punkte eingehen, bei denen es im Einzelfall geklappt hat und trotzdem Arbeit übrig ist: Da gibt es einmal eine Aufzählung von einem Krippenplatz, der einer Familie zugewiesen und aus einem gesundheitlichen Problem des Kindes zurückgezogen wurde, und einem Kindergartenplatz, der der Familie nicht gegeben wurde, weil nicht beide voll berufstätig waren. In beiden Fällen hat es eine Lösung gegeben. Beide Familien sind am Schluss zufrieden, die Kinder hoffentlich auch. Aber bei dem kann man ansetzen, das Thema Kindergärten kommt heute Nachmittag eh noch öfter zur Sprache. Deswegen baut man in Wien Kindergartenplätze aus. Deswegen haben wir 3.000 zusätzliche Plätze jedes Jahr, damit wir am Ende in der Lage sind, allen, die einen Kindergartenplatz wollen, auch einen Kindergartenplatz zur Verfügung zu stellen. Wir sind jetzt schon innerhalb der 9 Bundesländer mit Abstand auf Platz 1, was die Quantität der Kindergartenplätze und die Öffnungszeiten angeht. Nirgends ist es so einfach, Beruf und Familie zu vereinbaren, wie in Wien. Alle anderen acht Bundesländer weit abgehängt und Gratiskindergarten gibt es auch nirgends. Trotzdem ist noch Bedarf. Deswegen gibt es auch ein engagiertes Programm in Wien, dass es nicht einmal mehr diese Einzelfälle gibt, die dann kommen und am Ende bei der Volksanwaltschaft um einen Platz anstehen müssen. Ein zweiter Punkt, der sich wahrscheinlich nicht so schnell oder zumindest in der Vergangenheit nicht in der Geschwindigkeit verbessert hat, ist alles, was sich rund um Staatsbürgerschaftsverfahren dreht. Ununterbrochen werden die Gesetze auf Bundesebene geändert, für gewöhnlich verschärft, wie man zu einer Staatsbürgerschaft kommt. Österreich hat nicht nur strenge Asylgesetze, Österreich hat strenge Gesetze, was das Erlangen der Staatsbürgerschaft betrifft. Das führt dazu, dass alle, die damit beschäftigt sind, alle Beamten/Beamtinnen sich ständig auf neue Regeln einstellen müssen, dass Verfahren, während sie laufen, neuen Gesetzen unterworfen sind. Das führt dann im Fachdeutsch zu einem Verfahrensstillstand. Wer es genauer durchliest, da kommt es dann zu einem Verfahrensstillstand bei Verfahren, die von Gesetzes wegen in drei Monaten abgewickelt werden sollen, aber nicht nur in drei Monaten nicht fertig sind, sondern Verfahrensstillstand einmal von 28 Monaten, einmal 27, einmal 24. Es sind sehr viele Einzelfälle in Bezug auf die Staatsbürgerschaftsverfahren aufgezählt, 83 Fälle betreffend die MA 35 im aktuellen Bericht. Man muss sich einmal vorstellen, was so ein Verfahrensstillstand für die Person bedeutet, die dieses Verfahren angestrengt hat. Du gibst deine Anträge ab und es kommt kein Ja und kein Nein, sondern es kommt gar nichts, ein Jahr, zwei Jahre, ein bisschen länger als zwei Jahre. Jetzt hat die MA 35 viele Verbesserungen und viele Anstrengungen unternommen. Es wurden neue Dienstposten geschaffen. Es sind mehr Leute dort als vorher. Es ist umstrukturiert worden. Aber wir sehen gemeinsam, dass wir in Wien in Bezug auf die Staatsbürgerschaftsverfahren noch mehr machen müssen. Es werden auch nicht weniger. Es wäre natürlich dringend notwendig, dass wir neue Gesetze haben, die eine Beschleunigung schon deswegen logisch erscheinen lassen würden, weil die Verfahren dann einfacher abzuwickeln sind. Jetzt ist es sehr schwierig, und es dauert wahnsinnig lang. Auch wenn einzelne Parteien der Meinung sind, es soll schwer sein, eingebürgert zu werden, kann wohl niemandem zugemutet werden und niemand dafür sein, dass so ein Verfahren zwischendurch zwei Jahre ruht. Das gilt für jegliches Verfahren. Niemand will, dass er bei einer Behörde zwei Jahre lang gar nichts erfährt. Worauf ich kurz eingehen muss, ist - die Diskussion rund um die Mindestsicherung wird meine Kollegin Birgit Hebein aufgreifen - immer wieder die Diskussion darüber, wie hoch die Löhne sind. Immer wenn man sagt, die Löhne sind niedriger, als Antworten zu haben, dann werden Sozialleistungen zusammengeschnitten. Das ist schon eine Brutalität, der eigentlich bei jeder Wortmeldung hier zumindest von roter und grüner Seite widersprochen werden muss. Lesen Sie einfach den Einkommensbericht der Statistik Austria, der eh jedes Jahr erscheint. Wir haben es jetzt seit Jahrzehnten damit zu tun, dass die unteren Einkommen in Österreich verlieren. Das sind diejenigen, die nachher auf Sozialleistungen angewiesen sind. Es sind ja nicht die oberen Einkommen. Also, wenn unsere Einkommen nicht steigen, macht das keinen Unterschied für das Sozialsystem, weil niemand von uns dort zusätzlich etwas bekommt. Die untersten 10 Prozent in diesem Land haben die letzten fast 20 Jahre, seit 1998, ein ganzes Drittel ihres bescheidenen Gehaltes verloren. Und jetzt diskutieren wir darüber, ob wir irgendjemandem, der auch in der Größenordnung unterwegs ist, noch etwas wegnehmen. Das ist eine beschämende Diskussion, die bei dem Tagesordnungspunkt kommt, bei einem anderen Tagesordnungspunkt heute wieder und die ganze Diskussion in Österreich durchzieht, was geht und was nicht geht. Noch einmal, wir haben das letzte Woche rund um die Budgetdebatte auch gehabt. In einem Land, in dem es Wirtschaftswachstum gibt, auch wenn es ein kleines ist, in dem der Kuchen immer größer wird, ist immer mehr zum Verteilen da, auch wenn sich viele Rahmenbedingungen ändern. Aber im Wesentlichen ist jedes Jahr mehr zum Verteilen da. Wir hatten nur zwei Mal kein Wirtschaftswachstum seit dem Krieg, einmal wegen der Ölkrise in den 70er Jahren und ein Mal während der Finanzkrise. Sonst war immer ein Plus davor. Es war immer mehr da. Wenn irgendjemand sagt, Vermögenssteuern, oben irgendetwas wegnehmen, vielleicht die Löhne ganz oben nicht davongaloppieren lassen, dann ist Pause in dem Land. Das geht alles nicht. Aber ständig muss man sich eine Neiddebatte in der anderen Richtung anhören, was irgendjemand unten verdienen darf und was irgendjemand an Sozialleistungen kriegt. Das ist in einem Land, das reich ist, und das ist Österreich, und in einer Stadt, die reich ist, und das ist Wien, und in einem Land, in dem es Wirtschaftswachstum gibt, eine echte Zumutung! Man muss sagen, leider ist es erfolgreich. Sie führen den Diskurs erfolgreich, dass wir uns nichts mehr leisten können. Und es steigt die Zahl der Millionäre in diesem Land jedes Jahr. Jedes Jahr mehr Millionäre, nicht weniger! Übrigens, während diese Einkommen unten zusammengeschnitten sind, sind die oberen schon über der Inflationsrate gestiegen. Ist schon logisch! Die oberen 10 Prozent sind gestiegen. Die unteren 10 Prozent sind gefallen. Unten sind noch mehr! Am schärfsten hat es die ganz unten getroffen. Das sage nicht ich, sondern das sagt die Statistik Austria. Völlig unverdächtig. Das Zahlenmaterial wird auch von niemandem angezweifelt. Das heißt, wir sind uns sogar einig, dass es so ist. Die Antwort nachher ist, dass wir eine Neiddebatte gegen die führen, die zu wenig haben. Das finde ich sehr betrüblich, dass man das da ununterbrochen machen muss und dass man versuchen muss, dem zu widersprechen. Dass wir öffentlich den Diskurs im Moment verloren haben, gebe ich schon zu, aber wir werden nicht zuschauen, wie die FPÖ und die ÖVP und andere Zyniker und konservative Verteilungsfanatiker in die andere Richtung allen Menschen, die zu wenig haben, das Leben noch schwerer machen wollen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Frühmesser. Ich bitte darum. Abg. Lisa Frühmesser (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Im Namen der Freiheitlichen Fraktion möchte ich mich recht herzlich bei der Volksanwaltschaft und ihren Mitarbeitern für diesen aussagekräftigen Bericht bedanken! (Beifall bei der FPÖ.) Ich gehe näher auf das Thema Pflege ein. Ein Schicksalsschlag, der uns völlig unerwartet treffen kann und uns aus der bisherigen selbstständigen Lebensführung reißt, kann jeden von uns treffen. Die Pflege von Menschen ist eine hochwertige und aufwändige Aufgabe. Eine große Herausforderung in Wien ist die Sicherstellung einer hochwertigen und menschenwürdigen Pflege und Unterstützung für Pflegebedürftige und behinderte Menschen. Die Selbstbestimmung sollte hier immer im Vordergrund aller Maßnahmen stehen. Für das Jahr 2050 gehen Statistiken in Österreich von einer durchschnittlichen Lebenserwartung für Frauen von 90 Jahren und für Männer von 86 Jahren aus. Bereits 2030 wird der Anteil von über-65-jährigen Menschen an der Gesamtbevölkerung bei rund 25 Prozent liegen. Gleichzeitig sinkt der Anteil der erwerbstätigen Menschen deutlich. Wien ist auf diese Entwicklung nur unzureichend vorbereitet. Die kurzsichtig denkende Politik hat es bisher verabsäumt, die dafür notwendigen Weichenstellungen vorzunehmen. Auch wenn die dafür verantwortlichen Politiker auf den Pflegefonds verweisen, kann dieser jedoch das Problem nicht lösen. Denn neues Geld in alte Strukturen zu pumpen, löst hier sicherlich nicht das Problem. (Beifall bei der FPÖ.) Eine echte und nachhaltige Gesundheitsreform muss daher schnellstmöglich in Angriff genommen werden. Ein weiteres Problem, das die Unterbringung Bedürftiger im familiären Umfeld erschwert, ist die jahrzehntelang verfehlte Familienpolitik von Rot-Grün. Denn die Pflege und Betreuung im familiären Umfeld haben den Staat bisher kaum belastet. Auf Grund jahrelanger fehlgeleiteter linker Politik, die das Auseinanderbrechen der traditionellen Familienstruktur zur Folge hat, kommen auf den Staat hohe Kosten zu. Die Lebensqualität von Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf kann durch eine vorausschauende, nachhaltige und soziale Politik, die sich von sozialistischen Einheitsstrukturen abwendet, verbessert werden. Hierzu einige Beispiele an Maßnahmen von uns Freiheitlichen, die für eine menschenwürdige Betreuung notwendig sind: bessere Förderung des barrierearmen Bauens auch im privaten Wohnbau und im gesamten Freizeit- und Kulturraum, Einrichtung von Kompetenzzentren für Angehörige, die ihre Verwandten zu Hause pflegen. Die Überwachung und die Kontrolle der Pflegeeinrichtungen im Sinne des Wohls der Pflegebedürftigen haben durch eine öffentliche Hand und gründlich zu erfolgen. Die neuen Pflegebedürfnisse unserer Zeit fordern neue Typen von Pflegezentren, zum Beispiel für die immer stärker zunehmenden Demenzerkrankungen. Positiv hervorzuheben ist, dass der Bericht der Volksanwaltschaft an den Wiener Landtag auch auf die Herausforderung Demenz aufmerksam macht. Dem Bericht zufolge sind demenzielle Erkrankungen im fortgeschrittenen Stadium der häufigste Grund für einen Umzug vor allem alleinlebender Menschen in ein Alten- oder Pflegeheim. Natürlich steigen auch die Erwartungen der Angehörigen, was diese Einrichtungen den Pflegebedürftigen in deren Langzeitbetreuung als letzter Wohnort, als letztes Zuhause leisten sollten. Die Lebensqualität der Pflegebedürftigen steigt, wenn nicht nur auf die Grundbedürfnisse, wie etwa Essen, Trinken, Hygiene Wert gelegt wird, sondern wenn auch die psychosoziale und rehabilitative Versorgung gewährleistet wird. Meiner Meinung nach ist es wünschenswert, eine Hilfestellung in all den Bereichen der Bedürfnisbefriedigung, angefangen von der Grundpflege über das Bedürfnis nach sozialen Kontakten, Information, Geborgenheit, Sicherheit und vieles mehr anzubieten. Neben der Abdeckung der Bedürfnisbefriedigung in allen Bereichen und den notwendigen bundeseinheitlichen Grundlagen für die Sicherstellung von Personalbedarfsberechnungen sowie für einheitliche Strukturparameter ist eine wesentliche Aufgabe der Pflege, dafür zu sorgen, dass der Pflegebedürftige nicht noch mehr zu Schaden kommt. (Beifall bei der FPÖ.) Ein großes Thema ist die Prävention des Wundliegens, deren Hauptursachen Druck, Liegedauer sowie Reib- und Scherkräfte sind. Hier ist zu unterstreichen, dass große Anstrengungen unternommen werden, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Hervorzuheben ist die seit mehreren Jahren erfolgreich arbeitende große Wundvereinigung Österreichs, deren einziges Ziel die Erforschung von neuen Wegen zur Prävention des Dekubitus ist. Sehr löblich ist die Anregung der Volksanwaltschaft, die Forschungsliteratur zum Thema Prävention aufzuarbeiten, in dessen Zentrum die Prävention zur Verhütung von Menschenrechtsverletzungen steht. Eine der Menschenwürde und Menschenrechten ausgerichtete Pflege unter Wahrung der persönlichen Freiheit ist unabdingbar. Im September 2013 fand die Staatenprüfung Österreichs zur Umsetzung der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung statt. Die Ergebnisse bestätigen die jahrelange Kritik seitens uns Freiheitlichen. Feststeht, dass ein großer Aufholbedarf und dringender Handlungsbedarf bestehen, vor allem in dem folgenden Punkt, der Fehlplatzierung junger Menschen in Pflege- und Altersheimen. Deren Konzepte bieten kein geeignetes Lebensumfeld für deutlich jüngere Menschen, da sie auf hochaltrige und demenzkranke Personen ausgerichtet sind. Abschließend möchte ich mich noch einmal im Namen der Freiheitlichen Fraktion recht herzlich bei der Volksanwaltschaft und ihren Mitarbeitern bedanken! (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Florianschütz. Ich bitte darum. Abg. Peter Florianschütz (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Lassen Sie mich am Anfang einen kurzen Gedankengang über die Volksanwaltschaft an sich und das Verhältnis, das wir als Exekutivorgan der Gemeinde zur Volksanwaltschaft haben, äußern. Ich habe unlängst ein Gespräch mit einer Magistratsdienststelle über die Frage geführt, ob man sich vor der Volksanwaltschaft fürchten muss. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Ein bisschen!) Die Antwort lautet: Nein, vor der Volksanwaltschaft muss man sich nicht fürchten. Die Volksanwaltschaft ist eine Partnerin der Gemeinde in der Verbesserung der Leistungen für die Bürger. So gesehen sitzen wir im selben Boot. Dafür möchte ich mich bei Ihnen ausdrücklich und herzlich bedanken, denn dieses Bemühen ist von Erfolg gekrönt! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Das ist auch der Grund, warum ich davor warnen möchte, ein Spiel, das die Opposition des Öfteren spielt, zu betreiben, nämlich einen Bericht der Volksanwaltschaft zu nehmen, sich etwas herauszusuchen und zu sagen, das funktioniert nicht. Das ist nicht der Sinn der Volksanwaltschaft. Der Sinn der Volksanwaltschaft ist, uns Anregungen zu geben und uns in unserem Bemühen, optimale Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu erzielen, zu unterstützen. Das gelingt auch. Auch dafür möchte ich mich bei der Volksanwaltschaft sehr herzlich bedanken! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich weiß, die Aufgabe der Volksanwaltschaft ist nicht einfach, erstens auf Grund der Anzahl der Beschwerdefälle, 19.648 in ganz Österreich. Das ist nicht nichts. 1.176 Personen haben sich in Wien an die Volksanwaltschaft gewendet. Das ist eine Steigerung von 10 Prozent und das zeigt uns 2 Dinge: Erstens ist die Volksanwaltschaft bei der Bevölkerung angesehen, und ihre Hilfe und Unterstützung werden angenommen. Zweitens, und das muss man auch sagen, trotz des ungeheuren Aufwands der Volksanwaltschaft muss man sehen, dass bei den abertausenden Verwaltungsakten, die im Bereich des Landes und der Gemeinde Wien erfolgen, 1.176 nicht die Mehrzahl der Fälle ist. Das heißt, die Beschwerden bei der Volksanwaltschaft betreffen eine Minderheit an Verwaltungsfällen. Trotz alledem nehmen wir das sehr ernst. Trotz alledem bin ich stolz und froh darüber, dass wir die überwiegende Mehrzahl dieser Fälle positiv abwickeln können. In dem Zusammenhang, wie gesagt, Dank und Anerkennung an die Volksanwältin, an die Volksanwälte, aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksanwaltschaft. Ich weiß, wie motiviert, und ich weiß, mit welcher Freude an das Unterfangen herangegangen wird. Das fordert jedenfalls Lob und Anerkennung heraus. Darum finde ich es auch so wichtig, dass die Volksanwaltschaft in ihrem Vorhaben für die nächste Periode die bürgernahe Kommunikation in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen gestellt hat. Wir hatten letztes Jahr 84 Sprechtage mit 505 Vorsprachen. Das ist eine Steigerung im Vergleich zum letzten Mal. Das zeigt auch, wie sehr eine Auseinandersetzung der Volksanwaltschaft als Institution mit dem Volk, das sie zu repräsentieren und zu vertreten hat und dem sie zu helfen hat, eigentlich funktioniert. Ich verschweige mich nicht, ich habe öfters Sprechstunden, ein Mal die Woche mindestens, und treffe dort eine ganze Menge Menschen, die mit Anliegen kommen, und das sind viele Beschwerden über die Behörden. Also, ich bin nicht so professionell wie Sie, aber ich kriege das auch ein bisschen mit. Öfters, gebe ich zu, habe ich Leuten schon den Rat gegeben, zur Volksanwaltschaft zu gehen. Wenn nichts anderes nützt, sollen sie zur Volksanwaltschaft gehen. Ich weiß, mit welcher Wertschätzung und mit welchem Zuvorkommen diese Leute dort behandelt worden sind. Dafür möchte ich mich auch sehr herzlich bei Ihnen bedanken! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Wie gesagt, grundsätzlich ist die Volksanwaltschaft eine Hilfestellung und ein Korrektiv für die Verwaltung. Darum ist es wichtig, sich genauestens anzuschauen, welche konkreten Fälle es dann betrifft. Ich habe mir drei Kapitel herausgesucht, lustigerweise welche, die heute schon angesprochen worden sind, weil das offensichtlich auf der Seele brennt. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung als Erstes: Die MA 40 wird dort gelobt, sie leistet gute Arbeit. 15 Fälle im Bericht betreffen die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, wovon 14 so erledigt worden sind, wie es die Volksanwaltschaft vorgeschlagen hat und 1 Fall offen ist. Das ist ein guter Schnitt, spricht für die erfolgreiche Zusammenarbeit und spricht auch dafür, dass die Anregungen der Volksanwaltschaft seitens des Magistrats ernst genommen werden. Damit etwas Grundsätzliches zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung, weil das immer so strittig und in Frage ist: Es wird hier der Eindruck erweckt, als wäre die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ein Vollerwerbsmodell von Schurkinnen und Schurken, die den Staat ausnützen. Meine Damen und Herren, 80 bis 90 Prozent der BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung beziehen sie neben Einkünften, weil diese so gering sind. Und ein heißer Tipp an die Konservativen in diesem Saal: Wie wäre es eigentlich, wenn man ordentliche Löhne und Gehälter zahlen würde, damit die Leute das nicht notwendig hätten? Das wäre auch eine Entlastung des Sozialsystems. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Was natürlich nicht geht, ist, auf der einen Seite zu sagen, schnelle Verfahren, strenge Prüfung, keine Leistungen gewähren und gleichzeitig billige Arbeitsplätze für die Wirtschaft zu fordern. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hat aus meinem Verständnis unter anderem den Vorteil und die Aufgabe, dass sich Menschen nicht unter Wert verkaufen müssen. Darum stehe ich zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Jeder Versuch, diese Grundsicherungssozialleistung, die natürlich eine Trampolinfunktion hat, anzutasten, ist ein Rückschritt ins vorige Jahrhundert und wird unsere Zustimmung nicht finden! Ganz im Gegenteil, das werden wir bekämpfen, meine Damen und Herren! Zur zweiten Frage, der langen Dauer der Verfahren der Staatsbürgerschaft: Es waren 27 Fälle, die inzwischen überwiegend positiv geregelt worden sind. Es ist heute schon angesprochen worden vom Kollegen Ellensohn, das hängt meiner Einschätzung nach auch ein bisschen damit zusammen, und da würde ich gerne auch einmal den Dialog mit der Volksanwaltschaft führen, dass die gesetzliche Lage für die MA 35 nicht immer überblickbar und nicht immer klar ist. In Wirklichkeit ist es halt schon auch so, dass das österreichische Staatsbürgerschaftsgesetz im Kern auch ein Gesetz für das Nichtverleihen der österreichischen Staatsbürgerschaft ist, weil einfach ist es nicht und kompliziert ist es schon. Würde man sich politisch dazu verstehen, dass Österreich ein Einwanderungsland ist, die Stadt Wien eine Einwanderungsgesellschaft ist und die dementsprechenden Gesetze dementsprechend adaptieren und anpassen, wäre alles sehr viel einfacher. Das wäre wünschenswert. Aber das ist vielleicht der Weg in die Zukunft, wie wir lange Verfahrensdauern durch klare Regelungen vermeiden können. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Und die Staatsbürgerschaft bekommt man dann einfach geschenkt!) - Nein, nicht geschenkt! Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, klare Regelungen und kurze Verfahren. Aber ein Staatsbürgerschaftsrecht, das Zuwanderung und die daraus folgenden Rechtsstellungen begünstigt, wäre wünschenswert und würde uns wahrscheinlich helfen. Ich weiß, Sie sehen das skeptisch, aber ich sehe das halt schon so. Last but not least die Frage Wohnbau, Stadterneuerung: Wiener Wohnen ist mit sechs Fällen hier angeführt. Das sind die ewigen Brenner, wie Durchlauferhitzer und Schimmel. Von diesen sechs Fällen wurden fast alle Fälle positiv abgewickelt. Beim Schimmel gab es keine Lösung, was ich bedauerlich finde, weil der Schimmel ein Dauerproblem ist. Ich gehe aber davon aus, dass auf Grund der neuen Orientierung von Wiener Wohnen, wofür ich mich auch sehr herzlich bedanken möchte, in Richtung Kundenfreundlichkeit und Service, wo auch sehr viel geschehen ist, auch in der Zusammenlegung und Eröffnung des Kundenzentrums, wir einen Fortschritt erreicht haben und dass in Zukunft, zumindest ist das meine Hoffnung, die Beschwerden an die Volksanwaltschaft dort tendenziell abnehmen werden, und zwar nicht deshalb, weil sich die Leute nicht trauen, sondern weil sie keinen Grund mehr haben. So optimistisch bin ich. Abschließend nochmals vielen herzlichen Dank an Sie und Ihre Mitarbeiter bei Ihrer wichtigen Tätigkeit! Ich wünsche Ihnen auch viel Glück und Erfolg und besonders viel Energie für Ihre Prüftätigkeit und für Ihre Anregungen im nächsten Jahr! - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Mag. Manfred Juraczka. Bitte. Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Volksanwaltschaft! Nachdem unsere Erstrednerin, Kollegin Korosec, als profunde Kennerin der Volksanwaltschaft schon vieles vorweggenommen hat, möchte ich es ganz kurz machen. Aber ich möchte mich auch dem schon mehrfach ausgesprochenen Dank an die Herrschaften ganz explizit anschließen. Wir hatten - Sie werden das nicht wissen - gestern Rechnungshofpräsident Moser, den Repräsentanten einer ganz wichtigen Kontrollinstanz in diesem Land, hier. Er hat ein beeindruckendes Plädoyer für die Notwendigkeit der Kontrolle gehalten. Für mich ist die Volksanwaltschaft noch viel mehr als nur ein Kontrollorgan. Sie hat nämlich die großartige und so dringend notwendige Aufgabe, Bevölkerung und Verwaltung zueinander zu führen. Das ist, gerade wir als gelernte Wiener wissen das nur zu gut, gar nicht immer so einfach. Die heute schon mehrfach angesprochene Zahl der Anträge und Beschwerden, in Wien sind es immerhin 1.176, zeigt die Notwendigkeit der Volksanwaltschaft. Ich muss ganz offen sagen, eine Zeit ohne Volksanwaltschaft, und dieses Organ gibt es in der Verfassung unseres Landes erst seit 1977, ist für mich gar nicht mehr vorstellbar. Ich möchte, nachdem schon sehr viel zur Pflege, zur Mindestsicherung und vielem anderen gesagt wurde, ein ganz spezielles Kapitel aus dem Bericht der Volksanwaltschaft herausgreifen, das auch sehr gut zeigt, dass die Volksanwaltschaft unmittelbar dazu beitragen kann, Probleme zu verbessern, zu beheben. Das haben wir beim Thema Verkehr hautnah miterleben können. Wie haben wir denn den Sommer 2014 wahrgenommen? Ich sage nur, Wiener Westeinfahrt und ein Chaos ungeahnten Ausmaßes. Was hat man dort gemacht? Man hat hurtig bei der Westeinfahrt gebaut und übersehen, dass man unangenehmerweise in der Hietzinger Hauptstraße und in der Linzer Straße zeitgleich ebenso Baustellen größeren Ausmaßes hatte. Am anderen Ende Wiens hat dann die komplette Baustelle bei der Gürtelbrücke dazu geführt, dass im Sommer 2014 tagelang auf unseren Straßen fast gar nichts mehr ging. Die unmittelbare Folge daraus war - meine Damen und Herren, Sie wissen, ich bin ansonsten kein besonderer Freund des Wesens, das die GRÜNEN eingeführt haben, für alles und jedes Koordinatoren, Beauftragte einzusetzen - ein Baustellenkoordinator, der eingeführt wurde und schon im Sommer 2015 seine Existenz durchaus nachvollziehbar erscheinen hat lassen, weil der Sommer 2015 war dann, vielleicht auch geschuldet einem Wahljahr, für die Autofahrer in dieser Stadt schon wesentlich erträglicher. Erlauben Sie mir aber auch, dass ich, obwohl ich es eigentlich nicht vor hatte, auf meine beiden Vorredner, nämlich den Kollegen Ellensohn und den Kollegen Florianschütz, betreffend Mindestsicherung eingehe. Ich glaube, was der Kollege Florianschütz unmittelbar vor mir gesagt hat, ist eine sehr gefährliche Formulierung. Er hat nämlich wortwörtlich hier gesagt, für ihn sei die Mindestsicherung Garant dafür, dass sich niemand unter seinem Wert verkaufen muss. Meine Damen und Herren, das kann die Bedarfsorientierte Mindestsicherung natürlich nicht sein. Auswahlmodell: Will ich um den Betrag X arbeiten, oder will ich lieber in die Mindestsicherung gehen? So kann man Sozialhilfe in dieser Stadt nicht verstehen! Ich bekenne mich, genauso wie Ingrid Korosec, voll und ganz dazu, dass sie ein Trampolin für Menschen in Not sein soll, aber eben nicht die Hängematte. Wenn der Kollege Ellensohn, und wir hatten die Diskussion schon gestern an gleicher Stelle, einfach nicht verstehen will, dass es sinnvoll ist, Arbeitseinkommen jedenfalls höher darzustellen als Transferzahlungen, dann habe ich das Problem oder dann sehe ich einfach die Situation, dass wir völlig unterschiedliche Auffassungen von dem Sozialstaat haben. (Abg. David Ellensohn: Höhere Löhne!) Kollege Ellensohn, wenn Sie uns jetzt als zynisch bezeichnen, halte ich das aus! Wenn Sie uns in weiten Teilen unserer Argumentation nicht folgen können, halte ich das aus! Aber, bitte, wenn Sie sagen, es ist für Sie unerträglich, sich unsere Debattenbeiträge anhören zu müssen, ganz offen gesagt, dafür werden Sie gar nicht einmal schlecht bezahlt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ich bitte schon, dass wir hier auch intellektuelle Redlichkeit in der Debatte weiter voranstellen, weil nur so werden wir zu einem Modell kommen, das in der Sozialpolitik sicherstellt, dass den Ärmsten der Armen - da sind wir d'accord - geholfen wird, aber dass dieser kleine Prozentsatz, der vielleicht Sozialhilfe falsch versteht - ich sage es einmal sehr vorsichtig - dazu bewogen wird, wieder an einer Leistungsgesellschaft teilzuhaben. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich feststellen, dass Herr Abg. Jung ab jetzt wegen des Besuches eines Begräbnisses entschuldigt ist. Nächste Debattenrednerin ist Frau Abg. Hebein. Bitte darum. Abg. Birgit Hebein (GRÜNE): Werte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geschätzte Volksanwaltschaft, auch ich möchte Sie herzlich begrüßen und Ihnen vorweg natürlich für Ihre enorm wichtige Arbeit danken. Sie sind quasi, und nennen sich auch so, eine Rechtsschutzeinrichtung, wo jede Bürgerin/jeder Bürger in Wien zu ihren Rechten kommen muss und kommen kann. Das ist individuell sehr entscheidend. Darüber hinaus zeigen Sie natürlich Systemlücken auf und machen Verbesserungsvorschläge. Das kann nur in unser aller Interesse sein. Dafür möchte ich Ihnen herzlich danken! Weiters finde ich auch die präventive Menschenrechtskontrolle, die Sie seit einigen Jahren machen, sehr wichtig. Hier geht es um Kontrolle von Menschenrechten, die Sie immer wieder durchführen. Auch hier sei Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sehr gedankt. Ich werde, wie schon angekündigt, meinen Kollegin David Ellensohn ergänzen und vor allem über die Mindestsicherung sprechen. Auch hier sieht man, dass Sie konkret an einzelnen Schicksalen aufzeigen, wie enorm wichtig es ist, dass Menschen die Mindestsicherung erhalten. Hier geht es um Existenzen. Jedes einzelne Schicksal, das nicht zu seinem Recht kommt, ist eines zu viel. Sie betonen aber gleichzeitig, und das halte ich auch für außerordentlich wichtig, dass die MA 40 eine gute Arbeit leistet, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort sehr engagiert sind und es in den meisten Fällen zu guten Lösungen gekommen ist. Was Sie aber auch aufzeigen und klar machen, ist, dass die Mindestsicherung sicher kein Mittel zur Armutsbekämpfung ist, dass es nicht heißt, wenn man das Minimum zum Leben hat, dass man dadurch automatisch an der Gesellschaft teilhaben kann. Es betrifft dann natürlich alle Bereiche, wie Bildung, Wohnen, Teilhabe und Perspektiven für die Zukunft. Es stimmt, die Zahlen steigen und sie sind sehr ernst zu nehmen. Insofern muss und werde ich auch gerne auf die aktuelle Diskussion eingehen, die jetzt auf politischer Ebene sehr intensiv geführt wird, und noch ein paar Fakten festhalten, weil ich das für sehr wichtig finde. Das eine ist, vor allem an die ÖVP gerichtet, vielleicht halten wir einmal fest, dass mehr als die Hälfte der MindestsicherungsbezieherInnen Kinder, Menschen mit schwerster Behinderung, Menschen, die keinen Pensionsanspruch haben und kranke Menschen sind. Das ist einmal das eine. Das andere ist, dass die meisten Menschen, meine Vorredner haben es schon gesagt, 80 bis 90 Prozent, ein Einkommen haben, aber von diesem nicht leben können. Das heißt, wir reden hier nicht davon, dass Familien 2.000 EUR kriegen und nichts tun, sondern wir reden davon, dass es eine durchschnittliche Aufzahlung von 300 EUR in Wien gibt. Das halte ich für total wichtig, weil ich nicht will, und das habe ich Ihnen persönlich gesagt, Frau Abg. Korosec, dass wir hier eine Neiddebatte schüren, und diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen, weil ich nicht will, dass wir auf Menschen hinuntertreten, die es eh schon schwer genug haben, sondern klar zu machen, dass die Mindestsicherung ein Rechtsanspruch unter bestimmten Bedingungen ist, in Wien übrigens unter sehr strengen Bedingungen, notwendige Unterstützung zu bekommen. Was heißt das konkret? Das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, dass es Sanktionsmaßnahmen geben soll, wenn jemand die Arbeit nicht annimmt, gibt es bereits. Ich bitte Sie, auch das zur Kenntnis zu nehmen. Die Arbeitsbereitschaft ist eine der Voraussetzungen, um überhaupt Mindestsicherung zu erhalten. Wenn sich jemand weigert, Arbeit anzunehmen, wird zuerst ein Viertel gekürzt, dann die Hälfte, bis zur Kürzung der gesamten Mindestsicherung. Was ich auch sehr wichtig und entscheidend finde, weil das vor allem in der medialen Debatte immer wieder vermischt und auch bewusst von der FPÖ angeheizt wird, ist, dass EU-BürgerInnen keinen Anspruch auf eine Mindestsicherung haben, weil man dazu eine Aufenthaltsbewilligung braucht und man diese nur bekommt, wenn man eine Arbeit hat. Das heißt, unsere Mindestsicherung ist an das Sozialversicherungssystem gekoppelt. Noch etwas, Herr Abg. Juraczka, ich weiß nicht, ob Sie selektiv zuhören. Mein Kollege Ellensohn hat davon gesprochen, dass es höhere Arbeitseinkommen braucht, dass die Reallöhne sinken und es dringend notwendig ist, wenn man wirklich Armut bekämpfen will, dass es höhere Löhne gibt, dass es Mindestlöhne gibt, von denen „man und frau“ leben kann, dass wir endlich sachlich über eine Arbeitszeitverkürzung reden, dass wir endlich darüber reden, dass Arbeit geschaffen wird, von der alle Menschen leben können, und dass wir nicht bereit sind, in einem der reichsten Länder, in einer der reichsten Städte immer wieder nach unten zu treten und auf die Menschen, die es eh schon schwer genug haben, noch verstärkt Druck auszuüben. Bitte nehmen Sie das einmal sachlich zur Kenntnis! Wir haben mit Frau Abg. Korosec vorher auch vereinbart, wir versuchen es einmal sachlich. Ich möchte Ihnen noch Zahlen nennen, die meine Kollegin Huemer dankenswerterweise jetzt noch herausgesucht hat. Sie wissen, dass es mit der Statistik oft etwas schwierig ist, aber ich sage Ihnen zumindest die Zahlen der offenen Stellen, die jetzt beim AMS gemeldet sind, nur um die Relationen zu begreifen. Es werden natürlich nicht alle offenen Stellen dem AMS genannt, aber zur Zeit ist es so, dass 5.706 offene Stellen von Unternehmen und 124.948 Erwerbsarbeitslose beim AMS gemeldet sind. Das heißt, auf eine offene Stelle kommen 21,9 Arbeitssuchende. Wenn man noch die Personen in den Schulungen dazunimmt, sind es 26,8 Arbeitssuchende. Auch ein Faktum, wenn wir hier von Armut, Mindestsicherung und Chancen in Wien und davon, wohin sich unser Land entwickelt, reden. Das Positive, vielleicht sogar eine Entlastung für die Volksanwaltschaft, behaupte ich, ist, dass wir von Rot-Grün natürlich immer wieder darüber nachdenken, wie man unser System weiterentwickeln kann, wie wir der Bevölkerung vermitteln können, dass „man und frau“ sich auch darauf verlassen kann, hier in Wien zu ihren Rechten zu kommen. Wir haben jetzt vereinbart, dass es eine Einrichtung Recht auf Recht geben wird, eine sehr niederschwellige Einrichtung mit einem multiprofessionellen Team, weil sich immer mehr Menschen aus der Bürokratie nicht mehr heraussehen, muss man ehrlich dazusagen, ob jung, alt, behindert oder nicht behindert, dass wir hier eine weitere Anlaufstelle schaffen. Das Zweite, was wir auch machen, ist, dass wir bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen für mehr Rechtssicherheit sorgen werden. Hier wird es eine Beschwerdestelle geben. Das Dritte, was sowieso laufend seit Jahren gemacht wird, ist, es sehr ernst zu nehmen, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Vorschläge machen, mehr Bedarf an Personal haben beziehungsweise seit letztem Jahr haben wir auch schon eine ExpertInnengruppe, also MitarbeiterInnen der MA 40, die definitiv dafür zuständig ist, bei der Energieunterstützung zu helfen, die oft mehrere soziale Probleme dahinter verborgen hat. Das heißt, noch einmal, in aller Klarheit, Frau Abg. Korosec, wir können gern darüber reden, weil Sie haben in Ihrem Antrag auch einen Wiedereinsteigerbonus eingebracht. Diskutieren wir darüber. Das heißt, wir GRÜNEN werden der Zuweisung zustimmen. Ich möchte nur noch einmal klarstellen, ich werde im 21. Jahrhundert sicher nicht mit Ihnen darüber diskutieren, dass wir wieder Gutscheine für Lebensmittel ausgeben werden! Sicher nicht! Das ist eine unsagbare Respektlosigkeit! Das steht in Ihrem Antrag! Und darin steht auch, dass Sie eine Umstellung auf Sachleistungen beziehungsweise Direktzahlungen im Zusammenhang mit dem Essen wollen. – Das kommt ja überhaupt nicht in Frage! Außerdem steht in Ihrem Antrag, dass die Finanzpolizei jetzt Familien kontrollieren soll, die Mindestsicherung beziehen. – Wie habe ich mir das denn vorzustellen? Klopft dann jemand an der Tür und schaut nach, ob jemand zwei Liter Milch und vier Tuben Zahnpasta hat? Was haben Sie da vor? Das heißt: Wenn wir darüber diskutieren sollen, dass wir alles tun wollen, damit Menschen zu ihren Rechten kommen und Menschen, die in unserer Stadt leben, Unterstützung erhalten und Perspektiven bekommen, dann reden wir darüber! Reden wir etwa über die Jugendunterstützung, die Rot-Grün jetzt beschlossen hat, weil auch das eine Gruppe von Menschen ist, die wächst. Auch in diesem Bereich wollen wir eine Verfestigung der Armut durchbrechen und mit einem Anreizsystem Perspektiven schaffen. Wenn wir darüber sprechen, dann reden wir aber sachlich darüber, nicht jedoch so, dass es auf Kosten der Menschen geht. – Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke für die Wortmeldung. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Mag. Kowarik. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Präsident! Meine Dame und meine Herren Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu meinem eigentlichen Thema komme, nur einen Hinweis auf die jetzige Diskussion, die ich durchaus interessiert verfolgt habe, wobei ich zugebe, dass das nicht mein erstes Thema ist. Ich habe allerdings jetzt vernommen, dass auch Frau Kollegin Hebein über die überbordende Bürokratie und darüber gesprochen hat, dass das für viele Menschen schwierig ist, dem zu folgen. Ich glaube, das ist ein generelles Problem unserer Gesellschaft und betrifft nicht nur die Schwächsten der Gesellschaft, sondern fast alle Bereiche der Gesellschaft. Man bekommt das auch mit, wenn man in einem rechtlichen Beruf arbeitet. Was da auf einen zukommt, ist enorm! Das ist ein generelles Problem, und ich glaube, dass es wirklich wert wäre, dieses zu lösen. Jetzt planen Sie die Schaffung einer Anlaufstelle, so wie ich das verstehe. Wird diese implementiert? – Das ist allerdings vielleicht nur sozusagen eine Symptombekämpfung. Es liegt aber jedenfalls auch an uns als Gesetzgebung – heute Landtag – und auch an der Gemeinde als Körperschaft, die auch Verordnungen und Regeln erlässt, diese verständlich zu machen. Und das ist nicht nur unser Bier, wobei uns das natürlich auch als Rechtsunterworfene etwas beziehungsweise sehr viel angeht. Vor allem ist das aber Bundessache. Daher muss der Bundesgesetzgeber dazu aufgefordert werden, die Gesetze nicht so zu formulieren, dass sie, und zwar teilweise auch für Spezialisten, nicht mehr verständlich sind. Ich denke jetzt etwa an diverse Regelungen der Immobilienertragssteuer, um nur ein Beispiel heranzuziehen, das mich in meiner Berufstätigkeit derzeit sehr stark betrifft. Ich möchte bei dieser Diskussion insbesondere einen Punkt berücksichtigen beziehungsweise lege darauf Wert, dass dieser berücksichtigt wird: Wir reden hier über Leistungen, die teilweise sehr wichtig und notwendig sind und die in einem Sozialstaat auch selbstverständlich sein sollten. Ich bitte aber, auch immer zu bedenken, dass diese Leistungen, die wir ausschütten, auch erwirtschaftet werden müssen. Dabei müssen auch jene berücksichtigt werden, die bereit sind und auch die Möglichkeit haben, zur Erwirtschaftung unserer Steuermittel beizutragen, und man muss sich daher auch bei der Gesetzgebung – wir sind heute im Landtag – dementsprechend überlegen, wie man die Leute dazu anleiten kann, noch mehr zu leisten und damit auch mehr für die Gemeinschaft zu leisten, indem sie mehr Steuer zahlen. – Ich habe allerdings den Eindruck, dass derzeit genau der gegenteilige Weg beschritten wird. Das nur dazu. Jetzt aber zum eigentlichen Punkt: Auch ich darf mich bei den Volksanwälten für ihre Arbeit bedanken. Ich weiß, dass die Volksanwaltschaft für viele Menschen, die bei der Behörde bereits alle Möglichkeiten ausgenutzt haben, der letzte Anlaufpunkt ist, um es einmal so zu formulieren. Das betrifft auch wiederum alle Gesellschaftsschichten, und mitunter sind es sogar Gemeinderäte, die sich an die Volksanwaltschaft wenden. Es gibt auch einen konkreten diesbezüglichen Fall in diesem Bericht: Im Konkreten hat sich nämlich GR Kowarik an die Volksanwaltschaft gewendet, und mein Fall hat dann auch Niederschlag im uns vorliegenden und jetzt zu verhandelnden Bericht der Volksanwaltschaft an den Wiener Landtag 2014 gefunden. – Daher danke ich Ihnen auch persönlichen, dass Sie auch meine Anliegen beurteilt haben, und zwar recht gut beurteilt haben, wie ich meine. Worum geht es? – Dieses Thema hat sich auch schon gestern durch die Diskussion gezogen, und zwar diesfalls eher betreffend den Bereich der Umwelt. Es geht im Wesentlichen um das Recht der Gemeinderäte auf Akteneinsicht, und ich werde hoffentlich einstimmige Zustimmung finden, dass gerade die Akteneinsicht beziehungsweise die Arbeit des Gemeinderats und des Abgeordneten mit den Akten ganz wesentlich für unsere Tätigkeit ist, ohne welche es gar nicht geht. Was ist geschehen? – Mir ist es so ähnlich ergangen wie den Kollegen im Umweltausschuss, die das gestern schon ziemlich drastisch und wirklich gut dargestellt haben, dass nämlich die Information, die wir als Gemeinderäte bekommen, enden wollend ist, um das einmal freundlichen auszudrücken, meine Damen und Herren. Ich selber hatte ein diesbezügliches Ersuchen gestellt, und zwar zuerst an den Magistrat. Es ging um einen Fall, der mich selbst betroffen hat. Ich habe ein Prüferersuchen an das Kontrollamt, wie es damals noch hieß, beziehungsweise an den jetzigen Stadtrechnungshof gestellt. Es ging um Informationen zu diversen Presseförderungen oder Ausgaben im Zusammenhang mit dem PID. Uns war ein Bericht vom Kontrollamt beziehungsweise vom Stadtrechnungshof vorgelegt worden. Ich war damals sogar Ausschussvorsitzender und habe als solcher gebeten, dass ich in die zugrunde liegenden Akte dieses Geschäftsstückes Einsicht bekomme. Das wurde mir mit dem Hinweis verweigert, dass es eine Unterscheidung in der Geschäftsordnung gibt, die übrigens durchaus einmal anzudiskutieren wäre; das wäre auch ein Fall für die Arbeitsgruppe, die Frau Kollegin Kickert vorher angesprochen hat. Bei der Begründung der Verweigerung wurde Bezug genommen auf § 17 unserer Geschäftsordnung, wo ausgeführt wird, dass jedes Mitglied des Gemeinderates ein Recht auf Einsichtnahme in jene Geschäftsstücke hat, die auf Grund der bekannt gegebenen Tagesordnung dem Gemeinderat vorliegen. Tatsache ist, dass das vom Magistrat so interpretiert wird, dass das, was vorgelegt wird, das Geschäftsstück ist. Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass das nicht ganz abwegig ist. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht! Zumindest für einen Oppositionspolitiker ist das jedoch extrem unbefriedigend, weil man auf das angewiesen ist, was einem der Magistrat zur Verfügung stellt. Ich hätte nämlich gerne in alles Einblick, denn ich bin immerhin gewählter Gemeinderat und Landtagsabgeordneter und glaube, dass mir im Sinne der grundsätzlichen Einrichtung des Gemeinderates als höchstem Organ der Gemeindeverwaltung sehr wohl das Recht zustehen muss, in alle Akte Einblick zu nehmen! (Beifall bei FPÖ, ÖVP und NEOS.) Es gibt aber eine konkrete Bestimmung, auf die ich mich bezogen habe, nämlich auf § 17 Abs. 4, wo dann noch ein bisschen etwas über den Abs. 3 Hinausgehendes normiert wird, und zwar: „Jedes Mitglied des Gemeinderats hat, sofern dem kein gesetzliches Hindernis entgegensteht,“ – was auch immer das ist – „weiters das Recht auf Einsichtnahme in solche Beschlussakten des Gemeinderates oder eines Ausschusses einschließlich der für diese Beschlüsse maßgeblich gewesenen Akten oder Aktenteile, welche mit einem auf der bekannt gegebenen Tagesordnung stehenden Geschäftsstück in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen und noch nicht skartiert sind.“ So schnell wird das Ganze ja hoffentlich nicht skartiert. Darauf habe ich mich bezogen und habe dann, nachdem der Akt den Ausschuss bereits verlassen hatte, beim damaligen Vorsitzenden des Gemeinderates – der sich, wie Sie sich vorstellen können werden, sehr gefreut hat – dieses Ansuchen gestellt. Darauf hat er mir die Rechtsmitteilung des Verfassungsdienstes übermittelt, dass das erst dann der Fall sein wird, wenn der Akt schon beschlossen wurde. Sie nehmen also Bezug darauf, dass das ein Beschlussakt ist. Darüber, was für einen Sinn es hat, in historische Akten Einblick zu nehmen, und ob es nicht gescheiter wäre, in aktuell zu beschließende Akte oder Aktenstücke Einsicht zu nehmen, muss man, wie ich glaube, nicht sehr viel diskutieren, zumindest nicht aus Sicht eines Gemeinderates, der Information haben will. Dieser Fall hat dann sogar den Weg zum Rechtspanorama der „Presse“ gefunden, und der Verfassungsexperte Bernhard Christian Funk hat die Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes wie folgt beurteilt – ich zitiere wörtlich: „Das ist eine mehr als eigenwillige Interpretation. Die genannte Ansicht lässt sich nicht aus der Geschäftsordnung ableiten. Es schaut so aus, als habe man zuerst die gewünschte Rechtsmeinung gehabt und erst danach eine Begründung gesucht.“ – So der emeritierte Professor des Instituts für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien. Ganz so, wie das der Verfassungsdienst als Wahrheit verkauft, ist es also auch wieder nicht. – Soll so sein. Ich hab es dann sogar, soweit mir erinnerlich ist, nachdem der Akt im Gemeinderat beschlossen worden war, noch einmal ein Ansuchen an den Gemeinderatsvorsitzenden gestellt, dass ich jetzt gerne Einblick in den historischen Akt hätte. – Dieses mein Anliegen ist, glaube ich, nicht bearbeitet worden, und ich habe es dann auch bleiben lassen, werde das aber vielleicht irgendwann einmal wieder probieren. Meine Damen und Herren! Was will ich damit aussagen? – Das kann es meiner Meinung nach nicht sein! Eine solche Rechtsansicht beziehungsweise auch eine solche Regelung müsste jedem Abgeordneten und jedem Gemeinderat, der hier sitzt, eigentlich widerstreben. Das kann es nicht sein! Ich möchte Akteneinsicht haben, und zwar umfassende Akteneinsicht beziehungsweise möglichst allumfassende Akteneinsicht. Das ist mein Grundrecht und ein ganz wesentliches Recht für die Arbeit des Gemeinderats. Ich meine, theoretisch müssten für uns alle gleiche Bedingungen betreffend Akteneinsicht gelten, Sie dürften also nicht mehr Akteneinsicht haben als ich. Ob das wirklich so ist? – Na ja, wer‘s glaubt. Es mag sein, dass das Informationsbedürfnis eines Oppositionsabgeordneten größer ist. Das mag sein. Aber es geht ja schnell, dass man womöglich einmal in Opposition kommt, und daher sollte das nichtsdestotrotz eigentlich im Interesse eines jeden Gemeinderates und Abgeordneten sein. Das war der erste Fall, mit welchem ich mich an die Volksanwaltschaft gewendet habe. Der Fall, der aber jetzt in diesen Bericht Eingang gefunden hat, betrifft noch eine weitere Angelegenheit: Die Geschäftsgruppe Bildung war damals mit einem Vertragsabschluss mit dem Bohmann Verlag über 133 Millionen EUR befasst, da ging es also auch nicht um Peanuts. Dieser Vertrag sollte beschlossen werden, und im Antrag im Geschäftsstück wurde sogar direkt Bezug auf diesen Vertrag genommen. Darin stand: Der vorliegende Vertrag vom XY wird beschlossen. Man hat uns auch Einblick in diesen Vertrag gewährt, was ja selbstverständlich ist: Wenn ich darüber beschließen muss, dann muss ich zumindest nachblättern dürfen. Selbstverständlich ist aber auch – und in unserer Geschäftsordnung ist das auch geregelt –, dass Ablichtungen von diesen Geschäftsstücken hergestellt werden können. Und eine „Ablichtung“ ist in einer modernen Gesellschaft eine Kopie, ich glaube, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Die Anfertigung einer Kopie wurde mir aber verweigert, und dagegen hatte ich kein Rechtsmittel, denn da gibt es kein Rechtsmittel, und darum bin ich zur Volksanwaltschaft gegangen. Und die Volksanwaltschaft hat schließlich, wie hier nachzulesen ist, einen Missstand festgestellt und hat empfohlen, dass das in Zukunft anders laufen soll. Ich möchte aber – auch zur Ehrenrettung des jetzigen Klubobmanns Oxonitsch – dazusagen, dass wir, zumindest nach meinem Verständnis, in unserem Ausschuss grundsätzlich eine gute Aktenlage hatten. Wenn wir noch etwas gebraucht haben, wurden Unterlagen und Informationen nachgeliefert. Das ist nicht überall so, wie wir gestern schon gehört haben. Das Ganze sollte aber, wie gesagt, kein Thema sein, meine Damen und Herren. Daher appelliere ich an Sie: Nehmen Sie, wenn Sie sich schon nicht die Wortmeldung des Herrn Kollegen Kowarik zu Herzen nehmen, zumindest den Bericht der Volksanwaltschaft zur Kenntnis und sorgen Sie – das betrifft vor allem die Stadträte vom Bürgermeister als Leiter des Magistrats abwärts – dafür, dass wir als Gemeinderäte ordentliche Akteneinsicht bekommen! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Dr. Schmid. Abg. Dr. Gerhard Schmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Die Österreichische Volksanwaltschaft ist eine der ganz großen und wichtigen Errungenschaften des politischen Systems in Österreich. Sie ist untrennbar mit dem Grundsatz der parlamentarischen Demokratie verbunden. Die österreichische Volksanwaltschaft wurde im Jahr 1977 auf die Initiative des damaligen Bundeskanzlers Kreisky nach dem schwedischen Vorbild des Ombudsmanns – wobei „Ombudsmann“ diesfalls für eine Einrichtung und nicht für eine Person steht – gegründet und wurde 1981 in Verfassungsrang gehoben. Wurde. Es war von Anfang an klar, dass es sich hiebei auf der einen Seite um ein sehr wichtiges demokratiepolitisches Instrument handelt, das in enger Verbindung mit unserem Gedanken der parlamentarischen Demokratie steht. Andererseits stand auch fest, dass dieses Instrument auch dem Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit entsprechen soll, weil es in diesem Zusammenhang – das haben einige Vorredner heute schon zum Ausdruck gebracht – darum geht, dass Menschen, die Schwächen haben, die sich in der Gesellschaft nicht so leicht durchsetzen können, die in Nöten sind und Probleme haben, hier ein Instrumentarium und eine Einrichtung finden, bei der man ihnen hilft, zu ihrem Recht zu kommen. Im Hinblick auf die Politik hat die Volksanwaltschaft die Aufgabe – und diese Aufgabe erfüllt sie mit großem Engagement, und dafür sind wir Ihnen auch sehr dankbar. –, diese immer im Visier zu haben, Kritik dort anzubringen, wo Kritik notwendig ist, diese Kritik aber auch immer mit dem Wesen der Beratung und der Unterstützung zu verbinden. Und daraus kann man natürlich sehr, sehr viel lernen. Einige Angelegenheiten und Bereiche wurden im Bericht kritisiert, und das muss man sich natürlich anschauen. Einige Aspekte können natürlich nur in Wien, nicht aber in anderen Bundesländern kritisiert werden, weil es das in anderen Bundesländern gar nicht gibt. Jedenfalls ist aber jede Kritik, die im Bericht vorkommt, wichtig, und daher sollte man sich das auch durchaus gewissenhaft anschauen. Ich freue mich übrigens auch – auch das möchte ich eingangs sagen –, dass wir im Wiener Landtag die Möglichkeit haben, dass die Volksanwälte hier auch zu Wort kommen können. Meines Wissens nach gibt es das sonst nur im Steirischen und im Salzburger Landtag und mit gewissen Einschränkungen mit beratender Funktion im Vorarlberger Landtag. – Ich freue mich aber jedenfalls, dass es diese Möglichkeit hier in Wien gibt! Auf die Kennziffern der Volksanwaltschaft ist mein Kollege Florianschütz schon ausführlich eingegangen. Was mich wirklich beeindruckt hat – und diesbezüglich ist auch unserem Magistrat zu danken –, ist, dass rund 82 Prozent aller Akten umgehend erledigt wurden. Es wurden in nur ganz, ganz wenigen Fällen Missstände festgehalten, die einer näheren Aufarbeitung bedürfen, in den meisten Fällen war das jedoch nicht der Fall, und in vielen Fällen war auch keine Zuständigkeit der Volksanwaltschaft gegeben. Im Vordergrund steht aber jedenfalls die Frage der Beratung und der Unterstützung jener Menschen, die sich mit einem Anliegen an die Volksanwaltschaft wenden. Erlauben Sie mir, dass ich auf zwei Dinge ganz konkret Bezug nehme. – Im Programm der Bundesregierung für 2013 bis 2018 wurde der Nationale Aktionsplan für Menschenrechte festgehalten, und die Volksanwaltschaft hat in diesem Prozess auch eine ganz zentrale und wichtige Bedeutung. Wie Sie in Ihrem Bericht ausführen, versuchen Sie mit 292 NGOs, mit den 3 Menschenrechtsinstituten, die es im Land gibt, mit dem Bundeskanzleramt, dem Außenministerium und anderen, diesen Prozess jetzt sozusagen aufzusetzen. Wien hat als Menschrechtsstadt dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet, bei welchem das Prinzip der Nichtdiskriminierung von Menschen im Vordergrund steht. Wie Sie alle wissen, mündete das dann in die Gründung des Menschenrechtsbüros der Stadt Wien im September 2015. Es gab aber auch das Bekenntnis des Gemeinderates vom 19. Dezember 2014: Damals wurde die Menschenrechtsdeklaration der Stadt Wien beschlossen und verabschiedet und auch festgehalten – und das halte ich in unserem täglichen politischen Prozess für sehr wichtig –, dass es sich dabei um eine Querschnittsmaterie handelt. Fragen der Menschenrechte sind ständig zu thematisieren. Wir haben vor wenigen Tagen, am 14. Dezember, das 60. Jubiläum des Beitritts Österreichs zu den Vereinten Nationen gefeiert, und zu den allerwesentlichsten Aufgaben der Vereinten Nationen zählt die Verabschiedung der Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948 mit all den wichtigen Prinzipien und Grundwerten, zu denen wir uns heute bekennen. Die Frage der Menschenrechte und der Inhalte dieser Grund- und Freiheitsrechte ist gerade in Zeiten von größter Bedeutung, in denen radikale Kräfte auch in Europa versuchen, unser Wertesystem anzugreifen. Und wenn wir heute am Nachmittag Gelegenheit haben, Religionsdiskussionen zu führen und zu den verschiedenen anderen Fragen noch Stellung zu nehmen, dann muss klar sein, dass im Vordergrund stets die Werte der Demokratie wie Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit stehen, also all das, was diese Grund- und Menschenrechte ausmacht. Für uns ist es in der täglichen Arbeit ganz, ganz wichtig, dass wir das verbinden, und da hat jeder Einzelne von uns hier ein sehr hohes Maß an Verantwortung im Zusammenhang mit einem Bekenntnis gegen Verhetzung und Rassismus und mit einem Bekenntnis für eine sozial gerechte Gesellschaft. Dabei können oft schon ein falsches Wort, eine unüberlegte Äußerung oder intellektuell verkürzte Darstellung oder Überlegung schon einen Effekt haben, den wir uns alle miteinander nicht wünschen. Wenn wir uns mit Menschenrechten beschäftigen – und die Volksanwaltschaft tut das in vorbildlicher Weise –, dann müssen wir auch dazu stehen, dass all diese Aspekte auch im Bildungssystem einen bestimmten Stellenwert haben. Wenn uns dann aber gestern am späten Nachmittag hier im Haus in einer sehr wortgewaltigen Art und Weise von einer Fraktion erklärt wurde, dass man eigentlich gar nicht so sehr in die politische Arbeit und in die Bildungsarbeit von politischen Funktionären investieren muss, dann ist das nicht nur eine intellektuell sehr fragwürdige Verkürzung, sondern ein kapitaler politischer Fehler, der diesen Grundsätzen widerspricht! Daher lade ich vor allem die Freunde von den NEOS ein, sich einmal sehr gewissenhaft Gedanken darüber zu machen, ob dieser Ansatz richtig ist! Ich fordere Sie wirklich auf, das zu überdenken! Ein funktionierendes politisches System braucht Kontrolle und Akteure, die sich der Herausforderung bewusst sind, die geschult sind und dieses Verantwortungsbewusstsein aufnehmen, und auf diesem Weg unterstützt uns die Volksanwaltschaft ganz besonders, und dafür möchte ich mich ganz, ganz herzlich bei Ihnen bedanken. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Jetzt kommen unsere VolksanwältInnen zu Wort. Als Ersten ersuche ich Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer, das Wort zu ergreifen. Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer: Danke vielmals. – Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Namens des Kollegiums bedanke ich mich sehr herzlich für die zum Ausdruck gebrachten Wertschätzungserklärungen, die wir nicht als Sonntagsrhetorik, sondern als wahrhaftigen Austausch einer redlichen politischen Diskussion empfinden. Als Volksanwaltschaft sind wir partnerschaftlich mit dem Landtag verknüpft, weil die Aufgabe des Parlamentarismus einerseits in Rechtserzeugung und andererseits in Kontrolle der Verwaltung besteht. So wie der Rechnungshof – wenn Sie mir diesen Schneiderausdruck verzeihen wollen. – sozusagen der linke Ärmel des Sakkos ist, sind wir als Volksanwaltschaft der rechte Ärmel. Interessant ist auch – und es lohnt, das, was Abg. Schmid erwähnt hat, zu betonen –, dass wir in Wien in Bezug auf die Präsenz der Volksanwaltschaft, deren Rederecht und Präsenzrecht unter den Ländern sozusagen in der solennesten, komfortabelsten Situation sind. Am untersten Ende der Skala – das sei völlig offen gesagt, denn das dient ja vielleicht auch zur Unterhaltung – und besonders hartleibig ist Niederösterreich. Wir sind natürlich auch in den Landtagen immer bemüht, und Sie haben ja die Landtage erwähnt, wo wir eher präsent sind. Vor einem Jahr haben wir anlässlich einer Pressekonferenz neuerdings gefordert, dass wir auch in Niederösterreich zum Wohle der dortigen legislativen Zustände das Präsenzrecht im Landtag haben wollen. Darauf hat der Landtagspräsident von Niederösterreich nicht offiziell, aber anlässlich einer Begegnung mir gegenüber erklärt, dass man die Volksanwaltschaft eigentlich abschaffen sollte. – Das ist im Gesamtbereich einer möglichen Denkskala eine nicht unoriginelle Bemerkung! Kurz noch zur Statistik: Im Jahr 2014 gab es 1.176 Beschwerden betreffend die Wiener Landes- und Gemeindeverwaltung, also einen Anstieg gegenüber dem Jahr 2013 mit damals 1.063 Beschwerden. Das ist eine Erhöhung um etwas mehr als 10 Prozent. Seit 2010 nimmt die Zahl der Beschwerden ständig zu. Die häufigsten Beschwerdethemen in Wien sind Probleme im Zusammenhang mit der Mindestsicherung, der Jugendwohlfahrt, der Staatsbürgerschaft – nämlich betreffend die Dauer der Verfahren, die dramatisch ist – sowie mit dem Bau- und Raumordnungsrecht. 2014 konnten von den eingeleiteten Prüfverfahren 968 und 268 aus dem Vorjahr übernommene abgeschlossen worden, es gab also insgesamt 1.236 Beschwerdeerledigungen. In knapp 10 Prozent der Fälle wurden Missstände in der Verwaltung festgestellt. In absoluten Zahlen handelt es sich also um 73 Missstände, in 689 Fällen wurde keine Beanstandung ausgesprochen. In den restlichen Fällen war keine Zuständigkeit der Volksanwaltschaft gegeben. Ich füge in Klammer hinzu: Die Leute glauben, dass wir auch für Gerichtsentscheidungen und derlei Angelegenheiten zuständig sind, und man kann ja nicht verlangen, dass in der Bevölkerung ein präzises Wissen über den Unterschied zwischen der unabhängigen Rechtsprechung und der Verwaltung besteht. Wir sind aber jedenfalls für alles offen, und wir erklären den Leute zumindest, warum etwas nicht geht, und damit sind wir in sehr hohem Maß eine Art Pazifizierungsamt für nicht mögliche Erledigungen, und die Leute haben jedenfalls etwas davon, wenn ihnen etwas ordentlich erklärt wird. Im Übrigen wir hatten wir im Betrachtungszeitraum 1.1.2015 bis 15.12.2015 1.228 Beschwerdefälle, die Zahl ist also schon wieder gestiegen. Im Bereich der Menschenrechtskontrolle haben wir von 1.7.2012 bis 15.12.2015 insgesamt 1.501 Kontrollen durchgeführt. Dabei geht es um nicht freiwillige Anhaltung, Beobachtung von Demonstrationen und Zwangsakte. Von diesen 1.501 Geschäftsfällen entfallen 493 auf Wien, das sind 32,8 Prozent. Ich danke vielmals auch für Ihre Aufforderung, dass man die Berichte der Volksanwaltschaft auch tatsächlich lesen sollte! Ich lade Sie nochmals dazu ein, das nicht zu vernachlässigen, denn wenn man die Berichte liest und die Homepage betrachtet, dann weiß man, wie ich jetzt sagen möchte, was in der Republik los ist. Daraus ergibt sich wirklich ein Querschnitt wie in einem geologischen Befund mit leichter Oberfläche, aber auch mit Tiefenwirkung, wenn Sie mir diesen Euphemismus gestatten. Vor allem möchte ich hier auch unterstreichen – und bitte Sie, auch unterstützend hinsichtlich des Gedankens zugange zu sein –, dass wir die Prüf- und Kontrollbefugnis auf ausgegliederte Rechtsträger im gleichen Maße ausdehnen wollen, wie dies dem Rechnungshof zukommt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Es ist nämlich eine offenkundige Tatsache, dass durch die Ausgliederungen der Vergangenheit wesentliche Bereiche des Verwaltungsgeschehens der parlamentarischen Kontrolle, und zwar nicht der Rechnungshofkontrolle, aber der Volksanwaltschaftskontrolle entzogen wurden. Daher sollte zur Herstellung eines gleichförmigen Gebildes betreffend Kontrollanliegen die Prüf- und Kontrollbefugnis eben auch auf die Volksanwaltschaft ausgedehnt werden. Die Sache wird im Parlament abgehandelt und es ist dies wie immer, wenn es um etwas Ernstes geht, das sogenannte Bohren von harten Brettern: Zuerst gibt es freundliche Erklärungen, und jeder sieht das ein. Dann greift man aber unter Umständen in irgendwelche Besitzstände ein, und Kontrolle ist eben doch nichts so Angenehmes. Es braucht sich aber, wie schon gesagt, überhaupt niemand vor der Volksanwaltschaft fürchten! Jede individuelle oder amtswegige Beschwerde wird ohne Ansehung von Namen, Stand, Herkunft, Sachverhalt oder Parteizugehörigkeit nach professionellen rechtsmethodischen Vorgängen geprüft, ob entweder etwas dran ist oder nicht. Kontrolle ist jedenfalls ein parlamentarisches Gut, das den Parlamenten zukommt und nicht vernachlässigt werden soll. Ich greife einen einzigen Fall von allen Fällen, die durchwegs interessant sind, heraus, weil es dabei um die Schwächsten der Gesellschaft, nämlich um Kinder geht: In der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Information und Sport finden Sie einen Fall dargestellt, der, vom Einzelfall abgesehen, generelle Bedeutung hat. Es geht ein chronisch krankes Kind mit Diabetes. Dieses wurde in mehreren städtischen Kindergärten nicht aufgenommen. Das wurde nicht damit begründet, dass es zu wenige Plätze gibt, wiewohl das, was Abg. Ellensohn gesagt hat, dass mehr Plätze eingerichtet werden sollen, gut und richtig ist. Die Begründung lautete vielmehr, dass das Personal Angst hat, und es geht aus der Stellungnahme des Magistrates der Stadt Wien hervor, dass chronische Erkrankungen von Kindern, auch wenn es sich um relativ leichte Fälle handelt, ein Aufnahmehindernis in städtischen Kindergärten und Kinderkrippen sind. Das ist absolut unerträglich! Die Kinder haben sowieso schon die Krankheit, und dann werden sie noch doppelt stigmatisiert durch die Verweigerung eines Platzes in einem Kindergarten! Das kann doch eine Gesellschaft nicht hinnehmen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Ich darf jetzt daran erinnern, dass ab nächstem Jahr barrierefreier Zugang geboten ist. Es ist um zig-fache Millionenbeträge quer durch das Land alles umgebaut worden, es wurden etwa Erleichterungen bei Türen geschaffen, damit alle Leute mit Gehbehinderung hineinkommen. Aber es gibt offenbar auch sonstige Barrieren, etwa die Barriere, dass im Hinblick auf ein kleines Patscherl mit drei Jahren gesagt wird: Nein! Wir haben niemanden, der auf dich schauen kann. – Daher muss in medizinisches Personal gar nicht sehr viel, aber doch systematisch und adäquat investiert werden! Ich verstehe ja, dass die Kindergartentante – so hat das in meiner Jugend geheißen – oder die Leiterin oder wer immer ängstlich ist, weil sie keine medizinische Ausbildung hat. Aber diese fehlende Ausbildung muss substituiert werden. Dieses Geld muss da sein! Das sage ich aus der Sicht der Volksanwaltschaft! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Abschließend bitte ich noch einmal, diese wertvolle Lektüre zu konsumieren! Ich danke vielmals, dass Sie dieses hohe Maß an Zuwendung zur Tätigkeit der Volksanwaltschaft aufbringen. Es lohnt sich zum Wohle des Gesamtzustandes der politischen Verfassung des Landes! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN, FPÖ und ÖVP.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek. Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Herr Präsident! Hoher Landtag! Sehr geschätzte Damen und Herren! Liebe Kollegen aus der Volksanwaltschaft! Gestatten Sie mir angesichts der lebendigen und zeitlich auch fortgeschrittenen Diskussion, ein paar grundsätzliche, durch Einzelfälle belegte Aspekte herauszustreichen. Von der Zuständigkeit her rankte sich meine Prüfarbeit im Rahmen meines Geschäftsbereiches um die Fragen Wohnen und Bauen, und ich konzediere: 220.000 Gemeindewohnungen bedeuten viel Arbeit für die unmittelbar betroffenen Magistratsdienststellen, aber auch für alle Wohnberater und sozusagen soft intervenierenden Stellen, damit sich Menschen in diesen Wohnungen auch wohlfühlen und sich gerecht behandelt fühlen. Die Mehrzahl der Beschwerden, die bei uns einlangen, betreffen bauliche Zustände, und zwar überwiegend nicht solche, die durch Wohnverhalten, sondern solche, die durch schlechte bauliche Ausstattung und unsachgemäße Renovierung erzeugt wurden. Schimmelbildung ist schon angesprochen worden. Das ist immer wieder ein Thema, das nicht nur die Wohnqualität im Hinblick auf Ästhetik und Wohlbefinden betrifft, sondern auch in massive gesundheitliche Dimensionen reicht. Weitere Beschwerden betreffend Abrechnungen von Betriebskosten, die Berechnung von Abwohnfaktoren, die aus der Sicht der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer falsch und nachteilig für die Menschen berechnet wurden. Ein wesentlicher Punkt ist in Anknüpfung an das, was der Vorredner, Volksanwalt Dr. Fichtenbauer angesprochen hat, die Barrierefreiheit. Barrierefreiheit wird in den letzten Tagen gerne inseriert, wobei das Datum 1. Jänner 2016 angesprochen wird. Es ist dies ein sehr engagiertes Ziel, das sich Bund und Land und alle Einrichtungen gesteckt haben! Aber ich sage Ihnen jetzt schon: Das wird sich bis 1. Jänner 2016 nicht im vollen Umfang ausgehen! Es gibt also auch diesbezüglich ein Nachhinken im Bereich Wiens, weil die sogenannten barrierefreien und behindertengerechten Wohnungen, wie wir an einer Vielzahl von Beschwerden sehen, meist nicht barrierefrei und behindertengerecht sind. Auf den ersten Blick mag das wohl so erscheinen, und die Eingangstüre ist in der Tat über eine Rampe erreichbar, aber die Müllraumtüre, die Lifttür und das Bad sind zu klein. Es gibt keinen Wendekreis für den Rollstuhl, der Ausgang auf die Loggia ist nur über eine hohe Stufe überwindbar. All das führt dann zur Notwendigkeit einer nachträglichen Adaptierung unter Verlust und letztlich zu Wohnverlust. Daher lauten mein dringendes Ersuchen und meine Bitte, bei allen neuen Wohnungen und bei allen Adaptierungen tatsächlich auf diese Barrierefreiheit und Behindertengerechtigkeit zu achten, weil es ja nicht nur – wie ein sehr nachdrücklicher und illustrativer Artikel letztens im „Spektrum“ der „Presse“ gezeigt hat – darum geht, dass einige wenige Behinderte, von denen wir wollen, dass sie durch alle Hilfsmittel entsprechenden Zugang, selbstverständlich inklusive Zugang zu allen Einrichtungen, haben, sondern auch darum, dass Familien, Väter und Mütter mit Kinderwagen oder älter werdende Personen, die gerne zu Hause leben, einen angemessenen Wohnkomfort haben, der aber letztlich unbezahlbar ist und durch nachträglichen Einbau noch unbezahlbarer wird. Die Volksanwaltschaft hat die Vergaberichtlinien kritisiert, und das ist ein Beispiel dafür, dass man sich zwar nicht fürchten muss, dass wir aber konsequent und hartnäckig mit langem Warten dran bleiben. Wir sind diesbezüglich noch nicht am Ende, wir erwarten noch Stellungnahmen von der zuständigen Magistratsdienststelle, weil wir in bestimmten Bereichen Gleichheitswidrigkeit vermuten. Wenn Sie heute durch Wohnsitzpriorisierung Bevorrangungen vornehmen und Leute vor Personen vorreihen, die sich durch langen, ununterbrochenen Aufenthalt in Wien auszeichnen, was etwa alle jungen Leute aus Wien betrifft, die sich zu einem Studienaufenthalt im Ausland aufhalten und ihren Hauptwohnsitz unterbrechen und dann sofort zurückgereiht werden, dann schaffen Sie eigentlich, auch wenn Sie etwas Gutes tun wollen, Unzufriedenheit, Ungerechtigkeit und Diskriminierung. Wir sind noch nicht am Ende dieses Verfahrens, und ich hoffe, dass unser langer Atem zu gerechten und eindeutigen Antworten führt, denn die Zahl der Beschwerde darüber nimmt weiter zu. Bevorzugen bedeutet nämlich immer, wie Sie logischerweise nachvollziehen können, dass andere benachteiligt werden. Ich möchte kurz noch etwas zu langem Atem anmerken: Wir geben nicht nach, wir werden nachdrücklich mit den Magistratsdienststellen weiter um eine hoffentlich absehbare Lösung ringen beziehungsweise Sie dazu auffordern: Seit mehr als zehn Jahren ringen junge Familie in Dornbach um die Möglichkeit, einen Bauplatz auch wirklich als Bauplatz nutzen zu können, was nicht möglich ist, weil die Zufahrt noch immer nicht ordentlich ausgebaut ist. Jetzt gibt es nach so vielen Jahren den Beschluss des Bezirks betreffend den Ausbau der Fläche, bestimmte Grundabtretungsverhandlungen für einen anderen Teil sind aber immer noch nicht einmal eingeleitet, geschweige denn abschlossen. Die Familie muss sich, nachdem sie schon viele Rechtsanwaltskosten hatte, immer noch wahrscheinlich auf viele Monate des Wartens einstellen. Nicht einmal auf ein Provisorium betreffend einen Zufahrtsbereich für diese Familien hat man sich eingelassen. Zum Abschluss etwas Hervorhebenswertes, damit ich auch positiv und mit einem Dank an alle Bediensteten des Magistrats Wien schließen darf, und zwar nicht nur, weil Weihnachten vor der Tür steht: Unsere Kritik bezog sich auf eine Förderung betreffend den Einbau von Treppenliften, die auch den Wohnkomfort künftig für viel mehr Menschen, als wir hier glauben, steigern werden. Der Einbau von Treppenliften wurde in der Durchführung, abweichend vom Gesetz, an Bedingungen geknüpft, die nicht aus dem Gesetz ableitbar waren, und es wären dann schon zugesagte Förderungen von jeweils etwa 9.000 EUR zurückverlangt worden. Wir haben uns eingeschaltet, und jetzt ist auch die Magistratsdienststelle unserer Rechtsauffassung gefolgt, und hat den betroffenen Witwen, deren Männer frühzeitig verstorben sind, die Treppenliftförderungen ausbezahlt und in einer Verordnung auch noch klargestellt, dass künftig Präzisierungen sowohl für die durchführende Bürokratie und Administration als auch für die Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden. In diesem Sinn freue ich mich, dass Sie unseren langen Atem und unser professionelles, unabhängiges, objektives Handeln und Prüfen gemeinsam für ein besseres Wien wertschätzen und auch künftig hoffentlich wertschätzen werden! – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich bedanke mich. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Volksanwalt Dr. Günther Kräuter. Volksanwalt Dr. Günther Kräuter: Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, noch einige abschließende und ergänzende Anmerkungen aus Sicht der Volksanwaltschaft zu machen. Es ist dies auch eine gute Gelegenheit, Dank dafür zu sagen, dass Kritikpunkte der Volksanwaltschaft immer wieder aufgenommen werden. – Ich möchte Ihnen das an zwei prominenten Beispielen kurz verdeutlichen. Zum Thema Netzbetten: Wir haben im Vorjahr darüber diskutiert, und ich bedanke mich, dass das jetzt sehr konsequent umgesetzt wurde. Es gibt Arbeitsgruppen, die sich um dieses Thema im medizinischen Bereich bemühen. Die Botschaft ist angekommen, dass die Menschenrechtssituation in solchen Ausnahmesituationen ganz besonders zu beachten ist. Wenn es etwa um Fixierungen in der Psychiatrie geht, wenn Menschen sich selbst gefährden oder andere gefährden, ist allergrößte Sorgfalt notwendig. Das kostet natürlich Geld und braucht qualifiziertes Personal. Aber das wird wirklich konsequent umgesetzt. Außerdem gibt es jetzt ein breit gefächertes Forschungsprojekt im Zusammenhang mit den jahrzehntelangen Vorfällen im Pavillon 15 im Otto-Wagner-Spital, bei welchen es um Misshandlungen von Kindern in der Kinderpsychiatrie ging. Dieses Forschungsprojekt ist nach unserer Einschätzung gut aufgestellt, und wir dürfen bis Juni 2016 Ergebnisse erwarten. Dann kann dieses dunkle Kapitel der Wiener Geschichte endgültig geschlossen werden. Wie schaut es generell aus mit dem Menschenrechtsschutz in Einrichtungen? Gelingt es mit diesem Mandat der Volksanwaltschaft, die gewünschte Präventivwirkung zu entfalten? – Wie Sie wissen, haben die Besuche unserer Expertinnen und Experten in den Kommissionen einen speziellen Fokus. Es geht um Menschenwürde und um Menschenrechtsschutz. Die diesbezüglichen Zahlen steigen. Im Jahr 2014 haben wir in Wien insgesamt 63 Besuche absolviert, und rund 100 werden es letztlich im heurigen Jahr gewesen sein. Aber nicht nur die Zahlen steigen, sondern es nimmt auch die Akzeptanz und Kooperationsbereitschaft der Beschäftigten zu, und es ist auch eine Art von Wertschätzung für diese Art von präventiver Kontrolle immer stärker zu spüren. Und ich glaube, es ist gut und wichtig, wenn Wien den Anspruch hat, Menschenrechtsstadt zu sein, dass sich das auch in der täglichen Praxis abbildet. Zum Thema Mindestsicherung möchte ich heute nichts über den Bericht hinaus feststellen. Der Zeitpunkt ist jetzt wirklich ungünstig, denn es ist derzeit eine intensive politische Diskussion im Gang. Es wird Entscheidungen auf Bundesebene geben, und es ist nicht die Rolle der Volksanwaltschaft als Kontrollinstanz, dass wir hier den Taktstock gewissermaßen in die Hand nehmen. Ich kann aber prognostizieren, dass wir uns im nächsten Jahr natürlich mit den Auswirkungen von allfälligen Reformen beschäftigen und anhand von Beschwerden und eigenen Erhebungen auch feststellen werden, wie sich welche Art von Reform auswirken wird. Zuletzt noch kurz zu den Fluchtbewegungen im Zusammenhang mit dem Thema Asyl: Ich möchte mich auch dafür bedanken, dass man in Wien sehr entschlossen und auch unbürokratisch gesagt hat, dass wir unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter 14 Jahren nach Wien nehmen, weil wir nicht mitansehen können, dass diese Kinder in anderen Bundesländern unbeaufsichtigt sich selbst überlassen werden. Massenlager sind natürlich denkbar ungeeignet für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge! Ich hoffe, dass es nicht – so wie in anderen Bundesländern, konkret wie beispielsweise in Leoben – dazu kommt, dass unbegleitete junge Flüchtlinge in einer großen Halle mit einer Anzahl von rund 300 Personen untergebracht sind. Es müssen ja gar keine Jugendlichen aus Afghanistan oder Syrien sein, auch wenn sie aus Wien, Tirol oder der Steiermark kommen, kann das, wenn sie ohne Tagesstruktur und ohne Beschäftigung sich selbst überlassen sind, zu unmöglichen und gefährlichen Situationen führen. Wir als Volksanwaltschaft haben jetzt diesbezüglich sehr intensiv interveniert, damit man diese Zustände beendet, aber das ist ja glücklicherweise kein Wiener Thema! Ich wollte Ihnen nur schildern, dass uns diese Problematik jedenfalls in nächster Zeit bundesweit intensiv beschäftigen wird, und appellieren, dass man alles, was man in Wien derzeit vorbildlich unternimmt, auch weiterhin so fortsetzt. Ich wünsche Ihnen schöne Festtage. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Bevor wir zur Abstimmung des Berichts gelangen, möchte ich mich noch einmal ausdrücklich für den Bericht und die rege Teilnahme an der Diskussion betreffend Volksanwaltschaft bedanken. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Bericht der Volksanwaltschaft zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Danke. Das ist einstimmig. Wir kommen zur Abstimmung des Beschluss- und Resolutionsantrages, eingebracht von den ÖVP-Abgeordneten Korosec, Kugler betreffend Reform der Mindestsicherungshilfe durch einen Wiedereinsteigerbonus und effizientere Missbrauchskontrolle. In formeller Hinsicht wird die Zuweisung des Antrages an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit, Soziales und Generationen als zuständiges Mitglied der Landesregierung verlangt. Wer diesem Antrag zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Auch diesbezüglich erfolgt einstimmige Zustimmung. - Ich danke sehr. Ich bedanke mich noch einmal bei der Volksanwaltschaft. Wir kommen zur Postnummer 2. Diese betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Gemeindewahlordnung der Stadt Wien, Wiener Gemeindewahlordnung 1996, GWO 1996, das Gesetz über die Durchführung von Volksabstimmungen, Wiener Volksabstimmungsgesetz, WVAbstG, das Gesetz über die Durchführung von Volksbefragungen, Wiener Volksbefragungsgesetz, und das Gesetz über die Durchführung von Volksbegehren, Wiener Volksbegehrengesetz, geändert werden. Berichterstatter hierzu ist Herr Amtsf. StR Dr. Mailath-Pokorny. Ich bitte ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Herr Präsident! Ich danke sehr. Ich bitte um Zustimmung. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen die Zusammenlegung ein Widerspruch erhoben? – Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Mag. Meinl-Reisinger. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag auf Änderung des Wahlrechts ist zweifelsohne ein Schritt in die richtige Richtung, und ich beziehe mich jetzt hauptsächlich auf das Thema der Reduktion des mehrheitsfördernden Faktors, was ja auch in den vergangenen Jahren der zentrale Kern der Diskussion war. Nun muss man sich aber bei solchen Anträgen, die nicht ganz das bringen, was man sich eigentlich gewünscht hat, immer entscheiden, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. – Ich hätte nicht die Gelegenheit dazu gehabt, aber wenn ich 2011 oder vielleicht auch noch 2012 hier gestanden wäre, dann hätte ich sagen können, das Glas ist halb voll. Aber verzeihen Sie: Jetzt, nach fünfeinhalb Jahren Eiertanz um diesen mehrheitsfördernden Faktor können wir nichts anderes sagen als: Das Glas ist halb leer! Und daher werden wir diesem Antrag betreffend diese Gesetzesänderung nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS.) Der mehrheitsfördernde Faktor des Wiener Wahlrechts ist zu Recht schon lange ein Diskussionspunkt. In der öffentlichen Debatte schmerzt es mich immer wieder, dass bei der Diskussion um diesen Faktor das „mehrheitsfördernde Wahlrecht“ und das „Mehrheitswahlrecht“ immer vermengt werden. – Das ist einmal der erste Punkt, den ich persönlich schade finde, weil das zwei unterschiedliche Dinge sind, die man auseinanderhalten muss. Aber das wird immer wieder vermengt. Im genannten Wahlrecht, das letztlich auch 2015 noch zur Anwendung gekommen ist, ist wirklich ein mehrheitsfördernder Aspekt enthalten, was dann zum Ergebnis führt, dass ein Mandat beispielsweise für die SPÖ oder jetzt auch für die FPÖ deutlich billiger ist als ein Mandat für die kleineren Fraktionen. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Für die Stärkeren!) Für die Stärkeren! – Ich glaube, der Standort bestimmt auch den Standpunkt. Aber mir geht mir nicht nur um den Standort, sondern auch um die Frage, was ich eigentlich für ein Wahlrecht haben will. Das Wahlrecht ist immerhin die zentrale Säule der Demokratie, und deshalb muss ich sagen, ein Wahlrecht zu haben, das hier einer stärkeren Fraktion quasi automatisch auch noch mehr Gewicht zuschanzt, halte ich nicht für gut. Das halte ich einfach nicht für gut. Das gibt es ja auch beispielsweise im Rahmen der Nationalratswahl nicht. Dabei wird ein anderes Verfahren zur Anwendung gebracht, und da gibt es diese mehrheitsfördernde Komponente nicht. Dafür gibt es natürlich historische Erklärungsmuster, keine Frage. Und ich verstehe schon, dass man sich von wohlerworbenen Rechten nicht ganz leicht löst. Diesbezüglich gibt es ja bei Ihnen – da möchte ich gerne einmal ein Mäuschen sein! – darüber eine sehr schwierige interne Diskussion, bis Sie sich durchringen, das abzuschaffen. Das verstehe ich schon! Trotzdem noch einmal: Das ist eine zentrale Säule der Demokratie. Darum halte ich es neben der Vermischung der Begriffe „mehrheitsförderndes Wahlrecht“ und „Mehrheitswahlrecht“ auch für bedauerlich, dass dieser Thematik meiner Meinung nach in der öffentlichen Debatte oftmals nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, wie es eigentlich der Fall sein sollte. (Beifall bei den NEOS.) Es braucht jetzt nicht unbedingt darauf hingewiesen werden, dass diese Diskussion schon vor über fünf Jahren mit einem Notariatsakt angefangen hat. (Lhptm-Stv. Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Es war eine notariell beglaubigte Unterschrift!) Ich weiß, das wurde hier schon mehrfach gesagt, das ist keine Frage. Ich möchte das aber trotzdem auch erwähnen, weil ich damals durchaus auch dabei war! Insbesondere war es ja so, dass damals auch die GRÜNEN sich verpflichtet haben, diesen mehrheitsfördernden Faktor ganz abzuschaffen, diesen Faktor also einfach auf null zu setzen. Und darum komme ich jetzt zu dieser Debatte darüber, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Wenn 2011/2012 – und das sage ich jetzt auch als Bürgerin – dieser vorliegende Vorschlag hier angenommen worden wäre, dann hätte ich gesagt: Okay, das ist ein erster Versuch in einer ersten Koalition. Sie haben verhandelt, sie haben einen Kompromiss gefunden, das ist nun einmal so in der Politik, aber es ist immerhin etwas weitergegangen. Aber versetzen Sie sich doch einmal in die Lage der Bürgerinnen und Bürger, die fünfeinhalb Jahre dabei zuschauen, wie herumgewurschtelt und nichts weitergebracht wird. Nichts! Zu dem, was hier vorliegt, haben Sie, glaube ich, schon vor zweieinhalb Jahren in einem Blog bemerkt, dass das eh der Kompromissvorschlag der GRÜNEN gewesen wäre. (Zwischenruf von Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher.) Ich verstehe schon, dass Sie mit den Schultern zucken, aber es ist ja auch unwürdig weitergegangen! Kurz vor der Wahl haben Sie sich – nach dem Motto: „Am Abend wird der Faule fleißig.“ – entschlossen, einen koalitionsfreien Raum zu schaffen, damit dieses leidige Thema irgendwie doch noch zu einem guten Ende gebracht wird, und dann ist halt das geschehen, was geschehen ist, dass sich nämlich durch ein – das muss ich jetzt vorsichtig formulieren – Wechseln des Herrn Abg. Akkilic in das Lager der SPÖ die Mehrheitsverhältnisse geändert haben. – Das ist unwürdig! Und es fragt sich schon, welches Bild Sie hier im Haus nach außen abgeben wollen! Ich meine das ganz ernsthaft: Gerade wenn es um eine so zentrale Frage wie das Wahlrecht geht, muss man sich meiner Meinung nach sehr wohl überlegen, was für ein Bild man nach außen abgibt! – Ich habe damals, noch von außerhalb des Hauses, darauf hingewiesen, dass das, was hier auch mit dem Wechsel des Abgeordneten geschehen ist, gemeinsam mit der Tatsache, dass es letztlich keinerlei Änderung gegeben hat, meines Erachtens sehr viel dazu beiträgt, dass es Politikverdrossenheit gibt, wenn auch nicht nur in dieser Stadt, aber generell. Wie erklären Sie denn den Menschen draußen, dass Sie so lange dafür gebraucht haben? Und das vor allem dann – das muss ich sagen –, wenn letztlich das hier auf dem Tisch liegt. Das verstehe ich wirklich nicht! Ich finde es schade, das sage ich ganz offen, dass das besagte Wahlrecht 2015 noch zur Anwendung gekommen ist, und zwar nicht nur aus Sicht unserer Fraktion, sondern auch, weil das letztlich dazu geführt hat, dass wir jetzt eine Sperrminorität der FPÖ in Verfassungsangelegenheiten haben, was mir nicht recht ist, das muss ich Ihnen ganz offen sagen. Aber die Frage, ob es wahnsinnig gescheit war, nicht doch noch vor der Wahl eine Änderung zustande zu bringen, müssen Sie sich selber stellen, liebe SPÖ und auch liebe GRÜNE! Für uns ist das Wahlrecht eine zentrale Frage und eine zentrale Säule der Demokratie, und es ist uns zu wenig, jetzt nur über die Frage des mehrheitsfördernden Faktors zu diskutieren. Es gibt nämlich auch viele andere Aspekte, die unserer Meinung nach dringend reformbedürftig sind beziehungsweise über die man zumindest intensiver diskutieren muss. Es ist kein Geheimnis, dass wir NEOS uns für ein viel stärker personalisiertes Wahlrecht aussprechen. Darum begrüße ich zum Beispiel die Diskussion über die Direktwahl von Bezirksvorstehern und Bezirksvorsteherinnen. Ich hätte auch gern ein mehr personalisiertes Wahlrecht auf Bundesebene und würde mir auch hier eine Diskussion darüber wünschen, dass man die Personen vor die Listen stellt! Es ist auch kein Geheimnis, dass uns die innerparteiliche Demokratie ein großes Anliegen ist, weshalb wir uns dazu entschlossen haben, ein reichlich kompliziertes Vorwahlsystem bei uns einzurichten. (Zwischenruf von Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Es ist sehr kompliziert, das weiß ich! Das führt auch immer wieder zu Diskussionen bei uns, aber es ist ein ehrlicher Versuch, die Dinge anders zu machen und zu garantieren, dass nicht eine kleine Gruppe eines Vorstands beschließt, wer auf die Liste kommt! Letzteres halten wir nicht für den besten Weg, wir halten es aber auch nicht für den besten Weg, wenn das eine rein basisdemokratische Entscheidung ist. Wir glauben daran, dass eine Mischform dieser beiden Varianten das beste Ergebnis und letztlich das bringt, was wir uns vorstellen, dass nämlich nicht nur Expertinnen und Experten, sondern auch talentierte, redliche Menschen auf entsprechende Listenplätze kommen und man sich das nicht erarbeiten muss, indem man beispielsweise fünf Jahre lang Kadergehorsam pflegt. Jemand hat einmal gesagt: „Hände falten, Goschen halten!" – Ich will nicht, dass so etwas in unserer innerparteilichen Demokratie auch noch belohnt wird! Nein! Wir versuchen, andere Wege zu beschreiten, und ich bin gerne offen für Diskussionen. Wenn Sie sagen, dass das, was wir machen, zu kompliziert ist, dann sage ich: Wenn Sie Vorschläge haben, wie wir das reformieren können, ziehen wir das gerne in Betracht! Wir arbeiten kontinuierlich an einer Erneuerung auch bei uns selber und werden jetzt im Jänner wieder eine Diskussion darüber starten, wie wir das reformieren können. Mir geht es aber vor allem darum zu sagen … (Zwischenruf von Abg. Siegi Lindenmayr.) Das ist zum Beispiel auch eine interessante Frage, über diese könnte ich mich jetzt auch ausbreiten: Wie stellt man sicher – und das gilt, glaube ich, nicht nur für eine innerparteiliche Demokratie, sondern auch für sämtliche Partizipationsmöglichkeiten, die sich in einer Stadt bieten –, dass man einerseits genug niederschwellige Angebote hat, sodass sich die Menschen auch wirklich beteiligen, dass man aber andererseits natürlich auch das gebotene Maß an Sicherheit gewährleistet? – Diesbezüglich kann man verschiedene Wege gehen, und die eindeutige Identifizierbarkeit hinsichtlich bestimmter Merkmale ist dann natürlich ein Thema. Ich war beispielsweise vor zwei Wochen – wie ich hier schon erwähnt habe – in Paris und habe mir dort auch das System des Bürgerhaushalts angeschaut. Und auch dort besteht natürlich ein Interesse der Stadt daran, dass möglichst viele Menschen sich niederschwellig an dieser sehr direktdemokratischen Variante der Partizipation an einem Budget beteiligen, und es handelt sich dabei durchaus um große Summen: Ich finde es wirklich beachtlich, was uns Paris da quasi vorhupft! Man geht dort halt den Weg, dass man sagt: Das Einzige, was wir verlangen, ist quasi der Meldezettel, dass man also in Paris gemeldet ist. Aber es gibt keine Altersbeschränkung und keine Beschränkung etwa auf Staatsbürgerschaft. – Ich meine, darüber muss man wirklich ernsthafte Diskussionen führen, und zwar in entsprechender Redlichkeit und am besten mit sämtlichen Stakeholdern! – Das ist am Schluss auch noch ein Appell, weil es hier nicht so gelaufen ist, dass die Opposition in diesen Vorschlag mit eingebunden war. Ich möchte noch einmal auf den Punkt zurückkommen, dass ich sage: Es ist nur eine Säule, wenn man über den mehrheitsfördernden Faktor diskutiert. Es gibt aber auch noch andere Aspekte des Wahlrechts, die unserer Meinung nach reformbedürftig sind. Und aus diesem Grund wird mein Kollege Christoph Wiederkehr heute gewissermaßen ein Demokratie-Paket einbringen. Ich konzentriere mich jetzt auf diesen mehrheitsfördernden Faktor: Ich würde mir wünschen, dass dieser ganz abgeschafft wird und bringe auch einen dahin gehenden Abänderungsantrag ein, der da lautet, dass der Landtag im Zuge der Novellierung beschließen wolle, dass die Wahlzahl für die Verteilung der Gemeinderatsmandate gefunden wird, indem die Gesamtsumme der im Wahlkreis für die Parteilisten abgegebenen gültigen Stimmen durch die Anzahl der Mandate geteilt wird und dass die so gewonnene und auf jeden Fall auf die nächstfolgende ganze Zahl zu erhöhende Zahl die Wahlzahl ist. Diesen Antrag bringe ich heute ein, und ich meine, dass das ein Schritt in die richtige Richtung ist. Es ist uns aber zu wenig, dass fünfeinhalb Jahre über das Wahlrecht keine Diskussion stattgefunden hat und wahrscheinlich auch weitere fünfeinhalb Jahre darüber keine Diskussion stattfinden wird, und deshalb lehnen wir ab. – Danke. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Mag. Juraczka. Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren. „Täglich grüßt das Murmeltier“ – Wir alle kennen diesen Film, in dem sich Tag für Tag für Tag immer wieder das Gleiche ereignet. Jetzt haben wir zumindest 34 Akteure hier in diesem Plenarsaal, für die das Ganze noch einen Neuigkeitsgehalt hat. Aber wir stehen halt wieder einmal da und diskutieren über das Thema des Wahlrechts. Meine Damen und Herren! Es ist noch gar nicht so lange her, ich glaube, es war im März dieses Jahres. (Abg. Sabine Schwarz: Es war der 27. März!) Danke! Am 27. März dieses Jahres hat sich unser Abg. Dr. Ulm von hier aus die Mühe gemacht, in einer bemerkenswerten Rede, die allerorts zu Heiterkeit beigetragen hat, diesen Wahlrechtstreit für uns darzustellen, und zwar inklusive aller Skurrilitäten. So hat etwa Kollege Ellensohn gesagt, sonst kommt Plan B! – Auf die Frage, was denn Plan B genau wäre, gab es dann allerdings ein Schweigen. Außerdem gab es natürlich, von Kollegin Meinl-Reisinger schon angesprochen, das Thema des Kollegen Akkilic: Er saß an diesem Tag, als der Wechsel vollzogen wurde, dann ein bisschen verloren neben Kollegin Tanja Wehsely. Heute sind beide nicht da. Der große Unterschied ist nur: Kollegin Wehsely wird, sobald sie genesen ist – was ich ihr von ganzem Herzen wünsche! –, wieder hier sein, Kollege Akkilic jedoch nicht! Wie heißt es so schön? – Man schätzt den Verrat, hält es aber, andersherum, mit jenen, die ihn begehen, nicht ganz so. Aber das ist etwas, was die beiden Fraktionen untereinander auszumachen haben! Worum geht es mir in dieser Frage, meine Damen und Herren? – Ich werde jetzt nicht die Abhandlungen des Kollegen Ulm vom März wiedergeben. Begonnen hat die gesamte Debatte aber tatsächlich im Wahlkampf 2010. Damals gab es im Zuge dieser Wahlauseinandersetzung drei Oppositionsparteien, und unabhängig voneinander ist jede für sich zu dem Schluss gekommen: Wir halten das Wahlrecht, wie es in dieser Stadt, wie es gesetzlich vorgesehen ist und praktiziert wird, für nicht fair, weil es starke Parteien überproportional bevorzugt. – Das stellten damals die Freiheitliche Partei, die Wiener GRÜNEN und meine ÖVP fest. Kollegin Meinl-Reisinger hat es völlig richtig angesprochen: Damals ging man genau aus diesem Grund zum Notar. Man hat dort aber nicht festgelegt, ewig lang zu diskutieren, bis dann irgendein Kompromiss hingenudelt wird. Nein! Damals hat man sich darauf verständigt, dass unabhängig von einer etwaigen Regierungsbeteiligung eines der unterzeichneten Partner gemeinsam so rasch wie möglich ein Wahlrecht umgesetzt wird, gemäß welchem ein proportionaler Ausgleich im zweiten Ermittlungsverfahren analog zum Nationalrat sichergestellt wird. Die Wahlen 2010 wurden geschlagen: Die Sozialdemokratie hatte keine absolute Mehrheit mehr, und es kam zur Regierungsbeteiligung der GRÜNEN. In der Folge haben die GRÜNEN mehrfachen Anträgen von ÖVP und FPÖ mit genau dem Inhalt dieses Notariatsakts natürlich nicht zugestimmt! – Jetzt könnte ich sagen: Vielleicht hat es bei den GRÜNEN Tradition, dass bei jeder Gemeinderatswahl zumindest ein Wahlversprechen abgegeben wird, das dann nicht eingehalten wird! 2015 bezog sich das ja auf den Rücktritt der Frau VBgm.in Vassilakou! (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Und wie war es mit Ihrem Rücktritt?) Sehen Sie, Herr Maresch, genau darum geht es! Wenn man keine erfolgreiche Wahl schlägt, dann ist es anständig, daraus auch die Konsequenzen zu ziehen. Glauben Sie mir: Ich weiß, wovon ich rede! Es tut nicht weh! Es ist anständig. (Beifall bei der ÖVP.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist dann geschehen? – Dann wurde lange darüber diskutiert, und heute kommt ein Antrag: Setzen wir den Faktor 0,5 fest, und reden wir nicht mehr lange darüber. – Das ist Kuhhandel par excellence! Aber so kann es nicht gehen, meine Damen und Herren! Wir werden heute dem einen Antrag der NEOS, die sicherheitshalber zwei Anträge eingebracht haben, zustimmen. Wir werden dem Antrag, in dem genau der Proportionalausgleich im zweiten Ermittlungsverfahren analog zur Nationalratswahlordnung gefordert wird, selbstverständlich zustimmen. Den anderen beiden Anträgen, nämlich dem anderen Antrag von den NEOS und dem von der FPÖ werden wir nicht zustimmen, weil wir wollen, dass Grundmandate leichter erreichbar sind, weil sie näher beim Bürger sind. – Aber das nur als technisches Detail, damit man unser Abstimmungsverhalten versteht. Aber unabhängig von den Mandatsermittlungsverfahren, meine Damen und Herren, gäbe es noch viele Bereiche, im Hinblick auf welche es dringend notwendig ist zu agieren! (Zwischenruf von Abg. Siegi Lindenmayr.) Herr Kollege Lindenmayr! Es geht mir eh ab, dass ich Ihre Weisheiten schon so lange nicht gehört habe. Fragen Sie den Herrn Klubobmann, vielleicht dürfen Sie auch wieder einmal hinaus, dann können wir gerne darüber diskutieren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) Es freut mich, dass ich es noch immer schaffe, die Grüne Fraktion zu unterhalten! Glauben Sie mir: Es ist schön, mit Ihnen so oft nicht einer Meinung zu sein! (Beifall bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren! Wir reden davon, dass wir mehr Personalisierung im Wahlrecht brauchen. Auch da gibt es das Thema Vorzugsstimmen. Was geschieht jedoch von Seiten der Stadträtin für Bürgerbeteiligung? – Kein Ohrwaschel wird gerührt! Und was wird hinsichtlich der Thematik unternommen, dass wir endlich ein Wahlrecht für Zweitwohnsitzer brauchen, wie das nicht nur im schwarzen Niederösterreich, sondern auch im roten Burgenland überhaupt kein Problem ist? Plötzlich fällt auf: Da gibt es Ruhe bei den Wiener GRÜNEN, diesbezüglich hat man überhaupt keinen Handlungsbedarf! (Beifall bei der ÖVP.) Denken wir nur einmal an die Bürgerbeteiligung, oder wie Sie das nennen – ich spreche das Wort nur einmal aus –, bei der Mariahilfer Straße! Da hieß es: Geschäftsleute nicht, aber EU-Bürger! So hat man sich nämlich bessere Chancen erwartet. Dann hat es geheißen: Wir werden klare Richtlinien für Bürgerbeteiligung in dieser Stadt auf die Beine stellen. Die Stadträtin für Bürgerbeteiligung hat das gesagt. Wer darf sich heute aber mit ganz offensichtlicher Begeisterung mit dem Wahlrecht herumg‘fretten? – Der arme Herr StR Mailath-Pokorny! Das tut mir leid, aber es muss so sein, weil die Stadträtin für Bürgerbeteiligung diese Themen jedenfalls nicht angreifen will! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf von Abg. Mag. Rüdiger Maresch ) Herr Maresch! Die Wahrheit tut weh! Ich verstehe es! Aber das, was man verspricht, soll man auch halten! Bei Ehrenmännern ist das so, aber dass Sie davon keine Ahnung haben, verstehe ich! (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Meine Damen und Herren! Kollege Ellensohn saß lange in diesem Haus in der Stadtregierung, damals als nicht amtsführender Stadtrat. (Abg. David Ellensohn: Ich war immer dafür, dass man das abgeschafft!) Ja, ja! Ich kann mich jedoch erinnern – ich habe das jetzt aber leider nicht mit –, dass auch Sie damals von den Kontrollrechten in der Stadtregierung gesprochen haben. – Davon höre ich jetzt gar nichts mehr! Ich stehe wahrlich nicht in Verdacht, der Zwangsverteidiger des Kollegen Gudenus zu sein. Aber plötzlich ist er Vizebürgermeister, was auch verfassungsrechtlich garantiert ist. Das hat es auch schon bei anderen Fraktionen, auch bei meiner, gegeben. Das ist aber schlimm! Ist das jetzt so, weil er so heißt oder so aussieht, wie Kollege Gudenus halt ist und aussieht? – Nein! Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Ich sage Ihnen, und wir haben das im Wahlkampf immer wieder gesagt, und wir sagen es auch heute: Wir halten das Wahlrecht für ein Staatsbürgerrecht, meine Damen und Herren! Und das ist gut und sinnvoll so! Es gibt auf kommunaler Ebene in den Bezirken für EU-Bürger selbstverständlich Mitwirkungsrechte. Aber in einer gesetzgebenden Körperschaft, im Landtag, gibt es das ganz selten! Im grünen Baden-Württemberg gibt es einen grünen Ministerpräsidenten. Aber gibt es dort auf Landesebene ein Wahlrecht für EU-Bürger? – Nein, selbstverständlich nicht! In Berlin oder Hamburg, also in strukturell mit Wien vergleichbaren Städten, gibt es das nicht! (Zwischenruf von Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi.) Herr Kollege Al-Rawi! Wenn ich von Ihnen und Lindenmayr solche Zwischenrufe bekomme, dann dürfte ich viel Wahres sagen, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bringen daher einen Antrag ein, das Wahlrecht in dieser Stadt auch für Zweitwohnsitzer umzusetzen. Außerdem bringen wir einen Antrag ein, bei den nicht amtsführenden Stadträten die Beibehaltung der Kontrollrechte und Akteneinsichtsrechte überhaupt zu einer Conditio sine qua non zu machen, um überhaupt darüber weiterreden zu können, wie man mit diesen Funktionen umgeht. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Ellensohn. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist dies ein Freudentag für die Demokratie, aber wahrscheinlich sind nicht alle gleich froh wie ich persönlich, dass wir das heute, am 17. Dezember 2015, zu einem Ende bringen können. Wahrscheinlich freuen sich ein paar mit mir, aber ich freue mich tatsächlich besonders! Es war viel Arbeit, es hat lange gedauert, das ist sehr genau gesagt worden. Das neue Drittel von Abgeordneten hier im Haus kann tatsächlich in den Ausführungen des Herrn Ulm nachlesen! Das war eine mehrseitige Geschichte, und es findet sich auch im Protokoll, was sich da getan hat. Aber Vergangenheit ist Vergangenheit, und wir leben alle heute und in der Zukunft. Was haben wir jetzt anders zu machen? – Ich hoffe immer noch auf eine breitere Mehrheit, denn wenn man von Schritten in die richtige Richtung spricht, besteht halt ein Problem: Wenn es richtige Schritte sind, damit man am Ende irgendwo hinkommt, ist es sehr schwer, letztlich ans Ziel zu kommen, wenn man vorher nicht den ganzen Weg gegangen ist. Da muss man immer so viel hüpfen, und das geht sich nicht für jeden aus! Bei richtigen Schritten in die richtige Richtung bin ich normal immer dabei, aber das verstehe ich von der Logik nicht, aber ich muss es auch nicht verstehen. Wir ändern heute das Wahlrecht in einem wesentlichen Punkt, und wir haben ein paar Vorschläge an den Bund beziehungsweise an das Parlament, weil wir von mehr als nur von Rot und Grün in diesem Haus Hilfe brauchen. Welche aktuellen Auswirkungen hat denn dieser mehrheitsfördernde Faktor, der hier so ominös durch die Gegend schwirrt, und was würde er für das jetzige Ergebnis bedeuten? Ich mache jetzt einen kleinen Ausflug in die Zahlenwelt, aber nachdem wir das jetzt ein paar Jahre lang rund um das Wahlrecht getan haben, sind diese paar Minuten wahrscheinlich nicht überzogen! – Wir hatten im Oktober insgesamt 813.114 gültige Stimmen. Die Verteilung ist ungefähr bekannt. Das führt im Moment zum Mandatsstand 44, 34, 10, 7 und 5. Wenn man das umlegt, bedeutet das, dass für ein Mandat die Sozialdemokratie knapp 7.500 Stimmen gebraucht hat, die FPÖ unwesentlich mehr – das hat ja beiden Parteien ziemlich genau gleich viel genutzt –, für die grünen Mandate 9.800 Stimmen vonnöten sind, die ÖVP mit 10.900 sogar die teuersten Mandate hatte und die NEOS über 10.200 Stimmen gebraucht haben. Jetzt verschiebt sich das: Der neue Mandatsstand wäre 42 und 32, es gäbe dann für Sie keinen Vizebürgermeister mehr. Ich würde mir jetzt vom Christkind wünschen, dass jemand sagt: Es gibt ab jetzt ein Wahlrecht, nach welchen Ihnen das nicht zusteht, er soll das zurücklegen! Aber das wird wohl ein frommer Wunsch bleiben! – Es wären elf statt zehn Mandaten bei uns, neun bei Ihnen – das erklärt die vorige Zahl – und sechs bei den NEOS. Wenn man diese 813.114 Stimmen nimmt und durch 100 dividiert, weil wir 100 sind, dann ergibt das, aufgerundet, 8.132. Und jetzt berechne ich die Abweichungen davon, um zu überprüfen, wie ungenau das Wahlrecht ist, wenn wir sagen, dass es genau gleich sein müsste. Wenn auf jedes Mandat genau 8.132 Stimmen kommen, dann kommt momentan die Abweichung bei der Sozialdemokratie heraus, dass sie nicht 8.132 Stimmen, sondern nur 96 Prozent davon braucht. Das ist also um 4 Prozent von dem entfernt, was herauskäme, wenn man es ganz exakt ausrechnen würde. Bei der FPÖ ist es fast ganz genau. Da gibt es mit 98,5 Prozent eine ziemlich genaue Annäherung, denn sie haben jetzt 8.014 Stimmen statt vorher 8.132 nötig. Bei der ÖVP sind es 105 Prozent, also um 5 Prozent daneben, das ist ein bisschen teurer. Bei den NEOS gibt es aber einen Zuschlag von 5 Prozent, und bei den GRÜNEN ist es leider mit 110 Prozent am teuersten. Die größte Abweichung bei den 5 Parteien liegt jetzt noch um 10 Prozent daneben, und bei allen anderen sind es 5 Prozent und weniger. Das ist in meinen Augen nicht nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, denn die Differenz war vorher ganz anders! Es gibt Abweichungen, es ist nicht ganz punktgenau, es wird nicht exakt eins zu eins abgebildet, aber es ist verdammt nahe daran, und das ist ein riesiger Erfolg dieser Verhandlungen, und für diesen riesigen Erfolg waren halt fünf Jahre Vorarbeit nötig! Manchmal braucht es halt lang, bis es passt! (Beifall bei den GRÜNEN.) Noch etwas haben wir diesmal viel schlauer gemacht: Wir haben bei den Koalitionsverhandlungen nicht darauf gesetzt, dass es nachher eine entsprechende Arbeitsgruppe gibt, die das in einem mehrjährigen Prozess macht – ich hätte auch nicht viele Freiwillige für diese Arbeitsgruppe gefunden, das sage ich auch dazu –, sondern wir haben gesagt, machen wir das so schnell wie möglich bei der ersten Landtagssitzung! Das ist jetzt die erste Landtagssitzung. Rot-Grün arbeitet schnell und gründlich, und wir setzen heute genau das um, was wir angekündigt haben. Genau das war übrigens auch der Vorschlag, der vor einem Jahr auch medial aufgetaucht ist. So. Der wichtigste Brocken, der beim Wahlrecht noch zu bearbeiten und zu verändern war – und die meisten sind sich darüber eh einig, dass das auch in dieser Stadt selber beziehungsweise in diesem Landtag erledigt werden kann –, ist der besagte mehrheitsfördernde Effekt. Und jetzt kommen wir in die Nähe eines Wahlrechts, bei welchem jede Stimme jedes einzelnen Menschen, der in Wien wählen geht, egal, welche Partei er oder sie wählt, gleich viel wert ist. Das ist ein Erfolg! Außerdem bringen wir heute drei Anträge zusätzlich ein. Einer beschäftigt sich mit Proporz, einer mit den EU- BürgerInnen und einer mit den Drittstaatsangehörigen. Vorher wurde von Klubobmann Juraczek gesagt … (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß, wie er heißt, aber wenn man es einmal falsch drinnen hat, ist es furchtbar! (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich darf aber jetzt zwei Mal „David“ sagen, okay? – Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich habe es gar nicht falsch gesagt! Er hat gesagt: Wenn man die nicht amtsführenden Stadträte abschafft, wenn man also die Proporzregierung streicht, dann muss man darauf achten, dass alle Rechte, die damit verbunden sind, auch bleiben. Im Hinblick darauf hat die Volkspartei einen Antrag eingebracht, in dem genau das steht. Diesen haben Sie vorher abgegeben. Und diesem Antrag werden wir auch zustimmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das schaue ich mir an, wie das geht!) Beide haben das eh immer gesagt! Sowohl die Sozialdemokratie als auch die GRÜNEN haben immer gesagt, dass deswegen natürlich kein Recht verloren gehen soll. Uns ist es eher darum gegangen, diesen Titel „Nicht amtsführend“ abzuschaffen. Man weiß es eh selber, wenn man es ist, dass es immer ein bisschen schwierig ist, zu erklären: Ich bin „Nicht amtsführend“. – Darauf folgt nämlich die Dauerfrage: Was machst du denn eigentlich? Ich kenne das aus eigener Erfahrung, Sie vielleicht auch! Dafür brauchen wir allerdings eine Mehrheit außerhalb dieses Hauses. Wenn aber jetzt die Volkspartei Wien, die Sozialdemokratie und die GRÜNEN dafür sind und wir unsere Bundesparteien überzeugen können, dass sie das in Wien zumindest freistellen, dann sind wir schon ein Stück weiter. Dann könnte es sich ausgehen, dass wir das noch nächstes Jahr umsetzen. Die anderen zwei Anträge beschäftigen sich mit dem wesentlich unfaireren Teil des Wahlrechts. Es macht zwar nämlich einen Unterschied, ob eine Stimme um 4 Prozent mehr oder weniger zählt, wenn aber eine Stimme null zählt wie etwa jene von EU-BürgerInnen auf Landesebene und von Drittstaatsangehörigen auf allen Ebenen, dann ist das wohl die größte Ungerechtigkeit in einem Wahlsystem! Es ist zutiefst ungerecht, jemanden gar nicht teilhaben zu lassen, und deswegen wird es heute zwei Anträge von uns geben. Einer beschäftigt sich damit, dass man das Wahlrecht der EU-BürgerInnen auf alle Ebenen ausweitet. Und den anderen Antrag werde ich jetzt persönlich einbringen: Wir beantragen eine Änderung der Bundesverfassung, dass dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt wird, dass er selber zuständig ist, zu regeln, wie er es denn mit den Drittstaatsangehörigen haben möchte und wie er es mit den Wienern und Wienerinnen haben möchte, die in Wien wohnen und über 16 Jahre alt sind. Außerdem könnte man auch noch darüber diskutieren, wie lange jemand da sein muss, ob etwa auch jemand, der drei Monate oder sechs Monate auf ein Stipendium da ist, bei allen Wahlen dabei sein darf. All das wollen wir hier selber lösen können. Diesen Antrag bringen ein: Christian Oxonitsch, Georg Niedermühlbichler, Kurt Stürzenbecher und für die GRÜNEN Faika El-Nagashi, Jennifer Kickert und ich. – Dieser Antrag würde in der Umsetzung am Ende bedeuten, dass wir bei der Wahlurne keinen Unterschied machen, woher jemand kommt. Wer das immer noch nicht wahr haben will, dem sage ich jetzt: Wien ist in den letzten fünf Jahren gewachsen. Es gibt jetzt mehr EinwohnerInnen, wir hatten aber weniger Wahlberechtigte. Wie lange soll sich dieser Trend fortsetzen? Von mir aus kann man auch ganz schnell Leute einbürgern, aber das wollen nicht alle. Ich halte es jedoch für die größte Unfairness, Menschen einfach gar nicht teilhaben zu lassen. Und es gibt ja einzelne Bezirke, in denen der Prozentsatz wesentlich höher ist. Diese Ungerechtigkeit bleibt leider bestehen. Wir von Rot-Grün II haben uns aber darauf geeinigt, dass wir diesen Antrag hier einbringen und hoffen, dass sich diesem über die Regierungsmehrheit hinaus zumindest noch eine Fraktion oder zwei Fraktionen – auf drei hoffe ich nicht! – anschließen können. Die Pessimisten haben immer das Problem, dass alles halb leer ist. – Man kann es sich eh nicht selbst aussuchen, aber der Sinn, ein Pessimist zu sein, hat sich mir noch nicht erschlossen. Ich bin ein optimistischer Mensch und gehe mit großen Hoffnungen auch ins Jahr 2016. Ein Wahlrecht wie das heutige Wahlrecht ist für mich echt ein Geschenk an die Demokratie. Wir machen heute einen wesentlichen Schritt. Es ist dies das beste Wahlrecht, das Wien jemals hatte, und wenn die zusätzlichen Verbesserungen durch die Bundesseite noch ermöglicht werden, dann wird es irgendwann perfekt sein. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Ich ersuche noch um die Anträge. – Danke. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Mag. Kowarik. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Präsident! Herr Landesrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleich vorweg: Wenn ich überraschenderweise ansatzlos und grußlos von diesem Pult weg nach draußen laufe, dann ist das keine Geringschätzung gegenüber diesem Hohem Hause und auch keine Flucht vor der Diskussion, sondern allein meinem Gesundheitszustand zu schulden, und ich bitte daher um Verständnis, falls dieser Fall eintritt! Ich werde meine Rede daher auch nicht ganz so lange konzipieren, wie ich ursprünglich geplant hatte. Ich glaube, Sie werden mir das nachsehen! Worum geht es? Wir haben es von den Vorrednern schon gehört: Uns wurde ein Initiativantrag von Abgeordneten der rot-grünen Koalition vorgelegt. Dieser wurde – das wurde von einem Vorredner auch schon angesprochen – wenige Stunden, wenn es überhaupt Stunden waren, nach dem Ende der konstituierenden Sitzung des Gemeindesrats eingebracht. Dieses Gesetzesvorhaben wurde also in Form eines Initiativantrages eingebracht, und man wird das Gefühl nicht los, dass dieses ganze Thema für Rot und Grün offensichtlich unangenehm ist und man das endlich erledigt haben will. – Das nehme ich so zu Kenntnis. Fein ist das aber nicht, das sage ich einmal so salopp. Man hätte auch ein bisschen anders vorgehen können. Man hätte eine Regierungsvorlage einbringen können. Dann hätte es eine Begutachtung zu dem ganzen Thema gegeben. Nur nebenbei: Es geht ja nicht nur um das Ermittlungsverfahren; ich werde dann in meiner Rede noch darauf zurückkommen. Es geht ja nicht nur um den berühmten § 83 der Wiener Gemeindewahlordnung, sondern auch um andere Bereiche. Man hätte vorher vielleicht auch ein bisschen mit der Opposition über das Wahlrechtsthema sprechen können. Das wurde auch schon gesagt: Immerhin geht es meiner Meinung nach um den sensibelsten Bereich unserer an Kompetenzen gerade nicht üppig ausgestatteten Landesgesetzgebung. Man hätte sich also als Oppositionspolitiker vorstellen können, dass ein Thema, das so sensibel wie das Wahlrecht ist, womöglich doch vorher mit den Oppositionsparteien diskutiert wird. Oder auch nicht. Offensichtlich nicht, Frau Kollegin! Ich nehme es zur Kenntnis. Es bleibt mir eh nichts anderes übrig. So ist das nun einmal. Mein Zugang zu dem Thema ist das nicht! Es geht ja, wie gesagt, nicht nur um diesen § 83 Gemeindewahlordnung betreffend das erste Ermittlungsverfahren und die berühmten vier Wörter „die um eins vermehrte“ Anzahl, sondern es geht ja auch um andere Punkte: Es geht unter anderem auch um das sehr sensible Thema der Briefwahl. Es wurde verabsäumt, gerade dem Thema Briefwahl eine groß angelegte Diskussion abzuhalten. Überhaupt hätte es sich angeboten, über viele Details des Wahlrechts hier eine größere Diskussion abzuführen. Wir haben auch schon von den Kollegen der anderen Oppositionsparteien gehört, welche Überlegungen und Ideen es in diesem Zusammenhang gibt. Aber diese Vorgangsweise ist bezeichnend! Ich habe es schon gesagt: Das Ganze ist der Koalition offensichtlich so unangenehm, dass man es schnell vom Tisch haben möchte, nachdem man eine Periode lang nichts zusammengebracht hat. Das ist bezeichnend, aber es bleibt uns nur übrig, das zur Kenntnis zu nehmen und unsere Schlüsse daraus zu ziehen. Meine Damen und Herren! Der prominenteste Punkt, wie ich es einmal ausdrücken möchte, dieses Gesetzesvorhabens ist die Änderung des ersten Ermittlungsverfahrens. Ich habe es schon mehrmals betont: Es geht um § 83 Abs. 1 Gemeindewahlordnung. Auch das wurde schon erwähnt, und alle haben dieses Trauerspiel in der letzten Periode miterlebt, die einen schon im Haus, die anderen noch außerhalb des Hauses. Das Ganze hatte aus meiner Sicht als Abgeordneter zwei Aspekte, das möchte ich auch dazusagen. Einerseits war die Sache auch gekennzeichnet vom teilweise haarsträubenden Verständnis des Herrn Präsidenten in diesem Zusammenhang, das muss auch einmal gesagt beziehungsweise wiederholt werden. Was da im Zuge der Gesetzwerdung oder Nichtgesetzwerdung abgegangen ist, das war wirklich haarsträubend! Und der zweite Aspekt war der Streit der Koalition und die Peinlichkeit des Wechsels des Abgeordneten innerhalb der Regierungsfraktionen. – All das mussten wir alle uns anschauen. Das mussten wir über uns ergehen lassen, und wir haben unsere Stellungnahmen dazu abgegeben. Betreffend die letzte Periode ist klar, dass die SPÖ gemauert hat. Das war nicht weiter überraschend, das haben wir auch erwartet. Und es war zumindest ehrlich von der SPÖ, das muss man sagen, dass sie immer betont haben, dass sie der Auffassung sind, dass die stärkste Fraktion auch etwas davon haben soll, dass sie am stärksten ist. – So kann man argumentieren, unsere Argumentation ist das aber nicht. Wir sehen das wesentlich anders. Wir sagen, ein Verhältniswahlrecht soll, wenn es schon so heißt, die Verhältnisse möglichst identisch abbilden. Im Hinblick auf die GRÜNEN kann man sagen, sie haben in der letzte Periode halt ein bisschen herumdiskutiert. Am Schluss hatte man irgendwie das Gefühl – ich war ja auch relativ intensiv mit der Materie befasst –, sie hätten es am Ende der Periode, als schon alles zerbrochen war, wenigstens probiert. Das ist ihnen aber nicht gelungen, weil sich halt ein Abgeordneter verabschiedet hat. – Jetzt stellen wir fest, sie haben es nicht einmal probiert! Sie haben das jetzt gleich am Anfang abgehakt und waren wieder einmal wortbrüchig. Wir haben schon von diesem Notariatsakt gehört, der ja, nebenbei bemerkt, kein Notariatsakt ist, ich habe das eh schon 100.000 Mal betont, sondern eine Vereinbarung, die halt von einem Kollegen beglaubigt wurde. Nichtsdestotrotz ist das eine Vereinbarung beziehungsweise ein Vertrag. (Abg. Dr. Wolfgang Ulm: Es ist ein Notariatspakt!) Ich darf Sie belehren, Herr Kollege! Es gibt laut Gesetz keinen Notariatspakt! Aber es war dies eine Vereinbarung beziehungsweise ein Vertrag oder ein Übereinkommen. – Jedenfalls sind die GRÜNEN wortbrüchig geworden, das sind wir inzwischen schon gewohnt. Soll so sein! Fast schon putzig ist auch der Versuch der medialen Verteidigung durch Herrn Kollegen Ellensohn. Er hat das jetzt auch betont und festgestellt, dass er sich wünschen würde, dass der Herr Vizebürgermeister sein Amt jetzt zurücklegt, denn wenn all das schon letztens gegolten hätte, dann hätte er es gar nicht bekommen. – Träumen Sie weiter von warmen Eislutschern, Herr Kollege, das wird nicht gespielt! (Beifall bei der FPÖ.) Da hätten Sie halt schon in der letzten Periode etwas zusammenbringen müssen! Und ich möchte betonen, dass wir federführend waren, dass das genauso geschieht, wie es jetzt in dieser Vereinbarung formuliert ist. Wir haben wohl ein halbes Dutzend oder mehr Initiativanträge dazu gestellt, und ich war immer der Erstantragssteller, daher weiß ich es. Es sind, glaube ich, keine Kundmachungsbestimmungen in dieser Gesetzesvorlage enthalten, soweit ich das mitbekommen habe, darum gilt § 138a Abs. 4 der Wiener Stadtverfassung. Schauen Sie daher halt selbst nach, Herr Kollege, wann das in Kraft tritt! Zu den GRÜNEN sei auch gesagt: Sie hätten jetzt eine Möglichkeit! Wir haben ja jetzt von allen Vorrednern gehört, was sie wirklich wollen. Wir hätten jetzt 44 zu 56, und da ginge es sich schön aus, diese in der Nationalratswahlordnung enthaltene Regelung umzusetzen. Damit das nicht funktioniert, müssten inzwischen schon sechs Abgeordnete der GRÜNEN umfallen. Das wäre immerhin schon mehr, als Ihre Fraktion ausmacht! (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Sechs FPÖler!) Ich glaube, Herr Kollege Nepp hat seine Fraktion unter Kontrolle! – Es müsste jedenfalls sechs Umfaller geben, damit sich das nicht ausgeht. Sie hätten immer noch die Möglichkeit, das umzusetzen, was Sie Ihren Wählern im Endeffekt auch versprochen haben. Während die Kollegen noch rechnen, sage ich, die Meinung der FPÖ hat sich nicht geändert, meine Damen und Herren! Ich habe schon betont: Wir haben in der letzten Periode ein halbes Dutzend oder noch mehr diesbezügliche Initiativanträge eingebracht, wir haben ein Gesetz ausgearbeitet, in dem das geändert wurde. Kollege Juraczka ist jetzt nicht da, aber das sehe ich so wie er: Grundsätzlich hätten wir auch gemeint, dass das erste Ermittlungsverfahren ruhig so bleiben kann, wie es ist. Wir haben nichts dagegen, dass auf Wahlkreisebene die Abgeordneten leicht ein Mandat bekommen. Das ist in Ordnung aus unserer Sicht. Das hat hoffentlich auch den Ausfluss, dass sich der Mandatar dem Wahlkreis näher verbunden fühlt. Ich selber profitiere jetzt gerade davon. Ich habe ein Grundmandat aus dem 15. Bezirk, darauf bin ich sehr stolz, und ich übe dieses hoffentlich gut aus! Uns geht es um den Ausgleich entsprechend dem dritten Ermittlungsverfahren der Nationalratswahlordnung. Das hätten wir gern gleichlautend im zweiten Ermittlungsverfahren in der Wiener Gemeindewahlordnung durchgesetzt. – Insofern verstehe ich auch, dass die ÖVP jetzt sagt, nein, wir stimmen diesen Abänderungsanträgen der NEOS und der FPÖ, die in der Beschlusslage ja mehr oder weniger gleichlautend sind, nicht zu! Das sehe ich ein. Wir wollen jetzt allerdings mit unserem Abänderungsantrag den GRÜNEN noch ein letztes Mal die Möglichkeit geben, ihr Wahlversprechen einzuhalten. Das tun wir eigentlich sonst eher selten, aber in diesem Fall tun wir es. Darum bringen wir jetzt den Abänderungsantrag ein, dass diese berühmte Zahl 1, also diese Erhöhungszahl, nicht auf 0,5, sondern auf 0 gesetzt wird. Dann ist das Verhältnis der Abgeordneten in Bezug auf die Wahl auch mehr oder weniger richtig dargestellt. Ich darf den diesbezüglichen Abänderungsantrag der Kollegen Kowarik, Nepp, Ebinger, Amhof und Blind einbringen. – Bitte schön. (Beifall bei der FPÖ.) Meine Damen und Herren! Das ist aber nur ein Aspekt dieser Gesetzesvorlage. Ich möchte wirklich betonen: Dabei geht es nicht nur um das Ermittlungsverfahren. Das ist ja textlich lächerlich wenig! Da wird nur ein Wort geändert. Aber es geht um viel mehr: Es geht zum Beispiel insbesondere auch um eine vorsichtige Neuregelung der Wahlkarten. Es geht um eine Harmonisierung zu anderen Wahlregelungen, was grundsätzlich in Ordnung ist. Eine Harmonisierung hätte ich mir halt auch beim Ermittlungsverfahren gewünscht. Weiters geht es um die Angleichung der Wahlausschlussgründe. Es geht um das Beschwerde- und Berichtigungsverfahren der Wählerevidenz. Außerdem geht es auch um Bestimmungen im Zusammenhang mit der Briefwahl. Und dazu möchte ich doch noch etwas sagen. Es wäre nämlich vielleicht doch auch gescheit gewesen, betreffend diesen Bereich etwas zu tun, und so haben Sie uns in Wirklichkeit entsprechende Chancen genommen, denn ich glaube wirklich nicht, dass jetzt seitens der Koalition noch weiß Gott wie viel in Bezug auf die Gemeindewahlordnung geschehen wird! Sie haben uns die Chance genommen, genau über diesen Bereich parteiübergreifend vorab Überlegungen anzustellen und auch unsere Überlegungen in den Gesetzwerdungsprozess einfließen lassen zu können. Das war leider Gottes kein Anliegen. Ich glaube aber sehr wohl, dass wir uns fragen sollten, ob das, was jetzt da beschlossen wird beziehungsweise was schon Bestand ist, tatsächlich reicht, um den Anforderungen, die sich uns stellen, Genüge zu tun. Die Probleme mit der Briefwahl und allem, was damit zusammenhängt, setze ich als bekannt voraus. Das ist auch offensichtlich, und daher werde ich mich jetzt nicht weiß Gott wie lange ausbreiten: Es geht um ganz wesentliche Grundsätze unseres geheimen, freien und persönlichen Wahlrechts. Und ich kann mich durchaus auch an Reden der GRÜNEN erinnern, in welchen diese Briefwahl ausgesprochen kritisch hinterfragt wurde. Ich kann mich erinnern, dass Kollege Chorherr und auch Kollege Margulies, der jetzt nicht mehr hinter mir sitzt, diesbezüglich einmal sehr richtige Argumente gebracht haben. All das wurde jetzt aber mehr oder weniger weggewischt, was ich sehr schade finde. Ich möchte zumindest jetzt die Gelegenheit nützen, zu diesem Bereich ein bisschen etwas zu sagen, nachdem mir diese Chance nicht vorab gegeben wurde, was ich einsehen muss. Jetzt müssen Sie mich aber anhören! Wenn man über diese Bestimmungen der Briefwahl diskutiert, dann muss man sich einmal § 39 unserer Gemeindewahlordnung anschauen. Dort ist nämlich normiert und klar zum Ausdruck gebracht, dass eine Wahl mit Briefwahlkarte die Ausnahme sein sollte. Das ist so konzipiert, dass Wahlberechtigte, die voraussichtlich am Wahltag verhindert sein werden, ihre Stimme vor der zuständigen Wahlbehörde abgeben können. In Klammer: Man hat nur etwa wegen Ortsabwesenheit, aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Aufenthalts im Ausland Anspruch auf Ausstellung einer Wahlkarte. Das ist relativ eindeutig geregelt. Was aber haben wir dieses Jahr miterlebt? – Die Wahlbehörde hat von sich aus jedem, ob er wollte oder nicht, einen Antrag zugeschickt, ihn quasi zwangsbeglückt und – salopp ausgedrückt – gesagt: Bestell dir deine Wahlkarte! – Ich halte das für einen falschen Weg! Ich glaube nämlich, dass die Bestimmung des § 39 Gemeindewahlordnung klug gewählt ist und das schon seinen Sinn hat! (Beifall bei der FPÖ.) Ich möchte auch sagen, dass in Wirklichkeit, wenn man diese Prinzipien des Wahlrechtes ernst nimmt, nur bei der regulären Stimmabgabe im Wahlsprengel diese Grundprinzipien tatsächlich voll gewährleistet sind. Was geschieht da? – Es beginnt mit der Überprüfung des Wählers. Dieser kommt persönlich dort hin, und seine Identität wird überprüft, wobei man auch darüber sprechen kann, ob unsere Gemeindewahlordnung diesbezüglich wirklich ideal ist, was ich nicht glaube! Wenn ein Wähler in den Sprengel kommt, dann ist auch gewährleistet, dass er seine Stimme unbeeinflusst abgibt, weil er in der Wahlkabine eben unbeeinflusst seine Stimme abgeben kann. Es ist auch gewährleistet, dass, wenn eine Vertrauensperson mitgehen soll, sehr wohl diejenige Person mitgeht, die der Wähler gerne dabei haben will, und nicht irgendjemand, etwa der Pater familias oder der Vereinsvorsitzende oder der Sektionsvorsitzende. Somit ist sichergestellt, dass die richtige Vertrauensperson mitgeht, und dass sollte auch jeweils in der Sprengelwahlbehörde protokolliert werden. Außerdem ist es auch ein Thema, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass bei der Auszählung, wenn es die Parteienvertreter schaffen, einen Parteienvertreter hinzuschicken, zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Parteienvertreter halbwegs überschauen kann, wie die Auszählung geschieht. Bei mir im 15. Bezirk, wo wir inzwischen ein paar Wahlsprengel zusammengelegt haben, was gescheit ist, entfallen ungefähr 1.000 Wähler auf einen Wahlsprengel. Alle kommen nie, denn es werden, wie wir wissen, wegen der Wahlkarten jetzt immer weniger. Das heißt, es ist überschaubar. Jeder von uns kennt das wahrscheinlich, jeder von uns war einmal im Sprengel und hat sich das als Parteienvertreter angeschaut: Da kann man schon halbwegs seriöserweise sehen, was geschieht, man kann, wenn man will, auch alles noch einmal durchzählen, wenn man sich damit auch nicht beliebt macht, das geht aber. Das ist realistisch. Es ist gewährleistet, dass ein politischer Vertreter anwesend ist. Es können ja von allen wahlwerbenden Gruppen Leute hingehen, diese sind dann halt nicht Vertrauenspersonen oder Beisitzer, sondern Wahlzeugen, aber auch diese können dabeisitzen und aufpassen wie ein Haftelmacher. Das geht. Bei der Briefwahl, so wie ich das jetzt aus meiner Sicht erlebt habe, geht das hingegen nicht wirklich. Darauf wurde aber in der Gesetzesänderung nicht wirklich Bezug genommen. Das werfe ich der Koalition vor! Welche Probleme gibt es? Auch das ist nichts Neues! Es beginnt schon mit der Beantragung der Wahlkarte. Das ist in § 40 geregelt. Diesbezüglich gibt es jetzt eine Änderung, ich muss nachschauen, was diese Änderung betrifft, ich habe mir das extra aufgeschrieben, denn ich möchte ja auch das Positive herausstreichen, das es gibt, was aber ohnedies eher endend wollend ist. Man konnte bis jetzt und kann auch in Zukunft die Beantragung über das Internet vornehmen. Das muss man nicht selbst tun, das kann irgendjemand tun, der Sachwalter, der Freund, und es kann auch jemand tun, von dem man gar nicht weiß, dass er es tut. Was braucht derjenige? – Er braucht nur die jeweilige Ausweisnummer, und diese bekommt man schnell, glauben Sie mir das, in meinem Beruf sowieso, aber keine Angst, ich habe diesbezüglich nichts vor! Ich halte das aber für ein echtes Problem, und zwar, wie gesagt, beginnend mit der Beantragung. Und es geht weiter mit der Zustellung. Diesbezüglich gibt es Änderungen im § 41. Man muss akzeptieren, dass das jetzt ein bisschen verbessert wird, es gibt nur mehr persönliche Zustellung, und so weiter, und so fort. Es ist noch immer nicht ganz gewährleistet, dass das Dokument wirklich dort ankommt, wo es soll, aber dieser eine Punkt ist jetzt besser geregelt. Kommen wir nun zum Ausfüllen, dem eigentlichen Wahlakt. Wir wissen noch immer nicht, was da geschieht! Man kann Optimist sein wie Kollege Ellensohn, der gesagt hat, dass er Optimist ist. Man kann aber auch, womöglich nicht ganz unberechtigt, Pessimist sein und sich überlegen: Was geschieht da? – Es geht ja nicht nur darum, ob jemand wirklich selber und unbeeinflusst seine Stimme abgibt, sondern es ist auch Tatsache beziehungsweise ein Problem – und ich werde Ihnen das nachher mit einer Zahl belegen –, dass offensichtlich viele Leute, die mit Wahlkarte wählen wollen, es nicht schaffen, rechtskonform zu wählen. Schauen Sie sich einmal in den Ergebnissen der Bezirkswahlbehörden an, wie viele Nichtigkeiten gemäß § 58a Gemeindewahlordnung herauskommen! Und dabei handelt es sich da nicht um lauter Leute, die nichtig wählen wollten, sondern sie hätten gern gültig gewählt, haben es aber nicht geschafft, und das einmal so salopp zu sagen. Das ist ein Problem, meine Damen und Herren! Und nichts in diesem Zusammenhang findet sich in der jetzigen Gesetzesvorlage. Auch das Einlangen ist ein Problem. Diesbezüglich wurde zwar etwas getan: Die Frist wurde verlängert, was wohl gescheit ist. Trotzdem hat es sehr viele Fälle gegeben, in denen das nicht funktioniert hat. Und auch die Auszählung ist ein Problem. Dazu komme ich dann noch. Ganz wenige Beispiele daraus: Ich hätte zwar noch ein paar Akten mit, aber ich werde das relativ kurz zusammenfassen und nur wenige Punkte herausgreifen. Das Ganze beginnt schon mit der Verschickung der Wahlkarten. Ich bringe ein Beispiel, das sich ereignet hat, wobei ich ausdrücklich betonen möchte, dass ich jetzt nicht irgendjemanden oder die ganze Wahlbehörde vorführen will, ganz im Gegenteil! Gerade im 15. Bezirk haben wir auch von meiner Fraktion ein sehr gutes Verhältnis zur Wahlbehörde. Die Leute sind sehr nett, auch wenn man etwa die Beisitzer später nachmeldet, und so weiter. Sie arbeiten anständig, das möchte ich hier betont haben. Man sieht jedoch an meinem Beispiel, wie sich auch die Behörde im Umgang mit diesem Problem teilweise schwer tut. – Ich lese Ihnen kurz vor. „Sehr geehrte Wählerin! Sehr geehrter Wähler! Beim Versenden Ihrer Briefwahlkarte für die Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen 2015 ist uns ein Irrtum passiert. Wir bitten Sie, das gelbe Kuvert mit dem Aufdruck ‚15‘ unbedingt zu vernichten und beide Stimmzettel, sowohl den weißen für die Gemeinderatswahl als auch den gelben für die Bezirksvertretungswahl, ausschließlich in das weiße Kuvert mit dem Aufdruck ‚15‘ einzulegen und nur das weiße Kuvert in der Wahlkarte zurückzusenden. Herzlichen Dank. Mit freundlichen Grüßen.“ Mir wurde dieses E-Mail von einem Parteifreund weitergeleitet, der mir geschrieben hat – ich zitiere: „Was ist das für ein Blödsinn?“ – Er konnte nicht nachvollziehen, was das soll! Das ist eine peinliche Sache, die halt passiert ist. Ich möchte, wie gesagt, denen wirklich nichts vorwerfen. Das kann passieren, das darf aber nicht passieren! Was ist geschehen? – Es wurde österreichischen Staatsbürgern auch das gelbe Kuvert mitgeschickt, das nicht für Österreicher, sondern für EU-Staatsbürger ist, und wenn das jemand falsch einkuvertiert, ist das ungültig! Dieses E-Mail wurde verschickt, seitens der Bezirkswahlbehörde war man zerknirscht und hat alles versucht, um das rückgängig zu machen. Daran sieht man aber, wie schwer sich teilweise auch die Behörde damit tut. Wir hatten auch viele Mitteilungen aus den Wahlsprengeln, insbesondere auch aus Sprengeln mit Pensionistenwohnhäusern. Viele Pensionisten sind gekommen und wollten wählen, es wurde ihnen jedoch mitgeteilt, dass für sie eine Wahlkarte beantragt wurde. Und das ist nicht einmal geschehen! Wir haben das teilweise auch in den Sprengelprotokollen protokollieren lassen, wobei auch nicht jeder mitbekommt, wie das zu machen ist. – Das ist jedenfalls auch ein Problem! Es spricht schon für sich, wenn man gar nicht weiß, dass für einen eine Wahlkarte beantragt wurde. Und wir wissen ja, dass man das sehr schnell machen kann. Eine andere Zahl: Ich habe vorher schon von dem Problem der Nichtigkeit gesprochen und bringe Ihnen jetzt ein Beispiel aus der Donaustadt, denn Zahlen sind nicht geheim: Dort sind 14.313 Briefwahlkarten eingelangt, und 1.115 davon sind nichtig, also knapp 8 Prozent. Das ist nicht irgendetwas! Über 1.000 Stimmen sind nichtig! Ich glaube nicht, dass alle davon im Sinne des Wählers nichtig sein sollten! Das ist aber Tatsache. Damit muss man sich auseinandersetzen und sich überlegen, wie man das besser machen kann. Schließlich noch eine Tatsache, wiederum aus der Donaustadt: Auf Grund der großen Anzahl von über 14.000 eingelangten Wahlkarten sah sich der Bezirkswahlleiter gezwungen, zur Auszählung 26 Arbeitsgruppen zu je 3 Personen bilden zu lassen, die auf mehrere Zimmer verteilt wurden. – Dafür habe ich Verständnis, denn er kann ja gar nicht anders vorgehen! – Den Beisitzern war praktisch nur die stichprobenweise Beobachtung der Arbeitsgruppen möglich. In Anbetracht dessen wird auch keiner erzählen, dass die politischen Vertreter dann wirklich alles überprüfen können, wie es eigentlich sein sollte. Das geht nicht! Ich hoffe, das wird keiner hier behaupten! Das Ganze hat dann auch in Leopoldstadt seinen Niederschlag gefunden. Ich mache wirklich auch dem Bezirkswahlleiter der Leopoldstadt keinen Vorwurf! Offensichtlich ist auch da etwas falsch gelaufen, aber der hatte halt das Pech, dass der Abstand dort wirklich knapp war und das relevant geworden ist. Ich weiß nicht, was in anderen Bezirken passiert wäre oder wenn man das noch einmal nachgeprüft hätte! Jedenfalls sind dort nachträglich plötzlich 100 Stimmen für die ÖVP auf Grund unseres Ansuchens auf Nachzählung aufgetaucht. – Ihr seid uns eh noch was schuldig! Das kann es ja auch nicht sein! Vorher waren es, glaube ich, 85 oder 86 Stimmen zu wenig, und dann waren es 25 oder 23 zu viel. – All das ist wirklich ein Problem! Man kann jetzt natürlich sagen, Kowarik soll reden! Aber aus meinem Verständnis, dass das Wahlrecht wirklich der sensibelste Bereich unserer Rechtsordnung ist, kann man das nicht einfach so hinnehmen! Leider Gottes ist die diesbezügliche Diskussion jetzt auf dieses Forum reduziert. Das ist zwar auch schon etwas, das hätte aber anders verlaufen können! Welche Veränderungsmöglichkeiten gibt es? – Ich möchte mich da jetzt auch nicht weiß Gott wie verbreitern, aber eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, dass man normiert, dass man zumindest beim Beantragen, beim Abholen oder bei der Wahl selbst beziehungsweise beim Abgeben der Wahlkarte persönlich vor der Wahlbehörde erscheinen muss. Wer nicht persönlich erscheinen kann, für den gibt es sowieso die fliegende Wahlkommission! Es ist also kein Argument, dass man sagt, dass die Betroffenen alle von der Wahl ausgeschlossen werden. Das stimmt doch nicht! Die fliegende Wahlbehörde hat immer weniger zu tun, früher war sie sehr oft und sehr lang unterwegs, jetzt wird das immer weniger, was eh klar ist. Diese Möglichkeit wäre aber jedenfalls gewährleistet. Und wenn jemand persönlich wirklich nicht kann, dann soll er eine beglaubigte Vollmacht ausstellen, dass jemand anderer das für ihn abholen kann. Wählen muss er schon selbst, aber er soll zumindest einmal vor einer öffentlichen Urkundsperson sagen müssen, ja, ich will das. – Das sage ich jetzt nicht, weil ich dem Notarsstand angehöre, sondern deshalb, weil somit gewährleistet ist, dass eine Überprüfung stattfindet. Wir haben ja auch das Problem der nicht geschäftsfähigen Wähler. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, auch nicht Geschäftsfähigen ein Wahlrecht zu geben. Das ist Rechtsbestand. In Anbetracht dessen könnte man natürlich damit argumentieren, warum ein Säugling dann kein Wahlrecht hat. Das aber nur nebenbei. Meine vierjährige Tochter weiß womöglich schon, wen sie wählen will, hoffentlich mich, ich weiß es nicht! Aber ich denke, dass Sie verstehen, was ich meine! Das ist tatsächlich ein Problem. Wenn jemand schon so reduziert ist – um es einmal so zu formulieren – und es schwer erkennbar ist, ob er überhaupt einen Willen äußern kann, dann wird er sich auch schwer tun, eine Wahlkarte zu beantragen oder jemandem eine Vollmacht zu geben, für ihn eine Wahlkarte zu beantragen. Das sollte meines Erachtens doch ein bisschen objektiviert werden. Das ist eine Diskussionsgrundlage, das muss ja nicht eins zu eins umgesetzt werden, aber das sollten wir uns schon überlegen. Nun zur Auszählung der Briefwahlstimmen: Man könnte auch auf Bezirkswahlbehörde, um nicht den anderen Wahlordnungen immer hinterherzuhinken, einmal etwas präsentieren und gesetzlich vorsehen, was weisungs- oder richtungsgebend für andere Wahlordnungen ist, etwa dass man auf Bezirkswahleben mehrere Unterwahlbehörden einrichtet. Das wäre eine Überlegung! Man könnte die Bezirkswahlbehörde sozusagen ein bisschen auffetten beziehungsweise aufpoppen, damit es dort mehr Parteienvertreter gibt. Die Zahl aus der Donaustadt ist nämlich, wie gesagt, wirklich erstaunlich! Die Auszählung von 14.000 Wahlkarten geht nicht mit den 9 Personen, die dort in der Bezirkswahlbehörde sitzen, und wenn man noch die Ersatzbeisitzer dazunimmt, dann sind es 18 Personen. Eine seriöse Überprüfung wird so aber jedenfalls nicht funktionieren! Da ist jetzt auch kein Vorwurf an die Beamten, die das auszählen. Die müssen das ja klarerweise tun! Aber es ist eben auch nicht gewährleistet, dass die Parteien dort ein Überprüfungsrecht haben. All das fehlt mir in dem vorliegenden Gesetzesentwurf, und wir werden daher nicht nur wegen des Ermittlungsverfahrens, sondern auch deshalb nicht zustimmen. Es gibt auch noch weitere Themen, die schon angesprochen wurden und die es auch wert wären, im Zuge einer solchen Diskussion besprochen zu werden. Das betrifft etwa die Vorzugsstimmen, von welchen eigentlich immer alle Fraktionen durchgehend sagen, ja, da gehört etwas gemacht! – Ein Direktmandat ist nämlich wirklich fast nicht erreichbar. Das schafft vielleicht der Herr Bürgermeister, und Herr Van der Bellen und auch unser Parteiobmann Heinz-Christian Strache haben es geschafft, aber sonst schafft es eigentlich kaum jemand, ein Direktmandat zu bekommen. Es gäbe noch mehrere Bereiche der direkten Demokratie und der Bürgerbeteiligung. All das hätten wir diskutieren können! Es hätte, außer dass die Koalition dieses Thema jetzt schnell abhaken wollte, wirklich keinen Grund gegeben, sich nicht seriös darüber ein Jahr oder eineinhalb oder zwei Jahre zu unterhalten. Jetzt ist es zu spät für die letzte Wahl, und die nächste Wahl ist, auch wenn wir nicht sicher wissen, wann sie ist, vielleicht erst in fünf Jahren. Zum Schluss, meine Damen und Herren, nehme ich noch ganz kurz Bezug auf die Anträge, die eingebracht wurden. Ein bisschen etwas wird auch Kollege Dr. Aigner für unsere Fraktion dazu sagen. Das Zweitwohnsitzerwahlrecht sehen wir vielleicht ein bisschen anders als die ÖVP. Ich glaube, man sollte dort, wo man seinen Hauptwohnsitz hat, auch den Gesetzgebungskörper wählen. Das ist mein persönliches Verständnis. Darüber ist zwar vielleicht noch nicht das letzte Wort gesprochen, aber das ist unser Zugang dazu. Daher werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. In einem weiteren ÖVP-Antrag geht es um die Abschaffung der Funktion der nicht amtsführenden Stadträte, allerdings nur unter Beibehaltung der Kontrollrechte und Akteneinsichtsrechte für die Oppositionsfraktionen. – Liebe ÖVP! Wollt ihr das jetzt oder nicht? Entscheidet euch! Zu dem, was vorher gesprochen wurde: Das ist ja eine Besonderheit, die es außer in Wien sonst nirgendwo gibt. Nicht amtsführenden Stadträte werden Sie nicht ein einziges Mal in unseren Normen finden. Diese Diktion gibt es zumindest gesetzlich nicht, aber wir alle wissen, was damit gemeint ist. Aber wie soll das dann funktionieren, meine Damen und Herren? Was geschieht mit dem Recht, das jetzt auch ein nicht amtsführender Stadtrat hat? – Nicht amtsführende Landesräte gibt es ja nicht, weil, wie ich heute schon in der Früh bei den Diskussionen gesagt habe, die Landesregierung ein Kollegialorgan ist, die als Kollegialorgan beschließt: Dort werden Beschlüsse gefasst. Nicht so verhält es sich in der Gemeindeverwaltung. Dort gibt es sehr wohl Stadträte mit eigenen Geschäftsgruppen. Aber wie soll dieses Recht substituiert werden? – Das geht nicht! Entweder hat man ein Stimmrecht, dann ist man Mitglied der Stadtregierung, oder man hat kein Stimmrecht, dann ist man kein Mitglied der Stadtregierung. – Dem werden wir also nicht zustimmen. Ich werde Ihnen aber unseren Zugang zu dieser Thematik – das ist ja kein Geheimnis – auch noch erörtern. Über den Antrag der NEOS betreffend Senkung der Sperrklauseln bei Wiener Gemeinderatswahlen kann man diskutieren. 3 Prozent wurden jetzt genannt. – Das sehe ich eher nicht so, das ist ein bisschen zu niedrig gegriffen! Daher werden wir jetzt einmal dagegen sein. Ich hoffe, Sie werden uns das nicht weiter übel nehmen! Das ist aber ein Thema, über das man durchaus diskutieren kann! Sie haben sich auch betreffend Vorzugsstimmen auf 3 Prozent festgelegt. – Auch darüber hätte ich gerne zuerst eine Diskussion, die, glaube ich, groß angelegt werden sollte. Man sollte sich überlegen, was auf welcher Ebene, auf Bezirksebene, auf Wahlkreisebene, auf Ebene des zweiten Ermittlungsverfahrens, sinnvoll ist. Darum werden wir auch da erst einmal dagegen stimmen, sind aber sehr wohl dafür, dass man darüber diskutiert. Dem Abänderungsantrag der NEOS werden wir zustimmen, weil dieser mehr oder weniger textgleich mit unserem ist. Auch für den Beschlussantrag werden wir selbstverständlich sein. Die ÖVP, die Freiheitlichen und auch die GRÜNEN hatten diesen Gesetzesentwurf zum Zweitermittlungsverfahren ja schon fix und fertig ausgearbeitet, Sie tun das jetzt kund, und wir werden auch dafür stimmen. Dann haben wir hier noch den Beschluss- und Resolutionsantrag der Regierungsparteien betreffend Änderung der Bundesverfassung im Hinblick auf die Möglichkeit der Einräumung des Wahlrechts für EU-BürgerInnen auf Gemeinde- und Landeswahlebene. Darüber wird mein Kollege Dr. Aigner sprechen. Wir sind auch gegen die Änderung der Bundesverfassung dahin gehend, dass in Wien auf Grund seiner Sonderstellung eine Änderung der Repräsentation im Stadtsenat vorgenommen werden kann. Das ist auch keine Hexerei. Ich werde Ihnen dann unsere Stellungnahme dazu erklären. Zum dritten Antrag wird auch Kollege Aigner Stellung nehmen. Wir bringen jetzt noch ein paar Anträge ein, um dem auch Ausdruck zu verleihen, was ich Ihnen jetzt doch relativ lang und breit erzählt habe. Wir bringen einen Beschlussantrag ein, mit welchem wir das zuständige Mitglied der Landesregierung bitten, eine überfraktionelle Arbeitsgruppe einzurichten, die das System der Briefwahl überarbeitet, weil wir meinen, dass all die Probleme, die ich Ihnen vorher geschildert habe, erörtert werden müssen, und zwar aus meiner Sicht überfraktionell. – Diesen Antrag bringe ich einmal ein. (Beifall bei der FPÖ.) Gleichermaßen hätten wir vom Herrn Stadtrat gern eine Arbeitsgruppe für die Erarbeitung von konkreten Vorschlägen zur Verbesserung der direkten Demokratie sowie der Bürgerbeteiligung. Auch diesbezüglich gibt es sehr viel zu besprechen. Wir ändern jetzt ja das Volksabstimmungsgesetz beziehungsweise das Volksbefragungsgesetz, und auch da gibt es Hürden in dem Sinn, wann das eingeleitet werden kann, und so weiter. Auch da muss etwas verändert werden. Aus unserer Sicht gibt es da noch sehr viel zu tun. Auch im Hinblick auf die Stadtverfassung muss dementsprechend noch einiges überlegt und getan werden. – Auch diesbezüglich darf ich einen entsprechenden Antrag einbringen. (Beifall bei der FPÖ.) Auch bezüglich der Vorzugsstimmen möchten wir, wie schon angesprochen, dass das zuerst einmal überfraktionell in einer Arbeitsgruppe breit erörtert wird, bevor wir dann nach Möglichkeit eine gemeinsame Fassung dazu finden. – Auch diesen Antrag darf ich einbringen. (Beifall bei der FPÖ.) Zuletzt möchte ich einen Beschlussantrag bezüglich der – ich habe das unter Anführungszeichen gesetzt – nicht amtsführenden Stadträte einbringen. Nur ganz kurz dazu: Es geistern da immer gewisse Vorschläge herum. Aus meiner Sicht brauchen wir in diesem Zusammenhang den Bundesverfassungsgesetzgeber um gar nichts bitten und nicht bemühen. Es liegt bei uns selber, das durchzusetzen, was aus unserer Sicht heraus Sinn macht, nämlich das zurückzunehmen, was die SPÖ einstmals in ihrer Alleinregierung eingeführt hat. Betreffend die amtsführenden Stadträte gemäß § 36, wenn mich nicht alles täuscht, der Stadtverfassung ist dann plötzlich unterschieden worden: Es gibt Stadträte, die ein Amt führen, und welche, die kein Amt führen. – Wir sagen, dass das, was im Art. 117 Abs. 5 B-VG steht, sehr wohl Sinn macht, und das wird auch in allen Städten und Gemeinden – wobei ich nicht weiß, wie viele es in Österreich gibt -, so angewendet. Das heißt, das wird in der kleinsten Gemeinde und in der größten Gemeinde, also bei uns, so angewendet, und wir glauben, dass das Sinn macht. Das ist ein gewisses Proporzsystem auf Gemeindeebene, und Wien ist nun einmal vor allem als Gemeinde strukturiert, das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen. Es gibt da eine Mitwirkung an den Amtsgeschäften zumindest für Fraktionen, die eine entsprechende Stärke aufweisen. Das heißt, wir könnten das selbst wieder rückgängig machen. Unsere Meinung der Freiheitlichen zu dem, was da herumgegeistert ist, ist eindeutig und auch durchgängig. Wir haben einmal – ich weiß gar nicht, wann das war – gemeinsam mit der ÖVP versucht, diese Regelung beim Verfassungsgerichtshof zu kippen. Das ist uns nicht gelungen. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich festgestellt – und das gilt es zu akzeptieren –, dass mit der Regelung in Wien diesem Art. 117 Abs. 5 B-VG Genüge getan ist. Damit müssen wir leben. Aber diese nicht amtsführenden Stadträte sind nicht unsere Erfindung. Das muss auch einmal dazugesagt werden. Es wird in der Diskussion immer so dargestellt, als hätten wir uns darum gerissen, ein Amt zu haben, bei dem man – unter Anführungszeichen – nichts arbeiten muss, um es einmal salopp auszudrücken. – Nein! Ganz im Gegenteil: Natürlich muss man arbeiten! Wir wollen, dass unsere Vertreter in der Stadtregierung und in der Landesregierung auch ein Amt zugesprochen bekommen und, so wie in jeder anderen Gemeinde in Österreich auch, ein Amt zu führen haben und ein Amt führen können. Das wollen wir, und dazu stelle ich diesen Beschluss- und Resolutionsantrag. (Beifall bei der FPÖ.) Meine Damen und Herren! Das Resümee lautet: Wir werden dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: So. Das ist ein mögliches Zitat, das man zitieren kann. - Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Stürzenbecher. Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute endlich einen sehr guten Kompromiss betreffend ein neues Wahlrecht. Dieser Kompromiss bezieht sich, wie von Vorrednern schon ausgeführt, auf die Wahlzahl für die Vergabe und Festlegung von Grundmandaten. Ich finde, das ist politisch wirklich ein guter Kompromiss. Wie man ja auch feststellen konnte, halten wir in dieser Frage das geltende Recht nach wie vor für besser. Die GRÜNEN halten eine komplette Änderung für besser. Deshalb haben wir uns in der Mitte getroffen, und ich glaube, damit kann man als Demokrat zufrieden sein, und damit haben wir vor allem den Kopf wieder frei für wirklich wichtigere Themen, die es in dieser Stadt gibt. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Abg. Armin Blind: Demokratie ist also nur Nebensache!) Nur damit es auch gesagt wird: Wir verbessern auch einige andere Punkte neben dieser Wahlzahlsache. Es gibt auch eine neue Regelung des Berichtigungs- und Beschwerdeverfahrens zur Berichtigung des Wählerverzeichnisses im Zusammenhang mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Ferner gibt es auch eine Angleichung der Wahlausschlussgründe für das passive Wahlrecht an die Regelung der Bundeswahlen. Außerdem wird der letztmögliche Zeitpunkt zur Einbringung von Wahlvorschlägen analog der Praxis bei den Bundeswahlen vorverlegt. Und dann haben wir weiters die Regelung in der Europawahlordnung betreffend die Abgabemöglichkeit von benützten Briefwahlkarten in jedem beliebigen Wahllokal und bei jeder beliebigen Bezirkswahlbehörde, dass das in die Gemeindewahlordnung übernommen wird, da damit die Anzahl verspätet einlangender Briefwahlkarten reduziert wird. Ich glaube, auch für die Praxis ist das eine sehr wichtige Sache. Weiters werden Bestimmungen des Volksabstimmungsgesetzes, des Volksbefragungsgesetzes und des Volksbegehrensgesetzes angepasst. Das sei einmal gesagt, damit man das nicht nur auf diese eine Frage fokussiert. Künftig wird § 83 Abs. 1 der Gemeindewahlordnung eben heißen: „Die Wahlzahl für die Verteilung der Gemeinderatsmandate wird gefunden, indem die Gesamtsumme der im Wahlkreis für die Parteilisten abgegebenen gültigen Stimmen durch die um 0,5 vermehrte Anzahl der Mandate geteilt wird.“ Das ist jetzt die Zauberformel, um die wir relativ lange gerungen haben. Man kann ruhig sagen, hätten wir auch schon früher machen können, hätten wir uns einiges erspart. Aber was lange währt, wird endlich gut. Wir beschließen das heute und haben damit eine gute Grundlage für ein gutes Wahlrecht. Wobei ich durchaus zur seriösen Meldung vom Kollegen Kowarik sagen möchte, dass diese Details, die Sie da angesprochen haben, durchaus etwas sind, das wir weiterverfolgen sollten. Ich meine das mit der Briefwahl und dem Ganzen, dass es nicht so viele ungültige Stimmen gibt und das Nichtige. Also das ist etwas, das man wirklich verfolgen sollte. Ich möchte jetzt trotzdem noch, vermutlich zum letzten Mal, weil wir das Thema ja hoffentlich nicht mehr oft in dieser Form haben werden, anführen, warum wir als Sozialdemokraten durchaus der Meinung sind, dass dieses mehrheitsfördernde Element etwas Gutes ist. Da sind wir nach wie vor dieser Meinung und die GRÜNEN gegenteiliger Meinung und andere auch. Es ist einfach so – es sind auch viele Neue, deshalb haben es nicht alle schon einmal gehört –, dass wir in der demokratischen Welt, in der Welt, in der wirklich die Bürgerinnen und Bürger herrschen und ihre Wahl zum Ausdruck bringen können, im Wesentlichen vier verschiedene Systeme haben. Wir haben das System, in dem es ein eindeutiges Mehrheitswahlrecht gibt, wie in Großbritannien, wo es 650 Einer-Wahlkreise gibt. Da wird in jedem extra gewählt, und wer in dem Einer-Wahlkreis die meisten Stimmen hat, der fährt nach Westminster, und alle anderen Stimmen sind sozusagen verloren. Großbritannien ist immerhin die älteste Demokratie und hat sicher ein sehr hohes demokratisches Niveau und gilt sogar als Mutter der modernen Demokratie. Also ist das sicher nichts Schlechtes. Dann haben wir Frankreich, wo es etwas anders ist. Dort sind auch Einer-Wahlkreise, aber mit zwei Wahlgängen. Im ersten Wahlgang ist nur gewählt, wer mehr als 50 Prozent der Stimmen hat, und in den zweiten kommt man, wenn man eine gewisse Mindestzahl, 10, 12,5 Prozent hat. Dann kann man durch Zurückziehen und durch Bündnisseschließen etwas mehr Spielraum finden, als es in England der Fall ist. Und dann kommen auch kleinere Parteien zum Zug, indem sie sich eben mit einer großen verbünden und zum Beispiel sagen, wir ziehen uns dort und dort zurück und überall sonst nicht, und ihr und ihr dort. – Und gemeinsam haben sie dann einen Wahlkreis. Aber es ist auch ein eindeutiges Mehrheitswahlrecht, und Frankreich ist immerhin als Land der Französischen Revolution, die ja der Ursprung für unsere heutige Demokratie war, auch ein Land, das mit großer demokratischer Tradition ausgestattet ist. In den Vereinigten Staaten haben wir auch ein Mehrheitswahlrecht. Dort ist die Schwäche nicht das Wahlrecht, sondern dass, jetzt auch durch den Verfassungsgerichtshof, die Obergrenzen für Wahlspenden komplett aufgehoben worden sind und wir künftig vielleicht, wie gestern auch Kollege Aigner ausgeführt hat, doch ein sehr oligarchisches System haben werden, weil es eben keine Obergrenzen mehr gibt. Aber das wird man sich anschauen, vielleicht täuschen wir uns auch. Das sind die Mehrheitswahlrechtssysteme, die eindeutig – nicht das, was der Kollege Ellensohn immer will, nämlich jede Stimme zählt vollkommen gleich – jede Stimme in eine andere Richtung bringen. Trotzdem sind es gute demokratische Staaten, gute demokratische Systeme. Dann haben wir Länder mit Proportionalsystem, aber deutlich mehrheitsförderndem Charakter, zum Beispiel Italien. In Italien ist es so, die stärkste Partei oder stärkste Parteienkonstellation – wir können uns mit mehreren zusammenschließen – bekommt automatisch, wenn sie ein gewisses Minimum hat, 55 Prozent der Mandate. Das ist nicht sehr elegant, aber sehr wirksam. In Spanien ist es so, dass die großen politischen Parteien mit etwa 40, 42 Prozent die absolute Mehrheit haben können. In Griechenland haben wir es so – und das haben sehr viele, gerade von den GRÜNEN, bei der Syriza sehr bewundert –, dass die stärkste Partei ganz einfach 50 Mandate dazubekommt. Niemand hat gesagt, das ist ein schlechtes System. Ist es auch wirklich nicht, denn so hat man es in Griechenland wenigstens so, dass zwei Parteien die absolute Mehrheit haben. Hätte man das nicht, hätte man vier, fünf Parteien gebraucht. Und ich glaube nicht, dass die Fortschritte, die in Griechenland dann doch erzielt worden sind, möglich gewesen wären, wenn man hier ein streng proportionales Wahlrecht gehabt hätte. In Ungarn, das ist jetzt einmal für mich kein so vorbildliches Land, hat man auch ein schwer mehrheitsförderndes Wahlrecht bei grundsätzlichem Proportionalwahlrecht. Dann gibt es sehr viele Länder, so wie Österreich, wo man geringe mehrheitsfördernde Elemente hat. Die hat man schon dadurch, dass es 4-Prozent- oder 5-Prozent-Klauseln gibt. Da gibt es ein Land, nämlich die Niederlande, wo es absolut proportional ist. Dass jetzt sozusagen nur die Niederlande demokratisch sind, und alle anderen Demokratien nicht demokratisch, kann man nicht sagen. Deshalb, glaube ich, haben wir auch das bisherige Wiener Wahlrecht zu Recht für sehr demokratisch gehalten, und dieser Meinung sind wir noch immer. (Beifall bei der SPÖ.) Aber wie gesagt, ein guter Kompromiss ist ein guter Kompromiss, und er wird uns jetzt doch dazu bringen, dass wir uns mit noch wichtigeren Themen beschäftigen. Jetzt zu einigen Punkten, die noch aufgeworfen worden sind. – Vielleicht bringe ich aber vorher, damit ich es nicht vergesse, einen Beschluss- und Resolutionsantrag ein. Und zwar geht es darum, wie auch schon von unserem Bündnispartner, von den GRÜNEN gesagt worden ist, dass es wirklich schade ist, dass die EU-Bürger nur auf Bezirksvertretungsebene wählen dürfen. Ich habe jetzt auch in diesem Wahlkampf bei vielen Hausbesuchen bemerkt, wenn es EU-Bürger waren, hat man ihnen gesagt, ja, ja, ihr könnt die Bezirksvertretung wählen, aber den Bürgermeister, also sozusagen das Rathaus, leider nicht. Und das sind durchaus Leute, die an unserem politischen System so interessiert sind, dass es gerechtfertigt wäre, wenn sie auch auf Gemeinderats- und Landtagsebene mitbestimmen könnten. Deshalb bringe ich den Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgeordneten Oxonitsch, Niedermühlbichler, Stürzenbecher, Ellensohn, El-Nagashi, Kickert ein, der lautet: „Der Landtag wolle beschließen, der Bundesverfassungsgesetzgeber wird seitens des Wiener Landtages ersucht, die Bundesverfassung in der Form zu ergänzen beziehungsweise zu ändern, dass den Ländern die verfassungsrechtliche Möglichkeit eingeräumt wird, ein Wahlrecht für im Bundesland hauptwohnsitzgemeldete EU- Bürger und -Bürgerinnen auf Gemeinde- beziehungsweise Landesebene einzuführen.“ Das ist also diese Sache. Einen Antrag wird dann noch der Kollege Ellensohn –Hast du schon eingebracht das Drittstaats…? – Ja, das ist also schon eingebracht. Das ist auch wirklich wichtig. Wir haben ja das Wahlrecht für Zuwanderer, die fünf Jahre hier sind, auf Bezirksvertretungsebene schon einmal beschlossen. Das hat leider der Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Und so wie ein Schiedsrichterpfiff gilt, auch wenn es manchmal keine Tatsachenentscheidung ist, gilt das natürlich. Das ist für uns absolut richtig und korrekt, und es wäre kein Rechtsstaat, wenn wir das nicht akzeptieren würden. Aber deshalb ersuchen wir jetzt den Bundesverfassungsgesetzgeber um die Möglichkeit, das auf kommunaler Ebene festzulegen. Der Bundesverfassungsgesetzgeber soll das nicht allen Ländern aufoktroyieren, aber er soll uns die Möglichkeit einräumen, dass wir selbst festlegen, inwieweit auf kommunaler Ebene, insbesondere auf Bezirksebene, Drittstaatsangehörige mitentscheiden. Da stellt sich ja wirklich die Frage, warum soll nicht jemand, der weiß Gott wie lange, seit 6, 10 oder 20 Jahren, hier wohnt, mitbestimmen können (Abg. Armin Blind: Soll er Staatsbürger werden!), wie das Parkbankerl ausgestattet ist, wie man den Park gestaltet, wo diese Leute teilweise mehr hingehen als sozusagen die Staatsbürger, weil sie in der Regel schlechtere Wohnverhältnisse haben, oder wie bei öffentlichen Verkehrsmitteln die … (Abg. Dkfm. Dr. Fritz Aichinger: Das sind nicht Bezirksangelegenheiten!) – Na ja, das sind teilweise schon Bezirksangelegenheiten. Jedenfalls die Angelegenheiten des täglichen Lebens, des näheren Umfeldes des Lebens, nicht die Gesetze und die gesellschaftspolitischen Fragen, die sollen schon von den Staatsbürgern entschieden werden, aber das, was wirklich jeden betrifft, der hier wohnt, das soll mitentschieden werden können. Dafür plädieren wir weiter, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber das herbeiführen möge. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Was aber mein Freund Niedermühlbichler noch einbringen wird, ist das mit den nicht amtsführenden Stadträten. Wie schon Kollege Kowarik richtig ausgeführt hat, fußt diese ganze Sache auf Art. 117 Abs. 5 B-VG, wo es heißt: „Im Gemeinderat vertretene Wahlparteien haben nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand.“ Wir sind als Wien primär eine Gemeinde, und das wollen wir auch so. Es hat, als Kollege Tschirf noch Klubobmann der ÖVP war, von der ÖVP den Wunsch gegeben, dass man Wien primär als Land gestaltet. Wien hätte Tschirf nach ein Land sein sollen, und die 23 Bezirke wären eigene Gemeinden gewesen, dann hätte die ÖVP damals auch 5 Bürgermeister gehabt. Das war, glaube ich, irgendwie die Idee des Gedankens. Aber wir sind stolz darauf, dass wir seit 1922, seitdem wir ein eigenes Land sind, primär Gemeinde sind, weil man damit bürgernäher ist. Wir wollen dieses Primat der Gemeinde natürlich aufrechterhalten, und deshalb ist dieser Artikel der Bundesverfassung für uns sehr wichtig. Diese Problematik mit den nicht Amtsführenden ist dadurch entstanden, dass ursprünglich 1945 alle Parteien in der Stadtregierung waren. Damals war sogar Viktor Matejka von der KPÖ die erste Periode Kulturstadtrat – übrigens ein sehr guter Kulturstadtrat, wie allgemein festgestellt worden ist –, und bis 1973 war die ÖVP, obwohl die SPÖ immer eine klare absolute Mehrheit hatte, immer in der Stadtregierung mit dabei, entsprechend dem Proportionalsystem. 1973 aber hat dann die ÖVP gemeint, dass die Donauinsel eine derart katastrophale Sache sei, was die SPÖ da vor habe, dass man die Donauinsel macht. – Eine historische Fehleinschätzung, ich glaube, das wird man inzwischen auch in der ÖVP sagen, aber trotzdem, dadurch ist es zum Bruch gekommen. Die ÖVP ist dann quasi hinausgegangen aus den amtsführenden Stadträten. Da aber die Verfassung war, wie sie ist, hat man eben diesen Kunstgriff, wenn ich es so nennen darf, gefunden, dass man gesagt hat, dann gibt es eben nur amtsführende Stadträte für die eigentliche Regierung und nicht amtsführende für die Opposition. Das war ab 1973 so. Irgendwann, wie die GRÜNEN und vor allem die FPÖ stärker geworden sind, sind sie da auch reingekommen. Das ist ein System, mit dem niemand wirklich zufrieden ist. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Was soll man machen?) Wenn der Bundesverfassungsgesetzgeber jetzt eine Lösung findet, die besser ist, dann ist es natürlich gut so. Aber wichtig ist, dass natürlich die Kontrollrechte nicht geringer werden dürfen, dass insgesamt das demokratische Niveau nicht geringer werden darf und dass es auch nicht von heute auf morgen eingeführt wird; geplant ist, soviel ich weiß, ab einer neuen Periode. Grundsätzlich ist es kein System, das in der Öffentlichkeit bei den Bürgerinnen und Bürgern Begeisterung hervorruft. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Hättet ihr es nicht gemacht!) Deshalb soll sich der Bundesverfassungsgesetzgeber jetzt Gedanken machen, wie er die Voraussetzungen dafür schafft, dass wir dann gemeinsam ein besseres System finden. Dann möchte ich doch noch etwas zu meinen Vorrednern sagen: Bei den NEOS hätte mich gewundert, wenn ihre Zustimmung gekommen wäre. Ich muss allerdings schon noch einmal dazusagen, dass ich diese Aktion, dass man Kollegen Akkilic, wie er die Fraktion gewechselt hat, damals bei der Staatsanwaltschaft als mutmaßlichen Kriminellen angezeigt hat, für den absoluten Tiefpunkt der politischen Kultur halte. Das ist etwas, das für mich wirklich unvorstellbar ist. (Beifall bei der SPÖ.) Noch dazu, wo man eigentlich als Juristin wissen müsste, dass es natürlich keinen Anhaltspunkt dafür gibt. Die Staatsanwaltschaft hat das dann relativ schnell eingestellt, und übrigens ist er jetzt gar nicht da. Aber dass man das macht, das ist etwas, das ich an sich nicht nachvollziehen kann. Nur damit einmal in der Zeitung steht, man hat irgendwen angezeigt. Ja, dann steht man halt in der Zeitung, aber Faktum ist, dass das natürlich 100.000 Lichtjahre von einem strafrechtlichen Tatbestand entfernt ist und das auch die Staatsanwaltschaft so gesehen hat. (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Nein, da irren Sie sich!) Außerdem ist es relativ normal, gerade im dritten Lager – bei der FPÖ hat sich das LIF abgespalten, BZÖ abgespalten, vom Team Stronach gehen jetzt vier Leute zur ÖVP. (Abg. Christian Oxonitsch: Wer weiß, wie viele ÖVPler bei den NEOS sind?!) Frau Kollegin Meinl-Reisinger war ja auch, wenn auch nicht als Mandatarin, vor Kurzem bei der Jungen ÖVP Mitarbeiterin bei der Frau Marek; jetzt sind wir NEOS. Wenn also irgendjemand von den Grünen aus lauteren Motiven zu den Roten kommt, sollte man das schon akzeptieren können und nicht auf derart niedrigem Niveau reagieren. Das wollte ich einmal sagen und hat auch einmal gesagt werden müssen. Sie haben auch gesagt, dieser Satz stimmt, der Standort bestimmt den Standpunkt. Deshalb sind Sie auch dafür, dass man eine 3-Prozent-Klausel einführt. Anscheinend schätzen Sie sich für nächstes Mal nicht mehr für so politisch potent ein, dass Sie wieder die 5 Prozent erreichen, deshalb verlangen sie sicherheitshalber die 3-Prozent-Klausel. Dem werden wir aber nicht zustimmen, weil die 5-Prozent-Klausel durchaus etwas ist, das auch in der Bundesrepublik Deutschland in den meisten Landtagen der Fall ist, außer in denen, wo man durch Grundmandatshürden eigentlich eine noch höhere Hürde hat. Zum Kollegen Juraczka ist mir nur in Erinnerung geblieben, dass er den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ zitiert hat. Wobei da seine Aussage war, es passiert immer das Gleiche, was aber nicht stimmt und weiß, wenn man den Film gesehen hat, sondern es stimmt, dass der Hauptdarsteller immer gescheiter wird, und das macht den Witz des Films aus. Insofern sind wir, wenn wir unsere Wahlrechtsreform auch lange diskutiert haben, immer gescheiter geworden und haben heute endlich einen guten Beschluss, auf den wir dann stolz sein können, wenn wir ihn gefasst haben werden. Ellensohn sagt „Feiertag für die Demokratie“: Ja, durchaus, man soll aber auch nicht übertreiben, es ist eine relativ, jetzt materiell gesehen, kleine Reform. (Beifall von Abg. Markus Ornig, MBA.) Kollege Kowarik hat einige ganz wichtige Punkte angesprochen. Wir brauchen übrigens auch keine große Reform im Wahlrecht, was wir brauchen, ist, dass man kleine Fehler, die da sind, und die durchaus richtig vom Kollegen Kowarik dargelegt worden sind, verbessert. Darüber sollten wir uns in den nächsten 5 Jahren schon Gedanken machen, denn dass 8 Prozent in einem gewissen Wählerspektrum eine nichtige Stimme haben, ist etwas, das nicht in Ordnung ist. Wobei man das sicher einerseits durch Schulung unserer Bürgerinnen und Bürger verbessern kann, indem man auch mehr öffentlich erklärt, andererseits auch der Wahlbehörden natürlich, der Leute, die in den Wahlbehörden sitzen, aber vielleicht auch, indem man bei den Bestimmungen nachfeilt, die jetzt Grundlage dafür sind, dass es noch solche Ungereimtheiten gibt, dass relativ viele Stimmen dann nichtig sind. Darüber sollten wir uns wirklich Gedanken machen. Die Briefwahl insgesamt halte ich aber nach wie vor für gut. Dazu sage ich, dass die Sozialdemokratie lange Zeit die Briefwahl abgelehnt hat, weil wir befürchtet haben, dass das ein Einfallstor für Manipulationen wird und dass das geheime Wahlrecht dadurch abgeschafft wird. (Beifall von Abg Mag. Dietbert Kowarik und Abg. Armin Blind.) – Man kann auch gescheiter werden, muss ich sagen. (Abg. Armin Blind: Aber es geht auch in die andere Richtung, Herr Kollege!) Eigentlich hat sich das Einfallstor nicht als Tor, sondern maximal als Mauseloch erwiesen, und das geheime Wahlrecht ist doch im Großen und Ganzen aufrecht geblieben. Was aber positiv ist, was sozusagen für mich mehr wiegt, ist, dass durch die Briefwahl die Wahlbeteiligung deutlich gestiegen ist. Das müssen wir auch sehen. Wir haben im Jahr 2005, als wir noch relativ wenige Briefwähler hatten, 60 Prozent Wahlbeteiligung gehabt. Wir sind 2010 dann primär, würde ich sogar sagen, durch die erweiterte Briefwahl auf 66 Prozent rauf und haben uns jetzt, nicht primär wegen der Briefwahl, sondern sicher auch auf Grund der Tatsache, dass die Leute gewusst haben, es geht wirklich um etwas, auf 74 Prozent Wahlbeteiligung wieder hinaufgehantelt. Darauf, glaube ich, können wir wieder gemeinsam stolz sein, dass wir immerhin innerhalb von 2 Perioden von 60 Prozent auf 74 Prozent Wahlbeteiligung rauf sind. Das ist etwas, das durchaus positiv ist, und da hat sicher die Briefwahl mit dazu beigetragen. Deshalb glaube ich, dass die Briefwahl mehr Vorteile als Nachteile hat. Wir müssen die Nachteile möglichst minimieren bis ausschalten, aber die Vorteile sind einfach gegeben. Es ist besser, jemand nimmt an der Demokratie durch die Briefwahl teil, als er oder sie nimmt gar nicht teil. Das ist etwas, dessen wir uns bewusst sein sollten. Sonst, meine ich, ist im Wesentlichen das, worauf ich reagieren wollte, jetzt gesagt worden. (Abg. Gerhard Kubik: Hast eh schon alles gesagt!) Zu den anderen Anträgen wird teilweise auch mein Freund Niedermühlbichler noch Stellung nehmen. Wir werden den ÖVP-Antrag betreffend die nicht amtsführenden Stadträte annehmen, also werden ihm zustimmen. Die Anträge, die nur gestellt worden sind, um einen Keil zwischen uns und unsere grünen Bündnispartner hineinzutreiben, werden wir natürlich ablehnen. Trotzdem, alles in allem ist es eine Wahlreform, die richtig und notwendig war, die einen guten politischen Kompromiss gefunden hat und die Grundlage dafür ist, dass wir jetzt sehr erfolgreich in den nächsten Jahren für die Wienerinnen und Wiener weiterarbeiten können. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Wiederkehr. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Christoph Wiederkehr, BA (NEOS): Sehr geehrter Vorsitzender! Werte Damen und Herren! Ich bin ja überrascht, dass die Debatte zum Wahlrecht so sachlich geführt wird, weil mich regt dieser Kompromiss eigentlich schon auf. Aber nach dem Ordnungsruf von gestern werde ich es auch sachlich halten und halte es mit dem Herrn Ellensohn, schauen wir optimistisch in die Zukunft. Ich gebe optimistisch eine Wunschliste mit, was wir denn alles in diesem Wahlrecht noch verbessern könnten. Sie haben ja angesprochen, dass es eventuell eine Arbeitsgruppe dazu geben wird. Das fände ich sehr gut, denn es gibt sehr viele Punkte, wie wir dieses Wahlrecht noch weiterentwickeln müssen. Aber bevor ich zu meiner Wunschliste ans Christkind oder an Sie komme, habe ich eine Erwiderung auf den Herrn Stürzenbecher, dass die Causa Akkilic der Tiefpunkt war. Ich gebe ich ihnen recht, aber von unserer Perspektive ein Tiefpunkt, denn erst am Tag einer Abstimmung aus machtpolitischem Kalkül zu einer anderen Fraktion zu wechseln, ist etwas ganz anderes, als aus ideeller Überzeugung über Jahre hinweg eine Partei zu wechseln, wie Sie es zum Beispiel mit dem LIF verglichen haben. Das war daher ein ganz anderer Fall mit dem Herrn Akkilic. Am Tag der Abstimmung das Hütchen zu wechseln, ist für mich eigentlich ein demokratiepolitischer Tiefpunkt, und darum verstehe ich nicht, dass man es auch wechselt. (Beifall bei den NEOS.) Weil gesagt worden ist, dass es sehr nahe dran ist an einem Wahlrecht, in dem jede Stimme gleich zählt. Man muss es sich nur mal anschauen. Wenn man das letzte Wahlergebnis heranzieht, waren es 44 Abgeordnete der SPÖ, mit dem Faktor 0,5 wären es 42. Und wie wäre es mit dem Faktor 0? – Wären es 40. Nach der jetzigen Wahlordnung wären es 40 gewesen. Das heißt, in der Theorie vielleicht gar nicht so weit weg, aber zwei Mandate, zwei Personen von Ihnen, die Ihre Fraktion weniger hätte mit einem wirklichen Proportionalitätsausgleich, ist für mich nicht nahe dran, sondern es sind zwei Mandate. Da ist ziemlich viel Platz noch nach oben. Mir ist es wichtig, dass jede Stimme gleich viel wert ist, egal, ob es eine Stimme an Grün, Rot oder Blau ist, auch egal, ob die Stimme in Ottakring oder in Währing oder in Hietzing abgegeben worden ist. Es gibt die Verzerrung einerseits durch den mehrheitsfördernden Summanden, aber andererseits natürlich auch über diese Wahlkreise, die über lange Zeit nicht angepasst worden sind. Durch diese Konstellation der Wahlkreise, dass es zum Beispiel in Währing nur drei Grundmandate gibt, oder in der Donaustadt mittlerweile schon elf oder bald zwölf, kommt es natürlich auch automatisch zu einer Verzerrung, weil man in kleinen Bezirken so gut wie gar kein Grundmandat erlangen kann, wie man heuer zum Beispiel auch in Währing gesehen hat. Das heißt, hier müsste man entweder ansetzen, diese Wahlkreise neu zu gestalten, was ich gerne mit auf den Weg gebe für die Arbeitsgruppe, sich da Gedanken zu machen, da gibt es viele Konzepte, oder endlich einen Proportionalitätsausgleich einzuführen, wie es auf Nationalratsebene auch üblich ist. Denn dieser Proportionalitätsausgleich führt wirklich dazu, dass jede Stimme gleich viel wert ist, und das ist eigentlich die Richtung, in die wir gehen müssten. (Beifall bei den NEOS.) Das heißt, wir bringen einerseits einen Antrag ein, um den mehrheitsfördernden Summanden auf 0 zu senken im Sinne des Wahlversprechens von vor sechs Jahren und andererseits, um auch den Proportionalitätsausgleich zu schaffen. Ein Punkt, der schon angesprochen worden ist, sind die Vorzugsstimmen. Es ist in Wien de facto unmöglich, über Vorzugsstimmen ein Grundmandat zu bekommen. Vor allem für kleinere Parteien ist es nicht möglich, weil es nicht an den Stimmen der Partei gemessen wird, sondern an der Wahlzahl, die überschritten werden muss. Das ist in den Bezirken im Zentrum ausgeschlossen. Mit 8.000 Stimmen, die man dort erzielen müsste, ist es so gut wie nicht möglich, ein Grundmandat zu bekommen. Meines Erachtens ist es wichtig in der Demokratie, dass man durch den Zuspruch der Bürger, durch die Vorzugsstimme auch leichter vorgereiht werden kann. Deshalb bringen wir den Antrag ein, dass man mit 3 Prozent der Vorzugsstimmen der Partei, die man bekommt, schon vorgereiht wird. Es ist ein sehr mutiger Schritt, dieses Persönlichkeitselement in den Vordergrund zu stellen. Auf Bundesebene ist es mit 14 Prozent auch besser als das, was der Fall ist, aber viel zu wenig weitgehend. Ich finde es wichtig, dass die einzelnen Politiker, dass wir alle verantwortlich sind gegenüber den Bürgern, und wenn es der Wunsch der Bürger ist, dass man es auch umreihen kann. Wir machen es innerhalb unserer Partei durch unsere offenen Vorwahlen, aber ich fände es auch wichtig, dass man das im Wahlrecht auch bedenkt. (Beifall bei den NEOS.) Ein ganz wichtiger Punkt ist für mich die Sperrklausel mit 5 Prozent, die in Wien extrem hoch ist. Ich fände es wichtig, dass unterschiedliche Auffassungen auch im Gemeinderat vertreten sind, im Landtag, abseits von den Parteien, die sich über Jahrzehnte etabliert haben. Aber es ist für Neue extrem schwierig, mit einer Sperrklausel von 5 Prozent überhaupt einzutreten. Da ist der Markt eigentlich zu. Und es ist noch ein Faktor, dass die Wahlförderung und die Parteienförderung so hoch sind, dass es für neue Kräfte noch schwieriger gemacht wird, überhaupt einzuziehen. Das heißt, wir sind ganz stark für eine Senkung dieser Sperrklausel, um auch neuen Parteien, neuen Bewegungen und damit auch neuen Ideen eher die Chance zu geben, auch hier zu sitzen und ihre Meinung zu vertreten. (Beifall bei den NEOS.) Auch diesbezüglich bringen wir einen Antrag ein, und fänden es schön, wenn es auch mittelfristig bedacht wird, warum denn wirklich 5 Prozent, wo es in Österreich eigentlich nirgends oder fast nirgends eine 5-Prozent-Hürde gibt. Auch für die Klubbildung wären 3 Prozent völlig ausreichend. Unser letzter Punkt, was auch schon angesprochen wurde, betrifft das Wahlrecht von Bürgern mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft. Ich finde es sehr schön, dass Sie sich darauf bezogen haben, dass es auch der Hauptwohnsitz sein sollte. Ich finde auch, dass der Hauptwohnsitz wichtig und essenziell ist, aber es muss in der europäischen Gemeinschaft nicht die Staatsbürgerschaft sein. Vor allem deshalb, weil es in Österreich noch immer so schwierig ist, eine Staatsbürgerschaft zu bekommen. Deshalb sollte es auch nicht an der Staatsbürgerschaft hängen. Aber auch, wenn es nicht so schwierig ist. Es gibt Personen, die wollen ihre Staatsbürgerschaft behalten. Ich bin zum Beispiel Sohn einer französischen Mutter und eines ungarischen Vaters. Meine Mutter hat noch immer die französische Staatsbürgerschaft, weil ihr die französische Idee einfach noch wichtig ist. (Abg. Armin Blind: Dann sollte sie hier nicht mitbestimmen!) Aber ich fände es wichtig, dass sie nach 20 Jahren auch hier wählen kann, weil das auch ihr Lebensmittelpunkt ist. Das heißt, Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt hier haben, vor allem europäische Bürger, sollten auch hier wählen können. Das fände ich enorm wichtig. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Armin Blind: Dann ist sie noch nicht angekommen!) – Ich stelle Ihnen meine Mutter gerne einmal vor. Ich glaube, sie ist gut angekommen in der österreichischen Gesellschaft, hat auch schon sehr viel beigetragen in dieser Gesellschaft, und dementsprechend kann ich Ihr Argument nicht nachvollziehen. In dieser Hinsicht unterstützen wir den Antrag, der von der Koalition gestellt wird, dass Wien entscheiden kann, wer wahlberechtigt ist und wer nicht. Wir gehen mit diesem Antrag mit. Meine Wünsche habe ich deponiert, ich würde es wirklich schön finden, wenn es eine Arbeitsgruppe zum Wahlrecht und ein Weiterdenken und eine Weiterentwicklung des Wahlrechts gibt und deponiere das als Wunsch ans Christkind. – Danke. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Dr. Ulm. Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr verehrte Damen und Herren! (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Nimmst du wieder die Statistik mit?) – Herr Kollege Stürzenbecher, was ist das Anliegen? (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Ob du wieder diese Auflistung bringst vom letzten Mal!) – Das kann ich nicht versprechen. Ich habe es dabei, aber ich weiß nicht, ob alle davon so begeistert wären wie wir beide. Es geht heute natürlich nicht nur um den mehrheitsfördernden Faktor oder mehrheitsfördernden Summanden, wie mein Vorredner richtig gesagt hat. – Es sind offenbar Mathematikspezialisten im Saal, die wissen, dass man bei einer Addition von Summanden spricht und nur bei der Multiplikation von Faktoren. Und nachdem hier die Zahl 1 oder 0,5 zu addieren ist, müsste man eigentlich tatsächlich, so wie es mein Vorredner auch gesagt hat, von mehrheitsfördernden Summanden reden. Aber worum es mir geht, das ist, dass heute die Gemeindewahlordnung ganz umfassend reformiert wird und dass ich von Seiten der Regierungsfraktionen höre: Wir bilden eine Arbeitsgruppe zum Thema Wahlrecht. Das ist wirklich absurd, und ich kann dem Kollegen Kowarik natürlich nur recht geben. Wir bekamen diesen Initiativantrag, über den wir heute abstimmen müssen, überfallsartig vor wenigen Tagen, und in der Fragestunde habe ich noch von Frau Kollegin Kickert gehört, dass geplant ist, dass man eine ganz breite Diskussion abhalten möchte über Veränderungen im Wahlrecht, über Veränderungen der Wiener Stadtverfassung; auch die Frau StRin Frauenberger hat gesagt, sie ist sehr aufgeschlossen gegenüber der Idee über Runde Tische. Ich habe gefragt, ob sie sich die Einführung der Direktwahl der Bezirksvorsteher vorstellen kann. – Kann man sich alles vorstellen, man will das interfraktionell besprechen. Die Nachricht höre ich wohl, allein, mir fehlt der Glaube, wenn wir heute diese grundlegende, diese breite Reform der Wahlordnung beschließen, und Sie die gute Idee haben, dass man eine interfraktionelle Arbeitsgruppe dazu einsetzt, nachdem wir es heute beschließen. (Beifall bei der ÖVP und von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Aber natürlich geht es heute in allererster Linie um dieses mehrheitsfördernde Element. Und es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass wir heute einen Freudentag für die Demokratie haben. Vielmehr ist die Geschichte dieser Wahlrechtsdebatte eine Gruselgeschichte. Eine Gruselgeschichte, wie wir sie wirklich nur ganz selten bei politischen Themen haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir bei einem politischen Thema von dieser Bedeutung durch Jahre hindurch derart unterschiedliche, Herr Kollege Stürzenbecher, unterschiedliche Aussagen gehört hätten, die ja alle dokumentiert sind und die auch schon gesagt worden sind an diesem Rednerpult, wo es derart Hü und Hot gegangen ist, wo es derartige Wortbrüche gegeben hat, wo es das Kapern von Abgeordneten gegeben hat, wo man völlig absurde Vorschläge gemacht hat. Und diese 0,5, die man jetzt nimmt, das ist ja auch eine peinliche, weil willkürliche Zahl. (Abg. Georg Niedermühlbichler: Dann schauen Sie, Niederösterreich hat 0,5!) Allein, wenn ich in einen Gesetzestext eine Zahl hineinschreiben muss, die ich gar nicht leicht in Worten in einem Gesetzestext formulieren kann, da sollte man als Jurist schon ein bisschen skeptisch und vorsichtig sein. (Beifall bei der ÖVP.) Da bin ich schon dafür, dass man in einer nachvollziehbaren Art und Weise unser Wahlrecht organisiert. Es ist wirklich eine Gruselgeschichte für die GRÜNEN, für die SPÖ. Es ist eine Gruselgeschichte für die Bürger, die sich falsche Versprechungen anhören mussten durch viele Jahre hindurch, und letztendlich auch für den Rechtsstaat und für die Demokratie. Mit unglaublich vielen Verlierern, diese Gruselgeschichte hat natürlich als Verlierer die GRÜNEN, die SPÖ, nicht zu vergessen den Herrn Akkilic, den man nicht so eindeutig einordnen kann, und letztendlich die gesamte Rechtsordnung und Demokratie in dieser Stadt. Sehr geehrte Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie sind mit dieser Novelle, die Sie heute beschließen, wortbrüchig geworden. Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen. Ich darf Sie noch einmal auf diese Verpflichtungserklärung aufmerksam machen. Sie ist Ihnen sehr oft vorgehalten worden seit dem 4. Mai 2010, an dem dieser Notariatsakt – der natürlich kein Notariatsakt im technischen Sinne ist, aber ein Notariatspakt ist er, ein Pakt ist er auf alle Fälle – zwischen mehreren Fraktionen geschlossen worden ist. Und an diesen Pakt will man sich nicht mehr halten, von diesem Proportionalausgleich will man nichts mehr wissen. (Beifall bei der ÖVP.) Es stimmt schon, selbst ich konzediere Ihnen, dass Sie am Ende der letzten Periode versucht haben, gemeinsam mit uns Ihre Vorstellungen dazu umzusetzen. Es ist eben nicht gelungen. Aber Sie hätten ja die zweite Chance gehabt. Also Sie haben nicht nur heute die Chance, sondern Sie hatten ja die Chance, es mit Ihrem präsumtiven Koalitionspartner zu verhandeln und zu vereinbaren. Ich verstehe schon das Argument, Sie werden jetzt wieder sagen, ja selbstverständlich, wir sind jetzt in einer Koalition und man muss auf den Koalitionspartner Rücksicht nehmen, und es ist jetzt alles ein bisschen anders, und wir würden ja eh so gerne. – Nein, Sie hatten eine hervorragende zweite Chance. Sie hätten nur das, was Sie den Wählern versprochen haben, in die Koalitionsverhandlungen einbringen müssen und hätten sich durchsetzen müssen. Und wenn Sie sagen, wir können uns da nicht durchsetzen und es ist uns wichtig, dann hätten Sie diese Vereinbarung nicht abschließen dürfen. (Beifall bei der ÖVP.) Aber ein ganz großer Verlierer ist natürlich auch die SPÖ. Allein, was an jenem 27. März dieses Jahres passiert ist, spottet jeder Beschreibung. Kollege Kowarik hat von einer haarsträubenden Debatte schon im Vorfeld gesprochen, als man uns allen Ernstes klar machen wollte, dass 51 von 100 Abgeordneten kein einfaches Gesetz beschließen können. Man hat gemeint, es braucht eine doppelte Mehrheit, nicht nur die 51 im Landtag, auch im Ausschuss. Die Stadträtin könnte blockieren, wenn die Stadträtin keinen Bericht abgibt, dann geht die Initiative nicht weiter in den Landtag, ein Zusatzantrag darf nicht gestellt werden zur Gemeindewahlordnung. All das hat man letztendlich selber nicht geglaubt und hat sich dann für die sichere Variante entschieden, nämlich einen grünen Abgeordneten zu kapern. Ich scheue mich überhaupt nicht, dieses Wort in den Mund zu nehmen, denn ich kann einen Zeugen dafür aus der Regierungsfraktion namhaft machen. Der Herr Kollege Niedermühlbichler sitzt nicht weit von mir entfernt. Er hat am 16. April dieses Jahres gegenüber dem „Kurier“ gesagt: „Warum haben wir das so gemacht? Mit der Wahlrechtsreform hätte man auf einen Schlag vier Mandate verloren. Wenn Akkilic auf einem sicheren Listenplatz bei der Wahl antritt, bleiben noch immer drei gerettete Mandate über. Das ist eine einfache Rechenaufgabe, sagt Niedermühlbichler.“ – Zitat Ende. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist wirklich eine einfache Rechenaufgabe, und es ist mir auch relativ einfach der Nachweis gelungen, wie Sie sich verhalten haben, worum es Ihnen gegangen ist, nämlich ausschließlich darum, dass Sie lediglich ein Mandat verlieren. Letztendlich haben Sie sich dann gedacht, Sie wollen nicht einmal dieses verlieren, daher auch wortbrüchig gegenüber Akkilic und geben ihm das versprochene Mandat nicht; umso besser, hätten Sie vier Mandate und gar keines verloren. Letztendlich verlieren Sie jetzt aber doppelt, denn jetzt verlieren Sie zwei Mandate, sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie jetzt dieser Halbierung dieses mehrheitsfördernden Elements zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.) Mit dieser Novelle ist es nach wie vor so, dass die Mandate recht deutlich unterschiedlich teuer sind, denn auch mit dieser Novelle kostet die SPÖ ab sofort ein Mandat bei diesem Wahlergebnis, wenn ich das jetzt beispielhaft heranziehe, ein Mandat 7.852 Stimmen, die GRÜNEN allerdings 8.966 Stimmen. Das ist eine Differenz von über 1.000 Stimmen pro Mandat. Das ist schon beachtlich. Man hat verloren, man hat letztendlich diese zwei Mandate doch nachgeben müssen. Das Ganze ist gegangen auf Kosten der Stadtverfassung und der Gemeindewahlordnung. Das erinnert mich ein bisschen an die Debatte, die wir auch beim Stadtrechnungshof hatten, wo die SPÖ-Fraktion allen Ernstes schon drauf und dran war, zu sagen, ja, wir reformieren das Kontrollamt und machen einen Stadtrechnungshof daraus. Aber wenn es keine Zweidrittelmehrheit gibt, bleibt an der Spitze ein Kontrollamtsdirektor bestehen. Von diesem Stadtrechnungshof konnten wir dann in letzter Sekunde dank des Einsatzes des Kollegen Juraczka noch abwenden. Aber eine ähnlich peinliche, weil willkürliche Regelung haben wir, wenn wir in das Gesetz jetzt ganz einfach hineinschreiben, dass bei der Ermittlung der Grundmandate zu den Mandaten der Summand 0,5 zu addieren ist. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Dr. Kickert. – Bitte, Frau Abgeordnete. In der Zwischenzeit darf ich noch bekannt geben, dass Frau Abg. Schütz ab 17 Uhr entschuldigt ist. Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Landesrat! Bevor ich auf die beiden Aspekte eingehe, die mich an dieser Novellierung am meisten interessieren, nämlich die Resolutionen zur Ermöglichung der Änderung des Wahlrechts auf landesgesetzlicher Ebene für EU-BürgerInnen und Drittstaatsangehörige, möchte ich noch kurz auf meine VorrednerInnen eingehen beziehungsweise auf die Verwirrungen zu unterschiedlichen Vorhaben beziehungsweise Arbeitsgruppen. Was wir vor haben, ist tatsächlich die Weiterentwicklung der Demokratie. Und nein, da denken wir nicht nur an eine interfraktionelle Arbeitsgruppe, sondern schon an einen etwas größeren Prozess der Einbindung interessierter Gruppen und der Zivilgesellschaft, angerissen im Regierungsübereinkommen auf Seite 131. Das halte ich für wesentlich. Nein, es ist keine interfraktionelle Arbeitsgruppe, sondern tatsächlich ähnlich der Enquete auf Bundesebene, die aber nur im Nationalrat stattgefunden hat; ausgehend von einer Enquete tatsächlich mehrere Runde Tische zu mehreren Themenbereichen. So ist auch die Antwort der Landesrätin heute bei der Fragestunde zu verstehen. Und ja, es wird zusätzlich noch eine Arbeitsgruppe geben, die sich mit der Stärkung der Bezirksdemokratie auseinandersetzen wird, indem es um die Zusammenarbeit zwischen Bezirken und der Gemeinde geht beziehungsweise der BezirksvorsteherInnen und der Bevölkerung. Und das ist dann tatsächlich eine Arbeitsgruppe, nicht nur interfraktionell, sondern selbstverständlich auch unter Einbeziehung der Bezirke. Mit dieser Arbeitsgruppe wollen wir tatsächlich die ersten Vorschläge 2017 vorliegen haben. Kurz zum Abg. Wiederkehr und seiner Meinung, dass es die 5 Prozent-Hürde in Österreich nicht gäbe. Kurze Replik: Selbstverständlich gibt es sie, nicht nur in Wien, sondern auch in anderen Bundesländern – Salzburg, Kärnten, Tirol und Vorarlberg. Steiermark hat auch eine Hürde, keine prozentuelle, sondern die Notwendigkeit, ein Grundmandat zu erringen. Auf Bundesebene gibt es das auch, eben nur nicht mit 5 Prozent, sondern mit 4 Prozent. – Nur damit wir das alles richtig einordnen können. Mein Kollege Margulies hat gemeint, ich müsste mindestens ebenso lange reden wie Abg. Kowarik bei seiner wirklich sehr profunden Vorlesung über die Untiefen des Wiener Wahlrechts, sonst hätte ich verloren. Aber ich muss zugeben, auf solche Spielchen lasse ich mich nicht ein. Ich werde mich daher nicht auf eine wahrscheinlich nicht gar so profunde und ebenso lange Rede einlassen. (Beifall von Abg. Michael Stumpf, BA.) Ja, man kann ja durchaus zugeben, worin die Stärken liegen und worin unbehagt nicht. Aber ich möchte jetzt zu dem Thema kommen, bei dem mir tatsächlich viel am Herzen liegt, nämlich der Möglichkeit der politischen Mitbestimmung der EU-BürgerInnen und der Drittstaatsangehörigen. Ja, Herr Blind, ich weiß, dass da unsere Meinungen so etwas von diametral auseinander sind – es ist so. Aber es ist unter anderem deswegen wichtig, weil ich sehr, sehr viele Leute kenne, denen es auch wichtig ist. Weil ich auch einmal nicht österreichische Staatsbürgerin war, sondern Drittstaatsangehörige, wie es so schön heißt. Und ich vergesse nicht, das immer wieder zu betonen, einfach deswegen, weil die meisten Menschen bei dem Wort Drittstaatsangehörige oder Nicht-EU-BürgerIn meistens einen anderen Typ von Mensch im Bild haben, in ihrer Imagination. Ich erzähle Ihnen einfach an einem Beispiel, nämlich am Beispiel meines Vaters, was das bedeutet hat. Wir haben in Wien 350.000 Menschen, die in Wien leben, manchmal schon Jahrzehnte in Wien leben und sich nicht politisch beteiligen können. Das war zum Beispiel bei meinem Vater auch so. Er hat die letzten 30 Jahre seines Lebens in dieser Stadt gelebt, hat die letzten 30 Jahre seines Leben in Wien gearbeitet, hat in dieser Stadt seine Kinder großgezogen, hat in dieser Stadt seine Steuern bezahlt und alle anderen Abgaben und Ähnliches mehr. Er hat es tatsächlich nicht verstanden, warum es ihm nicht erlaubt ist, in dieser Stadt politisch teilzunehmen beziehungsweise es nur eine Bedingung gibt, politisch teilzunehmen, nämlich seine angestammte Staatsbürgerschaft zurückzulegen, um eine andere zu bekommen. (Abg. Armin Blind: Das wollen wir! Ganz genau!) Es gibt aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten, dieses Dilemma zu ändern: Entweder man lässt Menschen auf kommunaler Ebene mitwählen, zum Beispiel diejenigen, die schon lange in dieser Stadt oder auch in diesem Bundesland wohnen. Und die Länge des Aufenthalts kann man dann definieren. Was heißt, lange? Sind das drei Jahre? Sind das fünf Jahre? Sind das sieben Jahre? – Ich habe mir die Möglichkeiten des Wahlrechts von Nicht-EU- BürgerInnen in anderen Mitgliedstaaten der EU angesehen. Ich weiß jetzt nicht, ob es der Herr Juraczka war, aber irgendjemand vor mir hat gemeint, das gibt es anderswo nicht. Falsch! Das gibt es in mehr als der Hälfte der EU- Mitgliedstaaten, nämlich in 15 von 28 dürfen Nicht-EU-BürgerInnen auf kommunaler Ebene wählen. Da gibt es interessante und unterschiedliche Zugänge. Das eine Kriterium ist zum Beispiel, wie gerade angesprochen, die Aufenthaltsdauer von drei bis fünf Jahren. Es gibt aber auch zum Beispiel den Zugang über einen speziellen Aufenthaltsstatus. Das heißt, jede Person, jede Nicht-EU-BürgerIn, die ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in einer Stadt oder in einem Bundesland erhält, erhält damit auch auf dieser Ebene das Wahlrecht. Dann gibt es auch – würde mit unserem System nicht so kompatibel sein – die Möglichkeit der Aufnahme in ein WählerInnenverzeichnis. Das haben wir sowieso. Spannend, aber nicht für Österreich, ist ein Kriterium zum Beispiel der Gegenseitigkeit. Das heißt, wenn in deinem Land meine BürgerInnen auf kommunaler Ebene wählen dürfen, gewähren wir das deinen BürgerInnen in meinem Land auch. Das ist hauptsächlich interessant für ehemalige Kolonialstaaten. All diese Möglichkeiten gäbe es. Wie gesagt, Sie wollen es festmachen an der Staatsbürgerschaft. Man könnte auch sagen, entweder den Zugang zur Staatsbürgerschaft weniger restriktiv handhaben oder aber Doppelstaatsbürgerschaften zulassen. Auch da weiß ich, dass wir einen diametralen Unterschied in der Auffassung haben, weil dem Abg. Blind die Frage der Loyalität gegenüber einem Gemeinwohl so wesentlich ist. (Abg. Armin Blind: Sagen Sie ruhig Staat dazu!) – Dem Staat, ja, aber dem unterliegt ja die Phantasie, dass dieses staatliche Gebilde eine durch und durch homogene Gemeinschaft ist, denn sonst würde es ja nicht gehen. Es korrespondiert zu einem sehr ethnisch oder auf anderen Ebenen homogenisierten … (Abg. Armin Blind: Nein, Bekenntnisgemeinschaft, Frau Kollegin!) – Ja, auch das, ich meine, schauen Sie mich und sich an. Ich meine, was wir für Bekenntnisse haben, nicht? (Abg. Armin Blind: Beide zur Bundesverfassung und zur Republik Österreich! Das haben Sie ja gelobt, oder nicht?) – Ja natürlich, sowieso. Und so würden wir dann auch arbeiten. Ich habe ja trotz meines Bekenntnisses zur österreichischen Bundesverfassung eine zweite Staatsbürgerschaft, und die hindert meine Loyalität nicht daran, meine Bekenntnisse, nämlich auch gegenüber der österreichischen Bundesverfassung, wahrzunehmen. Das ist kein Problem, tatsächlich, ist kein Problem! (Beifall bei GRÜNEN und NEOS.) Ich würde gern auch die Argumentation von einer anderen Seite her ansehen. Denn ich glaube tatsächlich, dass die politische Mitbestimmung auf der kommunalen Ebene einen Vorteil für die Kommune bringt. Einen Vorteil auch für die sogenannte aufnehmende Gesellschaft. Es geht aus von dem Gedanken, dass es eine Gleichbehandlung logischerweise aller BewohnerInnen bedingt. Und es fördert aus meiner Sicht logischerweise die politische Partizipation, und es fördert daher auch die Integration. Das heißt, nicht einmal falsch behauptete, Herr Blind. Ich glaube, es gibt genügend Beweise dafür, dass es auch so gesehen werden kann. Die Frage der Gleichbehandlung ist es ja natürlich dann auch. Wie ich schon einführend erwähnt habe, mein Vater hat hier 30 Jahre lang Steuern gezahlt und dafür nicht mitstimmen können. (Zwischenrufe von Abg. Dr. Wolfgang Aigner und Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Es gibt einen wunderbaren Spruch, der heißt „No taxation without representation“ und das wäre genau das, was ich hier machen würde. (Abg. Armin Blind: Es gibt auch Leute, die zahlen keine Steuern und beziehen Sozialleistungen!) Es gibt einen Antrag des Herrn Juraczka, zu dem ich mich kurz äußern wollte, nämlich die Möglichkeit, das Wahlrecht auch auf Nebenwohnsitzinhaber auszuweiten. Da werden wir nicht zustimmen. Solange HauptwohnsitzbewohnerInnen, die jahrzehntelang in Wien wohnen, nicht wahlberechtigt sind, sehe ich nicht ein, warum wir ZweitwohnsitzbewohnerInnen da auch noch weiter bevorzugen sollten. Jedenfalls bin ich froh, dass wir nicht nur mit der Halbierung des Mehrheitsfaktors, sondern auch mit diesen beiden weiteren Anträgen einen großen Schritt weitergekommen sind in Richtung Demokratisierung, Einbeziehung möglichst vieler Wienerinnen und Wiener in die politische Auseinandersetzung dieser Stadt und dieses Landes. Ich hoffe auf eine möglichst baldige Umsetzung auf Bundesebene, damit noch in dieser Legislaturperiode sowohl EU- BürgerInnen als auch DrittstaatsbürgerInnen ermöglicht wird, an der Kommunalwahl in Wien teilzunehmen. – Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Aigner. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind einige wichtige Aspekte hier in der Plenardebatte schon angesprochen worden. Ich möchte auch vorausschicken, dass ich es als sehr schade empfinde, dass wir bei der ersten Arbeitssitzung ohne ein Begutachtungsverfahren, ohne Beratungen in den Ausschüssen ein so wichtiges Thema wie das Wahlrecht behandeln. Da hätte Qualität vor Schnelligkeit, glaube ich, eine sehr gute Berechtigung gehabt. (Beifall bei der FPÖ.) Zum Wahlrecht habe ich mich in der letzten Periode geäußert, es gibt die unterschiedlichsten Zugänge, die man haben kann. Ich habe mich auch immer dagegen verwehrt zu sagen, das derzeit geltende Wiener Wahlrecht sei ungerecht. Ich glaube, Gerechtigkeitsmodelle gibt es fast so viele wie Farben am Regenbogen. Es gibt die ganz unterschiedlichsten Zugänge, es gibt strikte Verhältniswahlmodelle, es gibt gemäßigte Verhältniswahlmodelle, es gibt Mehrheitswahlmodelle aller Schattierungen, und so weiter. Man kann nicht sagen, das englisch/amerikanische System ist undemokratisch. Es ist ein völlig anderes System. Ich darf auch daran erinnern, dass die internationale Tendenz eher in Richtung stärkere mehrheitsfördernde Elemente geht. Ich glaube, es gibt bei der ÖVP auch Überlegungen, die Initiative Mehrheitswahlrecht, da sitzt der Altklubobmann und Minister Neisser drin, der Voggenhuber von den GRÜNEN, die sagen, der relativ Stärkste soll Bonusmandate bekommen, und zwar weitaus mehr, als es das Wiener Wahlrecht vorsieht. Das ist auch ein Modell, über das man genauso diskutieren kann. Also zu sagen, das bisherige ist ungerecht, und deshalb ist festzustellen, dass es eine Mehrheit gibt, eben sozusagen das Verhältnisprinzip stärker zum Ausdruck zu bringen. Es hat natürlich auch die Mindesthürde ein gewisses mehrheitsförderndes Element. Man könnte es sich ja recht einfach machen, bei 100 Mandaten ist 1 Prozent 1 Mandat. Die Frage, ob das sinnvoll ist oder nicht, muss eben letztendlich auch politisch geklärt werden. Wenn in der Debatte gesagt wird, dass der Standort den Standpunkt bestimmt, da muss man schon festhalten, dass die FPÖ, auch wenn sie jetzt vom bisherigen Wahlrecht etwas profitiert hat, die Linie gehalten hat und auch dabei geblieben ist und eben nicht hergeht und sagt, so, jetzt sind wir in einem Bereich, wo es uns vielleicht nützlich ist, jetzt wollen wir das auf einmal nicht mehr. – Ich glaube, diesen Vorwurf braucht man sich nicht anhören zu lassen. (Beifall bei der FPÖ.) Denken Sie vielleicht auch an das deutsche Wahlrecht, da gibt es die Erst- und die Zweitstimme. Da gibt es Überhangmandate für jene Parteien, die viele Grundmandate bekommen. Auch das hat es bisher gegeben. Wie gesagt, der Modelle gibt es sehr viele. Es ist halt letztendlich eine politische Entscheidung, und das ist dann eine Mehrheitsentscheidung, wie das Wahlrecht gestaltet werden soll. Ich finde es wichtig, und es ist schade, dass die gemeinsamen Spielregeln nicht gemeinsam erarbeitet werden, und das ist eigentlich ein schlechtes Entree in diese Legislaturperiode. Das wird sich wahrscheinlich wieder wie ein roter Faden durchziehen. Personalisierung des Wahlrechts, auch das ist ein wichtiges Thema. Nur, je personalisierter das Wahlrecht wird, desto löchriger muss auf der anderen Seite auch der Klubzwang werden. Auf der einen Seite Abgeordnete zu haben, die unmittelbar legitimiert im Wahlkreis sind, und gleichzeitig von diesen Abgeordneten zu verlangen, dass eine Einheitslinie vertreten wird oder zu vertreten ist, das passt auch nicht wirklich zusammen. Ich glaube, da sind viele Dinge nicht zu Ende gedacht. Wenn gerade von den NEOS, die ja für sich in Anspruch nehmen, eine liberale Partei zu sein, Vorschriften kommen, wie Parteien zu ihren Listen kommen, dann sage ich, das ist eigentlich keine liberale Einstellung, sondern eine sehr staatsgerichtete Einstellung. Im Rahmen der Parteiautonomie muss jede Partei selbst entscheiden, wen stellen wir nach welchen Kriterien auf. Das Urteil hat der Wähler zu treffen und sonst niemand. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie sich zum Gaudium der anderen monatelang mit sich selbst und mit Ihrer Listenerstellung beschäftigen wollen, dann ist Ihnen das unbenommen; aber zu sagen, das müssen jetzt alle so machen, halte ich eigentlich auch für keinen liberalen Ansatz. (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Das würden wir nie wagen!) – Na ja, es geht alles in Richtung gesetzliche Regelungen, und so weiter, und überlassen Sie es letztendlich den Parteien, wie sie zu ihren Listen kommen. Es müssen immer noch die Wählerinnen und Wähler davon überzeugt werden, dass das eine gute Listenerstellung ist. Und wenn sie zu dieser Überzeugung gelangen, dann machen sie dort ihr Kreuz hin, und wenn sie das nicht glauben, dann eben nicht. (Beifall bei der FPÖ.) Deswegen passen auch Quotenregelungen für Listenerstellungen nicht. Wenn die Wähler meinen, es sind zu wenig von den einen oder anderen da, dann wird halt die Wahlentscheidung eine andere sein. Ich finde, wir sollten da nicht übertreiben, nämlich mit weiteren Regulierungen. Herr Kollege Kowarik hat das ausführlich dargestellt: Wir haben Regeln genug. Wir sollten eher schauen, dass wir mit weniger Regeln das Auslangen finden. Die Frage, wer überhaupt wahlberechtigt ist, ist eine Grundsatzfrage, und da muss man schon ganz ehrlich sagen: Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Staatsbürgerschaft immer weiter ausgehöhlt wird. Die Bundesverfassung und auch alle anderen einschlägigen Rechtsquellen sprechen vom Bundesvolk, und das Bundesvolk wird von den Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern gebildet. Es ist ja kein Einzelfall, dass in Österreich nur Staatsbürger wahlberechtigt sind, sondern das ist in allen Demokratien im Prinzip ähnlich zu sehen. Wenn man in einer Zeit lebt, wo die Grenzen nicht mehr kontrolliert werden, wo einfach jeder hereinkommt, und so weiter ... Ich weiß ja nicht einmal, ob Sie das Erfordernis eines legalen Aufenthaltes verlangen, denn nachdem Ihrer Ansicht nach kein Mensch illegal ist, sollte, wenn es nach Ihnen geht, vielleicht jeder, der faktisch da ist, mitwählen dürfen. Die Situation ist dramatisch. Auch honorige Persönlichkeiten, die nicht irgendwie rechts angehaucht sind, sagen, beispielsweise sagt die angebliche Präsidentschaftskandidatin, Höchstrichterin im Ruhestand: „Ein Staat, der seine Grenzen nicht mehr kontrolliert, gibt einen wesentlichen Teil seiner Souveränität auf.“ Und jetzt kommen Sie daher und sagen, es braucht eh keiner Staatsbürger sein. Da werden dann irgendwelche Geschichten erzählt von Leuten, die jahrzehntelang da sind. – Wenn jemand jahrzehntelang in Österreich ist, alle Kriterien erfüllt und sagt, ich möchte hier mitbestimmen, dann muss derjenige die Staatsbürgerschaft annehmen, und das ist der Weg. (Beifall bei der FPÖ.) Und das mit dem Doppelstaatsbürgerschaften: Also ich bin kein ausgewiesener Völkerrechtler, aber als ehemaliger Mitarbeiter im Institut für Staats- und Verwaltungsrecht weiß ich, dass die internationale Tendenz – und es sind auch zig entsprechende Abkommen geschlossen worden – in Richtung Verhinderung von Doppelstaatsbürgerschaften geht; weil man genau sieht, welche Probleme mit Doppelstaatsbürgerschaften entstehen. Das ist überhaupt nichts Außergewöhnliches, sondern das ist der Wille, zu sagen, es soll im Prinzip nur eine Staatsbürgerschaft geben. Und wenn jemand mehrere Anknüpfungspunkte hat, dann muss er oder sie sich letztendlich entscheiden, wo er den Schwerpunkt seiner Interessen hat, wohin seine Loyalität gehört. Wenn jemand das nicht macht, ist es eine Entscheidung, die zu akzeptieren ist. Aber das hat nichts mit Diskriminierung oder Ausgrenzung zu tun, sondern das ist Folge einer selbstgewählten Entscheidung. (Beifall bei der FPÖ.) Und von wegen restriktive Vergabe! Also nach sechs, spätestens nach zehn Jahren, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, hat man das Recht, die Staatsbürgerschaft zu beantragen und bekommt die Staatsbürgerschaft auch. Also davon zu reden, dass man Jahrzehnte da sein muss, das stimmt faktisch einfach nicht. Bis vor ein paar Jahren hat man nicht einmal ein paar Worte Deutsch können müssen. Das hat man jetzt ein bisschen verschärft, aber ich glaube, das ist im Interesse aller. Die Verlängerung der Legislaturperiode auf Nationalratsebene von vier auf fünf Jahre hat die Österreicher mehrere Mitsprachemöglichkeiten gekostet. Also da sind Sie nicht so zimperlich. Da wird Demokratie ausgehöhlt. Wir können auf die Lebensdauer gesehen zwei oder drei Mal weniger oft wählen, einfach deshalb, weil die Herrschaften von Rot und Schwarz, die ohnehin letztendlich Stillstand produzieren, fünf Jahre Stillstand statt vier Jahre Stillstand produzieren wollen. (Beifall bei der FPÖ.) Also zu guter Letzt auch noch Worte zu unserer Stadtverfassung, zu den Stadträten. Es ist eigentlich eine bizarre Diskussion. Auf der einen Seite gibt es die Bestimmung im Art. 117 Abs. 5 B-VG, dass in allen Gemeinden der Gemeindevorstand nach den Proporzsystem zu besetzen ist. Das funktioniert auch in ganz Österreich problemlos, von der kleinsten Gemeinde bis zu den Statutarstädten. Ich habe auch noch nie gehört, dass irgendwelche Parteien sagen, wir wollen da nicht drinnensitzen. Die GRÜNEN sitzen drinnen, die NEOS sitzen in Salzburg drinnen, das Team Stronach sitzt drinnen, die ÖVP sitzt drinnen, und zwar auch in jenen Städten und Gemeinden, wo es eine andere absolute Mehrheit gibt. Also die SPÖ in Wiener Neustadt, die möchte ich mir anschauen: Wenn wir kein Proporzsystem hätten, dann wären Sie dort futsch, weg vom Fenster, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Die GRÜNEN, die sich jetzt so aufpudeln, sitzen nur mehr wegen des Proporzes in Oberösterreich auf Landesebene drinnen. Der Herr Anschober denkt nicht daran, seinen Platz herzugeben oder vielleicht eine Frau zu nominieren, der sitzt dort nach wie vor auf Grund des Proporzsystems auf Landesebene drinnen. Und auch die SPÖ wäre nicht mehr drinnen, wenn es dort auf Landesebene keinen Proporz gäbe (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Oh!), dann wäre Oberösterreich durchgängig schwarz-blau. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ist zwar traurig, aber es ist zu akzeptieren.) – Ich sage es nur. Herzugehen und an den Bundesverfassungsgesetzgeber zu appellieren, alle Gemeinde bleiben beim bisherigen echten Proporz, nur für die Gemeinde und das Land Wien machen wir eine Ausnahme, also das – ich verwende solche Dinge nicht –, aber das würde ich, wenn ich nicht so gut erzogen wäre, hanebüchen nennen. Das ist wirklich hanebüchen! (Beifall bei der FPÖ.) Kollege Kowarik hat es Ihnen ja schon gesagt: Die nicht amtsführenden Stadträte sind keine Erfindung der Opposition, sondern das war eine Konstruktion der SPÖ, um zwei Fliegen mit einem Streich zu erwischen: Man bleibt am Papier Proporz und man schafft eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Warum machen wir nicht in Wien das Gleiche wie in allen Städten? Das funktioniert überall. Warum geht man nicht her und sagt, es gibt … (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Weil Wien nun mal nicht Gramatneusiedl ist!) – Und was ist der Unterschied zwischen Wien und Linz, Graz, und so weiter, was ist da der strukturelle Unterschied, außer dass Sie allein Ihr Süppchen kochen wollen? (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ihr seid für den Proporz!) Wenn man den Proporz abschaffen will, dann muss man ihn in ganz Österreich abschaffen. Dann müssen SPÖ und ÖVP diskutieren, dann machen wir überall, auf allen Ebenen reines Mehrheitssystem. Aber es geht nicht, dass man sagt, in allen Gemeinden und Städten gibt es den Proporz, nur in Wien darf es ihn nicht geben – nur deshalb, weil man den Kollegen Gudenus und andere nicht in der Regierung sitzen haben möchte. Das ist einfach keine seriöse Vorgangsweise, und deswegen haben Sie, glaube ich, Verständnis dafür, dass man da nicht dafür sein kann. Ganz putzig finde ich ja den Antrag der ÖVP: Wir sind nicht wirklich dafür, aber wir wären dafür, die nicht amtsführenden Stadträte abzuschaffen, wenn man uns in die Akten reinschauen lassen kann. – Wenn mehrere Gemeinderäte das Gleiche machen wie Kollege Kowarik und sich an die Volksanwaltschaft wenden, weil wir keine Akteneinsicht bekommen, dann können die in der Volksanwaltschaft ein eigenes Wiener Gemeinderatsreferat einrichten (Heiterkeit bei Abg. Armin Blind.), denn das ist abendfüllend und pausenfüllend. Also so geht man mit uns um. Der systemische Webfehler, den der Herr Landeshauptmann vor Jahren schon festgestellt hat, ist bis heute nicht behoben. Das Wahlrecht machen Rot und Grün im stillen Kämmerlein und knallen es bei der ersten Sitzung auf den Tisch. Und dann glauben sie wirklich, dass man sozusagen kontrollieren kann. In Wirklichkeit geht es nur darum, die Opposition noch mehr herauszudrängen. Auch die sogenannte Bildungsreform besteht bei den organisatorischen Dingen ja nur darin, dass man das Türschild austauscht: Aus dem Wiener Stadtschulrat wird eine Bildungsdirektion, der amtsführende Präsident heißt halt dann Direktor, sollte vom Landeshauptmann bestellt werden, wird für fünf Jahre bestellt, ist also völlig abhängig sozusagen von den politischen Gegebenheiten. Das Einzige, das sich ändert, ist, dass die Kollegien abgeschafft werden. Und die Kollegien kosten so gut wie gar nichts, denn dort sitzen die Leute ehrenamtlich. Aber es ist sichergestellt, dass es eine gewisse Kontrollmöglichkeit gibt. Und zwar nicht nur jene der politischen Parteien, denn wir haben ja die Drittelparität: Das sind Elternvertreter, Lehrervertreter und da dürfen auch sozusagen Politiker drinnen sein. Und genau das ist es: Wenn etwas geändert wird, geht es immer zu Lasten der Opposition. Man geht her, pickt sich ein paar Details aus dem Gesamtsystem heraus und reformiert sie, und der Rest des Systems bleibt über. Wenn man eine Systemreform haben möchte, dann muss man das Ganze strukturell von Grund auf neu bauen. Das kann man gerne machen. Aber das kann nicht mit 54 zu 46 Mandaten einfach so beschlossen werden. Das würde viel zu kurz greifen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächste ist Frau Abg. Mag. Meinl-Reisinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Danke, Herr Präsident! Ich habe mich dazu entschlossen, nicht tatsächlich zu berichtigen, wobei es tatsächlich zu berichtigen gäbe, dass ich niemals bei der Jungen ÖVP war. Ich möchte auch anmerken, dass nicht alles, was hinkt, ein Vergleich ist. Denn wenn man aus einer Partei, wo man Mitarbeiterin ist, herausgeht, um eine neue Partei zu gründen, so ist das meines Erachtens nicht vergleichbar mit fliegenden Wechseln, die wir dauernd erleben. Auch im Nationalrat wird ja auf Einkaufstour gegangen, insbesondere werden von der ÖVP die Reste des Team Stronach sozusagen verwertet. Aber da geht man ja in ein gemachtes Nest, da hat man ja irgendwie einen Vorteil davon. Im Gegensatz dazu ist es in Österreich, glaube ich, wahrlich kein Vorteil, es sich anzutun, selber eine Partei zu gründen. Aber Sie können es ja gerne versuchen. Das ist ganz lustig und hin und wieder auch erfolgreich. (Beifall bei den NEOS.) Ich möchte vor allem zur Causa Akkilic Stellung nehmen. Eigentlich wollte ich es nicht tun, aber was mich schon stört, ist, wenn Sie meinen, dass meine Sachverhaltsdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft der Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung gewesen wäre – ich weiß den Wortlaut, der da gewählt wurde, jetzt nicht mehr genau. Das finde ich insofern stark, als man ja wirklich einmal sich vor Augen halten muss, was da passiert ist: In bester „House of Cards“-Manier – so hat das ein Journalist getwittert – hat man eben in dieser Zeit des vereinbarten koalitionsfreien Raums einerseits, Herr Präsident, Anträge hier nicht zugelassen, die eine Änderung des Wahlrechts ermöglicht hätten, und andererseits hat man einen Abgeordneten der GRÜNEN abgeworben und somit die Mehrheitsverhältnisse geändert. Und, meine Damen und Herren, ich halte das für den Tiefpunkt der politischen Kultur, das muss man deutlich sagen! (Beifall bei den NEOS.) Sie haben auch gesagt, das wäre so weit entfernt von einem Straftatbestand wie nur irgendetwas. Nun, es ist tatsächlich eine interessante Frage. Ich habe selber sehr lange darüber nachgedacht, weil ich gefragt wurde, ob das eigentlich strafrechtlich relevant sei. Ich habe mir damals gedacht, nein, eigentlich kann ich mir das nicht vorstellen. Ich habe das aber sehr intensiv geprüft. Und zwar geht es mir um Folgendes: Die moralische Bewertung dieser ganzen Causa ist, glaube ich, ohnehin getroffen worden, das muss man jetzt nicht noch einmal sagen. Aber es ist interessant, sich die mögliche strafrechtliche Relevanz einmal anzuschauen. Ich möchte einfach nur kurz rekapitulieren, wie das war. Es gab eine Pressekonferenz um 8.20 Uhr an diesem 27. März. Da hat die SPÖ Folgendes bekannt gegeben: „Der grüne Abgeordnete Senol Akkilic wechselt zur SPÖ.“ Weiters hieß es in der Presseaussendung: „Akkilic, Abgeordneter im Wiener Landtag und Gemeinderat, der Freitag Morgen per E-Mail den Austritt aus der Grünen Partei und dem Grünen Rathausklub mitgeteilt hat, begründete seinen Wechsel in dem Pressegespräch wie folgt: ‚Durch die SPÖ habe ich die Möglichkeit erhalten, die so wichtige Integrationsarbeit fortzuführen und weiter für jene Menschen zu arbeiten, die neu in diese Stadt kommen.‘“ Es heißt dann weiter, das ist dann um 8.48 Uhr in einer APA-Meldung zu lesen: „Akkilic kündigte sogleich an, im Sinne der SPÖ gegen das Antragspaket der GRÜNEN – falls dieses in der heutigen Landtagssitzung nun überhaupt noch eingebracht wird – zu stimmen.“ – Es ist eingebracht worden, nicht zugelassen worden. Es ist allerdings ein Resolutionsantrag der GRÜNEN abgestimmt worden. Wenn man dann um 9.50 Uhr die APA liest, dann führt die APA da aus, und das entspricht meines Wissens auch den Tatsachen, dass der Herr Ex-Abgeordnete Akkilic bei den GRÜNEN so weit auf die Liste gekommen wäre, dass er mit Sicherheit kein fixes Mandat gehabt hätte. Dazu steht dann in der APA zu lesen: „Allerdings erhielt er für die Zeit nach der Wien-Wahl im Herbst kein fixes Mandat mehr von seinen Parteifreunden. Bei der SPÖ kann er nun seine politische Karriere doch noch fortsetzen. Der rote Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler sicherte dem übergelaufenen Mandatar heute einen sicheren Listenplatz zu.“ (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Was ist denn da passiert?) Um 12.55 Uhr berichtet dann die APA über die Reaktion der Frau VBgm.in Vassilakou. Die möchte das Verhalten nicht kommentieren. „Sie wies allerdings darauf hin, dass Akkilic ‚bis gestern alle Beschlüsse des Klubs mitgetragen hat‘. Und alle von der Partei gesetzten Schritte in Sachen Wahlrecht seien im grünen Klub stets einstimmig beschlossen worden.“ Und dann ist natürlich das Ergebnis zu lesen, dass nämlich um 16.29 Uhr auch der Resolutionsantrag abgelehnt wurde, auf Grund der nun neuen Mehrheitsverhältnisse. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Wir wissen es!) Was mich wirklich erstaunt hat, ist, dass man in einer Art – meiner Meinung nach – Hybris am Anfang sich noch beklatscht hat dafür, wie toll man das gemacht hat, zum Zeitpunkt des Tiefpunkts der politischen Kultur diese Taktik angewandt zu haben. Im „Standard“ steht zu lesen, am 27. März um 17.59 Uhr wurde das online gestellt: „Bürgermeister Michael Häupl war über den Erfolg der SPÖ-Taktik erfreut. Häupl: ‚Die Grünen haben geglaubt, wir lassen uns das so einfach gefallen.‘“ Weiter wurde berichtet: „Akkilic hat bei der Listenerstellung der GRÜNEN kein Fixticket mehr erhalten. Die SPÖ sicherte ihm hingegen einen sicheren Listenplatz zu.“ Und dann wiederholt auch noch Akkilic am 29. März: „Die SPÖ hat mir dazu die Chance gegeben, weiter für die Stadt zu arbeiten.“ Und jetzt muss man sich überlegen, ob in dieser zumindest Inaussichtstellung eines fixen Listenplatz … Wir wissen alle, es gibt keinen fixen Listenplatz, es gibt immer eine Wahl und damit ist es immer ein Risiko, keine Frage, aber natürlich gibt es eine gewisse Erwartungshaltung. Ich hätte jetzt vielleicht die Hoffnung gehabt, aber nicht die realistische Erwartungshaltung, dass die SPÖ unter, sagen wir, 20 Prozent fällt in dieser Stadt. Also es gibt eine durchaus realistische Erwartungshaltung, dass man davon ausgehen kann, das man einen gewissen Listenplatz zugesichert bekommt. Und das funktioniert ja bei Ihnen leichter, eben auf Grund der nicht vorhandenen innerparteilichen Demokratie (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Was soll das?!) – im Sinne einer Vorwahl. Das heißt, hier kann es Absicherungen geben. (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ.) Ich habe in meiner vorigen Rede davon gesprochen, dass uns diese große Beteiligung, Partizipation auch aller Bürgerinnen und Bürger bei der Listenerstellung wichtig ist; und niemals, Herr Aigner, würden wir auf die Idee kommen, das gesetzlich festzuschreiben. (Zwischenrufe bei FPÖ und SPÖ.) Nichts läge uns ferner also so etwas. Es entspricht ganz und gar der Entscheidung der Parteien, wie man das handhabt. Ich weise nur darauf hin, dass es natürlich leichter ist, in einem Modus, wo ein Gremium eine Liste erstellt, jemandem etwas zuzusichern, als in einem Modus, wo ein Teil der Listenerstellung über das Votum von Wienerinnen und Wienern passiert. Das ist einfach die Möglichkeit. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Sie sind strafrechtlich belangt wegen Datenmissbrauchs!) – Bitte, entschuldigen Sie? (Weitere Zwischenrufe des Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher.) – Bitte? Wo bin ich strafrechtlich wegen Amtsmissbrauch? Nein. Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Ich darf bitten, keine Diskussionen zwischen den Bänken und der Berichterstattung abzuhalten. Zwischenrufe sind natürlich gestattet. Frau Abgeordnete, wahrscheinlich hängt die Unruhe auch damit zusammen, dass es nicht ganz genau zum Geschäftsstück passt. Aber ich darf Sie bitten, dazu zurückzukommen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.) Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (fortsetzend): Herr Präsident, ich sehe das. Es wurde allerdings auch sehr viel über die Historie dieses Gesetzes berichtet, und daran wollte ich anschließen, nämlich an die vielen Wortmeldungen meiner Vorrednerinnen und Vorredner. Ich komme jetzt aber zum springenden Punkt. Es geht um die, möglicherweise, Inaussichtstellung eines Vorteils. Und jetzt gibt es eine OGH-Entscheidung in der Causa Strasser. Ohne diese OGH-Entscheidung wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dass das unter Umständen prüfenswert ist; weil ich nämlich glaube, dass es prinzipiell gut ist, so etwas zu prüfen, denn wir brauchen Judikatur. Wir brauchen bei den gesamten Korruptionsstraftatbeständen Judikatur. Die fehlt uns. Wir haben eine einzige Entscheidung, und das ist in der Causa Strasser. Damals hat der OGH gesagt – warten Sie, jetzt muss ich das schnell suchen –, dass ein Amtsgeschäft – und dazu zählt auch die Abstimmung in einer Landtagssitzung – schon dann pflichtwidrig vorgenommen wird, wenn ein versprochener Vorteil das Stimmverhalten des Abgeordneten beeinflusst hat. Aus diesem Grund habe ich es sehr wohl für prüfenswert erachtet, da meiner Meinung nach unter Umständen das Inaussichtstellen eines Vorteiles das Wahlverhalten beeinflusst hat. Und ausgehend von dem OGH-Erkenntnis hätte ich mir durchaus gewünscht, dass wir da zu einer Entscheidung kommen, die auch weitere Judikatur bedeutet. Warum ich das gesagt habe? Es ist sehr wohl nicht Lichtjahre davon entfernt, auf die Idee zu kommen, dass hier strafrechtlich vielleicht etwas vorgefallen sein könnte. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Niedermühlbichler. – Bitte, Herr Abgeordneter. Entschuldigung! In der Zwischenzeit darf ich bei uns zwei Gästegruppen recht herzlich willkommen heißen, nämlich einerseits Angehörige des Militärkommandos Wien, Herzlich willkommen im Wiener Landtag! (Allgemeiner Beifall.) Andererseits freue ich mich sehr, die Klasse 3A der Neuen Mittelschule aus Luftenberg an der Donau herzlich willkommen zu heißen. (Abermals allgemeiner Beifall.) Bitte, Herr Abgeordneter. Abg. Georg Niedermühlbichler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Stadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beginnen möchte ich mit den Ausführungen der Kollegin Meinl-Reisinger, die ja jetzt uns historisch noch einmal erklärt hat, wie der Ablauf war. Wir wissen es, wir waren live dabei, im Gegensatz zu Ihnen. (Abg. Mag. Beate Meinl- Reisinger, MES, auf die Besuchergalerie zeigend: Wir saßen oben!) Das brauchen Sie uns nicht alles noch einmal vorzulesen. Aber eines weise ich natürlich auf das Schärfste zurück: dass es bei uns keine innerparteiliche Demokratie gibt. Wissen Sie, wie wir unsere Listen erstellen? In 23 Bezirken werden die Bezirkslisten erstellt, unabhängig von der Landesorganisation, und die Landesorganisation erstellt in geheimer Abstimmung noch einmal die Landesliste. Bei Ihnen entscheidet das für alle 23 Bezirke eine einzige Landesorganisation. Deswegen haben Sie angenommen, dass der Herr Akkilic, der bei uns auf Platz 31 kandidiert hat, fix ein Mandat hat. Sie haben wohl gemeint, die haben 49 Mandate und er ist auf Platz 31. Das ist bei uns ein bisschen komplizierter, weil eben demokratischer als in Ihren Parteien. Das möchte ich hier einmal festgestellt haben. (Beifall bei der SPÖ.) Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich bin wahrlich froh, und einige Redner haben das auch schon gesagt, dass wir das Kapitel Wahlrechtsdiskussion heute abschließen können, dass wir heute das neue Wahlrecht beschließen. Es waren wahrlich keine leichten Verhandlungen. Wir haben es uns nicht einfach gemacht. Ich durfte bei diesen Verhandlungen die letzten eineinhalb Jahre, gefühlt waren es deutlich mehr, mit dabei sein; und ich glaube, es ist ein guter und richtiger Weg, dass wir gleich in der ersten Sitzung des Landtages dieses Wahlrecht so beschließen. Ich sage aber auch, dass es für uns ein Kompromiss ist, denn wir hätten nichts dagegen gehabt, dieses derzeitige leicht mehrheitsfördernde Wahlrecht so beizubehalten. In diesem Zusammenhang möchte ich mich ein bisschen mit den anderen Parteien hier im Haus befassen, was das Mehrheitswahlrecht betrifft. Also die ÖVP hat eine Befragung auf Bundesebene durchgeführt, bei der die Mehrheit der Mitglieder gesagt hat, sie wollen eigentlich ein Mehrheitswahlrecht. Bei der FPÖ hat es geheißen, ihr bleibt bei eurer Meinung oder ihr bleibt dem treu, was ihr immer gesagt habt, nämlich dass ihr das ändern wollt. Ich glaube, das ist eher die offizielle Meinung. Inoffiziell habe ich schon von dem einen oder anderen Abgeordneten gehört, na ja, so schlecht ist das derzeitige nicht. Dann gibt es auch die Frage: Wem nützt es? Dazu ist immer gesagt worden, die SPÖ will dieses Wahlrecht behalten, weil die SPÖ davon massiv profitiert, nämlich nur die SPÖ. Dieses Wahlrecht wurde von den Medien bisweilen auch als SPÖ-Wahlrecht bezeichnet. Dabei sieht man jetzt in der Diskussion, dass eben nicht nur die SPÖ davon profitiert hat, sondern, wie auch schon gesagt wurde, auch die FPÖ zwei Mandate mehr und damit auch den Anspruch auf den Vizebürgermeister hat. (Abg. Armin Blind: Wir wollten es aber auch nicht ändern, Herr Kollege! Das ist der Unterschied zu Ihnen!) Das ist in der Demokratie so. Dieses mehrheitsfördernde Wahlrecht nützt eben nicht nur der SPÖ, sondern es nützt eben jenen Parteien, die hier eine gewisse Prozentanzahl erreichen. Ich finde das auch deshalb gut und richtig, und es gibt auch Beispiele, anhand deren man das gut begründen kann. Es geht um stabile Regierungen. Heute wurde schon das Wahlrecht in Italien angesprochen. Es war nicht immer so wie jetzt. Da wurde im Jahres- oder Zweijahresrhythmus gewählt, weil die Regierungen so zersplittert waren, dass keine Mehrheit im Parlament mehr war. Daher hat man sich dazu entschlossen, hier einen stark mehrheitsfördernden Faktor einzubringen. So gibt es jetzt auch in Italien stabile Regierungen. Ein anderes Beispiel wäre Salzburg, wo diese schwarz-grüne Regierung vom Team Stronach abhängig war. Nun hat man sich darauf verständigt, auf das Team Stronach zu verzichten. Aber das ist nur deswegen gegangen, weil ein Landesrat vom Team Stronach ausgetreten ist und ein Abgeordneter jetzt als Wilder doch die Regierungsmehrheit unterstützt. Also ich glaube, es wäre auch dort vernünftiger, einen mehrheitsfördernden Faktor zu haben. Wir haben uns aber trotzdem entschieden, diesen Mehrheitsfaktor zu kürzen. Das ist eben ein Kompromiss, den wir ausverhandelt haben. Kollege Ulm, der sich da als Jurist ja auskennen sollte, hat dazu sehr lang aus Gesetzen zitiert und jetzt gemeint, dieser 0,5 wäre ein willkürlicher Faktor, man hätte das jetzt von 1 halbiert. Dazu muss ich sagen: Also so willkürlich ist der Faktor 0,5 nicht, denn schauen Sie doch nach Niederösterreich, nämlich in die Niederösterreichische Landtagswahlordnung, § 93 Abs. 2, damit Sie das nicht suchen müssen. Da können sie gleich nachlesen, da steht 0,5 als Faktor drinnen, schon länger. Wir haben jetzt diesen Faktor auch. Also es ist nicht so, dass das an den Haaren herbeigezogen wäre, sondern das gibt es schon, ist somit kein willkürlicher Faktor. Nun zu einem Punkt, bei dem die FPÖ beziehungsweise Kollege Aigner sehr intensiv, ja, fast aufgeregt diskutiert hat, nämlich über unseren Antrag bezüglich Abschaffung der nicht amtsführenden Stadträte. Er hat einen Satz gesagt, der schon ein Widerspruch in sich ist. Er hat nämlich gesagt: Sie wollen die Opposition aus der Regierung drängen. – Das hast du wortwörtlich so gesagt. Na ja, in einer Regierung hat aus meiner Sicht eine Opposition nichts zu tun; denn die Opposition soll Opposition sein, soll die Regierung kontrollieren und schauen, dass da alles in Ordnung ist, und die Regierung soll eben regieren. Das wollen wir und nichts anderes. Um diese Änderungen ersuchen wir. Daher bringe ich gemeinsam mit den Kollegen Christian Oxonitsch, Kurt Stürzenbecher, David Ellensohn, Jennifer Kickert und Martin Margulies folgenden Beschluss- und Resolutionsantrag ein. Der Landtag wolle beschließen: „Der Bundes-Verfassungsgesetzgeber wird seitens des Wiener Landtages ersucht die Bundesverfassung in der Form zu ergänzen beziehungsweise zu ändern, dass in Wien einige gesonderte Regeln im Vergleich zu anderen Gemeinden zur Zusammensetzung des Stadtsenats möglich sein können. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.“ Dass es für eine Stadt, die gleichzeitig auch Land ist, durchaus gerechtfertigt ist, sich nicht mit anderen Gemeinden wie zum Beispiel, wie du gesagt hast, Gramatneusiedl vergleichen zu müssen, liegt auf der Hand. Wir sind eben nicht nur Gemeinde, sondern auch Land. Aber – und das hat Kollege Stürzenbecher, glaube ich, schon gesagt – wir werden natürlich dem Antrag der ÖVP zustimmen. Denn, wie ich schon in einem Interview klar gesagt habe, wir wollen, dass die Oppositionsrechte nicht beschnitten werden durch diesen Schritt. Das wird möglich sein, und wir werden das machen. Noch einen kurzen Satz zum Kollegen Wiederkehr, der gemeint hat, es muss jede Stimme gleich viel wert sein – oder ähnlich. Ich will jetzt diese Debatte nicht noch einmal entfachen, nichts liegt mir ferner. Aber wie bewerten Sie denn den Wert einer Stimme? Ich habe heute schon gesagt, bei Ihrer Vorwahl ist jede Stimme gleich viel wert, aber soweit ich weiß beziehungsweise gelesen habe, muss man zahlen, damit man an der Vorwahl teilnehmen kann. Also, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht mein Verständnis und nicht unser Verständnis von Demokratie. Meine sehr geehrten Damen und Herren, für mich ist das wichtig, dass jeder, der in dieser Stadt lebt, hier arbeitet, hier seine Steuern zahlt, hier seinen Lebensmittpunkt hat, auch an den Wahlen teilnehmen kann, ohne dass er dafür vorher einen Obolus leisten muss. (Zwischenrufe bei den NEOS.) Es war auch noch der Wunsch an das Christkind – jetzt ist es so, dass Rot-Grün ja die Farbe Weihnachtens ist, das wissen wir, aber die rot-grüne Regierung ist nicht das Christkind. Daher geht es nicht um Wünsche an das Christkind, sondern um Beschlüsse, die diese Stadt, dieses Land weiterbringen, und das ist so ein Beschluss. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Dr. Aigner gemeldet. – Bitte, Herr Doktor. Ich weise hin: maximal drei Minuten Redezeit. Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Die werde ich nicht brauchen. Es geht recht schnell. Herr Kollege Niedermühlbichler! Es ist kein Widerspruch, zu sagen, die Opposition sitzt in der Regierung. Das ist das System, das die Verfassung vorsieht. Sie müssen unterschieden zwischen der gesetzgebenden Körperschaft, dem Landtag, oder dem allgemeinen Vertretungskörper Gemeinderat und dem Gemeindevorstand, der Stadtregierung. Ihre Genossen in Oberösterreich sind im Oberösterreichischen Landtag in Opposition und sitzen dennoch geschäftsführend in der Oberösterreichischen Landesregierung. Es ist kein Widerspruch, es ist der Unterschied zwischen Exekutive und Legislative. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Ich darf jetzt um doch etwas erhöhte Aufmerksamkeit bitten. Wir haben zwei Abänderungsanträge und zwölf ... – Entschuldigung! Natürlich hat der Berichterstatter das Wort. – Bitte. Berichterstatter Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Wenn ich sitze, bin ich so klein, dann übersieht man mich, ich verstehe das. Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich komme mir ja ein bisschen vor wie ein Fußballer, der eingewechselt wird und einen Elfmeter gleich zu verwerten hat. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich werde das bestmöglich versuchen, indem ich Sie um Ihre Zustimmung bitte. Aber bevor ich das tue, lassen Sie mich vielleicht nur ein, zwei Sätze zu diesem vorliegenden Entwurf sagen. – Jetzt ist es mir schon wieder passiert! Die jungen Kollegen sind weg, so wie gestern auch. Jetzt wollte ich gerade den jungen Kolleginnen und Kollegen aus der Neuen Mittelschule erklären, worum es hier geht, aber meine pädagogischen Fähigkeiten werden offensichtlich nicht gefragt. Und da ich annehme, dass die Damen und Herren vom Militärkommando sehr gut wissen, worum es hier geht, werde ich also diese kurzen Erklärungen sein lassen. Meine Damen und Herren! Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dieses Wahlrecht ein ganz wichtiger Schritt ist. Ich bedanke mich an dieser Stelle – sozusagen als der, der gerade eingewechselt worden ist – in diesem Fall bei all denjenigen, die sehr profund, sehr penibel, sehr detailliert daran gearbeitet haben. Und das ist neben den politischen Verantwortlichen natürlich auch die zuständige Abteilung, die Magistratsabteilung 62, die, glaube ich, über die letzten Monate eine hervorragende Arbeit geleistet haben, sodass dieser Gesetzesentwurf so rasch vorgelegt werden konnte – ich bedanke mich sehr herzlich. Ich bedanke mich auch bei den Koalitionspartnern, die, glaube ich, nach einer sehr reiflichen und durchaus langen Diskussion zu einem hervorragenden Entwurf gekommen sind, der im Kern eines sicherstellt: Nicht nur, dass es eine gute Repräsentation des Wählerwillens hier im Landtag und im Gemeinderat und auch in den Bezirksvertretungen gibt, sondern dass gleichzeitig auch – und darauf will ich mich auch beziehen – ein wichtiges Signal an den Bundesgesetzgeber geht. Ich bin selber im Wahlkampf von vielen Menschen immer wieder darauf angesprochen worden, und es wird Ihnen ähnlich gegangen sein, die gesagt haben: Ich würde gerne wählen, und das ist nett, dass Sie da jetzt Wahlkampf machen und dass Sie mich zu überzeugen versuchen, aber ich darf nicht wählen. Ich lebe hier, ich arbeite hier, ich zahle hier Steuern, ich mache mir Gedanken über unser gesellschaftliches Zusammenleben, aber ich darf nicht wählen. Das ist eine grundlegende Ungerechtigkeit, die wir jedenfalls im schon fortgeschrittenen 21. Jahrhundert hier in der Mitte Europas eigentlich – so wie in der Mehrheit oder jedenfalls in einer sehr großen Anzahl von anderen europäischen Staaten – ändern sollten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und zwar aus einem grundlegenden demokratischen Verständnis. Wenn man ein Viertel und bald ein Drittel der Menschen, die in einer Stadt leben, vom Entscheidungsprozess ausschließt, ist das schlicht und einfach undemokratisch. Anders kann man das nicht mehr nennen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. – Zwischenruf von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) – Ich weiß das alles, aber trotzdem: Wichtiger als vielleicht die eine oder andere formaljuristische Debatte und Argumentation ist es doch, dass Menschen, die hier sind, hier das Leben gestalten und mitten im Leben sind, auch mitgestalten können. Das ist sozusagen die Grundvoraussetzung einer Demokratie und eines gesellschaftlichen Zusammenlebens. (StR DDr. Eduard Schock: Staatsbürger!) Sie sind da anderer Meinung. Das wissen wir ja, dass Sie anderer Meinung sind. Trotzdem gibt es hier eine Mehrheit, die das anders sieht. Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir auch auf bundesstaatlicher Ebene in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft dazu kommen – schlicht und einfach deshalb, weil man bald einmal ein Drittel der Bevölkerung von den Vorgängen in diesem Land nicht mehr ausschließen kann. (StR DDr. Eduard Schock: Sie sind Berichterstatter!) Ich halte das daher auch für ein ganz wichtiges Signal, das einmal mehr von hier hinausgeht. Man sollte dann eindeutig und klar kommunizieren, wer dafür und wer dagegen ist. Weil oftmals Menschen tatsächlich dann sagen, na ja, das haben wir gar nicht gewusst, dass da auf Bundesebene diese Mehrheit nicht zustande kommt, weil sie FPÖ und ÖVP nicht wollen, aber das wird auch klar zu kommunizieren sein. Im Übrigen, meine Damen und Herren, glaube ich, ist zu dem vorliegenden Entwurf sehr viel und sehr profund gesagt worden. Ich möchte mich da nicht wiederholen oder wiederholen, was schon gesagt wurde. Ich bitte daher schlicht und einfach um Zustimmung. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Herr Stadtrat! Es sind dennoch nicht weniger Anträge gekommen. Es sind zwei Abänderungsanträge und zwölf weitere Anträge. Nachdem keine Wortmeldung mehr möglich ist, schlage ich vor, dass wir zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage kommen und vorher die beiden Abänderungsanträge zur Abstimmung bringen. Die beiden Anträge sind in der Conclusio gleichlautend, aber im ersten Antrag geht es um eine Novellierung der Gemeinderatswahlordnung dahin gehend, dass bei der Verteilung der Gemeinderatsmandate auf die im Wahlkreis für Parteilisten abgegebenen gültigen Stimmen durch die Anzahl der Mandate geteilt wird. Dieser Antrag wurde von den NEOS eingebracht. Wer diesem Abänderungsantrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das sind NEOS und FPÖ gegen ÖVP, SPÖ und GRÜNE und damit die Minderheit. Das ist abgelehnt. Der zweite Abänderungsantrag, eingebracht von der FPÖ, hat den gleichen Inhalt: Die Wahlzahl für die Verteilung der Gemeinderatsmandate wird gefunden, indem die Gesamtsumme der im Wahlkreis für Parteilisten abgegebenen gültigen Stimmen durch die Anzahl der Mandate geteilt wird. Die so gewonnene und in jedem Fall auf die nächstfolgende ganze Zahl zu erhöhende Zahl ist die Wahlzahl. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilen möchte, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das sind wie vorangegangen FPÖ und NEOS gegen die anderen vertretenen Parteien und damit die Minderheit. Nachdem die beiden Abänderungsanträge nicht die Zustimmung erhielten, kommen wir zur Vorlage einschließlich Titel und Eingang. Wer dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung erteilen möchte, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mit Stimmen von SPÖ und GRÜNEN gegen jene von FPÖ, NEOS und ÖVP angenommen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschluss- und Resolutionsanträge. Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss- und Resolutionsantrag der ÖVP betreffend Abschaffung der Funktion der nicht amtsführenden Stadträte in Wien nur bei Beibehaltung der Kontrollrechte und Akteneinsichtsrechte für die Oppositionsfraktionen. Wer diesem Beschlussantrag die Zustimmung erteilen möchte, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mit Stimmen der GRÜNEN, SPÖ, ÖVP und NEOS so angenommen. Wir kommen zum Beschluss- und Resolutionsantrag, eingebracht von der ÖVP, betreffend Wahlrecht auch für Zweitwohnsitzer in Wien. Wer diesem Beschlussantrag die Zustimmung erteilen möchte, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Dafür stimmt nur die ÖVP, das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zum Beschluss- und Resolutionsantrag, eingebracht von SPÖ und GRÜNEN, betreffend eine Änderung der Bundesverfassung, die den Landesgesetzgebern die Möglichkeit einräumt, in den jeweiligen Landesverfassungen sowie Gemeinde- und Landtagswahlordnungen das Wahlrecht für Drittstaatsangehörige selbst zu regeln. Wer diesem Beschlussantrag die Zustimmung erteilt möchte, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mit Zustimmung der SPÖ, GRÜNEN und NEOS so angenommen, gegen die Stimmen der FPÖ und ÖVP. Wir kommen zum Beschlussantrag der FPÖ betreffend die Wahlordnung, Es ist dies der Beschlussantrag, das zuständige Mitglied der Wiener Landesregierung möge eine überfraktionelle Arbeitsgruppe bilden, die das System der Briefwahl in der Wiener Gemeindewahlordnung mit dem Ziel überarbeitet, dass diese Stimmabgabe mittels Briefwahl ohne Gefährdung der Grundsätze der freien, geheimen und persönlichen Wahlausübung erfolgt. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilen möchte, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mit Zustimmung der FPÖ, NEOS und ÖVP die Minderheit und somit abgelehnt. Wir kommen zum Beschlussantrag der FPÖ betreffend, dass das zuständige Mitglied der Wiener Landesregierung eine überfraktionelle Arbeitsgruppe bilden möge, die konkrete Vorschläge zur Verbesserung der direkten Demokratie sowie der Bürgerbeteiligung in der Gemeinde und im Land Wien ausarbeiten solle. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Dem stimmen FPÖ, NEOS und ÖVP zu. Das ist die Minderheit und somit abgelehnt. Wir kommen zum Beschlussantrag der FPÖ betreffend, dass das zuständige Mitglied der Landesregierung eine überfraktionelle Arbeitsgruppe bilden solle, dass das System der Vorzugsstimmen in der Wiener Gemeindewahlordnung mit dem Ziel überarbeitet wird, dass die Vorreihung von Kandidaten erleichtert wird. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Dem stimmen die FPÖ, NEOS und die ÖVP zu. Das ist die Minderheit und somit abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Beschlussantrag der FPÖ, das zuständige Mitglied der Landesregierung möge einen Gesetzesentwurf ausarbeiten, der die Sonderregelung betreffend Trennung zwischen amtsführenden und nicht amtsführenden Stadträten aufhebt. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Dafür stimmen FPÖ und ÖVP, dagegen stimmen NEOS, SPÖ und GRÜNE, somit abgelehnt. Wir kommen zum Beschlussantrag der SPÖ und GRÜNEN betreffend eine Änderung der Bundesverfassung, die dem Wiener Landesgesetzgeber die Möglichkeit einräumt, für EU-Bürger und EU-Bürgerinnen auf Gemeinde- beziehungsweise Landesebene ein Wahlrecht einzuführen. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mit Stimmen der SPÖ und GRÜNEN mehrheitlich so angenommen. (Zwischenrufe bei den NEOS.) – Und der NEOS, entschuldigen Sie! Ich muss mich erst daran gewöhnen, dass da irgendwo ein Balken durchgeht. – Es ist jedenfalls so angenommen. Wir kommen zum Beschlussantrag der NEOS: Der Landtag fordert die Landesregierung auf, eine Änderung der Gemeinderatswahlordnung vorzulegen, wo die festgelegte Zahl an Vorzugsstimmen zur Vorreihung eines Kandidaten auf 3 Prozent gesenkt wird. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Dem stimmen ÖVP und NEOS zu. Das ist die Minderheit und gegen die Stimmen von FPÖ, SPÖ und GRÜNEN abgelehnt. Wir kommen zum Antrag der NEOS betreffend Proportionalausgleich im zweiten Ermittlungsverfahren bei Gemeinderatswahlen. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Die Zustimmung erteilen FPÖ und NEOS. Das ist die Minderheit gegen ÖVP, SPÖ und die GRÜNEN. Beschlussantrag der NEOS betreffend Senken der Sperrklausel bei Wiener Gemeinderatswahlen. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Dem stimmen nur die NEOS zu. Das ist und somit gegen ÖVP, FPÖ, SPÖ und GRÜNE die Minderheit und der Beschlussantrag abgelehnt. Wir kommen zum Beschlussantrag der SPÖ und GRÜNEN betreffend Änderung der Bundesverfassung, dass in Wien auf Grund einer Sonderstellung eine Änderung in der Repräsentation im Stadtsenat vorgenommen werden kann. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist Zustimmung der NEOS, SPÖ und GRÜNEN gegen FPÖ und ÖVP und somit angenommen. Meine Damen und Herren, somit wurde über die Resolutionsanträge abgestimmt und wir kommen zur zweiten Lesung. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen, und bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag die Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand. – Ist das einstimmig? Mit den NEOS? Teilweise den NEOS? (Abg. Armin Blind: Die Fraktion hat sich geteilt! – Allgemeine Heiterkeit.) – Das ist jedenfalls mit Zweidrittelmehrheit so angenommen und beschlossen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist somit mehrstimmig mit den Stimmen der SPÖ und GRÜNEN so angenommen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Eine langjährige Causa ist damit abgeschlossen. Wir kommen zur Postnummer 3 der Tagesordnung. Sie betrifft den Naturschutzbericht 2014. Ich bitte Berichterstatterin, Frau Amtsf. StRin Mag. Sima, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der mit Spannung erwartete Naturschutzbericht steht hier zur Diskussion, und ich darf um Zustimmung bitten. Präsident Prof. Harry Kopietz: Wir müssen nur Ordnung ins Seilwerk bringen. Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Frau Abg. Dipl.-Ing. Olischar zu Wort gemeldet. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja, Sie haben sich wieder angemeldet, aber Sie sind am Schluss dran. – Zu Wort gelangt Frau Abg. Dipl.-Ing. Olischar. Ich darf ihr das Wort erteilen. – Bitte. Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Werte Damen und Herren! Ich darf kurz ein paar Worte zum vorliegenden Naturschutzbericht verlieren. Ich möchte ein paar Punkte herausgreifen und näher beleuchten und zusätzlich dazu auch gerne ein paar Anregungen und Anreize mitgeben. Naturschutz ist ja ein wichtiger Bereich des Umweltschutzes, da die Erhaltung der Natur ein wichtiger Beitrag zur Lebensqualität der Stadt darstellt. Wir stehen ja vor den Herausforderungen einer wachsenden Stadt. Das heißt, es ist besonders wichtig, eine Balance zwischen Natur und Urbanität zu halten. Gerade daher ist es auch wichtig, den vorliegenden Naturschutzbericht und seine Ziele in die Stadtentwicklung mit einzubeziehen. Da möchte ich gleichzeitig auch ein bisschen Kritik üben. Und zwar sind im Naturschutzbericht zahlreiche Ziele vorhanden, nur finden die leider in der derzeitigen Planung und Stadtentwicklung wenig Niederschlag – ganz klares Stichwort Hörndlwald. Ich möchte meinen Dank an die MA 22 richten, ihre Arbeit in puncto Naturschutz ist besonders wichtig. Und der vorliegende Bericht ist auch ein gutes Raster zur Beurteilung des Naturschutzes in Wien. Er zeigt, wie erwähnt, viele wichtige Punkte auf. Es findet auch die Landwirtschaft ganz klar Erwähnung. Es bestehen schon laufende Kooperationen wie beispielsweise Lebensraum Acker und das ÖPUL-Programm. Besonders wichtig ist, dass hier Maßnahmen auf freiwilliger Basis passieren. Das ist wichtig für eine erfolgreiche Kooperation. Ich denke, es ist auch wichtig, die Kooperation mit der Landwirtschaft in Zukunft zu vertiefen, da sie auch einen wichtigen Beitrag zum Natur- und Umweltschutz leistet, Stichworte Grüngürtel und Biotopvernetzung. Diese Kooperation betrifft auch die Abstimmung mit der Landwirtschaft bei bevorstehenden Projekten wie zum Beispiel beim Norbert-Scheed-Wald, damit die landwirtschaftliche Produktion, die doch sehr wichtig für Wien ist, durch Flächenwidmung in Mitleidenschaft gezogen wird. Kurz ein paar Worte zum Kapitel Objekt- und Gebietsschutz: Ein Drittel der Stadtfläche Wiens ist ja geschütztes Grüngebiet und so soll es ja auch bleiben. Ich wäre sehr froh, wenn die Chancen des Biosphärenparks besser genutzt werden würden. Meiner Ansicht nach findet der Biosphärenpark nicht gebührend Platz im Bericht. Wien ist ja in vielerlei Hinsicht einmalig, aber eines ist ganz besonders erwähnenswert, und zwar der Nationalpark innerhalb der Stadtgrenzen – es gibt ja nicht viele andere Städte, die das von sich behaupten können –, nur leider wird er nur in wenigen Zeilen im Bericht erwähnt. Ich würde mir auch wünschen, dass das Thema Erweiterung des Nationalparks noch mehr behandelt wird. Kurz ansprechen möchte ich auch das Kapitel Naturschutzprogramme. Hier finden auch die Innenstadtbereiche leider nur eine sehr bescheidene Erwähnung, wären aber unserer Ansicht nach wahnsinnig wichtig, um das Ziel einer grün-vernetzten Stadt zu erreichen. Das ist auch der Grund, warum ich gemeint habe, dass die Stadtentwicklung im Naturschutzbericht nicht wirklich zum Tragen kommt. Was den Kommunikationsteil im Bericht betrifft: Zu Recht wird hier die Wichtigkeit der Umweltpädagogik hervorgestrichen, denn nur so können Sensibilität und Bewusstsein geschaffen werden. Denn das Erleben und Erfahren prägt ja Kinder schon im frühen Alter, und es muss auch unser Ziel sein, Verständnis und Achtsamkeit für die Umwelt zu erweitern. Aber natürlich sollen nicht nur junge Besucherinnen und Besucher, sondern auch viele andere, ganz verschiede Zielgruppen angesprochen werden. Da ist auch die Nutzung des ehemaligen Blindengartens angesprochen, was ich natürlich sehr, sehr positiv finde. Was vielleicht noch fehlt oder ausgebaut werden könnte, sind die erwähnten zoologischen Gärten, die eben nur kurz erwähnt werden, aber sicher noch weiter forciert werden können. Abschließend möchte ich eine Anregung mitgeben. Mir ist aufgefallen, dass ein Thema überhaupt keine Erwähnung findet, und das ist die Jagd. Es existieren ja doch 31 Jagdgebiete in Wien, und aus unserer Sicht wäre es sinnvoll, auch künftig die Tätigkeiten im Bereich Hege und Pflege der Jagdvereine in Wien oder des Jagdvereines in Wien in den Bericht mit einzubeziehen, da er auch einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz darstellt. – Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und von Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke. Als Nächster ist Herr Abg. Maresch zu Wort gemeldet. Ich bemerke aber, dass wir um 16 Uhr mit der Dringlichen Anfrage beginnen. Kommen Sie zurecht mit der Zeit? Abg. Mag. Rüdiger Maresch (GRÜNE): Ich komme ganz sicher zurecht mit der Zeit. Es wäre interessant, auf die Dinge, die die Frau Olischar uns mitgeteilt hat, einzugehen. Ich möchte nur sagen, es gibt eine Seite im Naturschutzbericht, die sich mit dem Netzwerk Natur beschäftigt. Dann gibt es eine ganz lange Spalte, wo es darum geht, wie Wien mit der Landwirtschaft umgeht. Es ist der vertragliche Naturschutz, es ist der Lebensraum Acker, das ist das ÖPUL. Ich glaube, dass die Landwirtschaft sehr gut zurecht kommt damit, das ist das eine. Das Zweite ist: Sie haben dann noch nebenbei die Flächenwidmung der Landwirtschaft erwähnt. Ja, es gibt eine Flächenwidmungskategorie, die der Landwirtschaft nicht so gut gefällt, nämlich Sww. Sww bedeutet immer, dass man dann keine Kredite auf das Grundstück aufnehmen kann, weil man dort keine Häuser hinbauen kann. Da verstehe ich schon, dass das manchen in der ÖVP nicht gefällt, aber uns ist diese Kategorien Sww und SwwL ganz wichtig, und das bedeutet eine Garantie für den Naturschutz. Da ist ein bisschen ein Widerspruch, würde ich sagen. Was mir am Naturschutzbericht 2014 gut gefällt, ist, dass er sehr ausführlich eingeht auf die Aktivitäten der jeweiligen Magistratsabteilung, und zwar MA 42, MA 49, aber vor allem der MA 22 und der MA 45. Ich denke, wir haben heute schon sehr viel Zeit für ganz wichtige Dinge verbraucht. Naturschutz ist in Wien auch ganz wichtig, aber ich möchte auf einen Punkt noch eingehen, der mir doch wichtig erscheint, nämlich auf den Artenschutz. Im Kapitel Artenschutz geht es nämlich vor allem darum, was für Arten hier geschützt werden. Da brauche ich nicht wieder, wie üblich, auf die Ziesel zu kommen. Es geht uns vor allem darum, dass zum Beispiel, und das möchte ich besonders ausführen, beim Norbert-Scheed-Wald im Nordosten Wiens, einem wichtigen Teil des Grüngürtels, darauf eingegangen werden soll, wie die pannonische Feldlandschaft mit Sanddünen, die pannonische Feldlandschaft mit Kleinstrukturen wie auch die pannonische Waldlandschaft bei uns vorkommen. Es bedeutet aber gleichzeitig auch, dass dort auf Flora und Fauna aus dem pannonischen Gebiet – und Wien ist Teil des pannonischen Gebietes – besonders Rücksicht genommen werden soll. Und da sind uns das Wiesel und der Hamster ganz wichtig. Die Stadt Wien wird sich an alle Ihre Gesetze und Erlässe halten, auch wenn die FPÖ etwas anderes glaubt. – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Wir haben noch ein bisschen Zeit. Kommt der nächste Redner mit zwei Minuten Redezeit aus? (Abg. Nikolaus Amhof: Ja, sicher!) Gut. Dann schlag ich vor, wir lassen noch diesen einen Redebeitrag zu und kommen dann zur Behandlung der Dringlichen Anfrage der ÖVP. Abg. Nikolaus Amhof (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Naturschutzbericht 2014 birgt Licht und Schatten. Der Ausbau geschützter Räume – einzelne Initiativen werden erwähnt, Exkursionen für Kinder und Jugendliche sowie natürlich Bereiche im Schutz von einzelnen Naturdenkmälern werden hier durchgeführt. Das unterstützen wir, das ist in Ordnung. Es gibt aber auch einige Kritik am Naturschutzbericht, die man vorbringen kann. Zum Beispiel wird die Flüssigkeit der Schriftführung unterbrochen durch Großbuchstaben. Man kommt also dann auf die LandwirtInnen und die PartnerInnen. Ich hab mir etwas im Duden angeschaut: Die Verwendung von Großbuchstaben innerhalb von Wörtern entspricht nicht der Rechtschreibung. Und da es sich um ein amtliches Schriftstück handelt, würde ich ersuchen, das zu berücksichtigen. (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Geh bitte!) Es wird auch auf Konflikte nicht eingegangen, der Bericht rudert sozusagen um den heißen Brei herum. Es gibt Konflikte zwischen Bürgern und Tieren: Ich spreche da die Populationen von Bibern, Fischottern, und so weiter an. Da ist zu bedenken, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass ja nach dem Jagdgesetz Schäden von Tieren durch den Jagdausübungsberechtigten zu ersetzen sind, es sei denn, es handelt sich um geschützte Tiere. In diesem Falle kann der Grundeigentümer weder hier sich sozusagen gegen eine Biberinvasion verteidigen noch kann er auf Schadenersatz hoffen. Das ist natürlich eine Benachteiligung, da Schäden in einer Größenordnung von einigen 100.000 EUR anfallen. In Niederösterreich ist man da schon weiter. Da werden die Populationen reduziert. Bei der Population, es wurde die Jagd angesprochen, und bei der Reduktion von Tierpopulationen ist natürlich zu überlegen, dass zunehmend Beschwerden von Seiten der Jäger, aber auch von Polizei und Bundesheer kommen, dass die notwendigen Waffendokumente, die für die Ausübung Ihrer Tätigkeit notwendig sind, nur verzögert, nur schwer oder unter Schikanen ausgestellt werden. Das ist eine Benachteiligung der Betroffenen, und die lehnen wir ab. Man muss weiter dahin gehend, dass natürlich die … Präsidentin Veronika Matiasek (unterbrechend): Herr Abgeordneter! Es ist 16 Uhr. Haben Sie noch zwei Sätze oder wollen Sie nach der Dringlichen Ihre Rede fortsetzen? Abg. Nikolaus Amhof (fortsetzend): Ich fasse zusammen: Die Vorteile im Naturschutzbericht überwiegen, und deswegen treten wir bei. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Danke. Wir unterbrechen die Debatte zum Naturschutzbericht. Bevor wir zur Behandlung der Dringlichen Anfrage der ÖVP kommen, gebe ich bekannt, dass Herr Abg. Ornig aus beruflichen Gründen und Herr Abg. Kowarik aus gesundheitlichen Gründen ab jetzt entschuldigt sind. Frau Abg. Karner-Kremser, die noch das Wort hätte, lässt sich streichen. Wir können daher die Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt noch vor Behandlung der Dringlichen vornehmen. Gäbe es dagegen einen Einwand? - Das ist nicht der Fall und dient einer organisatorischen Verbesserung. Ich darf Frau StRin Sima um ihr Schlusswort bitten. Sie verzichten. (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Ich bin noch gemeldet!) Nein, es gibt noch, ich höre … Entschuldigung, Sie sind nämlich nachgemeldet, Frau Abgeordnete. Sie wollen aber auf Ihre Rede nicht verzichten, nehme ich an. (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Nein!) Daher muss ich jetzt unterbrechen und wir setzen die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes nach der Erledigung der Dringlichen Anfrage fort. Wir kommen nun zu dem Verlangen, dass die von den Abgeordneten Mag. Juraczka, Korosec, Schwarz, MMag. Dr. Kugler eingebrachte, an den Landeshauptmann gerichtete Dringliche Anfrage betreffend islamische Kindergärten in Wien vom Fragesteller mündlich begründet werde und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfinde. Auf die Verlesung der Anfrage wird verzichtet. Für die nun folgende Begründung der Dringlichen Anfrage sieht die Geschäftsordnung § 37 Abs. 1 eine Redezeit von 20 Minuten vor. Zur Begründung der Dringlichen Anfrage erteile ich Herrn Abg. Mag. Juraczka das Wort, 20 Minuten. Bitte. Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf in der Tat eine Dringliche Anfrage zu einem Thema begründen, das uns ganz massiv unter den Nägeln brennt, und zwar nicht erst seit gestern oder vorgestern und schon gar nicht zur Profilierung irgendwelcher Personen unserer Partei, liebe Frau Stadträtin, sondern weil wir gerade Ihre Fraktion schon über viele Jahre darauf aufmerksam gemacht haben, dass hier Kontrolle vonnöten wäre. Aber lassen Sie mich ein bisschen ausholen. Es war die Wiener ÖVP, die schon vor vielen Jahren immer wieder den Gratiskindergarten gefordert hat. Wir haben zig Anträge gestellt. Erfreulicherweise wurde es dann von der Sozialdemokratie auch umgesetzt und es gibt diesen Gratiskindergarten. Wir wissen ganz genau, dass neben der Notwendigkeit frühpädagogischer Elemente es auch ganz wichtig war, jungen Menschen, Kindern, vor dem Eintritt in den Regelschulbetrieb hier sprachliche Barrieren zu nehmen, sofern gegeben. Auch das war mit ein Grund für diesen kostenlosen Kindergarten. Wichtig erscheint uns nur und erschien uns immer, dass man genau diesen Anforderungen auch Rechnung trägt und sie kontrolliert. Wir haben daher mehrfach Anfragen eingebracht, zuletzt beispielsweise am 5. November 2014 hier eine Anfrage unter anderem eingebracht vom Kollegen Dr. Wolfgang Ulm, wo genau hinterfragt wurde: Wo wird kontrolliert? Wie oft wird kontrolliert? Was gibt es für Erkenntnisse? Und vieles mehr. Antwort des damals dafür zuständigen Stadtrates Christian Oxonitsch: „Kinderbetreuungseinrichtungen werden nach Vereinen, die sie betreiben, erhoben, nicht aber nach deren religiösen Hintergründen.“ Dann wird relativ ausführlich erklärt, wir kontrollieren eh, und der Schlusssatz lässt sich eigentlich subsumieren unter: Alles super, oder wie Oxonitsch hier formuliert hat: „Anhaltspunkte für islamische Radikalisierung konnten wir dabei in keinster Weise feststellen.“ So weit, so gut. Wir haben uns dann als Fraktion noch erlaubt, direkt im Anschluss an diese Anfragebeantwortung im Laufe des November 2014 einen Antrag einzubringen, man möge doch die religiösen Hintergründe der Wiener Kindergärten auch erheben. Und ich sage hier gleich vorweg etwas, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber ich habe ja eine Ahnung, wie solche Debatten verlaufen können, darum sage ich es gleich vorweg: Jede Wertschätzung vor konfessionellen Kindergärten, gleich, welcher Religion. Wir leben Toleranz in dieser Stadt, und wir haben Religionsfreiheit. Aber dennoch geht es, und dazu werde ich noch kommen, auch darum, dass wir hier bei Werten schon darauf aufpassen sollten, dass keine Extreme gelehrt werden. Und wenn es Trägervereine gibt, deren namhafte Repräsentanten immer wieder beispielsweise publizieren, dass die eigene Religion natürlich über dem Gesetz zu stehen habe, dann wird es problematisch. Nicht mehr und nicht weniger will ich zum Ausdruck bringen, weil jetzt so gerne von sozialdemokratischer, aber auch von grüner Seite die Frage kommt: Wieviel Religion darf denn in den Kindergarten? Ich habe erst vor wenigen Monaten, der Herr Bürgermeister wird sich vielleicht noch daran erinnern können, wir waren beide im Fernsehstudio, durchaus dafür gekämpft, dass man Weihnachten, unbestritten ein religiöses Fest, nicht aus dem Kindergarten verbannen soll. Das heißt natürlich auch, dass es bei anderen Religionen religiöse Inhalte geben kann, die man vermittelt, aber auf Grundlage unserer Verfassung, auf Grundlage unserer Rechtsordnung … (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Der Wiener Bildungsplan!) Entschuldigen Sie, Frau Stadträtin? (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Und den Wiener Bildungsplan!) Und den Wiener Bildungsplan, sehr schön. Und weil Sie sich jetzt dankenswerterweise auch in diese Diskussion einbringen: Wir haben, wie gesagt, ich habe es versucht, auszuführen, im Jahr 2014 mehrfach darauf hingewiesen: Bitte schauen wir uns diese Situation an. Was war die Reaktion Ihrerseits, unter anderem auch von Ihnen, Frau Stadträtin, in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“: „Es gibt keine islamischen Kindergärten, weil sich alle an den Wiener Bildungsplan halten.“ Jetzt frage ich mich, warum dann dieses Papier plötzlich für so viel Aufregung sorgen konnte? Es war, Sie werden ihn kennen, der Vorbericht des Univ.-Prof. Dr. Aslan, wo es plötzlich geheißen hat, ja, wir wissen eh, dass es Probleme gibt, wir schließen ja durchaus regelmäßig, wenn es Probleme gibt. Wenige Tage vorher haben Sie gesagt, es gibt keine Probleme. (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Wir haben behauptet, dass die Islamische Glaubensgemeinschaft keine Kindergärten hat!) Ja, aber sehen Sie, da sind wir ja schon bei einem grundlegenden Thema, dass ein Kindergarten, der religiöse Inhalte vordringlich in den Fokus auch stellt, sich meiner Ansicht nach durchaus dazu bekennen sollte und sich nicht hinter Trägervereinen verbergen sollte, und darüber mitunter vielleicht, ich sage es jetzt einmal vorsichtig, die Öffentlichkeit im Unklaren lässt. Auch da, denke ich, hätten wir Handlungsbedarf, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Und wie kommt es jetzt dazu, dass Dr. Aslan in seiner Studie sagt, dass es leider Gottes durchaus Kindergärten gibt, wo hauptsächlich in der Muttersprache, sprich, nicht in Deutsch, die Gruppenarbeit gemacht wird, um nicht zu sagen, unterrichtet wird? Sind wir da nicht schon alle miteinander ganz weit weg von der eigentlichen Intention des Gratiskindergartens, frage ich Sie, Frau Stadträtin? Ich meine, ja. Und das gilt es sicherzustellen. Kein Bashing gegen irgendjemand, aber klar festzulegen, dass Deutsch für den Schuleintritt nicht nur etwas ist, was man mit enormen Steuermitteln finanziert. Wir haben ja erst zuletzt im Zuge der Budgetdebatte darauf aufmerksam gemacht und gerade von Ihrer Fraktion hat es geheißen: Wir werden uns dafür einsetzen, dass der weiter gratis bleibt, auch wenn das viel Geld kostet. Gut. Aber dann versuchen wir bitte auch, Frau Stadträtin, die Intention, die wir alle dahinter haben, nämlich Deutsch vor Schuleintritt auch so zu überprüfen, dass wir nicht nur Kosten haben, sondern auch den Benefit, den wir ja alle einmütig wollen. (Beifall bei der ÖVP.) Und ich bleibe dabei, wenn es Trägervereine gibt, die sich eigentlich nur als Kultur- oder Freizeitvereine tarnen, deren Repräsentanten aber andernorts in einer Art und Weise publizieren, wie hier aus dieser Aslan-Studie klar hervorgeht, wo ich mir denke, da sollte man schon einmal genauer hinsehen, wenn es beispielsweise heißt: Die Scharia steht über nationaler Gesetzgebung. Das und nur gerade das, meine Damen, weil Sie hier nebeneinander sitzen, sind die Inhalte, wo ich Probleme damit habe. Es geht, glaube ich, nicht darum, dass wir heute hier stehen und sagen: Schrecklich, bitte tut endlich was. Es geht vor allem darum, mein Damen, dass Sie nachvollziehen können, dass hier in der Vergangenheit zu wenig getan wurde, weil sonst wäre es ja nicht erklärbar, dass plötzlich, Gott sei Dank, die Kontrollore aufgestockt werden. Bei Ihnen weiß ich, dass Sie da ein sehr großes Problem haben. Sie erlauben mir aber diese Floskel. Ich muss meine Reden hoffentlich vorher nicht bei Ihnen abzeichnen lassen. (Beifall bei der ÖVP. – Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Das hat nichts damit zu tun!) Ich finde es jedenfalls erfreulich, dass Kontrollore aufgestockt werden, weil es ganz offensichtlich notwendig ist. Und das einzige, was ich Ihnen heute sagen kann, meine beiden Damen, ist: Wir haben schon im Jahr 2014 gesagt, bitte … (Abg. Birgit Hebein: „Meine Damen“ ist respektlos! Das ist respektlos!) „Meine Damen“ ist, glaube ich, jetzt nicht respektlos. (Abg. Dominik Nepp: Schon, sicher! Sagen Sie zum Beispiel good vibes!) Sehr geehrte Frau Stadträtinnen, ich … Die erzieherischen Maßnahmen der GRÜNEN und ihr freies Menschenbild, das gefällt mir immer wieder. Aber gut, dass wir nicht zusammen kommen, das wissen wir eh. (Beifall bei der ÖVP und der FPÖ.) Sehr geehrte Frau Stadträtinnen, ich probiere es noch einmal: Bitte trachten wir danach, dass es Missstände, wo wir schon 2014 angeregt haben, nachzusehen, ob es die etwaig geben mag und wo sich jetzt, ich sage es vorsichtig, der Verdacht ganz massiv manifestiert, dass es Missstände geben dürfte. Gehen wir jetzt daran, uns nicht in gegenseitigen Schuldzuweisungen zu verstricken, sondern tun wir das, was Sie Gott sei Dank jetzt schon einmal angekündigt haben, nämlich gemeinsam mit dem Bund hier ganz massiv auch Studien durchzuführen. Schauen wir, dass wir konfessionelle Kindergärten als solche auch wahrnehmen und registrieren und schauen wir, dass die Werte, zu denen wir uns alle bekennen, tunlichst auch in dieser Stadt eingehalten werden! Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Ja, ich danke, Herr Abg. Mag. Juraczka, für die Begründung. Ich darf, bevor ich dem Herrn Landeshauptmann das Wort gebe, auch Prof. Aslan auf der Galerie begrüßen, der der Debatte des Landtags zuhört. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Bitte, Herr Landeshauptmann, ich bitte Sie um die Beantwortung. (StR Anton Mahdalik: Ihr redet von Höflichkeit und dabei klatscht ihr nicht einmal, wenn jemand begrüßt wird!) Der Herr Landeshauptmann ist am Wort. Lhptm Dr. Michael Häupl: Ich will um keinen Preis der Welt Höflichkeitsdiskussionen unterbrechen. Sehr geehrte Landtagsabgeordnete! Eingangs möchte ich festhalten, dass die Fragen 3 sowie 13 bis 17 keine Landesvollziehung betreffen und daher von der anfragenden Fraktion gestrichen wurden. Zur Frage 1. Wie mir mitgeteilt wurde, hat keine der zuständigen Stadträtinnen behauptet, dass es keine islamischen Kindergärten in Wien gibt. Kinderbetreuungseinrichtungen werden nur nach Vereinen, die sie betreiben, erhoben, nicht aber nach deren religiösen Hintergründen wie zum Beispiel katholisch, evangelisch, jüdisch oder islamisch. Im Übrigen werden seit der Volkszählung 2001 in Österreich auch von der Statistik Austria keine Daten zur Religionszugehörigkeit erhoben. Zur Frage 2. Die MA 11 erfasst alle bewilligten Kindergärten hinsichtlich ihres Trägers, ihres Standortes, ihrer Gruppenanzahl und Gruppenart sowie des bewilligten Platzangebotes. Zur Frage 4. Die Kontrollen der Stadt Wien finden nach einheitlichen Standards und auf Basis standardisierter Checklisten statt. Durch unangemeldete jährliche Qualitätskontrollen erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 11 einen guten Einblick und Überblick über die tatsächlichen Bedingungen in den Betreuungseinrichtungen. Im Jahre 2014 wurden über 3.200 Kontrollen durchgeführt. Im Jahr 2015 werden es ähnlich viele sein. Das Erleben des Alltags in der Gruppe ermöglicht die Kontrolle über die Umsetzung des pädagogischen Konzeptes und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Hierbei wird eine Checkliste zu den einzelnen Schwerpunkten - Pädagogik, Personal, Kinderanzahl, Sicherheit und Hygiene - geführt. Im Zuge der regelmäßig durchgeführten Kontrollen sind der MA 11 keine Sachverhalte bekannt geworden, die auf eine Gefährdung von Kindern schließen lassen. Andernfalls hätte diese unverzüglich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die nötigen Konsequenzen gezogen. Die MA 11 hat bereits 2014 Herrn Univ.-Prof. Dr. Ednan Aslan schriftlich ersucht, ihm bekannte, konkrete Umstände, die eine Gefährdung des Kindeswohls nahelegen, mitzuteilen. Dieses Schreiben ist nicht beantwortet worden. Zur Frage 5. Im Zuge des Bewilligungsverfahrens von Kindergärten und Kindergruppen wird schon bei der Einreichung die Eignung des Betreibers überprüft. Dazu wird beim Landesamt für Verfassungsschutz um Bekanntgabe allfälliger Vorbemerkungen der Betreiber und Mitteilung über Bedenken, die gegen die Erteilung der Bewilligung bestehen, ersucht. Seit über zehn Jahren gab es noch nie Bedenken seitens des Landesamtes für Verfassungsschutz. Zur Frage 6. Es entspricht den Tatsachen, dass es künftig 13 statt bisher 11 Kontrolleurinnen und Kontrolleure geben soll. Die Kontrollen wurden schon bisher in hoher Qualität durchgeführt. Bei festgestellten Mängeln werden auch wiederholte Kontrollen vorgenommen. Zur Frage 7. Ich verweise auf die Beantwortung zu Frage 4. Zur Frage 8. Mit der Sprachstandsfeststellung im Rahmen der frühen sprachlichen Förderung erreichen wir mehr als 80 Prozent der Wiener Kinder. Die Informationen dazu werden an alle öffentlichen und privaten Kindergärten sowie auch Kindergruppen übermittelt. Wird in einem Kindergarten beziehungsweise einer Kindergruppe ein erhöhter Bedarf an Sprachförderung festgestellt, so erhält das pädagogische Personal vor Ort Unterstützung durch zusätzliche Sprachförderkräfte. Zur Frage 9. Im Wiener Kindergartengesetz ist geregelt, dass Kindergartenpädagogin beziehungsweise Kindergartenpädagoge nur sein kann, wer eine in der Republik Österreich gültige Ausbildung beziehungsweise eine anerkannte gleichwertige Ausbildung, die in einem anderen Staat erworben wurde, absolviert hat. Es handelt sich hier um eine mehrjährige Ausbildung mit Maturaabschluss beziehungsweise eine an die Matura anschließende, weiterführende Ausbildung beziehungsweise einen Universitätslehrgang. Für Kindergruppen ist nach dem Wiener Tagesbetreuungsgesetz eine Ausbildung von mindestens 90 Unterrichtseinheiten erforderlich. In der Praxis werden jedoch im Regelfall wesentlich mehr Unterrichtseinheiten angeboten. Die Ausbildung umfasst organisatorische, rechtliche und fachliche Belange der Betreuungstätigkeit, Entwicklungspsychologie und Pädagogik, Kommunikation und Konfliktlösung, Eltern- und Teamarbeit sowie Erste-Hilfe-Maßnahmen zur Unfallverhütung. Darüber hinaus sind jährlich Fortbildungen im Ausmaß von 20 Unterrichtseinheiten zu absolvieren. Bereits im Sommer 2015 hat der damals zuständige amtsführende Stadtrat die Novellierung des Wiener Tagesbetreuungsgesetzes in Auftrag gegeben, deren Ziel die Verbesserung der Qualität und der Ausbildung ist. Daran wird derzeit gearbeitet. Zur Frage 10. Die Sprachkompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden im Rahmen der Aufsicht bei der Beobachtung der pädagogischen Arbeit beziehungsweise im direkten Gespräch überprüft. Werden hier Mängel festgestellt, wird die Absolvierung von Deutschkursen aufgetragen beziehungsweise die Betreuung von Kindern im verpflichtenden Kindergartenjahr untersagt. Gute Deutschkenntnisse sind Grundvoraussetzung für das Betreuungspersonal. Zur Frage 11. Ich verweise auf die Beantwortung zu Frage 1. Zur Frage 12. Im Zuge des Bewilligungsverfahrens von Kindergärten und Kindergruppen wird, wie bereits erwähnt, schon bei der Einreichung die Eignung des Betreibers überprüft. Dazu wird beim Landesamt für Verfassungsschutz um Bekanntgabe allfälliger Vormerkungen der Betreiber oder Mitteilung allfälliger Bedenken ersucht. Antragstellerinnen und Antragsteller haben im Verwaltungsverfahren einen Rechtsanspruch auf positive Erledigung ihres Antrags, sofern sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Das Wiener Kindergartengesetz verbietet nicht, religiöse Erziehung im pädagogischen Konzept vorzusehen, sofern die Vermittlung in altersadäquater Form erfolgt. Darüber hinaus wird auf das Recht der Kinder auf religiöse Bildung im Sinne des Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention verwiesen. Ich zitiere: „Das Recht auf Bildung darf niemandem verwehrt werden. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihrer eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.“ Zur Frage 18. Der Wiener Bildungsplan muss von allen Einrichtungen eingehalten werden. Im Zuge von Kontrollen wird das Konzept der Religionsvermittlung, egal, welcher Konfession, standardmäßig hinterfragt. Die Kindergarteninspektorinnen und -inspektoren beobachten dabei das Gruppengeschehen auch im Hinblick darauf, dass Religion altersadäquat vermittelt wird. Zur Frage 19. Ich verweise auf die Beantwortung der Frage 4. Zur Frage 20. Alle Kontrollen in Kindergärten finden unangekündigt statt. Zur Frage 21. Ich verweise auf die Beantwortung der Frage 6. Zu den Fragen 22 bis 27. Im Zuge der regelmäßig durchgeführten Kontrollen sind der MA 11 keine Sachverhalte bekannt geworden, die auf eine Gefährdung von Kindern durch radikale islamistische Umtriebe schließen lassen. Andernfalls hätte die MA 11 unverzüglich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die nötigen Konsequenzen gezogen. Zur Frage 28. Radikale Tendenzen haben im Kindergarten keinen Platz, so wie auch sonst nicht in unserer Gesellschaft. Im Wiener Bildungsplan ist geregelt, dass in Wiener Kindergärten die Werte der Demokratie und der Menschenrechte vermittelt werden. Im Rahmen des Wiener Netzwerkes für Deradikalisierung und Prävention werden außerdem die Bediensteten der MA 11 durch Expertinnen und Experten geschult, um sie im Rahmen der Aufsicht für diese Formen der Radikalisierung zu sensibilisieren. Zur Frage 28, Verzeihung, zur Frage 29. Nein. Zur Frage 30. Dazu verweise ich auf den 6-Punkte-Plan für Wien „Radikalisierung bekämpfen - Integration fördern“. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluss nur eine Bitte an Sie richten: Ich denke, dass wir uns alle an einem Satz von Herrn Prof. Aslan orientieren sollten, den er vor Kurzem gesagt hat: Gerade Diskussionen über unsere Kinder sollten auch den Kindern dienen - und diese Diskussion dient niemandem. Das ist, so denke ich, etwas, das wir heranziehen sollten. Und vielleicht finden wir bei den bevorstehenden Weihnachtsfeiertagen, diesem Fest des Friedens, Zeit, auch ein bisschen nachzudenken über Sätze, wie sie gestern und heute gefallen sind – etwa: „Wir züchten in unseren Kindergärten nur Kopfabschneider heran.“ -, dass wir überdenken sollten, ob das eine adäquate Formulierung ist, um mit diesem Thema umzugehen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Ich eröffne nun die Debatte, wobei ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt. Zur Debatte über die Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich als Erster Herr StR Mag. Blümel zum Wort gemeldet. Sie haben 20 Minuten Redezeit. StR Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bürgermeister! Vielen Dank für die doch recht ausführliche Beantwortung unserer Fragen. Ein bisschen salopp zusammengefasst heißt es, eh alles okay (Lhptm Dr. Michael Häupl: Sehr salopp!), sehr salopp. Das kann wahrscheinlich nur auf dem aktuellen Kenntnisstand der Stadt Wien beruhen. Deswegen bin ich sehr froh, dass sich die Stadt Wien dazu durchgerungen hat, jetzt eine Studie in Auftrag zu geben gemeinsam mit dem Herrn Prof. Aslan, der gerade wieder die Tribüne verlassen hat. Es war ja schön, dass er da war. Vielleicht wenn wir die Anfrage dann am Ende der Studie wieder stellen, ist der Kenntnisstand erweitert, und wir bekommen vielleicht einige konkretere Angaben. Denn eines müsste uns nach dieser Debatte in den letzten Tagen und Wochen schon bewusst sein, nämlich dass es offenbar doch da und dort Probleme gibt und manchmal man ein bissel den Eindruck hat, dass Realitätsverweigerung betrieben wird. Die Diskussion hat ans Licht gebracht, dass diese Vorstudie von Prof. Aslan doch einige erschreckende Erkenntnisse aufzeigt, nämlich dass es sowas wie Parallelgesellschaften in Kindergärten offenbar doch in Wien gibt, dass die Vermittlung der Inhalte oft nicht in deutscher Sprache erfolgt, dass da und dort auch religiöse Riten über staatlichem Recht in der Vermittlung stehen. Und das betrifft offenbar einige 1.000 Kinder, 10.000 sind in dieser Vorstudie festgehalten worden. Und was mittlerweile ein Faktum ist, ist, dass es auch so etwas wie einen Förderskandal gibt, wo es bereits eine erweiterte Ermittlung der Staatsanwaltschaft gibt, wo es um 1,8 Millionen EUR für islamische Kindergärten geht, die offenbar zweckwidrig verwendet wurden. Die Stadtregierung hat in den letzten Monaten doch einiges an Energie aufgewandt, diese Aspekte nicht hochzuspielen, um es so zu formulieren. Und, Frau Stadträtin, die gerade nicht da ist, ich habe hier das Interview von Ihnen aus der „Presse“ vom 26. November, wo die Antwort von Ihnen war: „Es gibt keine islamischen Kindergärten, weil sich alle an den Wiener Bildungsplan halten müssen, sprich, es darf dort keinen Religionsunterricht geben.“ Da kann man nur sagen, das ist bestenfalls zynisch gemeint und wohl doch ein bissel an der Realität vorbeiargumentiert. (Beifall bei der ÖVP.) Es gibt aber einen zweiten Aspekt in dieser gesamten Debatte, der mir noch ein bissel zu wenig hervorgehoben worden ist, und zwar dass es insgesamt wohl auch um ein grundsätzlicheres Problem geht. Es geht um die Grundprinzipien des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft, die schon einige Male adressiert worden sind in den letzten Sitzungen, wie etwa individuelle Freiheit, die Gleichheit der Geschlechter vor dem Recht, Selbstbestimmung und Religionsfreiheit. Das sind Fakten, die in unserer Verfassung über die Menschenrechte verankert sind. Die sind Gesetz. Sie sind aber vor allem auch, und das ist der Punkt, den ich machen möchte, Ausdruck unserer Wertehaltung, und Werte müssen auch gelebt werden, sonst laufen sie Gefahr, abgeschafft zu werden oder nicht mehr da zu sein. Auch wenn sie mittlerweile Gesetz geworden sind, Verfassungsgesetz, allgemein anerkannte Menschenrechte, so sind sie doch Ausdruck und Ausgang einer langen Wertedebatte über die Ideen der Aufklärung, die irgendwann einmal Gesetz geworden sind. Und ich habe manchmal den Eindruck, dass, nur weil etwas Gesetz ist, braucht man nur den Buchstaben dieses Gesetzes zu folgen und dann passt alles. Da vergisst man, dass es eine Wertehaltung ist, die in der Legislative zum Ausdruck kommt, das heißt, nicht nur der Buchstabe des Gesetzes ist wesentlich, sondern auch der Sinn, den dieses Gesetz aussagt. Und das heißt eben auch, dass diese Werte gelebt werden müssen, sonst gehen sie unweigerlich verloren. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn immer mehr Menschen zu uns kommen, die eine andere Werteorientierung teilen, und wenn wir immer öfter über diverse Vorstudien oder Zeitungsberichte oder im persönlichen Erleben draufkommen, dass die Wertorientierung bis zu einem gewissen Grad nicht mehr Grundkonsens in unserer Bevölkerung ist, dann müssen wir auch stärker einfordern, dass diese Werthaltung, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat, auch wirklich eingehalten wird. Und Sprachkurse oder was auch immer, Kurse beim Wiener AMS, wo Männer und Frauen getrennt unterrichtet werden, sind keine Förderung dieser Werthaltung, wo es auch darum geht, dass Männer und Frauen vor dem Gesetz gleich sind. Wenn getrennter Schwimmunterricht für Burschen und Mädels gegeben wird, dann fördert das auch nicht unsere Grundwertehaltung, das muss man einfach sagen. Und wenn man hört, dass islamische Kindergärten in Wien gefördert werden, wo sich eine Parallelgesellschaft entwickelt, dann entspricht das eben auch nicht dieser Grundwertehaltung. Ich habe mir diese Vorstudie entsprechend angesehen und darf nur ein paar Aspekte davon herausheben. Auf der Seite 23 im Anhang ist von der gezielten Errichtung islamischer Inseln in der Gesellschaft die Rede. Da gibt es eine Homepage von einem Trägerverein, wo draufsteht: „Wir sind uns alle einig, dass unsere Kinder von klein auf in islamischer Umgebung und mit islamischer Erziehung aufwachsen müssen. Da wird durch das Bildungs- und Integrationszentrum bereits eine gute Grundlage gelegt. Mehr als tausend Kinder im Alter von zwei bis sechs werden in diesen Einrichtungen betreut, erzogen und islamisch gebildet.“ Und weiter heißt es dann: „Leider besuchen viele Kinder anschließend aus Mangel an islamischen Alternativen öffentliche Schulen ohne islamische Umgebung und Erziehung. Besonders groß und gefährlich ist die Lücke für 10- bis 15-Jährige.“ Ganz ehrlich, das ist die verschriftlichte Anleitung zum Erziehen von Parallelgesellschaften, und das kann es wohl nicht sein, dass das mit Steuergeld gefördert wird! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ein weiterer sehr problematischer Punkt, der nicht dem Grundkonsens unserer Bevölkerung und dem Zusammenleben entspricht, ist die explizite Beförderung von religiösen Riten vor staatlichem Recht. Ebenfalls in dieser Vorstudie ist ein Auszug aus einer Gegenüberstellung von Scharia und weltlichem Gesetz von einer Person, die das nicht in einem Trägerverein publiziert hat, aber die im Vorstand eines solchen Trägervereins sitzt, wo beispielsweise beim Vergleich Scharia und weltliches Recht festgehalten ist: „Die Scharia agiert, sie formt und entwickelt die Gesellschaft im Gegensatz zum weltlichen Recht. Sie reagiert. Sie sind Reaktionen auf gesellschaftliche Entwicklungen.“ Das stimmt nur zum Teil und ist so in der Formulierung jedenfalls problematisch. Und das wirklich Schwierige ist, wenn es dann unten heißt: „Die Scharia gibt Orientierungshilfe für die Gesellschaftsmitglieder. Und beim weltlichen Gesetz? Sie geben keine Orientierungshilfe für Gesellschaftsmitglieder.“ Das ist wirklich problematisch. (Beifall bei der ÖVP.) Ein weiterer Punkt, den vor allem die rot-grüne Fraktion aufregen sollte, ist, dass es keinerlei männliche Pädagogen in diesen Kindergärten gibt. Auch sehr interessant. Vor allem bei Stellenausschreibungen wird explizit nur nach Frauen gesucht. Ich weiß gar nicht, ob das überhaupt noch legal ist. Weiters wird aber auch darauf hingewiesen, dass bei Stellenausschreibungen für die Kindergärtnerinnen sie initiativ angeworben werden und sie sollen bitte ein Kopftuch mitnehmen, das hilft bei der Bewerbung. Das steht auch in dieser Vorstudie. Das sind problematische Aspekte. Um dem Vorwurf entgegenzuwirken, ich verurteile eine Religion pauschal - nein, das ist nicht der Fall. Ich bin prinzipiell der Meinung, dass Religionen eher Teil der Lösung sein können als Teil des Problems. Aber ich verwehre mich auch dagegen, dass man prinzipiell Religionen nicht kritisieren darf. Also wenn man jetzt sagt, man spricht ein pauschales Kritikverbot am Islam aus, dann bin ich auch nicht dafür zu haben. Insgesamt muss man natürlich schon mit einbeziehen, dass in der gesamten Debatte medial und in unserer Bevölkerung es wohl auch die terroristischen Anschläge von Paris in den letzten Monaten und Jahren insgesamt nicht leichter gemacht haben, einen sachlichen Diskurs zu führen, aber auch das gehört mit einbezogen. Wenn von klein auf in manchen Bereichen gelehrt wird, dass religiöse Riten vor staatlichem Recht zu priorisieren sind, dann ist das natürlich ein Problem. Aber nicht ein Problem von Religionen per se, sondern von der Handhabung und dem Zusammenspiel zwischen Religionen und der Gesellschaft. Wir haben in Österreich eine gute Tradition, was Religion im öffentlichen Raum betrifft, ein gutes Zusammenleben vom staatlichen Gefüge mit Religionen. Aber ich glaube trotzdem, dass Religionen Teil der Lösung sein können und nicht Teil des Problems sein müssen. Wenn man sich anschaut, dass im Wiener Kindergartengesetz Religion per se keine Rolle mehr spielt, in anderen Bundesländern aber sehr wohl, in Wien es aber doch einige Probleme geben dürfte, dann ist es wohl zulässig zu schlussfolgern, dass das per se nicht das Rätsels Lösung sein kann. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist in den letzten Tagen und Wochen sehr viel passiert, und das freut mich sehr, wesentlich mehr als in den letzten Jahren. Die Studie habe ich schon angesprochen, die jetzt gemacht wird. Sie wird hoffentlich dazu beitragen, dass die Ausführungen bei einer zukünftigen Anfragebeantwortung auf eine, ja, vielleicht selbstkritischere Art und Weise erfolgen. Eine Antwort möchte ich aber schon noch kurz hervorheben, auf die Frage 5 nämlich, dass alle Vereine vom BVT oder vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zuerst kontrolliert werden, bevor sie bewilligt werden. Na ja, nicht jeder, der kein Terrorist ist, sollte per se einen Kindergarten aufmachen dürfen. Also nur zu sagen, das BVT hat geprüft, das ist alles in Ordnung und dann darf der Trägerverein einen Kindergarten aufmachen, ist vielleicht auch ein bissel verkürzt dargestellt. Aber der Punkt ist, mehr Kontrolle ist wichtig und ein wesentlicher Schritt zur Lösung. Ob jetzt die 13 statt bisher 11 Kontrollore das so ändern, dass es in Zukunft kein Problem sein wird, weiß ich nicht. Aber die ÖVP hat einen konkreten und guten Lösungsvorschlag parat. Wir werden einen Antrag einbringen. Ich weiß, ich kann das nicht machen, das machen meine Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion. Es hat in den letzten 10 Jahren über 300 Frühpensionierungen aus organisatorischen Gründen gegeben, und es wäre doch gut, wenn man diese Herrschaften, bevor man sie aus organisatorischen Gründen in Pension schickt, eventuell umschulen könnte, zu Kontrolloren machen könnte, dann wäre dieses Problem zweifellos gelöst. Vielen Dank für die Beantwortung. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Nepp. Abg. Dominik Nepp (FPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bürgermeister geht weg, die GRÜNEN entziehen sich überhaupt jeglicher Diskussion, anscheinend ist ihnen hier das Thema nicht so wichtig, wenn es um unsere Kinder geht. Aber wenn der Herr Bürgermeister vorhin meinte, dass diese Diskussion den Kindern nicht dient, dann muss ich sagen, genau diese Diskussion mit diesem Thema dient unseren Kindern, weil ich hoffe, dass Sie endlich aufwachen. Denn wenn wir in den letzten Jahren über die gesamte Thematik der Kindergartenpädagogik gesprochen haben, hatten Sie eine falsche Prioritätensetzung. Sie hatten eine Prioritätensetzung in Richtung, wir wollen ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr. Sehr toll, dass wir nämlich den Eltern die Kinder noch früher entziehen. Sie wollten die Frühsexualisierung im Kindergarten, das war Ihnen auch besonders wichtig. Derweil haben Sie in aller Ruhe zugeschaut, wie unsere kleinsten Kinder in den Kindergärten durch islamistische Extremisten radikalisiert werden! Und das ist Ihr Versagen! So etwas ist erbärmlich, Ihre Politik! (Beifall bei der FPÖ.) Es ist erbärmlich, dass Sie unsere jahrelangen Warnungen, und wir haben sie getätigt, es ist alles dokumentiert, all die Jahre hinweg, viel früher als die ÖVP jetzt aufgewacht ist, vielleicht erst 2014 im Wahljahr. Wir haben Sie immer wieder hier in diesem Haus gewarnt. Es kam von Ihnen immer nur die Antwort: Das Problem existiert gar nicht, das ist nur Hetze, das ist Rassismus. Derweil haben Sie sich nicht gekümmert, dass gleichzeitig und unter dem Deckmantel der Kindergartenpädagogik Parallelgesellschaften entstehen konnten. Es ist genauso erbärmlich, dass Sie den radikal-islamischen Zuwanderern eigentlich den roten Teppich ausgekehrt haben, anstatt Integration zu einer Bringschuld zu machen. Auch hier haben Sie weggeschaut. Und es ist eigentlich auch erbärmlich, wie Sie komplett in dieser Sache der Integration versagt haben. Man muss man wirklich sagen, auf Grund (Beifall bei der FPÖ.) Ihres absichtlichen Wegschauens hat hier in Wien der radikale Islam Fuß gefasst. Die Islamisten in Wien und die Salafisten sind bestens vernetzt. Da fragt man sich schon: Wie konnte so etwas in Wien passieren? Wie konnte so etwas in Österreich passieren? Welche Umstände haben dazu geführt? Wer ist dafür verantwortlich? Welche politische Partei ist da mitverantwortlich? Genau diese Fragen stelle ich Ihnen ja jetzt nicht von Neuem, sondern wir haben sie Ihnen ja auch schon in etlichen Anfragen gestellt. Und da darf ich nur zitieren, dass Sie immer wieder gesagt haben, dass eh alles in Ordnung und eh alles bestens ist. Ich habe vom Herrn Oxonitsch eine Anfragebeantwortung, damals noch als Stadtrat, und wir haben auch abgefragt: Wie funktioniert dort die Kontrolle? Gibt es islamische Kindergärten? Gibt es islamistische Kindergärten? Und Sie haben gesagt, es ist eigentlich alles gut, denn die ganzen Förderungen werden nur unter der Voraussetzung gewährt, dass es Betriebsgenehmigungen gibt und die Qualitätsstandards eingehalten werden. Ja, derweil hört man jetzt von einem Förderskandal, und Sie haben nicht einmal gewusst, ob der geförderte Kindergarten überhaupt offen hat. Da hat jemand mehrmals Förderungen lukrieren wollen für Kindergärten, die nie geöffnet haben. Und da sagen Sie auf einmal, es passt eh alles, die Kontrollen sind okay. Oder Sie sagen auch weiter, damit Gefahrenpotenziale früh erkannt werden (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Wer hat es angezeigt?), haben Sie ein Netzwerk für Deradikalisierung (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Wer hat es angezeigt?) eingesetzt. Ich kann Ihnen sagen, seit 2010 stellen wir Anfragen in der Brigittenau, die der MA 11 über die Bezirksvertretung zugegangen sind, wenn Sie es so genau wissen wollen. Sie brauchen gar nicht so ein bissel bedrückt in Ihr Handy reinschauen, wenn Sie die Antwort nicht vertragen können, Frau Stadträtin! (Aufregung bei Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely.) Wir reden schon seit Jahren davon! (Beifall bei der FPÖ.) Also man sieht, die Kontrolle, von der Sie immer reden, die gibt es einfach nicht. Da haben Sie auch schon hier nicht richtig und nicht mit voller Wahrheit geantwortet, weil Sie sich anscheinend für diese Zustände genieren, die hier in Wien herrschen. Denn die Radikalisierung gewisser Gruppierungen passiert eben schon im Kindergartenbereich bei den Kleinsten. Die sind völlig frei von Kontrolle. Sie können in dieser Stadt schalten und walten, wie sie wollen. Wir haben auch noch vor einem Jahr eine Anfrage bezüglich dieser Kontrollen gestellt. Auch hier ist die Antwort salopp ausgefallen, quasi, eh alles okay. Da ist zu lesen, ich zitiere jetzt: Alle MitarbeiterInnen seien durch eine Vielzahl von Maßnahmen sensibilisiert. Es kann zum Schutz der Kinder und der Jugendlichen rechtzeitig gehandelt werden. So gibt es eine Reihe von Informationsveranstaltungen und Dienstbesprechungen, wurde uns erklärt. Das hat anscheinend perfekt funktioniert. Oder weiter, ich zitiere, dass von zuständigen Schulaufsichtsbeamten regelmäßige Inspektionen und auch Inspektionen beim geringsten Hinweis einer Radikalisierung durchgeführt würden. Da frage ich mich nur, wenn es wirklich solche Kontrollen gegeben hat, und es wurde Ihnen gemeldet, dass es hier diese radikalen Tendenzen gibt, dann frage ich mich echt: Warum haben Sie in Ihrer politischen Verantwortung hier absichtlich weggeschaut? Wollten Sie Ihrer islamischen Wählerklientel höchstwahrscheinlich eine Freude machen? Ich sage Ihnen eines: Sie sind vor der islamistischen Lobby in Wien in die Knie gegangen! So schaut es aus! (Beifall bei der FPÖ.) Wir haben Ihnen auch mehrmals durch Anträge die Chance gegeben, Ihr Verhalten vielleicht zu ändern und Ihre Prioritätensetzung zu ändern. Ich kann Ihnen nur sagen, ein Antrag lautete: „Das Wiener Kindergartengesetz und das Wiener Tagesbetreuungsgesetz werden dahin gehend geändert, dass aggressives religiöses Missionieren im Sinne einer Indoktrination gegen europäische Werte einen Widerrufsgrund für die Bewilligung darstellt.“ Das ist doch eigentlich ein No-na-ned-Antrag und müsste doch jeder von Ihnen gefühlsmäßig mittragen. Was war? Sie haben eiskalt dagegen gestimmt, nur weil es ein Vorschlag der Freiheitlichen war und Ihr Versagen der letzten Jahrzehnte aufdecken würde. Das ist der Grund, warum Sie alles unter der Decke halten wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Aber, wie gesagt, ich habe mir während der letzten Debatte auch das Wortprotokoll kommen lassen, als wir hier so ein Thema debattiert haben. Damals wurden wir Freiheitliche, wie üblich, verunglimpft, beschimpft, von den GRÜNEN als Hetzer abgetan. Und heute, und eigentlich ist das das Traurige, ein Jahr später nach dieser Debatte stehen wir wieder vor einem Scherbenhaufen. Ein Scherbenhaufen, der durch Ihre Politik des Versagens erzeugt wurde. Deswegen müssen Sie sich auch den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie hier in Wien die Rahmenbedingungen geschaffen haben, dass schon die kleinsten Kinder in Wien durch islamische Indoktrination radikalisiert und ausgesetzt werden. Das ist allein Ihre Verantwortung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Aber jetzt liegen die Fakten auf dem Tisch. Jetzt kann man ja sagen, auf Grund dieser Vorstudie könnten Sie beginnen zu handeln. Aber was machen Sie? Der Herr Bürgermeister hat ja vorhin eh alles mehr oder weniger als schön abgetan. Die Frau StRin Wehsely und die Frau StRin Frauenberger wollen jetzt wieder eine Studie in Auftrag geben. Einen Bildungsleitfaden wollen Sie jetzt höchstwahrscheinlich erneuern. Den Bildungsleitfaden vom damaligen Integrationsminister Kurz haben Sie auch gelobt. Sie loben sich hier in Wien anscheinend auch noch für die Arbeit, für die gute Arbeit, die Sie hier machen. Dabei sitzen wir wirklich auf tickenden Zeitbomben. Sie planen die Richtlinien, Sie planen Leitfäden. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wollen dieses Problem, das echt und Fakt hier in Wien ist, nicht lösen, weil Sie wegschauen. Sie wollen noch immer keine Lösungen haben. Darum bin ich mir sicher, dass Sie unserem Antrag auch wieder nicht zustimmen werden, weil Sie es Ihrer islamischen Wählerklientel recht machen wollen. Das ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Da frage ich mich wirklich: Was muss eigentlich passieren, dass Sie Ihre rosarote Brille endlich absetzen und erkennen, dass die Gesellschaft in Wien schon längst gespalten ist? Dass es Grundsätze der Scharia gibt, die bei einem Teil der Wiener Bevölkerung schon längst Einzug gehalten haben und unsere Rechtsordnung und unser Rechtsverständnis, unsere Verfassung ablehnen? Sie haben bis heute hier nicht gehandelt! Sie haben bis heute nicht verstanden, dass man mit aller Härte gegen einen radikalen Islam in Wien einschreiten muss, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Aber vielleicht werden Sie ja schlauer und lernen dazu und stimmen unserem Beschlussantrag zu. Und zwar bringe ich jetzt einen Beschlussantrag von den Abgeordneten Armin Blind, Maximilian Krauss, Dr. Wolfgang Aigner, Gerhard Haslinger, Nemanja Damnjanovic, Elisabeth Ullmann, Angela Schütz und Mag. Martin Hobek betreffend Novellierung des Wiener Kindergartengesetzes ein. Und zwar lautet der Beschlussantrag, ich zitiere: „Die zuständigen Mitglieder der Wiener Landesregierung mögen dem Wiener Landtag umgehend eine Novellierung des Wiener Kindergartengesetzes vorlegen. Schwerpunkt dieser Novellierung sollte sein, dass religiös geprägte Trägerorganisationen sich bei Antragstellung eindeutig als solche zu deklarieren haben. Bestehende Träger haben sich im Nachhinein zu deklarieren. Das Gesetz hat sicherzustellen, dass auch in von religiösen Trägerorganisationen geführten Kindergärten und Kindergruppen die Werte der Religionsfreiheit und des religiösen Pluralismus respektiert und vermittelt werden. Die Vermittlung religiöser Werte hat kind- und altersgerecht zu erfolgen. Die pädagogischen Anforderungen privater Gruppen sind an das Niveau institutioneller Träger heranzuführen. Es wird die sofortige Abstimmung dieses Antrags verlangt.“ (Beifall bei der FPÖ.) Sie wollen sich anscheinend dieser Debatte auch entziehen und hoffen, dass vielleicht die ÖVP mit Integrationsminister Kurz dieses Problem löst. Doch ich sage Ihnen, das wird es nicht so leicht spielen, denn die ÖVP wacht samt ihrem Integrationsminister ja erst jetzt langsam auf. Ich habe es vorhin schon erwähnt, erst kurz vor der Wahl 2014 sind Sie aus diesem Dornröschenschlaf aufgewacht. Aber da muss man wirklich sagen, dass auch hier in diesem Fall wieder von der ÖVP, leider für unsere Kinder, in diesen Kindergartengruppen eigentlich ein falsches Spiel gespielt wird, denn die Einsicht kommt erstens zu spät und zweitens glauben wir auch, dass diese Forderung, die wir schon seit Jahren oder vielleicht Jahrzehnten fordern, wiederum nicht umgesetzt wird. Denn ich erinnere schon an das Spiel vom Integrationsminister Kurz, Forderungen von uns zu übernehmen und dann nie umzusetzen, zum Beispiel war das die Zahlung der Kinderbeihilfe an Kinder, die nicht in Österreich sind. Da hat er dann gepoltert, hatte eine Woche eine Schlagzeile. Nein, es geht nicht, dass so viele Millionen Euro an Steuergeld an Kinder ausgezahlt werden, die gar nicht in Österreich leben. Gute Forderung, haben wir auch immer gefordert. Dann kam schon die Abschwächung: Na ja, vielleicht machen wir das nach dem Herkunftslandprinzip und schauen, dass die nur so viel Geld kriegen, wie sie in den Herkunftsländern bekommen. Das hat auch noch eine Woche gepoltert. De facto ist, bis jetzt ist in dieser Hinsicht noch nichts passiert. Und das ist das falsche Spiel von der ÖVP und vom Integrationsminister Kurz, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Ich möchte auch nur daran erinnern, dass bei sämtlichen islamischen Kindergärten die ÖVP bis 2014 mitgestimmt hat, wo wir schon längst gesagt haben, da läuft etwas schief, da ist etwas falsch, es kann nicht sein, dass die sich so abschotten. Wir haben gegoogelt, wir hatten damals noch keine Studie. Wir sind hingefahren zu den Kindergärten. Wir haben gesehen, dort laufen alle kleinen Kinder schon mit Kopftuch herum. Wir haben Sie, Herr Stadtrat oder Herr ehemaliger Stadtrat, Herr Klubvorsitzender Oxonitsch, immer wieder darauf hingewiesen. Sie haben Namen gehabt, die nicht Türkisch klingen, ich sage: Pädagogische Experten in Wien, Sonnenschein, Zwergengruppen, et cetera. (Abg. Christian Oxonitsch: Ja von der FPÖ!) Und wenn man sich das angeschaut hat, so hat ja damals die Homepage gestrotzt erstens von Rechtschreibfehlern, weil die anscheinend der deutschen Sprache nicht mächtig sind … (Abg. Christian Oxonitsch: Ja, wenn Kinder schreiben!) Ja, ja. Sie haben geschrieben, die Kinder müssen mehrmals am Tag betten mit doppel-T. Da habe ich auch nicht gewusst, was sollen sie jetzt machen, sich öfters hinlegen oder meinen die jetzt beten? Und so werden diese … (Aufregung bei der SPÖ.) Und so … (Zwischenruf von Abg. Christian Oxonitsch.) Ich hab schon zwei Kinder, da brauchen Sie mir nichts zu sagen, Herr Oxonitsch, ich habe schon zwei, ja, ja. Da brauchen Sie nicht so zu kommen, im Gegensatz zu Ihnen, ja. (Beifall bei der FPÖ.) Ich weiß schon, dass an das eigene Versagen erinnert zu werden, vielleicht nicht angenehm ist. Aber dennoch sollten Sie die Konsequenz für das Verhalten Ihrer letzten Jahre ziehen! Jedenfalls um zur ÖVP zurückzukommen, Sie haben damals fast alles unterstützt. Sie haben das damals sogar noch gut gefunden! Von der SPÖ hat damals jemand von der Bundeshauptstadt gemeint, ich glaube, es war sogar der Bürgermeister, dass das mit dem Herrn Integrationsminister so gut klappt. Daraufhin hat der Herr Kurz sogleich zurückgesagt, ja, Wien ist das Best-Practice-Beispiel für Integration und hat eigentlich alles hier gelobt, wie toll das so ist. Aber anscheinend ist es jetzt wieder alles schlecht. Es ist ja schön, dass die FPÖ aufwacht. Zuletzt hat unlängst auch der Integrationsminister Kurz gemeint: „Es ist so toll, der Islam gehört zu Österreich.“ Da sage ich auch klipp und klar: „Nein, der Islam gehört nicht zu Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren!“ (Beifall bei der FPÖ. – Aufregung bei Abg. Mag. Muna Duzdar.) Abschließend fordere ich Sie auf, hier in Wien (Aufregung bei Abg. Christian Oxonitsch.) endlich im Sinne unserer Kinder zu handeln, dass sie nicht radikalisiert werden, dass es keine radikal-islamische Schulen, Kindergärten und sonstige Vereine gibt und diese bei so einem Verdacht auch sofort zu schließen, was Sie anscheinend nicht gedenken zu machen. Sie wollen jetzt weiterhin irgendwelche Studien in Auftrag geben. Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie jetzt nicht reagieren, wäre alles andere grob fahrlässig, und ich möchte, und das ist wirklich mein Ernst, hier in einem Jahr nicht wieder stehen (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Das ist ein guter Vorsatz! – Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Das ist eine gute Idee! Das ist eine gute Idee!) und möglicherweise hier diese Sache auf Grund eines Terroranschlags, auf Grund eines jungen, radikalisierten Muslimen in Wien zu debattieren. Ich sage Ihnen eines: Das wollen wir nicht! Setzen Sie endlich unsere Forderungen um, und schließen Sie diese radikalen Brutstätten! (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Akcay. Ich erteile es ihr. 20 Minuten. Abg. Safak Akcay (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Stadträtinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Über die Medien ausgerichtet, hörten wir vom Herrn Außenminister Kurz ständig, dass wir in Wien nicht gegen Radikalisierung tätig werden. Aber Fakt ist, Extremismus und Radikalisierung ist nicht nur eine Wiener Sache, es ist eine Herausforderung auch für den Bund. Wir in Wien reden nicht nur, sondern wir handeln auch. Deswegen haben wir auch mit einer Anlaufzeit im September 2014 betreffend Maßnahmen zur Deradikalisierung von Jugendlichen und Prävention das Wiener Netzwerk Deradikalisierung und Prävention gegründet. Dieses Netzwerk arbeitet auf Grundlage der Kinder- und Jugendrechtskonvention sowie des Kinder- und Jugendschutzes. Kernziel ist hier natürlich Schutz der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor extremistischen Tendenzen und Schutz vor Stigmatisierung und Generalverdacht, denn beides gefährdet nämlich ihre Entfaltungs- und Zukunftschancen. Weitere Ziele und Aufgaben sind natürlich die Zusammenarbeit der NetzwerkteilnehmerInnen gegen Extremismus und Prävention, stufenweise Fort- und Weiterbildung für die MitarbeiterInnen, Hilfestellung für Jugendliche und Eltern. Zum Aufbau des Netzwerkes: Wir haben da eine Steuerungsgruppe, die zentrale Arbeitsziele vorgibt. Ein Mal pro Monat finden jeweils auch die Sitzungen statt, und die Mitglieder dieses Netzwerkes oder dieser Steuerungsgruppe sind die Geschäftsgruppen damals Bildung und Integration, heute sind es die Geschäftsgruppen der StRin Wehsely und der StRin Frauenberger. Dann haben wir fünf GemeinderätInnen drinnen, die Stadtschulratspräsidentin damals, heute Stadtschulratspräsident, Landesjugendreferenten, eben die MA 13, die Leitungen der MA 10, MA 11 und MA 17. Die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft fungiert hier als zentrale Koordinationsstelle. Wir haben auch weitere PartnerInnen innerhalb des Netzwerkes wie AMS-Wien Jugendliche, dann auch WAFF, Verein Neustart, Landesamt für Verfassungsschutz, die Beratungsstelle Extremismus. Die KooperationspartnerInnen außerhalb des Netzwerkes sind die Pädagogische Hochschule, die Universitäten, unabhängige ExpertInnen, NGOs, Polizei, Kinder- und Jugendpsychiatrie, und so weiter. Des Weiteren wurde ein ExpertInnenforum aufgebaut. Dieses wurde bewusst bei der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft angesiedelt. Das ExpertInnenforum beschäftigt sich unter anderem mit Ursachen, warum sich eine wachsende Zahl an Jugendlichen mit Haltung und Weltanschauungen identifiziert, die andere Glaubens- und Lebensvorstellungen abwerten beziehungsweise bekämpfen. Das Forum erarbeitet Gegenstrategien gegen diese Entwicklungen, und konkret werden hier die PädagogInnen geschult und für zahlreiche Informationsveranstaltungen wird dieses ExpertInnenforum auch gebucht. Seit der Gründung dieses Netzwerkes sind bereits über 2.000 PädagogInnen, SozialarbeiterInnen und JugendarbeiterInnen geschult worden. Auch hat eine Fachkonferenz Ende April stattgefunden. Um eine Zwischenbilanz der bisherigen Aktivitäten zu ziehen: Man schafft damit einen Rahmen, um gemeinsam mit fast 240 ExpertInnen ausstehende Herausforderungen zu diskutieren und mögliche Lösungswege zu finden. Und ich frage mich, was hat bis jetzt der Bund gemacht, außer eine Deradikalisierungs-Hotline zu gründen. Fakt ist nun, um geschlossen gegen Extremismus und Radikalisierung vorzugehen, braucht es eine Koordinationsstelle zur Deradikalisierung und Prävention im Integrationsministerium. Diese Koordinationsstelle muss mit umfassenden Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet sein. Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Wiederkehr. Zuvor gebe ich bekannt, dass die Abgeordneten Guggenbichler und Schütz ab dato entschuldigt sind. Bitte, Herr Abgeordneter. 20 Minuten. Abg. Christoph Wiederkehr, BA (NEOS): Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Dringlichen Anfrage habe ich zuerst eine dringliche Bitte, vor allem eine Bitte nach mehr Sachlichkeit von beiden Seiten in dieser Debatte und weniger Inszenierung, sondern mehr Problemlösungsorientierung. Einerseits die Inszenierung von Seiten der ÖVP in einer eindeutigen PR-Logik. Auch diese Studie zu so einem frühen Zeitpunkt so medial zu inszenieren, da geht’s einem nicht um den Inhalt, da geht‘s einem rein um die Inszenierung und um diesen kleinen Mehrwert in der PR. Aber dieser Mehrwert ist gefährlich, weil dieser kleine Mehrwert, der dadurch generiert wird, führt zu einer größeren Verunsicherung, zu einer Debatte, die unsachlich ist. Das heißt, hier ist meine Kritik ganz klar auch auf Seiten des Außenministeriums, hier so zu kommunizieren. (Beifall bei den NEOS.) Auf die FPÖ möchte ich eigentlich gar nicht eingehen, weil von islamistischer Lobby und Sonstigem zu sprechen, ist weit weg von jeglicher Problemlösungskompetenz. Aber auf der anderen Seite wird dieser Inszenierung nicht mit den richtigen Antworten begegnet, weil an der Inszenierung ein wahrer Kern dran ist. Es gibt Probleme in der Qualität der Kinderbetreuung, und es gibt ein Problem in der Ausmachung, wie Staat und Kirchen miteinander leben sollen. Aber hier ist von Rot-Grün genau die falsche Antwort. Wenn ich zurückdenke an diese Pressekonferenz Kurz/Wehsely, dann ist genau das Falsche passiert, genau das, was man nicht machen soll. Auf dieses Spiel so einzusteigen, was man tun müsste, ist, sachlich mit richtigen Antworten hier auch die Probleme zu lösen, anstatt hier in ein Hickhack mit dem Bund zu gehen, zu inszenieren. Nun zu meinen zwei inhaltlichen Punkten, die mir in der Debatte vollkommen fehlen: Das ist die Frage der Qualität, wie gesagt, und der Religion. Die Qualität. Natürlich, in Wien wurde im Bereich der Kindergärten in Fragen der Quantität viel gemacht. Ein Gratiskindergartenjahr natürlich, ein weiteres Gratiskindergartenjahr führt natürlich dazu, dass die Kindergartenplätze immens ansteigen, dass es immer mehr und immer mehr Kindergartenplätze gibt. Was man dabei aber beachten muss, ist, dass die Qualität darunter nicht leidet. Und die Qualität hat in letzter Zeit gelitten, hat sogar sehr stark gelitten. Man darf nicht Plätze um jeden Preis schaffen und das merkt man. (Abg. Heinz Vettermann schüttelt den Kopf.) Lesen Sie die Förderkriterien, wenn Sie so den Kopf schütteln! Sehen Sie sich im Kindergartenbereich die Förderkriterien von eineinhalb Seiten an, die so rudimentär umschrieben sind. Und da frage ich mich, sind es schon ordentliche Förderkriterien für Kindergartenplätze und Kindergartenpädagogen, wo sogar festgehalten ist, dass die Institutionen bevorzugt werden, die entsprechendes pädagogisch ausgebildetes Personal haben. Allein diese Phrase und dieser Passus in den Förderkriterien zeigen schon, dass es da den Willen gibt, um jeden Preis Plätze zu schaffen. Wenn Sie so schauen … (Abg. Christian Oxonitsch: Woraus lesen Sie das? Woraus lesen Sie das?) Ich zeige es Ihnen nachher. Lesen Sie es sich durch, Förderkriterien der Kindergärten auf der zweiten Seite im letzten Paragraphen. Schlagen Sie es auf, oder ich zeige es Ihnen nachher. Und das ist ein Problem, wenn da Plätze um jeden Preis geschaffen werden, aber nicht mehr auf die Qualität geschaut wird. (Beifall bei den NEOS.) Sie können vielleicht eh nachher erwidern, aber lassen Sie sich auf die sachliche Debatte ein, bitte. Was mir noch wichtig ist, ist auch eine Erhebung der Träger. Wer steckt da wirklich dahinter? Das ist zum Beispiel in Niederösterreich im Gesetz vorgeschrieben, dass man doch auch religiöse Hintergründe von den Trägervereinen erhebt. Und das ist schon auch wichtig, dass man genauer anschaut, wer ist auch hinter diesen Trägervereinen. Ein weiterer Punkt ist die Kontrolle. Ich habe da in den letzten Wochen versucht, sehr viele Gespräche zu führen. Die meisten Kindergruppen, Kindergärten, die von diesen Kontrollen berichten, berichten darüber, dass hier sehr genau auf Hygienebestimmungen, auf die Bauordnung, auf die Ernährung geschaut wird, aber weniger, ob das pädagogische Konzept auch eingehalten wird, das eingereicht worden ist. Natürlich ist das schwieriger, ist aufwändiger. Aber genau das pädagogische Konzept ist eigentlich das, worum es in den Kindergärten geht. Und hier müsste das Hauptaugenmerk auch liegen. Ein weiterer Punkt ist die Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen. Zum Beispiel reichen in Kindergruppen 90 Stunden oder bei Tagesmüttern 60 Stunden an Ausbildung. Elementarpädagogik ist für mich die erste Bildungseinrichtung, dort, wo sich die Zukunft von Kindern auch entscheidet. Und hier Menschen in die Erziehung zu schicken, die lediglich 60 beziehungsweise 90 Stunden Ausbildungskurse gemacht haben, die auch nicht standardisiert sind, ist meines Erachtens nach zu wenig. Das heißt, hier müssen wir in die Qualität gehen. (Beifall bei den NEOS.) Hier haben wir auch einen Antrag, dass das stärker wird und auch mehr Stunden gefordert werden. Ein weiterer Punkt ist, dass das B2-Niveau der Sprache reicht. Das wundert mich schon. Es ist in der Debatte noch nie aufgekommen, ob B2 wirklich ausreichend für einen Unterricht von Kindergartenpädagoginnen und - pädagogen ist. Ich glaube nicht, dass B2 ausreichend ist. Hier müsste man schon ansetzen, um wirklich die Sprachförderung vor allem bei den Pädagoginnen und Pädagogen zu starten, weil wenn die B2-Niveau haben, wie sollen die dann Kindern auch ordentlich die deutsche Sprache beibringen? Hier müsste man ansetzen und hier kann man noch weiter ansetzen, indem man Fördermaßnahmen, die es ja gibt, die nachgewiesen werden müssen, auch stärker Richtung Integration und Sprachförderung auslegt, dass Pädagoginnen und Pädagogen mit Defiziten in diesen Bereichen dies auch wirklich nachholen müssen. So könnte man die Qualität in Kindergärten auch steigern. (Beifall bei den NEOS.) Der Punkt Staat und Religion. Haben wir ein klares Verhältnis in Wien im Bereich der Kindergärten, wie das miteinander zusammenpasst? Wie wir das aushandeln? Ich glaube, hier wurde noch viel zu wenig Zeit investiert, um zu fragen: Wieviel Religion und welche Art der Religion wollen wir in Kindergärten? Ich finde es nicht in Ordnung, wenn in Kindergärten von strafenden Göttern die Rede ist. Ich finde es nicht in Ordnung, wenn Kinder Suren oder auch Bibelstellen auswendig lernen müssen. Das ist nicht kindergerecht, wird aber in sehr, sehr vielen Bereichen praktiziert. Hier gab es natürlich den ersten Schritt in die richtige Richtung, das muss ich auch sagen, hier einen Leitfaden im Bereich des Bildungsplans auch auszuarbeiten, wie wir mit Religion umgehen sollen, mit Religion in so einem sensiblen Bereich, weil Kindergärten sind höchst sensibel. Was ein Kind in diesem Alter lernt, begleitet es durchs Leben. Und hier finde ich vor allem, dass von Seiten der Sozialdemokratie diese Frage auch der Säkularität der Stadt und des Staates mehr bedacht werden muss, um auch Abschottungstendenzen, die es gibt, von Religionsgemeinschaften, die auch bewusst innerhalb der Religionsgemeinschaft bleiben wollen, zu entgehen, weil hier gibt es Probleme. Frage Laizismus. Ich finde es in Frankreich sehr interessant, wie es geregelt ist. Da ist eine sehr strenge Trennung von Staat und Kirche, aber es gibt trotzdem konfessionelle Einrichtungen. Es gibt konfessionelle Kindergärten, es gibt konfessionelle Schulen. Aber diese Kindergärten und Schulen verpflichten sich einer gewissen weltanschaulichen religiösen Neutralität. Das wird auch abgemahnt, und das wird auch durchgezogen. Das ist ein neutraler Ansatz und ein wertevermittelnder Ansatz, den es auch schon im Kindergarten gibt, dass es nicht eine einseitige Berichterstattung, eine einseitige Erziehung gibt, sondern eine vielseitige. Und wenn dann Kultur und Sonstiges kommt, weil das immer vorgeworfen wird: Auch in diesen Kindergärten werden religiöse Feste, die im kulturellen Empfinden sind, gelebt und dürfen auch gelebt werden, wie zum Beispiel ein Nikolo. Aber so eine Rede würde ich mir wünschen, auch für diese Stadt. Natürlich ist es schwierig mit dem Konkordat, aber man kann trotzdem im Bildungsplan einiges vorgeben. Und da würde ich mir wünschen, dass das wirklich möglichst weitgehend auch definiert wird, dass es da eine Ausgewogenheit gibt und dass eine religiöse Erziehung, die nicht mit den Werten für Kinder vereinbar ist, auch nicht in Kindergärten zu sehen ist. (Beifall bei den NEOS.) Man muss anerkennen, dass es problematische Tendenzen gibt. Ja, die Studie, die vorgelegt worden ist, ist qualitativ nicht sehr hochwertig. Aber fast jeder Experte, mit dem man redet, sagt, es gibt diese Probleme und nicht nur in islamischen Kindergärten, sondern breitgehend. Und da muss man dahinter sein. Wir sind die in der Mitte, die nicht die Augen verschließen, aber auch nicht sagen, das sind alles die Islamisten, die Extremisten und sonst was. Wir anerkennen die Probleme. Jetzt würde ich mir in dieser Debatte wünschen, dass da alle Seiten gemeinsam schauen, zu Lösungsansätzen zu kommen, um auch für unsere Kinder die beste Erziehung und Bildung schon im Kindergarten voranzubringen. Deshalb habe ich da auch einen Antrag, den ich einbringen werde. Danke. (Beifall bei den NEOS.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Schwarz. Ich erteile es ihr. Abg. Sabine Schwarz (ÖVP): Danke, Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseher! Bevor ich zu meiner Wortmeldung komme, möchte ich noch gerne auf zwei meiner Vorredner eingehen. Zum einen, Herr Kollege Nepp, zu Ihrer Wortmeldung, dass die ÖVP-Wien islamische Kindergärten mitgenehmigt hat, ein Islam … Wo ist er denn? (Abg. Armin Blind: Im Moment nicht da!) Aha gut, also richten Sie es ihm bitte aus: Ein islamischer Kindergarten ist nicht automatisch ein islamistischer Kindergarten. (Abg. Armin Blind: Das hat er auch nicht gesagt!) Und wenn Sie bei der Anmeldung oder der Herr Kollege Nepp bei der Anmeldung eines Kindergartenvereins erkennen können, ob eine im Verein sitzende Person eine islamistische Person ist, dann bitte ich Sie wirklich den Expertenrat, den wir immer wieder fordern, zu führen. Das andere noch, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wortmeldungen von der Seite der SPÖ. Sie haben doch in Wirklichkeit zwei Mal das Angebot von Dr. Aslan abgelehnt, eine Studie zu machen. Sie haben doch ganz bewusst die Augen vor dem Problem, vor dem wir jetzt stehen, verschlossen. Und wenn Sie auch immer sagen, die Polizei prüft ja eh die Betreiber, dann muss ich Ihnen schon sagen, und ich zitiere hier den Sprecher der Polizeidirektion: Das stimmt nicht ganz. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat lediglich die Aufgabe, die künftigen Kindergartenbetreiber auf etwaiges strafbares Verhalten zu überprüfen. Die Polizei überprüft ganz sicher nicht die Religion, die Gesinnung oder die Lehrinhalte in den Kindergärten. Das sei, laut Kindergartengesetz, eindeutig Aufgabe des Magistrats. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Frau Kollegin, wer hat denn jemals anderes gesagt? – Heiterkeit bei Abg. Heinz Vettermann.) Ja, das ist ja eh Ihre Hauszeitung. Dann möchte ich jetzt zu meiner Wortmeldung kommen. Ich möchte gerne eine andere Sichtweise in diese ganzen Wortmeldungen, in die Diskussion bringen, und zwar möchte ich gerne einmal die Diskussion aus der Sicht der Kinder bringen. Wenn man jetzt die Vorstudie von Dr. Aslan durchliest, dann kann man Sätze lesen wie: „Die Erwartung der Eltern an islamische Kindergärten, Schutz der Kinder vor moralischem Einfluss der Mehrheitsgesellschaft, Wunsch nach muttersprachlichem“ - und muttersprachlich ist hier nicht Deutsch – „und religiösem Kindergartenpersonal.“ Weiters kann man lesen: „Beim Personal gibt es unterschiedliche Kenntnisse der deutschen Sprache, unterschiedliche Wissensstände des Bildungsrahmenplans.“ Im Kindergarten gibt es eben keine männlichen Pädagogen. Da ist mein Kollege, StR Blümel, schon genauer darauf eingegangen. „Im Bereich der interreligiösen und interkulturellen Erziehung fehlt in Kindergärten und –gruppen nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern auch das Interesse daran.“ Weiters kann man lesen: „Bei der Sprachförderung ist es für die Kinder unmöglich, in diesem Umfeld die deutsche Sprache zu entwickeln, und selbstständiges Denken und Handeln der Kinder ist sogar verpönt.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren der Stadtregierung! Wenn Sie unserer Meinung sind, dass unsere Kinder, und auch Kinder in diesen islamistischen Kindergärten sind unsere Kinder, zu selbstbewussten, hinterfragenden Erwachsenen gebildet und erzogen werden sollen, dann müssen doch bitte jetzt endlich einmal bei Ihnen die Alarmglocken läuten! Denn wollen wir das Beste und die beste Bildung für unsere Kinder, dann müssen sie zumindest Deutsch sprechen, lesen und schreiben können. Den Kindern gegenüber ist es nicht nur unfair, sondern es widerspricht auch dem Menschenrecht, was ihnen da passiert. Das Recht auf Bildung gemäß § 26 hat ja auch schon der Herr Landeshauptmann heute angesprochen. Wenn man das aus dieser Sicht sieht, muss man Ihnen ja fast, oder von manchen müssen Sie sich vielleicht den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie, die Stadtregierung, gegen die Menschenrechte verstoßen, weil Sie sich dieser Problematik nicht annehmen. Es muss Ihnen doch nicht nur ein Anliegen, sondern vielmehr ein dringendes Bedürfnis sein, diese Problematik in diesen Kindergärten in den Griff zu bekommen. Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum Sie dieses Problem ständig und schon seit Jahren wegschieben. Und da wären wir jetzt bei der Kindergartenpädagogen-Problematik. Hätten Sie sich selber 2013 nicht dieses Schlupfloch gemacht, wo es eben heißt, dass ja auch Menschen ohne kindergartenpädagogische Ausbildung Kinder betreuen dürfen, dann hätten wir wahrscheinlich, oder hätten wir viel früher gegenwirken können. Und dann haben wir ja auch nicht genügend Kontrollpersonal, da sind auch schon meine Vorredner darauf eingegangen, und Sie haben auch nicht dafür gesorgt. Wir glauben nicht, dass mit 13 Personen wirklich genügend Kontrolle gemacht werden kann. Ich darf den Antrag einbringen, wo wir betreffend die Aufstockung des Personals zur Kontrolle der Kindergärten vorschlagen, statt Beamte und Beamtinnen aus organisatorischen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen, diese entsprechend umzuschulen und künftig als Kontrolleure und Aufsichtsorgane für die Wiener Kindergärten einzusetzen. Darum geht es natürlich. Es geht darum, dass es in den letzten 10 Jahren 300 Mitarbeiter waren und die Stadt diese Beamten und Beamtinnen, vielleicht nicht in ihrer jetzigen Position, aber braucht, und es ist eine Wertschätzung denen gegenüber, wenn wir ihnen das auch vermitteln. Es wäre natürlich schon sehr sinnvoll. Beamte, die ja sehr hochqualifiziert sind, anstatt in Pension zu schicken, sie dort einzusetzen, wo sie benötigt werden. (Beifall bei der ÖVP.) Abschließend habe ich jetzt wirklich noch eine riesen Bitte an Sie: Bitte lassen Sie sich mit dieser Studie nicht zu lange Zeit! Bitte gehen Sie das Problem jetzt wirklich an und packen Sie das Problem an! Wir machen Ihnen auch das Angebot, dass wir da gerne gemeinsam helfen, weil ich glaube, den Wienerinnen und Wienern ist es jetzt wirklich mal ein Anliegen, dass dieses Problem gelöst wird. Es geht uns einfach darum, dass kein einziges Kind verloren gehen darf. Danke. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Ellensohn. Bitte. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dringliche Anfrage betreffend islamische Kindergärten in Wien - da könnten wir auch über Kinder reden und übers Kindeswohl und wie wichtig einem die Kinder dort sind. Den Eindruck hatte ich jetzt zumindest bei denen, die die Diskussion begonnen hatten, überhaupt nicht. Um das ist es einfach nicht gegangen. Der Herr Blümel und der Herr Nepp, beide nicht anwesend, machen da politische Brandreden, zünden die Hütte an und gehen raus, und wir dürfen uns jetzt darüber unterhalten. Es ist fast schon lächerlich. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Stimmt! – Abg. Erich Valentin: Das stimmt!) Es ist ihm einfach wurscht. Es geht nicht um Kindeswohl, wie geht’s den Kindern. (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Der Herr Bürgermeister ist auch nicht mehr da!) Nein, nein, nein, Moment. Wer hat die Dringliche, nein, wer hat‘s angefangen? Als Allererstes habe ich immer geglaubt, dass die da sind, die eine Aktuelle Stunde haben, und so weiter, und so fort, eine Dringliche auch. Ich entnehme alleine dem Text und der Art und Weise der Fragestellung und den beginnenden Wortmeldungen nicht, dass es ernsthaft darum geht, dass wir darüber reden: Qualität in Kindergärten. Wie geht’s den Kindern in der Stadt? Wie leben wir zusammen? Wie kommen wir gemeinsam aus? Es hat leider ganz was anderes gezeigt. Wien hat ein Radikalenproblem bis rein in den Landtag, bis rein in den Landtag. Wir haben ein politisches Extremismusproblem und müssen (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) dem schärfer entgegentreten. Ich gebe es ja auch zu, ich bin ja auch immer wieder … (Aufregung bei Abg. Mag. Dr. Alfred Wansch.) Ich bin mir ja nie ganz sicher, wie viel Aufmerksamkeit man dem Rechtsextremismus geben muss, aber sie sind zu groß geworden. Es geht sich nicht mehr aus, dass wir daran vorbeischauen. Es geht sich nicht aus, das zu ignorieren, sondern es wird notwendig sein, jede politische - wenn Sie sich bei den Sätzen betroffen fühlen, ich habe jetzt nicht einmal gesagt, FPÖ ist gleich rechtsextrem. Aber eine ganze Menge wird gleich unruhig. Das spielt sich in Ihren Köpfen ab. Ich hab es offen gelassen, wer. Aber dass Sie da gleich einen Wirbel haben in Ihren Köpfen. Ich interpretiere das … (Weitere Aufregung bei Abg. Mag. Dr. Alfred Wansch.) Dann hätten Sie sich schon anders zurückgehalten. Sie wissen, was ich meine, und ich weiß, was Sie meinen. Wenn wir das Wohl der Kinder im Auge behalten würden und da nicht islamophobe Ausritte hätten, dann könnten wir ja ernsthaft darüber reden, wie Kindergärten ausschauen sollen. Das eine Thema wäre es sogar wert gewesen, dazu zu reden: Wieso sind so viele Frauen in dem Beruf und so wenige Männer? Wollen wir das, wollen wir das nicht in Kindergärten, nicht in islamischen, in Kindergärten. Und die Menschen, die Kinder dort hinbringen, wissen, dass dort sehr viel mehr Frauen als Männer arbeiten, ungefähr, ich weiß es nicht, 95 zu 5 in Prozent oder noch deutlicher, in den katholischen Kindergärten, in den islamischen, in denen ohne Glaubensbekenntnis, in allen, so ist es. Und nicht wahnsinnig gut bezahlt, das auch noch, und damit hängt es wahrscheinlich leider zusammen. Ja, darüber sollten wir diskutieren. Aber darüber wollt ihr ja gar nicht diskutieren, um das ist es gar nicht gegangen, sondern: Der böse Islam, da sind irgendwelche Frauen und keine Männer. Deswegen sind ja da Fraktionen mit Frauenanteil 7 von 34, oder deswegen haben wir in Oberösterreich eine Regierung, 9 zu 0, glaube ich, und, und, und. (Zwischenruf von Abg. Dr. Wolfgang Aigner.) Ja, wenn man nur einen hinschickt, ist es ein bissel schwieriger, wenn man vier hinschickt, ist es ein bissel leichter! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.- Aufregung bei ÖVP und FPÖ.) Wir haben tatsächlich einen großen Ausbau der Kindergärten, 3.000 neue Plätze, die Quantität hat über Jahre super mitgehalten, das Programm ist immer noch so aufgesetzt. Nirgends gibt es die Möglichkeit, so viele Ganztagesplätze für Kinder zu nutzen. Für die Familien ist das sehr hilfreich, für die Kinder ist das auch hilfreich, weil ein Kindergartenbesuch etwas nützt. Deswegen wird ja auf Bundesebene auch immer wieder diskutiert, ob man vielleicht ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr einführt. Das wäre der seriöse Teil. Aber den seriösen Teil schenke ich mir jetzt, weil diejenigen, die die seriöse Diskussion führen wollen, führen sie eh, und mit ÖVP und mit FPÖ ist sie ja nicht zu führen. Es ist sinnlos, wenn Sie so anfangen mit den Wortmeldungen, dann verzichte ich darauf. Ich sage Ihnen, wenn jemand gestern, was war das, vorgestern, in Spielfeld … „Nicht jeder Moslem ist ein Terrorist, aber jeder Terrorist ist ein Moslem.“, das, glaub ich, war der Satz vom Strache, der Mann ohne Vornamen, ohne normalen Vornamen. Das wird momentan gerade fest gepostet auf den Social Media mit drei Attentätern, die unter anderem Anhänger Dreiweg Norwegen, Anhänger der Ideologie der FPÖ, das hat er selber geschrieben, die NSU, ich weiß gar nicht, wie heißt die genau, Zschäpe oder so ähnlich, die gerade da vor Gericht steht und auch ein Opfer sein will, und der Herr Briefbombenattentäter Fuchs. Also wenn man mit solchen Sachen einsteigt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn andere keinen Bock haben, dass sie sich mit einem unterhalten. Bei der ÖVP muss man sich schon überlegen, ist das wirklich das Ziel? Haben Sie sich wahnsinnig gefreut, nachdem der Herr nett geredet hat mit dem Text, den er da ausgeleert hat, und dann brennt es da lichterloh, und die toben sich ab, und bei Ihnen hat keiner geklatscht, das hab ich schon gesehen. Aber freuen Sie sich, dass Sie die politische Arbeit für die machen? Ich verstehe das nicht. Vielleicht haben wir deshalb heute Feuerlöscher vom Herrn Kopietz gekriegt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Aigner. Ich bitte darum. Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Ellensohn, dass es Ihnen um die Kinder geht, da brauche ich sehr viel Phantasie, und ich glaube nicht, dass ich so viel aufbringen kann, um das aus Ihrer Wortmeldung herauszulesen. Aber ich nehme Bezug auf ein Interview, das Sie vor Kurzem gegeben haben, wo Sie selber gesagt haben, dass es im Zuge des dramatischen Ausbaus im Zuge des Gratiskindergartenjahres bei der Zunahme an Kindergartenplätzen vielleicht wirklich zu sehr auf die Quantität und manchmal zu wenig auf die Qualität angekommen ist. Wir haben in den letzten Jahren natürlich ein sehr ambitioniertes Ausbauprogramm gehabt, aber es hat halt keinen richtigen Masterplan gegeben. Ich glaube, Sie waren seinerzeit in Rust, da hat es geheißen, es wird alles gratis, und das ist dann relativ schnell implementiert worden. Die Nachfrage ist entsprechend gestiegen. Aber was man vielleicht mit den großen institutionellen Kindergartenträgern doch hätte machen sollen, wäre, vorab zu sprechen: Machen wir ein Ausbauprogramm. Da haben wir keine Qualitätsprobleme, egal, ob das städtische Kindergärten sind - Sie machen ja kaum mehr neue städtische Kindergärten -, ob das die traditionsreichen katholischen Träger sind oder andere, auch die Kinderfreunde, und so weiter. Das ist eigentlich nicht passiert. Hätte man sich dieser Aufgabe unterzogen, hätte man sich wahrscheinlich das eine oder andere Problem erspart. (Beifall bei der FPÖ.) Und gerade die SPÖ, die sonst bei Privatsachen ideologisch bedingt so zurückhaltend ist, ist jetzt eigentlich teilweise darauf angewiesen, dass Leute im privaten Bereich Kindergruppen gründen. Da gibt es natürlich auch die unterschiedlichsten Facetten. Ich glaube, ich weiß nicht, die Frau StRin Frauenberger oder Wehsely hat gesagt, na ja, da gibt es halt die alternative Birkenstockfraktion, die machen eine Kindergruppe. Ja, ich meine, dass dort Radikalismus vielleicht im Ernährungsbereich gelebt wird, aber so im gesellschaftlichen Bereich? Die Angst habe ich nicht. Da hat man vielleicht auch einen anderen intellektuellen Hintergrund. Aber es gibt natürlich auch andere Bereiche, wo man sehr rasch gesehen hat, dass aus der Förderung, die ja gut ist und zu der man sich ja grundsätzlich bekennt, sehr rasch ein Geschäftsmodell geworden ist. Darauf habe ich in der letzten Periode mehrfach hingewiesen. Auch die Frau Kollegin Leeb, die leider nicht mehr hier im Gemeinderat ist, hat immer wieder gesagt, irgendwie beschleicht einen kein gutes Gefühl, wie rasch man da an Fördermittel kommt. Wir haben uns ja auch der Aufgabe unterzogen, sich die pädagogischen Konzepte anzuschauen. Das ist nach dem dritten relativ egal, es hört sich alles gleich an. Es wird meistens der Bildungsplan mehr oder weniger mit den gleichen Worten wiedergegeben. Da kann man nichts dagegen sagen. Aber es ist irgendwo das Gefühl, dass da mit gezinkten Karten gespielt wird. Und wenn wir jetzt hören, dass es da schon das Rundumsorglospaket eines offenkundigen, man weiß ja nichts Genaues, aber eines offenkundigen Schwindlers oder Betrügers gibt, der sagt, wir machen alles, du brauchst eigentlich nur zu unterschreiben und wir holen uns die Förderung ab. Und dann kann man nicht einmal oder wollte man oder konnte auf Grund der Personalsituation nicht kontrollieren, ob diese Kindergärten und -gruppen überhaupt aufsperren, dann sieht man schon, dass wir da auch ein strukturelles Problem haben. Und so viele Gruppen und so viele verschiedene Träger kann man weder mit 5 noch mit 7, wahrscheinlich auch nicht mit 13 Inspektoren kontrollieren. Ich habe mehrfach auch den damaligen StR Oxonitsch befragt, der ja sehr engagiert ist und ein Profi in seinem Bereich und ich bin der Letzte, der dem jetzigen Klubobmann da irgendwie etwas Negatives unterstellen will, aber die ganzen Antworten waren eigentlich so auf die Problemlagen zugeschnitten, wie sie bis vor ein paar Jahren waren: Es geht um Hygiene, es geht um bauliche Dinge, und so weiter, und natürlich auch um die pädagogischen Voraussetzungen. Aber das Problem mit radikalen religiösen Ideologien, und das muss ich auch den NEOS sagen, das sind jetzt nicht die katholischen, sondern das kann man schon beim Namen nennen, ohne islamophob zu sein: Es gibt halt hier eine Religion, die immer größer wird in unserem Land, die seit Jahrzehnten oder seit über 100 Jahren anerkannt ist, in der es definitiv radikale Strömungen gibt und in der es auch, anders als bei den Christen, kein zentrales Lehramt gibt, wo man sagen kann, da definiert jetzt jemand die Religion, sondern im Prinzip ist auch die Islamische Glaubensgemeinschaft eher machtlos. Die können keine Glaubensinhalte definieren, sie haben auch vielfach auf die diversen Vereine keinen Einfluss. Das ist schon etwas qualitativ anderes als jetzt im christlichen Bereich. Das muss man halt einfach sagen. Hier schaut die Sache anders aus. Und jetzt muss man sich halt die Frage stellen, wie geht man mit den Problemen um, weil ich glaube ja, der Konsens ist hier parteiübergreifend der, wir wollen da keine Radikalismen. Wir wollen das schon gar nicht auch mit Steuergeld finanzieren, weil Sinn und Zweck des Gratiskindergartens ist und war es ja, Integration zu fördern und eben nicht die Verfestigung von Parallelgesellschaften! (Beifall bei der FPÖ.) Und das sollte man sich auch überlegen, bevor man ein zweites Jahr verpflichtend macht, weil das kommt dann auch extrem teuer, wenn dann genau die Bevölkerungssegmente, die sich nicht eingliedern wollen, wenn genau diejenigen sich dann in ihre eigenen Vereinen und in ihre eigenen Trägerorganisationen zurückziehen. Das ist ja dann wirklich eigentlich vergossene Milch. Wir sind in Zeiten knapper Mittel. Das sollte nicht sein, und da muss man, glaube ich, gemeinsam nachdenken: Was kann man hier mit allen Menschen, die guten Willens sind, machen? Ich bin auch sicher, dass Prof. Aslan da sehr wertvolle Arbeit leistet, und so weiter. Ich kann mich erinnern, ich habe vor einem Jahr eine Anfrage in der Beziehung gestellt, hab dann eine Presseaussendung gemacht, relativ neutral, und mir hat der damalige grüne Bundesrat Efgani Dönmez, den ich persönlich überhaupt nicht kenne, ich kenne ihn nur aus den Medien, auch bedauerlich, dass er nicht mehr in der Politik ist, geschrieben, er kann mir gerne mehrere Fälle, die es von islamistischen Kindergärten gibt, nennen. Auch die Initiative liberaler Muslime tritt immer ungefragt an viele Abgeordnete heran. Es dürfte da schon auch ein Wissen geben, und ich meine, irgendwo muss auch die Behörde von sich aus tätig werden. Es ist mir persönlich zu wenig, wenn die Behörde da sagt, jetzt schauen wir, da muss irgendeine Studie fertig gemacht werden. Ich glaube, da muss man schlichtweg proaktiv tätig werden. (Beifall bei der FPÖ.) Erinnern Sie sich auch an das Problem der Dschihadisten, das ist ja auch jahrelang negiert worden. Erst als die Cobra, ich weiß nicht, 20, 30 am Weg nach Syrien sozusagen aufgehalten hat, wo man dann sieht, viele Jahre hier in Österreich gewesen, und so weiter, und dennoch radikalisiert, dann hat man auch von Ihrer Seite gesehen, dass das Problem nicht wegzuleugnen ist. Jetzt muss man halt schauen, wie man das mit sozialarbeiterischen Methoden, mit polizeilichen Methoden, wobei das gar nicht das Primäre sein soll, wie man dieses Problem in den Griff bekommt. Es soll ja letztendlich nicht so sein, dass man aus diesen Kindergärten dann vielleicht in eine private islamische Schule geht, und so weiter, und irgendwann landet man dann, und wenn es nur ein kleiner Teil ist, vielleicht wirklich in Syrien. Das wollen wir ja eigentlich alle nicht. Ich glaube, deswegen ist die Analyse einmal wichtig, die Problemeinsicht. Da geht es auch nicht um Schuldzuweisungen. Das ist ein Phänomen, mit dem der Westen insgesamt schwer umgehen kann, weil wir eine sehr säkularisierte Gesellschaft sind. Religion ist Privatsache, die traditionellen europäischen Religionen haben sich eben auf den religiösen Bereich zurückgezogen. Auch das ist, glaube ich, ein Unterschied zu Teilen des Islam. Hier wird ein gesamtes Gesellschaftmodell gleich mitgeliefert, inklusive einer Rechtsordnung. Das gibt es ja bei den sonstigen Religionen ja nicht. Ja ab und zu im orthodoxen Judentum, glaube ich, in Israel gibt es Probleme, dass man, ich weiß nicht, nicht zum Militär will oder dass man sagt, dass man am Samstag, am Sabbat, halt gewisse Dinge nicht tun darf und dass es da teilweise Brösel zwischen den säkularen und den sehr orthodoxen gibt. Aber mit so einer Religion, die in manchen Ausprägungen das ganze Leben sozusagen dominieren möchte, wo man auch mit der Scharia ein Rechtssystem mitbekommt, mit der können wir schlichtweg schwer umgehen. Und da muss man natürlich dann auch immer sehen, dass auch die Religionsfreiheit im Rahmen der Gesetze natürlich gewährleistet ist. Da muss schon ganz klar sein, es darf nicht sein, dass irgendwelche religiösen Normen über unserer Rechtsordnung stehen, dass man dann vielleicht auch bei Gerichtsurteilen … (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Wo ist das der Fall?) Bitte? (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Wo ist das der Fall?) Nein, es könnte in diese Richtung gehen, dass man unter Berufung auf Religionsfreiheit sagt, meine internen Normen sind mir wichtiger, und so weiter. Es gibt doch schon teilweise Gerichtsurteile, wo bei „Ehrenmorden“, bei Blutrache von Richtern teilweise auf den religiösen, ethnischen Hintergrund Rücksicht genommen wird und man sagt, na ja, das muss man irgendwie zur Kenntnis nehmen, das ist halt dort so. Und das wollen wir nicht! Nein, das wollen wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.) Ich möchte nur darauf hinweisen, und das ist ja fast verteidigend gegenüber der Behörde, es ist eine neue Problematik, der man sich auch irgendwie stellen muss. Man kann sich dieser Problematik nicht dadurch stellen, dass man einfach die Dinge negiert und sagt, das gibt‘s nicht. Die Sachen gibt es. Die Sachen finden statt. Sonst bräuchten wir ja die Hotlines nicht, sonst bräuchten wir die Netzwerke nicht, sonst hätten wir ja auch so viele Probleme nicht. Ich glaube, wenn man bei den Kindern, und das ist ganz wichtig, anfängt, vielleicht noch zu den katholischen Kindergärten: Ein Beweis dafür, dass eben hier nicht indoktriniert wird, ist ja genau die Tatsache, dass so viele Kinder nicht christlicher und nicht katholischer Konfessionen gerne dort hingehen. Jetzt muss man sich umgekehrt die Frage stellen, wie viele Nicht-Muslime gehen denn in diese islamisch geprägten Kindergärten, wo sogar schon das Singen teilweise ein Problem sein soll? Das gibt es auch im Schulbereich. Also wenn man mit Lehrern redet, da gibt es die Probleme. Und schauen Sie sich an, teilweise eskaliert es ja dann auch in den Medien. Wenn dann ein Fußballspieler einer Reporterin nicht die Hand gibt, da sage ich auch, das ist zwar rechtlich irrelevant, weil das Handgeben entzieht sich einer rechtlichen Regelung, aber es zeigt, dass da teilweise auch ganz etwas anderes auf uns hereinbricht. Wollen wir so etwas? Wollen wir, dass das schon teilweise in den Kindergärten so gebracht wird? Wollen wir das wirklich? Ich glaube, ich möchte nicht in Ihrem Namen sprechen, aber dass es hier in diesem Haus hoffentlich niemanden gibt, der solche Tendenzen schon von klein auf möchte. (Beifall bei der FPÖ.) Daher abschließend, das Thema ist auch zu ernst für irgendwelche Profilierungen, auch wenn Sie jetzt so auf den Minister Kurz losgehen. Ich glaube, ich stehe auch nicht im Verdacht, ein intimer oder intimerer Freund zu sein, aber eines muss man schon sagen, auch wenn es der persönlichen Profilierung vielleicht gedient haben sollte: Wenn ein Minister auf dieser Ebene die Themen sozusagen letztendlich aufs Tapet bringt, dann tut man sich halt weniger leicht, das auf die Seite zu wischen, als wenn das hier im Gemeinderat von der Opposition kommt. Insofern hat der Herr Minister Kurz hier vielleicht für die Bewusstseinsbildung einen wichtigen Beitrag geleistet. Ich bin schon sehr gespannt, welchen Beitrag er bei der Lösung dieser Probleme leisten wird! (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Mag. Gremel. Bitte. Abg. Mag. Marcus Gremel (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Landesrätin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Tagen hat das Thema ohne Zweifel für sehr viel Aufregung gesorgt und lassen Sie mich das einleitend durchaus betonen. Ich bin davon überzeugt, dass die Diskussion darüber eine sehr wichtige ist, weil nichts ist wichtiger, als für unsere Kinder, für die nächsten Generationen die bestmöglichen Voraussetzungen für den Start in das Leben, für ihre Zukunft zu schaffen. Selbstredend geht es dabei vor allem um eine gute Ausbildung. So wie die Sache aber in den letzten Tagen und Wochen abgelaufen ist, vor allem so, wie das medial verarbeitet wurde, das halte ich für äußerst kontraproduktiv und höchst unprofessionell. Im Vordergrund stand eindeutig nicht eine ehrliche Problemanalyse, sondern einzig und allein der Versuch, politisches Kleingeld zu wechseln. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Lassen Sie mich das in einer kurzen Genese der Ereignisse noch einmal verdeutlichen. Vor etwa zwei Wochen ist der sogenannte Integrationsminister Kurz vor die Medien getreten und hat die Ergebnisse einer Vorstudie präsentiert. Grundlage dafür bildete eine Analyse von zwei Kindergärten, de facto zwei. Mit neun Eltern wurde gesprochen, und dann wurde noch auf ein paar Homepages geschaut. Die Experten Kenan Güngör und Thomas Schmidinger haben sich das für die „NZZ“ ganz genau angesehen und sie kommen zu dem Schluss, dass sich aus der Untersuchung weder ablesen lässt, wie viele Kindergruppen betroffen seien, noch, in welchem Ausmaß dort problematische Inhalte transportiert worden wären. Außerdem entbehre auch die prozentuelle Hochrechnung von problematischen Gruppen durch den Autor jeder Grundlage. Und noch ein konkretes Beispiel: Schmidinger fragt sich auch, was beispielsweise die Gegenüberstellung von der Scharia und weltlicher Gesetzgebung in Schulungsunterlagen vom Islamologischen Institut überhaupt aussagen soll, weil niemand hat eine Ahnung, ob oder wie diese Unterschiede den Kindergartenkindern überhaupt vermittelt worden sind. Und das und auch nur das ist aber die entscheidende Frage, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. – Aufregung bei Abg. Armin Blind.) Weder Ednan Aslan noch Sebastian Kurz haben bisher öffentlich oder zumindest gegenüber der Stadt Wien erklärt, welche Einrichtungen betroffen sind (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Solltet ihr aber wissen, wozu ihr da den Kurz braucht!) und wie die Gefährdung der Kinder genau aussieht. Na ja, wenn irgendwer Verdachtsmomente hat, wäre es vielleicht kein Fehler, das der zuständigen Behörde zu melden (Zwischenruf von Abg. Dominik Nepp.), weil wenn da wirklich Kinder … (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich sage es Ihnen noch deutlicher: Wenn hinter diesen Einrichtungen tatsächlich Kindeswohlgefährdungen vermutet werden, wäre der Prof. Aslan sogar verpflichtet, das umgehend der Behörde und der Polizei zu melden! So schaut’s aus. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Also unterm Strich zur Grundlage, die uns da vorliegt: Wenn Studentinnen und Studenten im ersten Semester ihres Studiums so eine Arbeit abgeben, dann heißt es nichts anders als: Nicht genügend, setzen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Na ja, der Bericht war offensichtlich gut genug, um damit nur einen medialen Aufschrei zu produzieren. Er war auch gut genug, um damit eine politische Kampagne zu fahren, die auch heute hier in der Dringlichen ihre Fortsetzung findet. Aber er war nicht genug, um den zuständigen Behörden überprüfbare Fakten zu übermitteln. Was übrig bleibt, sind dann nicht belegbare Verdachtsmomente. Ein wichtiges Thema, das man ruhig und seriös auf einer validen Basis diskutieren sollte, wurde damit einmal mehr für die Selbstprofilierung des PR-Ministers zur parteipolitischen Polemik benutzt. Und noch ein Wort zur FPÖ. Wenn Sie alleine auf Grund von Verdachtsfällen Kindergärten schließen möchten, dann sollten wir uns vielleicht auch überlegen, ob man auf Grund von rassistischen Verdachtsfällen die FPÖ schließen sollte. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Nachdem das gesagt ist (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Das ist demokratisch!), denke ich (Abg. Dominik Nepp: Genauso wie der Margulies. Sollen wir uns schleichen!), wenn Sie auf Grund von Verdachtsfällen Einrichtungen schließen möchten, dann können auch wir darüber nachdenken, ob wir auf Verdachtsfälle handeln. Danke sehr. (Aufregung bei Abg. Armin Blind.) Aber jetzt kommen wir einmal runter alle miteinander. Ich wollte ohnehin darauf hinkommen, dass ich der Meinung bin, dass man trotz der aufgeheizten Stimmung jetzt und auch in den letzten Tagen in dieser Diskussion ein bissel auf die sachliche Ebene zurückkehren sollte. Deswegen werde ich gleich damit anfangen und möchte daher mit einigen einfachen Aussagen beginnen, die die Tatsachen ein bissel ins rechte Licht rücken und damit für eine Versachlichung der Diskussion sorgen sollen. Im Wiener Kindergartengesetz finden sich ganz klare Regeln für den Betrieb von Kindergärten. Mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie dem Bildungsplan, der übrigens auch gesetzlich verankert ist, werden sowohl pädagogische als auch organisatorische Standards vorgeben, die sicherstellen sollen, dass alle Kinder eine gute Ausbildung, und zwar in spielerischer und altersgerechter Form, in den Kindergärten erhalten. Tag für Tag arbeiten dort tausende Kindergärtenpädagoginnen und –pädagogen mit größtem Engagement mit und für die Wiener Kinder. Das gehört bei der ganzen Diskussion auch einmal in Erinnerung gerufen, und dafür gebührt Ihnen unser großer Dank und Respekt! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Neben den städtischen Kindergärten gibt es nun aber auch eine große Anzahl von Einrichtungen, die von anderen Trägerorganisationen betrieben werden. Das können Eltern sein, die sich zusammen tun und ihre Kinder, geleitet von alternativen Konzepten, selbst bilden und betreuen möchten. Genauso können es aber natürlich auch Träger in Form von Vereinen sein. Aber diese unterliegen natürlich auch denselben Grundregeln. Es liegt aber wohl auch in der Natur der Sache und trägt damit auch zum vielfältigen Angebot der Kinderbetreuung und -bildung bei, dass die pädagogische Arbeit in diesen Einrichtungen unterschiedlich und selbst gestaltet werden kann, solange die Vorgaben des Bildungsplanes eingehalten werden. Wien ist jedenfalls das einzige Bundesland, das überhaupt einen solchen Bildungsplan hat. In den Wiener Kindergärten, und zwar in allen öffentlichen wie auch privaten, gibt es ganz klare Spielregeln. Radikalisierungen und Extremismen sind strikt abzulehnen. In Wien ist kein Platz für Islamismus und schon gar nicht dort, wo unsere Kinder davon betroffen sind. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Der Bildungsplan sieht dezidiert vor, dass Religion an sich in Kindergärten höchstens eine untergeordnete Rolle spielen darf. Sehr wohl aber dürfen und sollen die Kinder sich mit den verschiedenen Kulturen, Riten und auch Bräuchen auseinandersetzen, darüber lernen und Feste gemeinsam feiern. Festgesetzte Strukturen in Form von Religionsunterricht sind aber zu viel. Die sind eindeutig unzulässig und werden von der MA 11 auch unterbunden. Das Feiern von Festen hat im Kindergarten aber eine große Bedeutung, weil wiederkehrende Feste und Brauchtum Kindern auch bisserl ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermitteln und auch eine Orientierung im Jahreskreis ermöglichen, wenn man so möchte. Die genaue Festlegung dazu im Wiener Bildungsplan lautet: Die Gestaltung von Festen und Feiern wahrt die Tradition Österreichs, ist aber auch offen für Einflüsse aus anderen Kulturkreisen. Die Regeln gelten also für alle Trägerinnen und Träger und dürfen auch niemals zu Gunsten oder zu Lasten einer einzelnen Seite verändert werden. Dass diese Regeln auch eingehalten werden, hat die MA 11 sehr wohl ein Auge darauf. Sie kontrolliert nach strengen Vorgaben. Allein 2014 gab es über 3.200 Kontrollbesuche, und zwar unangekündigt. Und übrigens, wenn wir schon bei Kontrollen sind, auch die betrügerischen Vorgänge, von denen Sie vorhin gesprochen haben, sind genau deswegen aufgekommen, weil die MA 10 und die MA 11 so hervorragend zusammenarbeiten und das durch die Kontrollen aufgedeckt wurde. Das muss man auch einmal sagen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Dennoch werden wir bereits in den nächsten Wochen die Anzahl der Kontrolleurinnen und Kontrolleure aufstocken und zusätzlich noch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spezielle Schulungen anbieten, wie wir das in der Stadt in anderen Bereichen seit der Etablierung des Netzwerkes für Deradikalisierung und Prävention schon länger machen. Zur Frau Kollegin Schwarz wollte ich noch sagen: Na selbstverständlich kontrolliert der Verfassungsschutz die strafrechtlichen Hintergründe der Träger und nicht die Bildungsinhalte. Wir werden auch aus der Polizei keine pädagogische Instanz machen. Das macht die MA 11 schon selbst. Keine Sorge, wir werden auch dafür sorgen, dass eine Studie keine drei Jahre dauert. Das ist ja keine Doktorarbeit. Kinder sind jedenfalls unser höchstes Gut. Die Ausbildung der PädagogInnen und Betreuer ist wesentlich für die Zukunft der Kinder. Das Ausbildungsniveau von Kindergruppenbetreuerinnen und -betreuern sowie von Tageseltern wird erhöht. Damit sichern wir auch für die Zukunft, dass die Kinder die beste Bildung und Betreuung erhalten. Das ist übrigens eine Maßnahme, die StR Oxonitsch schon im Sommer in die Wege geleitet hat. Eigentlich geht es bei der ganzen Diskussion aber um viel Grundsätzlicheres. Unsere Kinder sollen sich in einer geschützten Umgebung frei und ungezwungen entfalten und entwickeln können. Das ist sicherzustellen und das ist unsere wahre Aufgabe. Das bedeutet vor allem null Toleranz bei Radikalisierungen und Extremismen. Wir müssen unsere Kinder davor schützen. Dazu bedarf es auch einer umfassenden Kooperation mit den Bundesstellen. Entfaltung und Entwicklung der Kinder bedeutet aber auch noch etwas anderes. Die Wiener Stadtregierung hat im Regierungsabkommen festgelegt, die Mittel für die Sprachförderung im Kindergarten zu verdoppeln. Auch hier werden wir den zuständigen Herrn Minister Kurz nicht aus der Verantwortung lassen, sondern nachdrücklich eine Aufstockung der Mittel auf zehn Millionen fordern (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.), denn Deutsch ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration. Noch einmal: Religion darf höchstens eine untergeordnete Rolle im Kindergarten spielen. Das gilt für jede anerkannte Glaubensgemeinschaft, also auch für den Islam. Unter dem Deckmantel der Religion dürfen keine der Verfassungs-, der Menschen- oder Kinderrechte widersprechende Inhalte, Ansichten, Werte oder auch nur Meinungen vermittelt werden. Und um das noch einmal zu verdeutlichen: Wien wird gleich zu Beginn des kommenden Jahres gemeinsam mit Expertinnen und Experten einen interreligiösen Bildungsleitfaden erarbeiten. Der wird natürlich für alle Religionen gleichermaßen gelten. Die Stadt tut alles dafür, und wir werden das auch in Zukunft machen, dass die Wiener Kinder von Anfang an eine umfassende Förderung und Bildung genießen können, die ihnen hilft, sich zu selbstständigen Menschen zu entwickeln, die frei und evidenzbasiert denken und handeln lernen. Die Kindergärten sind dabei viel mehr als bloß eine Aufbewahrungsstätte, während die Eltern arbeiten gehen. Sie sind die erste und wahrscheinlich auch unsere wichtigste Bildungseinrichtung, die wir haben. (Abg. Dominik Nepp: Nein, das ist die Familie!) Integration in die Gesellschaft kann nur gelingen, wenn wir alle auf das Gemeinsame schauen und nicht auf das Trennende. Vergessen wir nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, kleine Kinder kennen keinen Unterschied zwischen In- und Ausländern, sie kennen keinen Unterschied zwischen Schwarz und Weiß oder zwischen Christen und Moslems, zwischen JüdInnen und AtheistInnen. Kleine Kinder glauben auch nicht, dass Buben besser sind als Mädchen. Sie glauben auch nicht, dass nur sie in den Himmel kommen und alle anderen in die Hölle. Das glauben sie erst dann, wenn es ihnen Erwachsene erzählen. Und davor sollten wir unsere Kinder beschützen. Arbeiten wir gemeinsam daran, ruhig und sachlich, ohne politisches Kleingeld zu wechseln! Arbeiten wir gemeinsam im Sinne der Wiener Kinder! Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Veronika Matiasek: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte über die Beantwortung der Dringlichen Anfrage ist somit beendet. Mir liegen drei Beschlussanträge vor, die ich in der Reihenfolge der Einbringung jetzt verlesen und abstimmen lassen werde. Antrag der FPÖ zur Novellierung des Kindergartengesetzes. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit den Stimmen der ÖVP und der Freiheitlichen angenommen gegen die Stimmen von NEOS, SPÖ und GRÜNE und hat somit nicht die notwendige Mehrheit. Antrag der NEOS, Qualitätsstandardkontrolle in den Kindergärten. Wer ist für diesen Antrag? - Das ist mit den Stimmen der ÖVP, der NEOS und der Freiheitlichen gegen die Stimmen von SPÖ und GRÜNEN somit nicht angenommen worden, hat nicht die notwendige Mehrheit. Und als Drittes der Antrag der ÖVP, Aufstockung von Personal in den Kindergärten. Wer ist für diesen Antrag? - Das sind die Antragsteller ÖVP allein gegen die Stimmen von NEOS, Freiheitlichen, SPÖ und GRÜNEN. Der Antrag hat somit nicht die notwendige Mehrheit. Wir kommen nun wieder zurück zum Tagesordnungspunkt 4, nein, Entschuldigung, Tagesordnungspunkt 3, die Debatte über den Naturschutzbericht. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Emmerling. Bitte sehr. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, dass Sie jetzt auch noch so zahlreich hier sind und aufmerksam zuhören. Im vorigen Teil der Debatte zum Naturschutzbericht war da ein bissel mehr Aufruhr im Saal, was ich auch verstehe, ist ganz klar. Ich möchte ganz herzlich für diesen Bericht danken, ganz speziell natürlich der MA 22, aber auch der MA 42, 45 und 49 und auch allen Magistratsabteilungen, die hier beteiligt waren. Ich bin sicher, dass hier tagtäglich auch großartige Leistungen im Sinne des Naturschutzes geleistet werden für die Erhaltung von Grünräumen, für die Erhaltung von besonderen Schutzzonen, für die Erhaltung von wertvollen Wiesen, aber auch zum Beispiel für die schöne Gestaltung unserer Parks. Vielen Dank dafür. Ich möchte jetzt gesondert auf den Artenschutz eingehen. Im Bericht wird da auch darauf eingegangen und zwar werden da die Amphibien besonders hervorgehoben. Da gibt es einiges dazu zu sagen, und der Herr Kollege Maresch hat auch schon kurz über die Ziesel und Hamster gesprochen, die besonders schützenswert in dieser Stadt sind. Das finde ich gut. Und auch die Bienen werden in diesem Bericht erwähnt, allerdings leider nur kurz. So heißt es zum Beispiel in der Beschreibung über den ehemaligen Blindengarten im Wertheimsteinpark, dort wurden mehrere Themenbeete angelegt und eines, das Themenbeet Nummer 7, widmet sich den Wildbienen. Da werden Wildbienen- Nahrungspflanzen nachgepflanzt, ein Wildbienenhotel wurde als Brutstätte errichtet. Dann steht da weiters im Bericht, dass es außer der allseits bekannten Honigbiene noch 700 Wildbienenarten in Wien gibt, und sie leisten einen unersetzbaren Beitrag zur Bestäubung von Blüten. Dort steht auch, Wildbienen brauchen ihren Platz an der Sonne. Wohnung, Baumaterial für Niströhren und Nahrung sollen nah beieinander liegen. Nachdem im Bericht jetzt auch steht „auch Wildbienen“ nehme ich an, dass die Honigbiene einen genauso hohen Stellenwert in dieser Stadt hat. Für mich jedenfalls schon. Auch im Regierungsprogramm schreiben Sie ja: „Der rot-grünen Stadtregierung ist der Bienenschutz in der Stadt ein wichtiges Anliegen.“ Das stimmt mich auch sehr zuversichtlich, und das begrüße ich sehr. (Beifall bei NEOS und GRÜNEN.) Danke, ich bin noch nicht fertig. Das ist ein ganz wichtiges Thema, das sehe ich ganz genauso. Die Bienenhaltung spielt nämlich eine ganz entscheidende Rolle bei der flächendeckenden Bestäubung, ist Grundlage sowohl für die Erhaltung von Wildpflanzen als natürlich auch für Erträge von landwirtschaftlichen Kulturen. Sie kennen sicher alle auch Einsteins Zitat: „Wenn die letzte Biene gestorben ist, dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.“ - weil keine Biene, keine Bestäubung, keine Pflanzen, keine Tiere und keine Menschen. Wir leben allerdings in einer Zeit, wo sich das bisherige Verständnis von Natur ein bissel gewandelt hat. Wir sind ja hier in der Stadt Wien. Und eigentlich vermutet man Natur am Land, da gibt es häufig nur noch einseitige Monokulturen. Das heißt, für die Biene ist der Lebensraum am Land eher beschränkt. Es gibt ja auch ein starkes Bienensterben und eine Dezimierung der Populationen. Und gerade am Land finden Bienen und Insekten nur noch grüne Wüsten, könnte man sagen, ohne verwertbare Blüten. Deswegen bin ich besonders froh, dass in Städten, und allen voran natürlich hier auch in Wien, ein besonderes Pflanzen- und Blütenangebot geschaffen wird, weil sich die Bienen besonders in der Stadt wohlfühlen, auch auf Grund der höheren Temperaturen. Auch soll der Stadthonig, sagt man, besonders aromatisch sein, weil eben ganz verschiedene Pflanzenarten hier für den Honig verwendet werden. (Beifall bei den NEOS.) Danke. Der Stadthonig hat auch keine Rückstände, das heißt, auch Feinstaub und Schadstoffe, wo man oft glaubt, in der Stadt könnte das problematisch sein, wurden bisher noch nicht festgestellt. Und da möchte ich zusammenfassen, dass, glaub ich, die Biene, deren Bestand so stark reduziert wurde, gerade in der Stadt hier ihr Revival erleben könnte und wirklich dauerhaft und nachhaltig der Bestand gesichert werden könnte. (Beifall bei den NEOS.) Ein weiterer Vorteil noch ist, dass sich hier natürlich auch in der Stadt ein kleiner Zweig der Nahrungsmittelproduktion entwickelt. Die Bienen selbst sind auch für die Frau Stadträtin ein wichtiges Thema. Ich habe es auch auf ihrer Website gesehen, und ich zitiere da auch, dass: „Die Stadt Wien auf ökologische Landwirtschaft setzt. Sie bewirtschaftet viele Wiesen und auch Parkanlagen naturnah, um den fleißigen Bienen ausreichend Futter zu garantieren. Außerdem fördert die Stadt ImkerInnen aktiv und hat auf vielen eigenen Flächen Bienenstöcke, auch an prominenten Orten wie dem Rathausdach.“ Jetzt gibt es in Wien auch viele Imkervereinigungen, deren wichtige Funktion natürlich auch die Erzeugung von Honig ist, die aber auch wesentlich zum Erhalt eines ökologischen Gleichgewichtes beitragen und sich für den Bestand der Art auch verantwortlich fühlen. Das heißt, es sind hauptsächlich private kleine Initiativen, Privatpersonen, die das zu 99 Prozent nebenerwerbsmäßig machen, Freizeitimker. Da gibt es in den letzten Jahren auch einen Aufschwung, der ganz neu ist. Immer mehr Menschen interessieren sich selbst für die Bienenhaltung. Es werden Kistchen auf den Balkon gestellt, also das ist eine Entwicklung, die prinzipiell zu begrüßen ist. Jetzt gibt es unter den vielen Imkervereinigungen auch eine Vereinigung der Stadtimker, also einen Verein, der sich so nennt, ein Zusammenschluss von rund 25 Imkern, die in ganz Wien unterschiedlichste Bienenstöcke aufgestellt haben, betreiben ist vielleicht das falsche Wort, vom Wienerwald über den Stephansdom, Innenstadtlage bis ganz nach außen, also wirklich quer durch, und das machen die seit fünf Jahren. Die gewinnen dadurch auch Honig, der biozertifiziert ist. Die Stadtimker selbst, ich finde das auch sehr toll, was sie da schreiben, sie sehen die Stadtimkerei nicht nur als modisches Hobby, sondern sie möchten auch die Wildbienen und Bienen vor einem Sterben bewahren, und sie möchten sich nicht auf die reine Honigerzeugung konzentrieren, sondern sich auch für die Erhaltung der Populationen einsetzen. (Beifall bei den NEOS.) Danke. Das heißt, sie nehmen in möglichst geringem Maß Honig und versuchen hier halt, möglichst wenig in die Ertragswirtschaft zu kommen. Trotzdem verdienen sich diese Imker, Freizeitimker, natürlich damit Geld. Es ist also ein kleiner Zusatzerwerb, für manche vielleicht auch von größerer Bedeutung. Jetzt wurde diesen Stadtimkern aber pauschal und für alle Stöcke vor rund drei Wochen die Biozertifizierung entzogen, und zwar direkt von der Zertifizierungsstelle SGS. Und, und das hab ich mir von den jeweiligen Imkern und Imkerinnen sagen lassen, auf Druck der MA 49. „Die MA 49“, so sagen sie, ich zitiere hier nur: „gibt eine Weisung an die Biozertifizierungsstelle, obwohl diese nicht zuständig ist. Die MA 49 wäre nur zuständig, wenn der Honig nicht in Ordnung wäre. Das ist er aber nicht.“ Also hier wurde nur die Biozertifizierung entzogen, wofür eigentlich die Biokontrollstelle zuständig wäre. Jetzt weiß ich, dass anderen Imkern in dieser Stadt dieses Zertifikat nicht entzogen wurde. Und es ist jetzt so kurz vor Weihnachten besonders schlimm, dass die quasi eine endgültige Entscheidung mitgeteilt bekommen. Die können jetzt ihren Honig, den sie schon gewonnen haben, nicht mehr anbringen. Also da gibt es einen, zum Beispiel, der liefert an ein kleines Innenstadthotel, die wollen dort einen Biohonig. Also ohne die Zertifizierung wird der seinen Honig auch nicht mehr los. Natürlich wird man ihn schon los, indem man ihn irgendwo anders hinführt und oder selbst isst. Das wollte ich jetzt damit nicht sagen. Aber natürlich steht für ihn eine gewisse Erwerbstätigkeit dahinter, und somit wird er den nicht los. Es müsste quasi eine Pauschalaussage geben, dass in ganz Wien kein Biohonig mehr möglich sein soll. Das ist aber in anderen Städten kein Problem, wie zum Beispiel in London, Paris oder Berlin. Da gibt es Biohonig in den Städten. Und natürlich auch, weil anderen Imkern das Zertifikat nicht entzogen wurde, ist hier sicher zu prüfen, was Grundlage dieser Biozertifizierungs-Entziehung ist. (Beifall bei den NEOS.) Es wäre mir ein ganz besonders wichtiges Anliegen, und ich hoffe, das ist im Interesse vieler hier, dass die Stadt Wien ihre Verantwortung hier wahrnimmt und voll und ganz hinter allen Imkern und Imkerinnen, die es in dieser Stadt gibt, steht, dass sie sie im Zusammenhang mit dem Entzug der Biozertifizierung bestmöglich vertritt und sich auch dafür einsetzt, dass diese nach Möglichkeit rückgängig gemacht werden kann. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Karner- Kremser. Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Landesrätin! Auf Grund meiner Stimmlage wird es nur ganz kurz. Zur Frau Kollegin Emmerling möchte ich nur sagen, dass dieser Entzug der Zertifizierung nichts mit der Stadt Wien zu tun hat, sondern das geht vom Wirtschaftsministerium aus, weil es … (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Angeblich nicht, was ich gehört habe!) Doch, es ist so. Uns wäre es auch lieber, wenn es so wäre, weil wir eben gerade den Bienen einen hohen Stellenwert einräumen, wie Sie auch wissen. Sie haben selber gesagt, wir haben sie am Rathausdach, bei der Kläranlage, auf der Donauinsel, am Cobenzl, also wir legen da großen Wert darauf, uns wär es lieber. (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Ich bitte Sie, sich dafür einzusetzen!) Keine Frage, wenn man gehört wird, gerne. Ansonsten möchte ich danke sagen. Der Bericht mit seinen 49 Seiten, sagen einige, ist zu wenig. Also wenn so wenig Lust auf mehr macht, dann kann man sagen, es ist die komprimierte Form, und dann ist ja auch die Größe richtig gewählt, weil wenn man motiviert ist, mehr darüber zu erfahren, dann kann man sagen, hat dieser Bericht ins Schwarze getroffen. Ansonsten danke allen Magistratsabteilungen, den MitarbeiterInnen, die innovativ damit beschäftigt sind, die sich um Kröten, Lurche, Fledermäuse in dieser Stadt kümmern, um den Biosphärenpark, um die Wiesen. Ein herzlicher Dank, es ist für unsere nächsten Generationen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Heute ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beginne nur in aller Kürze. Wir haben uns dieses Zertifizierungsproblems schon vor einigen Wochen angenommen, und das Problem ist einfach, dass die zuständige Expertenkommission im Wirtschaftsministerium der Zertifizierungsstelle mitgeteilt hat, dass es hier nicht mehr möglich sein wird, Biozertifikate in Wien zu erteilen, weil sie eine sehr strenge Auslegung der Richtlinie haben, nämlich dass es im Umkreis von drei Kilometern, wenn ich es richtig im Kopf habe, nicht einmal theoretisch die Möglichkeit geben darf, dass jemand konventionell Landwirtschaft betreibt. Das ist natürlich ein k.o.- Kriterium, weil es in einer Stadt, wo es wesentlich enger ist, dann gar nicht möglich ist, dass du das dann überhaupt noch zertifizieren kannst. (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Aber in ganz Österreich?) Was soll ich Ihnen sagen? Es war nicht meine Auslegung. Ich habe genau das Gleiche gesagt, was Sie jetzt gesagt haben. Das macht keinen Sinn, weil es sozusagen ein Knock-out-Kriterium für ganz Wien ist und auch für viele andere Bereiche, weil wie man das sicherstellen will, dass es in so einem großen Umfeld eben keine konventionelle Landwirtschaft gibt, ist mir auch in anderen Gebieten Österreichs schleierhaft. Wir sind noch in Diskussion. Aber es war klare Vorgabe der Zertifizierungsstelle, weshalb es zu diesem Ergebnis gekommen ist, das ich auch nicht für sinnvoll, sondern eher für kontraproduktiv halte. Nichtsdestotrotz haben wir neben den genannten Plätzen für Imker auch viele andere Bereiche geöffnet und in den letzten Jahren wirklich viele Tausende Bienenvölker in Wien etablieren können. Und ich glaube, das ist ein schöner Erfolg. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Naturschutzbericht 2014 zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Danke, das ist einstimmig. Wir kommen daher zur nächsten Post. Postnummer 4 betrifft eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die halbtägig kostenlose und verpflichtende frühe Förderung in institutionellen Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen in den Kindergartenjahren 2015/16, 2016/17 und 2017/18. Ich bitte die Frau Berichterstatterin, Frau Amtsf. StRin Mag. Wehsely, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Frau Abg. Mag. Meinl-Reisinger zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Ja, sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Ich freue mich, dass ich hier, und ich werde nur kurz darüber sprechen, über diese 15a-Vereinbarung sprechen darf, weil ich sie von Seiten des Nationalrates damals im Familienausschuss auch begleitet habe. Wir begrüßen das sehr, aus verschiedenen Gründen. Ich habe schon hier an dieser Stelle einmal gesagt, für uns sind die elementar- pädagogischen Einrichtungen die erste Bildungseinrichtung. Und ich weiß, bevor von der FPÖ wieder der Hinweis kommt, dass ja die Eltern die erste Bildungseinrichtung sind, würde ich Sie bitten, einmal über das Wort Einrichtung nachzudenken, denn selbstverständlich tragen die Eltern einen großen Beitrag (Beifall bei den GRÜNEN.) für die Bildung der Kinder bei, aber das ist die erste Bildungseinrichtung. Insofern begrüße ich es auch sehr, dass in dieser 15a-Vereinbarung auch mal durchgängig das Wort Bildungseinrichtung, also Bildung, darin vorkommt. Das finde ich unendlich wichtig, weil ich glaube, man muss mit der Sprache anfangen, um auch ein entsprechendes „mindset“ zu ändern. Und das ist vielleicht einmal nur ein erster kleiner Puzzlestein, aber doch ein richtiger Puzzlestein. Ich möchte einen Aspekt erwähnen, den ich schade finde: Dass es auch mit dieser 15a-Vereinbarung nicht gelungen ist, den bundeseinheitlichen Bildungsrahmenplan wirklich verpflichtend zu machen. Ich habe mich immer auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass Qualitätsstandards und auch die Bildungsstandards, die ja auch im Ministerium erarbeitet wurden, bundesweit gelten sollten, weil es mir eigentlich nicht verständlich ist, warum sozusagen in Wien andere Qualitäts- oder Bildungsinhalte vorhanden sein sollen als beispielsweise in Vorarlberg. Also das finde ich ein bissel bedauerlich. Nichtsdestotrotz wird ja durchaus auch angeregt, dass dieser Bildungsrahmenplan eingehalten wird. Es passt jetzt auch ganz gut zur vorgängigen Debatte. Ich habe ja heute diesen Bildungsrahmenplan ein bisschen durchgelesen, und da ist sehr viel Interessantes drinnen. Ich halte es für eine sehr behutsame Vorgangsweise zu sagen, was ist denn Bildung im elementar-pädagogischen Kontext, sprich, wie führe ich das Kind heran an Gesellschaft, an Werte, auch an Bildungsinhalte wie motorische Fähigkeiten, et cetera. Ich halte das für sehr gelungen. Anschließend an die vorige Debatte möchte ich aber schon sagen, dass ich glaube, dass wir darüber nachdenken sollten, auch in diesem Bildungsrahmenplan, gut, das ist auf Bundesebene, aber in Bezug auch auf Wien, eine etwas laizistischere Herangehensweise zu haben. Denn hier in Bezug auf das Kapitel, wo es um Ethik und Werte geht, wird gesagt, dass es begrüßenswert ist, dass Kinder an die pluralistische und auch Diversität in der Gesellschaft und die damit verbundenen Werte herangeführt werden. Das halte ich auch für gut. Ich glaube aber, dass es durchaus zuträglich wäre, gerade in so einer Diskussion, wie wir sie auch vorhin erlebt haben, zu sagen, dass es auch nicht die Aufgabe der Einrichtung ist, oder dass es, umgekehrt, die Aufgabe der Einrichtung sein sollte, eine gewisse Neutralität an den Tag zu legen, was philosophische, weltanschauliche, aber auch religiöse Inhalte betrifft. Alles in allem begrüße ich das trotzdem sehr, diese 15a-Vereinbarung, und wir werden sicherlich dem die Zustimmung geben. Danke. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Ellensohn. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt haben wir vorhin Gelegenheit gehabt, fast nahtlos anschließend noch einmal über den Kindergarten zu reden. Die 15a-Vereinbarung hat eine Menge guter Punkte und ein paar Wermutstropfen, die uns in Wien zum Glück nicht alle gleich treffen so wie andere Bundesländer. Es wäre schön gewesen, wenn man sich einigen hätte können auf ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr. Das ist für Wien darum nicht ganz so tragisch, weil bei uns nahezu alle in der Altersstufe schon im Kindergarten sind. Es wäre trotzdem praktisch gewesen, weil damit natürlich einhergeht, wenn es verpflichtend wird, muss man ja wohl oder übel auch Finanzmittel nachschicken. Nicht zuletzt ist das vermutlich auch daran gescheitert. Ich meine das nicht einmal böse, sondern bei Budgetknappheit muss immer geschaut werden. Schade, dass es in dem Fall in dem Bereich nicht geklappt hat, aber in Wien sind Vier- und Fünfjährige nahezu flächendeckend, flächendeckend sagt man aber nicht, nahezu alle vier- und fünfjährigen Kinder sind im Kindergarten. Das ist schon einmal gut. Interessant wird, wie das in ganz Österreich und in Wien gehandhabt wird, dieses Erstgespräch, das ab 2016 mit allen Kindern geführt werden muss, und dann soll ermittelt werden, wer mit vier Bedarf hat, und dann soll auf die Vorzüge hingewiesen werden, die ein Kindergartenbesuch hat. Wie das genau ausformuliert wird, wie das genau übersetzt wird, und was es dann in der Praxis heißt, wird man sehen. Ich hoffe, dass das vor allem in den Bundesländern dazu führt, dass die Quote der Kinder im Kindergarten stark erhöht wird. Da muss man allerdings mehr Plätze anbieten. Wir werden weiterhin Kindergartenplätze ausbauen und an der Qualität weiterarbeiten, so wie wir das in den vergangenen Jahren gemacht haben. Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Maximilian Krauss. Abg. Maximilian Krauss (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz zur Kollegin Meinl-Reisinger, weil Sie gesagt haben, die erste Bildungseinrichtung, das kann nicht die Familie sein, weil von den Eltern lernt man ja quasi nicht, weil das ist ja keine Einrichtung. (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Ganz im Gegenteil! Ganz im Gegenteil! Ich hab gesagt, Einrichtung! Einrichtung!) Aber da muss ich Ihnen schon sagen, Sie lernen ja auch in der Schule nicht von der Einrichtung und vom Inventar, sondern von den Lehrern! (Aufregung bei den GRÜNEN.) Also insofern ist es ja wirklich ein Blödsinn zu sagen, man lernt zu Hause nicht! (Beifall bei der FPÖ. – Aufregung bei den NEOS.) Aber nur so viel dazu. Ganz grundsätzlich zur 15a-Vereinbarung: Wir haben uns das wirklich nicht leicht gemacht, aber wir müssen leider ablehnen. Ablehnen deswegen, weil wir damit mehrere Probleme haben. Das Gratiskindergartenjahr ist eine alte freiheitliche Forderung und dabei bleiben wir auch. Allerdings haben wir wieder das Problem mit der Verpflichtung, weil wir Kinder und Eltern nicht dazu verpflichten wollen und können, aus der Familie herausgerissen zu werden, wenn die Familie das nicht möchte. (Beifall bei der FPÖ.) Ein weiterer Punkt, mit dem wir natürlich jetzt auch aktuell das Problem haben, sind die Zustände, die in vielen dieser sogenannten ersten Bildungseinrichtungen herrschen und die wir eben ablehnen. Und ich glaube deswegen, dass, bis das geklärt ist und bis es hier einen wirklichen Fortschritt gibt, wir es auch in Zukunft ablehnen werden müssen. Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Mag. Gremel. Abg. Mag. Marcus Gremel (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau berichterstattende Landesrätin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja selbstverständlich befürworten wir die Verlängerung dieser 15a-Vereinbarung. Das verpflichtende letzte Kindergartenjahr war letztlich ein erfolgreicher Schritt in der Bildungspolitik. Neben der sprachlichen Frühförderung ist dieses gemeinsame Jahr aller Kinder eines Jahrgangs natürlich auch für das soziale Miteinander wesentlich. In der vorliegenden Verlängerung liegen uns nun aber einige Neuerungen vor, die dafür sorgen sollen, dass nach und nach auch mehr Kinder schon im vorletzten Jahr in die Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen kommen. So soll es in Zukunft verpflichtende Gespräche von geeigneten Fachpersonen mit Eltern von Vierjährigen, deren Kinder eben noch nicht im Kindergarten angemeldet sind, geben. So positiv das auch ist, möchte ich hier trotzdem festhalten, dass das schon einen finanziellen und auch administrativen Mehraufwand für uns mit sich bringt. Die Mittel vom Bund bleiben hingegen nahezu unverändert. Das Geld vom Bund ist auch insofern nachdrücklich zu fordern, weil Wien hier ohnehin besonders engagiert ist. Die Bundesländer werden zum Beispiel aufgefordert, dafür zu sorgen, dass ab dem Kindergartenjahr 16/17 auch für die Vierjährigen der Besuch einer Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtung kostenlos oder nach sozial gestaffelten Tarifen ermöglicht werden soll. Nun, wie wir alle wissen, sind wir da schon einen wesentlichen Schritt weiter. Mit dem Gratiskindergarten haben wir dafür gesorgt, dass nicht nur die Fünfjährigen oder eben die Vierjährigen kostenlos in den Kindergarten gehen können, sondern alle, und auch nicht nur halbtags. Das spart Familien bis zu 3.000 EUR im Jahr und ist eine echte Betreuungsunterstützung für die Eltern und eine wesentliche Bildungsförderung für die Kinder. Durch Maßnahmen wie diese ist es heute in Wien schon so, dass über 92 Prozent aller 4-Jährigen in den Wiener Kindergärten sind, und das muss uns erst einmal ein Bundesland nachmachen. Also könnte der Bund meiner Meinung nach ruhig noch einen Schritt weitergehen und auf die besonderen Bedürfnisse einer wachsenden Großstadt mit einer höheren Bezuschussung auch eingehen. Und auch über die angestrebte Erweiterung der Kindergartenpflicht auf die Vierjährigen können wir durchaus diskutieren. Aber auch da werden wir genau darüber sprechen müssen, wie es um die Höhe der Zuschüsse von Seiten des Bundes bestellt ist, weil es kann nicht sein, dass nur, weil wir den Gratiskindergarten haben, und das dann verpflichtend ist, wir die Kosten alleine zu tragen haben. Um das noch zu verdeutlichen, im Jahr 2014/2015 hat der Bund das verpflichtende letzte Kindergartenjahr in Wien mit rund 15,5 Millionen EUR bezuschusst. Ungefähr in dem Bereich werden wir uns auch in den nächsten drei Jahren bewegen. Dem gegenüber stehen aber Investitionen der Stadt Wien für die 5- bis 6-jährigen Kinder im Ausmaß von rund 129 Millionen im städtischen und privaten Bereich. Das verdeutlicht ganz klar die Notwendigkeit, dass insbesondere auf Grund des starken Bevölkerungswachstums in unserer Stadt eine Erhöhung des Bundeszuschusses dringend notwendig wäre. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da das für heuer wohl meine letzte Rede hier sein wird, möchte ich Ihnen als überzeugter Atheist schöne gesetzliche Feiertage wünschen. Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat verzichtet. Wir kommen zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die dieser Vereinbarung die Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Stimmen der GRÜNEN, der SPÖ, der ÖVP und der NEOS angenommen. Ich danke sehr. Postnummer 5 betrifft eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung. Ich ersuche die Frau Berichterstatterin, Frau Amtsf. StRin Mag. Wehsely, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Danke, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung. Es geht hier insbesondere um die Erhöhung der Tagsätze für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Und hier nur gleich ex ante zur Klarstellung: Die Beträge, die hier vorgesehen sind und die hier beschlossen werden, dienen natürlich nicht dazu, sie den Minderjährigen zu geben, sondern das ist der Tagsatz, den die Einrichtung bekommt (Abg. Dominik Nepp: Die roten Einrichtungen!), um minderjährige Flüchtlinge zu betreuen. Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Herr Abg. Haslinger zum Wort gemeldet. Abg. Gerhard Haslinger (FPÖ): Danke, Herr Präsident. Hoher Landtag! Das ist mir durchaus bekannt, Ihre einleitenden Worte, und meine Rede wird sich auch nicht darauf beziehen, dass es die Betroffenen selbst bekommen. Ich sage einmal, Grundversorgung und Bundesbetreuung sind nicht schlecht. Fremde bekommen hier Geld, die keinen rechtmäßigen Aufenthaltstitel in Österreich haben, und man muss es finanzieren. Das gehört geregelt, und das wird in diesen zwei Gesetzen gemacht. Jetzt geht es um Erhöhungen in der Grundversorgung. Dagegen sprechen wir uns aus, und ich möchte das kurz begründen. Es ist nämlich so, wie es die Frau Stadträtin jetzt gesagt hat, eine deutliche Erhöhung bei den unbegleiteten Minderjährigen. Da gibt es ein Problem. Es hört sich dramatisch an, wenn junge Menschen ohne Eltern, ohne Bekannte, Verwandte ihr Land verlassen und woanders hingehen müssen. Aber die Wirklichkeit schaut anders aus. Das weiß die Polizei, das weiß auch, glaube ich, die MA 11, das wissen Sie. Entweder gibt man sich als Minderjähriger aus, weil man keine Dokumente hat, oder man hat Dokumente, die echt sind und man ist tatsächlich minderjährig, dann ist man nicht unbegleitet, sondern gibt das oft vor. Da gibt es eindeutige Erhebungen, Erkenntnisse dazu, es gibt Kontakte. Und wenn hier diese unbegleiteten Minderjährigen dann tatsächlich Fuß fassen konnten, dann haben sie immer wieder Kontakt zu den verloren gegangenen Eltern und Verwandten und holen diese nach. Ein weiterer Punkt, warum wir gegen diese Erhöhung sind, ist auch, es werden jetzt Unterkünfte gesucht. Für die Unterbringung und Miete gibt es Erhöhungen. Wenn man nach Deutschland schaut, so werden dort die Mietverträge aufgekündigt, um Flüchtlinge unterzubringen, weil sie ganz einfach für den Vermieter mehr Geld bringen. Diese Tendenz ist offenbar jetzt in Wien oder in Österreich auch schon bemerkbar. Da werden alte Objekte, die offenbar für normale Vermietungen unbrauchbar sind, angekauft, ein bissel restauriert, als Notquartiere hergerichtet und dann zur Verfügung gestellt, weil eben die Quartiere natürlich enden wollend sind, und man weiß ja, wo die Leute derzeit überall untergebracht werden müssen. Wir sind dagegen, wenn da jetzt noch mehr Geld dazukommt, dass das Ganze missbräuchlich verwendet wird. Ich sage, die Idee ist … (Abg. Kurt Wagner: Der Volksanwalt, der sich extra heute bedankt hat! Er hat sich extra heute bedankt! – Aufregung bei der SPÖ.) Okay, na ja, da werden sich wahrscheinlich alle bedankt haben, ja, ja, ja. Wenn man in andere Länder schaut, Dänemark lässt die Flüchtlinge mittlerweile die Unterkünfte bezahlen und das wahrscheinlich auch aus gutem Grund, weil sie die Kosten nicht mehr länger tragen können. Wir sind eben dagegen und werden dem Poststück natürlich nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Berichterstatterin hat das Schlusswort. Berichterstatterin Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr LAbg. Haslinger! Ich kann jetzt nicht sehr gut Dinge aufklären, weil ich nicht genau den Kritikpunkt verstanden habe, außer die grundsätzliche Sorge vor Missbrauch. Ich kann Ihnen sagen, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von anerkannten Organisationen, insbesondere der Caritas, insbesondere der Volkshilfe, der Diakonie, betreut werden. Ja, die bekommen Geld dafür, die bekommen übrigens für die Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge deutlich weniger Geld, als sie für die Betreuung von Jugendlichen erhalten, die nicht Flüchtlinge sind. Das sind Organisationen, die in dieser Stadt Hervorragendes leisten. Ich möchte mich an dieser Stelle auch sehr herzlich bei ihnen bedanken, weil das Miteinander der Stadt, der NGOs und tausender privater Menschen in dieser Stadt dazu geführt hat, dass wir diese Situation gut bewältigen können. Ich weise auch noch einmal darauf hin, dass es sowohl Rechnungshofberichte als auch Volksanwaltschaftsberichte, Legionen gibt, dass die Stadt Wien genau in diesem Bereich sehr wirtschaftlich und sparsam vorgeht, wirtschaftlicher und sparsamer als alle anderen, aber trotzdem und gerade deshalb sehr gut die Menschen unterbringt. Ich ersuche um Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Wir kommen zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landestages, die dieser Vereinbarung die Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Mit Stimmen von GRÜNEN, SPÖ, NEOS, und ÖVP mehrstimmig angenommen. Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Auch im Namen des Ersten Präsidenten und auch im Namen meiner Kollegin Matiasek wünsche ich Ihnen schöne Feiertage, schöne Weihnachten, ein schönes neues Jahr. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf schriftlichem Wege bekannt gegeben. Die Sitzung ist geschlossen. Danke. (Allgemeiner Beifall.) (Schluss um 18.21 Uhr) Landtag, 20. WP 17. Dezember 2015 2. Sitzung / 45