Wiener Landtag 19. Wahlperiode 35. Sitzung vom 27. November 2014 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. Redner zur Geschäftsordnung Abg Mag Dietbert Kowarik S. 3 u. 4 Abg Dr Wolfgang Aigner S. 4 Abg Dipl-Ing Rudi Schicker S. 5 Abg Dr Wolfgang Ulm S. 5 Abg Dr Wolfgang Aigner S. 6 Abg Mag Dietbert Kowarik S. 6 Abg Johann Herzog S. 6 3. Ordnungsruf an Abg Mag Dietbert Kowarik S. 4 4. Fragestunde 1. Anfrage (FSP - 03664-2014/0001 - KVP/LM) S. 7 2. Anfrage ' (FSP - 03663-2014/0001 - KFP/LM) S. 10 3. Anfrage (FSP - 03661-2014/0001 - KSP/LM) S. 12 4. Anfrage (FSP - 03666-2014/0001 - KU/LM) S. 15 5. AST – 03516-2014/0002 - KSP/AL: Aktuelle Stunde zum Thema "25 Jahre Kinderrechte - Wien lebt sie und schützt unsere Kinder" Rednerinnen bzw Redner: Abg Mag Jürgen Czernohorszky S. 18 Abg Mag Ines Schneider S. 20 Abg David Ellensohn S. 21 Abg Dominik Nepp S. 22 Abg Dr Wolfgang Aigner S. 23 Abg Ing Isabella Leeb S. 23 Abg Birgit Hebein S. 24 StRin Veronika Matiasek S. 25 Abg Kathrin Gaal S. 26 6. Mitteilung des Einlaufs S. 26 7. Umstellung der Tagesordnung S. 27 8. LG - 03352-2014/0001/LAT, P 1: Änderung des Wiener Antidiskriminierungsgesetzes (Beilage Nr 27/2014) Berichterstatterin Amtsf StRin Sandra Frauenberger S. 27 Redner: Abg Dr Kurt Stürzenbecher S. 27 Berichterstatterin Amtsf StRin Sandra Frauenberger S. 27 Abstimmung S. 28 9. LG - 00521-2014/0001, P 2: Änderung des Wiener Tierhaltegesetzes (Beilage Nr 21/2014) Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima S. 28 Redner: Abg Ing Udo Guggenbichler S. 28 Abg Mag Gerhard Spitzer S. 28 Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima S. 29 Abstimmung S. 29 10. LG - 02869-2014/0001/LAT, P 3: Änderung des Wiener Landwirtschaftskammergesetzes (Beilage Nr 25/2014) Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima S. 29 Redner: Abg Martin Flicker S. 29 Abg Ernst Holzmann S. 30 Abstimmung S. 31 11. LG - 02870-2014/0001/LAT, P 4: Änderung des Wiener Weinbaugesetzes 1995 (Beilage Nr 26/2014) Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima S. 31 Redner: Abg Norbert Walter, MAS S. 31 Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima S. 31 Abstimmung S. 32 12. 03005-2014/0001-GGU, P 5: Wiener Umweltbericht 2012/2013 Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima S. 32 Rednerinnen bzw Redner: Abg Mag Karin Holdhaus S. 32 Abg Mag Rüdiger Maresch S. 34 Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc S. 35 Abg Barbara Teiber S. 37 Abg Mag Günter Kasal S. 38 Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima S. 39 Abstimmung S. 39 13. LG – 03512-2014/0001/LAT, P 9: Änderung des Wiener Veranstaltungsgesetzes (Beilage Nr 29/2014) Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima S. 39 Redner: Abg David Ellensohn S. 39 StR David Lasar S. 42 Abg Erich Valentin S. 44 Abg David Ellensohn S. 45 Abstimmung S. 45 14. LG - 02084-2014/0001, P 6: Änderung des Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 2005 (Beilage Nr 24/2014) Berichterstatter Amtsf StR Dr Michael Ludwig S. 46 Abstimmung S. 46 15. 03004-2014/0001-MDLTG, P 7: Anfrage des LG für Strafsachen Wien betreffend Abg Dipl-Ing Rudi Schicker Berichterstatterin Abg Kathrin Gaal S. 46 Abstimmung S. 46 16. 03033-2014/0001-MDLTG, P 8: Unvereinbarkeits- und Transparenz- Gesetz; Abg Dr Helmut Günther Berichterstatter Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi S. 46 Abstimmung S. 46 17. PGL-03740-2014/0001-KFP/MDLAT: Dringlicher Antrag der Abgen Gerhard Haslinger, Abg Wolfgang Seidl und Abg Mag Wolfgang Jung betreffend "sektorales Bettelverbot" Verlesung durch Schriftführer Abg Martin Flicker S. 46 Begründung durch Abg Gerhard Haslinger S. 47 Rednerin bzw Redner: Abg Mag Johann Gudenus, MAIS S. 49 Abg Dr Wolfgang Ulm S. 51 Abg Birgit Hebein S. 53 Abg Dr Kurt Stürzenbecher S. 55 Abg Wolfgang Seidl S. 57 Abg Karl Baron S. 59 Abg Gerhard Haslinger S. 60 Abg Birgit Hebein (zur Geschäftsordnung) S. 60 Abg Godwin Schuster S. 61 Abg Mag Wolfgang Jung S. 61 Abstimmung S. 62 18. Ordnungsruf an Abg Birgit Hebein S. 60 (Beginn um 9.01 Uhr) Präsident Prof Harry Kopietz: Einen schönen guten Morgen! Ich eröffne die 35. Sitzung des Wiener Landtages. Die Sitzung ist somit eröffnet. Entschuldigt sind die Abgen Stark, Dipl-Ing Stiftner, Mag Berger-Krotsch und Mag Neuhuber. Wir kommen zur Fragestunde. Zuvor darf ich noch Herrn Abg Kowarik, der sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat, das Wort erteilen. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Mag Dietbert Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! - Viele sind wir noch nicht. Zur Geschäftsordnung habe ich mich zu Wort gemeldet, weil der Herr Präsident des Wiener Landtages eine von mir eingebrachte mündliche Anfrage nicht zugelassen hat, und dies aus meiner Sicht zu Unrecht. Ich darf den Sachverhalt schildern: Ich habe eine mündliche Anfrage mit folgendem Wortlaut eingebracht: „In den letzten Monaten wurde regelmäßig von Politikern der rot-grünen Koalition eine Reform der Wiener Gemeindewahlordnung hinsichtlich der Mandatsverteilung in Aussicht gestellt. So hat der Obmann des SPÖ-Klubs im Wiener Rathaus im ‚Ö1-Morgenjournal‘ vom 6.8.2014 eine entsprechende Beschlussfassung in der ersten Landtagssitzung nach dem Sommer vorangekündigt. Der Obmann des Grünen Klubs im Rathaus hat im ‚Kurier‘-Interview vom 5.9.2014 auf die Frage: ‚Wann kommt endlich das neue Wahlrecht?‘ geantwortet: ‚In der Landtagssitzung am 27. November wird es beschlossen.‘ Das Regierungsübereinkommen 2010 fixiert die legistische Umsetzung der Wahlrechtsreform sogar bis längstens Ende 2012. Tatsächlich wurde von Abgeordneten der Rathauskoalition keine Gesetzesvorlage eingebracht.“ - Und dann meine entsprechend kurze, so wie es in der Geschäftsordnung steht, Frage: „Wann wird die Landesregierung die Einbringung einer entsprechenden Gesetzesvorlage vornehmen?“ Meine Fragestellung wurde an den Landeshauptmann gerichtet. Meine Anfrage an den Landeshauptmann wurde mit der Begründung abgelehnt, dass man angeblich nur das zuständige Mitglied der Landesregierung zu Gesetzesvorlagen befragen darf, nicht aber den Landeshauptmann. Herr Präsident, diese Argumentation ist grundfalsch. Ein Blick in die Geschäftsordnung des Wiener Landtages zeigt ganz eindeutig, an wen Anfragen gestellt werden können, nämlich an den Landeshauptmann und die zuständigen Mitglieder der Landesregierung. Im § 33 der Geschäftsordnung des Wiener Landtages wird eine Einschränkung vorgenommen, und zwar nur für die Landesräte. Da steht wörtlich: „Eine an ein zuständiges Mitglied der Landesregierung gerichtete Anfrage ist ferner nur zulässig, wenn ihr Gegenstand in den sachlichen Wirkungsbereich des Befragten fällt.“ Ich habe meine Anfrage aber an den Landeshauptmann gestellt und nicht an das zuständige Mitglied der Landesregierung. Die Einschränkung ist laut unserer Geschäftsordnung für den Landeshauptmann nicht gegeben. Sie wäre auch sinnwidrig, Herr Präsident. Was soll man denn den Herrn Landeshauptmann da noch fragen? Was bleibt denn da noch über? (Beifall bei der FPÖ.) Ich darf Ihnen, Herr Präsident, auch in Erinnerung rufen, dass diese Ihre Vorgangsweise einmalig ist, und darf Ihnen darlegen, dass Sie in der laufenden Periode schon etliche Anfragen an den Landeshauptmann zugelassen haben, die Gesetzesvorlagen betreffen und die auch das Wahlrecht im Konkreten betreffen. Ich darf Ihnen dazu Folgendes ausführen: In der Sitzung vom 26.9.2014 - das ist noch gar nicht so lange her - hat Herr Kollege Ulm an den Landeshauptmann die Frage gestellt: „Welche Reformen der Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung in Richtung Modernisierung der Instrumente der direkten Demokratie können Sie sich vorstellen?“ - Sie haben diese Anfrage zugelassen. In der Sitzung am 31.1.2014 hat Kollege Dr Aigner eine Anfrage an den Landeshauptmann betreffend Wiener Landesverwaltungsgericht gestellt, und die Frage lautete: „Wann werden Sie dem Wiener Landtag eine entsprechende Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zukommen lassen?“ - Sie war also durchaus vergleichbar mit meiner Anfrage. Sie haben diese Anfrage - selbstverständlich, würde ich fast sagen - zugelassen. In der Sitzung vom 25.9.2013 hat Herr Kollege Ulm ebenfalls an den Herrn Landeshauptmann eine Anfrage gestellt, die wie folgt lautete - ich lese nur die Frage vor; der Text dazu war ein bisschen länger -: „Werden Sie sich daher dafür einsetzen, dass auf Grund einer Reform des Wiener Interpellationsrechtes Anfragen der Gemeinderatsmitglieder zu allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde beziehungsweise den Tätigkeiten der kommunalen Daseinsvorsorge, unabhängig von der Organisationsform, in deren Rahmen sie erledigt werden, möglich werden?“ - Also auch das zielt natürlich auf eine Gesetzesänderung ab. In der Landtagssitzung vom 28.6.2012 gab es eine Anfrage, wieder des Kollegen Ulm - der ist sehr fleißig in dieser Angelegenheit (Abg Dr Wolfgang Ulm: Nicht nur in dieser! – Heiterkeit.) -, diesmal an die - man höre und staune - amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung, die ja - das werden wir alle einsehen - wohl auf keinen Fall für eine entsprechende Gesetzesreform zuständig ist, ebenfalls hinsichtlich der Wahlrechtsreform, die wie folgt lautete: „Wann konkret gedenken Sie, den Notariatsakt umzusetzen?“ Unabhängig davon, dass es gar keinen Notariatsakt gegeben hat, zielt diese Frage natürlich auch auf eine Gesetzesänderung im Hinblick auf das Wahlrecht ab. Sie haben diese Frage zugelassen. Landtagssitzung vom 30.9.2011: Ein gewisser Abg Mag Kowarik hat an den Landeshauptmann folgende Anfrage gestellt: „Seit Jahren wird eine Reform verlangt, die das undemokratische Wahlrecht in Wien beendet. Wann wird diese Wahlrechtsreform umgesetzt werden?“ - Diese Anfrage haben Sie zugelassen. (Abg Mag Wolfgang Jung: Hört, hört!) Sitzung vom 27.1.2011, Anfrage des Kollegen Mag Gudenus an den Landeshauptmann: „Wann wird es in Wien zu der notwendigen Reform der Briefwahl kommen?“ - Also auch eine Frage hinsichtlich der Gesetzesmaterie betreffend das Wahlrecht. Sie haben diese Anfrage zugelassen. Herr Präsident! Sie tun dem Landtag und dem Parlamentarismus keinen guten Dienst, wenn Sie das Interpellationsrecht der Abgeordneten untergraben, und ich behaupte und empfinde das als Willkür (Beifall bei der FPÖ.) und eigentlich als unverständlich, denn Sie haben ja bis jetzt immer entsprechend der Geschäftsordnung gehandelt - diesmal nicht. Warum, kann man sich selbst vorstellen. - Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Für die unsachgemäße Wortverwendung „Willkür“ erteile ich Ihnen vorerst einen Ordnungsruf (Lebhafte Zwischenrufe bei der FPÖ, darunter Abg Mag Wolfgang Jung: Das ist ja lächerlich! Lächerlich!), und ich unterbreche die Sitzung zur Abhaltung einer Präsidiale. (Abg Mag Wolfgang Jung: Das ist ja ungeheuerlich!) (Unterbrechung der Sitzung von 9.09 Uhr bis 9.22 Uhr.) Präsident Prof Harry Kopietz: Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich nehme die Sitzung um 9.22 Uhr wieder auf und darf kurz das Ergebnis der Sitzung interpretieren: Wir sind uns weitestgehend einig, dass wir selbstverständlich unter Beachtung der Verfassung und der Geschäftsordnung in diesem Hause - darauf haben wir auch einen Eid geschworen - vorzugehen haben. Das lässt wenig bis gar keinen Spielraum bei Entscheidungen zu. Die von Herrn Abg Kowarik eingebrachten Beispiele werde ich mir genau ansehen und sie auch beurteilen lassen, und ich stehe nicht an, wenn ich in meiner Vorsitzführung in der Vergangenheit einen Fehler begangen habe, mich dafür zu entschuldigen. Aber wir haben uns auch in den letzten Präsidialen immer wieder darauf verständigt - um es genau nicht zu einer Interpretation dahin gehend kommen zu lassen, dass willkürlich vorgegangen wird -, ganz genau nach den Regeln und dem Buchstaben von Verfassung und Geschäftsordnung vorzugehen. Wir kommen damit zum nächsten Begehren, zur Geschäftsordnung das Wort zu ergreifen, nämlich von Mag Kowarik. Ich weise darauf hin, dass ich ihm eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung stellen kann. – Bitte. Abg Mag Dietbert Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident, damit werde ich auskommen. Ich darf – ich weiß nicht, jetzt muss ich ja aufpassen, was ich sage – mein Unverständnis ausdrücken über den Ordnungsruf, den Sie mir gegeben haben. In unserer Geschäftsordnung steht: „Der Präsident leitet die Verhandlung. Er sorgt für die Aufrechterhaltung der Ordnung durch den Ruf zur Ordnung.“ Ich weiß nicht, inwieweit ich die Ordnung gestört habe durch die Mitteilung meines Empfindens. Wenn ich mich recht entsinne, dann habe ich mitgeteilt, dass ich das als Willkür empfinde. Wenn das aus Ihrer Sicht schon eines Ordnungsrufes würdig ist, dann soll es so sein. Ihre Entscheidung ist nicht anfechtbar. Umso heikler ist Ihre Entscheidung, Herr Präsident. (Beifall bei der FPÖ.) Mir ist das Ganze ja nicht fremd. Ich weiß, wovon ich spreche. Herr Präsident, es würde mich aber trotzdem interessieren - ich habe noch keine Begründung von Ihnen, jetzt hier in dieser Landtagssitzung, dafür bekommen -, warum Sie meine Anfrage nicht zugelassen haben. Das hätte ich mir eigentlich erwartet als Antwort auf meine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Ich habe Ihnen die Gesetzesstelle zitiert, ich habe Ihnen Ihre Entscheidungen zitiert, und mich würde - noch einmal - eine Begründung dafür interessieren, warum Sie meine Anfrage nicht zulassen. Ich bitte darum. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Bevor ich dieses Versäumnis nachhole, erteile ich zur Geschäftsordnung Herrn Abg Dr Aigner das Wort. Ich begrüße in der Zwischenzeit die Damen und Herren auf der Galerie. Herzlich willkommen im Wiener Landtag! (Allgemeiner Beifall.) Bitte, Herr Abg Aigner. Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein bisschen genau so gekommen, wie ich am Anfang befürchtet habe, als die Vorentscheidungen, die bezüglich des Fragerechtes schon getroffen worden sind, zitiert wurden, nämlich dass wir am Ende zu dem Ergebnis kommen, dass die bisher zugelassenen Fragen vielleicht gar nicht zugelassen werden hätten sollen. Und da muss ich schon eines sagen, Herr Präsident: Ich erwarte mir von einem Präsidenten des Wiener Landtages, dass er im Zweifel - und so eindeutig sind die Bestimmungen nicht; alle rechtlichen Bestimmungen müssen interpretiert werden, und da gibt es zwangsläufig Spielräume – so interpretiert, dass ein Parlament sich nicht selbst kasteit und einschränkt. (Beifall bei der FPÖ.) Und es werden hier viele Fragen zugelassen, wo es dann auch um persönliche Einstellungen geht, und der Herr Bürgermeister und Landeshauptmann beantwortet diese auch oft. Und wenn ein Regierungsmitglied keine Antwort geben möchte, dann gibt es halt keine oder eine sehr schnoddrige Antwort. Aber dass man jetzt von der Vorsitzführung her sagt, im Zweifel darf man nichts fragen?! Und dass der Landeshauptmann in Wien im Unterschied zu anderen Bundesländern für gar nichts zuständig ist, kann ja nicht dazu führen, dass man den Landeshauptmann nicht interpellieren kann. Ich würde, im Gegenteil, sagen, der Landeshauptmann und Bürgermeister hat auf Grund der Wiener Stadtverfassung und der Landesverfassung umfassende Ingerenzmöglichkeiten. Er kann überall Zugriff nehmen, er ist der wirkliche Regierungschef – es ist also fast ein Präsidialsystem. Also zu dem Schluss zu kommen, weil er keinen exklusiven Aufgabenbereich hat, dürfe man ihn gar nichts fragen, das ist juristisch und auch politisch unhaltbar. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Und ich weiß schon, die Tatsache, dass jetzt kein rot-grünes neues Wahlrecht vorgelegt wurde, ist auch kein Unglück. Wir haben ein Wahlrecht, es wird gewählt werden, man muss vielleicht das eine oder andere bei der Briefwahl reparieren. Aber deswegen grundsätzlich zu sagen, wir dürfen solche Fragen nicht stellen?! - Das eine ist die Parteipolitik, dass man da vielleicht nicht rechtzeitig fertig geworden ist, aber ich glaube, wir können wählen, das Wahlrecht ist verfassungskonform, und so weiter, bis auf die Briefwahl. Aber jetzt das Fragerecht der Abgeordneten deswegen einzuschränken, weil es heute dem Herrn Landeshauptmann unangenehm ist, das kann und das darf nicht sein. Und da erwarte ich mir von Ihnen als überparteilichem und neutral agierendem Präsidenten, dass Sie für den Landtag sind und Rot-Grün außen vor lassen. (Beifall bei der FPÖ und von Abg Ing Isabella Leeb.) Präsident Prof Harry Kopietz: Der Nächste, der sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat, ist Herr Abg Schicker. – Bitte, Herr Abgeordneter. Ihre Redezeit beträgt fünf Minuten. Abg Dipl-Ing Rudi Schicker (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuhörer auf der Galerie! Zur Erläuterung für Sie: Es geht hier darum, welche Fragen in einer Sitzung an welches Regierungsmitglied gestellt werden dürfen. Und dafür gibt es in einer repräsentativen Demokratie - und unser Landtag ist eine Einrichtung der repräsentativen Demokratie - klare Regeln. Diese sind in der Geschäftsordnung beziehungsweise in den übergeordneten Gesetzen festgelegt. Diese Festlegungen sehen vor, dass der Herr Landeshauptmann, nämlich unser Bürgermeister, gefragt werden darf über die Vollziehung der Gesetze. Die Schaffung neuer Gesetze, die Formulierung neuer Gesetze ist nicht Vollziehung, sondern das ist Rechtsetzung. (Abg Mag Wolfgang Jung: Es geht doch nicht um ein neues Gesetz! Das ist eine Reparatur!) - Eine Novellierung eines Gesetzes ist ein neues Gesetz, Herr Jung. (Abg Mag Wolfgang Jung: Geh, hör auf!) - Nicht „Hören Sie auf“! So ist das rechtlich vorgesehen. Und genau darum geht es: Dass in die Landesregierung ein Gesetz nur vom zuständigen Landesregierungsmitglied eingebracht werden darf. Das ist in diesem Fall (Abg Mag Dietbert Kowarik: Das ist falsch, Herr Kollege! Von der Landesregierung!) Frau StRin Frauenberger. Eine Frage desselben Inhalts, gerichtet an Frau StRin Frauenberger, hätte Sinn gemacht und wäre auch zum Aufruf gelangt. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Das ist auch falsch!) Wir haben mehrfach Diskussionen gehabt und haben daher vor nicht allzu langer Zeit eine Präsidialrunde mit dem Oberjuristen im Haus, mit Mag Pauer, gehabt. Herr Mag Pauer hat sehr genau erklärt, welche Möglichkeiten es beim Interpellationsrecht, beim Fragerecht gibt, und dabei ist sehr klar und sehr deutlich herausgekommen, dass man sehr präzise sein soll. Und genau diese Präzision wird von allen Fraktionen eingefordert, egal, ob es Regierungsfraktionen oder Oppositionsfraktionen sind. Auch den GRÜNEN, auch uns, der Sozialdemokratie, sind Fragen, die wir stellen wollten, abgelehnt worden, weil sie nicht mit der Geschäftsordnung konform waren. Also daraus so ein Riesentheater zu machen? Ich kann Ihnen nur empfehlen: Halten Sie sich an die Regulierungen, die getroffen wurden! Halten Sie sich daran, was gemeinsam in der Präsidiale vereinbart wurde! Denn: In der Präsidiale wurde unter Beisein des Vizevorsitzenden des Freiheitlichen Klubs, Herrn Herzog, vereinbart, dass diese Frage nicht zulässig ist - und zwar ohne gegenteilige Wortmeldung. Und das soll man auch dann in der eigenen Fraktion zur Kenntnis nehmen und nicht den Präsidenten da irgendwelcher Machenschaften zeihen. Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg Ulm. Fünf Minuten, Herr Abgeordneter. Dann hat sich noch Herr Abg Aigner zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet, und ich kündige gleich an, dass wir danach eine neuerliche Präsidiale einberufen werden. Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich bin jetzt schon einigermaßen überrascht über die Debatte und auch über Ihre Entscheidung, diese Frage des Herrn Kollegen Kowarik nicht zuzulassen. Ich kann die Argumentation des Herrn Kollegen Kowarik sehr gut nachvollziehen, sowohl juristisch als auch politisch, und habe mich ja auch schon selbst sehr oft mit dem Thema Wahlrecht und mit den Kompetenzen des Landeshauptmannes beschäftigt. Ich habe in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang vielfache Fragen in der Fragestunde an den Herrn Landeshauptmann stellen können, und Sie, sehr geehrter Herr Präsident, haben diese Fragen zugelassen. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wieso das jetzt, wo diese Frage von einem Kollegen von der FPÖ gestellt wird, nicht mehr möglich sein soll. Ich habe ja auch mehrfach darauf hingewiesen, dass das Interpellationsrecht der Abgeordneten in diesem Haus stark eingeschränkt wurde. Ich habe darauf hingewiesen, dass das Aufsichtsrecht der Abgeordneten hier immer weniger wird, dass immer weniger über die entscheidenden Dinge in dieser Stadt beschlossen werden kann, dass immer weniger geredet werden kann und dass immer weniger Fragen zugelassen werden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Es ist doch so, dass schon die halbe Daseinsvorsorge ausgelagert ist, dass wir keine Fragen mehr stellen können zu ganz elementaren Dingen der Daseinsvorsorge, wie zu den Stadtwerken, zu den Wiener Linien und, und, und – es gäbe viele weitere Beispiele. Jetzt geht es an die Substanz für uns Abgeordnete, jetzt soll uns sogar die Fragestellung entzogen werden, wenn es um Angelegenheiten der Landesgesetzgebung geht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Und ein kleiner Hinweis von Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, in Ihrer Antwort auf den Redebeitrag von Herrn Kollegen Kowarik klingt für mich ja besonders gefährlich und hinterfragenswert. Sie haben gemeint, wenn Sie in der Vergangenheit Fehler gemacht haben sollten, dann werden Sie nicht anstehen, sich zu diesen zu bekennen und die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen. Ja, was kann denn das heißen? Darf ich in Zukunft dann auch nicht mehr Fragen zum Wahlrecht stellen? Darf ich auch zu anderen Landesgesetzen keine Fragen mehr stellen? - Wie wird sich dieser Landtag weiterentwickeln? Wie wird sich dieses Hohe Haus weiterentwickeln? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich appelliere jetzt vor allem an die Abgeordneten, an die Kollegen von den Regierungsparteien: Wir dürfen uns das als Abgeordnete nicht gefallen lassen! Es gibt jetzt schon eine enorme Schieflage zwischen Exekutive und Legislative. Wir haben ein unglaubliches Machtungleichgewicht zwischen Stadtsenat und Gemeinderat. Wir sind aber direkt gewählt! Wir haben die Aufgabe, hier Dinge voranzutreiben, Dinge anzusprechen und vor allem die Regierung zu kontrollieren, den Stadtsenat und die Landesregierung zu kontrollieren! Ich ersuche also dringend darum, sich auf die Beine zu stellen, dass wir uns diese Verantwortung nicht aus den Händen nehmen lassen. Wir haben diese Verpflichtung. Wir sind dazu gewählt worden! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Nur zur Information, vor allen Dingen auch für unsere Zuhörer im Internet oder auf der Galerie: Es ist nicht die Fragestellung, es ist nicht der Inhalt der Frage der Grund dafür, dass diese Frage laut Geschäftsordnung und Stadtverfassung nicht gestellt werden kann. Ganz im Gegenteil, genau dieses Recht ist das Recht der Abgeordneten: an die Landesregierung entsprechende Fragen zu stellen. Das ist selbstverständlich. Aber wir haben uns auch an den Buchstaben des Gesetzes zu halten (Abg Mag Wolfgang Jung: Genau!) - lassen Sie mich ausreden, Herr Kollege –, und ich habe das zu wahren. Es wäre überhaupt kein Problem gewesen, das für diese Frage zuständige Mitglied der Landesregierung mit dieser Frage zu konfrontieren. Dann hätten wir sie schon längst erledigt. Aber es wurde partout - wahrscheinlich wider besseres Wissen, oder auch nicht - ein anderes Mitglied der Landesregierung mit dieser Fragestellung beschäftigt. Aus diesem Grund kann die Frage nicht zugelassen werden. Es hat sich nochmals Herr Abg Aigner zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Fünf Minuten, Herr Abgeordneter. – Bitte. Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Herr Klubobmann Schicker! Was Sie da vorher ausgeführt haben, ist juristisch schlichtweg unhaltbar. Ich darf Ihnen das jetzt erklären: Die Einbringung einer Regierungsvorlage ist kein Akt der Gesetzgebung, sondern ist ein Akt der Verwaltung, die ein Gesetzgebungsverfahren einbringen kann. Die Gesetzgebung findet hier statt. Deswegen werden ja auch die Fragen juristisch korrekt immer auf das Einbringen einer Regierungsvorlage abgestellt. Es ist ohnehin traurig, dass nicht nur bei uns im Landtag, sondern auch im Nationalrat die meisten Gesetze von der Regierung eingebracht werden und nicht aus dem Parlament kommen, aber sei's drum. Aber es handelt sich bei der Einbringung einer Regierungsvorlage nicht um einen Akt der Gesetzgebung, sondern um einen Akt der Vollziehung, der hier dann im zuständigen Gremium legistisch zu behandeln ist. Und: Der Herr Landeshauptmann hat eine umfassende Zuständigkeit, und deswegen darf man ihn als Regierungschef - er ist der Regierungschef der Wiener Landesregierung - selbstverständlich fragen, wann er in seiner Verantwortung ein Gesetz einzubringen gedenkt. Und daher kann es keine Einschränkung beim Landeshauptmann geben - ich habe das schon vorhin gesagt -, sonst dürften wir den Herrn Landeshauptmann überhaupt nichts fragen, was legistische Vorhaben der von ihm geführten und dominierten Landesregierung betrifft. Und das ist schlichtweg falsch. Präsident Prof Harry Kopietz: Ich unterbreche neuerlich die Sitzung zur Abhaltung einer Präsidiale. (Unterbrechung der Sitzung von 9.39 Uhr bis 9.58 Uhr.) Präsident Prof Harry Kopietz: Ich nehme die Sitzung wieder auf. - Für die Zuseher: Das ist gelebter Parlamentarismus! Zum dritten Mal zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg Kowarik. Ich schicke voraus, dass wir uns in der Präsidiale einig geworden sind, dass wir eine weitere Vorgangsweise im Konsens wählen werden. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Mag Dietbert Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Ich nehme zur Kenntnis, dass die Präsidialkonferenz eben jetzt beschlossen hat oder übereingekommen ist, dass das Problem auf Ebene der Präsidiale vielleicht noch vertieft wird. Es gibt ja nicht ganz einhellige Meinungen dazu, und es dürfte ja nicht so einfach sein. Wenn man den Worten des Kollegen Schicker folgt, dann dürften wir in Wirklichkeit zur Gesetzgebung an gar kein Landesregierungsmitglied Anfragen stellen. Denn das ginge dann nicht: Wenn tatsächlich das alles Gesetzgebung ist, dann dürfen wir auch nicht das zuständige Mitglied der Landesregierung befragen. Ich glaube, es ist nicht so. Ich weiß, die Entscheidungen des Präsidenten sind endgültig - das ist auch gut so, sage ich dazu, denn sonst hätten wir nur noch Rechtszüge zu vielleicht nicht ganz so wichtigen Dingen -, aber ich darf nur vorlesen, was ich gesagt habe. Ich habe gesagt: „Herr Präsident, Sie tun dem Landtag und dem Parlamentarismus keinen guten Dienst, wenn sie das Interpellationsrecht der Abgeordneten untergraben, und ich behaupte und empfinde das als Willkür.“ Ich habe also mein Empfinden ausgedrückt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Der Zweite Präsident hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte Abg Johann Herzog (Klub der Wiener Freiheitlichen): Zur ersten Wortmeldung, Frau Vizebürgermeisterin! Ich möchte feststellen, dass man da unterscheiden wird müssen, nämlich zwischen den persönlichen Feststellungen des Abg Kowarik auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Grundfrage, dass natürlich überall eine Zuständigkeit von Stadträten zu den Geschäftsbereichen dieses Landtages besteht; dass daher die Frage zu stellen ist, welche Frage dann überhaupt an den Landeshauptmann zu stellen ist und gestellt werden darf. Das wäre einer Klärung zu unterziehen. Wir haben bisher immer entsprechende Fragen stellen können. Und die Generalkompetenz als Regierungschef dieses Landes ist natürlich dem Bürgermeister und Landeshauptmann zuzuordnen. Daher ist es sehr wohl möglich, eine Anfrage stellen zu können, was ja auch nicht bestritten wird. Es wird notwendig sein, und ich hoffe, dass wir zu einem Ergebnis kommen, in gemeinsamen Erhebungen mit Hilfe von Rechtsgutachten festzustellen, welche Kompetenzen nur noch dem Landtag verbleiben. Ich bin der Meinung, es müsste so weit wie möglich sein. Der Landtag und die Parlamentarier dürfen sich nicht völlig ihre Rechte entziehen lassen. Ich glaube daher, dass hier eine vernünftige Regelung unter den Parteien anstrebbar und erzielbar sein wird. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Wir kommen mit etwas Verspätung zur Fragestunde. Die 1. Frage (FSP – 03664-2014/0001 – KVP/LM) wurde vom Abg Norbert Walter, MAS, gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschafspolitik und Stadtwerke gerichtet. [In der politischen Diskussion gibt es Überlegungen zu (Wieder-)Einführung einer so genannten Leerstandsabgabe. In den 1980er Jahren gab es bereits ein diesbezügliches Wiener Landesgesetz, welches bereits damals in einer Bilanz der Stadtregierung als nicht effizient und zweckentsprechend beurteilt wurde und letztendlich vom VfGH aufgehoben wurde. Wie stehen Sie zur (landesgesetzlichen) Wiedereinführung einer Leerstandsabgabe?] Ich ersuche Frau stellvertretende Landeshauptfrau um die Beantwortung. LhptmStin Mag Renate Brauner: Einen schönen guten Morgen! Vielen Dank, Herr Präsident! Wir kommen jetzt von den hohen Debatten der Juristinnen und Juristen in die Niederrungen des Alltags dieser Stadt, wiewohl selbstverständlich im Zusammenhang mit einer etwaigen landesgesetzlichen Regelung, und zwar im Zusammenhang mit einer Leerstandsabgabe. Sie werden sich jetzt vielleicht wundern, warum diese Leerstandsabgabe bei mir hier im Wirtschaftsressort gestellt wird, weil es diese Diskussion ja auch in anderen Bereichen gibt. Nun, ich glaube, dass das sehr wichtig ist in meiner Rolle als Wirtschaftsstadträtin, denn leerstehende Geschäftslokale sind nicht nur für die Lebendigkeit der Stadt eine schlechte Angelegenheit. Wir alle wollen nicht durch Geschäftsstraßen gehen, wo man nichts sieht, sondern wir gehen lieber durch Geschäftsstraßen, wo viele lebendige Geschäfte sind, für Jung und Alt. Wenn in der Erdgeschoßzone ein Mix aus Handel, Gewerbe und Dienstleistung zu sehen ist, prägt das das Bild einer Stadt; aber, und hiermit bin ich jetzt direkt im Herzen meines Ressorts, natürlich sind leerstehende Geschäftslokale aus wirtschafspolitischer Sicht abzulehnen. Da müssen wir alle daran arbeiten, Leerstehungen möglichst gering zu halten. Wir wissen aus einer gemeinsamen Studie von Wirtschaftsagentur Wien und Wirtschaftskammer, dass für 17 Prozent der Start-ups in Wien die Standortsuche generell und für 15 Prozent leistbare Geschäftsflächen eine große Herausforderung sind. Gerade für die klein- und mittelständische Struktur, gerade für das, woran wir alle miteinander heftig arbeiten, nämlich für die Unterstützung der Start-ups, gerade für die Ein-Personen-Unternehmungen, die, wenn sie anfangen, ein Unternehmen zu gründen, noch nicht so viel Geld haben, ist die Frage eines leistbaren Geschäftslokals eine ganz, ganz zentrale. Es gibt hier eine Vielzahl an Maßnahmen, um hier zu Lösungen zu kommen, eine Vielzahl an Unterstützungen. Die Einführung einer Leerstandsabgabe kann eine Lösung sein, um Vermieter dazu zu bringen, ihre Geschäftslokale auf den Markt zu werfen, und das zu einem vernünftigen Preis. Denn es ist manchmal absurd, was da an Mieten verlangt wird, auch an gar nicht gängigen Lagen, und das stößt bei vielen, ich werde oft darauf angesprochen, auf Unverständnis: Jetzt gehe ich schon seit drei Jahren durch die Gasse, das Lokal ist noch immer leer, und wenn man dann nachfragt, ist die Miete so hoch – wir verstehen das nicht! Da ist wirklich viel Unverständnis, und für dieses Unverständnis wiederum habe ich Verständnis. Deswegen müssen wir alles daran setzen, um zu versuchen, hier Lösungen zu finden, dass gerade die Jungunternehmer, die Start-ups, die vielfältigen Ein-Personen-Unternehmen unserer Stadt möglichst günstig zur ihren entsprechenden Angeboten kommen. Deswegen habe ich den Auftrag erteilt, dass man überprüft, ob so eine Leerstandsabgabe dazu eine Lösung sein kann, ob das dazu führt, dass mehr Geschäftslokale auf den Markt kommen, und zwar zu Konditionen, die für die Wiener mittelständische und kleinständische Struktur auch finanzierbar ist. Ich habe auch den Auftrag erteilt, dass man sich anschaut, was es denn international für Regelungen gibt – da gibt es ja einige Beispiele –, ob uns das nutzt und ob sich das in das schon bestehende Förderinstrument der Stadt einfügt. Ich will Ihnen das jetzt nicht im Detail erzählen, weil wir ohnehin schon einen ziemlichen Zeitverzug haben. Aber ich möchte die Frage nicht beantworten, ohne darauf hinzuweisen, dass es eine Vielzahl von Förderaktionen der Wirtschaftsagentur gibt, aber auch eine Vielzahl von Unterstützungen seitens der Wirtschaftskammer, um eben Jungunternehmer bei dem Finden von entsprechenden Lokalen zu unterstützen: Zum Beispiel mit der Nahversorgungsförderung, wo es für die Anmietung eines mehr als ein Jahr leer stehenden Geschäftslokales einen extra Reaktivierungsbonus von 5 000 EUR gibt, mit der Geschäftsstraßenförderung, mit der neuen Geschäftsstraßenförderung und auch der klassischen Geschäftsstraßenförderung, aber natürlich auch mit den vielen Maßnahmen, die im Zusammenhang mit Blocksanierungen gemacht werden und wo man ein besonderes Augenmerk darauf legt, die Erdgeschoßzonen entsprechend zu vermieten und an den Mann und an die Frau zu bringen. Präsident Prof Harry Kopietz: Danke schön. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg Walter, MAS. Ich weise darauf hin, dass Zusatzfragen längstens zwei Minuten dauern dürfen. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Norbert Walter, MAS (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Guten Morgen, Herr Präsident! Was Sie bis jetzt gesagt haben, kann ich im Wesentlichen nur unterstreichen, es ist auch nichts dagegen zu sagen. Ich möchte Sie aber Folgendes fragen: Es betrifft ja nicht nur die Geschäftslokale, sondern auch Wohnungen, wenn man denn eine Leerstandsabgabe einführen möchte. Und wenn ich mich richtig erinnere, gab es schon einmal eine Leerstandsabgabe in Wien, nämlich bis 1985. Sie wurde dann vom VfGH aufgehoben, und sogar Ihre Fraktion wollte sie dort noch kurze Zeit davor in einem Initiativantrag wegbringen, weil sie nicht wirtschaftlich war. Wie stehen Sie dazu und wie sehen sie das für die Zukunft? Präsident Prof Harry Kopietz: Frau Stadträtin. LhptmStin Mag Renate Brauner: Ich möchte keine weiteren Geschäftsordnungsdiskussionen provozieren, aber über die Leerstandsabgabe zum Thema Wohnen bin ich die Falsche. (Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Es geht ums Geld! Es ist ein Abgabegesetz!) – Ja und? Deswegen muss man sich trotzdem fachlich und inhaltlich damit auseinandersetzen. Die Frage war ja, ob es inhaltlich einen Sinn macht; und das muss schon akkordiert werden mit demjenigen, der für das Wohnen zuständig ist. Denn, um das vielleicht gleich sehr deutlich zu sagen: Bei dieser Diskussion geht es nicht darum, Einnahmen zu lukrieren. Das ist nicht das Ziel, das möchte ich sehr deutlich sagen. Es ist nicht Ziel dieser Diskussion, über Leerstandsabgabe einen Weg zu finden, um Einnahmen zu lukrieren. Darum geht es nicht. Das war jetzt vielleicht ein Missverständnis. Danke, dass ich durch diesen Zwischenruf jetzt die Gelegenheit bekommen habe, das aufzuklären. Da geht es darum, steuernd wohnungspolitisch – ob es Sinn macht oder nicht, ist, meine ich, eine fachliche Frage – und wirtschaftspolitisch – und so habe ich Ihre Frage verstanden – wirtschaftspolitisch einzugreifen, um denjenigen, die es schwer haben, sich auf eigene Beine zu stellen, Jungunternehmungen, Kleinunternehmungen, einen Rahmen zu geben, damit sie eben entsprechende Geschäftslokale finden. Ihre juristische Frage beantworte ich ganz einfach: Ich finde, man muss zuerst einmal schauen, ob es inhaltlich Sinn macht und was es für internationale Beispiele gibt. Diesen Auftrag habe ich jetzt erteilt. Und dann muss man schauen: Gibt es eine rechtlich korrekte, natürlich verfassungsgemäße und auch sinnvolle, effiziente Möglichkeit, es zu vollziehen? Das muss man sich dann im zweiten Schritt anschauen, aber ich glaube, es macht wenig Sinn, jetzt eine Verfassungsmäßigkeit einer Regelung zu prüfen, die man noch gar nicht kennt. Vielleicht kommen wir auch im Zuge der Überlegungen drauf, dass es andere Instrumente gibt. Mein Ziel ist, dass die jungen Unternehmungen in dieser Stadt Unterstützung bekommen und über das, was sie schon von der Wirtschaftsagentur bekommen, hinaus noch bessere Möglichkeit haben, zu günstigen Geschäftslokalen zu kommen. Welche Instrumente dafür geeignet sind, muss man sich im Detail anschauen. Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg Dipl-Ing Margulies. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Für uns GRÜNE steht ebenso wie für Sie als Teil der Stadtregierung zweifelsfrei fest, dass Wohnraum für Menschen und natürlich auch Geschäftsraum für JungunternehmerInnen erschwinglich sein müssen. Es ist eine zentrale Geschichte, insbesondere wenn die Bevölkerung wächst, so wie das in Wien gegenwärtig der Fall ist, dass Mieten für Wohnraum niedrig bleiben müssen, damit gerade die Jüngeren in unserer Gesellschaft eine Chance haben, auf eigenen Beinen zu stehen, sowohl, was das Wohnen als auch, was das Arbeiten betrifft. In diesem Sinne ist die Leerstandsabgabe ein Teil der Diskussion, wo ich das Gefühl habe, dass in Deutschland möglicherweise die Politik sogar noch weiter ist. Denn „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“, ist nicht ein Satz, den sich die GRÜNEN oder die SPÖ ausgedacht haben, sondern das steht im deutschen Grundgesetz. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) In diesem Sinne auch meine Frage: Sind auch Sie der Meinung, dass aus Eigentum, insbesondere aus größerem Vermögen, eine viel stärkere soziale Verpflichtung erwachsen sollte, als das bislang in Österreich der Fall ist? Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Frau Stadträtin. LhptmStin Mag Renate Brauner: Ja, selbstverständlich glaube ich das. Ich glaube, dass ein Zusammenleben im Interesse aller auch von jedem verlangt, sich in unsere Gesellschaft einzubringen, Verantwortung für ein gutes Funktionieren zu übernehmen. Es ist jetzt fast schon eine philosophische Frage, aber wir arbeiten ja auch auf Grundlage unserer Werte. Die wollen wir ja nicht nur einem, der sie oft zitiert, überlassen, sondern ich denke, wir haben alle unsere Werte; und das ist gut so, denn sonst wären wir in der Politik falsch. Und ja, selbstverständlich denke ich, dass, wenn man in einer Gesellschaft lebt, es notwendig ist, dass jeder/jede seinen oder ihren Teil dazu beiträgt, dass es gut funktioniert. Ich glaube aber, dass es darüber hinaus – weil da kann man auch sagen, das sind jetzt appellatorische Zugänge: Bitte, bitte, übernehmt doch Verantwortung. – Ich habe schon öfters von dieser Stelle gesagt: Ich glaube, dass auch jene Menschen in einer Gesellschaft, die mehr haben und mehr besitzen, auch ein ganz eigennütziges Interesse haben sollten oder objektiv haben, dass wir einerseits eine weiterentwickelte Gesellschaft haben; denn gerade für Großunternehmungen zum Beispiel ist es ganz wichtig, dass immer wieder die jungen Innovativen kommen, die lebendig sind und neue Ideen einbringen. Aber grundsätzlich - das war ja eher eine grundsätzliche Frage von Ihnen - glaube ich, dass der soziale Zusammenhalt einer Gesellschaft, das gemeinsame Funktionieren einer Gesellschaft und auch die Sicherheit in einer Gesellschaft davon abhängen, ob sich jeder wiederfindet. Dafür muss jeder Verantwortung übernehmen; und dass jener, der mehr hat, auch mehr Verantwortung übernehmen kann und soll, liegt auf der Hand. Aber ich glaube, es ist wirklich in unser aller Interesse. Es geht nicht darum, dass da einer gezwungen wird, sondern ich glaube, es ist auch im Interesse derer, die mehr haben. Gut, wenn sie sich in unsere Gesellschaft einbringen. Es kommt ihnen auch etwas zurück, indem sie nämlich in einer Stadt mit hoher Lebensqualität leben können und einfach auch einen weiteren Begriff von Sicherheit haben. Also ich denke, man bekommt auch etwas dafür retour und nicht nur moralische Dinge, sondern auch wirklich real. Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Die nächste und 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg Univ-Prof Dr Eisenstein. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke schön. Schönen guten Morgen! Frau Landesrätin! Ich verhehle nicht, ich und meine Fraktion, deckungsgleich, wir haben keine Freude mit der Leerstandsabgabe. Wir werden ja darüber auch noch diskutieren können, nehme ich an; zumal diese Leerstandsabgabe, egal, ob es Wohnungen oder Geschäftslokale betrifft, mit Sicherheit relativ leicht unterlaufen werden kann. Das ist das eine. Das Zweite ist: Sie sagen, es geht nicht darum, Einnahmen zu lukrieren. Mag schon sein, dass es Ihnen nicht darum geht, aber Sie werden letzten Endes Einnahmen damit erzielen. Und da man sich offenbar doch schon einige Gedanken über die Leerstandsabgabe gemacht hat, jetzt meine Frage an Sie: Kann man schon sagen, in welcher Höhe diese Leerstandsabgabe sein soll, wie sie berechnet werden soll und auf welcher Grundlage? Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Frau Stadträtin. LhptmStin Mag Renate Brauner: Ja, natürlich, jede Regelung kann man unterlaufen, Herr Abgeordneter. Das kann aber für uns kein Grund sein, keine Gesetze mehr zu haben. Es gibt auch ganz schlimme Dinge wie Mord, Totschlag, Diebstahl, und auch da kann man nicht sagen, es gibt welche, die das unterlaufen, deswegen machen wir die Regeln nicht. Ich weiß, wie sie es gemeint haben, aber das Argument ist, glaube ich, keine gutes. Wenn man eine Regelung für sinnvoll hält, muss man sie möglichst effizient machen, möglichst gescheit machen, möglichst nicht unterlaufbar machen. Aber nur weil es vielleicht ein paar gibt, die sich nicht daran halten, kann man nicht auf Regeln verzichten. Das ist, meine ich, schon einmal ein Grundprinzip. Das Zweite ist: Es gibt Einnahmen, die dazu da sind, weil man sie braucht und weil man damit etwas Vernünftiges macht; und es gibt Dinge, und so eine Leerstandsabgabe wäre so etwas, die man macht, mit dem Ziel, keine Einnahmen zur erhalten. Die Ideallösungen erreichen wir zwar nie, das wissen wir ja; aber die Ideallösung wäre für mich, dass es eine Leerstandabgabe gibt, die dazu führt, dass es keinen Leerstand mehr gibt. Dann freut sich die Finanzstadträtin zur Abwechslung einmal darüber, dass sie keine Einnahmen hat. Das wäre das Ziel. Mir ist natürlich klar, dass das unrealistisch ist, aber das muss unser Ziel sein. Ich sagte vorher schon: Mir geht es darum, für die Jungunternehmen, für die Start-ups erschwingliche, gute Geschäftslokale zu bekommen und dafür Rahmenbedingungen zu schaffen, international sich einmal anzuschauen, wie das geht, zu überlegen: Wie kann so eine Lösung sein? Ist sie umsetzbar? Ist sie ohne allzu großen bürokratischen Aufwand umsetzbar? Daher ist es noch viel, viel zu früh zu sagen, das würde dann so und so viel Geld kosten/bringen. So weit sind wir noch lange nicht. Wir werden, wie Sie richtig gesagt haben, sicher noch viel darüber diskutieren. Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Die 4. Zusatzfrage stellt Herr Abg Walter. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Norbert Walter, MAS (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Landesrätin! Die Frage ging deshalb auch in Bezug auf das Wohnen an Sie, weil das auch eine finanztechnische Frage ist und nicht eine Frage der Wohnungspolitik. Das möchte ich nur vorausschicken. Im Bereich Wohnen könnte ich sie gar nicht stellen, weil es ja um Finanzen geht. Aber was ich Sie noch fragen möchte: Gibt es schon eine Untersuchung über den Leerstand insgesamt? Beziehungsweise haben Sie vor, so eine zu beauftragen? Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Frau Stadträtin. LhptmStin Mag Renate Brauner: Es gibt keine Zahlen über den Leerstand. Was es allerdings gibt, ist eine Start- up-Untersuchung, die die Wirtschaftsagentur in Auftrag gegeben hat, nämlich darüber, was denn die besonderen Herausforderungen für die Start-ups im Unternehmensalltag sind. Und es ist nicht überraschend, dass es besonders für die Jungunternehmungen in Wien wichtig ist, Zielgruppen und Vertrieb zu finden. Wichtig sind auch die Themen Mitbewerber und Positionierung auf dem Markt. Allerdings wurde von den Jungunternehmern ungefähr gleich häufig wie die ganzen Fragen der Finanzierung, Venture Capital – ein Thema, das wir immer wieder diskutieren, und ich muss ehrlich sagen, ich war wirklich überrascht, dass dieses Thema nicht weit vorne ist – die Frage der Standortsuche generell und Suche nach leistbaren Geschäftsflächen genannt. Also in dieser Untersuchung beziehungsweise Umfrage ist herausgekommen, dass dieses Thema Venture Capital, über das wir dauernd diskutieren, natürlich ein wichtiges ist, eigentlich denselben Stellenwert hat wie die Frage der Standortsuche. Darüber haben wir bisher viel weniger diskutiert. Daher sollten wir uns diesem Thema verstärkt widmen. Zahlen haben wir keine, und ein Teil meines Auftrags ist es auch, zu schauen, wie man dazu kommen kann. (Beifall von Abg Franz Ekkamp.) Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Wir kommen damit zur 2. Anfrage (FSP – 03663-2014/0001 – KFP/LM), die vom Abg Mag Wolfgang Jung gestellt und an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal gerichtet ist. [In der Sendung „Hohes Haus“ am 12. Oktober 2014 wurde die Thematik der Staatsbürgerschaftsverleihungen angesprochen. Der Leiter der MA 35 äußerte sich dabei kritisch zu den Einschränkungen und Komplikationen, die bei der Verleihung durch den erforderlichen Einkommensnachweis entstehen. Dabei könnte ein Akt leicht auf „100 Seiten Papier“ kommen. Es erscheint erstaunlich, dass in Zeiten des „elektronischen Aktes“ und der allgemeinen Reorganisation in der Verwaltung bei diesen Vorgängen keine Straffung des Ablaufes ohne Informationsverlust möglich ist. Entspricht die zitierte Aussage des Leiters der MA 35 zum Umfang der Bearbeitung („100 Seiten …“) wirklich der allgemeinen Praxis in der Mehrheit der Fälle?] Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Galerie, herzlich willkommen! Ich habe eine Frage zu der Aktendicke von Staatsbürgerschaftsanträgen bekommen und darf dem Herrn Abg Jung dazu Folgendes antworten: Grundsätzlich muss jede Staatsbürgerschaftswerberin beziehungsweise jeder Staatsbürgerschaftswerber nachweisen, dass sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist. Das zählt zu den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen, die eben von allen dann zu erfüllen sind. Davon ausgenommen sind lediglich einzelne besondere Verleihungsgegenstände, und das sind wirklich die extremen Ausnahmen. Gemäß dem § 10 Abs 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes ist der Lebensunterhalt dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzliche Unterhaltsansprüche oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt im Durchschnitt von 36 Monaten aus den letzten 6 Jahren vor dem Antragszeitpunkt von Fremden nachgewiesen werden können, wobei jedenfalls die letzten geltend gemachten 6 Monate unmittelbar vor dem Antragszeitpunkt liegen müssen. Also, 36 Monate, 6 Jahre, die letzten 6 Monate vom Antragszeitpunkt. Die genannten Nachweise sind von der jeweiligen Staatsbürgerschaftswerberin beziehungsweise dem Staatbürgerschaftswerber einzubringen, und zwar in Form von urkundlichen Nachweisen. Das heißt, jeder Nachweis ist ein Zettel. Angesichts der langen Berechnungszeiträume versteht es sich von selbst – das muss man unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dort gegenüber anerkennend erwähnen –, dass die Unterlagen sehr, sehr umfangreich sind. Wir haben gerade von den Zeiträumen gehört, über die urkundliche Nachweise zu erbringen sind. Hinsichtlich des Einkommens werden in der Praxis zumeist Einkommenssteuerbescheide, Lohnzettel, Gehaltsbestätigungen, und diese sehr oft monatsweise für ein ganzes Jahr, bei den Selbstständigen ergänzend durch Gewinn- und Verlustrechnungen, Bestätigungen über den Bezug von Arbeitslosengeld oder von Familienbeihilfe, von Kinderbetreuungsgeld, von Wochengeld und viele Nachweise zu erbringen sein. Bestehen Unterhaltsansprüche gegenüber anderen Personen, und es werden ja oft gesammelte Anträge gestellt, zum Beispiel gegenüber Kindern, Eltern oder Ehegatten, dann sind auch die Einkünfte dieser Personen zur Berechnung heranzuziehen, was natürlich noch einmal zu einer Vervielfachung der Nachweise führt. Hinzu kommt, dass im Verfahren oftmals auch negative Informationen beinhaltet sind. Damit meine ich, dass es notwendig ist, dann ein Parteiengehör einzuräumen, um über dieses negative Berechnungsergebnis miteinander reden zu können; und da werden dann oft wiederum weitere Unterlagen vorgelegt, ergänzend zum Vorbringen, und die gilt es dann auch zu berücksichtigen. Das heißt, wir sind da schon in einem ganz schönen Aktenzettelprozess drinnen. Diese Fülle der Nachweise, mit denen wir da konfrontiert sind, führt sehr schnell dazu – jetzt zu Ihrer Frage – , dass 100 Papierseiten in so einem Akt eine realistische Größe sind. Abgesehen davon, muss man auch dazusagen, ist ja auch der gesamtwirtschaftliche Trend, was Arbeit und Einkommen betrifft, auch zu berücksichtigen, und der beschäftigt uns natürlich auch bei einem Antrag auf Verleihung einer Staatsbürgerinnenschaft oder einer Staatsbürgerschaft: Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, oft mehrere Jobs, um auf ein entsprechendes existenzsicherndes Einkommen zu kommen, Arbeitgeberwechsel, eben diese mehrere Anzahl von vielleicht auch prekären Beschäftigungsverhältnissen, das alles füllt hier Seite um Seite. Im Übrigen ergeben sich aus den gesetzlichen Bestimmungen, die auf die Einkünfte, nicht aber auf ein bestimmtes insbesondere steuerliches Einkommen abstellen, teilweise auch überaus sehr komplexe Fragestellungen, was den Verwaltungsaufwand wiederum zusätzlich vermehrt. Hat etwa noch eine Veranlagung beim Finanzamt stattgefunden, noch keine Entschuldigung, muss die Behörde sozusagen Finanzamt spielen und prüfen, welche Posten vom Bruttoeinkommen jeweils abzuziehen sind: Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer, et cetera. Insbesondere bei Selbstständigen führt das häufig zu Problemen. Zum Beispiel bei der Wertung von Verlustvorträgen, die bei den realen Einkünften in solchen Fällen ja sicher höher sind als die steuerlichen Einkommen. Ich habe hier noch mehrere Beispiele, aber ich möchte das abkürzen und sagen, dass anhand der sehr technischen Ausführungen, die ich hier jetzt treffen musste, um ihre Frage zu beantworten, ich aber auch deutlichst sagen kann: Ja, durchschnittliche Staatsbürgerakten können sehr, sehr leicht 100 Seiten umfassen. Man sieht auch in der Abteilung der Magistratsabteilung 35 in der Verwaltungspraxis, dass es zum Teil sehr, sehr schwierig und vom Verfahren her sehr, sehr zeitintensiv ist. Wir haben von Seiten unseres Hauses schon mehrere Vorschläge zur Vereinfachung an den Bund gerichtet, um in den Berechnungsverfahren, die sehr komplex sind, administrativ besser arbeiten zu können. Lassen wir es einmal dabei. Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg Mag Jung. – Bitte, Herr Abgeordneter! Abg Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Frau Stadträtin, für die umfangreiche Beantwortung, wobei mich vor allem der letzte Teil interessiert hat. Denn die Stoßrichtung der Frage war ja nicht, dass man die Überprüfungen beim Vorgang der Verleihung der Staatsbürgerschaft sorgfältig machen soll; sondern die Anfrage bezog sich eben, wie gesagt, auf die von Ihnen bestätigten 100 Seiten Papier. Ich war selbst eine geraume Zeit Beamter, und ich kann mich erinnern: Vor gut zehn Jahren, bei der Einführung des elektronischen Aktes hat man uns gesagt, jetzt kommt das papierlose Büro in den Dienststellen. Genau dahin gehend war meine Frage. Jetzt auch zu Ihren Vorschlägen. Gibt es keine Möglichkeit – es würde auch eine Beschleunigung bedeuten – den wirklich papierlosen oder weitgehend papierlosen Akt in diesem Bereich – die Antragsteller werden das Papier weiterhin bringen müssen – einzuführen? Oder bleibt dieses weitgehend papierlose Büro auch in den nächsten zehn Jahren noch Zukunftsvorstellung? Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Ich kann Ihre Frage beantworten. Ich weiß jetzt schon, dass Sie die Antwort nicht hören wollen. Ich sage es trotzdem. Ich bin die Erste, die einen papierlosen Akt möchte. Aber Tatsache ist, und wir haben das auch in vielen Bereichen, dass man erstens einmal einen Staatsbürgerschaftsantrag nicht mit einem Parkpickerl vergleichen kann. Zweitens gibt uns das Gesetz auf Bundesebene ganz genau vor, wie so ein Akt zu führen ist, wie oft die Partei vorsprechen muss, um überhaupt so einen Antrag stellen zu können, und dass alles eben urkundlich sein muss, beglaubigt sein muss und erbracht werden muss. Das ist unser großes Problem, dass wir eben im Staatsbürgerschaftsgesetz so eine klare Normierung in dieser Angelegenheit haben, dass ich sagen muss: Wir sind leider sehr, sehr weit weg von einer Vereinfachung, von einer durchgehenden elektronischen Aktenführung. Das bedaure ich zwar sehr, aber einmal mehr: Wir haben hier von hier aus schon Anträge verabschiedet, in denen wir eben ersucht haben, zur Verfahrensvereinfachung und zur elektronischen Aktenführung auf der Bundesebene nicht nur Schritte zu setzen, sondern auch Schritte zuzulassen. Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg Dr Ulm. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Auch ich bin der Meinung, dass man den elektronischen Akt forcieren müsste. Das ist auch Ihre Meinung, Frau Stadträtin, wie ich gehört habe. Das bringt sicherlich mehr Verwaltungseffizienz. Ich möchte nicht, dass es wieder heißt, es ist der Bund Grund dafür, dass man in der Gemeinde Wien etwas nicht durchsetzen kann; denn ich weiß, dass es mittlerweile im Justizbereich gang und gäbe ist, dass man Originalurkunden gar nicht mehr hinterlegt, gar nicht mehr einreicht. Für das Grundbuch ist es nicht mehr erforderlich, den Kaufvertrag im Original vorzulegen; für das Firmenbuchregister ist es nicht mehr erforderlich, den Gesellschaftsvertrag im Original vorzulegen. Rechtsanwälte scannen diese Verträge und übermitteln sie elektronisch an das Gericht und diese Urkunden sind dann elektronisch einsehbar. Dieses Prinzip sollte, glaube ich, auch bei der Gemeinde Wien verwirklicht werden. Selbstverständlich muss der Antragsteller Urkunden im Original bringen, aber warum soll das dann nicht eingescannt werden können nach einer Überprüfung des Originals, ob das Original in Ordnung ist? Und warum soll man dann nicht mit einem elektronischen Akt weiterarbeiten können, wie das mittlerweile bei den Bundesstellen, soweit ich das aus meiner beruflichen Praxis sehe, bereits gang und gäbe ist? Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Es mag schon mehrere Bundesstellen geben, die das tun, aber im Staatsbürgerschaftsrecht haben wir diese Möglichkeit nicht. Derzeit sind wir im Staatsbürgerschaftsrecht in der Situation, dass die Antragstellerinnen/die Antragsteller zwei Mal persönlich erscheinen müssen, dass vieles erklärt werden muss. Und in der Abfolge drinnen steht, und dass wir eben bei den elektronischen Akten das Problem haben, dass wir diese Dokumentation der letzten 36 Monate, der letzten 6 Monate vor der Antragstellung natürlich auch wirklich lückenlos durchführen müssen. Sie müssen sich vorstellen, da kommen Leute, die stellen einen Antrag, die bringen 100 Gehaltszettel mit. Jetzt kann man sagen, okay, wir können die einscannen, aber das würde den Akt in seinem Verfahren an sich aus meiner Sicht nicht unbedingt beschleunigen. Wir müssen vielmehr schauen, wie wir diese Nachweise vielleicht auch vereinfachen können, wie wir die Verfahren komplexer gestalten können. Und da kann ich Ihnen sagen, dass sowohl die Magistratsabteilung 35 als auch unsere IKT-Abteilung gemeinsam sehr intensiv daran arbeiten, dass die Stadt diese Verfahren und die elektronische Aktenführung auch in diesem Bereich gut erreichen kann. Das ist auch einer unserer nächsten Schritte, denn es tut sich ja viel in der Magistratsabteilung 35. Ich rede mich hier nicht auf den Bund aus. Ich möchte nur einfach sagen: Die Verfahren sind so komplex, dieses zweimalige persönliche Erscheinen, dieses Erbringen dieser ganz vielen Nachweise, das ist natürlich nicht nur vom Papieraufwand her gewaltig, sondern das ist insgesamt ein sehr gewaltiges Verfahren. Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg Mag Jung. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke nochmals auch für diese weitere Auskunft, Frau Stadträtin! Wir sehen also, dass das nach Ihrer Aussage im Wesentlichen mit den Regelungsmechanismen, wahrscheinlich mit dem Innenministerium, und so weiter, zusammenhängt, also nicht in Ihrem Einflussbereich liegt. Trotzdem eine Frage zur Vereinfachung in diesem Bereich, nämlich zur Kostenersparnis bei den elektronischen Unterlagen. Wir bekommen auch im Ausschuss Unterlagen, und es wäre leicht möglich bei den meisten Akten – ich rede ja nicht von Vergabeakten mit Ausschreibungen –, diese gleich elektronisch an die Ausschussmitglieder zu übermitteln. Man würde sich damit Zeit und Papier ersparen. Sehen Sie die Möglichkeit, das in Ihrem Ausschuss zu tun? Präsident Johann Herzog: Frau Landesrätin! Ich bitte um die Beantwortung! Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Es gibt ein ganz großes Projekt bei uns im Magistrat, nämlich ELAK. Da wird ein Verfahren nach dem anderen hergenommen und man versucht, da die elektronische Aktenführung einzuführen. Auch hier sind wir damit schon konfrontiert. Zum Beispiel werden die Anträge, die gestellt werden, schon elektronisch weiterverteilt und geführt. Ich denke, in der Zukunft wird das vielleicht auch einmal kommen. Ich kann Ihnen aber jetzt nicht sagen, wann, denn was wir uns vorgenommen haben bei dieser ganzen ELAK- Sache, ist, dass wir in allererster Linie einmal schauen möchten, dass unsere BürgerInnen und Bürger die Ersten sind, die profitieren von so einer Verdichtung von Verfahren, von der Beschleunigung von solchen Verfahren. Und noch einmal, die Frage des ELAK in der Magistratsabteilung 35 stellt sich einfach jetzt, zu dieser Zeit deshalb nicht, weil die elektronische Aktenführung bei einem Staatsbürgerschaftsantrag gesetzlich nicht möglich ist. Präsident Johann Herzog: Ich danke der Frau Landesrat. Die 3. Anfrage (FSP – 03661-2014/0001 – KSP/LM) wurde von Abg Barbara Teiber gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal gerichtet. (Im März 2014 haben Sie uns über die Dienstrechts- und Besoldungsreform ‚Arbeiten für Wien‘ informiert. Wie ist der aktuelle Stand der Besoldungsreform?) Bitte, Frau Landesrat. Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, danke für diese Frage! Ich habe ja angekündigt, dass ich immer bei nächsten Etappenschritten hier im Landtag gerne berichten möchte, wo unsere Besoldungsreform gerade steht. Nun ist es so, dass wir ganz viele Informationen dazu unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Intranet zur Verfügung stellen; denn – und das habe ich auch schon am Dienstag bei unserer Diskussion zu meiner Geschäftsgruppe für die Budgeterstellung erzählt –, es geht uns sehr stark auch darum, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter absolut im Bilde darüber sind, was gerade passiert und wo wir gerade stehen in diesem Reformprozess. Was ich Ihnen mitteilen kann, ist, dass wir unter dem Motto „Arbeiten für Wien“ diese große Besoldungs- und Dienstrechtsreform angegangen sind. Das läuft auf Hochtouren. Wenn man es vom Programm her anschauen möchte, befinden wir uns derzeit in der Phase 2. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass wir unser bisheriges Gehaltssystem weiterentwickeln wollen, Regeln definieren wollen und wir uns ansehen wollen, wie wir Funktionen, Beschäftigung bewerten werden. In dieser Phase 2 geht es erst einmal darum, die Grundlage für ein neues Dienstrechts- und Besoldungssystem zu schaffen. Ich habe im März schon einmal erzählt, wie wir das angehen möchten: Bis 2017 soll das System in Kraft treten, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die danach aufgenommen werden, werden in dieses neue System hineinkommen. Das bisherige bleibt natürlich und muss dadurch auch kontinuierlich weiterentwickelt werden; wiewohl es natürlich Angebote an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben wird, die in diesem sogenannten alten System sind, in das neue System hinein zu optieren. Das ist aber ganz sicher noch ein ganz großer Schritt und auch eine Ausverhandlungssache unter den Sozialpartnerinnen und Sozialpartnern. Kern der derzeitigen Arbeit ist in der aktuellen Phase die Funktionsbewertung an sich. Da geht es darum, sachlich richtige, aber auch gut nachvollziehbare Einstufungen vorzunehmen. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch in Richtung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betonen, und das ist ganz wichtig: Wir bewerten hier Funktionen und nicht Personen. Es geht wirklich darum, sich die Funktion anzusehen, die erfüllt werden muss, und nicht die Person. Und es geht auch darum, und das ist uns sehr wichtig als Ziel, Grundlagen zu schaffen für ein neues Besoldungssystem, das eben objektiv, gender-gerecht, diskriminierungsfrei und natürlich auch entsprechend transparent ist. Die Funktionsbewertung basiert auf einer wissenschaftlichen Methode, die international sehr erfolgreich angewandt ist. Ich möchte nur einmal mehr sagen: Wir sprechen in unserem Bereich der Stadt Wien von 70 000 Beschäftigten und 300 verschiedenen Berufsgruppen. Das zu bewerten, da braucht es natürlich eine gute Methode, die auch garantiert, dass wir einen objektiven Zugang hier wählen können. Und was wir noch machen, ist: Wir beziehen in diesen gesamten Besoldungsprozess auch sogenannte Stakeholders ein, um Erfahrungen in diesem Bereich abzurufen und aus Fehlern, die andere vielleicht gemacht haben, gut lernen zu können; beziehungsweise gehen wir auch her und nehmen die Erfahrungen anderer Gebietskörperschaften auf, um da eben eine gute Methodik anzuwenden. Methodisch und organisatorisch wird die Funktionsbewertung durch den Unternehmensberater CFS Consulting GmbH begleitet. Das ist ein Vorarlberger Unternehmen, das ausgezeichnete Referenzen hat, und zwar auch im kommunalen Bereich. Das Verfahren war sehr, sehr aufwändig. Es war ein EU-weites Verfahren, dass wir toll abschließen haben können. Es freut mich als Vergabestadträtin, dass uns für die Qualität der Ausschreibung ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt wurde. Wir haben mit dem Gemeinderatsausschussbeschluss vom 10. November jetzt diese Funktionsbewertung gestartet. Alle Betroffenen sind eingebunden. Ich möchte das jetzt nicht allzu sehr in die Länge ziehen. Aber es ist uns darum gegangen, und das ist mir sehr wichtig, dass im gesamten Programm, natürlich auch bei der Funktionsbewertung, immer die betroffenen Bereiche mitarbeiten, mit einbezogen sind, dass die Bedienstetenvertretung, die Gleichbehandlungsbeauftragte, die Vertreterinnen und die Vertreter der Dienststellen einbezogen sind und dass wir diese Systematik eben auch in der kleinsten Einheit widerspiegeln. Das heißt, jede Funktionsbewertung erfolgt in diesem System, und das ist etwas, worauf wir sehr stolz sind. Die Funktionsbewertung ist so aufgebaut, dass ein Wissenstransfer zwischen dem Unternehmen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Wien stattfindet. Dieses Wissen ist uns wichtig, um das System nach dem Start auch wirklich weiterentwickeln zu können. Das ist zum Beispiel eine Erfahrung, die wir aus einem Bundesland mitgenommen haben, von dem wir jetzt schon profitieren können. Die gesamte Dienstrechts- und Besoldungsreform ist ein gemeinsames Vorhaben von der Politik der Verwaltungs- und den Bedienstetenvertretern; uns ist es von Haus aus darum gegangen, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sinne eines Wir-Gewühls, wir „Arbeiten für Wien“, auf Augenhöhe entgegenzutreten. Deswegen fragen wir jetzt gerade unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter dem Thema „Arbeiten für Wien“, wie sie die Stadt Wien als Arbeitgeberin sehen, welche Werte sie mit der Stadt Wien als Arbeitgeberin verbinden, und so weiter. Die Idee dabei ist, dass wir auf der einen Seite den wichtigen Schritt setzen müssen, die Arbeitgeberin Stadt Wien als eine Marke zu etablieren, denn wir brauchen auch die richtigen Leute für die richtigen Positionen in der Zukunft. Es geht darum, uns am Arbeitsmarkt so positionieren zu können, dass wir gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen können, damit wir im Dienste der Stadt dazu beitragen können, dass diese Lebensqualität eben weiter in dieser Stärke vorhanden ist. Also, kurz zusammengefasst: Es läuft auf Hochtouren, die Phase 2 der Funktionsbewertung ist sicher eine arbeitsaufwändige. Die werden wir schon im nächsten Jahr abgeschlossen haben. 2017 wird es dann gelten, und ich bin sehr, sehr zuversichtlich, dass das eine gute Reform mit Hand und Fuß wird. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Ich danke der Frau Landesrat. Die 1. Zusatzfrage kommt vom Abg Dr Ulm. Ich ersuche darum. Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Ich zweifle nicht daran, dass da jetzt im Augenblick sehr viel passiert, dass Sie sich sehr stark engagieren und dass sich sehr viele Menschen sehr stark engagieren. Aber ich erinnere daran, dass der Ausgangspunkt der Debatte war, endlich mit dieser Fülle an Zulagen und mit dem Nebengebührenkatalog fertig zu werden. Und in diesem Zusammenhang fällt mir wirklich nur der Spruch ein: „Berge haben gekreißt und ein Mäuslein ward geboren.“ (Heiterkeit bei Abg Angela Schütz.) Denn da hilft ja alles nichts, so viel Arbeit und Engagement man da jetzt auch hineinsetzt. Es hat für mich den Eindruck, dass der Nebengebührenkatalog erst in 30 bis 40 Jahren abgeschafft werden soll und wir jetzt 2 Systeme haben werden. Statt zu einer Verwaltungsvereinfachung zu kommen und zu weniger Aufwand in der Bürokratie, werden wir uns dann mit zwei Gehaltssystemen plagen müssen. Das kann doch nicht das Ziel sein! Mit diesem Erfolg kann man sich doch nicht zufriedengeben: Tausende Zulagen, hunderte Seiten Gebührenkatalog, mehrere Kilo ist er schwer. Frau Stadträtin, stimmt es, dass es noch 30 bis 40 Jahre dauern wird, bis wir den nicht mehr haben? Präsident Johann Herzog: Frau Landesrat, ich bitte um die Beantwortung. Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Herr Abg Ulm! Auf der politischen Ebene können wir das ja alles gerne diskutieren. Aber hier zu behaupten, es sei nur ein Mäuslein geboren, den 70 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber, die hier wirklich sehr, sehr aktiv dazu beitragen, dass wir ein modernes Besoldungssystem zustande bringen, das ist eigentlich ein bisschen ein Affront gegenüber den Leuten. (Abg Dr Wolfgang Ulm: Überhaupt nicht!) – Doch, und ich glaube, es wird auch so empfunden, weil ja natürlich sehr, sehr viel Herzblut, sehr, sehr viel Arbeit und sehr, sehr viel Engagement da hineininvestiert wird. Uns war von Anfang an wichtig, nicht auf Zuruf von Ihnen die eine oder andere Nebengebühr abzuschaffen – dazu sage ich dann auch noch etwas –, sondern uns war von Anfang an wichtig, ein gutes, starkes, neues Besoldungssystem einzuführen. Da sind wir gerade dran. Und das für so einen großen Apparat wie die Wiener Verwaltung zu tun, ist natürlich ein Megaprojekt. Es ist in jedem Besoldungsverfahren so – tun Sie nicht so, als wäre das nicht in der Privatwirtschaft genau dasselbe – es ist in jedem dieser Besoldungsverfahren so, dass es irgendwann einmal in Kraft tritt und dass die Menschen, die in den Betrieb neu einsteigen, dieses Besoldungssystem vorfinden, und die Menschen, die auf ein altes System, ich sage jetzt einmal, vertraut haben, weiter in diesem System bleiben. Es wird darum gehen zu schauen: Profitiert jemand davon, wenn er umsteigt oder nicht umsteigt? Und welches Angebot zum Umstieg? Wir formulieren an jede Einzelne und an jeden Einzelnen und in der Technik die Optionsmöglichkeit. Es wird natürlich dann darum gehen, dieses alte System kontinuierlich weiterzufahren. Da bin ich jetzt noch einmal bei Ihrer ständigen Anschuldigung auf unsere Nebengebühren. Ich glaube, Sie sehen absichtlich nicht, mit welcher Konsequenz wir das letztendlich evaluieren, welche Bestrebungen wir haben. Wir gehen in ganz, ganz vielen Arbeitsbereichen dieser Stadt mittlerweile längst davon ab, Nebengebühren auszuzahlen, sondern wir gehen schon dazu, anhand von Funktionszulagen zu arbeiten, und diese Funktionszulagen gestalten sich wiederum genau nach derselben Methodik, wie wir auch die Funktionsbewertung im neuen System vornehmen werden. Das heißt, auch dort passiert eine absolute Reform. Ich möchte mich dagegen verwehren, dass man sagt, ein paar wenige werden am 1. Jänner 2017 bei der Stadt zu arbeiten anfangen und werden das neue System haben und die anderen hackeln weiter nach dem alten System. Nein, denn zu diesem Zeitpunkt ist das alte System auch schon wieder ein neues, weil es sich ständig reformiert, weil ständig daran gearbeitet wird und weil der Weg grundsätzlich für beide gleich ausschaut. Der Weg geht nämlich in Richtung Funktionsbewertung. Wir wollen den Verwaltungsaufwand, den Administrationsaufwand möglichst gering lassen und mit starken Bewertungen hier ein modernes System aufbauen, nämlich für die Leute, die neu kommen, aber auch für die Leute, die hier arbeiten. Gleichzeitig ist mir das als Personalstadträtin wichtig, und da bin ich auch den Sozialpartnern gegenüber verbunden, dass wir den Menschen nicht Angst machen mit einem neuen System, sondern dass wir gut informieren. Deswegen würde ich auch Sie bitten, dass Sie die Menschen gut informieren und hier nicht mit irgendwelchen Geschichten daherkommen, die so nicht stimmen und nur zur Verunsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen. Präsident Johann Herzog: Danke, Frau Landesrat. Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg Puller. Ich ersuche darum. Abg Ingrid Puller (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Landesrätin! Ich komme gleich zu meiner Frage, und die lautet: Wie wird die Gender-Gerechtigkeit in der Besoldungsreform neu umgesetzt? Präsident Johann Herzog: Frau Landesrat, ich bitte um die Beantwortung. Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Die Motive, warum wir diese Besoldungsreform überhaupt angegangen sind, waren mehrere, objektiv und unter anderem auch gendergerecht. Ich sage dazu, das hat für mich auch eine sehr zentrale Rolle gespielt, weil ich hier in einer Doppelfunktion aktiv bin: Ich bin auf der einen Seite natürlich für das Personal zuständig, aber ich bin auch die Frauenstadträtin. Deshalb haben wir ja schon vor dieser Besoldungsreform uns mit dem Bericht zur Einkommenstransparenz ganz genau angeschaut, wie die Gehaltsgestaltungen von Frauen und Männern in unserer Stadt sind. Ja, auch in unserer Stadt gibt es einen Gehaltsunterschied. Er ist zwar weit geringer, aber er ist da, mit 11 Prozent. Was jetzt dieses transparente System tun muss, ist, im Sinne der Gender-Gerechtigkeit dafür zu sorgen, dass wir bei der Funktionsbewertung in den Berufsfeldern sehr genau schauen: Wo sind die Frauen mehr vertreten? Wo sind die Männer mehr vertreten? Gibt es dort Unterschiede, die auf Grund des Geschlechts sich sozusagen argumentieren? Jetzt sage ich einmal, es gibt Berufsgruppen, wo viel mehr Frauen arbeiten. Dort sind meistens die Einkommen niedriger als in den Berufsgruppen, wo mehr Männer arbeiten. Wenn wir die Funktionen neu bewerten, dann wird das die große Chance sein, hier gender-gerecht zu bewerten und damit auch eine gender-gerechte Funktionsbewertung zu erwirken. Wir wissen auch aus der frauenpolitischen Theorie heraus, dass es eben ganz, ganz wichtig ist, dass man in der Arbeitsbewertung eben gender-gerecht vorgeht, und das werden wir tun. Das war auch ein ganz wesentliches Kriterium in der Ausschreibung unserer Besoldungsreform. Uns ist es auch wichtig, dass das im gesamten Prozess der Besoldungsreform ein Querschnittthema ist. Deshalb bin ich auch sehr, sehr froh darüber, dass uns unsere Gleichbehandlungsbeauftragte in dem gesamten Prozess begleitet, denn sie hat auch einen ständigen strengen Blick darauf. Präsident Johann Herzog: Danke, Frau Landesrat. Die 3. Zusatzfrage stellt Abg Schütz. Ich bitte darum. Abg Angela Schütz (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Landesrätin! Das Thema ist interessant und wichtig für die Mitarbeiter. Es ist gut, dass sie ständig informiert werden und dass sie eine Möglichkeit haben, sich daran zu beteiligen. Sie haben ja einmal gesagt, dass die Zulagen sehr viel weniger werden, aber dass es weiter Zulagen geben wird. Wir haben beim neuen Rettungsschema ja gesehen, in welche Richtung es geht. Es gibt eine geringe Erhöhung des Grundgehaltes und die, sagen wir, attraktiven, zum Teil pensionswirksamen Zulagen, sind gestrichen und durch einige wenige nicht pensionswirksame Zulagen ergänzt worden. Mitarbeiter müssen optieren. Sie haben in diesem Fall nicht die Wahlfreiheit, sondern es müssen alle bis 2017 in diesen 12,5-Stunden-Dienst wechseln. Und trotz des erhöhten Grundgehalts werden einige Mitarbeiter auf die Lebensverdienstsumme Verluste haben, obwohl sie beim Eintritt auf dieses System vertraut haben. Zu meiner Frage: Man hört jetzt zum Teil immer wieder, dass das Fixgehalt zukünftig zum Teil auch durch die Beurteilung des Vorgesetzten gestaltet werden soll. Das ist etwas, das im Raum geistert. Und das kann natürlich Probleme verursachen, vor allem dann, wenn man sich mit dem Vorgesetzten nicht so versteht. Mich würde jetzt interessieren, ob das wirklich so angedacht ist beziehungsweise was wirklich geplant ist. Und wenn so etwas geplant ist, was für Kontroll- und Optierungskriterien gibt es da? Was für Kriterien für die Optierung sind geplant? Und wie soll sich das bestehende System weiterentwickeln? Präsident Prof Harry Kopietz: Frau Landesrat, ich bitte um die Beantwortung. Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Bei der Rettung haben wir umgestellt auf Grund einer gesetzlichen Arbeitszeitvorgabe. Hinsichtlich des Systems, wie es jetzt in Kraft tritt, ist es zu einer sozialpartnerschaftlichen Einigung gekommen. Ich denke mir, das ist ein guter Weg. Es ist auch bei uns in der Besoldungsreform so, dass wir Funktionen bewerten werden und danach eben Funktionen bezahlen werden. Das war auch da schon, weil wir natürlich jetzt nichts mehr machen, schon gar nicht in großen Bereichen, was dann nachher nicht in das neue System hineinpasst. Auch das muss man dazusagen. Wir haben da jetzt zwar noch keine ganz konkreten Vorgaben, denn wir haben, wie gesagt, erst im November mit der Funktionsbewertung begonnen. Aber wir haben uns einen Korridor überlegt, in dem Reformen stattfinden sollen. Denn ich kann in vielen Bereichen jetzt nicht sagen, stopp, wir dürfen jetzt gar nichts machen, bis wir die Besoldungsreform fertig haben. Deswegen gibt es diesen Korridor, in dem wir uns bewegen, und dann gibt es halt sozialpartnerschaftliche Einigung – passt. Noch einmal zur Frage: Ich habe das vorher ausgeführt. Danke, dass Sie das noch einmal fragen, denn so kann ich es jetzt noch einmal verstärken. Wir bewerten Funktionen und nicht Personen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Und wenn jetzt schon erzählt wird, was ein Teil sein wird, finde ich das recht spannend. Deswegen informieren wir auch so viel, denn natürlich passiert das: Die Leute reden miteinander, man erzählt sich Geschichten, man sagt, hörst, hast du das schon gehört?, und plötzlich ist es eine Geschichte, die auch 20 andere gehört haben. Dort sind wir aber überhaupt noch nicht. Ich deklariere aber, dass ich glaube, dass es sozusagen Leistungsfeststellungen und Beurteilungen geben soll, dass es in der Entlohnung auch Elemente einer Leistungskomponente geben soll, aber jedenfalls in einem transparenten und nachvollziehbaren System. Es ist mir ganz, ganz wichtig, dass dieser Reformprozess genau so angelegt wird. Ich glaube, es ist auch unverzichtbar, dass, wenn wir feststellen, dass es Minderleistungen gibt, wir auch diese benennen können. Das ist einfach im Sinne einer Besoldungsreform ein Weg, den wir gehen müssen. Ich kann hier nur garantieren: Es wird keine willkürliche Beurteilungsgeschichte von einer einzelnen oder von einem einzelnen Vorgesetzten sein, sondern wir werden das in einer guten Systematik der Funktionsbewertung mitdiskutieren und jedenfalls sozialpartnerschaftlich entscheiden. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof Harry Kopietz: Ich danke der Frau Landesrat für ihre Beantwortungen. Die 4. Anfrage (FSP – 03666-2014/0001 – KU/LM) wurde vom Abg Dr Wolfgang Aigner gestellt und ist an den Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information und Sport gerichtet. („Das Land Wien wendet das Wiener Sportstättenschutzgesetz konsequent NICHT an.“ Diese bemerkenswerte Aussage traf Volksanwalt Dr Fichtenbauer in der Landtagsdebatte über den Bericht der Volksanwaltschaft. Da eine Abschaffung dieses Gesetzes aus allgemeinen sportpolitischen Überlegungen wohl nicht in Frage kommen wird und ein weiteres Ignorieren eines gültigen Gesetzes aus rechtsstaatlicher Sicht keine Lösung sein darf, kann es nur darum gehen, die Regelungen gesetzeskonform umzusetzen. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das Sportstättenschutzgesetz seitens der zuständigen Behörde in Zukunft korrekt zu vollziehen?) Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie fragen mich nach dem Sportstättenschutzgesetz und beziehen sich auf eine Aussage des Volksanwaltes in einer der letzten Sitzungen. Dazu vielleicht nur grundsätzlich von meiner Seite: Ja, es gibt auch mit dem Volksanwalt manchmal unterschiedliche Auffassungen. Eine Stellungnahme der Volksanwaltschaft hält man im Allgemeinen automatisch für die richtige Einschätzung. In überwiegenden Fällen ist sie das auch, aber sicherlich nicht in diesem Bereich. Obwohl eine sehr ähnliche Anfrage bereits beantwortet wurde, trotzdem vielleicht nochmal die grundsätzliche Bemerkung, dass seitens der MA 51 selbstverständlich das Wiener Sportstättenschutzgesetz im Sinne der geltenden landesgesetzlichen Grundlage umgesetzt und sichergestellt wird. In beiden im gegenständlichen Bericht der Volksanwaltschaft angeführten Beschwerdefällen wurde im Ergebnis für die sportlichen Nutzer und Nutzerinnen – und das ist ja zentraler Inhalt des Sportstättenschutzgesetzes, nämlich Sportstätten per se zu sichern, aber vor allem auch sportliche Qualität und Sportstätten in einer entsprechenden Qualität sicherzustellen – qualitativ und quantitativ ein weitaus höher wertiges Angebot geschaffen. Die Volksanwaltschaft bezieht sich einerseits auf die geschlossene Sporthalle Schönbrunn. Ich erinnere einmal mehr: Diese Sporthalle war schon mehrmals Gegenstand von Debatten, stand unmittelbar neben dem Weltkulturerbe Schönbrunn auf einem Bundesgrund und wurde von der Sportunion betrieben. Im Verfahren nach dem Wiener Sportstättenschutzgesetz kam es im Hinblick auf eine mögliche Ersatzsportanlage im räumlichen Einzugsgebiet zu keinerlei brauchbarem Ergebnis. Es kam daher und, wie im Sportstättenschutzgesetz vorgesehen, der § 4 Abs 3 des Wiener Sportstättenschutzgesetzes zur Anwendung, der Folgendes festlegt: „Ist die Schaffung einer gleichwertigen Sportstätte im Sinne des Abs 2 nicht möglich, so ist die Bewilligung nur dann zu erteilen, wenn die in Aussicht genommene Verwendung der Liegenschaft in wesentlich höherem öffentlichen Interesse gelegen ist als der weitere Bestand der Sportstätte und der Bewilligungswerber eine Sportstätte errichtet, durch die ein Bedarf an einer gleichwertigen oder ähnlichen Sportstätte in einem außerhalb des räumlichen Einzugsbereiches der aufzulassenden Sportstätte gelegenen Gebiet von Wien befriedigt werden kann.“ Das Gesetzt legt also klar fest – ich übersetzte es jetzt aus dem Juristendeutsch, aber auch ich bin kein Jurist –: Wenn man im räumlichen Einzugsgebiet nichts findet, kann man auch außerhalb eine Ersatzstätte schaffen, wenn sie in einem ähnlichen oder einem höheren Ausmaß dem öffentlichen Interesse im Sinne des Bestands der Sportstätte Rechnung trägt. Dies wurde mit den Investitionen in die Sportanlage des Turnzentrums La Ville – dazu haben wir hier im Gemeinderat einen Beschluss über einen Zuschuss gefasst –, in die Sportunion Wien, aber auch in die Sportstätte in Wien 9 in der Sensengasse – dort ging es bekanntermaßen um vier Normturnsäle, eine Rasenfläche und eine Outdoor-Leichtathletikanlage – sowie dem Um- und Ausbau des Union-Sportzentrums im Prater mit Kunstrasenplatz mit dem entsprechenden Rugby-Zentrum und der neuen Paddle-Tennis Anlage verwirklicht. Es wurde dort also eindeutig mehr als die Turnhalle und das Trainingszentrum für Rugby errichtet und letztendlich qualitativ, aber auch quantitativ eine Ersatzlösung im Sinne des Sportstättenschutzgesetzes geschaffen. Zu Breitenlee: In der mündlichen Anfragebeantwortung vom 31. Jänner 2014 im Wiener Landtag an die ÖVP habe ich Ihre Frage, die überwiegend den gleichen Inhalt hat, bereits beantwortet. Ergänzend möchte ich jedoch informieren, dass, wie von der MA 51 der Volksanwaltschaft dargelegt, in dieser Causa keinerlei Grundlage für eine Strafverfolgung mangels Auflassung im Sinne des Wiener Sportstättenschutzgesetzes bestand und auch besteht. Der Rechtsansicht der Volksanwaltschaft folgend, und das ist der wesentliche Bereich, wäre im Ergebnis grundsätzlich jegliche Unterbrechung eines sportlichen Betriebs auf einer Sportanlage letztendlich unverzüglich als mögliche Verwaltungsstraftat zu beurteilen und dementsprechend auch zu verfolgen. Eine derartige Interpretation ist in den geltenden landesrechtlichen Bestimmungen aus Sicht der MA 51 - Sportamt – und hier teilen sich die Auffassungen ganz maßgeblich – allerdings nicht zu entnehmen. Eine derartige Handhabung des Wiener Sportstättenschutzgesetzes würde dessen Zweck, nämlich dem Erhalt von Sportstätten, vielmehr diametral zuwiderlaufen. Als Ersatzsportanlage für diese Anlage in Breitenlee wird die Richtung einer öffentlichen und ganzjährig benutzbaren Sportanlage in Wien 22, Strakaweg, realisiert werden. Die Ersatzsportanlage wird aus dem Volleyballfeld, einem Mehrzweckspielfeld, beide auf EPDM-Oberfläche, und zwei Rasenfeldern für Fußball bestehen. Die Gesamtfläche wird rund 6 000 m² umfassen. Entsprechende Spielfeldeinfriedungen mittels Ballfangzäunen und Spielerbänke sind ebenfalls entsprechend vorgesehen. Die Errichtung wird von der GEWOG, dem Bauträger, der an dieser ehemaligen Sportstätte tätig wird, finanziert werden. Im Gegensatz zur ehemaligen Sportstätte, die nur Vereinsmitgliedern zur Verfügung stand, wird die neue Anlage ganzjährig Mädchen und Burschen sowie allen Altersgruppen unentgeltlich zur Verfügung stehen. Also auch hier ein klarer Nachweis dafür, dass die Ersatzanlage in einem wesentlich höheren Ausmaß, obwohl sogar noch eher im Einzugsgebiet liegend, letztendlich eine höhere Qualität aufweisen wird und deshalb hat man sich aus Sicht der MA 51, aber auch aus meiner nichtjuristischen Sicht, sehr genau an das Gesetz und an das Sportstättenschutzgesetz in Wien gehalten. Präsident Johann Herzog: Ich danke Herrn Landesrat. Die 1. Zusatzfrage stellt Abg Dr Aigner. Ich bitte darum. Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Danke für die ausführliche Beantwortung. Ich glaube, die zwei Fälle, die im Bericht der Volksanwaltschaft da aufgeführt wurden, muss man natürlich wirklich trennen, weil in der einen Frage geht’s um die Interpretation, was ist eine gleichwertige Anlage und in welcher Entfernung ist die zumutbar, und die zweite Sache ist in Breitenlee eben die Frage der konsenslosen Auflassung einer Sportstätte. Ich glaube, rein vom Juristischen her muss hier die Einleitung eines Strafverfahrens ja nicht notwendig in eine Strafe führen. Ich glaube, es wäre schon wichtig, dass, wenn der Verdacht einer verwaltungsstrafbaren Handlung besteht, ja jedenfalls ein Strafverfahren eingeleitet werden kann, um einmal auch dem möglichen Verletzter des Sportstättenschutzgesetzes zu signalisieren, dass dieses Gesetz entsprechend ernst genommen wird. Insofern kann man das eine tun, ohne das andere zu lassen, um zu zeigen, dass wir das Gesetz ernst nehmen. Meine Frage geht dahin: Wir diskutieren ja auch sehr viel über die wachsende Stadt und über die Notwendigkeit, Wohnraum zu schaffen. Können Sie jetzt aus Ihrer persönlichen Praxis und im Vollzug dieses Gesetzes feststellen, dass es einen zunehmenden Druck gibt, bestehende Sportstätten aufzulassen und einer anderen Nutzung zuzuführen? Präsident Johann Herzog: Herr Landesrat, ich ersuche um Beantwortung. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Dass eine wachsende Stadt und zusätzliche Bevölkerung grundsätzlich einmal letztendlich auch den Bedarf an zusätzlichen Sportflächen auslöst, ist unbestritten, gar keine Frage. Mehr Menschen, mehr junge Menschen und mehr sportliche Betätigungsmöglichkeiten hängen natürlich eng miteinander zusammen und ich glaube, dass die Stadt dem auch in vielfältiger Weise Rechnung trägt, nicht nur in klassischen Sportstätten, also nicht nur in den klassischen, ich sage jetzt einmal, Fußballplatz mit Laufbahn oder Ähnlichem mehr, sondern auch mit tatsächlichen Erholungs- und Freiflächen in der Stadt. Ich denke, hier gibt es auch gute Beispiele dafür, die es letztendlich auch möglich machen, vereinsungebunden Sport auszuüben. Wir wissen, das liegt durchaus auch im Trend. Wien bekennt sich ganz maßgeblich zu den Sportvereinen in der Stadt. Aber wir wissen gleichzeitig auch, dass durchaus auch bei einem großen Teil der Bevölkerung der Trend da ist, vereinsungebunden Sport auszuüben. Deshalb ja zum Beispiel auch unsere Sport- und Fun-Hallen, die es möglich machen, sportliche Betätigung abseits von Sportvereinen in einer sehr unverbindlichen Art und Weise auszuüben und hier mehr Möglichkeiten bieten. Insofern geht der Trend und ist der Druck eigentlich gerade durch das Sportstättenschutzgesetz ein sehr geringer, weil man weiß, die Auflagen sind sehr große und sehr enge und werden auch, wie gesagt, aus meiner Sicht von der MA 51 sehr penibel beachtet. Worum es uns schon geht, und das liegt durchaus auch in beiderseitigem Interesse, nämlich auch von vielen Eigentümern von Sportstätten, ist tatsächlich die Nutzung der Flächen zu optimieren. Das sehe ich grundsätzlich einmal nicht als schlecht. Wir haben auch hier sehr gute Beispiele in der Stadt, wie ich denke, dass bei Sportstätten, obwohl sie letztendlich der sportlichen Ausübung weiterhin dienen, trotzdem Randflächen besser genutzt werden für Wohnbau, für diverse letztendlich auch Gastronomiebetriebe oder Ähnliches mehr, weil halt klarerweise nicht jedes Grundstück, auf dem sich ein Sportplatz befindet, automatisch dieselben Ausmaße hat und es sehr viele Randflächen gibt, die tatsächlich auch besser genutzt werden können. Hier gibt es letztendlich auch immer wieder die Bereitschaft, Flächen auch im Interesse vieler Vereine, die ja die Flächen oft betreiben und für die laufenden Kosten aufkommen, hier besser und intensiver zu nutzen, und auch sicherzustellen, dass der Verein die eine oder andere Einnahme bekommt, wenn es eine Fläche ist, die eben für sportliche Ausübung oder für sportliche Nutzung tatsächlich nicht genutzt werden kann. Insofern, glaube ich, geht Wien hier einen sehr guten Weg. Es sichert die Sportanlagen, es bietet zusätzliche sportliche Betätigungsfelder für all jene, die nicht in den klassischen Sportverein kommen wollen und auch nicht kommen können, weil eben regelmäßige Sportausübung vielfach mit normalen klassischen Tagesabläufen heute nicht mehr vereinbar ist. Jeden Dienstag muss ich um sechs in den Verein gehen oder gehe halt um sechs in den Verein, deshalb auch die zeitenunabhängige Sportausübung im Mittelpunkt. Ich glaube, diese Mischung bewährt sich auch in der wachsenden Stadt. Präsident Johann Herzog: Danke, Herr Landesrat. Die 2. Zusatzfrage wird von der Abg Mag Schneider gestellt. Ich ersuche darum. Abg Mag Ines Schneider (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Ja grüß Gott, Herr Landesrat! Sie haben gerade erwähnt, dass Wien wächst. Sie wollen die Sportstätten sichern und auch qualitative Angebote bieten, wo wir aber trotzdem wissen, dass wir keine zeitgemäßen Standards in den derzeitigen Sportanlagen haben. Wir haben auch keine Mehrzweckhalle, die heute notwendig wäre, um das alles zu erfüllen. Erst jetzt ist auch wieder die Diskussion um das Happel-Stadion entbrannt, wo man auch sagt, dass es schwere Mängel aufweist, und das ist jetzt nicht meine Meinung, sondern das hat sogar der ÖFB-Präsident selbst gesagt. Wird jetzt die MA 51 beziehungsweise werden Sie jetzt endlich eine Sportstättenanalyse in Wien durchführen, damit auch der Sport in Wien den Stellenwert bekommt, den er eigentlich verdient? Präsident Johann Herzog: Herr Landesrat! Amtsf StR Christian Oxonitsch: Dass ich nicht noch einmal besonders auf den Nebensatz die Mehrzweckhalle betreffend eingehe, glaube ich, ist durchaus nachvollziehbar. Ich möchte einfach nur feststellen, dass erfreulicherweise gerade auch die immer wieder als Mehrzweckhalle sehr nutzbare Wiener Stadthalle den entsprechenden Zuschlag für die Handball-Europameisterschaft 2020, oder Weltmeisterschaft, da bin ich mir jetzt nicht sicher, vor wenigen Tagen bekommen hat, ein sehr erfreulicher Anlass, wo auch wieder einmal mehr belegt wurde - und es ist ja noch gar nicht so lange her, dass in Wien ein entsprechender internationaler Handball- Wettbewerb in der Stadthalle stattgefunden hat -, dass man einmal mehr auf diese Halle zurückgreift und Wien als Veranstaltungsstätte nutzt. Und das zeigt eigentlich, dass die allgemeine Einschätzung, die hier immer wieder im Gemeinderat propagiert wird, der Realität durchaus nicht entspricht, gerade wenn ich mir ansehe, wie viele internationale Sportveranstaltungen in den letzten 18 Monaten stattgefunden haben, kleineren und größeren Ausmaßes. Insofern kann ich nur sagen: Wien bemüht sich selbstverständlich, die Sportstätten immer auf einem zeitgemäßen Standard zu haben. Es liegt in der Sache, sage ich jetzt einmal, dass Fachverbände hier immer wieder durchaus unterschiedliche Einschätzungen haben. Deshalb ist ja gerade die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fachverbänden als die unmittelbar für den Leistungssport zuständigen Abteilungen sehr intensiviert worden, nicht zuletzt auch in der Frage der Hallenvergabe, um letztendlich dem professionellen Sport hier optimale Rahmenbedingungen zu geben. Es gibt ja gemeinsam mit der MA 51 und den Fachverbänden derzeit eine entsprechende Erhebung, in welchen Bereichen hier in der Stadt Defizite bestehen. Keine Frage, ich sage einmal mehr, bei rund 80 geförderten Sportarten in der Stadt, zu denen ich mich auch bekenne, ist es selbstverständlich, dass nicht jedem Bedarf immer entsprechend Rechnung getragen werden kann. Aber ich halte diesen Weg trotzdem gemeinsam mit den Fachverbänden, aber auch mit den Dachverbänden für den richtigen, tatsächlich ein breites sportliches Angebot in der Stadt auch zu fördern und nicht jenen Weg zu gehen, der international durchaus üblich ist, sich auf 10 bis 15 Sportarten zu beschränken, die seitens der Stadt versorgt werden und viele andere Angebote letztendlich rein nur mehr dem privaten Sektor zu überlassen. Ich glaube, das breite sportliche Angebot ist tatsächlich ein wesentlicher Bestandteil der Lebensqualität in dieser Stadt und das unterscheidet uns maßgeblich von anderen Städten. Wir setzen nicht nur auf einige wenige Sportarten, wo letztendlich die öffentliche Hand Unterstützungsleistung gibt, sondern auf alle olympisch anerkannten Sportarten, und ich glaube, dieser Weg ist auch richtig. Präsident Johann Herzog: Danke, Herr Landesrat. Die nächste Zusatzfrage stellt Abg Mag Kasal. Ich ersuche darum. Abg Mag Günter Kasal (Klub der Wiener Freiheitlichen): Schönen Vormittag, Herr Landesrat! Sie haben völlig richtig ausgeführt, es gibt einen breiten Interpretationsraum beim Sportstättenschutzgesetz. Der entscheidende Punkt ist die Einhaltung der Fristen. Das kann man nicht interpretieren, es gibt Fristen, die einzuhalten sind. Und genau das ist in Breitenlee passiert, dass die Fristen nicht eingehalten wurden und das eigentlich mit einer Verwaltungsstrafe geahndet hätte werden müssen. Ich beurteile nicht, ob die neue Lösung besser ist, oder von der Sportunion die Geschichte, ob die besser ist oder nicht. Faktum ist, es hätte ein Verwaltungsstrafe verhängt werden können, aus meiner Sicht sogar müssen. Dafür braucht man kein Jurist zu sein. Man hat aber gute Juristen im Sportamt, die gefragt werden können. Meine Frage an Sie: Sie sagen selbst, es gibt einen sehr breiten Interpretationsspielraum bei dieser Gesetzesmaterie. Warum werden Sie als verantwortlicher Landesrat nicht aktiv, machen Parteiengespräche, finden eine Lösung, um diesen Interpretationsspielraum so weit einzuschränken und neu zu definieren, dass es in Zukunft zu weniger Missverständnissen kommen kann? Präsident Johann Herzog: Herr Landesrat! Amtsf StR Christian Oxonitsch: Schlicht und ergreifend auf Grund der Tatsache, dass ich feststellen kann, dass sich das Sportstättenschutzgesetz seit seiner Beschlussfassung im Wiener Landtag durchaus als praxistauglich bewährt hat und ich deshalb auch der Kritik der Volksanwaltschaft einfach nicht folgen kann. Ich denke, es hat sich, wenn man sich die reale Situation für den Sport in Wien ansieht, das Wiener Sportstättenschutzgesetz in seinen Formulierungen letztendlich bewährt, nämlich auf der einen Seite sicherzustellen, dass tatsächlich das sportliche Angebot immer wieder adaptiert werden kann und sich letztendlich auch unterschiedliche Ansichten im Sinne des Wiener Sportstättenschutzgesetzes, nämlich das Abwägen von öffentlichen Interessen und der Verbesserung der sportlichen Situation in der Vergangenheit, bewährt haben. Ich sehe da auch deshalb aus meiner Sicht wenig Handlungsnotwendigkeit. Präsident Johann Herzog: Danke, Herr Landesrat, für die Beantwortung. Die Fragestunde ist damit beendet. Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Die Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „25 Jahre Kinderrechte - Wien lebt sie und schützt unsere Kinder“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte den Erstredner, Herrn Abg Mag Czernohorszky, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Abg Mag Jürgen Czernohorszky (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Am 20. November, also genau vor einer Woche, sind die Kinderrechte 25 Jahre alt geworden. Also vor 25 Jahren wurde die Kinderrechtskonvention beschlossen und damit wurden zum allerersten Mal in der Geschichte Kinder und Jugendliche als eigenständige Rechtsobjekte wahrgenommen, Kinder und Jugendliche, die das Recht haben auf ein Leben, das ihnen niemand zustehen oder schenken muss oder verwehren kann, sondern auf Rechte, die sie haben, weil sie Kinder sind, weil sie Menschen sind, das Recht auf Mitbestimmung, das Recht, seine Meinung zu äußern, sich zu versammeln, den Vorrang des Kindswohls bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, das Recht auf die Eltern, das Recht auf Bildung, auf gewaltfreie Erziehung, das Recht auf Gesundheit, auf Schutz vor Ausbeutung, und so weiter. Kurz, jene Rechte, die Kinder brauchen, damit es ihnen gut geht. Und auch das ist eine glasklare Aussage der Kinderrechtskonvention: Rechte, die allen Kindern zustehen, gleich, egal, woher sie kommen, egal, aus welchen Gründen. Sie dürfen nicht benachteiligt werden. Drei Jahre danach hat dann Österreich die Kinderrechtskonvention ratifiziert und seit drei Jahren sogar einen Teil 6 der 54 Artikel auf Druck vieler NGOs in die Verfassung aufgenommen, übrigens aber auch des Landes Wiens im Verfassungskonvent. Der Geburtstag letzte Woche wurde, so wie es sich gehört, in ganz Österreich gefeiert und insbesondere auch in Wien. Das Rathaus war beflaggt. Alle oder viele Amtshäuser in der ganzen Stadt waren mit den Kinderrechten beflaggt. Die MA 11 hat ein großes Fest gemacht und viele Veranstaltungen dazu. Es gab zum Beispiel eine Plakataktion „Einsatz für Kinderrechte“. Viele Organisationen wie die VHS oder SOS Mitmensch oder die Jugendanwaltschaft waren sehr aktiv. Es macht mich unglaublich stolz, dass ich an den vielen Aktivitäten der Kinderfreunde mitarbeiten durfte, die 1989 die Ersten in Österreich waren, die sich für die Ratifizierung der Kinderrechte eingesetzt haben und bis heute mit vielen, vielen MitstreiterInnen jene sind, die laut in Erinnerung rufen, was manchem nicht bewusst ist: Kinder haben Rechte. Ich selber bin … (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ein kleines Wort für diese Sprechblase: Ich bin selber, glaube ich, in den letzten Wochen einigen mit dieser Sprechblase ziemlich auf den Nerv gegangen. Dafür entschuldige ich mich. Aber es war für eine gute Sache und da gehört es dazu, lästig zu sein. Das ist wahrscheinlich sprichwörtlich das Fazit für den Kinderrechtetag 2014: Feiern und lästig bleiben. Es ist ein gelungener Geburtstag geworden. Es ist sehr viel in Österreich passiert, sehr viele Leute wurden darauf aufmerksam gemacht. Es sind auch Dinge passiert, die unmittelbar um das Jubiläum herum eine Verbesserung darstellen. So zum Beispiel die Ankündigung der Familienministerin vor der UNO, endlich alle Vorbehalte zu streichen, die Österreich gegenüber der Umsetzung der Kinderrechte hat, und die Kinderrechtskonvention zur Gänze in Österreich jetzt erst recht umzusetzen. Oder die Kinderrechteenquete im Nationalrat, wo zum ersten Mal Kinder als ExpertInnen gefragt wurden. Viele Aktivitäten! Aber es ist wahrscheinlich lange nicht genug und es kann nicht genug passieren, um darauf aufmerksam zu machen. Das zeigt schon die Tatsache, dass ein Drittel aller Österreicherinnen und Österreicher gar nicht weiß, dass es Kinderrechte gibt. Also insofern freuen wir uns über Fortschritte. Wir feiern Jubiläen, aber zufrieden sind wir nicht, weil Kinderrechte Grundrechte sind. Und das Gegenteil von Recht ist nicht Pflicht, das Gegenteil von Recht ist Unrecht. Unrecht ist es, dass wir in einem Land leben, wo Jahr für Jahr Flüchtlingskinder in Schubhaft kommen. Unrecht ist es, dass in unserem Land Kinder tagtäglich von Gewalt bedroht sind. 50 Prozent aller Eltern finden eine sogenannte gesunde Watsche, Watschen können nicht gesund sein, als mögliches Erziehungsmittel. Unrecht ist es, dass 234 000 Kinder in Österreich von Armut betroffen sind. Unrecht ist es, dass in Österreich bis zu einem hohen Grad Bildung nicht eine Frage von Leistung oder von Einsatz oder von Interesse ist, sondern Bildungszugänge noch immer vererbt sind. Ich wüsste nicht, welche gesellschaftspolitische Aufgabe wichtiger ist als die Beseitigung solchen Unrechts, denn Kinder sind nicht unsere Zukunft, Kinder sind unsere Gegenwart. Sie sind jetzt schon da. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Deshalb, nach dem Feiern kommt nicht der Kater, nach dem Feiern kommt das Arbeiten, und natürlich gibt es auch in Wien viel zu tun. Ich bin sehr stolz darauf, dass Wien in vielen Bereichen sehr, sehr engagiert ist wie zum Beispiel bei der Umsetzung aller Kinderrechte, bei der Armutsbekämpfung durch die erhöhte Mindestsicherung, durch den beitragsfreien Kindergarten, durch den Kulturpass, den Gratiseintritt in Museen, durch Elternberatung und vieles mehr wie zum Beispiel für unseren Einsatz für Bildung, die allen Kindern gleich zur Verfügung stehen soll durch unseren Einsatz für eine gemeinsame Schule, den Ganztagsschuleausbau, wie zum Beispiel für gewaltfreies Aufwachsen und Kinderschutz und durch eine Jugendwohlfahrt, die österreichweit die besten Standards hat. Bezirksjugend- und Parlamentpartizipationsschwerpunkt in der außerschulischen Jugendarbeit und die Mitsprachemöglichkeiten beim Wohnen sind Beispiele dafür, dass insbesondere das Recht junger Menschen an Mitbestimmungen sie betreffende Belange in Wien sehr ernst genommen wird. Aber auch da gibt es noch einiges zu tun. Ich meine, alleine die Tatsache, dass wir heute eine Aktuelle Stunde zu Kinderrechten haben und Kinder und Jugendliche hier nicht mitreden können, ist ein Grund, dass ich jetzt die letzten 4 Minuten 20 symbolisch Kindern und Jugendlichen schenken möchte. Ich war bei der Enquete im Parlament, da waren Kinder und Jugendliche. Denen möchte ich jetzt einfach die Zeit widmen oder hier auch ihre Beiträge bringen. Da war zum Beispiel der 16-jährige Rollstuhlfahrer Benjamin Kasper aus Oberösterreich. Der hat erzählt oder hat gefragt, warum er eigentlich in der weiterführenden Schule in den EDV-Zweig gehen musste, obwohl er Medizintechnik viel interessanter gefunden hätte, weil die Werkstatt nicht barrierefrei war. Oder da war der Afghane Mustafa Nori, der mit 16 Jahren nach Österreich geflüchtet ist und bis zu seinem 18. Geburtstag Unterstützung durch eine WG, durch Schule, durch Deutschkurs und Versicherung, et cetera bekommen hat. Der hat gesagt: „Ich habe in Österreich bekommen, was ich in meinem Land nie hatte. Für mich ist Österreich meine Heimat. Ich will Ihnen unbedingt meinen Dank zeigen. Als ich ganz einsam war, hat mir Österreich geholfen und jetzt will ich auch etwas Positives für Österreich machen. Anstelle sich ewig über die vermeintliche Faulheit der Asylwerber zu beklagen, sollten Sie uns ermöglichen, schnell arbeiten zu gehen.“, sagt Mustafa. Oder zum Thema Gesundheit. Viele Jugendliche haben dort erwähnt, dass Gesundheit nicht nur das Bekämpfen von Krankheiten ist, sondern dass sie ermächtigt und gebildet und unterstützt werden müssen dabei, selber zu erkennen, was gut und was schlecht ist. Jugendliche haben dort zum Beispiel das Pflichtfach Ernährungslehre gefordert, oder dass in der Volksschule das Erlebnis Kochen geübt werden kann. Sie haben aber auch gesagt, dass Schülerinnen und Schüler in Österreich tagtäglich unter enormem Leistungsdruck stehen, wo viele Schülerinnen und Schüler kaputt gehen. Daniel Breglau hat gesagt, dass die Belastung von SchülerInnen Ursache vieler psychischer und physischer Erkrankungen sei. Für ihn wäre es ein Lösungsansatz, die Schulnoten ersatzlos zu streichen und anstatt dessen ein individuelles Leistungsprofil für alle Schüler einzuführen. Oder da war Natascha Prinz, die daran erinnert hat, dass eine g‘sunde Watsche nie gesund sein kann und dass es nie genug an Information gibt, nie genug an Aufklärungsarbeit bis zu dem Moment, wo jeder merkt, dass das nicht okay ist und dass jede Form von Gewalt Schaden an Kindern hinterlässt. Oder Muhamat Madomagov. Der hat von Verletzungen von Kindern erzählt, die in Kriegsgebieten aufwachsen müssen. Und er appellierte an uns, über den Tellerrand zu schauen, und an die Teilnehmer der Enquete, sich für Kinder zu engagieren, die mit Todesstrafe, Folter und Missbrauch bedroht werden. Oder das Thema Schule. Natürlich war das ein großes Thema und die Möglichkeit, dass man in der Schule, sagen wir mal, was Mitbestimmung betrifft, Luft nach oben hat. Politische Bildung als Grundprinzip oder die Ausbildung mündiger BürgerInnen als Pflichtfach, das hat Nikolaus Hofbauer gesagt. Oder Magdalena Trauner hat vorgeschlagen, dass politische Bildung schon in Volksschulklassen als Unterrichtsprinzip Platz haben sollte. Mathias Rudischer hat sich gewünscht, dass eine Stärkung der Schülervertretung dringend notwendig sei, zum Beispiel durch eine gesetzliche Verankerung einer Schülervollversammlung. Eine andere Jugendliche hat gesagt, dass es schlicht und einfach unfair ist, dass sie so wie alle anderen Kinder in Österreich mit neun eine Entscheidung treffen muss oder eine Entscheidung getroffen wird, ob sie in die Hauptschule oder AHS geht, die so viel für die Zukunft aussagt und vorwegnimmt in einem Alter, wo ganz sicher kein Kind allein diese Entscheidung treffen kann und hat gemeint, das soll doch passieren, wenn Kinder mitreden können und alt genug dafür sind. Das Fazit über den ganzen Tag, an dem ich im Parlament sein durfte, möchte ich auch einem Jugendlichen nicht in den Mund legen, sondern er legt es mir in den Mund. Ich möchte ihn mit den Sätzen zitieren: „Ich bin der Meinung, dass in Kindern und Jugendlichen sehr viel Potenzial steckt. Dieses kann aber nur genutzt werden, wenn man die entsprechenden Möglichkeiten bietet. Daher ist es besonders wichtig, uns allen eine Stimme zu geben und vor allem unsere Ratschläge und Meinungen zu beachten. Oft wird gesagt, Schülerinnen und Schüler haben nicht die notwendige Erfahrung, um Dinge zu entscheiden oder mitzuentscheiden. Aber genau das ist unser Vorteil. Unsere Denkweise ist viel konkreter und direkter. Wir können der Jugend Möglichkeiten bieten, weil wir die Jugend sind“, sagt Mathias Rudischer. Ja, Kindern und Jugendlichen zuhören, sie ernst nehmen, mitentscheiden lassen, Art 12 der Kinderrechtskonvention, das ist das, und auch die tolle Enquete, von der ich gerade erzählt habe, waren ein Grund, warum die 42 Organisationen im Netzwerk Kinderrechte gefordert haben. Das soll überall passieren. Das soll im Nationalrat passieren, in Landtagen, auf Gemeinderatsebene, im Nationalrat, beim Bundesrat. Kinder und Jugendliche sollen eingebunden werden und als MitrednerInnen, als ExpertInnen mitreden können. Das haben wir am Dienstag hier beschlossen. Alle Parteien haben beschlossen, dass es hier im Haus eine Enquete mit Kindern und Jugendlichen als Experten geben soll. Darauf freue ich mich ungemein. Sie werden uns auf Dinge hinweisen, die wir auch in Wien noch besser machen können. Das ist gut so. Es ist ihr Recht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur ein Mal zum Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Mag Schneider gemeldet. Ich bitte darum. Abg Mag Ines Schneider (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Czernohorszky! Danke für die tollen einleitenden Worte. Wir finden das natürlich auch sehr gut, dass es 25 Jahre Kinderrechte gibt. Es gibt nichts Schlimmeres als traurige Kinderaugen oder Kinder, die weinen. Immer wieder wird es uns in den Medien gezeigt. Wie gesagt, seit 92 hat Österreich die Konvention ratifiziert und seit 2011 haben wir sie auch im Gesetz stehen. Es gibt aber immer noch Länder, die die Konvention, die Rechte der Kinder nicht übernommen haben wie zum Beispiel die USA, Somalia und der Süd-Sudan. Und wie Sie auch richtig gesagt haben, Herr Kollege Czernohorszky, Kinderrechte sind das, was Kinder brauchen, damit es ihnen gut geht. Das hat ein Achtjähriger bei einem Kinderrechts-Workshop gesagt und er hat vollkommen recht. Kinderrechte lassen sich thematisch eigentlich in drei große Gruppen einteilen: Das ist das Versorgungsrecht, das heißt, Kinder haben Recht auf angemessenen Lebensstandard, Zugang auf Gesundheitsdienste und auf Bildung. Das ist das Schutzrecht. Hier ist das Verbot jeglicher Form von Gewalt gegen Kinder und der Schutz vor sexueller und wirtschaftlicher Ausbeutung. Und wir haben das Beteiligungsrecht. Kinder haben das Recht auf eigene Meinung und sie haben das Recht auf Partizipation. Ein wesentlicher Aspekt ist aber auch die Bedeutung der Familie. Eltern sollen in ihrer Eigenverantwortung gestärkt und unterstützt werden. Das heißt, wir brauchen ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Familien sollen zusammenleben. Deshalb brauchen wir mehr Familienzusammenführungen. Ebenso ist in der Konvention enthalten, dass das Kind ein Recht auf beide Elternteile hat. In Wien haben wir die Kinder- und Jugendanwaltschaft, die ja immer wieder jährlich mit ihren Berichten auch darauf aufmerksam macht, wo noch Handlungsbedarf ist. Und wie Sie auch selbst gesagt haben, Herr Wutzlhofer, ich will das jetzt gar nicht wiederholen, es gibt noch Handlungsbedarf. Und ich glaube, wir brauchen jetzt doch gar nicht irgendwie polemisch, politisch hier argumentieren, sondern wir sind alle einer Meinung … (Abg Dr Jennifer Kickert: Er heißt jetzt Czernohorszky!) Interessiert Sie das nicht, Frau Kollegin? (Abg Dr Jennifer Kickert: Ich habe nur erwähnt, dass Herr Czernohorszky jetzt Czernohorszky heißt, so wie Sie jetzt Schneider heißen!) Ich habe auch Czernohorszky gesagt. (Abg Dr Jennifer Kickert: Nein! – Abg Mag Jürgen Czernohorszky; Ich kann damit leben! – Allgemeine Heiterkeit.) Oh! Entschuldigung, das tut mir leid. Präsident Johann Herzog (unterbrechend): Ich bitte Sie, in der Wortmeldung fortzufahren. Abg Mag Ines Schneider (fortsetzend): Entschuldigung! Okay. Danke. … dass es für die Kinder notwendig ist. Wichtig ist, Sie haben es auch angesprochen, die Enquete im Nationalrat „Die Mitbestimmung und Partizipation der Kinder und Jugendlichen“. Wir haben einige Projekte auch in Wien laufen, dabei ist auch der Familienbund sehr engagiert, wo wir nicht nur die Kinder und Jugendlichen im Parlament mitsprechen lassen, sondern auch die Kinder- und Jugendparlamente in den Bezirken. Die Josefstadt zum Beispiel hat hier jetzt gerade ein hervorragendes Projekt ausgearbeitet, um noch mehr Kinder und Jugendliche mit Bezirkspolitikern und Fachleuten einbringen zu können, wo sie Kinder einladen, Jugendliche einladen, um in den Parlamenten hier mitsprechen zu können und Projekte zu erarbeiten, sodass die Kinder hier Gehör finden. Wichtig ist, Sie haben die Jugendwohlfahrt angesprochen, und da hoffe immer noch ein bisschen, dass da gerade in finanzieller oder personeller Hinsicht mehr getan wird. Ich habe es auch diese Woche in meiner Rede angesprochen, in der mobilen Familienarbeit, wo gerade Kinder nicht immer weggenommen werden müssen beziehungsweise Kindesabnahmen sein müssen, wo die mobile Kinderarbeit in den Familien selbst zu Hause passieren kann, wo Erziehungsmaßnahmen in der Familie selbst passieren dürfen. Also da ist auch noch Handlungsbedarf, dass nicht so lange Wartezeiten sind, dass hier ein Team in die Familien dort reingeht und die Familien in ihrer Erziehungsarbeit hier unterstützen. Bekämpfung von Kinderarmut, Sie haben es erwähnt. Das ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig, dass wir da jede Kraft in die Hand nehmen, um gemeinsam voranzuschreiten. Aber auch was die Gewalt angeht, dass hier mehr Prävention und Antigewaltprojekte für Kinder und Jugendliche geschehen, wo es in erster Linie darum geht, dass sich Kinder, die in so einer Situation sind, sich auch melden können und sollen, um ihnen Schutz und Unterstützung zu gewähren. Sie haben gesagt, Kinder sind unsere Gegenwart. Kinder sind aber auch unsere Zukunft. Kinder sind unschuldig. Jeder Einzelne von uns hat hier Verantwortung, um sensibel mit diesem Thema umzugehen. Gerade in der Politik, egal, welche Fraktion, müssen wir schauen, dass wir hier Rahmenbedingungen schaffen. Kinder brauchen unseren Schutz. Kinder brauchen unsere Hilfe. Ich glaube, es ist ganz notwendig und wichtig, all das hinauszutragen, gerade in die Staaten, die hier noch ziemlich hinten anstehen und all diese Dinge noch nicht berücksichtigen. Wir haben 2,2 Milliarden Kinder in dieser Welt und deswegen gibt es 2,2 Milliarden Gründe, sie zu unterstützen. Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Ellensohn. Ich ersuche darum. Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Danke, Jürgen! Nein, du bist uns die letzten Wochen mit dem Thema nicht auf die Nerven gegangen und ich finde es ganz hervorragend, dass das von der SPÖ auch heute für die Aktuelle Stunde genommen wurde. Danke für deinen Einsatz, alles richtig, alles super, genau so. Das Engagement merkt man daher tatsächlich nicht nur heute, sondern immer wieder. Vielen Dank auch dafür, dass wir heute Gelegenheit haben, darüber zu sprechen. (Beifall von Abg Heinz Hufnagl.) Wir einigen uns aber sehr schnell. Wir einigen uns sehr schnell in der Politik, nämlich quer über die Länder. Ja, Kinder sind Mittelpunkt und wichtig. Das wird von Staaten ratifiziert, die Probleme haben, die wir zum Glück nicht alle haben. Aber da sind ja ganz viele Länder dabei, wo die fragen: Wie können die das unterschreiben? Aber auch in Österreich. Es ist schnell gesagt, ja, Kinder sind wichtig und wir sind alle für die Kinder. Und was machen wir jetzt? Und dann differenziert man aber schon schön. Die Kinderrechtskonvention selber macht es eigentlich sehr einfach: Vier Grundprinzipien und das Erste, das Allerwichtigste, wenn man es immer mitdenken würde, heißt einfach: Vorrang des Kindes bei allen Entscheidungen, die wir als Politiker/Politikerinnen treffen. Das Kindeswohl als vorrangiges Kriterium bei einer Interessensabwägung in den Mittelpunkt stellen, das, behaupte ich schon mal, machen wir nicht automatisch überall, wenn ich mir Entscheidungen anschaue. Das Zweite ist Partizipation. Wenn wir darüber reden, die Kinder in den Schulen mitreden zu lassen, mehr Demokratie für Jugendliche, für einen Lehrling zum Beispiel. Da geht es schon wieder auseinander bei der Differenzierung. Was heißt denn wieder Mitsprache? Da werden wieder Witze gemacht. Was heißt Jugendparlament, et cetera? Mehr Mitsprache muss man natürlich auch in den eigenen Familien leben. Das ist eh der schwierigste Teil. Ich habe noch keinen in der Pubertät. Ich höre, das wird noch komplizierter. Aber Mitsprache von Kindern auch zu Hause muss man selber leben. Wenn man starke Erwachsene will, muss man das von klein auf mit den Kindern zu Hause leben, das Recht auf Leben und Überleben entwickeln, Existenzsicherung, zum Glück nicht alles, die allergrößten Probleme, weil die Existenzsicherung zumindest größtenteils oder fast ganz gegeben ist. Beim Recht auf Bildung sind wir aber schon ganz woanders. Sehr richtig vom Jürgen Czernohorszky angesprochen: Bei uns ist Bildung immer noch zu einem Gutteil davon abhängig, was die Eltern können und wir wissen in so vielen Punkten, woran es hängt. Aber das Bildungswesen stockt wirklich vom Bundesgesetzgeber her, was wir alles machen. Wenn wir wollen, dass jedes Kind sich entwickeln kann, dann muss man auch jedem Kind die Bildungschancen geben. Das tun wir im Moment mit einer Bildungspolitik nicht, die vor 50 Jahren vielleicht noch gepasst hat, oder zumindest hat man das geglaubt. Aber da sind wir vorweg in einer Langsamkeit vorwärts gekommen, das ist ja schrecklich und lässt sehr, sehr viele Leute auf der Strecke. Die Entfaltungsmöglichkeiten gibt es nicht. Und das Vierte, da brauchen wir gar nicht lange reden, es fällt jedem auf, dass das nicht funktioniert: Keine Diskriminierung wegen Hautfarbe, Herkunft und Religion. Na, das haben wir massig! Und ich frage mich immer, wo das herkommt, weil wenn Sie in einen Kindergarten reingehen und mit Dreijährigen oder Vierjährigen im eigenen Umfeld zu tun haben, finden Sie für gewöhnlich kein Kind, das irgendwie den anderen ausgrenzt, weil er eine andere Hautfarbe, ein anderes Geschlecht hat. Das ist nicht einmal für jeden mit drei und vier klar, wie sich das aufteilt, wegen der Religion, wegen der Herkunft der Eltern, wegen dem Vornamen. Das gibt es noch nicht. Was passiert auf dem Weg vom Kindsein, bis man so alt ist wie wir da herinnen, dass man plötzlich anfängt, die Leute auseinanderzudividieren? Welche Religion hast du? Falsche Religion, nicht mein Freund. Falsche Hautfarbe, nicht mein Freund. Männer, Frauen, was soll das noch? Ich weiß nicht, wo der Fehler passiert. Ich befürchte, es zu wissen. Aber wir müssen eine Gesellschaft schaffen, in der sehr viel von dem, was ein kleines Kind noch hat, in uns drinnen bleibt, wenn wir groß sind, nämlich zuerst normal auszukommen. Wenn die zusammen spielen, wenn die sporteln, dann fragen sie sich nicht, wo einer herkommt, sondern man spielt miteinander. Die einen wollen Fußball spielen und die anderen spielen was anderes, die spielen ihre Sachen und machen es zusammen. Es ist ja immer schön und es gefällt jedem von uns, wenn man zuschaut. Was machen wir konkret, weil es gibt natürlich Probleme? Armutsbekämpfung. Unter anderem hilft natürlich bei der Armutsbekämpfung die Infrastruktur, die wir anbieten, früh in eine Krippe gehen zu können, Kindergartenplatz, die ganztägige Volksschule. Aber es hilft auch die Kindermindestsicherung. Ich verstehe überhaupt nicht, mit welcher Begründung man dagegen sein kann, dass man einer armen Familie, wo arme Kinder sind, nicht zusätzlich 70 EUR im Monat gönnen kann. Die ÖVP und FPÖ haben was dagegen. Das kostet uns in der Stadt jedes Jahr 20 Millionen EUR, und ich finde es hervorragend, dass wir das gemacht haben. Da haben Sie dagegen gestimmt. Man kann nicht für Armutsbekämpfung sein, aber Geld dürfen sie keines kriegen, ganztägige Schulformen, weiß ich nicht genau, und alle zusammen in einem will ich auch nicht. Dann ist es schwierig, davon zu reden, dass wir alle dafür sind, dass es jedem Kind gut geht. Mein Gott, alle wollen, dass es den eigenen Kindern gut geht. Das passt wunderbar, aber bitte alle anderen auch, die Freunde und Freundinnen von den eigenen Kindern auch. Und ganz zum Schluss: Wir haben 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, aber auch an Kindern. Das ist schon eine erschreckende Zahl, dass immer noch jeder zweite Erwachsene glaubt, eine Tetschn geht schon, gehört irgendwie dazu, und viele von uns kennen das vermutlich von der eigenen Erziehung. Es muss ja nicht immer gleich der eigene Vater oder die eigene Mutter gewesen sein, aber aus dem eigenen Familienumfeld. Ich glaube, die allerwenigsten, ich formuliere es ganz anders, haben ein privates Umfeld, wo kein Einziger von der ganzen Verwandtschaft jemals in einem Gewaltumfeld oder gewalttätig gewesen wäre. Ich nicht, also ich gehöre nicht zu denen, die das nicht hatten und nicht kennen. An dem muss man arbeiten, weil das macht was mit uns allen, und nicht zuschauen. Im öffentlichen Raum sieht man es schon viel weniger und darf man davon ausgehen, dass es weniger geworden ist, immerhin. Aber mit Gewalt bricht man nicht nur einen Erwachsenen, sondern man bricht ein Kind von klein auf. Das ist das, was es wirklich aufs Schärfste zu bekämpfen gilt, damit ein Kind überhaupt ein starker Erwachsener werden kann. Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Nepp. Ich ersuche darum. Abg Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen): Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich sind Kinderrechte wichtig. Ich glaube, das ist in diesem Haus in allen vier Fraktionen hier gleich. Immerhin, das darf man ja auch erwähnen, ist die Initiierung für die Implementierung der Kinderrechte in der Bundesverfassung auch unter einer blauen Sozialministerin damals 2003 beschlossen worden. Lange hat es gedauert, bis 2011, bis dann diese Kinderrechte in die Verfassung aufgenommen wurden. Aber eines, und das muss ich Ihnen hier schon vorwerfen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, aber auch von der ÖVP: Es ist eine Schande, dass nicht alle Kinderrechte in die Verfassung aufgenommen wurden, dass diese UN- Kinderrechtskonvention nicht komplett aufgenommen wurde. In der Broschüre der Familienministerin Karmasin steht ja auch drinnen, dass hier nur das Wichtigste aufgenommen worden ist. Und das muss ich Ihnen schon vorwerfen: Es gibt nicht wichtige Kinderrechte und unwichtige Kinderrechte. Für uns Freiheitliche, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind alle Kinderrechte wichtig! (Beifall bei der FPÖ.) Aber schauen wir uns mal diese einzelnen verbrieften Rechte an, die hier in der Bundesverfassung stehen und wie auch Rot-Grün, also die Stadtregierung, hier damit umgeht. Wir haben zum Beispiel das Recht auf Leben, das Recht auf ein lebenswertes Leben, und ein lebenswertes Leben ist eben auch ein Leben ohne Armut. Schauen wir uns einmal in Wien an, wie es ausschaut: 400 000 Menschen sind von Armut betroffen und sind armutsgefährdet. Jedes vierte Kind lebt in Armut und da erwarte ich mir nicht nur, das zu erwähnen, sondern auch zu handeln, Herr Kollege Czernohorszky! Keine Dampfplauderei, keine Lippenbekenntnisse! (Aufregung bei Abg Godwin Schuster.) Handeln Sie endlich, dass diese Kinderarmut in Wien behoben wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Diese Kinderarmut haben Sie zu verantworten! Und was machen Sie noch, Herr Kollege Schuster? (Abg Godwin Schuster: Was soll das?) Ihre SPÖ kürzt mit den GRÜNEN auch noch den Heizkostenzuschuss, damit Kinder im Winter auch noch frieren können. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist die soziale Kälte von Rot und Grün! Und wenn die GRÜNEN dann immer wieder erwähnen, na, wir haben eh diese, ich habe es mir aufgeschrieben, Energieunterstützung, damit sich jeder dann eine Therme leisten kann, dann muss ich schon sagen: Ich meine, auf welcher Seite stehen Sie? Das gleiche Geschäftsmodell gab es in Amerika (Abg Godwin Schuster: Warum haben Sie nicht den 200 EUR zugestimmt? Warum? Sagen Sie das!) von General Electrics, ein Großunternehmen, das gesehen hat, man verdient nicht mehr so viel Geld mit Strom, schauen wir, dass wir da auch irgendwie Thermen, et cetera, erneuern und die Leute schön brav einkaufen. Diese Leute können sich keine Thermen kaufen, diese Leute frieren. Und dann frage ich mich schon: Vielleicht gab es einen Paradigmenwechsel bei den GRÜNEN? Sind Sie jetzt die Lobbyisten der Großindustrie, der Thermenindustrie, oder sind Sie die Lobbyisten der armen Wiener Kinder? Wir Freiheitliche sind die Lobbyisten der Wiener Kinder (Weitere Aufregung bei Abg Godwin Schuster.), dass sie im Winter nicht mehr frieren müssen! (Beifall bei der FPÖ.) Das Recht auf Bildung wurde vorhin auch erwähnt. Da sage ich, 16 000 Schüler österreichweit sind am Ende des Pflichtschulwesens bildungsunfähig. Das heißt, diese Kinder können nicht sinnerfassend lesen, diese Kinder können nicht schreiben, diese Kinder können nicht rechnen, ein Großteil davon in Wien! Das heißt, Sie zwingen diese Menschen in Abhängigkeiten, die Sie mit Ihrer Politik absichtlich verursachen! Außer Ihnen möchte diese sozialistische Abhängigkeit niemand! Wir Freiheitliche wollen, dass diese Schüler, dass diese Kinder selbstbestimmt durch das Leben gehen ohne sozialistische Abhängigkeiten, und dass sie nicht nur ihr Leben führen können, sondern auch ihr Leben gestalten können. (Beifall bei der FPÖ. – Abg Godwin Schuster: Kein Mensch glaubt Ihnen das!) Jetzt noch etwas bezüglich Kinderrechte. Es ist ja auch wichtig, dass es die Kinderrechte gibt. Es wäre richtig gewesen, die Kinderrechte viel früher einzuführen. Vielleicht wären schon ein paar Generationen vor uns schlauer gewesen, dass man die einführt. Aber ich bin mir sicher, auch damals hätten die Gräueltaten, die hier in Wien auch an Kindern vollbracht wurden, unter Ihrem politischen Wirken auch nicht verhindert werden können. Sie haben es bis heute nicht geschafft, die Gräueltaten richtig aufzurollen, sei es am Wilhelminenberg, sei es im OWS. Sie haben es bis heute nicht geschafft, eine Gedenktafel aufzustellen, obwohl wir immer wieder einen Antrag einbringen, eine Gedenktafel dort aufzustellen. Sie haben es bis heute nicht geschafft, eine Entschuldigungsfeier für diese Kinderopfer zu veranstalten. Sie haben es nicht geschafft, das Wegschauen Ihrer politischen Vorgänger einzugestehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Aufregung bei Abg Mag Thomas Reindl und Abg Barbara Novak.) Solange Sie bei diesem Thema so unglaubwürdig sind, genauso unglaubwürdig sind Sie auch hier, dass Sie die Kinderrechte in Wien schützen wollen! (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Aigner und ich ersuche darum. Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, vielleicht ein paar Dinge, wo man doch auch noch einen gewissen Handlungsbedarf feststellen kann, die mir im Zusammenhang mit diesem sehr wichtigen Thema aufgefallen sind. Wenn vom Recht auf Leben gesprochen wird, sollte man natürlich nicht ausblenden, dass auch das ungeborene Kind besonders schutzwürdig und schutzbedürftig ist. Ich vermisse da wirklich auch positive Aktionen dazu, das ungeborene Leben auch entsprechend zu schützen und es zu einer Geburt kommen zu lassen. (Beifall bei FPÖ.) In diesem Zusammenhang machen mir auch die Entwicklungen im Bereich der Fortpflanzungsmedizin schon große Sorgen. Ich weiß, es ist ein sehr schwieriges Thema, und ich möchte auch nicht sagen, dass ich für mich schon zu einer endgültigen Beurteilung gekommen bin, aber ich lese immer häufiger davon, dass Erwachsene ein Recht auf Kinder haben. Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten auch ein bisschen mehr Demut vor der Natur haben und sollten uns vor Augen führen, dass nicht alles, was technisch möglich ist, auch praktisch durchgeführt werden soll. Der Gedanke, dass wir in zunehmendem Maße Kinder mit irgendwelchen Samenspenden, Eizellenspenden im Labor erzeugen, mit Einpflanzungen bei Leihmüttern, macht mir wirklich Angst. Gibt es nicht auch das Recht eines Kindes zu wissen: Wer sind meine Eltern? Gibt es nicht auch das Recht des Kindes, in eine Familie zu kommen, wo es Vater und Mutter gibt? Sollte man nicht auch die Demut haben, wenn man eine bestimmte Lebensform wählt, zur Kenntnis zu nehmen, dass in manchen Situationen einfach keine Kinder entstehen können? Ist es nicht so, dass die Frage des Designerbabys, auch in Richtung der GRÜNEN - Sie sind ganz zu Recht, so wie ich, auch sehr gegen die Gentechnik. Aber wenn man sich dagegen wehrt, dass man bei Mais und bei irgendwelchen Kulturpflanzen keine Manipulationen vornehmen soll, müsste man das nicht auch bei menschlichem Leben sicherstellen, dass das nicht möglich sein soll? (Beifall bei der FPÖ.) Für mich ist das in vielen Dingen ein Dammbruch. Wir haben das ja schon miterlebt. Es heißt dann immer, wir setzen die Grenzen sehr eng. Wir wissen ja schon im Umfeld mit der kommerziellen Leihmutterschaft, das ist ja auch innerhalb Europas ein Thema, und ein paar Jahre später diskutieren wir dann: Warum müssen Leute, die bei uns das machen wollen oder glauben, machen zu müssen, woanders hinfahren? Machen wir es doch gleich auch bei uns, da muss man nicht woanders hinfahren. Also ich glaube, wir tun gut daran, in diesen Fällen auch wirklich das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu rücken. Man sieht das ja auch vielfach bei Adoptionen, und so weiter. Es gibt dann offenkundig doch bei vielen Menschen das Bedürfnis zu hinterfragen: Wer sind meine Eltern? Da leiden oft Menschen ein Leben lang, wenn sie das nicht herausbekommen. Wir können uns das oft gar nicht so vorstellen, weil wir selber nicht davon betroffen sind. Aber so ganz ohne ist das nicht. Wenn es dann heißt: Die Frau, die dich ausgetragen hat, das war nur so eine gemietete Mutter, die hat aber sonst nichts mehr mit dir zu tun - also ich finde das Ganze sehr schrecklich und glaube, ein Kind ist kein Tamagotchi und kein sonstiger Gegenstand. Oder kann man sagen, da hat man ein Recht? Kinder sind ein Geschenk. Das soll man ermöglichen, so gut es geht. Aber da kann es keinen Anspruch Erwachsener jedweder Provenienz geben, einfach zu sagen, ich habe das Recht und die Gesellschaft und die Technik und das Labor haben mir zu diesem Recht zu verhelfen. Das ist nicht Kindeswohl im Mittelpunkt! (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Ing Leeb. Ich bitte darum. Abg Ing Isabella Leeb (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass heute das Thema Kinderrechte zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht wurde, ist gut. Denn wir dürfen niemals aufhören, uns dieses Themas anzunehmen und uns auf dem ausruhen, was passiert ist. Wir dürfen im normalen politischen Alltag niemals nachlassen und den Blick auf die Kinderrechte verlieren. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht, Herr Kollege Ellensohn, wir vergessen es. Deswegen sind solche Jubiläen auch gut, man soll sie feiern, man soll sie zelebrieren. Aber wir als politische Verantwortliche sind gefordert, das nicht zu vergessen und uns das immer wieder zu vergegenwärtigen. Wir wissen, wenn Kinder nicht früh gefördert werden, wenn sie keine oder nicht ausreichende Bildung erhalten haben, verbaut man ihnen die Chancen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Es kann so schlimm werden, dass diese Nöte, die dann entstehen, auch den sozialen Frieden gefährden und unsere Gesellschaft bedrohen, einmal den Frieden in der unmittelbaren Umgebung, aber auch den Frieden in ganzen Regionen. Deshalb gehört das Bemühen um die Kinderrechte zu etwas, wo über alle Parteigrenzen hinaus Konsens sein muss. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN sowie von Abg Martina Ludwig-Faymann.) Es ist heute schon sehr viel zu dem Thema gesagt worden und ich möchte auch auf etwas eingehen, was Kollege Ellensohn gesagt hat: Sie haben vollkommen recht, Kinder haben keine Vorurteile. Also liegt es an uns, weil irgendwoher müssen die dann kommen. Und ich möchte Ihnen ein Beispiel geben. Mir ist jetzt eingefallen, mein Sohn war sehr viel krank, als er klein war, und ich war mit ihm, da war er so ungefähr zweieinhalb, drei Jahre alt, er hat gerade einmal reden können, im St Anna Kinderspital. Da kamen viele Ärzte und das ist für ein Kind nicht lustig und für die Mutter auch nicht. Als wir dann nach einer Woche nach Hause gegangen sind, hat er zu mir gesagt: „Du Mama, die Ärzte sind alle nett, aber am liebsten ist der braune Doktor.“ Ja, er hat kein Wort für einen Farbigen oder einen Menschen mit einer anderen Hautfarbe gehabt. Aber an dem Beispiel kann man es ganz eindeutig festmachen: Den Kindern ist das egal. Also liegt es wohl an uns, und wir sind gefordert, diese Dinge hintanstehen zu lassen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und GRÜNEN.) Noch eine Sache, die mir persönlich wirklich sehr zu Herzen geht, obwohl sie heute schon gesagt wurde, ich möchte es auch noch einmal sagen: Ein Drittel der Eltern haben noch immer die Überzeugung, eine Ohrfeige schadet einem Kind nicht. Ich erlebe das selber auch, ich gebe das zu, im privaten Umfeld. Da sind auch wir gefordert, dagegen aufzutreten. Es gibt keinen Grund für eine Watsch‘n und schon keinen g‘sunden Grund für eine Watsch’n! (Allgemeiner Beifall.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Psychische Gewalt, Mobbing. Das ist ein Thema, das jetzt im Zeitalter der elektronischen Medien viel aktueller und noch viel dringender ist. Ich glaube, da haben wir viel Handlungsbedarf, weil da einfach einer neuen Art von Gewalt Tür und Tor geöffnet werden. Natürlich ist mir als Bereichssprecherin meiner Fraktion auch das Thema Bildung sehr am Herzen. Das ist naturgegeben, auch als Mutter. Wenn man Kinder großzieht, ist das ein Thema. Es ist nun einmal das Fundament, die Basis für ein selbstbestimmtes Leben, dass man den Kindern früh genug die beste Bildung überlässt und angedeihen lässt. Ich denke, da haben wir in Wien wirklich noch nicht alle Hausaufgaben gemacht. Ich möchte dieses Thema jetzt nicht zu einer polemischen Diskussion missbrauchen. Aber sind wir so ehrlich und gestehen wir uns ein, dass es da Handlungsbedarf gibt, dass nicht alles so toll ist, und dass wir alle noch daran arbeiten müssen, dass das keine leeren Worthülsen sind, die wir da heute sagen. Wir sind in der Verantwortung, allen Kindern bestmögliche Bildung zukommen zu lassen. Natürlich gibt es verschiedene Zugänge, das ist klar. Aber zentral muss sein, unsere Kinder haben eines verdient: Die beste Bildung. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.) Eines möchte ich noch sagen, weil Sie die Kindermindestsicherung angesprochen haben, Herr Kollege Ellensohn. Es gibt verschiedene Zugänge. Sie sind vielleicht auch ideologisch begründet, wie wir Kindern helfen können, wie wir sie unterstützen. Unser Zugang ist, dass wir die Hilfe möglichst den Kindern angedeihen lassen und dass sie bei den Kindern ankommt. Wenn Sie sich erinnern, haben wir einen Abänderungsantrag, einen eigenen Antrag eingebracht, 2010, glaube ich, war der Beschluss noch im Herbst, wo wir gemeint haben, ja, aber dann bitte in Form von Leistungen, die direkt den Kindern zu Gute kommen. Sehr viel von dem Geld, das da jetzt an die Eltern erhöht ausbezahlt wird, kommt halt, und so ehrlich muss man sein, nicht bei den Kindern an. Es hätte uns besser gefallen, wenn das in Form von Sachleistungen oder direkten Investitionen in die Kinder passiert wäre. Das nur, um es noch einmal zu verdeutlichen. Zum Abschluss, meine Damen und Herren: Die Kinder sind die lebende Botschaft, die wir einer Zeit übermitteln, an der wir selbst nicht mehr teilhaben werden. Das dürfen wir in unserem Tun niemals vergessen. Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Hebein. Ich ersuche darum. Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Werter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen! Ich bedanke mich auch beim Kollegen Czernohorszky, dass wir heute hier über Kinder und Kinderrechte sprechen. Ich halte das für extremst wichtig. Ich möchte mich aber auch bei der Frau Schneider und bei der Frau Leeb von der ÖVP bedanken, ich meine es wirklich aufrichtig, für den sachlichen Beitrag. Es gibt immer wieder, sage ich einmal, sehr unterschiedliche Einschätzungen. Aber, werte ÖVP, eines der widerlichen Dinge ist, wenn man auf Kosten von Kindern Politik macht. Insofern ist es schade, was ihr hier beigetragen habt. Das heißt … (Abg Mag Rüdiger Maresch: FPÖ! FPÖ! – Allgemeine Aufregung.) SPÖ, FPÖ, habe ich mich versprochen? Danke! ÖVP, FPÖ eh schon wissen, auf Kosten der Kinder eine Entschuldigung. So, aber jetzt ganz flott: Um was geht es mir? Vieles ist jetzt schon gesagt worden, wobei ich diesen Optimismus für die Kinderrechte, was die Österreichische Bundesverfassung anlangt, nicht ganz teile. Es stimmt, es sind nur 6 von 45 Kinderrechten übernommen worden. Nur ganz kurz: Wir haben es 2/92 in Österreich ratifiziert, aber mit Erfüllungsvorbehalt, und 2007 hat die Bundesregierung nur 6 davon, auch mit Einschränkung, übernommen, und zwar durch straf- und fremdenrechtliche Maßnahmen. Das heißt, Fremdenrecht schlägt Kinderrecht. Deswegen kann es passieren, dass auch Kinder im Häf‘n landen, was ich wirklich höchst bedauerlich finde. Auch hier gibt es noch einiges zu tun. Ja, ich teile ernsthaft die Einschätzung, dass in Wien sehr, sehr, sehr, sehr, sehr viel unternommen wird, dass man jedes Kind ernst nimmt und jedes Kind in seinen Lebenschancen stärkt, das stimmt. Ich komme aber kurz auch zu meinem Herzensthema der Bekämpfung der Kinderarmut. Das ist sicher ein Bereich, wo es schmerzhaft ist, hinzusehen. Aber den gibt es und den nehmen wir sehr, sehr ernst. Ich halte die Kindermindestsicherung für elementar wichtig, einen Schritt, hier was beizutragen. Das ist der einzige Punkt, wo ich der Frau Abg Leeb nicht zustimme, dass wir wissen, dass diese Kindermindestsicherung nicht bei den Kindern ankommt. Das halte ich für sehr gewagt. Ich denke, wir dürfen uns hier nicht darüberstellen und sagen, wir schreiben jetzt Menschen vor, was sie mit dem Geld machen. Wir haben alle festgestellt, dass jede Mutter, jeder Vater, jeder Erziehungsberechtige bestmöglich für sein und ihr Kind handeln. Wie kommen wir dazu vorzuschreiben, ob es Geld für Heizkosten, Essen oder auch die Freizeit ist? Das Zweite, was mir noch sehr wichtig ist, ist die Inklusion. Wir machen auch viel in Wien, um auch Menschen, Kinder mit Behinderung in unsere Gesellschaft zu inkludieren. Wir wissen, auch hier haben wir noch einiges zu tun. Auch hier müssen wir zunehmend die Konvention umsetzen und sind hoffentlich auf bestem Wege dazu. Eine Sache, über die ich mich irre freue, dass uns das gelungen ist, ist, dass ressortübergreifend Bildung, Jugend, Soziales und Gesundheit hier wieder ein Projekt starten, nämlich die Biogratisjause an 300 Schulen, Pflichtschulen ab Jänner. Das ist ein guter Schritt, eine zusätzliche Jause. Da geht es um Bewusstsein. Da geht es darum, Kinder sollen nicht mit leeren Bäuchen an der Schule sein. Da geht es darum, dass wir hier auch in weitere, wenn Sie so wollen, Armutslinderung und Sensibilisierung mit einem Fördertopf investieren, in den auch Kinder und Jugendliche zugreifen sollen. Ein weiterer guter Schritt, wir sind hier auf einem guten Weg. Ich freue mich auf die Enquete „Nehmen wir Kinder verstärkt in den Mittelpunkt“. Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau StRin Matiasek. Ich ersuche darum. StRin Veronika Matiasek: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum weiten Bereich der Kinderrechte, das Recht auf eine bestmögliche Versorgung, auf Gewaltfreiheit, Bildung, und so weiter gehört meiner Meinung auch das Recht auf Kindsein, auf Kindheit und auf ein kindgemäßes Leben. Ich werde mich in meiner Wortmeldung auf die ersten Lebensjahre konzentrieren. Bis zum 6. Lebensjahr sollte es so sein, oder war es immer so gedacht, das ist immerhin etwas weniger oder weit weniger als ein Zehntel unseres Lebens, dass Kinder von dem befreit sind, was man Pflicht und einen sehr organisierten Alltag nennt. Sie haben in dieser Zeit anderes zu bewältigen, nämlich das Erlernen vieler Fähigkeiten, das Erlernen, sich zu bewegen, sich auszudrücken, zu sprechen, selbstständig zu essen, selbstständig zur Toilette zu gehen. Es ist eine große Aufgabe, die unsere Kinder sehr, sehr fordert. Wir haben derzeit eine enorme Geschwindigkeit im Leben, die mit dem Rhythmus eines Kindes, und jetzt sage ich, ganz besonders eines Kleinkindes, nicht kompatibel ist, sagt etwa Dr Martina Leibovici-Mühlberger, also eine anerkannte Expertin, Ärztin, Psychotherapeutin, übrigens selbst Mutter von vier Kindern. Wie schaut es heute aus, wenn wir diesen Druck, der derzeit auf Eltern gemacht wird, Kinder möglichst früh in eine Kinderbetreuungseinrichtung zu geben? Es wird ja jetzt fast das Umgekehrte von dem gelebt oder vorgegeben, wie es unserer Meinung nach sein sollte. Selbstverständlich muss es Krippen geben und selbstverständlich muss es für diese Familien oder alleinerziehenden Personen, die das unbedingt brauchen, nach bester Ausstattung und bester Möglichkeit eine Versorgungs- und Betreuungseinrichtung für die Kinder geben. Aber einem Druck, null- bis dreijährige Kinder unbedingt in eine Kinderkrippe zu geben, dem können wir absolut nicht zustimmen. Da sind wir gegenteiliger Meinung und da sagen wir auch, es muss den Familien möglich gemacht werden, ihre Null- bis Dreijährigen, also bis zum 3. Lebensjahr, die Kinder selbstständig mit Unterstützung eines erweiterten Kinderbetreuungsgeldes zu erziehen und zu betreuen. (Beifall bei der FPÖ.) Warum sage ich das? Erst kürzlich gab es wieder öffentliche Kritik vor allem bezüglich der personellen Ausstattung der Kinderkrippen, aber auch der räumlichen. Es ist so, dass Kinder in diesem Zeitraum enorm viel Zuwendung brauchen. Es ist das Lebensalter, wo die Bindung an eine oder vielleicht zwei Personen die Grundlage für ein sicheres und selbstbestimmtes weiteres Leben ist. Und Max Friedrich hat in einer Podiumsdiskussion gesagt, und da komme ich auch gleich zur Kindergartenpflicht im Allgemeinen, der wir ja skeptisch gegenüberstehen und die wir auch ablehnen: Es war für ihn ein Graus, in den Kindergarten zu gehen. Für ihn hat Kindergarten überhaupt keine Freude, sondern Druck bedeutet. Das geht vielen so und ich meine, das ist zu respektieren. Auch das ist ein Kinderrecht bis zum Schuleintritt, auch eine freie, unbeschwerte und unorganisierte Zeit zu haben. (Beifall bei der FPÖ.) Wir haben heute eine … (Abg Mag Rüdiger Maresch: Wann war das?) Es kommt nicht drauf an, wann es war. Es geht auch nicht darum, dass es in den Kindergärten nicht gut und schön ist. (Aufregung bei Abg Mag Rüdiger Maresch.) Darum geht es nicht. Es geht um einen organisierten Alltag, den Sie für Kleinstkinder wollen. Sie verlangen eine Arbeitszeitbeschränkung für Erwachsene. Sie verlangen jede Menge Spaß für erwachsene Menschen, aber fünf Mal pro Woche, und wenn man jetzt die Vorlaufzeit bis zur Krippe und dann wieder das nach Hause Kommen berechnet, zehn Stunden organisierter Alltag für ein Kleinkind, das ist Ihnen recht! Da sind wir ganz anderer Meinung! (Beifall bei der FPÖ.) Und Ihre Bildungsministerin hat ja den Vogel abgeschossen, indem Sie jetzt Sexualerziehung in den Kindergarten bringen will. Genau das widerspricht dem Kindsein, der Kindheit und einem kindergemäßen Leben. Wir werden uns heute noch mit einem Thema, nämlich der Bettelei, beschäftigen. Da kann ich mich erinnern, da haben die, die sich heute so ganz großartig für Kinderrechte einsetzen, noch vor einigen Jahren haben wollen, dass kleine Kinder bei Minusgraden auf der Straße zum Betteln eingesetzt werden. - Das ist alles andere als glaubwürdig! (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.) Wir wollen, dass vor allem die Kleinsten ein kindergerechtes, sorgenfreies und von Pflichten befreites Leben führen dürfen! (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Gaal. Ich ersuche darum. Abg Kathrin Gaal (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind uns fast alle einig, jedes Kind soll in Geborgenheit und in Sicherheit aufwachsen können. Schön ist, dass in Österreich in den vergangenen 25 Jahren in diesem Bereich viel passiert ist, wie zum Beispiel die Verankerung einiger Kinderrechte in der Bundesverfassung, Gesetzesmaßnahmen zum Schutz vor sexueller Gewalt, aber auch die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Wir feiern aber nicht nur 25 Jahre Kinderrechte, sondern wir feiern auch 25 Jahre Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Österreich hat auch hier wieder einmal, und darauf können wir alle stolz sein, eine Vorreiterrolle eingenommen, denn leider gibt es nach wie vor viele Länder, in denen das Gewaltverbot nicht gilt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, zeitgleich zu unserer Aktuellen Stunde findet im Europäischen Parlament eine Aktuelle Stunde zum Thema Kinderrechte statt, bei der auch eine Resolution zum Thema Gewaltverbot in ganz Europa eingebracht wird. In Österreich haben wir dieses Gewaltverbot. Bei uns steht es sogar in der Bundesverfassung. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist mehr als ein gesellschaftspolitisches Signal. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Es wurde von vielen Vorrednern schon erwähnt, und ich möchte es jetzt quasi zum Abschluss dieser Aktuellen Stunde auch noch einmal betonen, die gesunde Watsche ist ganz sicher kein Erziehungsmittel und darf unter keinen Umständen verharmlost werden. Die Anwendung von körperlicher und seelischer Gewalt ist gesetzlich verboten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wenn es für Familien Situationen im Alltag gibt, die sie alleine nicht mehr lösen können, und wenn die Gefahr dann groß ist, dass diese Hilflosigkeit auch zu Wut wird, dann gibt es in Wien die MA 11 als erste Anlaufstelle für diese Familien. Denn unter keinen Umständen darf diese Wut an den Kindern ausgelassen werden! Da hilft und unterstützt die MA 11 mit ihren kompetenten und erfahrenen Expertinnen und Experten. Tagtäglich zeigen dort die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was sie bei ihren durchaus nicht immer leichten Aufgaben leisten. Dafür ein großes Dankeschön an dieser Stelle! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN sowie von Abg Ing Isabella Leeb.) Die MA 11 setzt sich besonders für die Rechte von Kindern und Jugendlichen ein, denn sie hat seit Kurzem auch einen eigenen Kinderrechtebeauftragten. Das ist ein Zeichen und eine extreme Stärkung der Kinderrechte in Wien. Dass aber auch Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben müssen, sich in dieser Stadt bei Problemen an jemanden vertrauensvoll wenden zu können, ist uns bewusst und ist uns bekannt. Genau deshalb gibt es auch in diesem Bereich ein ganz tolles Angebot, wie zum Beispiel die psychologische Internetberatung der MA 11, aber auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft, die hervorragende Arbeit leistet. Herr Kollege Nepp, Sie wissen ganz genau, aber ich sage es noch einmal von dieser Stelle aus, nach Bekanntwerden der ersten Missbrauchsvorwürfe hat die Stadt Wien unverzüglich reagiert und unabhängige Kommissionen eingesetzt (Abg Mag Dietbert Kowarik: Das stimmt nicht!) - das stimmt sehr wohl (Abg Mag Dietbert Kowarik: Das stimmt wirklich nicht!) -, weil wir natürlich eine lückenlose Aufklärung haben wollen und daran interessiert waren. (Abg Dominik Nepp: Seit den 70er Jahren!) Es gibt keine Möglichkeit, diese schrecklichen Erlebnisse für die Betroffenen ungeschehen zu machen, Herr Kollege Nepp! Wir können nur zu unserer Verantwortung stehen! (Abg Mag Dietbert Kowarik: In den 70er Jahren hat man es schon gewusst!) Das haben Bgm Häupl und StR Oxonitsch mehrfach getan, indem sie sich entschuldigt und wir auch Entschädigungen geleistet haben. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: 18 Heime in den 70er Jahren sind bekannt!) Das tun wir, und das ist ein Zeichen der Anerkennung und des Respektes! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf ein gewaltfreies kindergerechtes Aufwachsen. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: 40 Jahre zu spät!) Sie haben ein Recht auf gleiche Bildungschancen. Wir dürfen Kinderarmut, Benachteiligung oder sogar Gewalt an Kindern niemals hinnehmen! In diesem Sinne: Happy Birthday, Kinderrechte! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Die Aktuelle Stunde ist beendet. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs 2 im Zusammenhalt mit § 31 Abs 1 der Geschäftsordnung bekannt, dass eine schriftliche Anfrage von Abgeordneten des Klubs der Wiener Freiheitlichen eingelangt ist. Von den Abgen Haslinger, Seidl und Mag Jung wurde ein Antrag an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal betreffend sektorales Bettelverbot gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieses Antrages wurde von der notwendigen Anzahl von Abgeordneten unterzeichnet. Gemäß § 36 Abs 5 der Geschäftsordnung wird die Beantwortung des Dringlichen Antrages vor Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht beendet, wird die Landtagssitzung zur tagesordnungsmäßigen Behandlung des Dringlichen Antrages unterbrochen. Die Abgen Valentin, Mag Czernohorszky; Holzmann, Hufnagl, Karner-Kremser, Schubert, Mag Spitzer, Teiber, Mag Maresch, Ellensohn und Dipl-Ing Margulies haben am 13. November 2014 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem das Gesetz über die Regelung des Veranstaltungswesens - Wiener Veranstaltungsgesetz, LGBl für Wien Nr 12/1971, zuletzt geändert durch LGBl für Wien Nr 31/2013, geändert wird, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Umwelt zugewiesen. Die Abgen Dkfm Dr Aichinger und Dr Ulm haben am 20. November 2014 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend die Novellierung der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 - GWO 1996, faires Mandatszuteilungsverfahren, landesweiter Proportionalausgleich, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal zugewiesen. Nach der Beratung in der Präsidialkonferenz nehme ich folgende Umstellung der Tagesordnung vor: Die Postnummern 1, 2, 3, 4, 5, 9, 6, 7, 8 werden in dieser genannten Reihenfolge verhandelt. Gegen diese Umreihung wird kein Einwand erhoben, wie ich sehe. - Ich werde daher so vorgehen. Die Postnummer 1 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung - Wiener Antidiskriminierungsgesetz geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf StRin Frauenberger. - Ich ersuche sie, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung zur Novellierung dieses Gesetzes. - Danke schön. Präsidentin Marianne Klicka: Gemäß § 30c Abs 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen die Zusammenlegung ein Einwand erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg Dr Stürzenbecher. Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Landesrätin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln hier eine Novelle zum Antidiskriminierungsgesetz. Die Kollegin Hebein hat ihre Wortmeldung zurückgezogen, weil wir hier durchaus von Regierungsseite mit einer Stimme zu dieser Novellierung sprechen können, ich das inkludiere, was sie gesagt hätte und wir uns auch nicht doppelt ausdrücken müssen und dann das Gleiche sagen, weil es in dieser Frage wirklich keine Auffassungsunterschiede auf der Regierungsseite gibt. Auch die Opposition stimmt diesem Gesetz zu, soweit ich informiert bin. Das finde ich auch sehr erfreulich. Antidiskriminierungspolitik war für Wien immer eine wichtige Sache. Deshalb haben wir gemeint, es soll zumindest schon ein Redner da sein, weil wir eben im Jahr 2004 bei der Stammfassung des Gesetzes richtungsweisend für ganz Österreich waren, was auch damals von allen einschlägigen Organisationen so gesehen worden ist. Wir haben schon ein paar Mal das Gesetz nachgebessert beziehungsweise ergänzt. Wir haben heute die Situation, dass ein umfassendes Verbot der Diskriminierung, soweit es landesgesetzlich möglich ist, aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung, der Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität, des Geschlechts, insbesondere auf Grund der Schwangerschaft oder Elternschaft, besteht. Dieses Gesetz wird jetzt noch ergänzt im Zusammenhang mit dem Begriff Behinderung, und zwar wird nach dem Dialog mit der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung heute ein Novellierungsvorschlag zur Abstimmung gebracht, der noch einige Präzisierungen vorsieht. Kern ist, dass die Monitoringstelle einen eigenen Paragraphen im Gesetz bekommt, nämlich § 7b, damit sie hervorgehoben ist und die Monitoringstelle genau geregelt wird, ihre Unabhängigkeit betont und auch festgeschrieben wird, dass die Leiterin oder der Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen, also der unabhängige Bedienstetenschutzbeauftragte, eines von sieben weisungsfreien Mitgliedern der Monitoringstelle ist. Das ist eine weitere Verbesserung. Eine weitere wichtige Sache ist, dass die Einbindung der Zivilgesellschaft festgeschrieben wird. Es wird durch die Novelle die Möglichkeit geschaffen, dass die Monitoringstelle auf Beschluss betroffene Personen aus der Zivilgesellschaft, natürlich insbesondere aus dem Bereich von Behinderten und deren Organisationen, in den Überwachungsprozess einbeziehen darf. Also, insgesamt eine wichtige Ergänzung des Gesetzes. Ich darf bei dieser Gelegenheit eine kleine Abschweifung, aber durchaus im sachlichen Zusammenhang, zum Bundes-Antidiskriminierungsgesetz machen. Während wir in Wien einvernehmlich eine sehr ausgereifte Gesetzeslage haben, haben wir auf Bundesebene noch immer die Situation, dass dort nicht wirklich Antidiskriminierung auf europäischem Niveau stattgefunden hat, insbesondere bei der Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung. Das heißt, von Lesben und Schwulen gibt es noch immer Diskriminierungen, weil dort der echte Diskriminierungsschutz nur im Arbeitsverhältnis greift. Dort gibt es ihn zu 100 Prozent, aber im sonstigen Bereich nicht. Also kann noch immer ein Vermieter jemanden aus diesem Grund diskriminieren, ohne von der Antidiskriminierungsgesetzgebung betroffen zu sein und ohne auf Grund dieser Bestimmungen Sanktionen erwarten zu können. Wir fordern deshalb im Bundes-Antidiskriminierungsgesetz ein sogenanntes Levelling-up, dass für alle Diskriminierungen, auch außerhalb des Arbeitslebens, außerhalb der Arbeitswelt eine echte Antidiskriminierungsgesetzgebung auf Bundesebene geschaffen wird. Das ist sozusagen der Wunsch an den Bundesgesetzgeber, hoffentlich nicht ein Wunsch ans Christkind, das nicht kommt, sondern wir wissen, dass im Bund diese Diskussion ist. Mit dieser Wortmeldung wollte ich auch den dortigen Diskussionsprozess vielleicht wieder etwas voranbringen. Das ist auch wichtig so. Jedenfalls ist dieses Gesetz, das wir heute beschließen, ein gutes Gesetz. Ich darf um Zustimmung werben. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile der Frau Berichterstatterin das Schlusswort. Berichterstatterin Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Herr Abg Stürzenbecher hat erläutert, worum es inhaltlich in dieser Novelle geht. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nur herzlich Danke sagen. Wir beschließen heute ein Gesetz, wo gerade die Interessenvertretung mit sehr viel Engagement und natürlich auch sehr viel Sensibilität ihrer, wie soll ich sagen, Gruppe gegenüber vorgegangen ist und große Vorstellungen gehabt hat. Es freut mich sehr, dass wir uns jetzt gemeinsam neue Spielregeln für die Monitoringstelle, ein gerade immer mit den Interessenvertretungen heiß diskutiertes Thema, gegeben haben. Dass es gelungen ist, möchte ich erstens den Interessenvertretungsmitgliedern ganz herzlich danke sagen. Aber ich möchte mich auch bei der MA 62 bei Gregor Nedbal und bei unserem unabhängigen Bedienstetenschutzbeauftragten Mag Fink, der neu und mit sehr viel Euphorie in diese Herausforderung gegangen ist, bedanken. Heute haben wir hier diese Novelle zur Beschlussfassung. Das freut mich sehr. Herzlichen Dank allen, die daran mitgearbeitet haben, dass wir diese Novelle beschließen können! - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Danke, Frau Berichterstatterin. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Danke. Das ist einstimmig so beschlossen. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen, und ersuche jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Auch hier stelle ich die Einstimmigkeit fest. - Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das Gesetz ist somit in zweiter Lesung einstimmig beschlossen. Wir kommen zur Postnummer 2. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Tierhaltegesetz geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf StRin Mag Sima. - Ich ersuche sie, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesentwurf. Präsidentin Marianne Klicka: Gemäß § 30c Abs 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen die Zusammenlegung ein Einwand erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. - Die Debatte ist eröffnet. Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Ing Guggenbichler. Ich ersuche ihn um seine Wortmeldung. Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren! Leider Gottes ist halt bei diesem Gesetz wieder eines passiert, obwohl das eigentlich ein wichtiges Gesetz und auch inhaltlich gut ausgestaltet ist, dass wieder auf die Expertise der Opposition verzichtet wurde und das ist das, was ich Ihnen schon ein Stück vorwerfen muss, nämlich auch insofern vorwerfen, weil dadurch auch offene Fragen entstehen, die bis heute nicht geklärt sind. Es ist nämlich die Frage, inwiefern die Dokumentationspflichten von kleinen Tierheimen umgesetzt werden können, weil das sicherlich eine problematische Situation ist. Eine weitere Frage ist auch: Was wird dann mit den Tieren passieren, die beschlagnahmt wurden? Weil das Tierschutzhaus wird sie in Zukunft nicht mehr nehmen. Da gibt es keine vertraglichen Vereinbarungen. Für das TierQuarTier sehen wir nach den Planungen keine weiteren Vorkehrungen und das Haus des Meeres ist meines Wissens nach überfüllt. In Schönbrunn wäre wahrscheinlich noch Platz, aber dort haben wir die Problematik, dass die gesetzliche Grundlage nicht gegeben ist, dass man diese Tiere auch übernehmen kann. Was uns auch noch ein Stück mehr stört, Frau Stadträtin, oder Frau Landesrätin in diesem Fall, ist, dass wir trotz der Gesetzesvorlage zwei Tage vor der heutigen Beschlussfassung die Liste der Tiere in einer Gratiszeitung lesen müssen. (Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Die ist aber falsch. Sie stimmt nicht. Das ist die aktuell bestehende Liste in „Österreich“ gewesen. Sie dürfen wirklich nicht glauben, was in „Österreich“ steht. Die sind ahnungslos.) - Es war „Heute“, aber wurscht. (Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Okay, gut!) Aber dort steht: „Welche Tiere sind ab 2015 noch erlaubt? Welche sind verboten?“ - Das ist die Überschrift. (Amtsf StRin Mag Ulli Sima. Das ist die geltende Liste. Die gibt es seit 20 Jahren. Es ist immer noch die gleiche.) - Dann bin ich froh, dass Sie das jetzt auf kurzem Weg aufklären konnten. Aber, wie gesagt, ich würde mir wünschen, ein Stück mehr miteinander zu sprechen, und wir bringen das alle zusammen. Wir werden dem Gesetz zustimmen und freuen uns in Zukunft auf eine bessere Zusammenarbeit, Frau Landesrätin! (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Spitzer. Ich erteile es ihm. Abg Mag Gerhard Spitzer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Landesrätin! Meine Damen und Herren! Vielleicht ganz kurz zu den zwei aufgeworfenen Fragen eingangs und dann ganz kurz auch noch ein paar Punkte zum Gesetz. Zum Thema der beschlagnahmten Tiere darf ich versichern, dass jedes dann abgenommene, beschlagnahmte Tier, wie auch jetzt schon, selbstverständlich entsprechend und artgerecht untergebracht wird. Zu dieser Liste, über die ich mit dem Kollegen Guggenbichler schon in der Früh ein wenig diskutiert habe, weil er mir erzählt hat, es geistert in „Heute“ bereits eine Liste herum, habe ich dann auch gegoogelt. Wenn man in Google „verbotene Tiere in Wien“ eingibt, dann ist der erste Treffer dieser Online-Artikel von „Heute“, wo man auf die vom Kollegen Guggenbichler angesprochene Liste trifft. Der zweite Treffer von Google ist ebenfalls eine Liste abgenommener Tiere, nämlich das Landesgesetzblatt aus 1997. Wenn man diese beiden vergleicht, dann ist es eine idente Liste. Das heißt, man hat einfach nur die Liste von 1997 eins zu eins abgeschrieben. Warum der Journalist dann darübergeschrieben hat, das ist die ab 2015 gültige Liste, weiß ich nicht. (Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc: Das werden wir nie erfahren!) Sie wird auch 2015 gültig sein, aber man wird dann über Erweiterungen noch entsprechend reden. Das ist das eine. Worum geht es konkret im Gesetz? In Wirklichkeit wurden auf Grund der Praxiserfahrungen einige Sachen geändert. So wurde zum Beispiel das bereits bestehende Verbot der Haltung von gefährlichen Wildtieren auch um die Begriffe des Erwerbs, der Verwahrung und der Zucht erweitert. Dies umfasst jetzt nicht nur den Erwerb im Geschäft, sondern durchaus auch die immer beliebter werdenden Käufe im Internet oder auf Tierbörsen. Es ist künftig auch völlig irrelevant, auf welche Art ich dieses Tier erwerbe. Das heißt, ich muss es nicht unbedingt kaufen, sondern auch diese Schlupflöcher, wie, ich habe es geschenkt bekommen, es wurde eingetauscht, ich habe es gefunden oder was auch immer, werden dann künftig nicht mehr gelten. Der Begriff der Aufzucht von Hunden zur Steigerung der Aggressivität wird, weil es natürlich Sinn macht, erweitert auf das Verbot der Zucht von gefährlichen Wildtieren, weil es nicht nur gefährliche Hunde gibt, sondern durchaus auch, und das macht Sinn, andere Tiere, die in Wien gefährlich sein können. Weiters geht es auch um die Einführung der Kennzeichnungspflicht für gefährliche Wildtiere durch die Tierhändlerinnen und Tierhändler. Da geht es einfach um eine lückenlose Erfassung. Ich will wissen, welche Tiere es bei uns gibt, wo sie herkommen und wohin sie gehen. Das wird relativ simpel mit einem Chip elektronisch zu erfassen sein, natürlich nur für die Tiere, wo es Sinn macht, also Säugetiere, Vögel, Reptilien. Bei Spinnen, die kleiner als der Chip sind, wird es wenig Sinn machen. Dafür gibt es dann die gesetzliche Meldepflicht. Des Weiteren geht es auch um den Begriff des Hundeverbots oder der Abnahme wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit. Auch da wird der Begriff der Hunde generell aus dem zuerst zitierten Grund auf die Tiere erweitert. Die besagte Liste, die aus dem Jahr 1997 ist, habe ich schon angesprochen. Nicht zuletzt, und das ist leider vermutlich auch wichtig und immer wichtiger, wird der Gesetzgeber auch durch die Erhöhung des diesbezüglichen Strafrahmens deutlich machen, dass es hier nicht etwa um ein Kavaliersdelikt, sondern wirklich um einen Verstoß gegen das Tierhaltegesetz geht. Der bisherige Strafrahmen von 3 500 beziehungsweise 14 000 EUR, je nach Stärke des Delikts, wird dann geändert auf künftig 5 000 bis 20 000 EUR, je nach Vergehen. Also, alles in allem, Kolleginnen und Kollegen, eine Gesetzesänderung, die nötig ist, die wichtig ist, die Sinn macht und die künftig auch der Exekutive ihre Arbeit diesbezüglich erleichtern wird. Ich darf mich bei allen Fraktionen für die bereits signalisierte Einstimmigkeit dazu bedanken. - Herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile der Frau Berichterstatterin das Schlusswort. Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass dieses Gesetz heute hier von Ihnen zum Beschluss erhoben wird. Auf ein paar wichtige Punkte möchte ich noch kurz eingehen, weil sie mir ein persönliches Anliegen sind: Es war bisher in Wien so, dass es für die gefährlichen Tiere zwar ein Halteverbot, nicht aber ein Verkaufs- oder Erwerbsverbot gegeben hat. Das verschärfen wir jetzt. Es ist jetzt nicht mehr möglich, solche Tiere in Wien zu erwerben. Ich finde, das ist ein guter, sehr richtiger und wichtiger Schritt. Der zweite Bereich, der mir sehr wichtig ist, auch angesichts der vielen Tiere, die wir in illegalen Verkäufen aufgreifen, ist, dass wir dann die Möglichkeit haben, für die Menschen, die das machen, künftig ein Tierhalteverbot zu verhängen. Ich darf Sie noch um Zustimmung ersuchen und beende meinen kurzen Bericht hiermit. Präsidentin Marianne Klicka: Danke, Frau Berichterstatterin. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Danke. Das ist einstimmig so beschlossen. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen, und ersuche jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein Zeichen mit der Hand. - Auch hier stelle ich die Einstimmigkeit fest. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke. Das ist einstimmig. Das Gesetz ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen. Wir kommen zu Postnummer 3. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Landwirtschaftskammergesetz geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf StRin Mag Sima. - Ich ersuche sie, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesvorschlag. Präsidentin Marianne Klicka: Gemäß § 30c Abs 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird dagegen ein Einwand erhoben? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. - Die Debatte ist eröffnet. Zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg Flicker. Ich ersuche ihn um seine Wortmeldung. Abg Martin Flicker (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Änderungen im Landwirtschaftskammergesetz sind teilweise notwendig. Ich möchte kurz darauf eingehen. Es sind teilweise Abänderungen einiger veralteter Begrifflichkeiten, wo zum Beispiel noch ein „Milchmeier“ erwähnt wird. Das ist in unserer Branche nicht mehr passend, nicht mehr zeitgemäß und in diesem Sinne auch auszubessern. Veränderungen sollen auch im Bereich der Anpassung an europäische Vorschriften stattfinden, dass Angestellte aus dem EU-Raum und nicht nur aus Österreich, wie es bis jetzt noch verankert ist, in der Wiener Landwirtschaftskammer beschäftigt werden dürfen. Ein weiterer Punkt ist die Schaffung einer Kontrollmöglichkeit bezüglich der Gebarung der Wiener Landwirtschaftskammer durch den Stadtrechnungshof, einerseits auf Aufforderung des Kontrollausschusses der Landwirtschaftskammer. Andererseits soll dem Stadtrechnungshof die Möglichkeit eingeräumt werden, aus eigener Initiative heraus eine Prüfung durchzuführen. Eine weitere Anpassung ist dringend notwendig in Bezug auf das Wahlalter. Es wird angepasst an die Nationalratswahlordnung von 1992, die beinhaltet, ab dem 16. Lebensjahr aktiv wählen zu dürfen und ab dem 19. Lebensjahr passiv gewählt werden zu können. Eine Chance wurde leider vertan, die Briefwahl einzubeziehen. Es gäbe älteren und gebrechlichen Menschen die Chance, das Wahlrecht auszuüben. Wir gehen davon aus, dass natürlich auch eine höhere Wahlbeteiligung hätte erzielt werden können. Ich möchte mich bei der Wiener Landwirtschaftskammer, beim Direktor und bei seinem Team für die großartige Arbeit bedanken, die sie für unseren Berufsstand, für die Wiener Landwirtschaft, leisten. Diese kommt nicht nur den Mitgliedern zu Gute, sondern letztlich auch den Wienerinnen und Wienern durch die Gestaltung der landwirtschaftlichen Grünräume in der Großstadt, der Felder und Flure und nicht zuletzt der Weingärten. Die nächste Post handelt auch noch von der Gestaltung der Weingärten. Nicht vergessen lassen möchte ich auch die Nahversorgung mit frischen Lebensmitteln. Es gibt kaum eine Großstadt der Welt, die sich mit frischen Lebensmitteln selbst versorgen kann. Meine Damen und Herren, auf unsere Stadtlandwirtschaft können wir stolz sein! (Beifall bei der ÖVP.) Aus Sicht der Landwirtschaftskammer darf ich mich bei der Stadt Wien und beim Büro der Frau Stadträtin herzlich für die Zusammenarbeit bedanken. Durch eine neue Ausgabe der Projekte könnten wir vielleicht wieder eine neue Möglichkeit finden, das Budget der Landwirtschaftskammer neu zu gestalten. Es ist eine Vielzahl der Leistungen, die die Landwirtschaftskammer auch im Dienst der Stadt Wien verrichtet: Zum Beispiel die Abwicklung der Berufsausbildung, die Facharbeiterausbildung und Meisterkursausbildung, beispielsweise auch für die Mitarbeiter der MA 42. Fortbildung für die Betriebsführer ist ein Thema, das nicht nur im Eigeninteresse stattfindet, sondern teilweise auch eine Notwendigkeit für verschiedene Zertifizierungen ist. Die Beratungen aller Betriebe im Bereich der Produktion und Unternehmensführung. Hier möchte ich besonders hervorheben, dass das heurige Jahr ein extrem schwieriges wirtschaftliches Jahr für die Gartenbaubetriebe in unserer Stadt war. Die Russlandkrise hat auch uns voll getroffen. Hier durch die Beratung eventuelle Einsparungspotenziale zu finden, ist ein wesentlicher Punkt der Wiener Landwirtschaftskammer. Natürlich ist auch die Förderabwicklung ein Thema, ein viel diskutiertes, aber sehr wichtiges Thema, nämlich auch die Förderabwicklung für die Stadt Wien, zum Beispiel bei Umweltschutzförderungen, die von der Wiener Landwirtschaftskammer abgewickelt werden. Nicht zuletzt erwähnen möchte ich wieder einmal das Projekt „Green Care“. Die Wiener Landwirtschaftskammer war hierfür für ganz Österreich Initiatorin. Ich freue mich, dass unser Antrag nächste Woche im Umweltausschuss abgehandelt wird, ich hoffe, positiv abgehandelt wird. Ich möchte mit den Worten schließen, wir stimmen der Gesetzesänderung zu. - Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und von Abg Anton Mahdalik.) Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Holzmann. Ich ersuche ihn um seine Wortmeldung. Abg Ernst Holzmann (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Landesrätin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wurde schon darauf hingewiesen, dass es eine notwendige Novellierung dieses Landwirtschaftskammergesetzes geben soll. Ich möchte nicht alles wiederholen, aber zwei Punkte, die noch nicht genannt wurden, möchte ich hier der Vollständigkeit halber noch aufzeigen. Das eine betrifft die Auflagefrist des Wählerverzeichnisses, die von acht Tagen auf fünf Arbeitstage reduziert werden soll. Da geht es aber eigentlich nur darum, den ganzen Vorgang leichter und effektiver administrieren zu können. Man nimmt nur das Wochenende heraus. Ein weiterer Punkt: Mein Vorredner hat kurz das Budget der Landwirtschaftskammer Wien angesprochen. Es ist ein Punkt in der Novellierung, der der Landwirtschaftskammer Wien ermöglichen soll, auch entgeltliche Beratungen vorzunehmen. Bisher stehen nur unentgeltliche Beratungen im Gesetz. Ich denke, das kann sich nur positiv auf das Budget der Wiener Landwirtschaftskammer auswirken. Ansonsten weiß ich, die Freiheitliche Fraktion hat im Gemeinderatsausschuss zunächst nicht zugestimmt. Ich könnte mir vorstellen, wenn alle Unklarheiten beseitigt sind, dass das heute anders aussieht und wir im Sinne der Gemeinsamkeit einen gemeinsamen einstimmigen Beschluss fällen können. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen. Die Frau Berichterstatterin verzichtet auf das Schlusswort. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das ist einstimmig. Danke. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung der Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen, und ersuche jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Auch hier stelle ich die Einstimmigkeit fest. Das Gesetz ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen. Wir kommen zur Postnummer 4. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Weinbaugesetz geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf StRin Mag Sima. - Ich ersuche sie, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Gesetz. Präsidentin Marianne Klicka: Gemäß § 30c Abs 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen die Zusammenlegung ein Einwand ausgesprochen? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. - Die Debatte ist eröffnet. Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Walter. Ich ersuche um seine Worte. Abg Norbert Walter, MAS (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In Anlehnung an eine Zeitung: Ein guter Tag beginnt mit einer guten Novelle, aber mit einem noch besseren Abänderungsantrag. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Karl-Heinz Grasser würde ich nicht zitieren! Das ist keine gute Idee gewesen!) So möchte ich zu dieser Novelle ganz kurz eine Stellungnahme machen. Als ich im Herbst 1989 zum ersten Mal nach Wien gekommen bin, war ich am Kahlenberg. Wenn man dort in das alte Restaurant hineingegangen ist, gab es dort zwei Tafeln mit zwei Sprüchen von Franz Grillparzer. Ich habe sie mir eigentlich beide gemerkt, nur der eine ist nicht ganz passend. Aber der andere, würde ich sagen, passt ganz gut dazu, was wir heute mit allen vier Parteien hier beschließen wollen: „Hast du vom Kahlenberg das Land dir rings beseh'n, so wirst du, was ich schrieb und was ich bin, versteh'n.“ - Es ist nicht ganz klar, ob es im Mai 1844 war oder ein bisschen später, aber jedenfalls hat es Franz Grillparzer gesagt. Jeder von uns weiß, wenn er am Kahlenberg steht, auf die Stadt schaut und sich die Weinfluren ansieht, nämlich nicht nur am Nußberg, sondern auch auf der anderen Seite der Donau am Bisamberg oder dann hinunter bis zum Goldberg oder nach Mauer oder hinüber nach Sievering, das ist ein Stück Identität, ein Stück Kulturlandschaft, die es zu erhalten gilt. Und genau das soll mit dieser Novelle passieren. Ich möchte mich diesbezüglich auch ganz herzlich bei allen Fraktionen bedanken, die das unterstützen. Denn ich glaube, dass gerade in den letzten Jahren bei einigen der Gedanke aufgekommen ist, den Weinbau kann man ruhig ein bisschen dezimieren, es wäre ganz gut, ihn Spekulationsgeschichten zu opfern oder wie auch immer. Jedenfalls meine ich, dass wir mit dieser Novelle einen ersten Schritt tun. Sicherlich wird es nach einigen Jahren notwendig sein, eine Novellierung zu machen. Man darf nicht vergessen, dass in etwa 60 Prozent der Wiener Weinbauflächen nicht in der Hand von den Winzerinnen und Winzern sind, die sie im Moment bewirtschaften, sondern sie sind in privater Hand. Ich glaube, dass diese Novelle durchaus dazu beiträgt, dass diese Flächen auch wieder bewirtschaftet werden. Es ist aber auch im veritablen Interesse der Winzerinnen und Winzer, dass, wenn es wirtschaftlich nicht mehr möglich ist, wenn es sonstige Umstände notwendig machen, durchaus auch eine andere landwirtschaftliche Nutzung möglich sein soll. In diesem Sinne meine ich, dass das auch in § 9 Abs 4 mit dem Abänderungsantrag, den ich jetzt einbringen möchte, auch mit Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretung, bestmöglich gelöst ist. In diesem Sinne möchte ich mich nochmals ganz herzlich für die Bereitschaft dazu bedanken, auch beim Kollegen Maresch und bei der Frau Stadträtin, natürlich auch bei der FPÖ und bei meiner Fraktion, dass wir dieses Gesetz heute beschließen können, denn es wird wohl oder übel einen wichtigen Beitrag leisten, dass der Weinbau in dieser Stadt erhalten bleibt, nicht nur der Weinbau an sich, sondern die Kulturlandschaft und damit natürlich auch der Wiener Wein auf viele Jahre noch einen Bestand haben wird. Wenn August von Kotzebue einmal gesagt hat: „Dankbare Menschen sind wie fruchtbare Felder, sie geben das Empfangene zehnfach zurück.“, dann soll es das ausdrücken, was ich glaube, dass diese Novelle heute für den Wiener Weinbau bringt. In diesem Sinne ersuche ich Sie um Zustimmung und sage Danke schön. (Allgemeiner Beifall.) Präsidentin Marianne Klicka: Der Abänderungsantrag, der eingebracht wurde, ist genügend unterstützt und wird in die Verhandlung einbezogen. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile der Frau Berichterstatterin das Schlusswort. Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch hier nur in aller Kürze: Ich freue mich wirklich sehr, dass wir zu diesem Gesetz eine Allparteieneinigung zustande gebracht haben, weil ich glaube, dass es wirklich sehr maßgeblich in der Zukunft dafür sorgen wird, dass mit unseren Weinbergen nicht mehr spekuliert werden kann. Wir helfen damit auch den Weinbauern, die Preise für die Flächen wieder dort hinzubringen, wo sie hingehören, nämlich eben in den Bereich der Flächen für Weinberge. Das Wesentliche dieses Gesetzes ist, dass es einfach besagt, dort, wo jetzt Weinbau ist, muss auch in Zukunft Weinbau bleiben. Ich glaube, dass das für die Stadt Wien sehr nachhaltige und langfristige Auswirkungen haben wird. Ich freue mich sehr darüber. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Danke, Frau Berichterstatterin. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich lasse zunächst den Abänderungsantrag der Abgen Norbert Walter, Martin Flicker, Erich Valentin, Mag Rüdiger Maresch und Anton Mahdalik, eingebracht in der Sitzung am 27.11.2014, betreffend Wiener Weinbaugesetz, abstimmen. Ich ersuche jene Abgeordneten, die diesem Abänderungsantrag zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke. Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Ich ersuche nun jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang mit dem soeben angenommen Abänderungsantrag zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Danke. Das ist einstimmig so beschlossen. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen und ersuche jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle auch hier die Einstimmigkeit fest. Das Gesetz ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen. Wir kommen zur Postnummer 5 der Tagesordnung. Sie betrifft den Wiener Umweltbericht 2012/2013. Ich ersuche die Berichterstatterin, Frau Amtsf StRin Mag Sima, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Umweltbericht. Präsidentin Marianne Klicka: Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Frau Abg Mag Holdhaus zum Wort gemeldet. Ich ersuche sie um ihren Beitrag. Abg Mag Karin Holdhaus (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wiener Umweltbericht: Ich habe ein bisschen ein ambivalentes Verhältnis zum Umweltbericht, muss ich ganz ehrlich sagen. Einerseits, keine Frage, ist es eine Zusammenfassung, die in sehr komprimierter Form die Vielfalt des Aufgabenbereiches der MA 22 darstellt und die Fülle an Initiativen und Einzelprojekten wiedergibt. Das ist auch immer spannend zu lesen. Ich möchte mich dafür auch sehr herzlich bei der MA 22 und im Speziellen bei Ihnen, Frau Leiterin Karin Büchl-Krammerstätter, bedanken, auch weil dieser Bericht darstellt und zeigt, wo Handlungsbedarf liegt. Damit komme ich auch ein bisschen zu der anderen Seite, wo ich sagen muss, fortführende Berichte haben halt den Vor- oder Nachteil, dass man sehr anschaulich sieht, wo viel oder wo nicht viel oder nichts passiert ist. Ich sage ganz ehrlich, da stört es mich weniger, dass bei einem Großteil dieser 100 Seiten, wenn man den letzten Bericht 2010/2011 mit dem jetzigen Bericht 2012/2013 vergleicht, in großen Strecken effizient, muss man schon sagen, Copy & Paste gemacht wurde. Aber auf der anderen Seite zeigt das auch, dass in manchen Bereichen nicht viel passiert ist. Es sind die gleichen Ziele formuliert. Es werden die gleichen Ergebnisse angepriesen. Frau Landesrätin, Sie haben nicht einmal ein aktuelles Foto hineingegeben! Selbst Ihr Foto ist gleich geblieben! Ich denke mir, wenn die Projekte auf der politischen Ebene nicht weiterverfolgt werden oder aus diesen Zielen oder Erkenntnissen, die darin formuliert sind, nichts gemacht wird, dann bleiben es eben nur einzelne Projekte, die man zwar sicher gut verkaufen kann, die aber nachhaltig halt verpuffen. Das heißt, noch einmal, erstens ist die Auflistung gut, aber ich vermisse Erklärungen. Wenn sich ein Kuchen verändert oder sich die Ergebnisse verändern, dann ist es gut zu sehen, dass es eine Veränderung gibt. Aber ich denke mir, dass es für alle, die sich diesen Bericht ernsthaft anschauen, auch interessant wäre, warum denn diese Veränderung ist oder warum eine Veränderung nicht zu sehen ist und was man besser machen könnte. Damit komme ich eben auch zum zweiten Punkt, dass es - und da sieht man, dass die letzten beide Berichte sehr gleich sind -, zum Beispiel keine, wie soll ich sagen, Anpassung an das Regierungsübereinkommen oder an die Phasen, wo gerade der Schwerpunkt liegt, gibt. Das heißt, hier werden nur wenige Schwerpunkte und Prioritäten dargestellt und es ist eine Auflistung. Das ist gut, aber ich würde mir wünschen, dass ein bisschen mehr auf Priorisierungen Bedacht genommen wird. Apropos Schwerpunkt: Ich finde den aktuellen Schwerpunkt „Wohnbau versus Grünland“ eigentlich sehr spannend. Wir haben gerade erst gestern über die hitzigen Diskussionen betreffend den Hörndlwald in Hietzing oder den Umweltfriedhof in Döbling diskutiert, wenn Vorzeigeprojekte quasi aufgezogen werden, im Speziellen zum Beispiel der Umweltfriedhof, der als Vorzeigeprojekt 2010 noch groß dargestellt und dementsprechend aufgezogen wurde. Aber jetzt, wo sich die Stadtentwicklung und das Wohnbauressort - ich will jetzt nicht provokant sein, aber ich sage es so - auf unverbaute Grundstücke im inneren Stadtgebiet stürzen, finde ich es schon bedenklich, wenn dann dem Umweltressort jedes Mitspracherecht beziehungsweise jegliche Kompetenz entzogen wird. Denn was heißt das letztlich? Das heißt letztlich, dass der Verbauung von Grünflächen seitens der Stadt Wien sozusagen nichts entgegensteht. Wenn für die Stadt Wien letztlich selbsternannte und ausgearbeitete Naturschutzkonzepte - ich erwähne hier zum Beispiel das Arten- und Lebensraumschutzprogramm „Netzwerk Natur“ oder den Biosphärenpark - kein Hindernis darstellen, und Sie, Frau Landesrätin, haben das gestern in der Fragebeantwortung sehr deutlich dargestellt, dann komme ich zu der enttäuschenden Erkenntnis, dass all diese wunderbaren Natur- und Tierschutzprogramme und Projekte eigentlich nur Placebo sind und nur so lange halten, wie sie medial attraktiv sind oder bis eben keine weitere Verwendung vorgesehen ist. Wenn Sie immer betonen, wie im STEP 2025 oder auch im Umweltbericht, dass 50 Prozent Grünraum erhalten bleiben, finde ich das wichtig, und mit 50 Prozent steht Wien sicher immer noch sehr gut gegenüber anderen Großstädten da, aber bei 50 Prozent ist es dann quadratmetermäßig sozusagen gleich, jedoch sicher nicht in der gleichen räumlichen Verteilung und auch nicht in der Relation zu den Einwohnern. Denn wenn Wien jährlich um 20 000 Einwohner wächst, dann müsste eigentlich auch der Prozentsatz an Grünraum erhöht werden, wenn Sie die gleiche Lebensqualität pro Kopf in Wien erhalten wollen! (Beifall bei der ÖVP.) Der Norbert-Scheed-Wald ist in diesem Zusammenhang sicher ein sehr wichtiges Ausgleichsprojekt, das die Quadratmeteranzahl, die auf der anderen Seite verloren geht, wieder auffängt. Aber die subjektive Realität, sage ich jetzt einmal, ist sicher eine andere, wenn es trotzdem pro Kopf weniger wird und im direkten Umfeld, im inneren Umfeld der Stadt, zu weniger Grünraum kommt. Das ist eben nicht das Gleiche. Ich bin nicht damit einverstanden, dass man auf der einen Seite Grünraum im Westen, der als Natur mit besonderen Naturoasen ausgewiesen ist, verbaut und dann im Osten sozusagen Ersatzflächen schaffen muss, oder im Westen Bäume gefällt und dann im Norbert-Scheed-Wald oder woanders, außerhalb von Wien, gepflanzt werden. Wenn Sie diese Woche, glaube ich, 100 Obstbäume im Otto-Wagner-Areal pflanzen - ich bin ein großer Fan von Obstbäumen -, denke ich mir, dass das eigentlich eine schöne Initiative ist, aber vor dem Hintergrund, dass mit der geplanten Verbauung durch 220 Wohnungen im Otto-Wagner-Areal 100 Bäume gefällt werden müssten, ist es wieder so, wie ich sage, ich schlägere dort die Bäume und setze dann wieder neue. Verzeihen Sie mir, wenn ich hier trotzdem ein bisschen polemisch sein muss, aber es erinnert mich ein wenig an die Budgetpolitik der Stadt Wien, linke Tasche, rechte Tasche, und das ist mir einfach zu wenig! (Beifall bei der ÖVP.) Ich wiederhole mich, auch aus Sicht der Umweltbrille, gerade an die Kollegen der GRÜNEN gerichtet, finde ich, ist es schon bedauerlich, dass in dem Zusammenhang, wenn es um Wohnbau geht, die GRÜNEN inzwischen schmerzlos sind. Ich gebe zu, es ist sicher eine große Herausforderung, Grünraum zu erhalten und Wohnbau zu schaffen, aber es kann nicht sein, dass mit Salamitaktik wertvolle Grünflächen für immer verbaut werden! Da erwarte ich mir als Umweltsprecherin von Ihnen, Frau Landesrätin, als ehemalige Global-2000-Kämpferin, mehr als ein Achselzucken und eine Nicht-zuständig-Phrase, wie gestern! (Beifall bei der ÖVP.) Denn, muss man sagen, wozu dann solche Berichte oder wozu der Umweltbericht, wozu das Engagement der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der MA 22, wozu Fledermausschutzprogramme auszuarbeiten oder eben den besonderen Schutz des Wiener Nachtpfauenauges zu predigen, wenn es dann, so wie beim Projekt „Umweltfriedhof“ in Döbling oder eben auch beim Hörndlwald, eigentlich vollkommen egal ist? Ich kann über Ihre demonstrative Apathie, fast schon Ignoranz, nur staunen, Frau Landesrätin, wenn es um Umweltzonen geht, also wenn es um das Kernthema Umwelt in diesem Zusammenhang geht, oder auch, wie wir am Montag diskutiert haben, wenn es um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihrem Ressort geht! Noch einmal kurz ein paar Punkte, einzelne Punkte möchte ich gern aus dem Bericht „Stadtplanung im Klimawandel“ herausheben: Wir haben das letzte Mal die „Versiedelung“ statt der „Versiegelung“ ausgedrückt. Ich meinte natürlich die Versiegelung. Aber auch hier wird das Problem Versiegelung klar. Ich danke dem Umweltbericht, dass er meine bereits geäußerte Kritik bestätigt, dass auf Grund der zunehmenden Versiegelung und Erwärmung Regenwassermanagement und Begrünung dringend gefordert und wichtiger denn je sind. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch erwähnen, dass ich die Behandlung der Thematik urbane Hitzeinseln gut und wichtig finde. Immerhin wurde ein kleiner Teil des Berichtes auch diesem Thema gewidmet. Ich denke mir, dass das eines dieser Themen ist, das vielleicht von da oder dort belächelt wird, das ich aber für eine Großstadt ganz wichtig und zukunftsorientiert empfinde. Ebenfalls finde ich die Problematik mit zu vielen Glasflächen in den Großstädten auch ein wichtiges Thema. Ebenso wichtig und spannend finde ich das Thema Lichtverschmutzung. Der Kollege Hofbauer hat das, glaube ich, am Dienstag erwähnt. Ich finde das ein ganz spannendes und wichtiges Thema. Ich würde mich freuen, wenn wir uns hier in Wien auch mit diesem Thema mehr beschäftigen würden. Thema Müllbeseitigung: Ich weiß, das ist eines Ihrer Sorgenkinder, wenn man das so sagen darf, auch wenn Sie, Frau Landesrätin, glaube ich, am 1. Dezember neue Rekordergebnisse der Zigarettensammlung präsentieren wollen. (Beifall bei der ÖVP und von Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc.) Ich bin gespannt, weil noch im März bei der Präsentation war es eine Fortführung der letzten Jahre, da war also nichts Neues dabei, immer die gleichen Zahlen. Immerhin gibt es in einem kleinen Mikrobereich offensichtlich Erfolge. Aber wenn man sich den Bericht anschaut und schaut, wie sich Restmüll, biogene Abfälle, gefährliche Abfälle, inerte Abfälle sozusagen verändert haben, muss man leider sagen, sind wir bei einer Stagnation. Hier ist nicht viel weitergegangen! Erneuerbare Energie ist auch ein spannendes und wichtiges Kapitel. Ich denke mir, dass auch hier viel mehr passieren könnte. Ich sehe, dass dem wichtigen Thema der alternativen Energieversorgung eigentlich eine eher untergeordnete Rolle zugewendet wird. Der angekündigte Energieversorgungsplan ist immerhin schon im Entwurfstadium, aber ich würde sagen, leider immer noch im Entwurfstadium. Wenn ich mir auch diesen Bericht anschaue, dass wir derzeit unter 20 Prozent liegen und als Planziel bis 2030 50 Prozent erneuerbare Energie anstehen, hoffe ich, dass wir das schaffen. Aber, wie gesagt, wenn man sich die Konzepte und die Fortschritte anschaut, habe ich hier meine Zweifel! Ich wünsche mir, um noch auf ein Thema zurückzukommen, das wir auch schon einmal ausführlich diskutiert haben, mehr Zusammenarbeit mit den Schulen. Das ist wohl drinnen und ich weiß, es gibt viele Projekte, EULE, und so weiter, und so fort, aber ich könnte mir auch hier vorstellen, gerade wenn es um regionale Lebensmittel geht, dass wir noch mehr Augenmerk auf dieses Thema setzen könnten. Ich halte das für ganz entscheidend, um quasi nicht nur einzelne Kooperationen in einzelnen Schulen zu machen, sondern wirklich flächendeckend Kooperationen mit den Schulen einzugehen. Wir werden diesem Wiener Umweltbericht unsere Zustimmung nicht geben, wenngleich ich noch einmal meinen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 22 aussprechen möchte. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.) Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Maresch. Ich ersuche um seinen Beitrag. Abg Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Meine Damen und Herren! Jetzt möchte ich ganz kurz auf die Kollegin Holdhaus eingehen: Ich habe mir am Anfang eigentlich gedacht: Habe ich einen anderen Umweltbericht gelesen? Sie sagen ganz richtig, die MA 22 hat ihn erstellt. Dafür möchte ich mich bedanken. Die MA 22 hat ihn erstellt, aber wir wollten ihn immer so haben. Da hat sich vieles im Umweltbericht geändert. Wir wollten die Situation der Umwelt und alles, was die Stadt in allen Bereichen tut, dokumentiert wissen. Das war der Punkt. Deswegen geht es auch um Stadtplanung, geht es um Wohnen, geht es um die Wiener Linien, geht es um alle Dinge, die damit zu tun haben, nicht nur um den Artenschutz oder den Naturschutz aus der MA 22, sondern um alles, was sie tut, auch Energie ist drinnen. Ich finde es interessant, wenn Sie sagen, das ist alles nicht drinnen, dann aber aufzählen, was alles drinnen ist. Das ist irgendwie ein Widerspruch in der Präsentation, sage ich einmal. Dann kommen solche, ich habe mir gedacht, interessante Wortmeldungen, wie zum Beispiel „das innere Umfeld der Stadt“. Das ist alleine schon von der Wortfolge interessant, weil das Umfeld ist rundherum, aber nicht drinnen. Ich kann Ihnen nur sagen, vielleicht meinen Sie das, was ich Ihnen jetzt sagen werde. Der Nordbahnhof, der Nordwestbahnhof, aber auch der Hauptbahnhof haben Areale in der Stadt frei gemacht, nämlich sogenannte Brownfields, auch bei Fabriken, und dort entstehen Wohnungen, zu einem hohen Anteil Wohnungen, aber zu einem hohen Anteil auch Grünflächen, zum Beispiel der Bednarpark im 2. Bezirk, zum Beispiel auch der Helmut-Zilk-Park im 10. Bezirk. Und: Es wird einen weiteren Park natürlich auch im Nordbahnhof geben, und die sogenannte Grüne Mitte. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, Frau Kollegin, aber es ist so. Das ist anderswo präsentiert worden, und das sind hektarweise große Parkanlagen, die da entstehen werden. Das ist völlig an ihnen vorbeigegangen. Sie erzählen uns da, es wird irgendwo etwas gefällt. (Zwischenruf von Abg Mag Karin Holdhaus.) Ja, ich weiß eh, der Umweltfriedhof, und ich weiß, dann auch der Hörndlwald. Wissen Sie überhaupt, dass dort das Afritsch-Heim war und abgerissen worden ist, und dass dort jetzt eine ähnliche Einrichtung hinkommt? (Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc: Im Lainzer Tiergarten ...) Das ist an Ihnen vorbeigegangen, wurscht, okay. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja, da kommt dann noch das Nächste. Da kommen wir natürlich auch noch einmal auf diese Geschichte mit dem Grünraum. Sie haben überhaupt nicht zugehört! Ich glaube, die ÖVP hat auch dagegen gestimmt, und zwar bei der Präsentation des Grün- und Freiraumprogramms der Stadt in der Stadtentwicklungskommission. Da ist Ihnen ganz klar gesagt worden, es gibt auch ein grünes Freiraumnetzwerk, wo demnächst jeder Wiener/jede Wienerin ein Recht darauf hat - und das wird auch durchgesetzt -: Der nächste Freiraum, der nächste Grünraum ist 250 m entfernt von der jeweiligen Wohnung! Das ist so. Die Stadt Wien wird die Stadt überziehen mit Freiraummöglichkeiten, mit Bäumen, mit Grünanlagen, mit Beserlparks - was Sie wollen! (Zwischenruf von Abg Mag Karin Holdhaus.) Das gibt es jetzt auch schon, und erzählen Sie mir nicht - noch einmal: das innere Umfeld der Stadt, wunderbar. Und dann sagen Sie: Verbauung von Grünflächen. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir irgendeine Grünfläche in der Stadt lustig verbaut haben, sondern ganz im Gegenteil! (Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc: Das Semmelweis- Areal ...) Ganz im Gegenteil, es wurden Dinge aufgemacht. Ganz im Gegenteil, es wurde aufgemacht. Dann kommen Sie daher und sagen, im Osten der Stadt verbauen wir alles, da wird alles zubetoniert, und im Westen machen wir das auch. Also was ist jetzt? 50 Prozent begehbares Grün in der Stadt: Wenn wir das herbringen in Wien, sind wir total gut, einmalig in ganz Europa! Sie kritisieren das natürlich massiv, denn das machen wir alles nicht. Also noch einmal: Wir sagen, mehr Wohnungen bedeuten mehr begehbaren Grünraum. Ich habe nichts davon, wenn ich den berühmten - ist er da? - Maisacker oder Rapsacker habe, wo kein Mensch hinein kann. Da habe ich nichts davon, sondern der Punkt ist das: Es muss nutzbares Grün sein! Das werden wir, Rot-Grün gemeinsam, forcieren (Abg Mag Wolfgang Jung: Der Raps wird genutzt, Herr Kollege!), auch wenn der Kollege gern mit der Sense irgendwelche Goldruten umhaut. Aber das ist eine andere Geschichte. Das ist eine Geschichte, da werden wir sicherlich etwas zum Artenschutz hören. Also noch einmal: Alles, was Norbert-Scheed-Wald und Wienerwald Nord-Ost ist, wird sich dann Kollegin Teiber irgendwie vornehmen. Mir geht es darum: Wir haben in Wien die einmalige Möglichkeit, dass wir viele, viele Wildtiere in der Stadt haben. Das Netzwerk Natur ist ein tolles Programm, das sich damit beschäftigt. Wir haben die Habitat- Möglichkeiten für Mauersegler, Mehlschwalben, Fledermäuse, Amphibien einfach massiv verbessert, obwohl viele Wienerinnen und Wiener zum Beispiel das Falkengeschrei überhaupt nicht schätzen; obwohl viele Wienerinnen und Wiener finden: hoppla, da brauchen wir jetzt aber wirklich nicht das eine oder andere Tier; obwohl manche zum Beispiel anrufen und sagen, da draußen ist ein Viech, das gehört da weg - und dann stellt sich heraus, es ist ein Goldschakal, ein ganz seltenes Tier in der Stadt! Dann rufen mich die Leute an und sagen, einfangen, nach Schönbrunn damit! - Nein! Das ist ein seltenes Tier, es gibt ganz wenige davon in Mitteleuropa, das muss man erhalten. Das Habitat erhalten! Er war übrigens im 14. Bezirk, der Goldschakal. Jetzt noch einmal ganz kurz: Es geht natürlich auf Hitzeinseln und auf Regenwasser ein. Das habe ich andernorts schon einmal dazu gesagt: Ja, es ist wichtig, wir haben diese Bereiche, Luft, Energie, ökologisch bauen, Wasser, Infrastruktur, Abfall, Umweltbildung, es ist da alles drinnen. Das will ich jetzt gar nicht auswalzen, aber eine interessante Sache ist für mich dabei: Ja, wir haben da drinnen massiv auf den öffentlichen Verkehr abgestellt. Die Stadt Wien braucht sich überhaupt nicht zu genieren, sondern der Stadt Wien ist es gelungen, die Zahl der Jahresnetzkarten von 345 000 auf über 650 000 zu steigern. Das ist ein wichtiger Punkt, zum Beispiel beim Zurückdrängen des CO2-Ausstoßes, beim Zurückdrängen des Verkehrs, beim besseren Nutzen des öffentlichen Raums, nicht nur für Autos, sondern für alle Menschen dort drinnen. Zum Schluss noch eine Kleinigkeit, weil Sie ja die regionalen Lebensmittel so forciert haben: Wir haben, sage ich jetzt einmal, in der letzten Zeit mit der Landwirtschaftskammer verhandelt - das weiß der Kollege Norbert Walter eh gut -, und da hat sich herausgestellt, dass man mit gewissem finanziellen Druck die Wiener Landwirtschaftskammer schon dazu bringen kann, dass sozusagen die Ab-Hof-Verkäufe, das System, wie so etwas funktioniert, dass zum Beispiel auch biologischer Gartenbau in Wien besser vorangetrieben werden. Ja, da haben wir gemeinsam etwas zusammengebracht! Das ist eine Sache, die wir gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer vorantreiben. Da hätte ich mir eigentlich gewünscht, Frau Kollegin, dass Ihnen das eingefallen wäre. Ist es aber nicht! Es ist der Stadtregierung eingefallen, das zu tun, obwohl ja, glaube ich, die Landwirtschaftskammer schon eher eine Domäne der ÖVP ist. (Abg Mag Wolfgang Jung: Unglaublich, der Stadtregierung ist etwas eingefallen!) Jetzt noch einmal ganz kurz für den Kollegen (Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc: Gott sei Dank ist euch einmal etwas eingefallen!), unseren Freund des Wiener Ziesels oder des europäischen Ziesels: Nein, das Grundstück wird nicht verbaut, weil es da Regeln gibt, und die Regeln sind einzuhalten! Das heißt in Wirklichkeit, da können Sie noch so oft mit der Sense die Goldruten umhauen, es wird Ihnen nichts helfen. Die Ziesel werden dort bleiben, und es wird nicht verbaut werden, so, wie sich die Stadt dazu entschlossen hat. (Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc: Das ist eine Koalitionsbedingung, haben Sie gesagt!) - Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Ing Guggenbichler. Ich ersuche um seinen Debattenbeitrag. Gleichzeitig möchte ich bekannt geben, dass Herr Abg Dr Aigner ab 13 Uhr entschuldigt ist. Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man sich die Worte des grünen Umweltsprechers anhört, der ohnehin nur in fünf Minuten seiner Rede Umweltsprecher war, dann ist er wieder in das Verkehrssprechermetier hinübergerutscht, weil er über den öffentlichen Verkehr geredet hat - ganz kurz zum Herrn Verkehrssprecher Maresch: Ja, ihr habt den öffentlichen Verkehr ausgebaut. Bei den Straßenbahnen habt ihr Garnituren herausreißen müssen, weil ihr es nicht geschafft habt, in irgendeiner Art und Weise (Abg Mag Rüdiger Maresch: Garnituren haben wir nicht herausgerissen! Sitzplätze!) vernünftig den öffentlichen Verkehr so auszubauen, dass er auch den Bürgern gerecht wird. Das Zweite ist zum Umweltsprecher Maresch, da er mir heute vorkommt wie der Geschäftsführer eines Forstbetriebes. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Es ist ja unglaublich, Herr Maresch: Vor fünf Jahren hätten Sie sich noch mit Ketten bei jedem zweiten Baum angekettet! Das hätten Sie gemacht. Das Problem ist nur: Ich frage mich, wo die grünen Ketten sind. Die grünen Ketten verrosten in irgendeinem Keller, denn seit vier Jahren, seit 2010, haben die GRÜNEN das nicht mehr gemacht, was sie vorher taten, teilweise wirklich auch vorbildhaft, sage ich. Aber Regierung macht eben oft nicht besser, sondern hin und wieder auch ein bisschen berechnender, was das Zubetonieren betrifft. Herr Maresch, auch eines noch, was Sie nicht verstanden haben bei der ganzen Geschichte: Die Bürger sind nicht blöd! Die Bürger glauben Ihnen nicht, wenn Sie die Stadt zubetonieren und dann den Beton oder den Asphalt grün anmalen. Das kommt nicht rüber, das können Sie nicht als Grünfläche verkaufen! (Abg Mag Rüdiger Maresch: Woher wissen Sie das? Sind Sie ...) Nein, das sagen mir die Bürger. Die sagen, wenn Sie das tun, glauben sie Ihnen nicht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Die grünen Radwege gehen nicht als Grünfläche rein, Herr Maresch! (Abg Mag Rüdiger Maresch: Woher wissen Sie das?) Keine Chance! (Heiterkeit bei der FPÖ.) Das werden Sie im Wahlkampf auch mit noch so vielen öffentlichen Mitteln als Werbeträger nicht rüberbringen, dass Ihnen die BürgerInnen das glauben und dass Sie deswegen noch gewählt werden. Gut, das Nächste ist: Man darf auch noch der Frau Stadträtin gratulieren. Ich habe heute eine Presseaussendung gelesen zum Tschickstummel-Sammelrekord. Ich finde es ein bisschen schade ... (Beifall bei der FPÖ.) Ich finde es ein bisschen schade, denn ich habe es ja schon früher kritisiert, dass die Regierung alles immer allein macht. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Aber nein!) Ich hätte Ihnen geholfen, vier Hände können mehr Tschickstummel sammeln als zwei Hände. Schade, dass Sie uns auch zu dieser Sammelaktion nicht einladen. Ich werde mir im nächsten Jahr das Guinness-Buch der Rekorde kaufen. Vielleicht finde ich dann ein Foto, nämlich dieses eine Foto, das Sie am ersten ... (Abg Mag Rüdiger Maresch: Immer den eigenen ...) Herr Maresch, Herr Maresch! Ich hätte auch geholfen, ich hätte kein Problem damit gehabt. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Nicht? Wir auch nicht!) Aber vielleicht finden wir dann genau das Foto - und das ist halt auch ein Stück, wie man den Umweltbericht auch bezeichnen muss -, das am 1. Dezember um 11 Uhr am Vormittag vorm Burgtheater gemacht wird, wo Fotografen und Journalisten eingeladen werden zur Präsentation dieses Rekordes. Frau Stadträtin, ich freue mich darüber, da ja Frau Holdhaus auch kritisiert hat, dass im Umweltbericht kein aktuelles Foto drinnen ist. Vielleicht könnten Sie das gleich für den Umweltbericht im nächsten Jahr verwenden. Was noch offen geblieben ist im Rahmen der Änderung des Tierhaltegesetzes: Ich habe eine kurze Frage an Sie gestellt - entweder habe ich es überhört oder wurde es nicht beantwortet -, was mit den Amphibien und den Tieren passiert, die beschlagnahmt werden, wo wir die unterbringen. Ich habe Ihnen gerade vorhin erklärt, dass ich in Wien wenig Platz sehe. Vielleicht finden Sie noch Zeit, kurz darauf einzugehen. Umweltbericht: Danke an jene, die ihn verfasst haben! Denn es dürften ja alle in den ersten Minuten mitgekriegt haben, dass die Mitarbeiter, die in diesen Ressorts arbeiten, es unter dieser Stadtregierung nicht einfach haben, einen Umweltbericht hinzubringen, weil der Umweltschutz leider Gottes spätestens seit 2010, seit der grünen Beteiligung, den Bach runtergegangen ist in dieser Stadt. Schauen wir uns kurz an, was im Umweltbericht nicht steht und warum wir auch nicht zustimmen können. Wir können zum Beispiel deshalb nicht zustimmen: Der Biosphärenpark wird erwähnt, aber da wird nicht die Verbauung des Neustifter Friedhofes, des Umweltfriedhofes erwähnt. Kollegin Holdhaus hat es ja gesagt: Umweltthemen sind so lange wichtig, so lange sie medial attraktiv sind. Das war ja eine Kindesweglegung par excellence! Es hat auf W24 und im ORF Berichte geben, ausführliche Videodokumentationen über das Biotop, wo darüber gesprochen worden ist, dass sogar Steine hineingelegt werden, damit die Kaulquappen sich darunter verstecken können. Aber gestern haben Sie beinhart gesagt, nein, Sie haben überhaupt kein Interesse, dieses Biotop, das vor Widmung schon zugeschüttet worden ist, in irgendeiner Art und Weise wiederherzustellen. Das Nächste zum Thema Verbauung von Grünflächen: Ja, Semmelweis-Areal - wir haben schon oft darüber gesprochen, die rote Firma at home und unter 600 EUR pro Quadratmeter für 49 rote Bonzen-Wohnungen. Das sind die roten Freiräume! Da haben wir auch darüber gesprochen: Frau StRin VBgmin Brauner hat den Währinger Bürgern versprochen, dass beim Semmelweis-Areal die Bürger eine Mitgestaltung haben können. Diese Bürger sind nicht befragt worden! Nein, sie dürfen am Ende des Tages beim Kinderspielplatz mitreden. Und lustigerweise - Bürgerbeteiligung, schade, dass Frau Vassilakou nicht da ist - wurden sie auch in eine Bürgerbeteiligung eingeladen, wie dort die Begrünung der Geh-Achsen ausschauen kann. Das ist Bürgerbeteiligung à la Rot-Grün: Da geht es nicht darum, wie das Areal verwendet werden soll, sondern sie dürfen sich überlegen, welche Stauden am Rand des Weges sind, wo sie durchgehen können. Denn hineingehen werden sie in Zukunft nicht mehr dürfen. Das ist Bürgerbeteiligung à la Rot-Grün! Zum Thema Artenvielfalt: Herr Maresch ist schon dahin - wurscht, er hätte es ohnehin nicht verstanden. (Zwischenruf von Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima.) Ja, Sie müssen dort sitzen bleiben. Artenvielfalt, ganz kurz: Sie sprechen immer vom billigen Wohnbau. Wir haben das Ziesel schon öfter erwähnt. Billiger Wohnbau wie? - Billiger Wohnbau funktioniert in Wien so, dass die Firma Mischek ein Grundstück kauft. In der „Kronen Zeitung“ steht dann: Am nächsten Tag an die Firma Kabelwerk um plus 700 000 weiterverkauft. Dann wird das Ganze parifiziert. Jetzt hat ein Sechstel, ein Stück von diesem Areal - wir reden über billigen, leistbaren Wohnbau! -, die Firma Sozialbau gekauft um plus 1,6 Millionen. Glauben Sie nicht, dass das Ganze billiger wäre, wenn da nicht zwei Firmen irgendwie dazwischen wären? - Ich weiß es nicht, ich will da ja keinem etwas unterstellen. Aber wenn Sie von billigem Wohnbau sprechen, gibt es da so eine kleine kaufmännische Grundregel: Man lässt die Zwischenhändler aus. Ich sage es einfach: Man lässt sie aus. Dann kann es sein, dass das Ganze ein Stück billiger wird - und billiger nicht für Sie, sondern wir wollen billigen Wohnbau für die Bürger haben! Es sind nämlich sie, die am Ende des Tages die Zeche bezahlen müssen und viel höhere Quadratmeterpreise haben, nur weil da mehrmals verkauft wurde. (Beifall bei der FPÖ und von Abg Ing Isabella Leeb.) Dann haben Sie auch ein Kapitel Lichtverschmutzung in diesem Bericht drinnen auf Seite 17. Frau Stadträtin, vielleicht können Sie einmal hineinschauen! Was mich nämlich schon wundert, ist, dass Sie - was steht da drin? Da haben Sie eine Hochhausfassade, die ist mit irgendetwas beleuchtet, oben steht „Kika“, und darunter schreiben Sie: „Ein Beispiel für permanente Lichtverschmutzung.“ Ich muss sagen, es wäre nicht unbedingt notwendig gewesen, da eine Firma hinauszulehnen, ein Unternehmen, das in Wien mehrere Hundert Arbeitsplätze betreibt! Das hätten Sie entweder anonymisieren können, aber ich würde Ihnen vorschlagen, Sie hätten etwas ganz anderes machen können: Sie hätten dort eine von Ihren Sinnlos- Kampagnen beispielsweise nehmen können! Eines von den City Lights zum Beispiel zur Mülltrennung, weil das die Lichtverschmutzung ist, die alle in dieser Stadt erleiden müssen. Es ist echt bedauerlich, das muss ich Ihnen schon sagen. Ich habe auch schon einen Anruf von der Firma Kika bekommen: Das freut sie nicht, dass es da notwendig ist! Denn die haben wirklich Arbeitsplätze, die machen Werbung. Das ist ein Negativ-Image, was Sie von öffentlicher Seite in einem öffentlichen Bericht einer Firma gegenüber verbreiten. Das ist einer Stadt eigentlich unwürdig. (Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Ein Skandal!) Ja, es ist ein Skandal, Frau Stadträtin! Es ist ein Skandal, Frau Stadträtin. (Beifall bei der FPÖ und von Abg Ing Isabella Leeb.) Es ist deswegen ein Skandal, weil, wenn eine Firma einen Imageschaden durch Sie kriegt, die Arbeitsplätze dort gefährdet sind. Wir haben dort mehrere Tausend Arbeitsplätze. Ja, das ist ein Skandal, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen! Zum Thema Müllverbrennung und Luftverschmutzung können wir gar nicht viel sagen. Es steht zwar irgendwie drin, aber Sie haben ja gesagt, Sie sind dafür nicht zuständig. Also weiß ich jetzt nicht, was das in irgendeiner Art und Weise im Bericht dann zu suchen hat. Zum Thema Wasser kann ich Ihnen schon sagen: Ja, wir haben in Wien ein tolles Wasser! Gott sei Dank wurde das vor 140 Jahren in dieser Art und Weise gebaut. Gott sei Dank haben Sie in den letzten Jahren mit Ihrer Verwaltung es nicht geschafft, es vollkommen zu ruinieren - Gott sei Dank! Sie profitieren da von dem Erbe, von dem Erbe von jenen, die das in sehr wegweisender, vorbildlicher Art und Weise gebaut haben. Davon profitieren Sie. Aber ich bin ja schon neugierig: Vielleicht werden Sie uns einmal eine Statistik geben, wie viel von dem Wasser, das da herunterkommt, auf Grund der defekten Rohrleitungen versickert. Wie viel Sie von dem Erbe schon verspielt haben, Frau Stadträtin, weil Sie keine strukturellen Pläne für die Sanierung des Rohrnetzes und des Kanalnetzes haben! Leider Gottes haben Sie hier auch vollkommen versagt. Gut, übers Wasser weiterhin zu reden: Was nicht versickert, habt ihr verkauft mit der Seisensteinquelle. Wir werden das im Wahlkampf schon auch ansprechen, Frau Stadträtin. Wir sind gegen die Privatisierung des Wassers. Wir wollen keine Privatisierung des Wassers! (Beifall bei der FPÖ.) Wir werden nicht, so wie die SPÖ, das Wasser der Bürger an Private verkaufen. Das werden wir nicht zulassen! (Abg Godwin Schuster: Lesen Sie nach, was in der Verfassung steht! Nicht böse sein: Das haben wir reingeschrieben, nicht ihr! Lernen Sie Geschichte! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es gibt auch einen Antrag ... (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Seisensteinquelle!) Die Seisensteinquelle habt ihr verkauft. Da wissen wir schon, wem das gehört, das wissen wir ganz genau. Die SPÖ hat das Wasser in Wien teilweise privatisiert, und da kommt sie nicht raus! Da kommt ihr nicht raus, leider Gottes werdet ihr da nicht rauskommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nein, ihr braucht nicht nervös zu sein. Wir werden das auch den Bürgern im Wahlkampf erzählen. Natürlich braucht ... (Abg Godwin Schuster: Sagen Sie ein Beispiel!) Seisensteinquelle! (Abg Godwin Schuster: Was?) Die Seisensteinquelle, sagt Ihnen die nichts? (Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Das war ein kompletter Flop, euer Bericht, ja! Nicht einmal ...) Sagt Ihnen die Seisensteinquelle nichts? Aber wurscht ... (Abg Godwin Schuster: Sie müssen zuhören! Das ist x Mal da besprochen worden!) Ja. (Abg Godwin Schuster: Zuhören muss man können!) Ja, ja. Aber nur, weil Sie nicht verstehen, dass Sie das Wasser verkauft haben, muss ich jetzt nicht das Gegenteil von dem behaupten, was wahr ist. Wir werden dem Bürger weiterhin die Wahrheit sagen. (Beifall bei der FPÖ. - Abg Godwin Schuster: Nur, wenn Sie G'schichten ständig erzählen, werden Sie ...) Zur Entsorgung, wo die Frau StRin Sima auch nicht zuständig ist: Da haben wir diese illegale Deponie im 14. Bezirk. Da haben Sie jetzt über die Entsorgung von Deponien auch gesagt, das gehört irgendwie dem Bund, und: weiß ich nicht, geht mich nichts an. Angeblich ist dort ein Erdhaufen drübergeschüttet worden vor ein paar Jahren, damit man das in irgendeiner Art und Weise nicht mehr sieht. (Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: ... niemand mehr!) Jetzt hat es halt wieder ein paar von den Teilen herausgeschwemmt, und jetzt sind Sie nicht zuständig. Übers Afritsch-Heim haben wir auch schon geredet. Ja, es stimmt: Hörndlwald, Afritsch-Heim. Wir wissen auch ganz genau, wie der Herr Kasal dagestanden ist, wie er gestanden ist mit dem Müll, der im Lainzer Tiergarten entsorgt wurde, wo Sie auf alles gepfiffen haben. Das ist einen vernünftigen Umweltschutz in dieser Stadt nicht wert. Ich glaube, ich habe jetzt relativ ausführlich gezeigt, dass es uns schlicht und ergreifend unmöglich ist, in einer Stadt, wo der Umweltschutz nicht einen Pfifferling wert ist und wo die Mitarbeiter echt gezwungen werden, einen Bericht zu machen - und ich danke ihnen (Abg Godwin Schuster: Was?), dass sie dieses so toll geleistet haben. Danke für das! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg Teiber. Ich ersuche sie um ihren Debattenbeitrag. Abg Barbara Teiber (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Schwierig! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Herr Abg Guggenbichler, was Ihre Rede über weite Strecken mit dem vorliegenden Umweltbericht zu tun hat, das frage ich mich wirklich. Das ist mir wirklich ein Rätsel. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Das Einzige, was man irgendwie damit in Zusammenhang bringen kann, ist ihr Hinweis auf das Foto von der Lichtverschmutzung von Kika. Sind Sie jetzt der Kika-Beauftragte? Was das Foto da drinnen Arbeitsplätze kosten mag, das frage ich mich auch. Das ist schon sehr, sehr eigenartig. Das zum Skandal hochzustilisieren, ist wirklich lächerlich! Auch ein Wort zum Thema Wasserprivatisierung: Da machen Sie sich auch lächerlich. Denn überall, wo Sie an der Regierung beteiligt waren, war klar, dass Sie die Privatisierungspartei sind (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Aber nicht das Wasser!) - Stichwort BUWOG. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Ihr habt alles verkauft ...) Das ist das Nächste, was Ihnen einfallen würde, wenn Sie etwas zu sagen hätten. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: ... Verkauf von Gemeindebauwohnungen!) Aber wurscht, zurück zum Umweltbericht, denn um den geht es. Vielleicht auch nur einen Satz zur Frau Abg Holdhaus: Mein Eindruck vom Umweltbericht ist nicht ambivalent. (Abg Godwin Schuster, in Richtung FPÖ: AMS!) Bitte? (Abg Godwin Schuster: Nein, ich habe gesagt, Verkauf des AMS ...) Ja, auch ein Beispiel. Jedenfalls zum Umweltbericht: Mein Eindruck ist nicht ambivalent. Ich möchte im Namen meiner Fraktion den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der MA 22 für die Verfassung des vorliegenden Umweltberichtes danken. Dieser Bericht zeigt wirklich in äußerst ansprechender Form, wie umfangreich die Aktivitäten der Wiener Stadtregierung zur Erhaltung und Steigerung der Umweltqualität in Wien sind. Die hohe Lebensqualität in Wien, in unserer Stadt ist nicht zuletzt eben auch auf die hohen Umweltstandards zurückzuführen. Keine Frage, wir haben in Wien gute Voraussetzungen mitbekommen, was beispielsweise die Wasserqualität betrifft oder auch das Klima. Aber diese hohe Lebens- und Umweltqualität zu erhalten und auch zu steigern, ist auf die konsequente rote und zuletzt rot-grüne Umweltpolitik der letzten Jahrzehnte, die seit nunmehr über zehn Jahren unter Federführung unserer Umweltstadträtin Ulli Sima gemacht wird, zurückzuführen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Welchen großen Stellenwert der Umweltschutz für alle Bereiche der Wiener Stadtpolitik einnimmt, zeigt eben der vorliegende Umweltbericht. Er bietet einen anschaulichen Überblick über die unglaubliche Vielzahl an Maßnahmen, die die Stadt Wien im Sinne der Menschen, der Tiere und der Umwelt setzt. Ein paar Punkte aus dem Bericht möchte ich herausstreichen. Eine besondere Herausforderung ist die Schaffung und Sicherung von Grünraum und Naherholungsgebieten in einer Millionenstadt wie Wien, die noch dazu einwohnermäßig massiv wächst. Nicht nur die Sicherung des Grünraums hat sich die Stadtpolitik zum Ziel gesetzt, sondern auch den Ausbau des Grüngürtels rund um Wien. Nach einem gemeinsamen, einstimmigen Beschluss im Wiener Gemeinderat letztes Jahr wurde der Wienerwald Nord-Ost im neuen Wiener Stadtentwicklungsplan nun berücksichtigt. Die für einen Wienerwald Nord-Ost vorgesehenen Flächen werden damit dauerhaft gesichert. Die Idee für das Zukunftsprojekt Wienerwald Nord-Ost in der Donaustadt hatte Norbert Scheed, der in diesem Sommer unerwartet verstorbene rote Donaustädter Bezirksvorsteher. Nach Norbert Scheed wurde der Wald nun auch vor etwas mehr als einem Monat benannt - eine wichtige und schöne Geste auch unter enorm tragischen Umständen! Kollege Maresch hat es schon erwähnt: Jedes Jahr werden in Wien auch zahlreiche neue Parks in Wohngebieten eröffnet. Das ermöglicht, dass nahezu flächendeckend die Wiener und Wienerinnen Grünraum in Gehweite ihres Wohnortes genießen können. Der Umweltbericht zeigt auch eindrucksvoll auf, wie viel die Stadt Wien in die Steigerung der Umweltqualität investiert. Nur ein Beispiel ist die Steigerung der Luftqualität. Dafür sind viele Maßnahmen gesetzt worden, beispielsweise das etappenweise eingeführte Fahrverbot für umweltschädliche LKWs, der Ausbau der Fernkälte, die Steigerung des Anteils des öffentlichen Verkehrs - das ist permanent wichtig -, die Forcierung emissionsärmerer Fahrzeuge oder die gezielte Beratung von Betrieben, Stichwort ÖkoBusinessPlan. Sicher ist, dass es kein Zufall ist, dass Wien zu den lebenswertesten Städten der Welt zählt. Dafür sorgt auch die konsequent verfolgte, gute Umweltpolitik in unserer Stadt und nicht zuletzt das großartige Engagement der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zahlreicher Magistratsabteilungen in unserer Stadt. Dafür ein großes Dankeschön! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Kasal. Ich erteile es ihm. Abg Mag Günter Kasal (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Ich ergreife ganz kurz nur die Gelegenheit, um an eine Situation zu erinnern. Ich habe zu diesem Tagesordnungspunkt im letzten Jahr bereits gesprochen; Kollege Valentin wird sich daran erinnern, die Frau Landesrätin hoffentlich auch. Es ist damals um den Bauschutt gegangen, der im Lainzer Tiergarten verteilt wurde - das Afritsch-Heim wurde abgerissen -, durch das Wirtschaftstor im Lainzer Tiergarten hineingebracht. Dort wurde - ja, ich weiß, dass Sie schwer atmen, Frau Landesrätin, denn da wäre nämlich bis heute ... (Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Lassen Sie sich einmal was Neues einfallen! Das ist schon fad, ja, immer dasselbe!) Ich verstehe voll und ganz, dass es Ihnen peinlich ist. Ich verstehe es! (Beifall bei der FPÖ.) Sie sollten sich wirklich dafür schämen. (Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Sie sollten sich schämen!) Ich habe hier an diesem Rednerpult letztes Jahr über diese Situation berichtet, und Sie haben mir unterstellt, Kollege Valentin hat mir unterstellt, wo dieser Bauschutt denn her wäre - sicher nicht vom Afritsch-Heim, und ich hätte den vielleicht selbst dort vergraben. Die Wahrheit ist, dass Ihr Forstamtsdirektor tatsächlich in der „Bezirkszeitung“, für jeden öffentlich nachlesbar, bestätigt hat, dass die Wahrnehmungen den Tatsachen entsprochen haben. Er hat auch in der „Bezirkszeitung“ bestätigt, dass Forstamtsmitarbeiter alle Wege abgehen mussten und diese Gegenstände, die ich letztes Jahr hier präsentiert habe - also nicht genau die, aber vergleichbare -, aus den Wegen im Lainzer Tiergarten wieder ausgraben mussten und sämtliche Wahrnehmungen den Tatsachen entsprochen haben. Sie tun vielleicht ein paar Inserate schalten, dass das in den Zeitungen nicht so deutlich berichtet wird, aber der Wahrheit hat es entsprochen. Ich würde mich schämen, wenn ich das im Nachhinein nicht zugeben kann. Das betrifft übrigens auch den sehr geehrten Kollegen Valentin. (Beifall bei der FPÖ.) Präsidentin Marianne Klicka: Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort. Ich ersuche sie darum. Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss sagen, dass die Qualität der Redebeiträge bei der Opposition sich jetzt am vierten Tag qualitativ nicht gerade dramatisch verbessert hat. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Abgesehen von der Form, die wirklich gar nicht mehr ... (Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.) Ja, ich weiß, die Wahrheit schmerzt Sie, Herr Abgeordneter. (Abg Mag Wolfgang Jung: Nein, wir werden vom Wähler beurteilt, nicht von Ihnen!) Das verstehe ich. Das tut manchmal wirklich weh und ist ganz böse, wenn man sich das anhören muss. Aber jetzt bin einfach ich am Wort, das ist Ihr Pech. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Das ist wirklich ein Pech!) Sie kommen immer mit den gleichen vermeintlichen Umweltskandalen, irgendwelchen Ladenhütern, denn etwas Neues fällt Ihnen anscheinend nicht ein. Jedes Jahr das Gleiche! Jetzt mache ich das auch schon seit zehn Jahren und habe da doch einen repräsentativen Vergleich. Sie haben immer die gleichen fünf Punkte, die da kommen, und mehr gibt es offensichtlich nicht zu sagen an vermeintlichen Skandalen der Umweltpolitik - spricht eh für uns, freut mich eh am Ende des Tages! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Einen Punkt möchte ich schon noch herausheben, weil das auch immer wieder kommt: die Privatisierung des Wassers. Sie haben ja in dieser Frage sogar das Kontrollamt bemüht. Das Kontrollamt hat es untersucht, und es war, wie soll ich sagen, für die FPÖ ein Schlag ins Wasser - passt ja ganz gut zu dem Thema. Rohrkrepierer wäre auch noch ein Adjektiv, das mir dazu einfallen würde. Denn es ist einfach nichts herausgekommen, es stimmt nicht. Es ist hinten und vorn wirklich erfunden (Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung), erfunden in diesem Zusammenhang. Aber Sie kommen natürlich weiterhin und behaupten es, obwohl absolut überhaupt nichts dran ist. Das zeigt ja, wie substanzlos eigentlich Ihre Auseinandersetzung mit der Umweltpolitik ist und wie wenig dahinter ist an Ihren Anschuldigungen und Behauptungen. Also ich finde das, ehrlich gesagt, fast erschreckend und würde die Opposition wirklich dringend ersuchen, sich zum nächsten Jahr wenigstens ein neues Thema einfallen zu lassen! Das ist doch nicht zu viel verlangt, dass man einmal etwas Neues in die Debatte einbringt, auch im Sinne der Belebung und der Qualität der Debatte, damit wir uns nicht immer über die gleichen Sachen unterhalten müssen. Wir von Seiten der Regierung bringen immer sehr viele neue Themen und sehr viele neuen Initiativen ein. Deswegen möchte ich auch allen, die sich an der Erstellung dieses sehr umfassenden Umweltberichts beteiligt haben, wirklich sehr herzlich meinen Dank aussprechen, weil er sehr gut und kompakt die großartige Situation in der Stadt wiedergibt. Das ist auch noch etwas, was ich Ihnen ins Stammbuch schreiben möchte. Es ist wahrscheinlich nicht so, dass uns alle Wienerinnen und Wiener bei der nächsten Wahl ihre Stimme geben werden, aber sehr, sehr viele Menschen sind sehr glücklich, in dieser Stadt zu leben, und sind sehr zufrieden, gerade mit der Umweltqualität. Das ist eines der Dinge, die in allen Umfragen immer die höchsten Werte bekommen. Ich glaube nicht, dass Sie sich damit viele Freunde machen, wenn Sie das nur schlechtreden und die ganze Zeit heruntermachen, denn die Leute leben Gott sei Dank gern in Wien. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Danke, Frau Berichterstatterin. Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Umweltbericht 2012/2013 zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke, das ist mehrstimmig so beschlossen mit den Stimmen der SPÖ und der GRÜNEN. Wir kommen zur Postnummer 9. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Regelung des Veranstaltungswesens - Wiener Veranstaltungsgesetz - geändert wird. Berichterstatterin ist ebenfalls Frau Amtsf StRin Mag Sima. Ich ersuche sie, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf. Präsident Prof Harry Kopietz: Gemäß § 30 Abs 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen die Zusammenlegung ein Einwand erhoben? - Ich sehe, dass es nicht so ist, und werde daher so vorgehen. - Die Debatte ist eröffnet. Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Ellensohn. - Bitte, Herr Abgeordneter. Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Freudentag für mich persönlich, und hoffentlich für fast alle im Haus! Wir ändern heute das Wiener Veranstaltungsgesetz in Bezug auf das Glücksspiel, das nicht nur in Wien zehntausende Menschen ins Unglück stürzt. Wir haben das hier auch schon öfter besprochen: Sonderlandtage, Gemeinderatsanträge, viele, viele Diskussionen - was lange währt, wird endlich gut! Ich mache nur einen ganz kurzen Abriss. Mich beschäftigt das persönlich seit fast zehn Jahren, weil im Vorwahlkampf vor zehn Jahren die ersten Personen zu mir gekommen sind, die gesagt haben, sie kämpfen mit der Spielsucht, weil die Automaten offensichtlich so um sich gegriffen haben. Da war es für mich noch neu von der Diskussion her. Es waren aber tatsächlich so viele, dass wir gesagt haben, wir müssen genauer hinsehen, was das genau ist. Wir sind dem auch nachgegangen. Die Probleme, die das Glücksspiel für uns alle insgesamt bedeutet, sind vielfältig. Ich fange jetzt einmal 2006 an, wer sich noch erinnert an das ehemalige Regierungsmitglied Christa Kranzl, die in Niederösterreich Landesrätin war und sich einer Amtshaftungsklage von Novomatic in Millionenhöhe gegenübergestellt sah, wenn sie das nicht macht. Während ihrer Abwesenheit wegen eines Urlaubs hat jemand anders das Gesetz dann ausgefüllt, ein Bezirksrat der ÖVP, glaube ich, im 23. Bezirk, und dann war das plötzlich durch. Frau Kranzl ist dann dort weg, war in der Bundesregierung, da ist sie nun auch nicht mehr. Wir haben dann als größeren Partner jemand gefunden, der zu dem Zeitpunkt nicht viele Inserate oder Zuwendungen bekommen hat, nämlich den ORF, der sehr viele Geschichten gebracht hat, sehr viele Nachrichtensendungen damit bespielt hat, unter anderem „Am Schauplatz“ im Oktober 2006 nicht nur mit mir allein, sondern auch mit einem Vertreter der FPÖ im Prater in verschiedenen Automatenlokalen unterwegs war. Wir haben ein Jahr später den Jugendschutz in den Mittelpunkt gestellt und sind mit zwei 14-Jährigen, mit einem 14-Jährigen und einer 14-Jährigen, durch die innere und äußere Mariahilfer Straße gegangen. In jedem einzelnen Lokal, in das sie hineingegangen sind, beide 14 Jahre alt, in jedem Lokal haben sie Geld in Automaten eingeworfen - in keinem wurden sie kontrolliert! Das ist alles auf Film zu sehen, es ist ja im Fernsehen ausgestrahlt worden. In keinem einzigen Lokal hat irgendjemand etwas gesagt - bis sie aus dem Lokal gegangen sind. Dann wurden sie nämlich gefragt, wie alt sie sind. Wir haben gesagt: Sagt immer gleich die Wahrheit, vierzehn und vierzehn. „Ihr wisst eh, dass ihr nicht spielen dürft!“ - Ja, nachdem das Geld weg war. Jugendschutz hat nicht funktioniert, das war leicht zu sehen. Wir haben dann eine Homepage angefangen, Unterschriften gesammelt und, und, und, die GRÜNEN einmal mobilisiert quer durch die Bezirke. Das war noch die leichteste Übung. Da gab es ein Problem nach dem anderen. Dann sieht man die vielen Kameras, die draußen bei den einzelnen Glücksspiellokalen hängen. Auf Verdacht hin - die haben das sicher nicht genehmigt - einfach einmal einen Packen bei der Datenschutzkommission vorstellig angezeigt: Alle, die wir angezeigt haben, alle waren nicht genehmigt, keine einzige! Ich habe aber nur willkürlich irgendwelche genommen und gesagt, na, die da, die da, die wir halt gesehen haben. Wahrscheinlich hätte ich 200 aufschreiben können, denn es ist schon ein größerer Zufall, dass alle, die du anzeigst, nachher tatsächlich mit Antwort der Datenschutzkommission damals, 2008, bescheinigt bekommen: Keine einzige dieser Kameras genehmigt! Die halten sich eben nicht so sehr an Regeln, und sie wissen auch, warum sie es nicht notwendig haben, sich an so viele Regeln zu halten. Etwas später haben wir dann das nächste größere Problem: die Beschaffungskriminalität im Zusammenhang mit dem Glücksspiel. Wie viele Leute tatsächlich ein Verbrechen begehen, um an Geld zu kommen, um dieses dann in die Automaten zu werfen, nämlich tatsächlich in die Automaten. Drei kleine Geschichten. Ein Taxler, 52, betäubt seine Fahrgäste mit Eistee und sackelt sie alle aus. Einen hat er hinausgeschmissen, der ist - vorher schon nicht lustig, nachher fast sehr tragisch - fast erfroren, fast gestorben. Neun Jahre Haft! Da steht noch im Text: nicht rechtskräftig. Ich weiß gar nicht auswendig, wie das ausgegangen ist. Ein anderes Beispiel ist ein 17-Jähriger: „Automatenspiel war schuld. Meine Mama war immer so stolz auf mich. Nichts habe ich gehabt mit Alkohol, auch sonst keine Probleme, nur die Automaten habe ich nicht in den Griff bekommen.“ 17 Jahre alt: 3 Jahre Haft, rechtskräftig! Sitzt 3 Jahre in Gerasdorf. Wenn man glaubt, 17 ist jung - nur, damit man sieht, wie weit es hinuntergeht: „Raub aus Spielsucht: Jüngster Täter ist 12 Jahre alt.“ Das ist dann gleich eine Bande von einem 14-Jährigen, einem 12-Jährigen, einem 13-Jährigen und einem 17-Jährigen: Großteil der Beute für die Glücksspielautomaten! Wenn ich meinen Mitarbeiter frage, bringt er mir so ein Packerl von diesen Geschichten, die sich über die Jahre ergeben haben. In Gerasdorf sitzt in der Strafanstalt für junge Männer angeblich jeder Zweite wegen Beschaffungskriminalität Glücksspiel ein. Begonnen - und das sind dann die Studien, die man dazu braucht -, begonnen hat die Glücksspielkarriere meistens mit dem Automat und meistens minderjährig. Da kann keiner dafür sein, da muss man eingreifen, deswegen eines nach dem anderen. Die Automaten, die aufgestellt waren, waren nach unserer Meinung sowieso immer gesetzeswidrig. Auch das wurde ja immer wieder einmal Gegenstand von verschiedenen Verhandlungen. Das Bundesministerium für Finanzen hat das geteilt und schreibt - das war dann auch im Fernsehen, das ist also alles zum Nachlesen und Nachhören, aber das ist schon nicht schlecht -: Bei sämtlichen Kontrollen und Überprüfungen im Rahmen der Aktionstage und der vorgelagerten Überprüfungshandlungen vom Bundesministerium konnte bisher kein einziger Automat beobachtet und festgestellt werden, der sich nur auf das Kleine Glücksspiel beschränken würde. Sämtliche vorgefundenen Geräte waren immer mit einem deutlich höheren Einsatz- und Gewinnlimit ausgestattet und stellen damit einen Eingriff in das Glücksspielmonopol dar. Die schauen sich hunderte Automaten an und sagen: Alle, alle, alle entsprechen nicht dem Gesetz! Kein einziges Gerät, das aufgestellt ist, entspricht dem Gesetz. Da spielen Jugendliche, 12- und 14-Jährige verzocken ihre Zukunft, 17-Jährige kommen 3 Jahre in Haft. Kleinigkeiten wie der Datenschutz, alles - sie halten sich an keine einzige Regel, es funktioniert alles wunderbar. Schön langsam dreht sich aber schon die Stimmung. Es sind ja dann viele selber auf das Thema aufgestiegen. In der SPÖ waren es dann mehrere Bezirksvorstehungen, im 9. Bezirk und im 10. Da hat Frau Mospointner gemeint, 2009 in der Zeitschrift „Datum“, die mit dem Titel aufgemacht hat: „Heroin war gestern.“, und heute ist der Automat, gemeint hat da Frau Mospointner, man soll auf das Automatenglücksspiel verzichten. Dann kommt die Glücksspiel-Novelle des Bundes 2010. Das ist wichtig, weil das etwas zu tun hat mit dem, was wir heute machen. Diese Glücksspiel-Novelle besagt, dass alle Konzessionen, die in Bundesländern erteilt wurden, die das Kleine Glücksspiel erlaubt haben - das sind ja nicht alle, sondern fünf -, dass alle Konzessionen mit 31.12.2014 verfallen. Ausnahme: Steiermark Ende 2015. Damit sind alle Konzessionen in dieser Stadt am 31. Dezember hinfällig! Kein Regelungsbedarf von uns, es ist so. Übergangsfrist - das ist ja das, was dann immer wieder angedroht wird: Nicht nur die Novomatic droht mit Klagen, sondern alle Möglichen, es geht um viel Geld. Da geht es um hunderte Millionen Euro, kein Wunder, dass sich die das Geld nicht leicht wegnehmen lassen wollen. Die Übergangsfrist von 2010 bis 2014 soll rechtlich absichern - das ist die Position des Bundes, der diese Gesetze beschlossen hat -, soll absichern, dass es tatsächlich kein Eingriff ins Eigentum ist, keine Enteignung von den Automaten ist - was dann wahrscheinlich auch wieder irgendwo auftaucht -, sondern dass das halten wird. Diese Novelle hat also dazu geführt, dass wir heute mit Initiativantrag trotzdem noch etwas regeln, nämlich nicht, was der Bund schon geregelt hat, sondern - und das ist für einen Nichtjuristen zumindest interessant, wie wir es 10 Mal durchlesen und 15 Mal absichern lassen -: Was machen wir jetzt, damit das auch klar ist, falls dann irgendwelche Zweifel auftauchen? Der Bundesgesetzgeber hat seine Regelungen geändert. Das betrifft auch die Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten. Nach unserer Meinung - und das ist in der Begründung nachzulesen - entfällt in diesem Bereich der Regelungsbedarf des Landes. Angesichts der Spielsuchtproblematik und ihrer vielfältigen negativen sozialen Folgen soll auf Grund von Überlegungen hinsichtlich des Jugend- und Spielerschutzes die Gelegenheit zur Teilnahme an Glücksspielen verringert werden. Das Land Wien macht daher von der Möglichkeit, Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten zu erlauben, keinen Gebrauch. Landesausspielungen im Sinne des § 4 Abs 2 Glücksspielgesetz und damit die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für solche Ausspielungen sind in Wien nicht vorgesehen. Alles, was wir jetzt machen, ist: Sie haben ein Beisel, Sie würden gern zwei Automaten hineinstellen, Sie möchten gern einen Antrag stellen - können Sie nicht mehr, weil jetzt die Rechtsgrundlage gestrichen wird! Das heißt, überall, wo drinsteht Glücksspielautomat, fliegt das aus dem Gesetz raus. Sie können ab 1. Jänner keine neuen Konzessionen beantragen, weil wir keine Rechtsgrundlage dafür haben. (Beifall bei den GRÜNEN.) Die Ungültigen bleiben sowieso ungültig. Ist das Thema damit vom Tisch? Das weiß kein Mensch. Wir werden zumindest mit Klagen - mein Gott, Klagen hat es viele gegeben von der Novomatic gegen Leute, die sich einen Satz zu sagen trauen! Wir haben wahrscheinlich alle gelesen, was nicht nur die Novomatic, sondern auch andere Glücksspielanbieter, was die alle aufführen. „Ein Sittenbild der Lobbyisten“ heißt die Causa Novomatic im „Standard“ vor Kurzem, wo genau aufgelistet ist, was die alles vor hatten. Die hätten gern alle Parteien und alle Beamten eingekocht, steht da drin. Bei uns haben sie es auch versucht, wird behauptet. Dass es nicht gut funktioniert hat bei uns, ist ja offensichtlich, weil wir auf Bundesebene und überall eine einheitliche Meinung haben. Die GRÜNEN einkochen in Sachen Kleines Glücksspiel und alle anderen Parteien auch - das kann dann jeder für sich beurteilen, wo das wie gut funktioniert hat. Dazu gibt es noch dieses Pseudogutachten, das jetzt aktuell wieder in den Zeitungen ist, gestern in „News“. Westenthaler-Prozess: 300 000 EUR. Wer sich noch erinnern kann: 9 Seiten Gutachten, 9 Seiten Gutachten für Glücksspiel, für die Casinos in dem Fall, 9 Seiten um 300 000 EUR. Und der, der zuständig war, das zu machen, sagt heute: „Ich habe es mir aus dem Internet zusammengegoogelt“ - Aussage aus dem Prozess – „und dann habe ich das halt abgegeben.“ Neun Seiten im Internet googeln - wenn ich das dem Martin Margulies als Aufgabe gebe, macht er mir jeden Tag so ein Gutachten, aber ich habe nicht täglich 300 000 EUR zu vergeben. Das ist also tatsächlich unglaublich. Sie kennen ja den Herrn Westenthaler, der da verwickelt ist. Die Prozesse laufen noch, ich sage nicht, wie alles ausgehen wird. Interessant ist der Zusammenhang von Glücksspiel und Politik allemal. Deswegen bringe ich auch noch ein letztes Beispiel. Ich höre nämlich, dass wir heute leider nicht einstimmig sind. Im Ausschuss waren wir nicht einstimmig, jetzt sind wir einstimmig? (Abg Mag Wolfgang Jung: Wir sind heute einstimmig!) Wir sind heute einstimmig, das ist gut. Dann kann ich das ganz kurz machen. Aber wir haben in den vergangenen Jahren ein Auf und Ab in den Positionen bei den Parteien gehabt. Und wir hatten vor acht Jahren, vor sechs, sieben, acht Jahren in der Opposition tatsächlich Einigkeit zwischen zwei Parteien, die dann irgendwann aufgehört hat, als plötzlich Inserate aufgetaucht sind in dieser Zeitung (Der Redner hält ein Exemplar der „Neuen Freien Zeitung“ in die Höhe, in der ein ganzseitiges Inserat der Firma Novomatic abgedruckt ist.), wo damals leider die Stadt Wien auch noch inseriert hat - das hat sich aufgehört -, wo tatsächlich kein Mensch inserieren will, weil das imageschädigend für verschiedene Firmen ist, vermute ich, oder weil die Reichweite nicht passt, keine Ahnung. Die, die schon inseriert haben, waren die da: „Novomatic - Das Spiel braucht Regeln.“ Das ist das Einzige, was ich bei dem Inserat unterschreibe: Ja, das Spiel braucht Regeln. Die Glücksspielkonzerne sind eng verwoben mit der Politik. Wir brauchen nicht darüber zu reden, wir wissen, wer alles Sitze in all den Aufsichtsräten und überall hat, nämlich nicht nur parteinahe Leute, sondern Leute, die Mitgliedschaften haben, Mandatare. Ich zähle jetzt nicht alle auf, weil das nur eine lange Wortmeldungsreihe zu Rechtfertigungsreden nach sich zieht. Aber einer sitzt in Brüssel in hoher Funktion, und dann eben noch viele andere, die ich jetzt tatsächlich nicht namentlich erwähne. Das heute soll dazu dienen, dass das Bundesgesetz, das sagt, 2014 ist Schluss, am 1. Jänner umgesetzt wird. Was wir noch dazu machen, ist: Man braucht überhaupt nicht mehr vorstellig zu werden am 1. Jänner, es gibt keine Gesetzesgrundlage mehr, um neue Automaten zuzulassen. Werden jetzt alle verschwinden in der ersten Jännerwoche? Oder schaltet jeder am 31.12., wenn der Glockenschlag ertönt, sein Gerät aus? - Das weiß ich nicht. Die Finanzpolizei ist gefordert, das auch zu kontrollieren. Das ist so ähnlich, wie wenn man irgendwo eine neue Tempozone erlässt: Dann stehen wir auch nicht persönlich dort und kontrollieren, wie schnell die Leute fahren. Dafür ist die Polizei zuständig. Hier ist die Finanzpolizei zuständig. Wenn sie nicht tätig wird, muss man einen Verdacht äußern, den man nicht äußern soll. Ich gehe davon aus, dass alle ein Interesse haben, sowohl das Bundesgesetz als auch die Gesetzesänderung, die wir heute beschließen, genau so umzusetzen. Das bedeutet, das Kleine Glücksspiel ist in dieser Stadt am 31.12.2014 erledigt! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Gesetzlich ist es so. Da ich aber weiß, wie viel Geld da fließt, und wenn man für ein Gutachten 300 000 EUR bekommt, wenn ein Bestechungsvorwurf nach dem anderen im Raum stehen und wenn Inserate fast überall hin marschieren, dann muss man sagen: Wahrscheinlich ist die Geschichte noch lange nicht ausgestanden. Da müssen wir schauen, dass wir überall stabile Mehrheiten dafür haben. Ich würde mir auch wünschen, dass man vom Bund her andere Regelungen hat und in allen Bundesländern auch ähnliche Regelungen nachvollzieht. Nein, die Glücksspielsucht wird damit nicht endgültig besiegt! Es wäre ja lächerlich, das zu glauben. Es gibt einen Haufen anderer Probleme im Glücksspielbereich, wie das Online-Spielen, et cetera. Der Automat ist die Einstiegsdroge, der Automat ist der Anfang. Der Automat ist das, wo bis jetzt die Minderjährigen gespielt haben, und das wird unterbunden. Wenn jetzt jemand sagt, das ist ein komplettes Verbot, darf man nicht vergessen, dass es drei Casino-Lizenzen in Wien gibt - wo auch immer die am Schluss sind, denn da laufen ja auch schon wieder Einsprüche. In jedem dieser Casinos, die es dann am Ende gibt, dürfen 500 Automaten stehen, falls das nicht auch wieder geändert wird und am Schluss 800 Automaten drinstehen. Aber gehen wir einmal davon aus, es sind 500. Das bedeutet, das Suchtmittel Automat wird im Konsumraum Casino angeboten, ist zugänglich für Erwachsene. Kontrolliert, dass nichts an der Steuer vorbeigeht, kontrolliert von der Abgabequalität her, kann ein Automat ja wohl nicht schwindeln, ohne dass man das den bestehenden oder bisher bestehenden vorwirft - was manche Gutachten schon tun, aber ich nicht, obwohl man da immun ist in dieser Frage. Fürs Glücksspiel ist das heute ein herber Schlag. Für das Hauptproblem, das wir haben, ist es ein herber Schlag. Für die Menschen und ihre Angehörigen, die damit wirklich ihre Zukunft verzockt haben, und für den 17-Jährigen, der 3 Jahre in Gerasdorf sitzt, kommt es zu spät. Aber für die Nächsten, die an den Automaten ihre Zukunft verloren hätten, ist es früh genug. Ich hoffe in dem Fall auf Einstimmigkeit für diesen Beschluss heute! - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg Lasar. - Bitte, Herr Abgeordneter, Entschuldigung, Herr Stadtrat. StR David Lasar: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Herrn Ellensohn möchte ich Folgendes sagen: Ich bin in vielen Punkten bei Ihnen. Das Glücksspiel, so wie es in dieser derzeitigen Regelung ist, kann mit Sicherheit nicht so bleiben und darf auch nicht so bleiben. Darum werden wir heute natürlich auch zustimmen. Das ist genau der Punkt. Aber was machen Sie jetzt mit 1. Jänner? Das haben Sie in Ihrer Rede nicht gesagt. Sie machen nämlich den Weg frei für das Bundesgesetz, für die VLT-Geräte - das sind die Video-Lotterie-Terminal-Geräte -, die ganz genau gleich sind wie die, die jetzt da stehen. Nur ... (Abg David Ellensohn: ... stehen vier Jahre da!) Nein, nein, die stehen nicht da, weil es noch keine genaue Gesetzesregelung gibt. Genau die gleichen Geräte sind das. Sie können an diesen Geräten noch weitaus mehr verlieren, denn dafür gibt es überhaupt keine Regelung. Da können Sie, ich weiß nicht, 500 EUR genauso mit einmaligem Knopfdruck verlieren. (Abg Mag Thomas Reindl: Das ist ein Bundesgesetz, nicht ein Landesgesetz!) Und genau die Geräte könnten theoretisch, sage ich jetzt, am 1. Jänner aufgestellt werden! Meine Damen und Herren! Das sind 5 000 Geräte, die österreichweit bewilligt sind. Es können jetzt in Wien 2 000, 3 000, 4 000 und auch bis zu 5 000 stehen, und da fehlt mir eine Regelung! Da hätte ich von Ihnen schon gerne eines gewusst: Was für Regelungen wird es in Zukunft für diese VLT-Geräte in Wien geben? (Abg David Ellensohn: Die Finanzpolizei ...) Nein, die haben keine Zutrittskontrolle. Es steht in keinem Bundesgesetz drin, was hier kontrolliert wird. Ich weiß nicht, ob man die Geräte dort in den Spelunken, sage ich jetzt, gegen die wir immer waren, diese Verschachtelungen, in den nächsten Wochen rausnimmt und gegen die VLT-Geräte, die dann natürlich über einen Server laufen, ersetzt. Sie wechseln also an und für sich nichts anderes als die Geräte aus! Das ist das Problem. Ich gebe Ihnen jetzt ein Beispiel: Oberösterreich. Jahrzehntelang war das Kleine Glücksspiel in Oberösterreich verboten, mit gutem Recht, bis man dann draufgekommen ist: Wir haben zirka 10 000 illegale Geräte. Auch Ihre Partei ist hier dabei gewesen. Es hat vor, glaube ich, zwei Jahren einen Vier-Parteien-Antrag gegeben, wo auch die Grüne Fraktion mitgestimmt hat zu einer vernünftigen Zutrittskontrollregelung für das Kleine Glücksspiel in Oberösterreich. Dort haben Sie zugestimmt, hier sagen Sie das Gegenteil. Da kann ich Ihnen nicht ganz folgen. Ich weiß, jetzt hat man sich an die Fersen geheftet, okay, man war gegen das Kleine Glücksspiel, wir waren es genauso. Aber warum machen Sie nicht für Wien eine vernünftige Regelung? Mit Zutrittskontrollen, mit einem Jugendschutz, mit einem Spielerschutz! Und diese kleinen Kammerln, die wir ja genauso kritisieren wie Sie, sollten an und für sich schon längst weg sein. Da hätte wir ja jahrelang schon genug unternehmen können, um zu sagen, die sind illegal, oder man will das nicht mehr, machen wir eine Gesetzesnovellierung. Ich wäre der Erste gewesen, der gesagt hätte, das ist wichtig für einen Jugendschutz! Das ist wichtig, ja. Wenn ich Ihnen jetzt sage - Sie haben es ohnehin schon vorgelesen -, da steht, angesichts der Spiel- und Suchtproblematik, und so weiter, das ist Ihr Antrag, Ihre Begründung, wenn man sich die negativen und sozialen Folgen überlegen, dann gebe ich Ihnen Folgendes zu bedenken: Ich glaube, Sie haben es mit Sicherheit in „News“ gelesen - das ist vom Jahr 2014, also von heuer -, dass die Suchtforscherin Gabriele Fischer sagt: „Regulierung statt Verbot.“ Sie sagt: „Ein Argument hinter der Initiative lautet, dass sich niemand auf Kosten von Spielsüchtigen bereichern dürfe. Gibt es kein Angebot mehr, kann auch niemand spielen. ‚So einfach funktioniert das aber leider nicht und die Politiker wissen das auch. Ich halte das für verantwortungslos‘, kritisiert Fischer. Sie ist für einen streng regulierten Markt statt einem Verbot.“ Das nächste Zitat: Spielsuchthilfe, gemeinnütziger Verein. 31 Jahre arbeitet er da drinnen. Er hat gesagt: „Das ist ein Wahnsinn, wenn das verboten wird. Es driftet genau in die Illegalität ab.“ Dr Schmid, ehemaliger Jugendanwalt: Er sitzt im Automatenbeirat. Da hätte ich Ihnen auch gerne etwas dazu gesagt. Er hat gesagt: „Das ist das Schlechteste, was wir jetzt machen können, ein generelles Verbot des Kleinen Glücksspiels.“ Es gehört reguliert, aber nicht verboten. Streng reguliert! Ich könnte Ihnen jetzt noch zig vorlesen, die dagegen anlaufen und sagen: „Das kann es nicht sein, jetzt driftet es genau wieder in die Illegalität ab, wie wir es ja in den 70er und 80er Jahren auch schon gehabt haben. An jeder Ecke wird gespielt, keiner will davon etwas wissen.“ Ich könnte jetzt zynisch sagen, Salzburg, dort ist es verboten, aber Vergnügungssteuer wird trotzdem kassiert! Ist das richtig? (Zwischenruf von Abg David Ellensohn.) Nein, ist es nicht mehr? Na, dann haben sie es vielleicht geändert. Aber dort war es verboten, (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) und trotzdem man hat die Vergnügungssteuer von den Automaten kassiert. Aber ich will das jetzt nicht zynisch sagen, ich sage es nur dazu, wie man eben gewisse Dinge hier in Österreich handhabt. Wenn ich mir anschaue, dass es jetzt in Wien gar keine Regulierung mehr gibt - die braucht man ja mit 1. Jänner sozusagen nicht mehr. Noch einmal: Ich bin hundertprozentig auf Ihrer Linie, dass wir eine Änderung des jetzigen Gesetzes brauchen, wir brauchen endlich einmal eine vernünftige Regelung. Nicht für Großkonzerne oder irgendjemanden, das ist alles übertrieben. Sie wissen ganz genau, dass tausende Arbeitsplätze auch in Wien daran hängen, in der Gastronomie ... (Abg Mag Rüdiger Maresch: Schwieriges Argument! - Weiterer Ruf bei den GRÜNEN: Im Gefängnis?) Jetzt sage ich Ihnen etwas von der Polizei. Wenn Sie mit Polizisten sprechen, die für Einbruch, Diebstahl zuständig sind, die jemanden verhaften, stellt der Polizist dem Täter die Frage: Wo hast du das Gestohlene her? Na, was sagt der dann darauf: Ich habe es verspielt. - Denn wenn er sagt, er hat sich eine Rolex oder irgendetwas anderes gekauft, muss er das nämlich hergeben. Es ist also die einfachste Argumentation, dass man sagt: Ich habe es verspielt, oder ich habe es verzockt. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Das ist die Argumentation von den meisten. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Das sind die offiziellen Argumente von der Novomatic!) Klar ist, es gibt natürlich viele, das streite ich ja auch wieder nicht ab, die das so wie der Jugendliche verspielt haben. Aber das wird nicht aufhören! (Abg Mag Rüdiger Maresch: Sind Sie dafür oder dagegen?) Herr Maresch, nicht böse sein: Wir sind dafür, dass dieses Gesetz geändert wird, wir sind ja dafür! Aber wir sind für eine klare Regelung, ich bin für eine Regelung! (Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: ... die FPÖ hat eine differenzierte Position! - Abg Mag Rüdiger Maresch: FPÖ weiß ich eh! Aber Sie?) Darum sage ich Ihnen heute: Was Sie vor haben, ist teilweise gut. Aber ich sage Ihnen noch einmal: In Wien werden Sie nicht darum herumkommen, eine vernünftige Regelung zu finden. Denn ich kann es Ihnen heute schon sagen: In den nächsten, ich weiß nicht, 6, 8, 10, 12, 14 Monaten werden Sie dann nur illegale Automaten in den Hinterzimmern haben! Und wer das kontrollieren wird, ist die Frage! (Abg Mag Rüdiger Maresch: Da gibt es die Polizei dafür!) Die haben doch jetzt schon wenig Personal! Da sperrt ein Wachzimmer nach dem anderen zu, und Sie sagen mir jetzt, die werden das kontrollieren. Na, weil sich die mit dem Kleinen Glücksspiel nämlich auskennen! (Abg Mag Rüdiger Maresch: Die Finanzpolizei ist das!) Die haben zehn Leute in Wien. Na, das schaue ich mir nämlich an, ob die ab 1. Jänner herumfahren und sich nur um die Automaten kümmern werden! Ich glaube, da gibt es Größere, sage ich jetzt einmal, um die man sich kümmern könnte, genau in diesem Bereich. Aber wir werden das ja alles sehen. Ich möchte Ihnen zum Abschluss vielleicht eines sagen. Wenn man für ein Verbot ist, wenn man sagt, das gehört verboten, dann, sage ich, nimmt man sich natürlich auch aus der Verantwortung! (Abg Mag Rüdiger Maresch: Wenn der Herr Jung das macht - warum sagen Sie nicht, Sie sind dagegen, Herr Lasar?) Denn das war bis jetzt immer der Fall, dass man in Wien für eine vernünftige Regelung eingetreten ist. Leider ist es außer Kontrolle geraten, darum stimmen wir heute auch zu, dass es in dieser Form verboten wird. Aber ich hätte mir gewünscht, dass wir einen entsprechenden Antrag stellen oder die Idee über eine vernünftige Regelung in Wien diskutieren. Aber ich bin davon überzeugt - noch einmal -: Vielleicht werden wir das heuer noch erleben, dass es zu einer vernünftigen Regelung kommt oder dass zumindest einmal vernünftig über das Gesetz gesprochen wird. - Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg Valentin. - Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Erich Valentin (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir für meine Rede zwei Papiere mitgenommen, die für die Entwicklung und für die Genesis unserer heutigen Situation sehr, sehr wichtig sind. Die Diskussion hier in diesem Haus hat mit einigen sehr wesentlichen Punkten angefangen, die uns alle gemeinsam gestört haben, zumindest die meisten von uns: Dass es bei der Frage des Kleinen Glücksspiels keinen bis einen katastrophalen Jugendschutz gibt; dass genau so, wie Kollege Ellensohn gesagt hat, 14-Jährige in diese kleinen Lokale in den Geschäftsstraßen haben hineingehen und spielen können. Wir haben gemeinsam kritisiert in einigen Anträgen, die ich gemeinsam mit Kollegen des Hauses formulieren durfte, dass wir entsetzt sind, dass es keinen Spielerschutz gibt. Das heißt, dass jemand nicht wie bei anderen Glücksspielen sagen kann: „Ich bin spielsüchtig, ich möchte davor bewahrt werden, dass ich mein Geld in diese Automaten hineinstecken darf.“ Dieses hat es nicht gegeben und gibt es in der jetzigen Regelung, die wir in Wien haben, nur auf dem Papier. Wir haben gesagt - und das war vor allem ein Anliegen der Bezirke, der Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher -, dass diese nicht wirklich sehr attraktiven kleinen Lokale, diese Kabäuschen wegkommen. Und wir waren auch der Meinung, dass es so etwas wie ein alertes System geben soll, und zwar dann, wenn ein Mensch viel zu viel verspielt und das nicht in Einklang zu bringen ist mit dem, was er tatsächlich verdient. Die Forderung betraf also eine Vernetzung beziehungsweise Identifikation, dass sich nämlich derjenige, der in ein solches Lokal geht, deklarieren und quasi sagen muss: Ich bin Erich Valentin und will spielen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Das ist nur als Beispiel gedacht, Herr Kollege! – Und auf Grund dieser Identifikation sollte irgendwann einmal überprüft werden, was sich dieser Erich Valentin leisten kann und ob der damit seine Existenz ruiniert. Das war der Ausgangspunkt, und wir waren schon nahe daran, uns selber den Auftrag in diesem Haus zu geben, ein Gesetz zu generieren, das diesen Ansprüchen gerecht wird. Dann kam vom Bund das Signal: Es wird eine Bundesregelung geben! Daraufhin haben wir im Jahr 2009 gemeinsam in diesem Hohen Haus wieder einen Antrag beschlossen und gesagt: Wenn bis Mitte 2010 der Bundesgesetzgeber kein Gesetz auf die Schiene bringt, dann machen wir es selbst! Aber der Bundesgesetzgeber hat tatsächlich 2010 das Glücksspiel in Österreich generell neu geregelt. Mit 1.1.2011 ist dieses Gesetz in Kraft getreten, und zwar mit dieser Übergangsfrist, die mit 31.12. dieses Jahres endet. Das sind unsere Erwartungen, die wir betreffend das Gesetz haben. Wir wissen und hören davon, dass es Menschen gibt, die meinen, dass das Bundesgesetz einer höchstgerichtlichen Überprüfung nicht standhalten wird. Andere Juristen versichern wiederum sehr glaubhaft – genauso wie Kollege Ellensohn das referiert hat –, dass es korrekt ist, wenn diese Übergangsfrist durch bundesgesetzliche Bescheide behoben wird. Tatsache ist, dass das Gesetz mit 1.1. des nächsten Jahres in Kraft treten wird. Tatsache ist, dass wir mit den Veränderungen, die wir im Veranstaltungsgesetz heute beschließen werden – und ich gehe davon aus, dass wir es einstimmig beschließen werden –, jedweden Konnex zum Kleinen Glücksspiel aus unserem aktuellen Gesetz, das dann zeitglich am 1.1. in Kraft treten wird, streichen werden. Sohin werden pro futuro, für die Zukunft, auch auf Grund unseres Landesgesetzes keine Bescheide nach dem Kleinen Glücksspiel möglich sein, und zwar genau so – und damit unterstützend und verstärkend –, wie es im Bundesgesetz festgestellt ist. Meine Damen und Herren! Ob das Kleine Glücksspiel oder das, was so ausschaut – denn betreffend die Videoterminals, die im Gesetz aufgeführt sind, hat Kollege Lasar in der Tat recht! – damit restlos aus der Stadt verbannt sein werden, das werden wir sehen, wenn das Gesetz in Kraft tritt. Wir hoffen es, aber in die Zukunft kann keiner von uns sehen. Jedenfalls ist das aber ein entscheidender Schritt vorwärts, gar keine Frage! Das Gesetz öffnet von unserer Seite alle Türen weit, um diese unangenehmen, ja, verbrecherischen und skrupellosen Aktivitäten, die es in dieser Form des Kleinen Glücksspieles auch in Wien gegeben hat, nachhaltig zu verbannen. Ob die gesetzlichen Mittel und die Ressourcen ausreichen, weiß zum heutigen Zeitpunkt keiner. Wir werden uns das ansehen und werden dann unsere Schlussfolgerungen zu treffen haben. Ich möchte nicht verhehlen, dass es in Österreich sehr, sehr unterschiedliche Reglements gibt. Es gibt Länder, in welchen von Haus aus, auch vor der Bundesregelung, das Kleine Glücksspiel verboten war. Es gibt Bundesländer, die so wie wir bis Ende dieses Jahres das Kleine Glücksspiel zugelassen haben, und im Nachfolgegesetz zum Reglement des Bundes neue Landesgesetze beschlossen haben. In den Ländern, in denen man unterschiedliche Regelungen hatte, wird man, genauso wie hier, Erfahrungen sammeln. Gleichwohl möchte ich nicht verhehlen, dass es beispielsweise in der Frage der Überquerung einer Straße nicht gerade beglückend ist, wenn man als Bürger jeweils ein anderes Gesetz in einer solchen Causa hat. Meine persönliche Meinung ist nämlich, dass Österreich ein bisschen zu klein für neun unterschiedliche Gesetzgebungen in dieser Form ist! Sie es, wie es sei. Wir stehen in der Tat – das ist richtig! – vor einem erwünschten Paradigmenwechsel, und wir werden nach Maßgabe unserer politischen Forderungen schauen müssen, ob das, was wir uns an positiven Entwicklungen erwarten, auch tatsächlich eintritt. Wir sind hoffnungsvoll, dass das der Fall sein wird, denn sonst würden wir diese Veränderungen im Landesgesetz heute nicht beschließen! Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir uns über diese Veränderungen – zwar mit unterschiedlichen Betonungen und unterschiedlichen Sichtweisen, wie die Zukunft ausschauen kann – zum heutigen Tag geeinigt haben. Ich meine, dass das jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung ist, und ich danke Ihnen schon jetzt für diesen Konsens in dieser Frage. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. - Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich noch mitteilen, dass Herr Abg Dadak seit 13.30 Uhr entschuldigt ist. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Ellensohn. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich komme nur ganz kurz zu den Ausführungen von StR Lasar dazu, was man nicht überlegt hat oder doch überlegt hat: Diese VLTs, die Video Lottery Terminals, die in Österreich nur die Casinos Austria aufstellen darf – wobei man auch hinterfragen kann, warum und wieso –, sind seit 2010 erlaubt. Davon gibt es in ganz Österreich momentan 13 Standorte mit maximal 50 Automaten an einem Standort. Dazu gibt es eine Aussendung der Lotterien, dass sie in Wien keine solchen Automaten aufstellen werden, wenn die anderen Automaten verschwinden. – Ich weiß, dass das rechtlich natürlich wenig haltbar ist, aber immerhin gibt es das. In Vorarlberg haben sie das auch nie gemacht, und Herr Stoss kommt aus Vorarlberg und weiß, welchen Schaden das anrichtet. Dort gibt es weder das eine noch das andere. Zum Vorwurf, dass das dann gar nicht geregelt ist beziehungsweise es keine strenge Regelung gibt, was aber besser wäre: In Wien gibt es drei Casinos, ob es uns gefällt oder nicht. Dafür gibt es drei Bundeslizenzen, welche vom Bund vergeben werden. Dabei ist alles noch strittig. Im Moment schaut es so aus, als ob die Novomatic eine Lizenz hätte und dass die Casinos Austria diejenigen in der Kärntner Straße behalten. Der dritte Inhaber ist die Gauselmann Gruppe mit dem Schweizer Casino in Baden. – Die drei Genannten dürfen in ihren Casinos 500 Automaten aufstellen. Die Abgabe an 3 Standorten in Wien ist super reguliert. Es werden nicht an einem, sondern an 3 Standorten jeweils 500 Automaten mit strenger Kontrolle angeboten. Damit sind sie nicht total verboten und illegal. Wenn Sie unbedingt spielen möchten, dann können Sie das dort tun. Ich weiß aber nicht, ob Sie das wollen! Ich meine, es ist besser, man spielt Lotto, dann verliert man weniger und gewinnt seltener, keine Ahnung! Aber normalerweise sind dann keine Banküberfälle oder Ähnliches notwendig, und wir kennen auch keine Brieflosprobleme. Betreffend 3 Casinostandorte mit jeweils 500 Automaten gibt es eine strenge Regulierung: Dort wird genau kontrolliert, wer hineingeht. Man kann nicht mehr mit 15 vor einem solchen Automaten verenden, das ist jetzt vorbei! Wenn Sie jeden Tag kommen und jeden Tag ein Abgeordnetengehalt verspielen, machen die Casinos spätestens dann, wenn das Bankkonto leer ist, einen Spielerschutz, wenn auch üblicherweise zu einem sehr späten Zeitpunkt, nämlich dann, wenn man nichts mehr zum Verspielen hat. Das muss man leider dazusagen: Wenn das Bankkonto leer ist und man eh schon verschuldet ist, dann kommt jemand, hilft und sagt, dass man nicht mehr kommen darf. All das gibt es dort, das ist tatsächlich reguliert, da gibt es Beschränkungen, und das ist nicht nur die Hälfte von dem, was wir jetzt haben, sondern wenn man es zusammenrechnet, ist es ein Drittel. Das ist doch verhältnismäßig ein Idealzustand! Noch lieber wäre mir weniger, aber im Vergleich zum jetzigen Zustand, da jede Tür offen ist und man hineingehen kann, ist es eindeutig eine Verbesserung. (StR David Lasar: Ich wünsche Ihnen, dass es so sein wird!) Wir gehen nicht davon aus, dass gegen diese Regelungen verstoßen werden wird, und wenn diese Zielsetzungen, die sich die Wiener Landesregierung und die rot-grüne Koalition hier gesetzt haben, unterlaufen werden und wiederum irgendwo ein Loch gefunden wird, was man leider nie ausschließen kann, dann werden wir das reparieren. Wir haben jetzt eine Menge Juristen bei uns im Haus gefragt, und diese glauben, dass es halten wird. Der Bundesgesetzgeber glaubt ebenfalls, dass es hält. Und wenn irgendjemand, der bei einem Glücksspielkonzern angestellt ist, ein Loch in dem ganzen Netz findet, dann werden wir uns hinsetzen und überlegen, wie man das Loch wieder schließt. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich würde also vorschlagen: Liebe Novomatic und wer auch immer das vor hat! Tut das nicht, es bringt nichts! Falls es eine Lücke gibt und ihr diese findet, dann werden wir diese auch wieder schließen! Wir wollen diesen Dreck nicht mehr hier! Wir wollen das nicht! Wir wollen nicht, dass Jugendliche vor den Automaten verenden! Das ist das Ziel, das wir haben. – Wenn ein Erwachsener alle zwei Monate einmal in ein Casino pilgert und zwischendurch eine Stunde am Automaten spielt und sich das hoffentlich leisten kann, dann wird er sich voraussichtlich und hoffentlich nicht ins Unglück stürzen. Aber die 14-Jährigen dürfen nicht mehr an den Automaten spielen. Das können wir mit den Gesetzen garantieren, und das war das Hauptziel, das wir hatten: Wir schützen die Minderjährigen davor, dass sie in die Spielsucht abgleiten. Das ist das Hauptziel und das erreichen wir mit dieser Regelung, die wir heute beschließen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen. Die Frau Berichterstatterin verzichtet auf das Schlusswort. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage, und ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. – Danke. Das ist einstimmig so beschlossen. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen und bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag die Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand. – Danke, das ist ebenfalls einstimmig. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Danke. Das Gesetz ist somit in zweiter Lesung einstimmig beschlossen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Postnummer 6 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Neuregelung der Elektrizitätswirtschaft geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Herr Amtsf StR Dr Ludwig. – Bitte, Herr Stadtrat. Berichterstatter Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesentwurf. Präsident Prof Harry Kopietz: Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung, und ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Danke, das ist einstimmig angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen, und darf jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein Zeichen mit der Hand bitten. – Danke. Das ist ebenfalls einstimmig. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Danke, ich stelle wiederum Einstimmigkeit fest. Das Gesetz ist somit in zweiter Lesung einstimmig beschlossen. Es gelangt nunmehr Postnummer 7 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft die Anfrage des Landesgerichts für Strafsachen Wien um Zustimmung zur strafgerichtlichen Verfolgung des Abg Dipl-Ing Rudi Schicker wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 11 Abs 1 und 2 des Strafgesetzbuches. Ich bitte die Berichterstatterin, Frau Abg Kathrin Gaal, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Abg Kathrin Gaal: Danke, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns liegt, wie der Herr Präsident bereits ausgeführt hat, eine Anfrage des Landesgerichts Wien für Strafsachen bezüglich der weiteren Verfolgung des Herrn Abg Rudi Schicker wegen des Delikts der üblen Nachrede vor. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Immunitätskollegium hat bereits getagt, und wir haben einstimmig beschlossen, die Zustimmung dazu nicht zu erteilen, und ich bitte daher auch Sie, dieser Empfehlung zu folgen. – Danke schön. Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Berichterstatterin. Zu Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung, und ich darf jene Mitglieder des Landtages, die dem Antrag des Immunitätskollegiums zustimmen wollen, bitten, die Hand zu erheben. – Danke. Das ist somit einstimmig beschlossen. Es gelangt nunmehr Postnummer 8 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Meldung gemäß Unvereinbarkeit zum Transparenzgesetz für die Wahlperiode 2010 bis 2015 hinsichtlich der Betätigung des Mitgliedes des Landtages, Herrn Dr Helmut Günther, in der Privatwirtschaft. Ich darf den Berichterstatter, Herrn Abg Dipl-Ing Al- Rawi, bitten, die Verhandlung einzuleiten. Bitte, Herr Abgeordneter. Berichterstatter Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Danke, Herr Präsident. – Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich ersuche um Zustimmung. Präsident Prof Harry Kopietz: Zu Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen daher zur Abstimmung, und ich darf jene Mitglieder des Landtages, die dem Antrag des Unvereinbarkeitsausschusses zustimmen wollen, bitten, die Hand zu erheben. – Danke. Das ist einstimmig so angenommen. Wir kommen nun zu dem Verlangen, dass der von den Abgen Haslinger, Seidl und Mag Jung eingebrachte, an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal gerichtete Dringliche Antrag betreffend sektorales Bettelverbot gemäß § 38 Abs 2 der Geschäftsordnung verlesen und hierauf mündlich begründet werde. Ich bitte daher den Schriftführer um Verlesung dieses Antrages. – Bitte, Herr Schriftführer. Schriftführer GR Martin Flicker: „In den vergangenen Wochen ist in Wien ein seit Langem bekanntes und vernachlässigtes Problem wieder aufgetaucht – die organisierte Bettelei. Ob in der Innenstadt, in den Stationsbereichen diverser Verkehrsmittel, in Einkaufsstraßen, vor Kirchen, auf Märkten oder anderen öffentlichen Plätzen: Es hat sich eine regelrechte Bettelszene oft mit fixen Standplätzen in der Stadt entwickelt. Unter den Bettlern befinden sich viele Behinderte, die ganz offensichtlich eingesetzt werden, um besonderes Mitleid zu erregen. Die Transportmodalitäten, organisierte Anreise in Kleinbussen aus osteuropäischen Ländern, die strategische Verteilung der Bettler, die Unterbringung in Massenquartieren sowie die Kontrolle der Bettelnden und das regelmäßige Abkassieren des erbettelten Geldes durch eigens dafür abgestellte Personen zeigen deutlich, dass es hier um ein gut organisiertes Bettelnetzwerk geht. Dabei werden gezielt Menschen ausgebeutet, die keine Chance haben, aus dieser Falle zu gelangen. Immer mehr Wienerinnen und Wiener, die dieses Bettelunwesen bisher geduldig ertragen haben, erkennen genau, dass ihre Gutherzigkeit ausgenützt wird und ihre Spenden nicht den Armen, sondern ihren ‚Bossen‘ zu Gute kommen. Der Unmut über diesen Missstand steigt daher bei der Bevölkerung deutlich an. Bisher wurden die Wienerinnen und Wiener, vor allem im Bereich der Wiener Linien und der ÖBB, durch vermeintliche Bettler belästigt, nun auch verstärkt auf Adventmärkten und in Geschäftsstraßen. Neben der Belästigung kommt es durch diese mittlerweile unerträgliche Situation zu Umsatzeinbußen und zu vermehrtem Taschendiebstahl. Es ist der Polizei nicht möglich, effektiv gegen diese Missstände vorzugehen, weil die jeweiligen Qualifizierungen wie zum Beispiel Gewerbsmäßigkeit im Wiener Landes-Sicherheitsgesetz kaum nachgewiesen werden können. Die Stadtregierung zieht sich auf den Bereich von Begrifflichkeiten zurück und nimmt diese besorgniserregende Situation und die unzureichende Rechtslage schweigend zur Kenntnis. Faktum ist: Um der organisierten Bettelei wirkungsvoll entgegenzutreten, ist unbedingt ein Bettelverbot in bestimmten Gebieten wie beispielsweise auf Märkten, in Einkaufsstraßen oder in der Inneren Stadt nötig. Die gefertigten Landtagsabgeordneten stellen daher gemeinsam mit den Mitunterzeichnern gemäß § 27 Abs 4 der Geschäftsordnung des Landtags für Wien folgenden Dringlichen Antrag: Der Landtag wolle beschließen: Das zuständige Mitglied der Wiener Landesregierung der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal möge dem Wiener Landtag einen Novellenentwurf zum Wiener Landes-Sicherheitsgesetz vorlegen, mit dem ein sektorales Bettelverbot in Wien eingeführt wird. Gemäß § 36 der Geschäftsordnung des Wiener Landtages wird beantragt, dass der Antrag mündlich begründet wird und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfindet. Präsident Prof Harry Kopietz: Danke für die Verlesung. Für die nun folgende Begründung des Verlangens auf dringliche Behandlung dieses Antrages sieht die Geschäftsordnung gemäß § 38 Abs 3 eine Redezeit von 20 Minuten vor. Zur Begründung des Verlangens erteile ich nun Herrn Abg Haslinger das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Gerhard Haslinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Präsident. – Hoher Landtag! Wir Freiheitliche sehen es als dringend notwendig an, dass wir auf das derzeit fortschreitende Bettelunwesen in Wien auch gesetzlich reagieren. Darum haben wir diesen Dringlichen Antrag eingebracht, mit dem wir ein sektorales Bettelverbot fordern. Das heißt: Auf bestimmten Plätzen in Wien soll das Betteln verboten werden. Die Bettelei wird im § 2 Wiener Landes-Sicherheitsgesetz bereits behandelt. Dort sind aber nur qualifizierte Formen der Bettelei angeführt, wie aggressive oder aufdringliche Bettelei oder Bettelei durch unmündige Minderjährige oder mit unmündigen Minderjährigen. Wir wollen uns mit dieser Thematik seriös und unaufgeregt auseinandersetzen und wollen ganz einfach auch darüber reden, dass es nicht mehr zu verbergen, sondern offensichtlich ist, dass Wien ein Hort von vielen Bettlern ist, die oft zumindest wie Bettler wirken, aber einen anderen Hintergrund haben. Es ist Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Bevölkerung nicht entsprechenden Kriminalitätsformen ausgesetzt ist und die Organe der Vollziehung auch das nötige Rüstzeug haben, wirkungsvoll dagegen einzuschreiten. Im derzeitigen Wiener Landes-Sicherheitsgesetz sind diese Rahmenbedingungen, wie gesagt, nicht erfasst. Es ist nicht möglich, hier effizient einzuschreiten. Und es ist nicht nur der FPÖ aufgefallen, dass es zu viele Bettler in Wien gibt, sondern auch der Polizei und auch den Medien, die ebenfalls permanent darüber berichten. Speziell jetzt in der Vorweihnachtszeit, im Advent, ist es sehr auffällig, dass viele Menschen aus europäischen Ländern, vornehmlich aus der Slowakei, aus Rumänien und aus Bulgarien, zu uns kommen und hier versuchen, auf mitleiderregende Art und Weise um Geldspenden zu betteln. Worum geht es jetzt im Besonderen? – Es geht uns nicht darum, dass das selbstbestimmte Betteln, das heißt, dass Menschen für sich selbst irgendwo um Hilfe ersuchen, verboten wird. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass man, wenn Menschen Hilfe benötigen, ihnen diese Hilfe zukommen lässt. Darüber sind wir uns einig. Aber womit haben wir es hier konkret zu tun? – Auf den Wiener Straßen und Plätzen wird von Menschen gebettelt, die extra ins Land gebracht werden. Das ist eine Kriminalitätsform, die in den Bereich des Menschenhandels fällt. Diese Menschen wurden häufig gegen ihren Willen ins Land gebracht. Es handelt sich dabei um schwer körperlich behinderte Menschen und um alte, kranke und schwache Menschen. Vor wenigen Wochen gab es sogar ein Urteil. Jemand hatte die Polizei und die Gerichte darüber informiert, wie das funktioniert, und ein junges Pärchen wurde tatsächlich wegen eines Strafrechtdelikts, nämlich wegen Menschenhandels, bestraft. Wir reden also keine Erfindung herbei, sondern es ist dies ein aktuelles Problem, mit dem wir uns hier auseinandersetzen müssen! Es ist falsch, den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen, die FPÖ betreibt Politik auf dem Rücken der Ärmsten der Armen! Vielmehr muss man mit offenen Augen sehen, was sich in Wien abspielt, und man muss darauf so reagieren, dass alle damit leben können. Hier regnet es Geld. Österreich ist ein gedeckter Tisch. – Das sind Angaben von Menschen, die aus diesen Ländern zu uns kommen, wenn sie bei den Einvernahmen von der Polizei gefragt werden, warum sie nach Österreich kommen. Offenbar glitzert Österreich im europäischen Raum als besonders ertragreiches Land, wo man neben Betteln, Stehlen und Einbrechen ganz einfach sehr günstig zu Vermögen und fremden Wertsachen kommen kann und im Gegenzug, wenn überhaupt, mit einer sehr geringen Bestrafung zu rechnen hat. Und darauf müssen wir und wollen wir reagieren, denn unsere Bevölkerung verdient nicht, dass ihre politischen Vertreter wegschauen und nicht entsprechend handeln. Ein kleines Beispiel: Auf dem Christkindlmarkt vor der Türe öffnen um 10 Uhr die Stände. Dann kommen die ersten Schulklassen, und dann kommen die ersten Mädchen mit Blumen. Sie reichen den Schülerinnen und Schülern, die teilweise aus dem Ausland oder aus den Bundesländern kommen, Blumen. Die Kinder nehmen diese Blumen, und dann wird schon Geld gefordert. Und die Schülerinnen und Schüler trauen sich meist nicht, kein Geld zu geben, und daher wird schon einmal Geld abgeliefert. Dann kommen die Mittagszeit und der Nachmittag, und dann kommen die älteren, betagten Herrschaften auf den Christkindlmarkt, die sich nicht mehr außer Haus trauen, wenn es finster ist. Dann kommen Leute mit Zeitschriften, schauen ihnen ins Gesicht und sagen: Willst du haben? 2 EUR! Hast du Geld? Oder: Gibst du mir Geld? – Und die älteren Leute fürchten sich unter Umständen, und sie geben dann – das hat irgendjemand von der ÖVP schon gesagt, ich glaube, Frau Feldmann war es – Geld, weil sie Angst haben und die Konfrontation mit diesen Menschen scheuen. Das hat nichts mit Betteln zu tun, dass nämlich jemand sagt, ich bin armselig, bitte unterstützt mich! Vielmehr wird vorgegeben, als Kolporteur durch Zeitungsverkauf einer redlichen Arbeit nachzugehen. Sie sagen im selben Atemzug, dass sie 2 EUR haben wollen, wollen aber die Zeitung gar nicht hergeben, weil sie meist nicht aktuell ist. (Beifall bei der FPÖ.) Im Prinzip ist das ein Projekt – wenn wundert es! – von SOS Mitmensch. Dort sagt man: Wir schauen, dass Menschen, die vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden, arbeiten können. – Da frage ich: Wer wird als Angehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union vom Arbeitsmarkt ferngehalten. wenn er arbeiten möchte? Die meinen natürlich die Asylwerber, aber sie meinen zugleich auch die, die zu uns kommen und hier mit Zeitungen im Bauchladen die Leute anschnorren. Etwas anderes ist das nicht! Das hat mit Betteln nichts zu tun. Diese Leute sieht man an jeder Ecke und vor allem vor jedem Supermarkt. Es ist gar nicht mehr möglich, sich einen Einkaufswagen zu nehmen, ohne freundlich „Nein danke!“ zu sagen oder mit einer Handbewegung zu bekunden, dass man keine Zeitung haben und keine 2 EUR hergeben will, denn da gibt es jetzt schon Fixbeträge. Sie sagen nicht mehr: Gibst du mir Geld?, sondern sie sagen: Gib mir 50 Cent! Gibt mir 2 EUR! Gib mir diesen oder jenen Betrag! Es gibt Menschen, die wollen diesen Leuten tatsächlich helfen. Sie denken wirklich, dass diese Leute arm und hungrig sind, und kaufen ihnen etwas zu essen. Aber das wird nicht angenommen! Das wird weggeworfen! Oft werden die Spender – im Gegenteil – sogar noch beschimpft dafür! Wenn wir uns also seriös mit diesem Thema auseinandersetzen wollen, dann bitte ich Sie, auch das zu beachten und zu berücksichtigen und nicht wegzureden und zu sagen, alle, die gegen die Bettler sind, sind Antiziganisten! Es gibt sogar eigene Internetforen, wo die Politiker abgebildet und schlecht dargestellt werden. Und es gibt die Bettellobby, in der man sich für diese Menschen speziell engagiert, aber überhaupt keine entsprechenden Lösungen hat. Man vergisst dort, wie mitleidlos mit diesen Menschen umgegangen wird. Da gibt es teilweise Menschen, die mit sehr schweren körperlichen Verunstaltungen der Extremitäten, meistens der Beine, aber auch der Hände, oder mit verrenktem Kreuz bei Minustemperaturen ihre Gliedmaßen herzeigen müssen. Man findet diese Menschen auf Brücken, etwa über den Donaukanal. Man braucht nur über den Nixdorf-Steg zu gehen: Dort sitzen immer entweder eine Frau oder ein Mann im Rollstuhl und betteln. – Und das wird von Organisationen unterstützt, seitens welcher man sagt: Das ist schon in Ordnung! Das passt, denn das sind arme Leute! – Darauf erwidere ich: Diese Menschen werden ausgenutzt und ausgebeutet! Jeder, der diese Art der Bettelei unterstützt, macht sich schuldig! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf von Abg Anica Matzka-Dojder.) Es wird uns nicht erspart bleiben, dass wir darauf jetzt wirklich reagieren! Jenen, die noch nicht wahrhaben wollen, dass wir diesbezüglich ein beliebtes und bevorzugtes Land sind – und zwar Österreich ganz grundsätzlich, aber insbesondere Wien, wo man besonders freundlich und auch anders ist –, sage ich: Wir dürfen uns nicht diesen Menschen ausliefern, sondern wir müssen wirklich Maßnahmen setzen, nämlich den Armen helfen, aber jene, die uns ausbeuten, bestrafen und sie ganz einfach so behandeln, dass es ihnen nicht mehr so gut in Österreich gefällt, wie das leider derzeit der Fall ist. Im Zusammenhang mit diesen Zeitungskolporteuren möchten wir ebenfalls entsprechende Maßnahmen rechtlicher Natur setzen. Man kann nicht seitens SOS Mitmensch sagen, dass es ein Projekt mit Kolportagen gibt, bei welchem Leute in die Gegend herumgeschickt werden, die sich dann halt irgendwo hinstellen, wobei niemand überprüft, ob man das darf oder nicht und ob es dafür rechtliche Voraussetzungen gibt. Darum wollen wir einen Beschlussantrag der FPÖ-Abgeordneten Mag Gudenus, Mag Jung, Gerhard Haslinger, Dr Helmut Günther und Wolfgang Seidl betreffend Bettelzeitungsverkauf einbringen. – Der Beschlussantrag lautet: „Der Landtag wolle beschließen: Das zuständige Mitglied der Landesregierung der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal wird aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen zur Unterbindung der als Zeitschriftenverkauf getarnten Bettelei zu setzen. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt.“ (Beifall bei der FPÖ.) Kinderarbeit, Bettelei mit Kindern sowie der Schutz der Kinderrechte wurden heute schon angesprochen. – Im September gab es einen Vorfall: Im 15. Bezirk wurde eine Frau als Bettlerin vor einem Supermarkt angetroffen. Sie konnte nicht nachweisen, dass das vierjährige Kind, das sie beim Betteln mitführte, ihr gehört. Daraufhin wurde ihr das Kind von der Polizei abgenommen und zur MA 11 verbracht. – Das ist ganz normal! Man hat sich allerdings wahnsinnig darüber empört und hat sogar StR Oxonitsch und den Volksanwalt eingeschaltet und sich erkundigt, wie es sein kann, dass die Polizei beziehungsweise die Magistratsabteilung 11 der Frau das Kind abnimmt und nicht der Oma – das war diese Frau angeblich, keine Ahnung! – wieder übergibt. Mitglieder der Wiener Stadtregierung haben veranlasst, dass hinterfragt wird, warum so vorgegangen wurde. – Offenbar möchte man also diese Kinder gar nicht schützen! Ich wiederhole jedoch jetzt: Das Betteln mit Kindern ist nach einer Richtlinie des Wiener Landes- Sicherheitsgesetzes verboten. Und wenn jemand so wie beschrieben agiert und sich dann noch auf die Schultern klopft und betont, dass er Mitglied der Stadtregierungspartei ist, dann muss man sich schon wundern und fragen, wem man denn das Regieren überlassen hat! (Beifall bei der FPÖ.) Ich komme zum Schluss. (Beifall von Abg Mag Josef Taucher.) Ich hoffe, dass unser Antrag bei Ihnen Zustimmung findet und es tatsächlich eine Gesetzesänderung in der Form geben wird, dass es zu einem sektoralen Bettelverbot in Wien kommt. Es wird nämlich niemand behaupten können, dass er darüber nicht schon persönlich Beschwerden gehört hat! (Beifall bei der FPÖ.). Präsident Prof Harry Kopietz: Danke für die Begründung. Die Debatte ist eröffnet. Ich erinnere daran, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt und jede einzelne Redezeit mit 20 Minuten begrenzt ist. Zur Besprechung des Dringlichen Antrages hat sich Herr Abg Mag Gudenus zum Wort gemeldet. – Bitte Herr Abgeordneter! Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kollegen hier im Landtag! Ich darf gleich an meinen Kollegen Haslinger anschließen: Das Ganze ist ein Problem! – Ich gebe zu, dass wir das in den vergangenen Jahren schon öfter diskutiert haben und es falsch wäre zu sagen, dass da nichts geschehen ist. Es ist einiges geschehen, vollkommen richtig! Es gab das Verbot des Bettelns mit Kindern, das Verbot des aggressiven Bettelns und des organisierten Bettelns und dergleichen. All das ist schön und gut. Übrigens wurde der letzte Schritt vor der vergangenen Wiener Wahl gesetzt. Klar! Das war ein kleines sicherheitspolitisches Zugeständnis der SPÖ an die Wähler, und zwar zu Recht! Und die nächste Wiener Wahl kommt bestimmt, und ich glaube, der nächste Schritt wäre möglich und auch umsetzbar. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn man das Ganze pragmatisch sieht: Die nächste Wiener Wahl steht vor der Tür. Es gab zwar, wie gesagt, gesetzliche Verschärfungen, die notwendig waren und richtig waren und richtig sind. Aber wie wir wissen, ist Papier geduldig und ist ein Gesetz nur so viel wert, wie es auch vollzogen wird. Und im Hinblick darauf besteht trotz dieser Bestimmungen weiterer Handlungsbedarf. Das ist leider der Fall. Egal, welche Referenzen wir heranziehen, ob es sich jetzt um die Bürger – welche, wie ich glaube, die wichtigste Referenz sind – oder auch um die Exekutive, die Medien oder sonstige Experten handelt: Alle sagen, dass sich das Problem verschärft hat. Und wenn ich von „Bürgern“ spreche, dann rede ich auch von uns, denn wir alle sind ja auch Bürger, und wir alle sollten mit offenen Augen durch die Stadt gehen und sehen, was sich hier mittlerweile abspielt, und zwar leider jetzt in der Weihnachts- und Adventzeit verschärft. Von der Bettlermafia werden jetzt sehr viele Bettler beschäftigt, und diese Fußsoldaten der Bettlermafia sind in Einkaufsstraßen und vor Geschäften tätig und stören leider auch die Weihnachtsmärkte. All das ist problematisch, und bei diesem Problem Bettelei schwingen auch andere Themen mit, nämlich die Themen Armut, Kriminalität und Menschenwürde. Im Hinblick darauf ist die Abwägung natürlich sehr schwierig, überhaupt keine Frage! Dabei geht es außerdem auch immer um das Thema falsche Toleranz, und ich sage, wenn jemand heutzutage in Wien noch Toleranz gegenüber Bettelei und dem Bettlerproblem zeigt, toleriert er gleichzeitig auch Menschenhandel, Sklaverei, Kriminalität und Schlepperei. – Und das ist leider, meine sehr geehrten Damen und Herren, falsche Toleranz, die wir hier in Wien nicht brauchen! (Beifall bei der FPÖ.) Toleranz ist schön und gut, aber wenn die Toleranz immer nur als falsche Toleranz gelebt wird – und das ist leider oft genug der Fall seitens der rot-grünen Stadtregierung! –, dann ist das der falsche Weg! Leider muss ich heute sagen, dass sich unsere Warnungen wieder einmal bewahrheitet haben! Es wäre schön, wenn dem nicht so wäre! Das würde uns auch freuen. Dann könnten wir sagen: Wir haben uns geirrt! Es ist Gott sei Dank besser, als wir geglaubt haben! – Leider es ist aber schlechter, als wir vermutet haben. Es ist ein virulentes Problem! Daher stelle ich anfangs fest: Wir brauchen Schutz und Hilfe für die armen Menschen in der Stadt. Ja. Das ist vollkommen richtig und wichtig! Wir haben gestern bei der Aktuellen Stunde beziehungsweise in der Budgetdebatte gehört, dass es in Wien schon über 390 000 Menschen gibt, die ihr Leben an oder unter der Armutsgrenze fristen müssen. Das sagt die Caritas. Und das ist unter anderem auch ein Vorwurf an die Stadtregierung, wenn natürlich nicht nur an diese, keine Frage! Wir sind in Österreich, in Europa und in der Welt eingebettet. Aber wir sind hier eben auch in einer Stadtregierung eingebettet, die sich zwar auf die Fahnen heftet, eine soziale Politik zu betreiben. Wenn wir dann aber nach 4 Jahren Regierung als Ergebnis sehen müssen, dass hier in Wien leider weit über 390 000 Menschen an oder unter der Armutsgrenze leben müssen, dann ist klar: Da gibt es viel zu tun! In dieser Situation geht es nicht nur um Programme zur Mindestsicherung, um das Problem abzufedern; gerade jetzt wurde wieder über Kindermindestsicherung und dergleichen gesprochen. Vielmehr geht es in Anbetracht dessen um Wirtschaftspolitik, um Standortpolitik, um Familienpolitik und um Bildungspolitik. Es ist nämlich zu wenig, nur Symptome der Armut zu bekämpfen! Vielmehr muss man das Problem bei der Wurzel packen! Und mit einer gescheiten Bildungspolitik, einer gescheiten Standortpolitik sowie einer gescheiten Gebührenpolitik und Wirtschaftspolitik würde man das Problem in den Griff bekommen! Leider geschieht all das aber nicht bei der rot- grünen Stadtregierung, und deswegen stehen wir heute zum wiederholten Male hier. (Beifall bei der FPÖ.) Ja zur Hilfe für Arme! Es geht aber vor allem darum, das Problem an der Wurzel zu packen. Und ich sehe überhaupt nicht ein, und auch die Menschen in der Stadt sehen nicht ein, warum nicht hart gegen die organisierte Bettelei und gegen organisierte Kriminalität durchgegriffen wird und warum keine entsprechenden Maßnahmen geschaffen werden. Das ist ja möglich! Wir befinden uns hier im Landtag, wir können die gesetzlichen Regelungen schaffen. Es wäre möglich, härter gegen die Bettelmafia durchzugreifen. Geben wir uns also heute gemeinsam einen Ruck! Äußern wir eine Willensbekundung und setzen wir in den nächsten Monaten die Maßnahmen zu einer gesetzlichen Verschärfung, dass die Bettelmafia in Wien nicht weiter fuhrwerken kann! Das wäre der richtige Ansatz! (Beifall bei der FPÖ.) Wir haben aber nichts anderes gehört als lauter Phantasien und Wunschträume, gesehen durch die rosarote Brille, die Sie aufhaben. Wir haben gehört, dass es in Wien keine organisierte Bettelei und keine organisierte Kriminalität gibt. – Schön wär’s! Aber das ist falsch! Das sagt zum Beispiel Herr Ceipek vom Verein Drehscheibe. Er hat sich vom Ursprungsort bis hierher ganz genau angeschaut, was dahintersteckt: Das Problem kommt aus Rumänien und aus Bulgarien. Dahinter stecken große Kapos, die sich ihre Villen fast vergolden lassen. Sie schicken – unter Anführungszeichen – arme Menschen, nämlich versklavte Menschen, teilweise mit körperlichen Behinderungen, oder Kinder hier an die Front, damit diese ihnen ihren Reichtum erwirtschaften. Und wir wollen nichts anderes tun, als dieser Bettelmafia den Nährboden abzugraben, aber das kann man nur tun, wenn wir in Wien endlich ein absolutes oder zumindest ein sektorales Bettelverbot schaffen. Nur auf diese Weise wäre das möglich! (Beifall bei der FPÖ.) Aber wir bekommen beispielsweise nur zu hören, dass keine Kinder mehr zum Betteln geschickt werden dürfen. – Aber auch das trifft leider nicht zu! Wir haben zwar das Gesetz, aber Papier ist leider geduldig, und ohne richtige Vollziehung ist das Gesetz wertlos. Die Polizei würde sich bei einem sektoralen Bettelverbot viel leichter tun, weil sie dann genau weiß, dass sie durchgreifen kann, ohne Unterschied, um welche Art des Bettelns es sich handelt, ob mit Kindern, in aggressiver Form, ob es sich um organisiertes Betteln oder sozusagen einfaches Betteln handelt. Nur dann wäre ein entsprechender Vollzug möglich und gewährleistet. Weiters hat man auch zu hören bekommen, dass es überhaupt kein aggressives Betteln auf Wiens Straßen mehr gibt. – Wir erleben tagtäglich genau das Gegenteil! Sie beziehungsweise vor allem die Kollegen von den GRÜNEN haben gesagt, dass lauter nette, zurückhaltende, sympathische, höfliche, bedürftige Menschen hier durch die Straßen gehen und betteln. – Das ist leider oftmals nicht der Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich empfehle Ihnen dringend, endlich einmal aus dem Elfenbeinturm des Rathauses herabzusteigen und sich in die Niederungen der Straßen zu begeben, wo die Menschen sich bewegen und wo sie zu Hauses sind, um zu sehen, welcher Schaden durch die Bettelei auch für die Stadt und für die Wirtschaft angerichtet wird! Das würde Ihnen wirklich gut anstehen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den GRÜNEN! (Beifall bei der FPÖ.) Es werden laufend Passanten belästigt, und wenn sie nichts geben, dann kommt schon öfters einmal die Krücke zum Einsatz. Da werden sogar Unwillige, also Menschen, die nichts geben wollen, das haben wir auch schon vernommen ... (Abg Heinz Hufnagl: Jetzt wird es skurril!) Ja, skurril! Genau das ist Ihre Elfenbeinturmhaltung! Sie sehen das nicht ein! Es gibt aber bereits aktenkundige und auch medial bekannte Fälle, dass Menschen, die nichts geben wollen, von Bettlern krankenhausreif geprügelt wurden! Kann man so etwas wegleugnen? Ist das nichts für Sie? Ist das nichts für Sie? (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Das war ein Kriminalfall!) Eben deswegen hat sich eine Dreistigkeit entwickelt, weil die Bettler wissen, dass sie tun und lassen können, was sie wollen, ohne dass durchgegriffen wird. Aber genau das verlangen die Menschen, dass nämlich hart und klar durchgegriffen wird! Das ist wichtig! (Beifall bei der FPÖ.) Meinen Sie, die Händler und die Menschen, die auf dem Naschmarkt, die dort einkaufen, denken sich nur aus, dass die Bettler immer aggressiver werden? Sie behaupten, all das sei nur Phantasie, das gebe es überhaupt nicht, all das seien Hirngespinste, all das sei skurril, Herr Kollege, und nur ausgedacht. – Darauf antworte ich: Nein! Das ist Realität! Es wäre nicht schlecht, wenn Sie mit den Menschen auch einmal persönlich sprechen! Ich erinnere auch an die Bettelei und die Belästigungen, die es jetzt auf den Christkindlmärkten gibt. Diese sind auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und ein kultureller Faktor für Wien. Belästigt werden auch Autofahrer: Ich musste das auch schon selbst erleben. Auf dem Verteilerkreis im 10. Bezirk kommen plötzlich Bettler und wollen einem die Windschutzscheibe reinigen. Das wird einem direkt aufgezwungen, und wenn man dazu nicht bereit ist, dann wird einem auf die Motorhaube gedroschen oder gegen die Scheiben und Türen gehämmert. (Zwischenruf von Abg Dr Kurt Stürzenbecher.) Auch das ist Realität, sehr geehrter Herr Kollege Stürzenbecher! Und wie bereits beschrieben, werden auch Kinder versklavt und müssen mit halb welken Blumen herumlaufen, um irgendwie Geld zu bekommen. All das sind keine Erzählungen aus Skopje oder Kaschau – beziehungsweise für Sie leichter verständlich: Košice –, sondern das geschieht in Wien. Und so etwas brauchen wir hier sicherlich nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt diese Bettelmafia, das wird von allen Seiten bestätigt. Ich wiederhole: Menschenhandel, Sklaverei, Schlepperei. – All das ist doch menschenverachtend! So etwas wird in anderen Gebieten der Gesellschaft und des Strafrechts selbstverständlich und zu Recht als menschenverachtend angesehen! Warum ist das im Falle des Bettlerunwesens nicht der Fall? Das verstehe ich nicht! (Zwischenruf von Abg Dr Kurt Stürzenbecher.) Ja, dann tun Sie einen Schritt! Stimmen Sie heute endlich unseren Anträgen zu! Sagen Sie nicht nur, dass es das gibt, sondern zeigen Sie auf und sagen: Ja! Wir tun etwas dagegen. – Das wäre der richtige Schritt, sehr geehrter Herr Kollege Stürzenbecher. (Beifall bei der FPÖ.) Das wäre der richtige Schritt. Liebe GRÜNE! Liebe verehrte grüne Freunde! Es ist interessant: Immer wenn es darum geht, noch mehr Probleme in die Stadt zu importieren, sind Sie vorne mit dabei. Das haben Sie besonders gerne, als hätten wir nicht schon genug Probleme, quasi nach dem Motto: Wir brauchen noch mehr Probleme aus dem Ausland, aus Krisengebieten, aus armutsbetroffenen Gebieten, aus Gebieten, wo die Rechtsordnung nicht so ernst genommen wird wie hier. Da sind Sie immer ganz vorne dabei, und zwar leider, was schade ist, teilweise auch mit der SPÖ in Ihrer Geiselhaft. Da sind Sie der Musterschüler Nummer 1! Bevor Sie einmal die Probleme in Wien lösen, transferieren Sie noch Probleme aus dem Ausland nach Wien, nach dem Motto: Probleme, kommt bitte, wir werden euch hier auch nicht lösen! – Genau das ist Ihr Motto. Und das ist eine Schande, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Außerdem ist das, wie gesagt, auch menschenverachtend. Sie lassen zu, dass Menschen versklavt werden! Dabei wäre es auch einmal schön, wenn Sie Ihre Energie, die Sie immer darauf verwendet haben, gegen uns Freiheitliche zu hetzen, wenn wir ein Problem ansprechen, lieber einmal dafür verwenden, dieses Bettlerproblem bei der Wurzel zu bekämpfen. Und das bedeutet nichts anderes, als unserem Antrag heute zuzustimmen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Ihr Wegschauen verhindert auch ein menschenwürdiges Dasein für all diese Leute. Ihr Wegschauen hat es mittlerweile möglich gemacht, dass die Bettelmafia in Wien und Umgebung fröhliche Urständ feiern kann! Ihr Wegschauen hat es möglich gemacht, dass Wien in Mitteleuropa als Bettlerdestination Nummer 1 gesehen wird. Ihr Wegschauen und Ihr Ignorieren hat all das möglich gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage Sie: Wollen Sie das den Menschen wirklich weiter zumuten? – Es läge doch in Ihrer Verantwortung, darauf zu achten, dass keine Wienerin und kein Wiener und auch keine Touristen hier von Bettlern und der dahinterstehenden Mafia belästigt werden. Das läge in Ihrer Verantwortung! Das ist Ihnen jedoch anscheinend vollkommen egal! Ich sage Ihnen: Wir brauchen eine Handhabe für die Polizei. Daher fordern wir die Einführung eines sektoralen Bettelverbots in den Einkaufsstraßen, auf Märkten und auch in der Nähe von Schulen und Öffi-Stationen. Das wäre das Gebot der Stunde! Wir wollen, dass die WienerInnen sowie auch die Touristen vor aggressiven Bettlern geschützt werden. Deswegen ist es auf jeden Fall notwendig, dass auch seitens der Polizei vermehrt Kontrollen in der Sache organisierte Bettelei durchgeführt werden, überhaupt keine Frage! Daher ist es sicherlich der falsche Weg, dass jetzt innerhalb des letzten halben Jahres einfach 17 Wachzimmer geschlossen wurden und man im Endeffekt nicht danach trachtet, dass es mehr Polizei gibt, sondern dass die Anzahl der Polizisten reduziert wird. Bei der Polizei wird nämlich bis auf allfällige Abgänge wegen Pension nicht nachbesetzt. – Sie haben sicherheitspolitisch total versagt, und zwar sowohl hier in Wien als auch in der Bundesregierung! Bitte zeigen Sie Verantwortung! Stimmen Sie unserem Beschlussantrag zu, den ich jetzt einbringe, dass endlich ein sektorales Bettelverbot in Wien eingeführt wird, und behandeln Sie unseren Dringlichen Antrag in der Weise, dass Sie Verantwortung für die Sicherheit der Wienerinnen und Wiener zeigen. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Ulm. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gudenus! Ich kann Ihnen in dem Punkt zustimmen, dass tatsächlich Handlungsbedarf besteht. Wir haben viel zu viel Bettelei in dieser Stadt! Es ist kaum möglich, durch die Innenstadt zu gehen, ohne angebettelt zu werden. Es ist kaum möglich, ein Lokal auf dem Naschmarkt aufzusuchen, ohne angebettelt zu werden. Mittlerweile ist es tatsächlich schon so, dass bereits die vor einer roten Ampel anhaltenden Autofahrer angebettelt werden. Und man kann kaum mehr einen Supermarkt betreten, ohne angebettelt zu werden. Ich bin allerdings nicht davon überzeugt, ob tatsächlich das sektorale Bettelverbot die beste Handhabe wäre! Wir haben nämlich bereits ausgezeichnete gesetzliche Regelungen, die allerdings – da gebe ich meinem Vorredner völlig recht – nicht ausreichend vollzogen werden. Schon jetzt sind 99 Prozent aller Formen der Bettelei, nämlich die gewerbsmäßige Bettelei, in Wien verboten und strafbar, und Bettelei wird in Wien grundsätzlich gewerbsmäßig ausgeübt. Dass das nicht der Fall ist, ist die absolute Ausnahme. Was gewerbsmäßig ist, steht im § 70 des Strafgesetzbuches, nämlich jede Bettelei, die in der Absicht begangen wird, sich eine wiederkehrende Einnahme zu verschaffen. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Eine fortlaufende Einnahme!) Eine fortlaufende Einnahme, danke, Herr Kollege! Herr Kollege Stürzenbecher! Sie werden wissen: Wenn man das zweite Mal bei einem Diebstahl betreten wird oder ein drittes Mal wegen Diebstahls verurteilt wird, dann kommt die Qualifizierung der Gewerbsmäßigkeit dazu. Wer also öfter als ein Mal bettelt, bettelt gewerbsmäßig. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: In welchem Zeitraum?) Ich glaube, dass dafür ein ganz kurzer Zeitraum reicht! Es gibt sogar Verurteilungen wegen Diebstahls, wenn dieser nur in einem einzigen Fall nachgewiesen wurde. Trotzdem ist die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit dazu gekommen, indem man gesagt hat, dieser eine Diebstahl wurde in der Absicht begangen, sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. – Auch das gibt es in Einzelfällen, wenn das auch nicht der Normalfall ist. Fraglos ist aber Gewerbsmäßigkeit gegeben, wenn jemand an zwei oder drei Tagen hintereinander beim Betteln angetroffen wird. Jetzt erhebt sich allerdings die elementare Frage: Warum wird dieses Gesetz nicht vollzogen? Und da geht es natürlich an die Substanz des Rechtsstaates! (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Dafür ist die Innenministerin zuständig!) Das ist natürlich ein Einwand, den ich gar nicht von der Hand weisen kann! Dafür ist die Innenministerin zuständig, denn es ist wirklich in erster Linie Aufgabe der Polizei, dieses Landesgesetz zu vollziehen. Wir wissen aber auch sehr genau, dass es beim Vollzug der Landesgesetze nicht egal ist, wie die Landesregierung dazu steht, was der Bürgermeister dazu meint und was Rot-Grün dazu meint. Und mir ist aus gesicherter Quelle übermittelt worden, dass es hier am Beginn der Koalitionsverhandlungen Gespräche gegeben hat, ob man nicht die Gewerbsmäßigkeit der Bettelei wieder aus dem Landes-Sicherheitsgesetz heraus bringen könnte, weil die GRÜNEN der Meinung sind – und ihre Meinung ist ihr gutes Recht! –, dass gewerbsmäßige Bettelei nicht verboten sein soll. Dazu ist es allerdings nicht gekommen. Man hat sich diesbezüglich in den Koalitionsverhandlungen nicht durchgesetzt, und der Kompromiss war, dass man auf gut Wienerisch gesagt hat: Wir werden keinen Richter brauchen, das Ganze wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird! – Ich muss jetzt in meiner Ausdrucksweise ein bisschen vorsichtig sein, damit ich niemandem Amtsmissbrauch oder Anstiftung zum Amtsmissbrauch unterstelle! – Sie haben also gesagt: Lassen wir als Gemeinde Wien in Richtung Polizei halt durchklingen, dass das nicht so hart und scharf exekutiert werden soll, weil das sonst ja gegen jede Form der Bettelei geht und wir, wenn hart durchgegriffen wird, als herzlose rot-grüne Fraktion in dieser Stadtregierung dastehen würden! Es ist natürlich rechtspolitisch mehr als bedenklich, wenn Gesetze nicht mehr vollzogen werden! Das ist eine dramatische Situation, und das kann man nicht einfach so hinnehmen. Aber es ist natürlich für die Polizei wirklich nicht ganz leicht, gegen die Bettelei vorzugehen, wenn sie sich nur auf die gewerbsmäßige Bettelei stützen kann. Natürlich wäre es für die Polizei leichter – da hat mein Vorredner recht –, wenn man sich an Sektoren orientieren und sagen könnte, im 1. Bezirk ist Betteln verboten, da tun wir uns leicht, da müssen wir die Gewerbsmäßigkeit nicht nachweisen. Diese nachzuweisen, ist zwar gar nicht so besonders schwierig, aber ein Vorgehen nach Sektoren ist natürlich einfacher. Es wäre jedoch nicht gerecht und richtig zu sagen, im gesamten 1. Bezirk darf man nicht mehr betteln, über der Bezirksgrenze hingegen, zum Beispiel auf dem Naschmarkt oder im 2. Bezirk, im 3. Bezirk oder in anderen Bezirken, ist es möglich. All die sinnvollen Kriterien, die man aus gutem Grund gewählt hat, also Betteln nicht mit Kindern, kein aggressives, organisiertes, gewerbsmäßiges Betteln, würden dann auf einmal wegfallen, ich glaube aber, dass es gute Gründe gibt, warum man sich diese einzelnen Tatbestände überlegt und im Gesetz verankert hat. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Ergänzend!) Ergänzend, okay! – Ich meine, man sollte auch außerhalb des 1. Bezirks, wenn dieser zur Bettelverbotszone erklärt wird, weiterhin gegen gewerbsmäßige Bettelei vorgehen. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Das ist eine Ergänzung!) Ich verstehe den Herrn Klubobmann so, dass das eine ergänzende Maßnahme wäre. In jedem Fall ist Handlungsbedarf gegeben, und ich frage jetzt ein bisschen in Richtung von Rot-Grün – Kollegin Hebein und Kollege Stürzenbecher werden ja nach mir sprechen –: Was ist eigentlich Ihr Konzept des Auftretens gegenüber Menschen, die betteln müssen? Glauben Sie wirklich, dass Sie Menschen am besten helfen, indem Sie diese betteln lassen? – Das kann keinen Sinn machen, denn die Menschen, die betteln, haben ja ein Problem, denn niemand bettelt freiwillig! Es gibt bekanntlich verschiedene Formen der Bettelei. Nicht alle sind organisiert, nicht alle kommen aus Rumänien, nicht immer steht eine Mafia dahinter, aber sehr oft. Und wenn man es mit einem Menschen zu tun hat, der gegen seinen Willen betteln muss, dann wird man selbstverständlich versuchen, diesem zu helfen, denn man kann ihn ja nicht in seinem Elend belassen. Wenn es sich um einen Menschen handelt, der zwar nicht Mitglied einer Mafia ist, sondern der vielleicht sogar Österreicher in dritter Generation ist, sich aber geniert, irgendwelche Sozialleistungen abzuholen oder keinen Zugang dazu hat: Lassen Sie den auf der Straße sitzen? Finden Sie dann keinen Weg, diesem Menschen zu helfen, dass er aus seiner Bettelei herauskommt? Es gibt aber vielleicht auch andere Bettler, die zwar Zugang zu Sozialleistungen haben, sich aber denken: Eine zusätzliche Einnahmequelle ist mir auch recht! Ich brauche diese aus guten Gründen! – In letzterem Fall wird man sagen müssen: Das ist nicht gerechtfertigt! Im anderen Fall wird man aber vielleicht doch helfen müssen, je nachdem. Frau Kollegin Hebein! ich habe Ihnen sehr genau zugehört, als Sie gestern zur Armut gesprochen und gemeint haben, dass man da ganz konkrete Schritte setzen und diesen Leuten helfen muss. Beispielsweise habe man sich bei Wien Energie eine konkrete Hilfsleistung überlegt, damit diese Leute zum Beispiel nicht mehr frieren, es gebe die NGOs, die diesen Menschen in schwierigen Situationen ebenfalls helfen, und ganz in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen haben Sie Würde und Respekt gesetzt. – Sehr geehrte Frau Hebein! Sehr geehrte Kollegen von den GRÜNEN und auch von Rot-Grün! Wo liegt denn die Würde und wo ist der Respekt, wenn Bettler vor lauter Elend bei null Grad auf dem Gehsteig knien müssen? (Beifall bei der ÖVP.) In welcher Art und Weise helfen Sie solchen Leuten? – Sie helfen überhaupt niemandem mit Ihrer Laissez-faire- Politik! Das ist einfach nur unverantwortlich in jeder Richtung! Sicherlich ist dieses Problem nicht ausschließlich polizeilich zu lösen. Es ist richtig, Kollege Stürzenbecher, dass das in erster Linie in der Kompetenz der Polizei liegt, aber ich erwarte mir, dass man dieses Problem politisch und fachlich löst, indem die Polizei gemeinsam mit der Gemeinde agiert. Das ist ja nichts Seltenes, so wird ja regelmäßig in dieser Stadt vorgegangen! Daher frage ich: Warum geht die Polizei nicht gemeinsam mit Sozialarbeitern vor, um zu einer guten Lösung zu kommen, und zwar zu einer guten Lösung für Wien, für diejenigen, die ganz normal im Supermarkt einkaufen gehen oder ganz normal bei Rot bei einer Kreuzung stehen wollen und auch für die Menschen, von denen ich sage: Die Mehrheit dieser Bettler befindet sich sicherlich in einer bedrängten Situation und erwartet sich Hilfe. Aber diese Hilfe geben Sie ihnen mit dieser Laissez-faire-Politik in keiner Art und Weise! (Beifall bei der ÖVP.) Wir werden uns daher, weil ich glaube, dass wir ausreichend gesetzliche Grundlagen haben, und ich mir erwarten würde, dass nun endlich das Verbot der gewerbsmäßigen Bettelei vollzogen wird, nicht noch für ein sektorales Bettelverbot einsetzen. Wir werden aber den anderen Antrag unterstützen, in welchem es darum geht, geeignete Maßnahmen gegen die Bettelei vor den Supermärkten zu finden, wobei ich eindeutig sage: Mir geht es nicht um den „Augustin“-Verkäufer, sondern mir geht es um die Personen, die in rechtswidriger Art und Weise betteln, mit der gegen das Landes-Sicherheitsgesetz verstoßen wird. Ich meine nämlich, es sollten alle Landtagsabgeordneten einer Meinung sein, dass ein Landesgesetz auch zu vollziehen ist! (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abg Hebein. – Bitte, Frau Abgeordnete. Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Geschätzter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann – das haben wir heute ja wieder erfahren – auch mit ruhigen Worten, mit vermeintlich ruhigen Worten schon auch menschliches Gift versprühen, aber dem will ich mich jetzt nicht widmen. Ich sage hier und jetzt, die FPÖ macht Betteln zum Thema, und ich nütze die 20 Minuten, um konkret, wenn es sich ausgeht, 40 Fragen zu beantworten, Fragen, die in, ich möchte fast schon sagen, den letzten Jahren immer wieder an mich, an uns gerichtet werden. Ich nütze also diese Gelegenheit. Die erste Frage ist: Warum betteln Menschen? Da gibt es sehr vielschichtige Ursachen. Für viele ist es eine Möglichkeit, die schlimmste Not abzuwenden. Ich sage, nicht das Betteln ist das Problem, sondern die zunehmende Armut in Europa. Woher kommen die Bettler/Bettlerinnen? Das wurde schon gesagt, das stimmt, sie kommen aus Rumänien, Bulgarien, Slowakei, auch aus Österreich. Das sind zumindest Bettler/Bettlerinnen, die ich auch kennen gelernt habe. Vielleicht sage ich dazu – nur als Hintergrundwissen –, dass in den letzten Jahren alleine in Rumänien von 8,4 Millionen Arbeitsplätzen 4 Millionen Arbeitsplätze reduziert wurden. Wie viele Bettler/Bettlerinnen gibt es bei uns in Wien? Meine sehr geehrte Damen und Herren, welche Zahlen Sie auch immer hören, sie sind nicht seriös. Es gibt keine seriösen Zahlen, das wirklich nachzuvollziehen. Wer sind sie, diese Menschen? Das finde ich immer eine spannende, eine gute Frage. Da empfehle ich den Menschen: Wenn Sie die Gelegenheit haben, sprechen Sie einmal mit Bettlern/Bettlerinnen. Ich kann nur sagen auf Grund der Hausbesuche mit Dolmetsch, es gibt die unterschiedlichsten Menschen, die hier für sich und ihre Familie betteln. Leider gibt es zu wenig Grundforschung. Ich kann Ihnen nur die Diplomarbeit von Marion Thuswald empfehlen, die sehr viel über die Bettlerinnen, über Frauen geschrieben hat und wie sehr sie Wissen, Kompetenz, Überlebenskompetenz einsetzen, oder auch eine Forschungsarbeit von Ferdinand Koller zu den Hintergründen aus christlicher Sicht, beziehungsweise „Natasha“, ein Film von Ulli Gladik, oder „Die imaginierte ‚Bettlerflut‘“, auch ein gutes Buch. Was ist in Wien erlaubt? Das wurde schon gesagt, aber eigentlich nicht wirklich. Betteln ist, verfassungsmäßig festgehalten, ein Menschenrecht. Stilles Betteln ist in Wien erlaubt. Was ist in Wien verboten? Das stimmt: gewerbsmäßig, organisiert, aggressiv, aufdringlich und mit Kindern. Wobei das Problem ist – das hat Abg Ulm richtig ausgeführt –, dass es im Grunde dann gewerbsmäßiges Betteln ist, wenn sich jemand eine fortlaufende Einnahmequelle verschafft. Da genügt es de facto, mehr als ein Mal zu betteln. Insofern ist da eine große Lücke, da delegiert man den Vollzug eigentlich an die Polizei, die hier handeln soll. Die nächste Frage – jetzt muss ich mich ein bisschen beeilen, ich mach schneller, aber ich bin erst bei Frage sechs –: Stimmt es, dass die Bettler/Bettlerinnen 1 000 EUR pro Tag einnehmen? Das sind Zahlen, die kursieren. Die sind weder von ArmutsforscherInnen noch von den ExpertInnen auch nur ansatzweise nachvollziehbar, auch nicht von den Menschen, die mit Bettlern/Bettlerinnen unterwegs sind. Sie erzählen von 15 bis 25 EUR. Ist das Geld für Hintermänner bestimmt? Unserer Erfahrung nach, nein. Bettelnde geben zwischendurch sehr wohl FreundInnen, Verwandten das Geld ab, das stimmt. Wenn sie nämlich von der Polizei erwischt werden, wird es ihnen abgenommen, weil sie es quasi unrechtmäßig erwerben. Heißt das, dass die Bettelnden doch organisiert sind? Ja, tatsächlich, aber das heißt nicht kriminell organisiert, sondern sie organisieren sich das Überleben. Sie kommen gemeinsam an Orte, wir wissen auch bestimmte Orte, wo sie herkommen. Sie machen Selbstorganisation, und meistens ist es so, dass sie gemeinsam wo unterkommen. Können wir ausschließen, dass es Menschenhandel gibt? No na! Kein Mensch wird ernsthaft Menschenhandel in Frage stellen. Das setze ich einmal hier voraus. Mit aller Härte des Gesetzes muss gegen Menschenhandel vorgegangen werden. Ich erzähle aber kurz von der Tagung gegen Menschenhandel. Dort hat man festgestellt, dass die große Herausforderung bezüglich Ausbeutung in der Arbeitswelt vor allem bei Bauern, im Gastgewerbe und in der Landwirtschaft passiert. Es mangelt an einem Opferschutz in diesem Bereich, es mangelt auch – das bestätigen uns Kriminalbeamte/Kriminalbeamtinnen und auch die Schweizer Kriminalpolizei, Abteilung Menschenhandel – wirklich an Ressourcen, an Möglichkeiten, dass hier die Kriminalpolizei aktiv vorgehen kann. In der Schweiz ist es zum Beispiel so – das hat man mir bestätigt –, dass sie gar nicht gegen Menschenhandel vorgehen könnten, wenn sie nicht regelmäßig genau mit dem NGO-Bereich, mit Menschen, die Bezugspersonen zu bettelnden Menschen sind, zusammenarbeiten würden. Sie könnten gar nicht ihre Arbeit machen, denn es ist extrem schwer, hier vorzugehen, weil viele von Menschenhandel Betroffene sich nicht als Opfer sehen. Wie viele Anzeigen und Verurteilungen gibt es? Wir machen bezüglich Menschenhandel jedes Jahr eine parlamentarische Anfrage. 2010, 2011 gab es keine. Die aktuellste Zahl, die mir zur Verfügung steht, ist vom Sommer. Es gibt 400 Anzeigen wegen organisierter Bettelei. Achtung! Ein Anwalt hat mir bestätigt, organisierte Bettelei ist laut Anzeige selbst, wenn mehr als zwei Menschen in Blick- und Augenkontakt miteinander stehen. Schützen Bettelverbote vor möglicher Ausbeutung? Meiner Einschätzung nach nicht. Sie haben sowieso eine schwierige Situation, und dadurch erschwert man nur zusätzlich die Lebensumstände. Es ist etwas zynisch, sage ich einmal, und es schaut so aus, als würde das nur eine moralische Rechtfertigung sein, um das Vorgehen gegen Bettelnde durch Verbote zu rechtfertigen. Warum liest man oft von dieser Bettelmafia und warum wird das auch immer wieder von der FPÖ herangetragen? Empirisch nachgewiesen ist es nicht, aber es stimmt, dass hier mit Stereotypen, mit Pauschalierungen gearbeitet wird. Ich selbst habe im Februar eine Anzeige gegen den Herrn Mölzer gemacht, den „Zur Zeit“-Herausgeber, der generell Betteln mit Zigeunern verbindet. Die können nur die Infrastruktur zerstören, schlagen ihre Frauen und trinken. Also diese Bilder werden immer wieder aufrechterhalten. Bis heute habe ich noch keine Rückmeldung, was aus der Anzeige geworden ist. Staatsanwalt Kronawetter ist zuständig, aber das ist wieder eine andere Geschichte. Ist Betteln ein gewinnbringender Bereich für organisiertes Verbrechen? Da gehen die Meinungen wirklich auseinander. Laut Polizei ist das meist verknüpft mit vielen anderen Strafdelikten. Ob 15 bis 25 EUR lukrativ ist? Also hier muss man wirklich trennen. Wo sind die vielen Mercedes-Autos und die Busse, die vorfahren? Das frage ich mich auch. Alle reden davon, aber nirgendwo, trotz Handy, sieht man irgendwo ein Bild. Das ist auch so ein Bild, das sich hartnäckig aufrechthält. Antiziganismus, warum bringen Sie das immer wieder ins Spiel? Das ist sehr ernst, meine Damen und Herren. Ich habe es Ihnen schon anhand des Beispiels der Zeitung „Zur Zeit“ gezeigt. Das ist so ein Rassismus gegen Menschen, sie als fremd, als Zigeuner zu pauschalieren. Man signalisiert damit ein Bild der Parasiten, die sich an der Gesellschaft hier nur bereichern wollen. Sprachlich sind das verheerende Entwicklungen. Man liest von Einzelfällen in den Medien. Ich kenne auch diesen Fall, der kürzlich zu einer Verurteilung geführt hat, und weiß, dass dahinter auch eine massive Suchtproblematik steckt. Das heißt nicht, dass ich jeden einzelnen Fall verurteile. Ich möchte Ihnen aber parallel dazu auch von einem anderen Fall erzählen, von dem Sie weniger erfahren. Das heißt, ein Bettler hat sich – Zitat vom Anwalt – hingestellt und den Menschen beharrlich eine Rose entgegengestreckt. Wegen massiver Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wurde die Person mit einem fünfjährigen Aufenthaltsverbot bestraft. Was macht die Polizei? Ich habe es schon angedeutet. Einerseits braucht sie mehr Ressourcen, was Menschenhandel anlangt, andererseits erleben wir immer wieder auch willkürliche Entscheidungen und Hunderte von Strafanzeigen, vor allem wegen gewerblicher Bettelei. Die Wohnungssituation ist eine schwierige, auch wegen der Spekulantenfrage. Ja, es stimmt, dass BettlerInnen schlechten Unterkünften mit hoher Miete besonders ausgeliefert sind. Was kann man dagegen tun? Das ist auch keine einfache Frage. Im Grunde müsste man mittelfristig überlegen, ob wir nicht günstigeren Wohnraum in Richtung Arbeiterwohnheime auch hier brauchen. Kann armen Menschen nicht durch unser Sozialsystem geholfen werden? Achtung! Eine Falle. Ich habe es in den letzten Tagen schon gesagt. Die Hürden sind extrem hoch, dass man Zugang zu unserem Sozialsystem erhält. Aufenthaltsrecht ist Bedingung. Das bekommt man nur, wenn man Arbeit hat, Arbeit kriegt man nur, wenn man ein Aufenthaltsrecht hat. Bitte schauen Sie sich hier die Fakten genau an. Welche Hilfsangebote gibt es? Die BettelLobby, die sich sehr engagiert, Familien zu unterstützen, auch juristisch, die Caritas-Rückführhilfe, die Opferschutzstelle, sehr viele Einzelpersonen. Medizinische Versorgung gibt es im Amber-Med, im Neunerhaus und bei den Barmherzigen Brüdern. Was mache ich, wenn ich bettelnden Menschen begegne? Das ist eine Frage, die sehr, sehr oft kommt. Und ich sage – das gilt auch für die nächste Frage: Wie viel soll ich geben? –, machen Sie, was Sie für richtig halten. Geben Sie, wenn Sie geben wollen. Es ist die einzige Möglichkeit oder eine der wenigen Möglichkeiten, freiwillig, ohne staatliche Einmischung tätig zu sein und Hilfsangebote zu setzen. Das schlechte Gewissen ist die nächste Frage. Ja, das stimmt, das löst immer wieder ein beschämendes Gefühl aus, auch Ärger, dass es so etwas gibt in dieser Stadt. Was können Sie machen, wenn die Polizei bettelnde Menschen aufhält? Sie könnten sehr wohl fragen, ob hier Unterstützung notwendig ist. Bitte vergessen Sie nur eines nicht – das werden sie auch selten in den Medien lesen –: Auch Polizisten und Polizistinnen – es gibt einige davon – finden diese Aufgabe alles andere als angenehm, und auch sie haben oft den Eindruck, dass die Politik die Armutsbekämpfung im Grunde an sicherheitspolitische Maßnahmen delegiert. Warum sind gerade jetzt so viele sichtbar? Das stimmt, das ist immer zur Weihnachtszeit so. Das ist die Zeit des Spendensammelns. Sie kennen es. Sehr viele Zeitungen und Angebote, überall werden Spenden gesammelt. Sehen Sie BettlerInnen auch als SpendensammlerInnen in eigener Sache. Gibt es positive Beispiele im Umgang mit Bettlerinnen? Ja. Zum Beispiel hat der Adventmarkt Karlsplatz Regeln ausgearbeitet, wie BettlerInnen vor Ort sich verhalten sollen. Sie kriegen Suppen und diese verschiedensprachlichen Handzettel. Auch was den Naschmarkt anlangt, gibt es jetzt sehr viele Überlegungen. Vor einigen Geschäften werden BettlerInnen vertrieben, vor anderen nicht. Das stimmt. Ich bin seit eineinhalb Jahren in einem Arbeitskreis „Sicherheit für Handel“, weil auch die sich überlegen, dass ihre Kunden-/Kundinnenzufriedenheit – so nennen sie es – nicht mehr gewährleistet ist. Einige regen sich auf, wenn BettlerInnen vertrieben werden, andere wollen sie nicht vor der Tür. Auch hier gibt es jetzt sehr viele Überlegungen, wie man menschlich damit umgehen kann. Dieser Bericht wird demnächst veröffentlicht. Wie gehen andere Städte und Länder damit um? Das finde ich eine gute Frage. Hamburg zum Beispiel hat gute Erfahrungen damit gemacht, dass die Stadt die Unterbringung von Bettlern und Bettlerinnen organisiert. Und zwar nicht im Zentrum, sondern die werden dann hingeführt und abgeholt. Das hat öffentlich für Ruhe gesorgt. Aber es stimmt – jetzt habe ich den Faden verloren – in Österreich haben wir bundesweit das Ländertreffen und in Deutschland auch. Wie heißt das? (Abg Martina Wurzer: SozialreferentInnentagung?) Nein. Wo die Moni Vana war. (Abg Dr Jennifer Kickert: Städtebund!) Städtebund. Danke vielmals. – Der Städtebund beziehungsweise Städtetag in Deutschland, das ist auch sehr spannend. Die haben eine Stellungnahme herausgegeben zum Umgang mit Armutsmigration, denn alle wissen, eine einzelne Stadt kann dieses Problem lokal nicht lösen, sondern das geht nur, wenn man es lokal, bundesweit und europaweit löst. Es gibt die Lösung nicht, ich habe sie auch nicht. Das stimmt. Was kann die Wiener Stadtregierung tun? Natürlich niederschwellige Einrichtungen schaffen, den Diskurs auch verändern und hier differenzieren, es auch grundsätzlich zum Thema machen und Streetwork zur Verfügung stellen. Brauchen wir mehr Polizei im öffentlichen Raum? Ich sage, nicht für die Vertreibung von Armen und marginalisierten Gruppen. Ich habe nur mehr drei Minuten und noch sieben Fragen. Kommen dann nicht alle zu uns, wenn wir es zu gut machen hier in Wien für die Menschen? Ich behaupte oder ich sage, Grundrechte, Grundmenschenrechte, Würde sind nicht verhandelbar. Wenn wir hier beginnen, wo enden wir? Es ist schlichtweg so, dass auch ExpertInnen, auch in anderen Städten, auch in anderen Ländern, sagen, dass vor allem dann, wenn man klar transparent macht, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt, die Menschen selbst kommunizieren, was möglich ist, was nicht. Die nächste Frage ist: Sollten wir nicht einmal für unsere Armen was tun, bevor wir uns noch Armut – unter Anführungszeichen – importieren? Das ist eine Frage, die auch sehr oft kommt. Ich sage, in einer reichen Stadt wie Wien, in einem der reichsten Länder der Welt, müssen wir beides tun. Spielen wir es nicht gegenseitig aus. Was macht die FPÖ? – Ich erspare mir jeden Kommentar. Was macht die ÖVP? – Ich erspare mir jeden Kommentar. Was macht die rot-grüne Koalition? Die rot-grüne Koalition ist sich einig, dass in unserer Stadt sicher nicht Arme vertrieben werden, sondern die Armut bekämpft wird. In den Mitteln und den Wegen dorthin sind Rot und Grün sich nicht einig. Das stimmt, das ist ja kein Geheimnis. Was könnte das nächste konkrete Ziel sein? Das nächste konkrete Ziel könnte definitiv sein, dass wir hier verstärkt über das eigentliche Problem reden, nämlich über die steigende Armut in Europa. Das nächste Ziel könnte echt sein, dass wir gegen diese Stereotypen und gegen diese Menschenverachtung verstärkt gemeinsam auftreten und auch einen großen Respekt an die Zivilbevölkerung, an zivile Organisationen aussprechen. Das wären Möglichkeiten. Ich weiß, dass es kein einfaches Thema ist, aber es ist kein Polizeiproblem, es ist ein Problem der Sozialpolitik, ein sozialpolitisches Problem. Und jetzt beantworte ich die Frage 40 plus 1. Warum habe ich das jetzt gemacht? Ich möchte schlichtweg einen sinnvollen Beitrag leisten zu einer Versachlichung der Diskussion. Werte Abgeordnete, die ist dringend, dringend notwendig. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Stürzenbecher. Ich ersuche darum. Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Am Anfang ein Zitat: „Der stille Appell an Menschen um eine Spende in einer Notlage kann schon aus humanen Überlegungen heraus niemals als Unrecht zu qualifizieren sein, das eines Verbotes bedarf.“ Diesen Satz hat Bgm Häupl vor einem Jahr hier im Landtag gesagt. Er hat 2013 gegolten, und er gilt 2014 genauso. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich verkenne aber nicht, dass es natürlich bei der organisierten Kriminalität und Ausbeutung ein Problem gibt, das wir bekämpfen müssen, und ich bin froh, dass auch die heutige Debatte zumindest im Stil durchaus Niveau hat und auch ruhiger abläuft als in den letzten Jahren. Wir haben ja diese Debatte schon öfter gehabt. Man sollte sich ja vor allem auf die Fakten verlassen. Die Rechtslage ist im Wesentlichen schon zitiert worden. Wir haben das aufdringliche Betteln, das aggressive Betteln verboten. Das wird exekutiert. Also die meisten Beispiele, die da immer gebracht wurden von Klubobmann Gudenus – wobei der Klubobmann im Parlament, Strache, fast die gleiche Wortwahl getroffen hat –, das mit der Autotür und dem Ganzen, das ist alles verboten, das ist eindeutig verboten und wird auch vollzogen. Auch das gewerbsmäßige Betteln wird bestraft – 36 Mal, wie ich es irgendwo gelesen habe, hat es in diesem Jahr Anzeigen gegeben –, das organisierte Betteln ist verboten und natürlich das Betteln mit Kindern. Alle fünf Tatbestände werden verfolgt. Ob Sie ausreichend verfolgt werden, ist eine andere Sache. Aber das liegt wiederum an der Innenministerin, wie viele Polizisten sie uns zur Verfügung stellt und wie die natürlich dann auch die Schwerpunkte ihres Einsatzes sehen. Denn es ist sicher so, dass, wenn irgendeine schwere Straftat aufzuklären oder zu bekämpfen ist, werden sie wahrscheinlich die Kräfte eher dort einsetzen. Aber wir fordern von der Innenministerin nach wie vor, dass sie die im Sicherheitsübereinkommen mit der Stadt Wien unterschriebenen Verpflichtungen endlich zur Gänze einhält. Das wäre ein dringender Wunsch, den wir an die Innenministerin hätten. Aber, wie gesagt, die Rechtslage – das hat Kollege Ulm auch richtig gesagt – im landesgesetzlichen Bereich ist ausreichend. Und wir haben eindeutig eine Verfassungsrechtslage, die uns aufträgt, zu Recht aufträgt – und ich bin froh, dass es so ist –, das stille Betteln zuzulassen, wie es der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat: „Das stille Betteln an öffentlichen Orten ausnahmslos zu verbieten“, sagt er, „ist in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig.“ Deshalb hat er auch das Salzburger Landesgesetz aufgehoben, das steirische Landesgesetz aufgehoben, und wenn wir jetzt machen würden, was die FPÖ vorschlägt – was wir natürlich gar nicht wollen, aber wenn wir es machen würden –, würde das genauso aufgehoben werden. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Es geht um ein sektorales Bettelverbot!) Zum sektoralen komme ich noch. Aber das ist einfach die verfassungsrechtliche Lage. Herr Klubobmann Gudenus, Sie haben es heute nicht gesagt, und ich nehme an, das war bedacht, weil Sie inzwischen Fortschritte gemacht haben, aber in einer Aussendung haben Sie noch gesagt: „Auch dürfe man nicht zu feig sein, um ein generelles Bettelverbot und eine damit verbundene Verfassungsänderung zu diskutieren.“ „Verfassungsänderung“ würde im gegenständlichen Bereich allerdings heißen, wir müssten die Europäische Menschenrechtskonvention abschaffen, denn aus dem Art 10 der EMRK geht dieses sozusagen Grundrecht auf stilles Betteln hervor, und die Europäische Menschenrechtskonvention ist die Garantie der Grundrechte, die jeder Mensch hat. Es ist das Fundament unserer Rechtskultur und im weitesten Sinne sogar ein wichtiger Bestandteil dessen, was Sie vielleicht als europäische Zivilisation bezeichnen würden. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist nicht verhandelbar. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. – Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Oh ja, sie ist auch verhandelbar, so wie jedes Gesetz!) Die EMRK ist einfach eine Errungenschaft, die wir erkämpft haben und wo wir uns sehr anstrengen, dass sie auch in jenen Ländern hoffentlich langsam real durchgesetzt wird, die sie auch unterschrieben haben, in Ländern, in die Sie gerne hinfahren. Es gibt dort Fortschritte, das muss ich durchaus sagen, da will ich gar nicht polemisieren. Sie ist das Fundament, und wenn sie abgeändert würde, könnte man das nur gemeinsam machen, aber wenn man sie abändert, ist es in der Regel meistens so, dass ein höheres Niveau kommt und nicht ein schlechteres. Also insofern freue ich mich, dass Sie das in Ihrer heutigen Rede nicht gesagt haben, und deshalb bin ich zuversichtlich, dass Sie das ohnehin nicht aufrechterhalten. In unserem Landes-Sicherheitsgesetz ist die Gewerbsmäßigkeit enthalten, und es hat durchaus den Versuch gegeben, auch das anzufechten, doch diese Anfechtung hat der Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen. Also wir haben vor dem Verfassungsgerichtshof standgehalten, im Gegensatz zu anderen Landesgesetzen. Im Zusammenhang mit der Gewerbsmäßigkeit bringt der Kollege Ulm immer etwas, was nicht ganz stimmt. Es stimmt, das ist im § 70 Strafgesetzbuch definiert und geregelt, aber erstens einmal ist die Frage, ob eine Regelung des Strafgesetzbuches, das ja für gerichtlich strafbare Taten gilt, automatisch vollkommen gleich auch bei Landesgesetzen gilt. Zusätzlich aber wissen Sie wahrscheinlich, dass diese strenge Interpretation der Gewerbsmäßigkeit inzwischen von allen, vor allem von Rechtsanwälten, kritisiert worden ist und dass jetzt schon eine Vorlage im Parlament ist, die die Gewerbsmäßigkeit lockern wird, damit eben diese von den Richtern gegen den historischen Gesetzgeber zu strenge Auslegung der Gewerbsmäßigkeit gelockert wird. Aber das nur nebenbei. Wir haben also dieses Landes-Sicherheitsgesetz, das übrigens auch Niederösterreich zeitnah fast wörtlich übernommen hat und das offenbar wirklich als gesetzgeberische Maßnahme okay ist. Wir haben auch – weil das oft angesprochen wird – im Eisenbahngesetz Regelungen, dass das Betteln dort verboten ist, was auch für die Wiener Linien gilt, und dass die Organe befugt sind, Personen hinauszuweisen, was das betrifft. Und es ist auch so, dass es, wie ich schon vorher ausgeführt habe, überhaupt nicht stimmt, dass das Gesetz nicht vollzogen wird. Immerhin hat es insgesamt 1 224 Anzeigen vom 1. Jänner bis 31. Oktober 2014 gegeben. Also die stille Bettelei ist ein Menschenrecht und ein Grundrecht und soll bleiben. Das ist ein unverrückbarer Grundsatz. Gleichzeitig kämpfen wir – und das darf man eben nicht vermischen – gegen Ausbeutung und organisierte Kriminalität. Und die gibt es natürlich. Diese wegzureden, wäre natürlich weltfremd und blauäugig, und das ist etwas, was auch nicht korrekt wäre. Es ist diese irrsinnig schwierige Gratwanderung zu gehen, dass wir die Probleme, die es real gibt, bestmöglich bekämpfen, aber nicht andere Sachen hineinziehen und beispielsweise das stille Betteln gleichsetzen mit Menschenhandel. Menschenhandel wird gemäß § 104a eindeutig bestraft, und in § 104a Abs 3 steht auch drinnen, dass Ausbeutung auch die Ausbeutung zur Bettelei umfasst. Also wir haben im Strafgesetzbuch beim Menschenhandel die Ausbeutung zur Bettelei strafrechtlich geregelt. Wenn man jetzt diese strafrechtlichen Normen verbessern will, dann kann man darüber diskutieren. Das muss man im Parlament drüben bringen. Es kann natürlich jeder Vorschläge bringen und sie den jeweiligen Fraktionskollegen im Parlament übermitteln, aber Faktum ist, dass wir mit dem Landes-Sicherheitsgesetz, mit dem Eisenbahngesetz, mit dem Strafgesetzbuch und mit dem Sicherheitspolizeigesetz wirklich ausreichend gesetzliche Instrumentarien haben, und dass es darum geht, dass diese dort, wo sie nicht ordentlich vollzogen werden, eben künftig ordentlich vollzogen werden. Das ist einfach notwendig. Von einem sektoralen Bettelverbot wäre erstens einmal ja auch das stille Betteln umfasst. Das wäre vermutlich auch verfassungswidrig, weil ja dann das stille Betteln in den Sektoren verboten wäre und diesbezüglich ja die Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes relativ klar ist. Also das geht nicht. Abgesehen davon, dass dann natürlich ein Verdrängungseffekt wäre. Dann würde sich das woanders abspielen und in Summe nichts ändern. Was ich aber schon auch sagen möchte als Sozialdemokrat, als Sozialist, ist, dass natürlich für unsere Bewegungen in unserer Ideengeschichte das Betteln nicht etwas Positives ist. Für uns ist es nicht das Ziel, dass möglichst viel gebettelt wird, das ist irgendwie klar, sondern wir haben ganz andere Grundsätze. Die Sozialdemokratie ist unter anderem dafür gegründet worden, dass niemand mehr betteln gehen muss, und das ist natürlich innerstaatlich auch weitestgehend gelungen. Österreicher und Zuwanderer, die sich legal in Österreich aufhalten, sind ja voll in die Sozialleistungen eingebunden und müssten an sich im Großen und Ganzen nicht betteln. Es gibt natürlich – das muss man auch immer sagen, das sagen mir Psychologen und Sozialarbeiter – Menschen, die auf Grund ihrer Persönlichkeitsstruktur diese Angebote, die der Sozialstaat bietet, nicht annehmen. Das ist eine kleine Minderheit, aber das ist auch eine Realität. Tatsache ist jedoch, dass innerstaatlich die Bettelei für uns durchaus etwas ist, das wir überwinden wollen und schon gar nicht heroisieren wollen. Zum Beispiel heißt es in unserer Ideengeschichte gemäß einer Aussage von Ferdinand Freiligrath, die wir oft zitieren: „Was wir ersehnen von der Zukunft Fernen, dass Brot und Arbeit uns gerüstet stehen, dass unsere Kinder in den Schulen lernen und unsere Alten nicht mehr betteln gehen.“ – Das war ein wesentliches Ziel der Arbeiterbewegung, das Betteln zu überwinden. Und insofern, glaube ich, ist es natürlich weiterhin unser Ziel, dass wir die Ursachen des Bettelns beseitigen. (Beifall bei FPÖ, SPÖ und ÖVP.) Das haben wir für Österreich und für Wien, speziell das rote Wien, das heute rot-grün regierte Wien, auch erreicht, wir können allerdings schwer die Ursachen in ganz Europa beseitigen. Wir bemühen uns, wir unterstützen Sozialprojekte, wir bemühen uns in der EU, dass ein fairer Ausgleich mit den neuen Ländern, die der EU beigetreten sind, erfolgt und dass dort bessere soziale Verhältnisse Platz greifen. Das wird perspektivisch sicher dazu führen, dass dieses Problem geringer wird, da bin ich durchaus zuversichtlich, aber das dauert Zeit, und die Weltwirtschaftskrise hat natürlich nicht dazu beigetragen, dass sich das beschleunigt hätte, sondern eher, dass das abgeschwächt wurde. Aber Tatsache ist, dass für uns die Bettelei etwas ist, was wir überwinden wollen perspektivisch, dass wir aber nicht die Armut bekämpfen, sondern die Ausbeuter, die das Betteln für sich gewinnbringend und profitorientiert einsetzen. Dagegen kämpfen wir auf das Schärfste. (Beifall bei der SPÖ.) Weil ich noch sechs Minuten habe und das natürlich nicht unbedingt allzu sehr verkürzen will, möchte ich schon noch eines einbringen. Grundsätzlich war natürlich die Mildtätigkeit, die gerade die großen Religionen eingebracht haben, ein historischer Fortschritt gegenüber vorher. Es hat ja sicher auch Phasen in der Weltgeschichte gegeben, wo jemand, wenn er arm war, wenn er Hunger gehabt hat, gestorben ist. Dagegen sind die großen Religionen aufgetreten – das Christentum ebenso wie der Islam wie auch der Buddhismus – mit der Mildtätigkeit, mit dem Appell, man soll doch etwas abgeben. Diese Mildtätigkeit war, so gesehen, ein historischer Fortschritt in der Menschheit und ist positiv. Natürlich hat die Mildtätigkeit den Nachteil, dass dann der Arme davon abhängig ist: Kriege ich was oder kriege ich nichts? Und wenn die, die mehr haben, nichts abgeben wollen, weil sie sagen, das brauche ich selbst oder ich will jetzt nicht, dann geht die Mildtätigkeit ins Leere. Dagegen hat sich die organisierte Arbeiterbewegung gewandt, dagegen hat sich der Sozialstaatgedanke gewandt, und deshalb hat man ja auch den Sozialstaat entwickelt. Da haben wir jetzt mit dem Wiener Grundsicherungsgesetz schon sehr viel geschaffen und haben auch das Bundes-Grundsicherungsgesetz überboten, und wir schauen innerstaatlich, dass man natürlich so viel wie möglich an Ursachen der Bettelei beseitigt. Ich glaube jedoch, es ist wichtig, dass man die Dinge auseinanderhält und dass man perspektivisch wirklich die Probleme, die es gibt, nicht aufbauscht, aber auch nicht schönredet, soweit Ausbeutung gegeben ist. Die Sicherheitsbehörden haben ihre Aufgaben, aber vor allem müssen wir natürlich die Ursachen der Bettelei bekämpfen. Dieses negative Phänomen werden wir aber sicher nicht dadurch bekämpfen, dass wir das stille Betteln, noch dazu in verfassungswidriger Weise, verbieten, weil dies eben auch ein Menschenrecht ist. In dem Sinn möchte ich schließen mit einem Zitat von Hans Rauscher, der das wirklich sehr gut zusammengefasst hat, was hier die Aufgabe ist. Er hat gesagt: „Es ist durchaus vernünftig, Bettelei zu regulieren. Humanität sollte aber der Maßstab sein, mit Realismus als Begleiter.“ – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und von Abg Dr Jennifer Kickert.) Präsident Johann Herzog: Zu Wort gemeldet ist Abg Seidl. Ich erteile es ihm. Abg Wolfgang Seidl (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Präsident! Frau Landesrätin! Meine Damen und Herren! Ganz kurz möchte ich natürlich auf meine Vorredner eingehen. Dr Stürzenbecher hat sich ja gefreut, dass die Diskussion sehr niveauvoll geführt wird. Immer, wenn Freiheitliche Anträge hier stellen und dann auch diskutieren, läuft das von unserer Seite selbstverständlich niveauvoll ab. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist ja ganz klar, Ich weiß nicht, warum er sich so gewundert hat. Bei der Frau Hebein tue ich mir ein bisschen schwer. Sie hat ihre Rede so angelegt, dass sie sich selbst 40 Fragen gestellt und die 40 Fragen dann für sich beantwortet hat. Und das war‘s. Ich bin zwar der Meinung, einige Fragen hätte man zusätzlich noch stellen können, aber, wie gesagt, ich überlasse das jedem selbst. Ganz zum Anfang – deshalb habe ich heute auch ein iPad mitgenommen – möchte ich Ihnen etwas vorlesen, was ganz aktuell in der „Heute“-Zeitung im Niederösterreich-Teil zu lesen ist. Vielleicht kennen Sie es schon. Ich darf jetzt kurz vorlesen: „Plötzlich im Wohnzimmer – Bettler-Invasion in Bezirk Bruck. Großeinsatz für die Polizei in Bezirk Bruck: Zwölf aufdringliche Bettler gingen von Haus zu Haus, standen plötzlich in Wohn- und Schlafzimmern der verdutzten Besitzer und forderten Bargeld. Ein Kleinbus lud zwölf rumänische Bettler in Regelsbrunn ab, die Bittsteller gingen dann in Regelsbrunn, Höflein und Haslau von Tür zu Tür. ‚Sie drangen bis in die Schlafzimmer ein‘, so ein Ermittler. ‚Bitte geben Sie uns Geld. Wir haben so viele Kinder‘, schluchzten die Rumänen. Einer Hausbesitzerin, die der Bande Essen anbot, gaben die Rumänen deutlich zu verstehen: ‚Nur Geld!‘ Gleich mehrere Bürger riefen die Polizei. Ein Großaufgebot der Exekutive beruhigte die aufgeheizte Stimmung und wies die Bettler weg – somit war Ruhe.“ Meine Damen und Herren! Das ist leider Gottes heute in Wien und in Österreich Alltag. Einer meiner Vorredner, ich glaube, der Herr Haslinger war es, hat gesagt, wenn man einem Bettler helfen möchte und ihm zum Beispiel vor einem Supermarkt etwas zu Essen anbietet, das wollen die nicht, das lehnen die ab, sie werfen es teilweise weg, das Einzige, was sie haben möchten, ist Geld. Ich möchte, genauso wie mein Vorredner Dr Stürzenbecher, mit einem Zitat beginnen, und zwar des römischen Philosophen und Dichters Lucius Annaeus Seneca: „Nicht der ist arm, der wenig besitzt, sondern wer nach mehr verlangt.“ – Und genau dieser Spruch ist aktueller denn je. Wir haben es ja in Österreich und in den großen Städten, in Graz und in Wien, mit einem Phänomen zu tun, das in den letzten Jahren immer konzentrierter auftritt, nämlich eine Art der Versklavung von Menschen. Dazu gäbe es dann drei Fragen, die ich leider Gottes vermisst habe bei der Frau Hebein. Die erste Frage ist: Wollen wir diese Armut importieren? Und da sagen wir Freiheitlichen ganz klar: Nein, das wollen wir nicht. (Beifall bei der FPÖ.) Eine zweite Frage könnte lauten: Wollen wir, dass die organisierte Kriminalität auch hier in Österreich und in Wien ausbeutet? Auch das wollen wir Freiheitlichen nicht. Und dann gäbe es natürlich noch eine dritte Frage, die ich dann am Ende beantworte: Was können wir auf Wiener Landesebene dagegen tun? Wir haben ja heute schon und auch gestern und, ich glaube, auch am Montag gehört, wir haben in Wien aktuell 393 000 Menschen, die unter der Armutsgrenze leben. Wir haben 100 000 Kinder in Wien, die unter der Armutsgrenze leben. Ich habe gestern schon versucht, Ihnen darzulegen, dass wir glauben, dass Sie von der Stadtregierung einzig und alleine für diese Misere verantwortlich sind. Aber was machen Sie? Sie importieren einfach weitere Armut in unsere schöne Stadt. Da werden dann Leute versklavt, ausgebeutet, missbraucht, es werden Kinder und Behinderte missbraucht. Die müssen hier betteln gehen und dann die Einnahmen an die Bettelmafia abgeben. Die Bettelmafia fühlt sich ja mittlerweile hier in unserer schönen Stadt Wien pudelwohl. Und warum, glauben Sie, ist das so? Das ist deswegen so, weil Sie – nach meinem Verständnis – einfach nicht willens sind, die rosarote Brille abzunehmen und die Fakten zu erkennen. Denn selbst der Herr Lhptm Häupl hat in der Fragestunde vom 5. April 2013 zugegeben – und das ist ja nachlesbar –, dass natürlich ein Großteil der Bettler, die überall in Wien auf den Straßen, in den Öffis und in den Bereichen der Öffis vorhanden sind, Opfer beziehungsweise Instrumente der organisierten Bettlermafia sind. Wir haben es in Wien – die Polizei bestätigt das ja – mit einigen Tausend Menschen zu tun, die hier betteln gehen. Die sitzen dann auf der Straße und betteln, einige davon, das wissen wir, aggressiv und gewerbsmäßig. Die GRÜNEN sind zwar diejenigen, die ständig von Armut sprechen, aber ich habe bis jetzt noch kein einziges wirksames Konzept von den GRÜNEN gehört, wie man die Bettlermafia hier im Endeffekt daran hindern kann, immer mehr Leute, die von Armut betroffen sind, die – das ist ja heute schon betont worden – in der Regel aus der Slowakei, aus Rumänien, aus Bulgarien kommen, nach Wien zu importieren und hier zu versklaven. Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir irgendwann einmal von einem brauchbaren Instrument der GRÜNEN hören würden, das relativ sachlich und ruhig vorgebracht wird. Vielleicht können wir das auch gemeinsam lösen, mag ja sein. Denn das, was der Herr Dr Stürzenbecher gesagt hat, war ja, meine ich jetzt einmal – ich werde es mir dann ganz bestimmt auch noch einmal durchlesen –, nicht so weit entfernt von dem, was wir heute meinen. Deshalb bin ich relativ gespannt, ob Sie unserem Antrag zustimmen. Es hat im Jahr 2012 mehr als 1 400 Anzeigen wegen der verbotenen Formen des Bettelns – also gewerbsmäßig, aufdringlich, aggressiv oder das Betteln mit Kindern – gegeben. Und auch wenn Sie es heute wahrscheinlich bestreiten, es wird vom Bundeskriminalamt bestätigt, dass die überwiegende Anzahl der Bettler von kriminellen Organisationen in Osteuropa angeheuert wird. Auch das Bundeskriminalamt bestätigt, dass Bettler nach Österreich verkauft werden. Die hausen dann in kleinen Wohnungen. Einen Platz im Bett gibt es dann nur für jene, die untertags erfolgreich waren. Zu essen gibt es natürlich auch nur für jene etwas, die untertags erfolgreich waren, und jene, die nicht so erfolgreich waren, die müssen dann wie Hunde am Boden schlafen. Das erbettelte Geld – wo fließt es hin? Auch das haben wir heute schon gehört. Das fließt an die Hintermänner und an die reichen Roma-Clanchefs in Bulgarien, in Rumänien und auch in der Slowakei. Einige wenige verdienen sich dadurch natürlich eine goldene Nase, indem sie ihre Landsleute ausbeuten. In Rumänien und Bulgaren – und das wissen wir – gibt es jeweils 30 bis 40 Capos, die sich das Land aufteilen. Da weiß man dann, wo das Geld hinkommt. Und das ist unter Garantie keine Panikmache der Freiheitlichen, das ist auch keine Hetze der Freiheitlichen, die wir hier betreiben. Wir sagen nur das, was uns das Bundeskriminalamt sagt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Wir Freiheitlichen sagen ganz deutlich: Armut bekämpfen? Ja, natürlich! Aber weitere Armut importieren? Ein ganz klares Nein von uns Freiheitlichen. (Beifall bei der FPÖ.) Es kann nämlich nicht sein, dass im Endeffekt die Wiener und Österreicher in Armut geraten, weil immer mehr arme Menschen nach Österreich kommen. Und da sagen wir auch ganz klar: Es kann nicht sein, dass die rot-grüne Stadtregierung eine rosarote Brille aufsetzt, die Bettlermafia einfach so hingenommen wird und das Ganze gutmenschlich mit Armut gleichgesetzt wird. Hier haben wir es mit der organisierten Kriminalität zu tun, und die organisierte Kriminalität – ich hoffe, da sind wir uns alle einig – gehört bekämpft. Wir Freiheitliche, meine Damen und Herren, werden nach der nächsten Wahl mit einem Bürgermeister Heinz- Christian Strache als einen der ersten Punkte das Landes-Sicherheitsgesetz dahin gehend adaptieren, dass in Einkaufsstraßen, an neuralgischen Bereichen, in Öffi-Bereichen und an sonstigen Punkten die Bettelei verboten wird. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Baron. Ich erteile es ihm. Abg Karl Baron (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen von Wien, der Hauptstadt einer der sozialsten Sozialstaaten Europas, mit jedoch immerhin 400 000 unter der Armutsgrenze lebenden Menschen. Aber, meine Damen und Herren, ich wage zu behaupten, dass kaum jemand dieser 400 000 armen Wiener es nötig hat zu betteln, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten beziehungsweise seine Grundbedürfnisse damit zu stillen. Es sind keine Wiener, die auf Wiens Straßen sitzen und die Leute belästigen. Das haben wir von meinem Vorredner natürlich schon gehört. Wien leidet mittlerweile – und das muss man auch einmal richtig aussprechen und beim Namen nennen, und gerade in der Vorweihnachtszeit ist es so – unter einer wahren Bettlerplage. Ausländische, speziell rumänische, bulgarische mafiöse Organisationen, die vorwiegend aus Roma-Organisationen bestehen, überfallen quasi Europa mit ihrem Bettlerunwesen, stören Geschäftsstraßen, Geschäftstreibende, und das ist auf diese Art und Weise nicht mehr länger hinnehmbar. (Beifall bei der FPÖ.) Wie kommt es dazu? Nun, da gibt es furchtbare Geschichten, die leider allesamt wahr sind. Es gibt in Bulgarien, Rumänien und in Serbien Ausbildungscamps, Ausbildungslager, wo Menschen regelrecht zum Betteln gezüchtet werden, zum Betteln, zum Stehlen und für die Prostitution. Und das im 20. Jahrhundert, 2014 in Europa! Und das ist auf diese Art und Weise nicht hinnehmbar. (Beifall bei der FPÖ. – Abg Godwin Schuster: Wie kommen Sie zu dem Begriff gezüchtet? Wie werden Menschen gezüchtet?) Es gibt längst Akte in Bulgarien, Rumänien darüber. Lesen Sie nach! Das ist ein Problem, wo Sie einfach wegsehen, das Sie alle ignorieren. (Abg Birgit Hebein: Das ist ein menschenverachtender Scheiß, den Sie da von sich geben! – Empörung bei der FPÖ.) Frau Hebein, ich habe heute so lange nichts gehört von Ihnen. Sie waren so ruhig die ganze Zeit. Endlich melden Sie sich. Wachen Sie auf! Bitte! Gut so! (Beifall bei der FPÖ. – Abg Godwin Schuster: Nehmen Sie das Wort gezüchtet zurück! Wo werden Menschen gezüchtet? Nehmen Sie das zurück!) Wir haben hier ein Problem, das nicht nur die Stadt Wien hat, das Problem haben auch München und andere Großstädte in Europa. München hat dagegen reagiert, München hat das sektorale Bettelverbot. Das ist momentan das einzige wirkungsvolle Konzept, das tatsächlich helfen kann. (Beifall bei der FPÖ. – Abg Godwin Schuster: Wissen Sie eigentlich, was Sie da gesagt haben? Nehmen Sie das Wort gezüchtet zurück!) Die Idealvariante wäre das generelle Bettelverbot. Das ist uns verfassungsmäßig momentan noch nicht möglich. Aber ein sektorales Bettelverbot ist längst an der Tagesordnung und unbedingt notwendig für Wien. (Beifall bei der FPÖ. – Abg Godwin Schuster: Nehmen Sie das Wort gezüchtet zurück!) Ohne eine solche Maßnahme werden wir in Zukunft auch nicht auskommen. Wir sind dazu verpflichtet. Wien ist eine Tourismusmetropole, wir haben jede Menge Touristen jedes Jahr, und es ist unverantwortlich den Touristen gegenüber, dass sie permanent von Bettlern belästigt werden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg Godwin Schuster: Nehmen Sie den Ausdruck gezüchtet zurück. Das ist ja eine Verrücktheit!) Das gilt den Wiener Kaufleuten gegenüber ebenso. Durch die unverantwortliche Haltung, welche Europa gegenüber den russischen Touristen eingenommen hat, haben wir auch weniger Tourismus aus diesem Land. Aber jetzt vertreiben wir die anderen Touristen aus anderen europäischen Ländern auch noch, indem wir die Stadt praktisch mit Bettlerorganisationen nur so zupumpen und denen die Taschendiebstähle ermöglichen. Meine Damen und Herren! Ich fordere von Ihnen, dass Sie einfach nachdenken und für die ... (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg Godwin Schuster: Sie können gar nichts fordern! Ich fordere Sie auf, dass Sie das Wort gezüchtet zurücknehmen!) Ich fordere Sie auf, nachzudenken und im Sinne unserer Heimatstadt zu handeln und unserem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Frau Abg Hebein! Auf Grund Ihrer Bemerkungen vorhin muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Haslinger. Ich erteile es ihm. Abg Gerhard Haslinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Präsident! Hoher Landtag! Ein paar Worte zu der ausreichenden Gesetzeslage, die nach dem Wiener Landessicherheitsgesetz angeblich vorliegt, und dazu, dass die ÖVP jetzt im Speziellen gesagt hat, sie kann einem sektoralen Bettelverbot nicht zustimmen. Wer weiß, wie diese Anzeigen, die jetzt von Kollegen Seidl erwähnt wurden, zustande kommen? Das sind eigens dafür vorgesehene Bettlerstreifen, die werden angeordnet, und dann schaut man darauf. Wenn solche Bettlerstreifen durch die Exekutive stattfinden, dann sieht man auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung, ob die Bettelei in den verbotenen Formen, wie sie im Wiener Landes-Sicherheitsgesetz festgeschrieben sind, ausgeübt wird. Dann kommt es zu Anzeigen. Aber Anzeigen wären auch möglich über Aufforderung. Dann müsste aber der, der jetzt angebettelt wird, nämlich in einer aufdringlichen Art und Weise oder in einer aggressiven Weise, wenn er das anzeigen möchte, seine Daten bekannt geben und ist Teil des Verfahrens. Und das wollen viele Leute nicht, daher wird auch nicht viel angezeigt. Dann kann man aber nicht sagen, es passiert vielleicht eh nicht so viel. Ich habe bei der Einleitung zu unserem Antrag ja schon das Beispiel erzählt von dieser Geschichte, die im September des heurigen Jahres im 15. Bezirk passiert ist und wo offensichtlich war, dass ein Kind bei der Bettelei dabei war, und da dann der Stadtrat bemüht wird, der Volksanwalt bemüht wird, um zu schauen, ob hier alles rechtens abgelaufen ist. Jetzt stellen Sie sich vor, da gibt es einen, der sagt, ich bin aggressiv angebettelt worden. Die Verfahren würden alle beeinsprucht werden, und, und, und. Das geht nicht. Jetzt der Polizei den Vorhalt zu machen oder zu behaupten, es sind ausreichende gesetzliche Bestimmungen vorhanden, nur an der Vollziehung hapert es, das ist ungerecht. Die Polizei hat leider auf Grund der herrschenden Zustände sehr, sehr viele andere Dinge zu tun und nicht nur auf Bettelei, die in aggressiver und aufdringlicher Form oder mit Kindern oder gewerbsmäßig durchgeführt wird, zu schauen. Jetzt könnte man das dadurch erleichtern, dass man einmal in sektoralen Bereichen in Wien, von denen man weiß, dass sie bevorzugt von Bettlern und Bettlerinnen aufgesucht werden, ein Bettelverbot einrichtet. Dann ist der Polizei schon einmal viel geholfen. Und eines dürfen Sie nicht vergessen: Als in den 90er Jahren – 1989, 1990, Ostöffnung – die Polen zu uns gekommen sind und ein Schwarzmarkt am Mexikoplatz, in der Perspektivstraße entstanden ist und die dort den Schwarzhandel massiv betrieben haben, da hat eine neue Kriminalitätsform begonnen. Man hat nämlich die guten Schwarzhändler aus dem eigenen Bereich, aus der eigenen Community am Abend überfallen und hat ihnen das lukrierte, das eingenommene Geld weggenommen. Der konnte das nicht anzeigen. Was hätte er denn anzeigen sollen? Dass er gerade Zigaretten schwarz verkauft und dass ihm sein eigener Mitbürger, der halt auch da aufhältig ist, das Geld weggenommen hat? Und das passiert jetzt hier bei der Bettelei auch wieder, und Sie schauen weg, Sie wollen nicht hinschauen und wollen es nicht wahrnehmen. Im Bereich dieser Personengruppen, die mit der organisierten Bettelei zu tun haben, passiert das auch. Da finden Territorialkämpfe statt, wo der beste Platz ist, und, und, und. Und das kann die Polizei nicht durch eigene dienstliche Wahrnehmungen feststellen, denn das passiert im Untergrund, das passiert in den Massenquartieren, wo ganz einfach Gewalt ausgeübt wird auf die Leute, wenn sie zu wenig bringen, wenn sie falsch stehen, wenn sie in den anderen Sektor eindringen und Ähnliches. Wenn ich so einen guten Sektor einmal sperre und es dort per Gesetz verbiete, dann nehme ich den Leuten, die darum kämpfen, einmal die Grundlage weg, wie jetzt am Naschmarkt. Der Herr Kollege Ulm hat es gesagt und die Polizei spricht davon, dass die Betreiber am Naschmarkt – das ist ja mittlerweile mehr oder weniger eine Gastronomiezeile geworden – sich dort massiv beschweren. Und dort haben nicht die FPÖler ein Standl, und da gehen nicht FPÖler hin und setzen sich in die Lokale dort, nein, die Beschwerden kommen von den Standbetreibern, von den Gästen, dass es dort ganz einfach unerträglich wird. Man kann sich nicht mehr hinsetzen und etwas konsumieren, ohne angebettelt, angeschnorrt zu werden und sich entschuldigen zu müssen. Das wäre zum Beispiel ein sektoraler Bereich, wo man das abstellen könnte. Dort kann man offenbar gut verdienen. Dort gibt man, damit man seine Ruhe hat, das Geld her und wartet, dass die Leute weitergehen. Wenn man dort ein Verbot macht oder auch in der Innenstadt – es muss ja nicht die ganze Innenstadt sein, aber dort, wo es halt wirklich auffällig ist –, wenn man das sperrt, dann hilft man der Polizei, und es wäre wirklich gut, das zumindest zu versuchen. Und wenn es nicht zielführend ist, dann kann man es ja wieder aufheben. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zur Geschäftsordnung hat sich Frau Abg Hebein gemeldet. Ich ersuche darum. Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Werter Herr Vorsitzender! Für mich war die Rede des Herrn Baron menschenverachtend, dass hier Menschen zum Betteln und zur Prostitution gezüchtet werden und dass hier in einem Atemzug wieder die Roma genannt worden sind. Ich beantrage einen Ordnungsruf. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Johann Herzog: Frau Abg Hebein, ich würde meinen, dass heute eine an und für sich sehr, sehr konstruktive Diskussion stattgefunden hat im Großen und Ganzen. Die Meinung eines Abgeordneten zu qualifizieren, wie Sie es gemacht haben, habe ich schon beurteilt. Ich glaube nicht, dass es möglich ist in diesem Zusammenhang, wenn ein Abgeordneter eine Meinung hat und diese hier vertritt, dass man die mit einem Ordnungsruf qualifizieren könnte. Ich werde mir noch das Protokoll kommen lassen. Natürlich wird sich das in dieser Sitzung nicht mehr ausgehen. Aber ich glaube, alles in allem werden wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass es in diesem Saal verschiedene Meinungen gibt. Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Godwin Schuster. Ich ersuche darum. Abg Godwin Schuster (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob es unüberhörbar war, ich habe den Redner x Mal ersucht, er möge sich bei den Worten, die er verwendet, etwas überlegen. Kollege Baron, Menschen werden nicht gezüchtet, um stehlen oder betteln zu gehen. Sie werden nicht gezüchtet! (Beifall bei der SPÖ.) Ich ersuche Sie hier noch einmal: Kommen Sie heraus und nehmen Sie das Wort gezüchtet zurück. Es ist für mich persönlich widerlich, wenn man meint, hier werden Menschen für etwas Besonderes gezüchtet. Es erinnert mich tatsächlich an eine Zeit, die meine Eltern erlebt haben, und es graut mir davor, dass man dieses Gedankengut heute noch so verwendet. Aber ich möchte mich trotzdem zu manchen dieser doch sehr sachlichen Beiträge noch zu Wort melden. Kollege Haslinger, Sie kommen aus der Polizei. Sie wissen, nehme ich doch an, dass die Polizei sehr, sehr bemüht ist, um dieser manches Mal als Problematik empfundenen Situation Herr zu werden. Sie wissen aber auch, dass es hier eine Kooperation gibt, nämlich die Kooperation mit der rumänischen Polizei. Es kommen Polizisten aus dem Lande, aus dem Bettler kommen, um hier aggressiv und unter Umständen organisiert zu betteln, zu uns und helfen mit, dass etwas dagegen gemacht wird. Und ich sage Ihnen – und ich sage das jetzt nicht zum ersten Mal –, wenn man mit Polizisten redet, die ehrlichen Herzens trennen wollen zwischen organisierter Bettelei und dem stillen Betteln – und sie machen das ja auch –, dann wird gesagt, sie hatten früher die Möglichkeit, die organisierte Bettelei nachweisen zu können. Sie hatten auch die Zeit dafür, um nachzuschauen, woher sie kommen, welche Hintermänner es gibt. Das haben sie jetzt nicht. Für mich persönlich gibt es dafür eine einzige Ursache – Kollege Gudenus hat auch darauf hingewiesen –: Wir haben zu wenig Polizei in dieser Stadt. Ich sage Ihnen ganz aus offenem Herzen: Wir haben es verlangt, wir haben Zusagen erhalten, und ich sehe bis heute nicht die Erfüllung dieser Zusage. Daher, Kollege Haslinger, könnte ich polemisch zurückargumentieren: Weggekommen aus dieser Stadt sind die Polizisten. Aber das tue ich jetzt nicht, ich möchte es nicht, aber es ist in der Tat so: Wir brauchen mehr Polizei. Ich schaue daher mit Argusaugen darauf, welche Maßnahmen nach dieser Personalvertretungswahl, wo plötzlich Menschen wählen gehen in manchen dieser Stadtpolizeikommanden, die noch nie bei einer Wahl waren – bis zu 50, 60 Leute in einem Stadtpolizeikommando –, ergriffen werden. Das möchte ich mir ganz einfach anschauen, und ich schaue mir auch die Versetzungstätigkeit an. Ich erwarte, dass die Frau Innenminister Wort hält, denn es ist höchst an der Zeit, dass sie ihr Wort hält. Wir führen hier eine Debatte, wo ich sage, ich stehe dazu, dass Menschen, die still betteln, die nicht organisiert betteln, die nicht mit Kindern betteln, in Ruhe gelassen werden. Aber alles andere muss massiv mit den zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden, weil durch die organisierte Bettelei die anderen Bettler in Misskredit gebracht werden, in Verruf gebracht werden, und das haben die nicht notwendig. Wir müssen an jene herankommen, die tatsächlich die miesen Verursacher sind. – Das wollte ich dazu sagen. Ihnen, Kollege Baron, möchte ich sagen: Kommen Sie heraus und entschuldigen sich dafür, dass Sie gesagt haben, dass Menschen gezüchtet werden. Ich halte das für unbedingt notwendig. Herr Präsident, ich habe jetzt bewusst ein bisschen länger geredet, damit man vielleicht die Zeit hat, sich das noch einmal anzusehen, was hier tatsächlich gesagt wurde. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Jung. Ich erteile es ihm. Abg Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Präsident! Herr Kollege Schuster, Sie kommen da heraus und stellen eine Forderung aus Ihrer Sicht. Was Sie betreiben, ist genau das, was wir ablehnen, nämlich jene Auswüchse der Political Correctness, die glaubt, dass ein Wort, so wie Sie glauben, dass es ausgelegt werden muss, auch von allen anderen ausgelegt werden muss. Sie können nicht bestreiten, dass es das Wort heranzüchten durchaus im umgangssprachlichen Gebrauch gibt und dass in diesen Schulen, in diesen Ausbildungsstätten – wenn Sie es schöner hören wollen; aber in Wirklichkeit sind es kriminelle Lehranstalten – Leute ausgebildet werden, gezwungenermaßen ausgebildet werden und dort herangezogen werden zu kriminellen … (Abg Godwin Schuster: Ausgebildet!) Ich sage, herangezogen, auch wenn Sie es nicht wollen. Ich lasse mir von Ihnen und wir lassen uns von Ihnen nicht vorschreiben, was Sie in ein Wort hineingeheimnissen oder hineinreden, das diese Bedeutung nicht hat, Herr Kollege. Dieses Wort hat nicht diese negative Bedeutung, die Sie uns unterstellen wollen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg Godwin Schuster: Er hat gesagt, die Menschen werden von den Roma gezüchtet!) Wissen Sie, wer von Menschenzucht geredet hat? – Das war Ihr Julius Tandler, für den Sie heute noch immer einen Platz haben. Der hat von der Zucht geredet. (Beifall der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Eine weitere Wortmeldung liegt nicht vor. Die Besprechung des Dringlichen Antrages ist somit beendet. Diesen Antrag weise ich zur weiteren Behandlung der Frau amtsführenden Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal zu. Es liegen noch zwei Beschlussanträge vor. Zunächst der Beschlussantrag der FPÖ-Landtagsabgeordneten Mag Johann Gudenus, Mag Wolfgang Jung, Gerhard Haslinger, Dr Helmut Günther, Wolfgang Seidl betreffend Zeitungsbettelverbot. „Der Landtag wolle beschließen: Das zuständige Mitglied der Landesregierung der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal wird aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen zur Unterbindung der als Zeitschriftenverkauf getarnten Bettelei zu setzen.“ In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt. Ich ersuche daher jene Mitglieder des Landtages, die diesem Antrag ihre Unterstützung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Der Antrag wird mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ unterstützt und hat damit keine Mehrheit. Der nächste Antrag ist der Beschlussantrag der FPÖ-Landtagsabgeordneten Mag Johann Gudenus, Mag Wolfgang Jung, Gerhard Haslinger, Wolfgang Seidl, Johann Herzog betreffend sektorales Bettelverbot, eingebracht in der Debatte eben zum heutigen Dringlichen Antrag. Er lautet: „Das zuständige Mitglied der Wiener Landesregierung der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal möge dem Wiener Landtag einen Novellenentwurf zum Landes-Sicherheitsgesetz vorlegen, mit dem ein solches sektorales Bettelverbot in Wien eingeführt wird.“ Ich ersuche ebenfalls jene Mitglieder des Landtages, die diesen Antrag unterstützen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Das wird unterstützt von den freiheitlichen Abgeordneten und hat somit auch keine Mehrheit. Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf schriftlichem Wege bekannt gegeben. Trotz der massiven Hektik der letzten Minuten darf ich noch einen schönen Nachmittag wünschen. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss um 16.05 Uhr) Landtag, 19. WP 27. November 2014 35. Sitzung / 4