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Mitschrift

Nadja Schefzig, Moderatorin und Initiatorin von Charta-Gesprächen: "Eine Kulturveränderung braucht halt Zeit."

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Es gibt offenkundig so einen ganz starken Wunsch nach Freude, nach Spaß, nach Fest."

Gisela Polli, Moderatorin beim Charta-Prozess: "Wir haben alle Bilder im Kopf."

Am 19. März hat das Projekt Wiener Charta gestartet, auf das sich die rot-grüne Stadtregierung in ihrem Regierungsübereinkommen geeinigt hat - mit dem Ziel, das Zusammenleben der Wiener Bevölkerung auf völlig neue Art zu beleben.

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "So ein Prozess wie die Wiener Charta kann nicht etwas sein, was man als Stadt einfach als Kampagne quasi organisiert. Das ist ein Thema das alle angeht - Organisationen, Betriebe, Vereine. Daher braucht man auch eine andere Form des Umgangs mit Zivilgesellschaft."

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Nichts soll vorgegeben sein, außer die Grundlage von Demokratie und Menschenrechten. Alles andere ist eine völlig offene Geschichte, wo die WienerInnen sagen sollen, was sind für sie die Themen, was ist für sie wichtig."

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Es hat manche auch ein bisschen überrascht, zu sagen: was oder worüber?"

Menschen aus Wien kamen zusammen um ihre Bedürfnisse, Wünsche und Anliegen zu formulieren. Drei Themen haben sich daraus ergeben.

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Also ein sehr großes Thema war: Alles was mit Menschen, die anders sind, zusammenhängt.

Gisela Polli, Moderatorin beim Charta-Prozess: "Ein Pensionistenheim hat mir besonders gut gefallen. Es hat nicht nur alte Leute dort gehabt, sondern auch einen Kindergarten drinnen. Und die zwei haben schon sehr gut miteinander kommuniziert und kooperiert. Was ich persönlich für toll finde, weil die Ängste genommen werden. Also Kinder haben ja auch Angst vor den älteren Herrschaften, weil die vielleicht mal mit einem Rollator herumfahren und die nicht wissen, was ist denn das? Oder vielleicht anders riechen, anders aussehen, anders gehen, anders sprechen. Und da sich gegenseitig so eine Art Gemeinschaft gebildet, die toll ist. Es war dann so, dass wir gesagt haben, lassen wir doch mal wirklich die Kinder und die Alten gemeinsam in einem Gespräch auftreten. Es war interessant, weil die Kinder ganz anders natürlich reagieren. Worte wie 'Wertschätzung' sind denen unbekannt. Da muss man ganz anders sprechen. Aber auch da hat es gefruchtet. Die haben dann einfach auf ihre Art und Weise mit den alten Leuten kommuniziert und die Alten waren einfach glücklich."

In der Zeit von 13. April bis 14. Oktober sind insgesamt 651 Charta-Gespräche über die Bühne gegangen. 8.500 Menschen haben über das Zusammenleben in Wien diskutiert. Teilgenommen haben Betriebe, Vereine, Organisationen und Privatpersonen.

Nadja Schefzig, Moderatorin und Initiatorin von Charta-Gesprächen: "Wir haben hier im Büro bei uns - ich glaub - drei Wiener Charta-Gespräche veranstaltet. Am Anfang waren einmal sieben Leute hier, alle aus einem anderen Hintergrund. Eben unser Nachbar, der polnischer Baumeister ist, der dann erzählt hat, er kommt aus einen kleinen polnischen Dorf. Er kam nach Wien, es war riesengroß und irrsinnig laut. Eine Kollegin oder eine Bekannte, die aus Buenos Aires kommt, hat genau dasselbe von Wien umgekehrt erzählt. Sie hat gesagt, sie kam nach Wien, es ist ruhig, es ist sicher, es ist klein, leise und sehr menschlich."

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Ein anderer Themenbereich: eher das 'Miteinander auskommen' im Alltag."

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Wo dann Dinge vorgekommen sind wie: nicht rempeln, beim Ein- und Aussteigen in der U-Bahn oder nicht laut telefonieren in den Öffis oder nicht den Parkplatz wegschnappen bei der Parkplatzsuche."

Gisela Polli, Moderatorin beim Charta-Prozess: "Wir haben alle Bilder im Kopf. Sieht man eine Frau mit Kopftuch, denkt man sie kann kein Deutsch. Das stimmt aber gar nicht immer. Sieht man einen Menschen im Rollstuhl, glaubt man, er ist geistig behindert - das ist auch nicht der Fall. Der hat einfach nur körperliche Beschwerden und so weiter. Und diese Bilder im Kopf wegzubekommen, das war eine der Aufgaben während des Charta-Gesprächs. Viele sind einfach im Gespräch drauf gekommen: 'Ach ja, stimmt. Ich habe da über mir im Stock jemanden wohnen, der ist eigentlich auch Ausländer, aber den mag ich' oder 'Mein Gemüsestandler, den kenne ich und da gehe ich so gerne hin'. Es hat eigentlich jeder jemanden gehabt, den er gekannt hat, wo dieses Bild nicht mehr gepasst hat.

12.500 Stunden sind sich Menschen aus Wien gegenüber gesessen und haben miteinander über Wünsche, Sorgen, Bedürfnisse und Ideen diskutiert.

Nadja Schefzig, Moderatorin und Initiatorin von Charta-Gesprächen: "Das waren eigentlich schöne Erfahrungen, wo ich jetzt mal sage: Die Wiener Charta ist ein Projekt, wo es für mich sekundär darum geht, dass hier Ergebnisse rauskommen und Regeln und Normen, sondern das sehr Spannende war für mich der Prozess. Wo Leute einfach an einem Tisch sitzen ohne einen besonderen Zweck und sich einfach einmal kennenlernen."

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Zum Beispiel die Festkultur - es ist unglaublich, in wie vielen Charta-Gesprächen es fast schon stereotyp vorkommt: Wir machen ein Fest. Es gibt offenkundig so einen ganz starken Wunsch nach Freude, nach Spaß, nach Fest. Vielleicht auch etwas Ur-Wienerisches, wie der Wiener Kongress, der tanzt, vor fast schon Jahrhunderten damals so ein Markenzeichen für Wien war, eine Atmosphäre der Lebensfreude, des Feierns."

Von 14. September 1814 bis 9. Juni 1815 wurden beim Wiener Kongress die Grenzen Europas neu festgelegt. Grund dafür war die Niederlage Napoleons. Delegationen fast aller Staaten und Mächte Europas fanden sich in Wien ein und fanden eine Stadt geselliger Ereignisse, Bälle und Vergnügungen vor.

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Wer nützt öffentlichen Raum? Also Hunde frei laufen lassen und Mütter mit Kindern, die sagen: 'Das geht nicht, mein Kind fürchtet sich vor dem Hund oder es ist auch gefährlich.' Viele Dinge, die sich aber alle so in die Richtung bewegt haben, dass eigentlich viele sich ein fast mediterranes Lebensgefühl wünschen. Also öffentlicher Raum nicht nur als Ort, wo ich von der Wohnung ins Büro gehe und wieder zurück, also als Durchgangsort, sondern als Lebensort, als Ort der Begegnung, als Ort des Austausches, als Ort der Kommunikation, als Ort für Spaß und Unterhaltung, Erholungsraum."

Ein Gartenprojekt im 10. Bezirk hat sich dank der Charta-Gespräche sehr positiv entwickelt.

Gisela Polli, Moderatorin beim Charta-Prozess: "Das nennt sich 'Wie duften die Gärten?' und da ist ein kleines Stück Garten abgetrennt gewesen mit allen Kulturen drinnen. Das heißt, alle Kulturen durften etwas pflanzen im Frühling, was dann über den Sommer bis in den Herbst hinein gewachsen ist und geerntet werden durfte. Er hat gesagt, er war ganz alleine mit dieser Idee, alle anderen haben gesagt: 'Wirst sehen, das ist genauso innerhalb eines halben Tages zerstört, weil der Vandalismus einfach zu groß ist.' Er hat es aber durchgesetzt. Dieses Projekt ist bis in den Herbst hinein gelaufen. Die haben geerntet, gemeinsam geerntet - es sind alle Kulturen zusammen gesessen, es war kein Vandalismus zu sehen, sie waren zufrieden, die haben dann sogar Musik dazu gespielt, haben gekocht daneben und ein großes Projekt daraus gemacht. Und er hat gesagt: 'Das werde ich jetzt fortsetzen'."

Über 300 ModeratorInnen aus den unterschiedlichsten Bereichen haben den Wiener Charta Prozess freiwillig und unentgeltlich begleitet.

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Das heißt, die ModeratorInnen waren so bunt in ihrer Herkunft wie die Gesprächsgruppen selbst. Da haben Leute aus der katholischen Erwachsenenbildung in SPÖ-Sektionen moderiert oder Leute aus dem Wirtschaftsbereich, aus Unternehmen in einer Wohnhausanlage."

Nadja Schefzig, Moderatorin und Initiatorin von Charta-Gesprächen: "Man konnte zwei externe Moderatorinnen oder Moderatoren einladen und sich nur um das Umfeld kümmern. Das war schone ein große Erleichterung und war ein wichtiger Beitrag. Insofern ist mein Wunsch, dass das Projekt in dieser Form weitergeht, weil ich das Gefühl habe, dass auch viele in der Stadt noch nicht so verstanden haben, was das bedeutet und sich deshalb nicht so beteiligt haben."

Gisela Polli, Moderatorin beim Charta-Prozess: "Ich persönlich wünsche mir ja, dass die Gespräche vielleicht in einer anderen Form irgendwo wieder eine Zukunft finden und dass sie irgendwo wiederholt werden in ähnlicher Weise."

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "Es gibt einige Partnerorganisationen, die gesagt haben, eine zum Beispiel: 'Wir machen jetzt immer im Sommer so eine Art Sommergespräch, weil das Charta-Gespräch war so toll und wir machen das jetzt immer im August.' "

Nadja Schefzig, Moderatorin und Initiatorin von Charta-Gesprächen: "Es geht ja auch um eine Veränderung in der Stadtkultur, in der Kultur, wie wir miteinander umgehen, wie wir uns auch beteiligen. Und eine Kulturveränderung braucht halt eine Zeit. Von daher, wenn das noch ginge für ein, zwei Jahre, sich Moderatorinnen und Moderatoren einzuladen, das fände ich total schön und würde das wirklich auch immer wieder einmal aufgreifen."

Ursula Struppe, Projektleiterin der Wiener Charta: "In diesem Sinn wird der Charta-Text leben, wo Menschen zu diesen Einsichten gekommen sind oder sie gemeinsam formuliert haben und nicht deswegen, weil jetzt irgendeine Instanz etwas tut."

Wien ist Heimat und Zuhause: für Frauen und Männer, Junge und Alte, hier Geborene und Zugewanderte, für Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen, Lebensformen und Bedürfnissen. Damit wir gut miteinander auskommen, braucht es Respekt. Respekt heißt, andere Menschen zu akzeptieren, wie sie sind - so wie man selbst auch akzeptiert und respektiert werden will. Unsere gemeinsame Grundlage sind die Menschenrechte.

Archiv-Video vom 29.11.2012:
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wien.at-TV - Reportage vom 30. November 2012 - Ergebnisse der Wiener Charta

Am 19. März hat das Projekt Wiener Charta begonnen, mit dem Ziel das Zusammenleben der Wiener Bevölkerung auf völlig neue Art zu beleben. Menschen aus Wien kamen zusammen, um ihre Bedürfnisse, Wünsche und Anliegen zu formulieren - die Ergebnisse wurden nun präsentiert.

Länge: 11 Min. 30 Sek.
Produktionsdatum: 2012
Erstausstrahlung: 30.11.2012
Copyright: Stadt Wien

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