ARCHIVBESTAND

Die aktuell geltende Fassung dieser Wiener Rechtsvorschrift, die im Landesgesetzblatt für Wien kundgemacht wurde, kann im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) nachgelesen werden.

Diese Fassung berücksichtigt nur Änderungen bis zum Stichtag 31. Dezember 2013.

PDF-Version
Verordnung der Wiener Landesregierung über die Errichtung und die Geschäftsordnung der Einigungskommission und der Obereinigungskommission (Vierte Durchführungsverordnung zur Wiener Landarbeitsordnung)


Fundstellen der Rechtsvorschrift
Datum
Publ.Blatt
Fundstelle
12.07.1949
LGBl
20.10.1949
LGBl
07.11.2013
LGBl


Auf Grund des § 52, Abs. 5, und des § 54, Abs. 5, der Wiener Landarbeitsordnung vom 18. Februar 1949, L.G.Bl. für Wien Nr. 22, wird verordnet:

ARTIKEL I

Standort und Sprengel der Einigungskommission

§ 1.

Am Sitz der Landesregierung wird eine Einigungskommission errichtet; ihr Sprengel umfaßt das Gebiet der Stadt Wien.

ARTIKEL II

Geschäftsordnung der Einigungskommission

Abschnitt 1

Wirkungskreis der Einigungskommission

§ 2.

(1) Die Einigungskommission hat einen Ausgleich anzubahnen und, wenn erforderlich, eine Entscheidung zu fällen:
a) wenn sich zwischen dem Betriebsinhaber und der gesetzlichen Betriebsvertretung Streitigkeiten über die Erlassung oder Abänderung der Arbeitsordnung ergeben;
b) über Streitigkeiten aus der Bestellung und der Geschäftsführung der Organe der Betriebsvertretung sowie über das Erlöschen ihres Amtes;
c) wenn über die Festsetzung des dem einzelnen Dienstnehmer oder für die einzelne Arbeit gebührenden Akkord- oder Gedinglohnes, der kollektiv nicht vereinbart werden kann, eine Einigung nicht zustande kommt;
d) wenn zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat ein Streit über die Versetzung von Dienstnehmern entsteht;
e) über Streitigkeiten aus der Einhebung oder Verwendung der Betriebsratsumlage.
(2) Der Einigungskommission obliegt ferner die Beschlußfassung über die beantragte Kündigung (Entlassung) von Betriebsratsmitgliedern beziehungsweise Vertrauensmännern (§§ 125, 126, Abs. 3, der Wiener Landarbeitsordnung).
(3) Die Einigungskommission entscheidet endgültig in den Fällen der Anfechtung der Gültigkeit einer Betriebsratswahl gemäß § 118, Abs. 13, der Wiener Landarbeitsordnung, L.G.Bl. für Wien Nr. 22.
(4) Die Einigungskommission bestimmt, wo ein Kollektivvertrag nicht besteht,
a) die Einteilung der täglichen Arbeitszeit (§ 58, Abs. 3, der Wiener Landarbeitsordnung),
b) im Streitfalle Art und Umfang der üblichen Früh- und Abendarbeiten (§ 59, Abs. 3, der Wiener Landarbeitsordnung).

Zusammensetzung der Einigungskommission

§ 3.

(1) Die Einigungskommission besteht aus einem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und vier Mitgliedern und ebenso vielen Ersatzmännern. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter werden von der Landesregierung aus dem Stande der rechtskundigen Beamten des Wiener Magistrates bestellt. Die Mitglieder, und zwar je zwei Vertreter der land- und forstwirtschaftlichen Dienstgeber und Dienstnehmer werden über Vorschlag ihrer gesetzlichen Interessenvertretungen oder, mangels einer solchen, der zuständigen Berufsvereinigung von der Landesregierung berufen. In gleicher Weise wird für jedes Mitglied ein Ersatzmitglied bestellt. Wird das Vorschlagsrecht binnen zwei Monaten nach Aufforderung nicht ausgeübt, entscheidet die Landesregierung selbständig.
(2) Die Mitglieder (Ersatzmänner) müssen österreichische Bundesbürger sein, das 24. Lebensjahr vollendet haben und die Voraussetzungen für das Wahlrecht in die gesetzgebenden Körperschaften erfüllen.
(3) Die Mitglieder (Ersatzmänner) werden für eine Amtsdauer von drei Jahren berufen. Sie haben vor Antritt ihres Amtes dem Vorsitzenden durch Handschlag gewissenhafte und unparteiliche Ausübung des Amtes zu geloben. Das Amt von Mitgliedern (Ersatzmännern), die innerhalb der allgemeinen dreijährigen Amtsdauer bestellt werden, endet mit deren Ablauf. Die infolge des Ablaufes der Amtsdauer ausscheidenden Mitglieder (Ersatzmänner) haben ihr Amt bis zur Wiederbesetzung auszuüben. Wiederbestellung ist zulässig.

Befangenheit von Mitgliedern

§ 4.

Der Vorsitzende der Einigungskommission und die Mitglieder (Ersatzmänner) haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten, wenn Gründe der im § 7 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes angeführten Art vorliegen.

Abschnitt 2

Verfahren

§ 5.

(1) Die Kommission wird vom Vorsitzenden einberufen. Die Mitglieder sind zum Erscheinen zu laden. Zur Verhandlung und Entscheidung ist die Anwesenheit des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters und wenigstens je eines Mitgliedes (Ersatzmannes) aus der Gruppe der Dienstgeber und aus der Gruppe der Dienstnehmer erforderlich.
(2) Sind die Mitglieder (Ersatzmänner) einer Gruppe in der Überzahl, so entscheidet, sofern hierüber eine Einigung nicht erzielt wird, das Los, wer sich zur Herstellung der Gleichzahl als überzähliges Mitglied der Abstimmung zu enthalten hat. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der vom Vorsitzenden und den stimmberechtigten Mitgliedern abgegebenen Stimmen gefaßt; der Vorsitzende gibt seine Stimme als letzter ab.

§ 6.

(1) Das Verfahren vor der Einigungskommission ist auf Antrag einer Partei einzuleiten; der Antrag ist schriftlich einzubringen oder mündlich zu Protokoll zu geben.
(2) Alle Amtshandlungen der Einigungskommission sind spätestens binnen zwei Wochen einzuleiten.
(3) Die Einberufung der Mitglieder der Einigungskommission hat spätestens acht Tage vor der Sitzung mittels eingeschriebenen Briefes zu erfolgen. Ist der Einberufene an der Teilnahme verhindert, hat er die Ladung an seinen Ersatzmann sofort weiterzuleiten.

§ 7.

(1) Alle bei der Einigungskommission anfallenden Geschäftsstücke sind in Register einzutragen, und zwar
a) Geschäftsfälle, die sich aus der vermittelnden und aus der rechtsprechenden Tätigkeit ergeben, in ein Register nach Muster I;
b) alle anderen Geschäftsstücke, wie Anzeigen über die erfolgte Wahl eines Betriebsrates usw. in ein Sammelregister.
(2) Zu jedem Register ist ein Namensverzeichnis zu führen.

§ 8.

(1) In den Fällen des § 2, Abs. 1, (vermittelnde oder rechtsprechende Tätigkeit) ist die Verhandlung binnen zwei Wochen anzuberaumen.
(2) Wird die Verhandlung vertagt, so ist den Parteien der Tag der neuen Verhandlung sofort mündlich bekanntzugeben. Über eine Vertagung der Verhandlung entscheidet der Vorsitzende.

§ 9.

(1) Die Verhandlungen finden öffentlich statt.
(2) Der Vorsitzende bestellt, wenn dies ihm zweckmäßig erscheint, einen Berichterstatter, der nach Eröffnung der Verhandlung den Sachverhalt vorzutragen hat. Der Vorsitzende kann der Verhandlung einen Schriftführer beiziehen.
(3) Der Vorsitzende hat zunächst zwischen den Streitparteien zu vermitteln und auf eine gütliche Austragung des Streites durch Abschluß eines Vergleiches hinzuwirken. Ausfertigungen eines Vergleiches sind den Parteien auf ihr Verlangen auf ihre Kosten zuzustellen. Der Abschluß eines Vergleiches ist im Register vorzumerken.
(4) Der Sachverhalt ist, soweit als möglich, im Zuge der Verhandlung zu erheben. Erforderlichenfalls kann der Vorsitzende mit der Erhebung des Sachverhaltes an Ort und Stelle ein oder mehrere Mitglieder vor oder nach der Verhandlung beauftragen. Der Vorsitzende kann sich auch der Mitwirkung der Behörden und der Träger der Sozialversicherung bedienen. Die gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstgeber und der Dienstnehmer sind, sofern ihre Einvernahme als Partei im Verfahren nicht pflichtgemäß zu erfolgen hat, auf Verlangen zu hören.
(5) Ist die Vernehmung von Parteien oder Zeugen außerhalb des Sitzes der Einigungskommission oder ihre eidliche Vernehmung erforderlich oder wird die Aussage vor der Einigungskommission verweigert, so kann das Gericht um Rechtshilfe ersucht werden.
(6) Die Entscheidungen sind schriftlich zu erlassen.

§ 10.

Die Entscheidungen (Vergleiche) der Einigungskommission im rechtsprechenden Verfahren sind Exekutionstitel im Sinne des § 1, Exekutionsordnung. Auf Verlangen der Parteien hat die Einigungskommission die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit auf der Ausfertigung der Entscheidung zu bestätigen.

ARTIKEL III

Standort der Obereinigungskommission

§ 11.

Bei dem Amte der Landesregierung wird eine Obereinigungskommission errichtet.

Geschäftsordnung der Obereinigungskommission

Abschnitt 1

Wirkungskreis der Obereinigungskommission

§ 12.

(1) Der Obereinigungskommission obliegt:
a) bei Verhandlungen über den Abschluß oder die Abänderung von Kollektivverträgen mitzuwirken, wenn ein Antrag dieser Art von einer der beteiligten Vertragsparteien oder von einer Behörde gestellt wird;
b) bei Gesamtstreitigkeiten über den Abschluß, die Abänderung oder über die Auslegung eines Kollektivvertrages auf Antrag einer der am Streite beteiligten Parteien oder einer Behörde Einigungsverhandlungen einzuleiten und einen Ausgleich anzubahnen;
c) die Registrierung und Kundmachung der hinterlegten Kollektivverträge sowie deren Verlängerungen und Abänderungen;
d) die Registrierung und Kundmachung des Erlöschens von Kollektivverträgen;
e) die Beschlußfassung auf Festsetzung, Abänderung oder Aufhebung von Satzungen sowie die Registrierung und Kundmachung solcher Beschlüsse;
f) die Zu- und Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit (§ 41, Abs. 2 und 3, der Wiener Landarbeitsordnung);
g) die Abgabe eines Gutachtens über die Auslegung eines Kollektivvertrages auf Ersuchen eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde;
h) die Anlage und Führung je eines Katasters der hinterlegten Kollektivverträge und der von ihr beschlossenen Satzungen;
i) die Aufsicht über die Einigungskommission und die Überwachung ihrer Geschäftsführung.
(2) Die Bestimmungen in Kollektivverträgen über die Festsetzung von Löhnen und Lohnzulagen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung der Obereinigungskommission; diese Bestimmung tritt in dem Zeitpunkt außer Kraft, in dem der lohnrechtliche Teil in Kollektivverträgen der übrigen Privatwirtschaft einer Genehmigung durch die Zentrallohnkommission nicht mehr bedarf.

Zusammensetzung der Obereinigungskommission

§ 13.

(1) Die Obereinigungskommission besteht aus dem Vorsitzenden und nach Bedarf aus einem oder mehreren Stellvertretern und aus acht Mitgliedern, und zwar je vier Vertretern der land- und forstwirtschaftlichen Dienstgeber und Dienstnehmer und ebenso vielen Ersatzmännern. Der Vorsitzende und seine Stellvertreter werden von der Landesregierung aus dem Stande der rechtskundigen Beamten des Amtes der Landesregierung bestellt. Für die Bestellung und die Befangenheit der Mitglieder (Ersatzmänner) gelten die Bestimmungen der §§ 3 und 4 sinngemäß.
(2) Die Mitglieder der Obereinigungskommission sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisung gebunden.

Abschnitt 2

Verfahren

§ 14.

(1) Die Obereinigungskommission wird vom Vorsitzenden einberufen. Die Mitglieder sind zum Erscheinen zu laden. Zur Verhandlung und Entscheidung ist die Anwesenheit des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters und wenigstens je zweier Mitglieder (Ersatzmänner) aus der Gruppe der Dienstgeber und aus der Gruppe der Dienstnehmer erforderlich.
(2) Sind die Mitglieder (Ersatzmänner) einer Gruppe in der Überzahl, so entscheidet, sofern hierüber eine Einigung nicht erzielt wird, das Los, wer sich zur Herstellung der Gleichzahl als überzähliges Mitglied der Abstimmung zu enthalten hat. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der vom Vorsitzenden und den stimmberechtigten Mitgliedern abgegebenen Stimmen gefaßt; der Vorsitzende gibt seine Stimme als letzter ab.

§ 15.

(1) Die Obereinigungskommission wird auf Antrag einer Partei, auf Ersuchen eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde oder von Amts wegen tätig.
(2) Bei Anträgen auf Mitwirkung bei Verhandlungen über den Abschluß oder die Abänderung von Kollektivverträgen ist das Verfahren auch einzuleiten, wenn von einer Behörde ein solcher Antrag gestellt wird.
(3) Die Verhandlung über Festsetzung, Abänderung oder Aufhebung einer Satzung ist einzuleiten, wenn es von einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft beantragt wird.
(4) Die Verhandlungen finden öffentlich statt.

§ 16.

Die bei der Obereinigungskommission zu stellenden Anträge sind schriftlich einzubringen und an die Obereinigungskommission beim Amte der Wiener Landesregierung zu richten.

§ 17.

(1) Die bei der Obereinigungskommission anfallenden Geschäftsfälle sind in ein allgemeines Einreichungsprotokoll einzutragen.
(2) Neben dem allgemeinen Einreichungsprotokoll ist über
a) die Zuerkennung und Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gemäß § 41, Abs. 2, der Wiener Landarbeitsordnung ein Register nach Muster II;
b) die gemäß § 45, Abs. 1, der Wiener Landarbeitsordnung hinterlegten Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen sowie die gemäß § 55, Abs. 2, zustande gekommenen schriftlichen Vereinbarungen und Schiedssprüche ein Register nach Muster III;
c) die gemäß § 50, Abs. 1, der Wiener Landarbeitsordnung erlassenen Satzungen, sobald sie Rechtskraft erlangt haben, ein Register nach Muster IV zu führen.
(3) Im Bedarfsfalle kann der Vorsitzende der Obereinigungskommission die Führung weiterer Register anordnen.
(4) Zu den Registern ist ein Namensverzeichnis zu führen.

Befugnisse des Vorsitzenden

§ 18.

(1) Die Leitung und Einteilung der Geschäfte der Obereinigungskommission steht dem Vorsitzenden zu. Er beruft die Mitglieder zu den Sitzungen ein und führt den Vorsitz bei den Verhandlungen, soweit er nicht einen Stellvertreter mit dem Vorsitz betraut.
(2) Dem Vorsitzenden obliegt die Besorgung der laufenden Geschäfte der Obereinigungskommission.
(3) Der Vorsitzende prüft die eingelangten Geschäftsstücke und hat die zur Vorbereitung der Beschlußfassung nötigen Anordnungen zu treffen und die hiezu erforderlichen Erhebungen anzuordnen.
(4) Der Vorsitzende ist befugt, zu den Beratungen auch Vertreter der an dem Beratungsgegenstand beteiligten Abteilungen der Landesregierung mit beratender Stimme heranzuziehen.
(5) Die Befugnisse des Vorsitzenden stehen im Falle der Verhinderung seinen Stellvertretern zu. Der Vorsitzende ist berechtigt, von vornherein oder von Fall zu Fall einen seiner Stellvertreter einen Teil seiner Befugnisse zu übertragen.

ARTIKEL IV

Gemeinsame Bestimmungen

§ 19.

Auf das Verfahren vor der Einigungskommission und der Obereinigungskommission finden, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt wird, die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, B.G.Bl. Nr. 274/1925 Anwendung.

Enthebung von Mitgliedern

§ 20.

(1) Die Landesregierung hat ein Mitglied (Ersatzmann) der Einigungskommission und der Obereinigungskommission seines Amtes zu entheben, wenn ein gesetzliches Hindernis bekannt wird oder wenn es sich einer groben Verletzung oder dauernden Vernachlässigung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat. Es ist auch dann zu entheben, wenn in seiner Berufstätigkeit eine solche Änderung eintritt, daß es nicht mehr geeignet erscheint, die Interessen jener Berufsgruppe wahrzunehmen, zu deren Vertretung es bestellt wurde.
(2) Wenn dem Vorsitzenden der Einigungskommission oder der Obereinigungskommission Umstände bekannt werden, welche die Enthebung eines Mitgliedes (Ersatzmannes) rechtfertigen oder erforderlich machen, hat er dies der Landesregierung zur weiteren Veranlassung unverzüglich bekanntzugeben.

Führung der Kanzleigeschäfte

§ 21.

(1) Die Kanzleigeschäfte der Einigungskommission und der Obereinigungskommission werden vom Magistrate geführt.
(2) Die von den Parteien zu tragenden Kosten werden nach den Vorschriften eingehoben, die für die Einhebung von Verwaltungsgebühren und Kosten gelten.
(3) Die aus der Führung der Kanzleigeschäfte der Einigungskommission und der Obereinigungskommission entstehenden Kosten trägt das Land.

Entschädigung der Mitglieder (Ersatzmänner)

§ 22.

(1) Die Mitglieder (Ersatzmänner) der Einigungskommission und der Obereinigungskommission üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; sie haben jedoch Anspruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten sowie auf Entschädigung für Zeitversäumnis nach den Bestimmungen und Tarifen, die für Schöffen nach dem Gebührenanspruchsgesetz, B.G.Bl. Nr. 136/1946 in der jeweiligen Fassung gelten.
(2) Der Anspruch auf Ersatz der Barauslagen und des Verdienstentganges ist von den Mitgliedern der Einigungskommission und von den Mitgliedern der Obereinigungskommission beim Amte der Landesregierung binnen 14 Tagen nach Eintritt des Anspruches schriftlich geltend zu machen.

Stempel- und Gebührenfreiheit

§ 23.

Die bei der Einigungskommission und bei der Obereinigungskommission überreichten Eingaben und deren Beilagen, Ausfertigungen, Protokolle, Entscheidungen und Vergleiche sind von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit (Artikel III des Landarbeitsgesetzes, B.G.Bl. Nr. 140/1948)

ARTIKEL V

Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit

§ 24.

(1) Das Verfahren auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ist auf Antrag der die Kollektivvertragsfähigkeit anstrebenden Berufsvereinigung einzuleiten. Dem Antrag sind eine beglaubigte Abschrift der Satzungen der betreffenden Berufsvereinigung sowie die zur Beurteilung der im § 41, Abs. 1, der Wiener Landarbeitsordnung vorgesehenen Voraussetzungen sonst erforderlichen Unterlagen anzuschließen.
(2) Der Vorsitzende hat zunächst zu prüfen, ob der Antrag mit den nach Abs. 1 erforderlichen Belegen versehen ist; nötigenfalls sind die erforderlichen Ergänzungen durch die antragstellende Partei zu veranlassen.
(3) Der Antrag ist den in Betracht kommenden gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstgeber und der Dienstnehmer unter Anberaumung einer mindestens dreiwöchigen Frist mit dem Bemerken zur Stellungnahme zuzuleiten, daß, falls innerhalb der gestellten Frist keine Stellungnahme erfolgt, angenommen wird, daß keine Einwendungen erhoben werden.
(4) Nach Ablauf der zur Stellungnahme festgesetzten Frist ist die Verhandlung der Obereinigungskommission über den Antrag anzuberaumen.
(5) Die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ist von der Obereinigungskommission im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen und dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft und der Einigungskommission zur Kenntnis zu bringen. Die Kosten der Verlautbarung hat die Berufsvereinigung, der die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt wurde, zu tragen und im voraus zu erlegen.
(6) Das Verfahren auf Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ist einzuleiten, wenn es von einer kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigung beantragt wird; es ist von Amts wegen einzuleiten, wenn der Obereinigungskommission bekannt wird, daß die Voraussetzungen gemäß § 41, Abs. 1, der Wiener Landarbeitsordnung nicht mehr gegeben sind. Die Bestimmungen der Abs. 2 bis 5 gelten sinngemäß.

ARTIKEL VI

Kollektivverträge

§ 25.

(1) Jeder Kollektivvertrag ist binnen zwei Wochen nach seinem Abschluß von den beteiligten Vertragsparteien der Dienstnehmer, im Falle des § 40, Abs. 2, der Wiener Landarbeitsordnung durch die gesetzliche Betriebsvertretung in drei gleichlautenden Ausfertigungen, die von den vertragschließenden Parteien ordnungsmäßig gefertigt sein müssen, der Obereinigungskommission vorzulegen.
(2) Die Obereinigungskommission hat den Kollektivvertrag in das Register nach Muster III einzutragen und jede Ausfertigung mit der fortlaufenden Zahl, unter der der Vertrag in das Register eingetragen wurde, zu versehen. Eine Ausfertigung ist mit der Bestätigung der durchgeführten Hinterlegung dem Hinterleger zurückzustellen. Hiebei hat die Obereinigungskommission den Hinterleger auf die im § 45, Abs. 5, der Wiener Landarbeitsordnung vorgesehene Verpflichtung zur Übermittlung je einer Ausfertigung des Kollektivvertrages an die dort genannten Behörden und gesetzlichen Interessenvertretungen der land- und forstwirtschaftlichen Dienstgeber und Dienstnehmer, sofern diese nicht selbst Kollektivvertragsparteien sind, hinzuweisen.
(3) Die zweite Ausfertigung des Kollektivvertrages ist dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft unter Bekanntgabe der Kundmachung vorzulegen; die dritte Ausfertigung ist dem Kataster der Kollektivverträge einzuverleiben, der sicher zu verwahren ist. Hinterlegte Betriebsvereinbarungen im Sinne des § 40, Abs. 2, der Wiener Landarbeitsordnung sind im Kataster bei den Kollektivverträgen abzulegen, als deren Teile sie gelten.
(4) Hat der Vorsitzende der Obereinigungskommission Bedenken gegen den Bestand eines zur Hinterlegung eingereichten Kollektivvertrages oder gegen die Legitimation der am Abschluß beteiligten Vertragsparteien, so kann er vor der Hinterlegung die zur Klarstellung erforderlichen Erhebungen einleiten.

§ 26.

(1) Die Obereinigungskommission hat den Abschluß des Kollektivvertrages binnen zwei Wochen nach der Hinterlegung durch Einschaltung in das Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen. Die Kundmachung hat die Bezeichnung der Vertragsparteien und des Vertragsgegenstandes sowie den Tag des Abschlusses des Kollektivvertrages und den Tag seines Wirksamkeitsbeginnes zu enthalten.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten sinngemäß für die Kundmachung von Verlängerungen und Abänderungen von Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen.

§ 27.

(1) Die Abänderung und Verlängerung sowie das Erlöschen eines Kollektivvertrages ist von der Obereinigungskommission im Register nach Muster III anzumerken und auf der im Kataster für Kollektivverträge hinterlegten Ausfertigung des Kollektivvertrages zu vermerken. Erlischt ein Kollektivvertrag durch Kündigung, so hat sich die Obereinigungskommission auf geeignete Weise Gewißheit über die Rechtswirksamkeit der Kündigung zu verschaffen.
(2) Die Obereinigungskommission hat im übrigen im Sinne des § 49, Abs. 4, der Wiener Landarbeitsordnung zu verfahren und insbesondere den Hinterleger auf die im § 45, Abs. 5, der Wiener Landarbeitsordnung vorgesehene Verpflichtung aufmerksam zu machen.
(3) Die Kosten der Kundmachung sind von den Kollektivvertragsparteien zu gleichen Teilen zu tragen und im vorhinein zu erlegen.

ARTIKEL VII

Satzungen

§ 28.

Das Verfahren über die Festsetzung, Abänderung oder Aufhebung einer Satzung ist einzuleiten, wenn ein Antrag von einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft (§ 41 und § 43 der Wiener Landarbeitsordnung) gestellt wird.

§ 29.

(1) Der Beschluß der Obereinigungskommission auf Festsetzung einer Satzung hat den Inhalt, den Geltungsumfang, den Beginn der Wirksamkeit und die Geltungsdauer der Satzung festzusetzen.
(2) Der Beschluß der Obereinigungskommission ist endgültig.
(3) Der Beschluß ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen.

§ 30.

(1) Jede von der Obereinigungskommission beschlossene und rechtswirksam gewordene Satzung ist in das Register nach Muster IV einzutragen.
(2) Die Satzung ist einem Kataster der Satzungen einzuverleiben, der sicher zu verwahren ist.
(3) Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 finden auch auf das Verfahren wegen Änderung und Aufhebung einer Satzung Anwendung.

ARTIKEL VIII

Einsichtnahme in die Kollektivverträge und in die Satzungen

§ 31.

(1) Die bei der Obereinigungskommission hinterlegten und der Einigungskommission übermittelten Kollektivverträge sowie die von der Obereinigungskommission beschlossenen Satzungen können von jedermann eingesehen werden.
(2) Die Amtsstunden für die Einsichtnahme werden durch Anschlag an der Amtstafel der Einigungskommission und der Obereinigungskommission verlautbart. Die Einsichtnahme ist nur unter Aufsicht eines Beamten der Einigungskommission, beziehungsweise der Obereinigungskommission zulässig. Es steht den Parteien frei, sich auf ihre Kosten Abschriften oder Auszüge der Kollektivverträge und der Satzungen anzufertigen.

ARTIKEL IX

Einigungsverhandlung bei Gesamtstreitigkeiten

§ 32.

(1) Wenn bei Streitigkeiten über den Abschluß, die Abänderung oder die Auslegung eines Kollektivvertrages eine am Streit beteiligte Partei oder eine Behörde bei der Obereinigungskommission einen Antrag auf Schlichtung des Streitfalles stellt, hat die Obereinigungskommission unverzüglich die Einigungsverhandlung anzuberaumen.
(2) Die Obereinigungskommission hat zwischen den Streitparteien zu vermitteln und auf eine Vereinbarung zwecks Beilegung des Streitfalles hinzuwirken. Das Verfahren ist einzustellen, wenn der Antrag zurückgezogen wird oder wenn ein Vergleich der Streitparteien über den Streitfall nicht zustande kommt oder wenn eine der Streitparteien trotz zweimaliger ausgewiesener Ladung der Verhandlung fernbleibt, ohne einen bevollmächtigten Vertreter zu entsenden.
(3) Ein Schiedsspruch zur Beilegung einer Gesamtstreitigkeit kann nur gefällt werden, wenn beide Streitparteien vorher die schriftliche Erklärung (§ 55, Abs. 2, der Wiener Landarbeitsordnung) abgeben, daß sie sich dem Schiedsspruch unterwerfen. Der Schiedsspruch ist schriftlich auszufertigen und den Parteien zuzustellen.
(4) Die Einstellung des Verfahrens nach Abs. 2, das Zustandekommen einer Vereinbarung zwischen den Streitparteien sowie die Fällung eines Schiedsspruches ist in einem Register nach Muster I zu vermerken. Zustande gekommene schriftliche Vereinbarungen und gefällte Schiedssprüche sind überdies in das Register nach Muster III einzutragen.
(5) Ausfertigungen einer vor der Obereinigungskommission zustande gekommenen schriftlichen Vereinbarung sind den Streitparteien auf Verlangen auf ihre Kosten zuzustellen.

§ 33.

Vor der Obereinigungskommission zustande gekommene schriftliche Vereinbarungen sowie von ihr gefällte Schiedssprüche gelten als Kollektivverträge im Sinne des § 40 der Wiener Landarbeitsordnung; für ihre Registrierung und Kundmachung gelten sinngemäß die Bestimmungen der §§ 25 bis 27.

ARTIKEL X

Aufsicht über die Einigungskommission

§ 34.

(1) Die Aufsicht über die Einigungskommission obliegt der Obereinigungskommission.
(2) Das Recht der Aufsicht umfaßt die Befugnis, die ordnungsmäßige Ausführung der Geschäfte der Einigungskommission zu überwachen, sie zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten und wahrgenommene Mängel, Verzögerungen und Unrichtigkeiten in der Geschäftsführung abzustellen oder die zur Herstellung einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung erforderlichen Vorkehrungen zu veranlassen.
(3) In Ausübung des Aufsichtsrechtes ist die Obereinigungskommission insbesondere befugt, die Einigungskommission zur Vorlage periodischer Ausweise über den Gang der Geschäfte oder zur fallweisen Berichterstattung über einzelne Angelegenheiten zu verhalten und sich durch Einholung von Akten oder in anderer geeigneter Weise in die Geschäftsführung der Einigungskommission Einblick zu verschaffen.
(4) Zur Herbeiführung und Erhaltung einer gleichartigen Geschäftsführung der Einigungskommission oder, wenn es ihr sonst erforderlich erscheint, kann die Obereinigungskommission an die Einigungskommission allgemeine Weisungen über die Art der Geschäftsführung erlassen und sie von ihrer Auffassung über bestimmte Rechtsfragen in Kenntnis setzen.

§ 35.

Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Kundmachung in Kraft.



l720020000.jpg
l720020001.jpg
l720020002.jpg
l720020003.jpg
Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Kommunikation und Medien
Kontaktformular