Wiener Landtag 21. Wahlperiode 23. Sitzung vom 21. Juni 2023 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. Mitteilung von Präsident Ernst Woller betreffend den Echtbetrieb des elektronischen Schriftverkehrs im Wiener Landtag ab 1. September 2023 S. 3 3. Fragestunde (FSP-748068-2023-KSP/LM) 1. Anfrage S. 3 (FSP-740666-2023-KFP/LM) 2. Anfrage S. 6 (FSP-747605-2023-KGR/LM) 3. Anfrage S. 10 (FSP-748251-2023-KVP/LM) 4. Anfrage S. 11 (FSP-515779-2023-KSP/LM) 5. Anfrage S. 13 4. AST-755456-2023-KVP/AL; ASTTH- 763653-2023-KVP/ALTH: Aktuelle Stunde zum Thema "Wien braucht eine Transparenzoffensive - umfassende Reform der Untersuchungskommissionen und des Stadtrechnungshofes notwendig!" Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM S. 16 Abg. Maximilian Krauss, MA S. 18 Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc S. 19 Abg. David Ellensohn S. 20 Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher S. 21 Abg. Mag. Dietbert Kowarik S. 22 Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad S. 23 Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies S. 24 Abg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA S. 24 Abg. Mag. Andrea Mautz-Leopold S. 25 5. Mitteilung des Einlaufs S. 26 6. Umstellung der Tagesordnung S. 26 7. Begrüßung des Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltes Dr. Gerhard Jelinek S. 26 8. 687714-2023-GGS; P 6: Bericht der Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft über ihre Tätigkeit im Jahr 2022 Berichterstatter Abg. Kurt Wagner S. 26 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Wolfgang Seidl S. 26 Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara S. 28 Abg. Mag. Barbara Huemer S. 30 Abg. Ingrid Korosec S. 32 Abg. Dr. Claudia Laschan S. 34 Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM S. 37 Wiener Pflege- und PatientInnenanwalt Dr. Gerhard Jelinek S. 37 Berichterstatter Amtsf. StR Peter Hacker S. 40 Abstimmung S. 41 9. LG-669467-2023-LAT; P 5: Wiener Wohnunterstützungen 2023 (Beilage Nr. 10/2023) Berichterstatter Amtsf. StR Peter Hacker S. 41 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Wolfgang Seidl S. 41 Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad S. 42 Abg. Georg Prack, BA S. 42 Abg. Dr. Katarzyna Greco, MIEM S. 44 Abg. Gabriele Mörk S. 44 Abg. David Ellensohn S. 45 Abg. Mag. Josef Taucher (tatsächliche Berichtigung) S. 46 Abstimmung S. 46 10. Begrüßung der Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, MA S. 47 11. 611875-2023-GBI; P 3: Tätigkeitsbericht 2022 der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA S. 47 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Stefan Berger S. 47 Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc S. 49 Abg. Mag. Ursula Berner, MA S. 51 Abg. Sabine Keri S. 53 Abg. Marina Hanke, BA S. 55 Abg. Mag. Dolores Bakos, BA S. 57 Abg. Ömer Öztas S. 58 Abg. Julia Klika, BEd S. 59 Abg. Mag. Marcus Gremel, MBA S. 60 Abg. Felix Stadler, BSc, MA S. 63 Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, MA S. 63 Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA S. 65 Abstimmung S. 65 12. LG-305117-2023; P 2: Änderung des Wiener Schulgesetzes - WrSchG (Beilage Nr. 9/2023) Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA S. 65 Abstimmung S. 65 13. LG-693158-2023-LAT; P 4: Änderung des Wiener Kindergartengesetzes - WKGG und des Wiener Tagesbetreuungsgesetzes - WTBG (Beilage Nr. 12/2023) Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA S. 65 Abstimmung S. 65 14. 379227-2023-GFW; P 1: Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten für die Organe des Landes Wien zum 31. März 2023 Berichterstatter Abg. Mag. Josef Taucher S. 66 Abstimmung S. 66 15. LG-669041-2023-LAT; P 7: Wiener Wohnungsvergabegesetz - WrWVG (Beilage Nr. 11/2023) Berichterstatterin Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS S. 66 Rednerin bzw. Redner: Abg. Viktoria Spielmann, BA S. 66 Abg. Dr. Peter Sittler S. 67 Berichterstatterin Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS S. 68 Abstimmung S. 68 16. LG-741969-2023-LAT; P 9: 2. Dienstrechts-Novelle 2023 (Beilage Nr. 14/2023) Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky S. 68 Abstimmung S. 68 17. 338401-2023; MDR, P 8: Kontrolle der Bezüge öffentlich bediensteter Mitglieder des Landtages; Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an den Wiener Landtag für das Jahr 2023 Berichterstatter Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi S. 68 Abstimmung S. 68 (Beginn um 9.03 Uhr.) Präsident Ernst Woller: Einen schönen guten Morgen! Ich darf Sie herzlich zur heutigen Sitzung des Wiener Landtages begrüßen. Es ist heute die 23. Sitzung. Die Sitzung ist damit eröffnet. Entschuldigt sind heute ganztägig die Abgeordneten Aichinger, Meidlinger, Dr. Ngosso, Novak, Ornig, Otero Garcia, Rychly, Stark, Taborsky, Frau Lhptm-Stv.in Gaál und Frau Amtsf. StRin Kaup-Hasler. Zeitweise entschuldigt sind Frau Abg. Malle ab 14 Uhr, Abg. Pipal-Leixner von 10.30 bis 12 Uhr, Abg. Samel bis 12 Uhr, Abg. Schulz bis 12 Uhr und Abg. Kieslich von 11 bis 12.30 Uhr. Es ist umso schöner, dass Sie alle hier sind. Sehr geehrte Damen und Herren, gemäß § 15 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landestages für Wien gebe ich folgende Mitteilung bekannt: Mit Beschluss des Wiener Landtages vom 27. Juni 2019 wurde in § 6a der Geschäftsordnung des Landtages für Wien die Grundlage für den elektronischen Schriftverkehr im Wiener Landtag geschaffen. Diese Bestimmung findet erst Anwendung, wenn die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für den Echtbetrieb beziehungsweise teilweisen Echtbetrieb vorliegen. Dieser jeweilige Zeitpunkt ist vom Präsidenten des Wiener Landtages durch Mitteilung gemäß § 15 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien bekannt zu geben. Es wurde nunmehr festgestellt, dass die elektronische Dokumentation und Beurkundung der Abstimmungsergebnisse im Wiener Landtag sowie die elektronische Beurkundung und Gegenzeichnung von im Landtag beschlossenen Gesetzen durch den Landeshauptmann und den Landesamtsdirektor technisch und organisatorisch einwandfrei funktionieren. Ich gebe somit bekannt, dass die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für den Echtbetrieb betreffend die elektronische Dokumentation und Beurkundung der Abstimmungsergebnisse im Wiener Landtag sowie die elektronische Beurkundung und Gegenzeichnung von im Landtag beschlossenen Gesetzen durch den Landeshauptmann und den Landesamtsdirektor nunmehr vorliegen. Der Echtbetrieb kommt für die Sitzungen des Wiener Landtages ab dem 1. September 2023 zur Anwendung. Wir kommen nun zur Fragestunde. Die 1. Anfrage (FSP-748068-2023-KSP/LM) wurde von Frau Abg. Weninger gestellt und ist an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Wohnen gestellt. (Sie haben Ende letzten Jahres das fünfte Frauenhaus für Wien eröffnet, dessen Errichtung mit Mitteln des Landes Wien ermöglicht wurde. Können Sie ausführen, welche Maßnahmen damit einhergehend zum noch besseren Schutz der Wienerinnen vor Gewalt getroffen wurden?) Ich sehe, der Amtsf. StR Czernohorszky wird sie vertreten, daher erteile ich dir das Wort. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe die Ehre, heute in Vertretung der Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál hier zu sein, die sich krankheitsbedingt entschuldigen lässt, was sie natürlich auch sehr schade findet, weil gerade das Thema des Schutzes von Frauen vor Gewalt, aber auch das zweite Thema, das sie heute hat und das ich übernehmen darf, nämlich die Unterstützung von Mieterinnen und Mietern beim Wohnen, natürlich Herzensanliegen unserer Frauenstadträtin sind. Gewalt an Frauen ist absolut inakzeptabel, und deshalb sehen wir immer und in allen Bereichen eine große Verantwortung der Stadt, auch dagegen vorzugehen beziehungsweise den größtmöglichen Schutz zu bieten. Wir verfügen in Wien dank hervorragender Einrichtungen über ein sehr engmaschig geknüpftes Gewaltschutznetz, das wir nach und nach weiter ausbauen. Wie ja auch in der Frage angesprochen, konnten wir Ende letzten Jahres das 5. Wiener Frauenhaus eröffnen, seither bietet es 53 zusätzliche Plätze für Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind. In akuten psychischen Krisen helfen dort Sozialarbeiterinnen, Psychologinnen oder Pädagoginnen auch mit Dolmetsch. Wichtig ist, dass sich Frauen dort in einem geschützten Rahmen auch untereinander treffen können. Dafür ist gesorgt. Oft haben sie ja alle sozialen Kontakte verloren. Insgesamt stehen damit 228 Plätze zur Verfügung, 28 davon in einem speziellen Frauenhaus, das sich mit einem breiten Angebot sozialpädagogischer Betreuung den Bedürfnissen von Mädchen und jungen Frauen widmet. Zusätzlich ist es wichtig, den Frauen in Kooperation mit dem AMS Wien dabei zu helfen, die Integration beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu meistern, weil ja das Ziel dabei ist, die Betroffenen so schnell wie möglich mit einem eigenen Einkommen rasch und dauerhaft aus einer Gewaltbeziehung lösen zu können. Mit unserem ganzheitlichen Ansatz geht es aber auch darum, die Männerberatung Wien einzubinden und die Vernetzung zu fördern. So werden zum Beispiel Frauen auch laufend über die Ziele, über die Inhalte, über die Grenzen der Programme, der Trainingsprogramme des jeweiligen Täters informiert. Müssen beispielsweise dringend Angelegenheiten mit dem Partner oder dem Ex-Partner geklärt werden, werden die Frauen von einem Berater der Männerberatung und einer Frauenhausmitarbeiterin begleitet. Zusätzlich zu diesem Angebot - das sind jetzt nur exemplarische Beispiele - möchte die Stadt natürlich laufend auch für Themen, die uns sehr zentral erscheinen und ganz besonders, wenn es um den Schutz von Frauen vor Gewalt geht, aufrütteln, beispielsweise mit Kampagnen wie zu den K.O.-Tropfen. Dabei appellieren wir bewusst auch an die Zivilcourage in unserer Gesellschaft. Ich bin überzeugt davon, dass wir Leid verhindern können, wenn wir alle aufeinander aufpassen. Damit ist schon eine sehr zentrale frauenpolitische Aussage getätigt: Es geht uns alle an. Vor dem Hintergrund möchte ich auch noch die Rettungsankerkampagne gegen Belästigung erwähnen, die ja schon seit vielen Jahren sehr erfolgreich läuft und auch dieses Wochenende am Donauinselfest wieder im Einsatz sein wird. Das letzte Jahr hindurch steht wiederum, so wie jedes Jahr, der 24-Stunden-Frauennotruf jeden Tag 24 Stunden zur Verfügung, unkompliziert und anonym. Dass wir in Wien rasch und unbürokratisch helfen, ist selbstverständlich, weil wir Gewalt gegen Frauen nicht akzeptieren, egal, wo. Ich darf das heute nur in Vertretung machen, möchte aber noch eine persönliche Anmerkung machen, vielleicht gerade, weil ich nicht Frauenstadträtin bin. Gewalt gegen Frauen ist nämlich kein kleines Thema oder ein unwichtiges Thema, es geht um Leben und Tod. Wir leben in einem Land, in dem im letzten Jahr 28 Femizide durchgeführt wurden, das sind Morde an Frauen, weil sie Frauen sind, in einem Land, wo auch heuer schon 12 Femizide begangen worden sind. Das ist eine unglaubliche Tragödie, das muss jede und jeden von uns aufrütteln. Eine von fünf Frauen ist von sexueller oder körperlicher Gewalt betroffen, und wir können uns daher nicht leisten, das Thema nicht jeden Tag - völlig egal, ob jemand von uns ein Mann oder eine Frau ist - auf die Tagesordnung zu bringen. Gewalt an Frauen geht uns also alle an. Gewalt an Frauen hat Gründe wie immer noch viel zu weit verbreitete radikale Besitzansprüche, verquere Männerbilder, Überlegenheitsdenken, Frauenhass, aber Hand aufs Herz: Gewaltschutz ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Aufhören wird das Thema erst, wenn wir es geschafft haben, eine Gesellschaft zu erarbeiten, die keine patriarchale mehr ist, eine Gesellschaft der Gleichen und eine Gesellschaft der Gleichwertigkeit. Das muss unser Selbstverständnis sein. Ich sage das auch deshalb, weil ich heute in der Früh die Zeitung gelesen habe und ein globaler Gender Gap Report erschienen ist, der de facto den Stillstand beim Weg zu dieser Gleichstellung berichtet. Wenn man so weiter tut, wenn die Welt so weiter tut, dann ist die Gleichberechtigung in 131 Jahren erreicht, und leider sind die Daten auch Österreich betreffend keine erfreulichen. Österreich fällt in diesem Bericht von Platz 21 auf Platz 47 ab, das übrigens deshalb, weil die politische Teilhabe von Frauen zurückgegangen ist. Ich erinnere an das große Thema von gestern. Die politische Teilhabe von allen ist eine zentrale Grundlage dafür, dass unsere Gesellschaft überhaupt funktioniert. Deshalb war auch von meiner Seite dieses klare Bekenntnis, ein Bekenntnis, zu dem ich nur alle hier im Haus auch auffordern kann, Frauenpolitik als zentrales Anliegen für uns alle in allen politischen Bereichen zu sehen. Ich bin sehr stolz, in einer Stadt zu leben, die so viel erreicht hat, die so viele politische Erfolge hat. Ich möchte dafür auch ganz speziell der Frauenstadträtin, der Abteilung, allen Beteiligten in NGOs, in den Frauenhäusern großen Dank und großen Respekt aussprechen. Ich bin aber auch stolz, in einer Stadt zu leben, in der nie gesagt wird, alle diese Erfolge sind schon genug. Im Gegenteil: Es muss sehr, sehr viel getan werden. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Bevor ich zur 1. Zusatzfrage komme, möchte ich eine große Gruppe auf unserer Galerie begrüßen, eine Gruppe der MD-Recht. Wir sind sehr froh, dass Sie heute unserer Landtagssitzung beiwohnen. (Allgemeiner Beifall.) Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Nittmann gestellt, die ich damit auch wieder herzlich im Wiener Landtag begrüßen darf. Abg. Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ): Herr Stadtrat, es tut mir sehr leid, dass die Frau Stadträtin nicht hier ist, denn das ist ein Frauenthema und das hätte ich gerne von Frau zu Frau mit ihr besprochen. Ich appelliere aber an Ihre weibliche Seite, und Sie werden mir das dann vielleicht auch beantworten können. Wir beobachten eine Korrelation zwischen dem Anstieg von Femiziden und dem Anstieg der Migration, von Menschen, die aus Kulturkreisen kommen, die wenig Toleranz gegenüber Frauen haben und Frauen oft als Menschen zweiter Klasse sehen. Das führt natürlich zu Gewalt, bis hin zu Femiziden, insbesondere dann, wenn sich diese Frauen aus diesen Kulturkreisen deren festgefügten Rollenbildern nicht fügen wollen. Jetzt ist meine Frage: Abgesehen von der Einrichtung der Frauenhäuser, was eine ganz wichtige Sache ist, und auch von den Vereinen, die subventioniert werden, die mitunter auch diesen Aspekt sehen: Welche konkreten Maßnahmen gedenkt die Regierung oder halt die Frau Stadträtin, die ich leider heute nicht selber fragen kann, zu setzen, die genau auf diesen kulturspezifischen Aspekt abzielen? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Danke für die Frage. Also zuerst bin ich keine Frau, aber Feminist. Ich glaube, ich bin also grundsätzlich qualifiziert, so wie hoffentlich jeder - ich habe das vorhin auszuführen versucht - und jede, weil das Thema alle angeht. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.) Ich bin aber natürlich nicht ganz so qualifiziert, weil ich die Fachzuständigkeit nicht habe, insofern haben Sie sicherlich recht, dass die Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin dazu deutlich mehr berichten könnte. Meines Wissens - und ich glaube, das ist ja generell auch die grundlegende Erkenntnis, wenn es um Gewalt geht - findet ein überwiegender Teil, so gut wie jeder Frauenmord innerhalb einer Beziehung statt, einer ganz offenkundig toxischen Beziehung. Ich glaube, daran kann man schon erkennen, dass es grundlegend unser Anliegen sein muss, dagegen vorzugehen, und zwar in allen Bereichen, dass das Private, wenn es um die Gewalt an Frauen und um Besitzansprüche, die verquer sind, wenn es um Unterdrückung geht, nicht unpolitisch sein darf, sondern politisch ist. Es müssen eben genau diese Paarbeziehungen in einer Gesellschaft beleuchtet werden, die auf ganz vielen Ebenen wegschaut, wenn Ungleichheit herrscht, wenn Frauen unterdrückt werden und wenn es eben auch ungleiche Abhängigkeitsverhältnisse gibt. Das einmal zum Grundsätzlichen. Ich glaube auch, das ist uns allen zumutbar: Wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der es quasi hinter verschlossenen Türen so zugehen kann, dann müssen wir diese Türen und Fenster weit aufreißen. Viele haben sich in den letzten Tagen, Monaten und Jahren verdient gemacht, diese Frauenmorde auch wirklich aufzuarbeiten. Es gibt Bücher dazu, es gibt im Web gut dokumentierte Aufarbeitungen. Wie gesagt, ich bin jetzt kein Experte, aber ich weiß von meiner Lektüre dieser Bücher und dieser Aufarbeitungen im Netz, dass es seit vielen, vielen Monaten und Jahren ein wirklich umfassendes Forderungspaket aller Expertinnen und Experten zu diesem Thema gibt, ein Forderungspaket an den Staat und alle seine Vertreter und Vertreterinnen, weil es sich ganz offensichtlich um Strukturphänomene handelt, wenn sich eine tragische Sache wie diese Frauenmorde so zentral abbildet und so häuft. Und wenn etwas strukturell ist, dann muss man dagegen politisch vorgehen. Es ist eine Auseinandersetzung, die viele Frauenpolitikerinnen und Frauenpolitiker, Feministinnen und Feministen seit vielen Jahren auch mit der Frauenministerin führen. Mangels Detailkenntnisse kann ich nur sagen, ich weiß, dass diese Auseinandersetzung nicht besonders erfolgreich ist und dass noch wirklich viel zu tun ist. Ich glaube, damit können wir es für heute auch belassen. Ich bin überzeugt davon, dass die ExpertInnen bei uns im Haus Sie darüber ganz gut informieren können, was getan werden sollte. Es gibt ja auch Anträge von dieser Seite und Aufforderungen von dieser Seite. Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, diese auch ernst zu nehmen. Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Bakos gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS): Guten Morgen, Herr Landesrat! Danke für ihre bisherigen Beantwortungen und auch explizit für ihr Bekenntnis, dass uns das Thema Gewalt gegen Frauen und der Schutz von Frauen alle etwas angeht, ganz gleich, welches Geschlecht wir haben. Sie haben es schon angedeutet, Gewalt gegen Frauen ist leider im Steigen. Insbesondere nimmt Gewalt gegen Frauen immer mehr unterschiedliche Formen an, zum Beispiel in Form von Cybergewalt, vor allen Dingen auch in Partnerschaften. Können Sie uns sagen, was die Stadt Wien, auch was dieses Problem betrifft, explizit macht? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich bin vom großartigen Team der Landeshauptmann-Stellvertreterin natürlich vorbereitet worden und habe ein paar Informationen mitgebracht, ganz besonders auch was das Thema Opferschutz im Zusammenhang mit Cybergewalt betrifft. Wir alle verbringen ja immer mehr Zeit an digitalen Geräten und online. Das bringt Vorteile, aber natürlich auch Schattenseiten, nämlich genau dieselben, die es auch offline gibt. Insofern ist es zwar dramatisch, aber nicht wirklich überraschend, dass laut einer österreichischen Studie aus 2018 ein Drittel aller Frauen und Mädchen innerhalb eines Jahres mindestens ein Mal Gewalt im Netz erfahren hat. Dieses große Thema Gewalt gibt es also auch im Netz, bei den 15- bis 18-Jährigen ist es sogar deutlich mehr. Deshalb hat der Verein Wiener Frauenhäuser 2020 eine Pionierstudie zu Cybergewalt in Paarbeziehungen durchgeführt. Oft ist Cybergewalt eine Fortsetzung von Beziehungsgewalt. Es geht dabei um Macht, um Kontrolle, um soziale Isolation und Behinderung im Alltag. Einige Beispiele: die Kontrolle über Passwörter oder Bankkonten, die Überwachung von Handy- oder Online-Kommunikation, öffentliche Beleidigungen, Abwertungen auf Social Media, und so weiter. Deswegen hat die Stadt 2020 ein Österreich-weit einzigartiges Projekt gestartet, die Kompetenzstelle Cybergewalt. Diese bündelt hochspezialisiertes Wissen, hochspezialisiertes technisches Know-how auf der einen Seite und die Expertise im Bereich des Opferschutzes auf der anderen Seite. Da können sich betroffene Mädchen und Frauen an die bereits bewährten und bekannten Stellen wenden, also beispielsweise den 24-Stunden- Frauennotruf oder auch die Beratungsstelle der Wiener Frauenhäuser, und erhalten dort psychologische, sozialarbeiterische, juristische Unterstützung, aber eben auch, wenn es sich zum Beispiel um komplexe Fragestellungen im Bereich der IT handelt, von Technikexpertinnen und -experten, die von Wien Digital beigezogen werden. Die bisherige Bilanz zeigt, dass dieses spezielle Angebot für betroffene Frauen enorm wichtig ist. Bisher wurden mehr als 30 Klientinnen mit mehr als 300 IT-Stunden unterstützt. Die IT-Sicherheitsspezialistinnen und -spezialisten der Stadt arbeiten eben, wie gesagt, eng mit dem 24-Stunden-Frauennotruf von den Wiener Frauenhäusern zusammen. Das ist deshalb wichtig, weil es ja darum geht, mit den bestehenden, gut eingespielten Netzwerken zu helfen, schnell zu helfen, umfassend zu helfen und unbürokratisch zu helfen. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Spielmann gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE): Schönen guten Morgen, Herr Landesrat! Danke vielmals, dass Sie hier vertreten und auch eine sehr klare Position einnehmen, dass eben Gewalt gegen Frauen ein Thema für alle ist. Danke an dieser Stelle! Wir haben es gerade vorhin gehört, die Gewalt an Frauen ist in Anstieg begriffen. Ich habe mir das nochmals angeschaut: 2021 wurden laut der Interventionsstelle 4.124 polizeiliche Betretungs- und Annäherungsverbote gemeldet, und das sind doch 20 Prozent mehr als im Jahr 2020. Das sind die aktuellsten Zahlen, die von 2022 kommen hoffentlich bald. Deswegen ist es ja umso wichtiger, dass es jetzt das fünfte Frauenhaus gibt. Das wurde ja auch unter Rot-Grün das erste Mal initiiert. Wir sind auch sehr froh und stolz darauf. Jetzt habe ich nur gesehen - Sie haben das vorhin auch in Ihrer Rede gesagt -, dass es wichtig ist, auch im Gewaltschutznetz noch nachzuarbeiten und Wien noch besser zu machen, als es schon ist. Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Ich wollte jetzt nachfragen: Es steht auch im Koalitionsübereinkommen, dass es ein Frauenhaus vor allem für Mädchen und junge Frauen geben soll. Wie ist da der Stand der Dinge? Das ist noch nicht budgetiert, soweit ich das gesehen habe - also weitere Plätze für junge Frauen. Präsident Ernst Woller: Herr Stadtrat, bitte. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich danke für die Frage und auch das freundliche Feedback. Wie in meiner ursprünglichen Antwort ausgeführt, gibt es ja bereits jetzt ein Frauenhaus mit 28 Plätzen, das sich speziell an Mädchen und junge Frauen richtet. Ich glaube, ich kann jedenfalls für alle frauenpolitisch Aktiven, ob das jetzt in der Verwaltung, in den NGOs, im Verein Wiener Frauenhäuser oder in der Geschäftsgruppe der Frau Vizebürgermeisterin ist, sprechen, dass es einfach eine laufende Arbeit ist, alle Angebote weiter auszubauen. Ich darf da auch meinen Respekt als jemand, der sozusagen nicht Teil dieser Geschäftsgruppe ist, aussprechen. Ich sehe Frauenpolitik in diesem Haus als ein Thema, das wirklich über Fraktionsgrenzen hinweg von allen vorangetrieben wird. Wenn es ein Thema gibt, wo vielleicht die Diskussion darüber stattfindet, ob es nicht genug ist, dann ist das, wie ich finde, eine unglaublich positive, unglaublich starke Dynamik. Dafür möchte ich auch als sozusagen in dem Fall Außenstehender, aber jedenfalls Profiteur, weil die gesamte Gesellschaft davon profitiert, sehr herzlich danken und meinen Respekt aussprechen. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Danke. Damit ist die 1. Anfrage beantwortet. Ich möchte mitteilen, dass Frau Abg. Pipal-Leixner ab 10.30 Uhr bis 12 Uhr entschuldigt ist. Die 2. Anfrage (FSP-740666-2023-KFP/LM) wurde von Herrn Abg. Seidl gestellt und ist an den Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Soziales, Gesundheit und Sport gerichtet. (Während die Wiener Bevölkerung seit spätestens Anfang 2022 mit der Teuerung kämpft, die Stadt Wien trotzdem die Gebühren sowie die Mieten in den Gemeindewohnungen drastisch erhöht, steigt die Zahl der Mindestsicherungsbezieher mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft weiter rasant an. Die erschreckenden Zahlen sind bekannt. Obwohl österreichweit nur knapp über 20 Prozent der Bevölkerung in Wien wohnt, werden hier mehr als 65 Prozent der Kosten für die Mindestsicherung gebraucht. Das Land Wien ist die einzige Kommune weltweit, die selbst an Personen, die bereits einen rechtskräftigen Abschiebebescheid haben, die volle Mindestsicherung ausbezahlt. Auch wird Mindestsicherung an Personen ausbezahlt, deren Identität nicht geprüft werden kann, weil diese vorgeben "staatenlos" zu sein. Dieser augenscheinliche Missstand muss doch irgendwann zu einem Nach- und Umdenkprozess der Verantwortlichen führen. Wie überprüft das Land Wien bei Personen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft deren Vermögensverhältnisse in deren Herkunftsländern?) Ich erteile LR Hacker das Wort. Amtsf. StR Peter Hacker: Schönen guten Morgen, Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich meine, ich habe ja wirklich schon viele tolle Anfragen der Freiheitlichen Partei zu beantworten gehabt, aber die ist wirklich besonders bemerkenswert. (Heiterkeit bei Abg. Mag. Josef Taucher.) Deswegen haben wir uns auch Zeit genommen und uns wirklich auch mit den Aussagesätzen, die ja dann zur Begründung für Ihre Anfrage führen, auseinandergesetzt. Aussagesatz in Ihrer Anfrage: "Während die Wiener Bevölkerung seit Anfang 2022 mit Teuerungen kämpft und die Stadt Wien trotzdem die Gebühren sowie die Mieten in den Gemeindewohnungen drastisch erhöht hat", und so weiter, und so weiter. Also die Frage ist schon: Was tut verantwortungsvolle Stadtpolitik, Herr Abgeordneter, in einer Zeit, in der Mietpreise, Energiepreise, Lebensmittelkosten, et cetera in einer außergewöhnlichen Art und Weise steigen und wir gleichzeitig damit konfrontiert sind, dass im Gegensatz zu anderen Ländern unsere Bundesregierung weder bei den Mietpreisen noch bei den Energiepreisen eingreifen will? Was tut verantwortungsvolle Stadtpolitik? (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Die Regierung greift nicht in die Preise ein?) Das ist die Frage. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Es passiert ja!) Das ist die Frage. (Abg. Mag. Josef Taucher: Lasst ihn antworten! - Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Das ist keine Beantwortung der Frage!) Das ist die Frage, und die Antwort ist ziemlich eindeutig, die Antwort ist ziemlich klar: Verantwortungsvolle Stadtpolitik ... (Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) - Ich weiß, es tut Ihnen weh, das weiß ich schon, aber jetzt lassen Sie mich reden. Ihr habt Zeit gehabt, eine intelligente Anfrage zu stellen, ich gebe eine Antwort darauf. (Weiter Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Präsident Ernst Woller (unterbrechend): Ich bitte um etwas mehr Unaufgeregtheit. Die Beantwortung liegt ausschließlich beim Herrn Stadtrat. Amtsf. StR Peter Hacker (fortsetzend): Verantwortungsvolle Stadtpolitik trifft trotzdem Maßnahmen, und da haben wir viele Maßnahmen getroffen, die wir hier ... (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Wo ist die Beantwortung der Frage?) Das ist die Beantwortung der Frage. Sie müssen nur in Hinblick auf die Fragestellung ein bisschen versuchen zuzuhören. Wir haben hier im Haus einen Wiener Energiebonus 22 beschlossen. Wer hat nicht mitgestimmt? - Die FPÖ. Wir haben hier im Haus einen Wiener Energiebonus 23 beschlossen. Wer hat nicht mitgestimmt? - Die FPÖ. Wir haben hier einen Wiener Wohnbonus beschlossen. Wer hat nicht mitgestimmt? - Die FPÖ. Wir haben eine Wohnungsunterstützungspauschale beschlossen. Wer hat nicht mitgestimmt? - Die FPÖ. (Buh-Rufe von Abg. Mag. Josef Taucher.) Wir haben eine Verlängerung der Energieunterstützung Plus beschlossen. Das ist doppelt interessant: Bei der ersten Beschlussfassung hat die FPÖ mitgestimmt, bei der zweiten hat sie beschlossen, jetzt reicht es aber wirklich mit diesen Unterstützungsmaßnahmen für die Armen, da stimmen wir auch dagegen. (Abg. Mag. Josef Taucher: Was macht ihr? Ihr seid ja die Partei des kleinen Mannes!) Das Gleiche war bei der Wohnungssicherung Plus, wo es um die Übernahme von Mietrückständen geht. Auch hier hat die FPÖ nicht mitgestimmt. Das ist in Wirklichkeit die politische Realität Ihrer Sozialpolitik. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Zweite Aussage in Ihrer Begründung für die Frage: Erschreckende Zahlen sind bekannt, knapp 20 Prozent der Bevölkerung wohnt in Wien und 65 Prozent der Kosten für die Mindestsicherung. Also wirklich, so ein Skandal! Wir unterstützen die Menschen, die armutsgefährdet sind oder armutsbetroffen sind. Das ist die Aussage. Ich war in der Fragestunde schon im Juni 2022 mit dieser Frage konfrontiert und habe Ihnen ganz klar gesagt, dass wir als Land gemäß Bundesverfassung dafür verantwortlich sind, die Armut der Menschen in unserer Stadt zu vermindern und Armutsgefährdung zu verhindern. Das ist unsere verfassungsgemäße Aufgabe als Stadt, als Land und der kommen wir in Wien auch nach. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn Sie sich als FPÖ schon mit der Fragestellung auseinandersetzen, dann sei doch schon ein bisschen auf die Statistik geschaut, nicht auf die Statistik, die Sie ja immer gar nicht hören wollen, von NGOs oder Einrichtungen aus dem Sozialbereich. Nein, die Europäische Behörde für Statistik veröffentlicht ja regelmäßig Daten zum Thema Armutsbekämpfung und Armutsgefährdung. Und da ist schon bemerkenswert, dass die Bundeshauptstadt 33 Prozent der armutsgefährdeten Bevölkerung mit Sozialhilfemaßnahmen unterstützt, im Gegensatz zum Beispiel zu den Bundesländern, wo die FPÖ Sozialpolitik definiert, in Niederösterreich und Oberösterreich, wo teilweise nicht einmal 5 Prozent - nicht einmal 5 Prozent - der armutsbetroffenen Menschen durch die Sozialhilfemaßnahmen unterstützt werden. Das ist Ihre Vorstellung von Sozialpolitik! Die teilen wir nicht. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Geben Sie eine Antwort, Herr Stadtrat!) Das wirkliche Highlight, Herr Abgeordneter, in Ihrer Geschichtenerzählung als Begründung für die Anfrage, ist die Aussage: Das Land Wien ist die einzige Kommune weltweit, die selbst an Personen, die bereits einen rechtskräftigen Abschiebebescheid haben, die volle Mindestsicherung ausbezahlt. (Abg. Wolfgang Seidl: Genau!) Diese Feststellung ist wirklich cool. Da bin ich Ihnen sehr dankbar, denn sie entblättert sowieso alles, was in Ihrer sozialpolitischen Philosophie schlummert. Die Frage wurde schon an meine Vorgängerin gestellt und am 26. Jänner 2018 von meiner Vorgängerin an Sie, Herr Abgeordneter, beantwortet, am 29. Jänner 2021 von Ihrem Kollegen Krauss, beantwortet von mir selbst, am 28. April 2022 von Frau Abg. Matiasek, durch den Herrn Bürgermeister beantwortet. Also noch einmal: Ihre Feststellung, Ihre Behauptung ist, dass wir die einzige Kommune weltweit sind, die selbst an Personen, die einen rechtskräftigen Abschiebebescheid haben, die volle Mindestsicherung ausbezahlen. Also welche Geschichtenerzählung wollen Sie eigentlich anbringen, wenn drei Mal die Antwort gekommen ist, und jetzt stellen Sie sie mir zum vierten Mal? Die Antwort ist die gleiche: Null Personen mit rechtskräftig negativem Asylbescheid bekommen eine Leistung aus der Mindestsicherung. Das ist eine ganz bewusste Falschbehauptung, die Sie hier anstellen und die ist mit wirklich aller Klarheit zurückzuweisen. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN. - Abg. Mag. Josef Taucher: Bravo!) Wie machen wir denn die Identitätsfeststellung? Die Mindestsicherung wird an Personen ausbezahlt, deren Identität nicht geprüft werden kann, weil diese vorgeben, staatenlos zu sein. Oh, grauenhaft! Ich meine, da müssen Sie sich schon mit den Gesamtsystematiken unseres Landes beschäftigen, wenn Sie zum wiederholten Mal diese Frage stellen und hier schon wieder eine Unterstellung in den Raum stellen. 926 staatenlose Personen beziehen eine Leistung aus der Mindestsicherung. 926 Personen. Wieso ist das so, und wie wird man eigentlich staatenlos und kann nach den Spielregeln des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes, das unter Ihrer Bundesregierung beschlossen wurde, trotzdem Mindestsicherung kassieren? Die Antwort ist ziemlich simpel, und die kennen Sie auch, denn Sie haben die Spielregeln dazu in Ihrer eigenen Fraktion entscheidend beeinflusst. Die Entscheidung, wer überhaupt einen sogenannten Fremdenpass bekommt, die trifft nicht die MA 40, die trifft auch nicht der Stadtrat oder der Landesrat, die trifft auch nicht der Bürgermeister oder Landeshauptmann, die trifft das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Dort wird die Entscheidung getroffen, wer einen Fremdenpass bekommt. Ich zitiere von der Homepage des Innenministeriums über die Frage, wer einen Fremdenpass bekommt: "Fremdenpass bekommt jemand, wo ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines solchen Dokumentes für Fremde besteht." - Zitat Ende. Weiters, so die Informationsseite des Innenministeriums, lege man hier einen besonders restriktiven Maßstab an. Daher ist, ehrlich gesagt, davon auszugehen, dass das BFA alle Anträge zur Ausstellung eines Fremdenpasses mehr als gründlich geprüft hat. Zur Erinnerung, Herr Abgeordneter: Diese Spielregel wurde unter Ihrem Innenminister eingeführt. (Abg. Mag. Josef Taucher: Gedächtnisverlust!) Nächste Aussage: Wie überprüft das Land bei Personen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft deren Vermögensverhältnisse in ihren Herkunftsländern? Da haben Sie heute auch einen besonders schnuckeligen Antrag eingebracht, wir sollen die Vermögensverhältnisse von Ukrainerinnen und Ukrainern prüfen. Ich meine, wie stellen Sie sich das jetzt vor? Wie stellen Sie sich das ehrlich vor, dass wir in einem Land, in dem Russland einen Angriffskrieg führt, eine Vermögensprüfung machen? Wie stellen Sie sich das vor? Dass wir eine Delegation der MA 40 nach Charkiw oder nach Bachmut hinschicken und dort schauen, wie groß das Grundstück ist und was das noch wert ist? Ich meine, ehrlich: Wie stellen Sie sich das wirklich ernsthaft vor? Diesen Antrag haben Sie heute gestellt. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Das frage ich mich bei der Vermögenssteuer!) Ich bin fassungslos. Ich bin wirklich fassungslos. (Zwischenruf bei der FPÖ: Das ist ein anderes Thema!) - Nein, das ist kein anderes Thema. Das ist Ihre Dauerunterstellung! Dann lesen Sie Ihre Anträge, bevor Sie sie abschicken. Der Dauerbrenner ist: Wie funktioniert die Vermögensprüfung? (Zwischenruf bei der FPÖ.) - Warten Sie, hören Sie zu! Wie funktioniert denn die Vermögensprüfung? Wie funktioniert sie? Das ist ganz einfach: Die Vermögensprüfung erfolgt durch Registerabfragen. Das wissen Sie, das habe ich Ihnen schon gesagt, zuletzt im Landtag am 23. Juni 2022: Registerabfragen, Grundbuch, Hauptverband, Gewerbebuch, Firmenbuch, Fremdenregister, ZMR, AMS, et cetera. Natürlich gibt es eine Verpflichtung, das wissen Sie, dass alle Antragsteller eine Offenlegung zu unterschreiben haben. Sie wissen auch, wenn Unterlagen nicht erbracht werden, gibt es keine Leistungszuerkennung. Sie wissen auch, wenn es einen nachträglichen Verdacht gibt, gibt es eine Anzeige, es gibt eine Rückförderung. Es gibt eine Anzeige wegen Betrugs bei der Staatsanwaltschaft. Das ist das, was wir tun. Wir halten uns auch hier an Empfehlungen aus dem Innenministerium, nämlich genau genommen an Empfehlungen des Bundeskriminalamts, denn dort ist seit dem Jahr 2018 eine sogenannte Taskforce Sozialleistungsbetrug verankert. Auch diese wurde unter Innenminister Kickl implementiert und die haben Richtlinien und Empfehlungen herausgegeben, und wir halten uns auch an diese Empfehlungen, denn obwohl sie von Herrn Kickl sind, sind sie nicht unschlau. Genau das ist die Antwort, was wir tun: Na, genau das, was das Innenministerium auf seiner Homepage und auch in den Besprechungen des Bundeskriminalamtes empfiehlt. Genau daran halten wir uns und das setzen wir auch um. Dass Ihnen dieses Thema Sozialbetrug natürlich schon unter den Fingernägeln brennt, verstehe ich ja auch, denn es ist ja noch nicht so lange her, dass in den Medien ein sehr auffälliger Sozialbetrugsfall durch die Gazetten gezogen ist, wo jemand 2.179 EUR Arbeitslosengeld bezogen hat, wo jemand 7.469 EUR Notstandshilfe bezogen hat, wo er seine Schulden bei den Sozialversicherungsabgaben nicht bezahlt hat, dann noch freche Interviews gegeben hat und vor Kurzem zu einer bedingten Haftstrafe wegen Sozialbetrugs verurteilt wurde. Das ist auch gut so, dass dieser Mann verurteilt wurde. Das war zwar kein Ausländer, aber Ihnen ist er wohl bekannt. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Sie müssen schon sehr nervös sein, wenn Sie so weit ausholen!) Aber ganz offen und ehrlich gesagt: Wenn ich so eine Geschichte in meiner eigenen Partei habe, dann schweige ich bei diesem Thema zumindest eine Zeit lang. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Seidl gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Landesrat! Ich danke für die ausführliche Beantwortung. Sie haben mir zwar Fragen beantwortet, die ich nicht gestellt habe, nichtsdestotrotz haben Sie sich am Ende des Tages dann doch bemüßigt gefühlt, die Frage, die ich an sich gestellt habe, zu beantworten. Ich stelle fest: Okay, gut, es wird weiterhin nichts geprüft. Ist halt so. (Abg. Mag. Berivan Aslan: Was?! - Heiterkeit bei Abg. Mag. Josef Taucher.) Aber das ist jetzt nicht meine Frage, sondern - Sie werden sich vielleicht erinnern können, ich weiß nicht, ob Sie es gelesen haben - vor einigen Wochen hat der Verfassungsgerichtshof wieder einmal festgestellt, dass das Wiener Mindersicherungsgesetz noch immer nicht verfassungskonform aufgestellt ist. Ich möchte Ihnen jetzt ersparen, die vier Sätze, die ich mit hätte, vorzulesen, Sie werden Sie hoffentlich kennen. Deshalb meine Frage: Wann schaffen Sie es endlich, dass Sie das Wiener Mindestsicherungsgesetz verfassungskonform aufstellen? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Peter Hacker: Er ist beharrlich, wenigstens ist er beharrlich. Das gefällt mir an Abg. Seidl! Ganz klar: Natürlich haben wir diesen Teil des Spruches des Verfassungsgerichts bereits entsprechend umgesetzt und wird mit Jahresende, so wie es der Verfassungsgerichtshof auch vorgeschrieben hat, natürlich im Wiener Mindestsicherungsgesetz verankert werden. Sie haben den VfGH-Spruch aber schon ganz gelesen, oder? (Heiterkeit bei Abg. Mag. Berivan Aslan.) Sie haben schon gesehen, dass der VfGH entscheidende Passagen aus dem Gesetz, das Sie unter Ihrer Regierungsverantwortung in der Bundesregierung mitverantworten, wieder aufgehoben hat, wieder eine nächste Aufhebung eines verfassungswidrigen Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes. (Abg. Mag. Josef Taucher: Ihr könnt keine Gesetze machen!) Daher bleibe ich dabei: Weil die Bundesregierung seinerzeit, als Sie beteiligt waren, und zwar ganz entscheidend beteiligt waren, ein verfassungswidriges Sozialhilfe-Grundsatzgesetz überhaupt beschlossen hat und wir mehrere Verfahren beim VfGH brauchen, damit die Stück für Stück aufgehoben werden, kann ich nur in aller Klarheit feststellen: Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz ist nicht in allen Punkten verfassungskonform gewesen, wie Sie es beschlossen haben. (Zwischenruf von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Das ist ja in der Zwischenzeit durch mehrere entsprechende Bescheide eindeutig nachgewiesen. Danke, wir halten uns an die Verfassungsvorgabe, insbesondere an die, die in der Bundesverfassung verankert ist. Wien ist eine Stadt mit einer totalen Zusammenarbeit zwischen den Menschen, und wir lassen auch armutsgefährdete und armutsbetroffene Menschen einfach nicht im Stich, auch wenn es Ihnen nicht passt. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Spielmann gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE): Schönen guten Morgen, Herr Landesrat! Lieber Herr Präsident! Es wiederholt sich ja auch ständig, und ich finde es wirklich langsam aber sicher sehr, sehr schäbig von euch von der FPÖ, dass ihr immer das Gleiche macht, nämlich immer auf den Rücken von mehrfach Marginalisierten euer politisches Kleingeld zu machen. (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Was ist das? Er hat eine Frage gestellt!) Ich bin froh, dass wir in Wien einen ganz anderen Weg gehen, zuerst unter Rot-Grün, und jetzt wird dieser Weg unter Rot- Pink zumindest fortgesetzt. Wir sind sehr froh, dass wir diese Sachen, die im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz verfassungswidrig waren, in Wien nicht umgesetzt haben. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Das ist Gesetzesbruch!) Im Sinne der Verbesserung würde mich eher interessieren, was die Stadt Wien macht, um Personen, die Migrations- und Fluchtgeschichte haben, die ja auch von sehr viel Diskriminierung am Arbeitsmarkt betroffen sind, das weiß ich aus der Erfahrung aus der Beratung ... (Zwischenrufe bei der FPÖ. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Das ist Gesetzesbruch! Sie sind auf Gesetze vereidigt! Sie brechen Ihren Eid! Sie sind auf Gesetze vereidigt! Sie brechen Ihren Eid!) - Ihr könnt einfach zuhören. Es ist nicht so schwierig. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Sie brechen Ihren Eid! - Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Was können wir in Wien tun, um diese Personen mit Migrations- und Fluchtgeschichte bestmöglich dabei zu unterstützen, aus der Mindestsicherung auch herauszukommen? Denn wir wissen: Gutes Einkommen und gute Arbeitsmarktpolitik sind der beste Schlüssel, um aus dieser Armutsfalle rauszukommen. Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Peter Hacker: Frau Abgeordnete, ich teile vor allem Ihre Schlussbemerkung in der Fragestellung, dass gute, offensive, sehr aktive Arbeitsmarktpolitik zweifelsohne das beste Instrument ist, um Menschen, die, warum auch immer, in die Armutsfalle gestolpert sind, auch dort wieder rauszukriegen. Da ist es ja die Aufgabe von sozialen Unterstützungsmaßnahmen, Sprungbrett zu sein. Mindestsicherung ist ja kein Daueraufenthalt und will und soll sie auch nicht sein, aber es braucht natürlich Unterstützungsmaßnahmen. Wenn sich die Menschen nicht selbst errappeln, dann müssen wir sie entsprechend unterstützen. Da geht es um die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik, und wir haben etliche Projekte, die wir in diesem Feld als MA 40 betreiben. Sie kennen sie, ich habe sie ja auch schon mehrfach referieren dürfen. Ich glaube, sie sind sehr erfolgreich. Wir sehen auch, dass es uns gelingt. Eine besondere Maßnahme ist natürlich dieser gemeinsame Fokus Arbeitsmarktservice und MA 40 mit dem U25, wo wir beschlossen haben, in einer gemeinsamen Einrichtung für die KundInnen da zu sein, ohne dass sie wirklich genau spüren, sind sie jetzt gerade bei der MA 40 oder beim AMS, weil es ja darum geht, hier fließende Übergänge zwischen den Betreuungssystemen, die an sich gesetzlich doch weit getrennt sind, in der Wahrnehmung der Kundinnen und Kunden zustande zu bringen. Wenn wir uns die Erfolgszahlen anschauen, bei wie vielen es gelingt, armutsgefährdete und armutsbetroffene Kinder und Jugendliche über U25 dann wieder in den Arbeitsprozess zu bringen, in eine Lehrausbildung zu bringen, in eine Weiterbildung zu bringen, in eine Ausbildung zu bringen, glaube ich, sind das erfolgreiche Modelle. Ich bin auch zuversichtlich, dass das AMS sich in diese Richtung weiterentwickeln wird. Ich habe dazu ein, wie ich finde, sehr konstruktives Gespräch auch mit dem Arbeitsminister vor ungefähr zwei, drei Monaten gehabt, wo er mir auch erzählt hat, dass er das mit der aktiven Arbeitsmarktpolitik schon verstanden hat und mir selbst sozusagen ein Projekt vorgestellt hat, das gerade im AMS begonnen hat. Dabei geht es auch um die Frage, Deutsch zu lernen, nicht als Voraussetzung zu sehen, um dann eine Ausbildung zu machen, sondern wo diese beiden Aufgaben - Deutschlernen für Menschen, die Deutsch nicht als Muttersprache haben, und eine Ausbildung - miteinander verknüpft sind und in der AMS-Maßnahme auch das Deutschlernen inkludiert ist. Da haben wir ein bisschen ein Problem, wie Sie aus der Praxis wissen, dass diese Schnittstellen zum Integrationsministerium für diese ganzen Sprachkurse, sagen wir einmal, nicht perfekt flutschen, denn da sind zu viele Behörden damit befasst, aber das hat sich halt der Bund so eingebildet, dass das so sein soll. Schwamm drüber, soll so sein. Das ist nicht perfekt, aber ich halte diese grundsätzliche Strategie, dass wir für Menschen mit Migrationshintergrund, für Menschen mit Fluchthintergrund, et cetera, die Deutsch nicht als Muttersprache haben - da brauchen wir nicht drüber reden, Deutsch ist natürlich die Grundlage, um ein erfolgreiches Berufsleben anfangen zu können oder erfolgreich eine Ausbildung machen zu können -, besondere AMS-Projekte haben, wo Deutschlernen und die Ausbildung in der Sache gleichzeitig passierten, für sehr, sehr zielorientiert, für sehr gescheit. Ich habe das auch unterstützt und möchte auch noch mehr von diesen Entwicklungen sehen. Die neue AMS-Chefin hat mir auch versprochen, in diesem Bereich noch mehr zu machen, und der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds unterstützt das alles. Sie kennen das Instrument des WAFF, also ich glaube, dass wir in diesem Feld die richtigen Schwerpunkte auch setzen, ganz offen und ehrlich gesagt. Bei den UkrainerInnen ist es natürlich ein Jammer, dass man sie überhaupt in diese Situation der Grundversorgung gebracht hat, das wäre nicht notwendig gewesen. Wir hätten uns an Deutschland ein Vorbild nehmen können, die von Anfang an für Ukrainerinnen und Ukrainer eine andere Rechtsbasis geschaffen haben und viele Probleme, die wir jetzt bei der Frage der Integration von UkrainerInnen haben - sei es am Arbeitsmarkt, denken wir jetzt nur an die Schwierigkeiten, die wir haben, ukrainische Krankenschwestern oder ÄrztInnen einfach normal in einen Job zu integrieren -, ersparen können, hätte die Regierung nicht entschieden, sie zunächst einmal in die Grundversorgung zu stecken. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Hungerländer gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): Offensichtlich entwickelt sich die Fragestunde zu einer Art wilden Debatte, die quer über die Reihen geführt wird. Deswegen nutze ich diese Gelegenheit und möchte Ihnen auch etwas sagen, Herr Landesrat. Die Art und Weise, wie Sie mit uns als Opposition umgehen, wenn wir Fragen stellen, die Ihnen nicht genehm sind, ist respektlos, und ich möchte diese Behandlung wirklich zurückweisen. Wir überlegen uns die Fragen, und es ist Ihre Aufgabe, diese Fragen zu beantworten und nicht uns als Opposition derartig despektierlich zu behandeln. (Beifall von Abg. Mag. Manfred Juraczka und Abg. Wolfgang Seidl. - Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Einer hat applaudiert!) Ich komme auf eine Anfrage, die Sie mir nicht beantwortet haben. Sie haben mir einen Link geschickt, der nicht funktioniert, und Sie haben mich auf einen Bericht verwiesen, der noch nicht publiziert wurde. Diese Anfragebeantwortung ist ein bisschen unbefriedigend gewesen, aber eine weitergehende Frage stelle ich Ihnen jetzt. Es geht um die Überprüfung der Integrationsvoraussetzungen bei Mindestsicherungsbeziehern, die das Integrationsgesetz 2017 erfüllen müssen. Ich möchte gerne wissen: Machen Sie diese Überprüfungen stichprobenartig oder überprüfen Sie tatsächlich jeden Einzelfall, ob diese Person die Integrationsvoraussetzungen des Integrationsgesetzes 2017 erfüllt? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Peter Hacker: Ich kann mit Sicherheit sagen, ich überprüfe gar nicht, und ob die zuständige Abteilung hier jeden einzelnen Fall macht oder nicht, muss man zuerst mit der Abteilung besprechen, bevor ich die Frage beantworten kann. Ich kann nur sagen, ich überprüfe sicher nicht, aber ob die Abteilung das stichprobenartig macht, einen Prozentschlüssel anlegt oder 100 Prozent, weiß ich nicht und möchte da keine falsche Antwort geben. Da müssen Sie mir Zeit geben für diese Frage. Ich schlage vor, Sie stellen mir die Frage schriftlich. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Es geht ja nicht um Sie persönlich! Das ist eine Frechheit!) - Das ist ein Witz! (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Ja, das ist ein Witz, wie Sie sich aufführen!) Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung der 2. Anfrage. Die 3. Anfrage (FSP-747605-2023-KGR/LM) wird gestellt von Abg. Prack an die Frau Amtsführende Stadträtin für Wohnbau. (Die Allgemeine Wohnbeihilfe nach § 60 ff WWFSG ist ein wichtigstes Instrument, um Menschen mit niedrigen Einkommen bei der Bestreitung der Mietkosten zu unterstützen. Wie lange dauert es aktuell durchschnittlich von der Antragstellung auf Gewährung einer Allgemeinen Wohnbeihilfe bis zur Ausstellung des diesbezüglichen Bescheides?) In Vertretung wird Herr Amtsf. StR Czernohorszky die Anfrage beantworten. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal bitte ich um Verständnis, dass ich in Vertretung für die Frau Vizebürgermeisterin heute hier sein darf. Grundsätzlich ist es uns als Stadt ja ein zentrales Anliegen, auf allen Ebenen für leistbares Wohnen zu arbeiten, weil das eine sehr grundlegende Errungenschaft in Wien ist. Es ist deshalb auch grundlegend, weil es uns immer wieder gelungen ist, über Jahrzehnte Herausforderungen dahin gehend anzugehen, dass unsere Stadt wirklich ein Ort ist, in der eine große Zahl einen Zugang zu leistbarem Wohnen hat, der wiederum zentral für ein gutes Leben ist. Das betrifft den sozialen Wohnbau auf der einen Seite, aber natürlich auch die in Ihrer Frage angesprochenen Maßnahmen in einem feinmaschigen Netz an Unterstützungsleistungen, das betrifft insbesondere die Wohnbeihilfe und die Mietbeihilfe. Im WWFSG ist die Möglichkeit einer Wohnbeihilfe als sicherlich zentralster Bestandteil dieses Unterstützungsnetzes festgeschrieben. Wer in Wien wohnt und sich auf Grund eines geringen Einkommens die Wohnkosten nur schwer leisten kann, hat eben unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf die Wohnbeihilfe. Das ist abhängig von der Haushaltsgröße, dem Haushaltseinkommen und der Wohnungsgröße. Sie fragen in Ihrer Frage nach der derzeitigen Bearbeitungsdauer für solche Beihilfeprüfungen. Die derzeitige Bearbeitungsdauer für neue Anträge beträgt rund zehn Wochen, und wenn es schon einen positiven Antrag gibt und eine Änderung bekannt gegeben wird, das ist beispielsweise auf Grund einer Mieterhöhung, dann erfolgt die Bearbeitung innerhalb einer Woche. Dass die derzeitige Bearbeitungsdauer höher als üblich ist, ist darauf zurückzuführen, dass es eine spürbare Steigerung der Anträge gibt. Natürlich tut die Stadt alles, um wieder zu beschleunigen. Ich darf vielleicht noch hinzufügen, dass gerade in den letzten Monaten und Jahren sehr, sehr viel getan wurde, um das Netz, das ich vorhin schon angesprochen habe, weiterzuknüpfen, beispielsweise mit dem Energiebonus im Jahr 2022 und im Jahr 2023, mit dem Wohnbonus, der für bis zu 650.000 Haushalten offen ist, dem Gemeindebaubonus, Erleichterungen bei den Ratenzahlungen, und wie die Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin und Kollegin Arapovic bereits angekündigt haben, wird auch die Wohnbeihilfe im nächsten Jahr stark ausgeweitet. Präsident Ernst Woller: Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Prack gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Georg Prack, BA (GRÜNE): Danke, Herr Stadtrat! Ich will nur kurz einmal ausführen, warum ich diese Frage gestellt habe. Wir sind gerade von ProfessionistInnen informiert worden, dass es in letzter Zeit teilweise zweieinhalb Monate gedauert hat, bis Anträge überhaupt in Bearbeitung genommen wurden, und dann eher in Richtung fünf Monate, bis mit einem Bescheid zu rechnen war. Es freut mich sehr, sollte das jetzt wieder besser sein. Ich erwähne, dass wir diese Informationen von ProfessionistInnen haben, weil Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wissen, welche Dokumente beizubringen sind, wenn man einen Antrag auf Wohnbeihilfe stellt, und damit diese Bearbeitungsdauern auch nicht daran liegen können, dass irgendwelche Dokumente oder so etwas fehlen. Ich will auch darauf hinweisen, dass das insbesondere für Personen, die auch Anspruch auf Mietbeihilfe haben, ein Problem ist, denn die stellen ja sozusagen gleichzeitig einen Antrag auf Mindestsicherung und Mietbeihilfe und müssen dann, auch wenn sie keinen Anspruch auf Wohnbeihilfe haben, den Bescheid über die Wohnbeihilfe beibringen, um die Mietbeihilfe bekommen zu können. Es kommt offensichtlich sehr oft vor, dass es sehr lange dauert, bis der Wohnbeihilfebescheid kommt. Dann muss man bei der Mietbeihilfe einen Antrag auf Fristerstreckung stellen, weil der Wohnbeihilfebescheid noch nicht da ist, und das Ganze dauert über mehrere Monate, und Personen, die sich nicht damit auskennen, verlieren den Anspruch auf Mietbeihilfe, weil sie nicht wissen, dass sie einen Antrag auf Fristerstreckung stellen müssen. Meine Frage an Sie wäre jetzt, weil Sie ja auch für Personal zuständig sind, vielleicht ist das dann eine Frage, die Sie gut beantworten können: Ist die MA 50 mit ausreichend Personal für diese Herausforderungen ausgestattet, oder muss man nicht vielleicht dort hinschauen, weil diese langen Bearbeitungsdauern, die gerade bei so einer essenziellen Leistung, die man ja sofort haben will, kritisch sind? Muss man da nicht hinschauen, ob es mehr Personal braucht? Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Vielleicht noch einmal genauer, wie eben die aktuelle Situation ist: Wie gesagt, rund zehn Wochen beträgt die aktuelle Bearbeitungsdauer im Schnitt grundsätzlich. Ich habe es ja schon erwähnt, grundsätzlich ist die Bearbeitungsdauer auf eine spürbare Steigerung der Anträge zurückzuführen. Nur damit man sich das ein bisschen vorstellen kann: In den ersten 5,5 Monaten 2023 gab es allein bei den Online- Anträgen eine Steigerung um mehr als 53 Prozent gegenüber dem Zeitraum in 2022. Es erfolgen natürlich auch immer mehr Änderungsmeldungen, weil die Mietzinserhöhungen die Menschen betreffen. Da auch eine kleine Verdeutlichung in zwei Zahlen: Von Jänner bis Mai 2022 sind rund 1.800 Änderungsmeldungen eingegangen, heuer waren schon über 4.400 Änderungsmeldungen. Ich glaube, es ist wirklich eine große Herausforderung für das Team, die Sie ja auch angesprochen haben, und es wird wirklich alles getan, um diese Herausforderung zu meistern. Ich glaube, da gibt es keine falsche Antwort. Auf allen Ebenen muss natürlich gearbeitet werden. Das wird es auch. Die Stadt hat auf der einen Seite - Sie haben das ja selber, was die Nachforderungen betrifft, erwähnt, die Leute kennen sich teilweise nicht aus - sehr, sehr viel getan, um umfassende Informationen zur Verfügung zu stellen, mit einer eigenen Broschüre und auf der Website, um eben entgegenzuwirken, dass es Nachforderungen gibt. Es gibt auch den sogenannten Wohnbeihilfe-Checker, der deshalb sehr wichtig ist, weil Leute relativ einfach erkennen können, ob überhaupt Anspruch auf Wohnbeihilfe vorliegt. Interne Abläufe sind bereits verändert und adaptiert worden. Es ist ein Callcenter implementiert worden, ein neues EDV-Programm entwickelt, um das in Zukunft noch effizienter abwickeln zu können. Sie sehen, es wird also wirklich alles getan, um der Situation Herr zu werden. Ich möchte auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr, sehr herzlich dafür danken. Präsident Ernst Woller: Danke. Damit ist die 3. Anfrage beantwortet. Die 4. Anfrage (FSP-748251-2023-KVP/LM) wurde von Frau Abg. Olischar gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal gerichtet. (Nachdem im Mai das EuGH-Urteil betreffend einer möglichen UVP-Pflicht beim so genannten "Heumarkt Projekt" gefällt wurde, berichteten mehrere Medien über eine laufende so genannte Feststellungsprüfung der MA 22 zum Projekt "Heumarkt Neu". Abgesehen davon wurden medial mehrere, zum Teil unterschiedliche Expertenmeinungen zur weiteren Vorgehensweise in dieser Angelegenheit geäußert. Was ist der aktuelle Stand hinsichtlich einer allfälligen UVP-Pflicht gemäß Umweltverträglichkeitsgesetz beim "Heumarkt Projekt"?) Ich ersuche um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Entschuldigung! Ich bin heute in der Fragestunde in so einem "loop"! Bitte, verzeihen Sie meine fehlende Aufmerksamkeit! Vielen Dank für die Frage. Es ist tatsächlich so, dass es im Mai ein EuGH-Urteil zum Thema Heumarkt gegeben hat. Das ist im Übrigen ein Urteil zum Projekt "Heumarkt Alt", das ist die ursprüngliche Version, die - mit Turm deutlich höher - in diesem Haus ja auch sehr, sehr oft diskutiert wurde, aber eben wirklich alt. Es ist auch so, dass diese EuGH-Prüfung bezüglich des alten Heumarkt-Projektes daher jetzt für das neue Heumarkt-Projekt, was das Projekt betrifft, keine Relevanz hat, es sehr wohl aber recht umfassende Vorgaben für Prozesse, eben die UVP-Verfahren betreffend, gibt. Ein solches Verfahren ist derzeit im Gange, es gibt ein Feststellungsverfahren auf Grund eines Antrags der WertInvest Hotelbetriebs GmbH betreffend das Vorhaben Heumarkt Neu. Recht flapsig zusammengefasst, ist es ein auch hier schon öfter umfassend diskutiertes Vorhaben, das deutlich niederere Höhen hat, ohne Turm auskommt, mit Scheiben kommt, et cetera. Dieses Feststellungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Es ist ein Feststellungsverfahren, ob bezüglich der Lage des Vorhabens im schutzwürdigen Gebiet UNESCO-Welterbe-Stätte der Schutzzweck, für den dieses Gebiet festgelegt wurde, durch ein solches Projekt wesentlich beziehungsweise erheblich beeinträchtigt wird. Das wiederum ist als zu prüfender Sachverhalt auch insgesamt relevant, weil eine solche Prüfung seit 23. März 2023 im UVP-G 2000 vorgesehen ist. Bis dahin sah dieses Gesetz keine derartige Verpflichtung vor, das heißt, bis dort hin gab es eine Rechtsunsicherheit, die ganz besonders auf Drängen des Landes Wien durch den Bundesgesetzgeber beseitigt worden ist, eben durch den neugeschaffenen Tatbestand Bauvorhaben UNESCO- Welterbe-Stätten Kernzone. Jetzt mache ich es noch komplizierter: Es ist aber ohnehin so, dass diese Vorgabe, so wie alle anderen Vorgaben auch, von der MA 22 antizipiert worden sind und daher auch in den laufenden Feststellungsverfahren eben mitgeprüft wurden, auch schon, bevor der österreichische Gesetzgeber am 23. März 2023 das UVP-G 2000 novelliert hat, auch schon, bevor der EuGH zum Vorhaben Heumarkt Alt gesprochen hat. Vielleicht, weil es spannend oder relevant ist, noch einmal zum aktuell laufenden Feststellungsverfahren: Zur Klärung dieser Frage, eben jener Frage bezüglich UNESCO-Welterbe-Stätte, hat die Stadt eine international renommierte Professorin von der Universität Aachen, Frau Prof. Reicher, als nichtamtliche Sachverständige für den Fachbereich Architektur, Stadtgestaltung und Stadtbild mit Bescheid bestellt und mit der Erstellung eines umfangreichen Gutachtens beauftragt. Im derzeitigen Feststellungsverfahren Heumarkt Neu ist eben genau dieses Gutachten Grundlage. Es ist darüber hinaus im Feststellungsverfahren Heumarkt Neu auch der Tatbestand Freizeit- oder Vergnügungsparks, Sportstadien oder Golfplätze, Einkaufszentren, Beherbergungsbetriebe, Errichtung öffentlich zugänglicher Parkplätze oder Parkgaragen für Kraftfahrzeuge und Neuerrichtung von Freiflächenparkplätzen in Anhang 1 UVP-G 2000 geprüft. Kurz zusammengefasst: Es ist eine sehr breite Prüfung, die alle Dinge, die in der Zwischenzeit als Vorgaben dazugekommen sind, antizipiert. Wie bereits gesagt, das Verwaltungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen, aber das Ermittlungsverfahren zu diesem Feststellungsverfahren ist abgeschlossen, auch das Parteiengehör, das selbstverständlich gewahrt wurde. Präsident Ernst Woller: Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Olischar gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP): Guten Morgen, Herr Landesrat! Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ihre Beantwortung hat schon gezeigt, dass es ein hochkomplexes Thema ist. Da uns das Thema ja grundsätzlich mit unterschiedlichen Entwicklungsphasen und Komplexitätsleveln auch schon sehr lange Zeit beschäftigt, wäre jetzt meine Frage an Sie, um jetzt auch wieder Licht in die Sache zu bringen, damit wir einmal wissen, wovon wir überhaupt alle sprechen. Ich habe nämlich das Gefühl, dass das Thema natürlich sehr, sehr viele Stakeholder und eine große Masse an verschiedensten Interessengruppen interessiert. Wie Sie schon dargestellt haben, gibt es unterschiedliche Wissensstände, es gibt unterschiedliche Verfahrensstände. Meine Frage an Sie: Wäre es nicht gescheit, dass man eigentlich den Status quo, über den wir reden, endlich einmal veröffentlicht, damit wir alle auf demselben Wissendstand sind? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich bitte um Verständnis, dass natürlich den Status quo das Projekt betreffend nur der Projekt... - wie sagt man da, Projektverantwortliche ... (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Betreiber!) vielen herzlichen Dank - Projektbetreiber eine Veröffentlichung machen kann. Da gibt es ja auch immer wieder Informationen bezüglich eben dieses neuen Projektes. Ich bin jetzt als zuständiger Landesrat eben für dieses UVP- Feststellungsverfahren verantwortlich. Ich habe mich bemüht, das trotz der Komplexität halbwegs klar zu machen. Ich selbst kann aber auch den Hintergrund Ihrer Frage total verstehen. Völlig unabhängig von der Ehre, heute die Frau Vizebürgermeisterin zu vertreten, habe ich selten so viel vor einer Fragestunde gelesen wie heute und eben versucht, das zusammenzufassen. Das wirklich Relevante, aus meinem Verantwortungsbereich als Landesrat das einzig Relevante, ist eben das aktuell anhängige Feststellungsverfahren. Dieses Feststellungsverfahren ist wirklich umfassend vonstattengegangen, ist quasi, wenn man so will, im Endspurt und hat mit internationaler Expertise gearbeitet, die alle Dinge, die uns jetzt - ob das jetzt über die UVP-G-Novelle oder das OGH-Urteil passiert ist - sozusagen als Behörde mitgegeben wurden, bereits antizipiert. Was Stadtplanung und Projektbetreiber, und so weiter betrifft, muss ich an die Verantwortlichen verweisen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Präsident Ernst Woller: Danke. Die 2. Zusatzfrage wird von Abg. Guggenbichler gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat! Wir können uns ja alle an die Genesis dieses Projektes erinnern, und das ist ja leider Gottes eine sehr unrühmliche Geschichte. Wir haben sehr oft darüber reden müssen, und viele von uns können sich wahrscheinlich auch noch an die großartige Rede der ehemaligen Stadträtin Stenzel hier erinnern, die den Canaletto-Blick sehr ausführlich besprochen hat, über den wir sehr ausführlich geredet haben. Jetzt habe ich die Frage: Es könnte ja sein, dass es auf Grund der Ergebnisse der weiteren Überprüfungen eine Redimensionierung geben muss. Gibt es da Haftungen von Seiten der Stadt Wien gegenüber dem Projektbetreiber? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Wie gesagt, als dafür zuständiger Landesrat kann ich über das Feststellungsverfahren sprechen. Ich habe es eh schon erwähnt und mache es gerne auch noch deutlicher: Dieses Feststellungsverfahren zum Projekt "Heumarkt Neu" ist ein Feststellungsverfahren für ein deutlich redimensioniertes Projekt. Wir reden also gar nicht mehr von dem gleichen Projekt, über das Frau Abg. Stenzel damals gesprochen hat, sondern über eine redimensionierte Version, die sehr, sehr viele Bedenken bereits mit eingeplant hat. Das betrifft alle Kriterien, die eben bezüglich der Weltkulturerbe-Stätte zu prüfen sind. Das wären zum Beispiel Sichtachsen. Einmal abgesehen davon, dass es diesen Canaletto-Blick, so wie in dem Gemälde, gar nicht mehr gibt, denn da stehen zum Beispiel das InterCont und auch andere Gebäude, würde dieses redimensionierte Gebäude die Sichtachsen auf Kirchen, andere Gebäude eben nicht stören. Das ist ein Beispiel, es gibt aber verschiedene andere Dinge auch, die in einem so umfassenden Verfahren geprüft werden. Um Ihre Frage aufzugreifen: Wir reden bereits jetzt von der Version Heumarkt Neu, die die Projektwerber als Grundlage für dieses Feststellungsverfahren genommen haben. Über Größenordnungen, und so weiter das Projekt selbst betreffend kann natürlich nur der Projektwerber sprechen. Präsident Ernst Woller: Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Kickert gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Danke, Herr Landesrat! Aus Ihrer Beantwortung kann ich also ableiten, das EuGH-Urteil betrifft eine nicht mehr aktuelle Planung. Im laufenden Feststellungsverfahren für einen redimensionierten Plan ist das Ermittlungsverfahren abgeschlossen, aber das Feststellungsverfahren nicht. Passt diese kurze Zusammenfassung, oder wollen Sie zum Stand jetzt noch etwas ergänzen? - Nur, damit ich mich auskenne. Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Danke für die Frage. Ersten einmal: Die kurze Zusammenfassung passt, und es ist ein wunderbares Feedback dazu, dass es mir offensichtlich gelungen ist, etwas, das sehr komplex ist, kurz zusammenzufassen. Ich nehme es aber zum Anlass, um vielleicht noch ein bisschen auszuholen, was ich vorhin zusammengefasst habe. Es ist nämlich wirklich ein bisschen "tricky". Ja, es gibt dieses EuGH-Urteil vom Mai 2023. Dieses EuGH-Urteil hat erstens ein anderes, höheres Projekt zum Gegenstand als Heumarkt Neu. Das ist in der Zwischenzeit sozusagen zurückgezogen worden, aber der Baubescheid hat es bis zum EuGH geschafft. Das ist wiederrum auch eine sehr flapsige Zusammenfassung, ist jetzt aber für die Beantwortung der Frage irrelevant. Die Entscheidung des EuGH hat sich nicht nur auf dieses, wenn man so will, alte Projekt bezogen, sondern auch auf die alte Rechtslage, das heißt, vor Inkrafttreten der von mir vorhin schon genannten UVP-G-Novelle vom März 2023. Das ist jetzt für mich, für uns als Gesetzgeber wirklich deshalb relevant, denn wir haben auf verschiedensten Ebenen für diese UVP-G-Novelle auch lobbyiert. Es ist, wie vorhin schon erwähnt, eine Novelle, die nach vielfachem Drängen des Landes eben nun endlich Rechtssicherheit in Hinblick auf die Schaffung des Tatbestandes UNESCO- Welterbe-Stätten geschaffen hat. Dazu vielleicht noch kurz zusammengefasst: Diese neue Rechtssituation mit der UVP-G-Novelle 2023, wie bereits gesagt, wurde im aktuellen Feststellungsverfahren betreffend Heumarkt Neu bereits antizipiert, obwohl das schon davor begonnen hat. Der Antrag der WertInvest dieses Feststellungsverfahren betreffend ist, glaube ich, vom Februar 2022, jedenfalls deutlich vor dem März 2023. Das ist die eine Geschichte. Die andere Geschichte ist, dass im EuGH-Urteil eben zum Projekt "Heumarkt Alt" auch festgehalten wurde, dass auch die im UVP-G 2000 nunmehr geregelte Untersuchung nicht ausreicht. Das heißt, der EuGH sagt uns hier eigentlich völlig unabhängig von dem konkreten Projekt, insgesamt sind diese Untersuchungen umfassender zu machen. Kurz zusammengefasst, auch ein bisschen flapsig: Man darf nicht nur auf eine Sache schauen, wie zum Beispiel in diesem konkreten Fall auf das UNESCO-Welterbe, sondern muss immer auch andere Kriterien sozusagen miterörtern. Ich kann in diesem Zusammenhang sagen, dass auch dieser Tatbestand, dieses Erkenntnis des EuGH bereits antizipiert und aufgenommen worden ist und in dem gegenständlichen Feststellungsverfahren mitgemacht wurde. Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Die 5. Anfrage (FSP-515779-2023-KSP/LM) wurde von Herrn Abg. Holzmann gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke gerichtet. (Sehr geehrter Herr Landesrat! Der Tourismus ist durch die COVID-19-Pandemie, aber auch den Krieg in der Ukraine, vor besondere Herausforderungen gestellt worden. Für die Hotellerie, Gastronomie und die tausenden Fach- und Arbeitskräfte hat das letzte Jahr die notwendige Rückkehr zur Normalität bedeutet, gerade im für Wien so wichtigen Kongresstourismus. Vor COVID-19 zählte der Kongresstourismus zu einem essentiellen Bestandteil der Wiener Wirtschaft und der Tourismusstrategie: Welche Maßnahmen haben Sie als Wirtschafts- und Tourismuslandesrat gesetzt bzw. werden Sie noch setzen, um Betriebe und MitarbeiterInnen im Tourismus zu unterstützen und welche Maßnahmen wurden gesetzt bzw. setzen Sie, um den Kongressstandort Wien im internationalen Wettbewerb bestmöglich zu positionieren?) Ich ersuche um Beantwortung. Amtsf. StR KommR Peter Hanke: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen schönen Vormittag! Ich danke auch von meiner Seite für diese Frage, denn es wird zum Thema Kongresstourismus und Tourismus allgemein unglaublich viel getan. Vielleicht zu einer kurzen Einleitung nur ein paar Zahlen für den Wien-Tourismus und den Kongresstourismus, um uns allen ein Bild aufzufrischen: Wir hatten 2022 ein Jahr der Trendumkehr, erfreulicherweise wieder über 13 Millionen Nächtigungen. Wir haben es auch in den Fernmärkten bewegt, dass die USA auf Platz 3 gelandet sind, was nicht selbstverständlich ist, denn mit all dem, was wir in den letzten Jahren mit Pandemie und Krieg an den Grenzen Europas gesehen haben, ist das ein gutes Zeichen. Wir haben uns aber natürlich ganz stark auf strategische Felder wie Qualität, wie Nachhaltigkeit, wie Preisabsicherung im touristischen Segment fokussiert, um einfach eine möglichst hohe Wertschöpfung zu erzielen. Wir haben unterschiedliche Aktivitäten gesetzt, auf die ich noch eingehen möchte, um eben zusätzlich touristisch, aber dann natürlich auch im Kongresstourismus entsprechend zu punkten. Wenn wir uns die Tagungswirtschaft hernehmen, dann hatten wir vor der Pandemie einen Gesamtumsatz von rund 1 Milliarde EUR an Bruttowertschöpfung erzielt. Das bedeutet aber auch, zurückblickend auf 2018, wenn wir jetzt den aktuellen Wert für das abgelaufene Jahr nehmen, haben wir eine Bruttowertschöpfung von rund 738 Millionen EUR erreicht. Das sind immerhin zusätzlich noch über 200 Millionen Steuereinnahmen, die wir am Standort Wien generiert haben, und - für uns in dieser Stadt immer sehr, sehr wichtig - wir haben allein mit dem Kongresstourismus über 13.000 Vollbeschäftigte erreicht. Wenn wir das Ganze ein Stück weit in Zahlen und Vergleiche zu 2018 gießen, dann sind wir im Vergleich zu vor der Pandemie wieder bei rund 79 Prozent der Auslastung angekommen, und die Tendenz - auch das werde ich noch kurz sagen - ist im Jahr 2023 steigend, also für die nächsten 2 Jahre eher Richtung 100 Prozent gehend. In Summe waren es im abgelaufenen Jahr über 4.300 Kongresse und Firmenveranstaltungen, die in Wien absolviert wurden, und über 450.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die an diesen Kongressen teilgenommen haben. Wenn man das Kongresssegment dem gesamten Tourismus zurechnet, dann sind das 1,2 Millionen Nächtigungen, die auf den Tagungswirtschaftsblock entfallen. Für uns ist es immer wieder ganz wichtig, auch zu sagen, der Umsatz, den ein Tagungsgast bringt, ist ein wesentlich höherer als ein normaler Tourist und ist in der Größenordnung von 552 EUR pro Tag zu sehen. Sehr, sehr erfreulich dürfen wir auch vermelden - Sie haben es wahrscheinlich auch alle gelesen, nur zur Auffrischung -, dass wir in der ICCA-Wertung internationaler Kongresse wiederholt, zum 2. Mal in Folge auf Platz 1 gekommen sind. Wenn man sich dann die Platzierten auf den Folgeplätzen ansieht, ist das durchaus imposant, denn auf Platz 2 kommt Lissabon, gefolgt von Paris, Barcelona, Prag, Madrid. Wir haben hier also diesen Turnaround geschafft, wir haben diesen Turbo 2022 zünden können, und das freut mich. Dass das in dem Bereich gelungen ist, ist aber auch uns allen zu verdanken, weil wir hier im Gemeinderat ja den Vienna Meeting Fund beschlossen haben, eine Unterstützung, die mir persönlich sehr, sehr wichtig ist, die wir auch ein 2. Mal noch mit in Summe 8 Millionen EUR aufgeladen haben. Damit versuchen wir, Kongressveranstaltungen als auch Firmenveranstaltungen wiederholt verstärkt nach Wien zu bringen. Da darf ich Ihnen auch eine Zwischenbilanz legen, wie denn diese Aktion angenommen wird. Es gab mit Ablauf des 1. Quartals 23 in Summe 760 Förderanträge, die bearbeitet und eingereicht wurden, und davon wurden 500 Veranstaltungen und Kongresse bis zu einem Maximalwert von 60.000 EUR je Veranstaltung auch finanziert. Das hängt davon ab, wie viele Nächtigungen mit einem Kongress, mit einer Veranstaltung in Zusammenhang zu setzen sind und wie hoch der Hybridanteil ist. All das sind Parameter, die hier einfließen. Wichtig ist auch, es sind 200 weitere Bewerbungen im Laufen und in Abklärung. Das zeigt einfach, dass wir hier, wie ich meine, auf gutem Wege sind. Wenn man sich die Gesamtsituation ansieht, was wir als Stadt Wien im letzten Jahr unternommen haben, um touristisch als auch Tagungsthemen zu unterstützen, darf ich ein Mal mehr verweisen, dass wir dem Wien Tourismus 22 Millionen EUR über die Ortstaxe zur Verfügung stellen, dass wir mit 1,5 Millionen EUR eine zusätzliche Unterstützung für die Austrian Airlines für das Bewerben der Destination Wien eingesetzt haben und zusätzlich auch an der Ostküste in New York den amerikanischen Markt bearbeitet haben, dass wir darüber hinaus, wie angesprochen, den Vienna Meeting Fund für mehrere Jahre aufgesetzt haben, mit Zusatzgeld dotiert haben und dass wir - vielleicht auch jetzt nicht direkt, aber indirekt sehr, sehr wichtig - 2 Millionen EUR für die Vienna-Film-Incentive- Förderung aufgelegt haben. Das ist eine Förderung, bei der es darum geht, Streaming-Diensten Bilder von der Stadt Wien zu verkaufen, und damit wird entsprechend auch Werbung für diese Destination gemacht. Wenn wir jetzt aktuell auf das Jahr 2023 blicken, dann darf ich Ihnen an sich sagen, dass wir im Kongressbereich gut unterwegs sind. Wir planen für heuer 17 Großkongresse mit über 3.000 Teilnehmern. Wir haben derzeit 4 noch größere Kongresse mit mehr als 10.000 Teilnehmern in dieser Stadt, und es gibt eine Reihe von Anfragen für die nächsten Jahre, womit ich eigentlich davon ausgehe, dass wir eine sehr erfreuliche Entwicklung im heurigen Jahr haben werden und dass wir mit dem Vienna Meeting Fund die richtige Unterstützung gefunden haben, die uns auch ein Stück weit vom Mitbewerb in Europa abhebt. Diese Unterstützungslinie ist eine unique. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Holzmann gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Ernst Holzmann (SPÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat! Recht herzlichen Dank für die Beantwortung. Sie haben dargestellt, dass die gute Arbeit der Stadtregierung auch in Hinblick darauf, wieder Tourismus in die Stadt zu bekommen, Schwerpunkt auch Konferenztourismus, von Früchten getragen ist. Es sind also sehr gute Maßnahmen. Wenn ich jetzt an den Vienna-Visitor-Economy-Strategieplan 2025 denke, ist für mich die Frage, da ja dieser 2025 auslaufen wird, wie die langfristigen Überlegungen für das Destinationsmanagement aussehen. Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR KommR Peter Hanke: Ja, sehr gerne. Wir haben diese Planung 2025 ja zu einem Zeitpunkt gemacht, als Pandemie, Teuerung, Krieg in der Form nicht absehbar waren. Es ist richtig, dass es deshalb auch an Norbert Kettner und sein Team einen klaren Auftrag gibt, diese Strategie entsprechend anzupassen, um klar zu machen, wie wir denn mit den aktuellen Themen-Settings umgehen. Ich glaube, es sind drei wesentliche Themen, die ich hier fokussieren möchte, einerseits die Wertschöpfung. Die Wertschöpfung als Zielsetzung weiter zu steigern, bleibt aufrecht, auch von den Größenordnungen. Wir wollen uns dort wieder heranarbeiten, wo wir 2018 und Anfang 2019 gestanden sind. Das Zweite ist natürlich das Thema, das ich heute schon nur für den Tagungsbereich angesprochen habe - es ist natürlich für den touristischen Markt noch viel, viel wichtiger -, nämlich die Vollzeitarbeitsplätze, die wir in dieser Stadt mit dem touristischen Thema verbinden. Da haben wir einen klaren Auftrag, diese weiterzuentwickeln und weiter zu fördern. Drittens, was uns bei der Strategie besonders am Herzen liegt, ist natürlich die Verträglichkeit des Tourismus für die Wienerinnen und Wiener. Diese soll weiterhin so hoch bleiben, wie sie ist. Wir sehen selbst jetzt mittlerweile in den Innenstadtbezirken, na, da tut sich schon sehr viel, wir sind also schon wieder auf gutem Wege zurück. Das tut der Wirtschaft, das tut den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gut, aber hier ist natürlich auch Sorge zu tragen, dass wir das auch richtig analysieren, dass wir versuchen, in die Breite zu gehen und auch hier zusätzliche Angebote in Wien machen. Ich darf da auch immer wieder verweisen, dass der WienTourismus mit einer eigenen App für unterschiedliche Wanderwege, für unterschiedliche Aktivitäten wirbt, um eben ein Zeichen zu setzen, dass Wien viel mehr ist als Schönbrunn und der Stephansplatz, aber natürlich sind das die Hauptdestinationen, die hier angegangen werden. Darüber hinaus haben wir aber auch noch weitere Ziele, die die direkte und indirekte Wertschöpfung betreffen, wozu ich eben schon ausgeführt habe, dass wir versuchen, auf das Niveau von 2018 zurückzukommen, um eben für 2025 hier eine Punktlandung zu erzielen. Da gibt es zwei Werte, die zu nennen sind. Das sind 5,6 Milliarden EUR, die für Österreich geplant sind. Davon würden 4,7 Milliarden EUR auf Wien entfallen, wie immer ein sehr, sehr großer Brocken, den wir uns für die Statistik dann im Nachhinein für 2025 vorgenommen haben. In der Form glaube ich, dass wir hier gut getan haben, eine Anpassung vorzunehmen, aber dass die generelle Linie der Vienna-Visitor-Economy- Strategie weiter funktioniert und dass wir diese auch in der Form weiter leben werden. Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Abg. Guggenbichler gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat! Ich bin immer wieder beeindruckt, wenn ich eine Frage der SPÖ-Fraktion in der Fragestunde an den Herrn Stadtrat höre. Ich finde, die Aufgabe des Parlaments ist ja an sich die Kontrolle der Regierung, und ich bin wirklich beeindruckt, wie kritisch die Fragen der SPÖ-Fraktion immer sind. Ich bin auch beeindruckt, dass Sie auch immer bei einer spontanen Zusatzfrage Zettel bei der Hand haben, damit Sie auf diese auch antworten können. Offensichtlich dürften Sie auch umfassend informiert sein. Nun zu meiner wirklichen Frage: Wir haben in der letzten Tourismuskommission darüber gesprochen, ja, wir haben die Zahlen von 2019 fast wieder erreicht. Wir müssen damit rechnen, dass wir nächstes Jahr die Zahlen überschreiten werden. Wir haben aber auch einige Veränderungen in dieser Zeit gehabt. Wir haben zum Beispiel eine Redimensionierung der Praterstraße und wir wissen, dass die Touristen im Hafen ankommen und wir die Touristen auch in die Stadt bringen müssen. Gibt es Konzepte, Infrastrukturkonzepte, Verkehrskonzepte - Sie haben vorhin auch die Verträglichkeit des Tourismus für die Bürger angesprochen -, in Zukunft diese touristischen Massen, die wir haben werden, in der Stadt zu verteilen? Gibt es als Alternative zur Praterstraße, damit wir dort vielleicht kein großes Stauaufkommen haben, auch schon Konzepte, damit es dort für die Bürger, die dort leben, keine größeren Probleme geben wird? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR KommR Peter Hanke: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, es ist der Respekt dem Haus gegenüber, dass man vorbereitet in eine Fragestunde geht. (Heiterkeit von Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM. - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Ich bin beeindruckt!) Deshalb nehmen Sie es einfach als Service von meiner Seite an, dass ich kurz auf die wichtigen Themen und auf die wichtigen Größenordnungen auch eine Antwort habe, was eigentlich in der Form angesagt ist. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Natürlich haben wir auch gemeinsam in der letzten Sitzung der Tourismuskommission darüber diskutiert, wie denn eine Möglichkeit besteht, sich von Themen wie Overtourism recht frühzeitig zu entfernen, damit die erst gar nicht aufkommen. Natürlich war darum auch mein Hinweis vorhin auf unsere App, wo wir versuchen, zusätzliche interessante Standorte im touristischen Segment aufzutun und auch zu zeigen, dass für den wiederholten Wien- Besucher natürlich andere Alternativen vorhanden sind. Die werden auch gewählt, aber es ist natürlich müßig, zu sagen, wenn ein Erstbesuch stattfindet, dass der nicht bei der Stephanskirche oder in Schönbrunn endet. Dieser Wirklichkeit müssen wir ins Auge blicken. Wir können natürlich nur in Teilbereichen versuchen, andere Wege zu gehen, einerseits indem wir natürlich unseren öffentlichen Bereich des Verkehrs ein Mal mehr in den Fokus stellen, dass man relativ schnell von A nach B kommen kann und vom Thema der Bewegung und der Mobilität viele Möglichkeiten hat, individuell einen Weg zu finden, um sein spezielles Ziel zu finden. Wir haben mit den Flusskreuzfahrtunternehmen aber derzeit eine intensive Partnerschaft, wo wir versuchen, ganz klar auch eine über den Tag verteilte Struktur zu finden, damit nämlich die Bustouristen, die dann in die Stadt gebracht werden, hier nicht auffällig zu gleichen Zeiten unterwegs sind. Das ist nicht so leicht, weil natürlich die Tage jetzt im Mai und im Juni lang sind, die werden dann kürzer und irgendwie möchte man Schönbrunn vielleicht auch bei Tageslicht sehen. Wir kämpfen uns da heran, aber die Aufteilung über den gesamten Tag wird sukzessive besser werden. Deshalb glaube ich, dass wir jetzt rechtzeitig gut beraten sind, das mit großer Ernsthaftigkeit anzugehen, denn wir wollen diese hohe Verträglichkeit des Wien-Tourismus - auch diese Zahl habe ich auf einem Zettel stehen, nämlich neun von zehn sagen, der Tourismus ist gut verträglich in dieser Stadt - weiter auf diesem Wert halten. Präsident Ernst Woller: Die 3. Zusatzfrage wird von Abg. Arsenovic gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Johann Arsenovic (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Landesrat! Für die GRÜNEN ist ja die Verbindung von Ökonomie und Ökologie sehr, sehr wichtig, auch natürlich im Tourismus. Beim nachhaltigen Tourismus leisten wir Pionierarbeit. Daher freut es mich natürlich besonders, dass sogar die Freiheitliche Wirtschaft das Thema aufgreift und über nachhaltigen Tourismusverkehr und Overtourism spricht. Da ist uns schon wirklich viel Gutes gelungen. (Heiterkeit bei Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) Meine konkrete Frage geht in diese Richtung, es geht um die Strategie des WienTourismus bezüglich Nachhaltigkeit und Ökologie. Was sind die Punkte in der Strategie des WienTourismus, oder welche Punkte streben Sie an? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR KommR Peter Hanke: Herr Kollege, ein Ziel ist uns ganz besonders wichtig, da geht es um das Umweltzeichen, das verliehen wird. Es hat sich der WienTourismus auch in seiner Strategie vorgenommen, diesen Bereich weiter zu promoten, auszubauen, dass sich möglichst viele Unternehmen - das sollten 25 Prozent sein, die noch ungefähr zusätzlich bis 2025 in dieser Strategie als Zielwert vorgegeben werden, um eben ein Zeichen zu setzen, wie Nachhaltigkeit von unserer Seite verstanden wird - verpflichten, diesen Weg zu gehen, auch natürlich in der Frage, die ich vorhin schon kurz angesprochen habe. Wir haben einen großes Öffi-Netz, wir haben zwei Millionen Fahrgäste pro Tag, das entsprechend promotet und in die touristische Angebotsthematik einbezogen werden soll. Dieses Thema der Nachhaltigkeit ist natürlich auch im engsten Bereich zu sehen, wenn es darum geht, wie wir denn auch unsere Produkte selbst vermarkten. Auch hier gehen wir neue Wege. Ich denke einmal, dass sowohl auf nachhaltigkeitsökologischer Seite als auch auf ökonomischer Seite mit der Vienna Strategy, die wir hier gefahren haben, ein Großteil abgedeckt wird. Zum Thema Mobilität vielleicht noch eines: Wir alle waren dabei, wir haben jetzt in den letzten eineinhalb Jahren das WienMobil-Rad massiv ausgebaut, das in allen Bezirken angeboten wird, also auch hier für die letzte Meile ein schönes Angebot für Wien-Touristen, sich diese Stadt anzuschauen. Am Ende wird es darum gehen, die Vermarktung so an die Spitze zu führen, dass man das Thema Nachhaltigkeit in allen Prozessschritten glaubhaft wirklich spürt, aber ich denke einmal, das wird dem WienTourismus, Norbert Kettner und seinem Team, sicher gelingen. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 4. Zusatzfrage wird von Abg. Grießler gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Markus Grießler (ÖVP): Schönen guten Morgen, Herr Landesrat! Wir beide teilen die Freude über den Vienna Meeting Fund und was damit gelungen ist. Es ist einfach ein Hebel, Wertschöpfung zu generieren. Meine Frage ist die nach der zweiten Aufladung, die jetzt stattgefunden hat. Ist von Ihrer Seite geplant, den Vienna Meeting Fund auch in Zukunft - er ist ja aus der Not geboren in der Pandemie - höher aufzuladen, wie es vielleicht noch vor der Pandemie war, um hier auch die Wertschöpfung in die Zukunft zu führen und mehr Wertschöpfung für den Kongresstourismus zu generieren? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR KommR Peter Hanke: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, es ist derzeit in diesen 8 Millionen noch Platz für neue Förderanträge. Das halte ich für wichtig. Ich mache aber kein Hehl daraus, dass das eine Aktivität ist, die uns durchaus, wie ich am Anfang schon ausgeführt habe, ein Stück weit vom Mitbewerb abhebt. Deshalb, glaube ich, sind wir gut beraten, wenn wir so ein Instrument auch für die nächsten Jahre weiterführen sollten. Also ein klares Ja auf Ihre Frage. Präsident Ernst Woller: Danke. Damit ist die Fragestunde beendet. Wir kommen jetzt zur Aktuellen Stunde. Der ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien hat eine Aktuelle Stunde zum Thema "Wien braucht eine Transparenzoffensive - umfassende Reform der Untersuchungskommissionen und des Stadtrechnungshofes notwendig!" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte den Erstredner, Herrn Abg. Wölbitsch, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Ich bitte um Ihre Rede. Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben schon sehr viel über demokratiepolitische Instrumente und Maßnahmen zur Kontrolle diskutiert, vor allem auch gestern im Gemeinderat, aber man kann nicht genug darüber diskutieren und auch nicht genug darüber sprechen. Eine der wichtigsten Ansprechpartner - sie schauen mich auch schon so an - zu diesem Thema sind natürlich die NEOS, vor allem auch, weil sie auf Bundesebene immer wieder ganz gute Vorschläge und Ratschläge an andere Parteien haben, also speziell auch an unsere (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Und in Wien machen wir es!) - ich komme noch darauf zu sprechen - und sich dann immer auch über sehr viele Dinge empören, die auf Bundesebene passieren, Maßnahmen, die gesetzt werden, wo man sagt, das ist zu wenig, das geht nicht weit genug. Es sind verschiedenste Themen, wenn wir das auch noch kurz ansprechen wollen, wie Wahlkampfkosten, wo man sich riesig über Überschreitungen empört, die dann eh gar nicht stattgefunden haben. Da fragt man sich natürlich: Was machen die NEOS, wenn sie in Regierungsverantwortung sind? Das machen wir hier in dem Haus öfter, es ist meistens eher eine enttäuschende Analyse. Auch bei dem Thema muss man sagen, sehr geehrte NEOS, das Einzige, was jetzt groß an Projekten im Bereich Transparenz und Kontrolle, Ausbau demokratischer Rechte passiert ist, war die Nichtreform der Untersuchungskommission. Da muss man jetzt nach fast einem Jahr Untersuchungskommission zur Wien Energie zusammenfassend sagen: Ihr habt es geschafft, mit dieser Reform eines der wichtigsten Kontrollinstrumente in unserer Stadt umzubringen, und das ist wahrlich keine Leistung. (Beifall bei der ÖVP.) Deshalb bitte ich auch um Verständnis, wenn jetzt wieder neue Themen diskutiert werden, dass wir natürlich durchaus kritisch sind, weil wir ja auch in dieser Reformgruppe gesehen haben, in welche Richtung es geht und uns dann auch lautstark zu Wort gemeldet haben, warum wir das nicht unterstützen können. Ich merke auch jetzt schon wieder, dass man sagt, das Klima ist so super, man hat sich so nett unterhalten. Es ist eh gut, wenn es so ist, aber am Ende zählen dann doch die Inhalte, die bei so einer Arbeitsgruppe rauskommen, und uns war damals auch schon klar, was rauskommen wird. Ich gehe später auch noch einmal darauf ein, was wir jetzt in einer Reform der Reform gerne hätten, damit die Untersuchungskommission wieder funktioniert. Umso mehr finde ich es auch schade, dass die Reform der Reform der Untersuchungskommission jetzt nicht Teil dieser Gesetzesinitiativen ist, die Sie auf den Weg bringen wollen. Wir haben versucht, das noch auf die Tagesordnung zu bringen, aber es hat leider seinen Weg nicht mehr dort hingefunden. Ich glaube schon, dass es viele Themen gibt, wo man gar nicht mehr viel diskutieren müsste, um sie auch umzusetzen. Ich freue mich auch sehr, dass ich unter dem Titel "Sie bewegt sich doch." gelesen habe, dass die SPÖ jetzt darüber nachdenkt, auch die Notkompetenz vielleicht nachzuschärfen und zu überarbeiten. (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Das war schon lange!) Ich bin schon sehr gespannt. Wir beteiligen uns natürlich auch da gerne an einem Diskussionsprozess. Es ist schön, dass auch die SPÖ sieht, dass es nach dem Skandal rund um die Wien Energie nicht mehr so weitergehen kann wie bisher. Sie haben aber jetzt mehrere Themen und Gesetzesinitiativen aufs Tapet gehoben. Zwei wollen wir speziell beleuchten, aber vielleicht nur kurz im Abriss, um welche Themen es geht: Parteienfinanzierung ist ein Thema, glaube ich. Man hat sich die Reformen, die jetzt auf Bundesebene gekommen sind, als Beispiel genommen und analog jetzt versucht, auch für Wien Regelungen zu finden. Bei der Parteienfinanzierung, behaupte ich einmal, werden wir eine relativ große Einstimmigkeit hinbekommen. Beim Thema Wahlkampfkosten, Wahlkampfkostenbeschränkung muss ich mir schon erlauben: Ich hoffe, Sie verkaufen das jetzt nicht als Riesenerfolg, dass man die Wahlkampfkosten in Wien von 6 Millionen EUR auf 5 Millionen EUR beschränkt. Wie gesagt, Sie haben sich im Bund auch immer wieder sehr echauffiert. (Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad: Die müssen Sie einmal überhaupt einhalten!) Ich darf nur in Erinnerung rufen, die Wahlkampfkostengrenze im Bund - nicht valorisiert, gebe ich zu, aber die Größenverhältnisse stimmen natürlich -: 1,09 EUR pro Wahlberechtigten sind die Wahlkampfobergrenze im Bund - wir reden von einer bundesweiten Wahl. (Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad: Einhalten!) Ja, ja, ich wüsste nicht, wann das nicht passiert ist. (Heiterkeit bei SPÖ, FPÖ und NEOS. - Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad: Jedes Mal!) - Na, nicht lachen, liebe NEOS! Nehmt euch selber an der Nase. 1,09 EUR Wahlkampfobergrenze im Bund, in Wien nach eurer Reform 4,40 EUR pro Wahlberechtigten. (Zwischenrufe bei NEOS und FPÖ.) Das ist 4 Mal so viel wie im Bund. Das ist ja keine Reform, das ist lächerlich, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Aber das ist so ähnlich wie bei den Inseraten, wo ihr in der Koalition auch nichts weiterbringt, wo man irgendwie erklären muss, warum Wien ein Vielfaches an dem ausgibt, was der Bund ausgibt. Ich akzeptiere aber, man muss in Wien anscheinend mehr werben als bundesweit und in Wien muss man anscheinend auch mehr Wahlkampfkosten für die SPÖ einrechnen, als das bundesweit der Fall ist. Das wird wahrscheinlich ein Thema sein, wo wir schauen müssen, ob sich da vielleicht noch etwas in den Gesprächen bewegt. Auf den Stadtrechnungshof wird mein Kollege und Stadtrechnungshofsprecher Gorlitzer noch ein bisschen näher eingehen. Es sind einige gute Punkte dabei, aber es gibt auch einiges, wo wir glauben, dass es noch sehr wichtig ist, es zu berücksichtigen. Was uns natürlich jetzt speziell wichtig ist - das ist der zweite große Schwerpunkt -, ist die Reform der Reform der Untersuchungskommission. Da gibt es aus unserer Sicht einiges zu tun. Wir haben es auch schon eingebracht und auch gestern diskutiert. Es kann nicht sein, dass wir eine Untersuchungskommission führen, wo wir nur darauf angewiesen sind, was uns Zeugen sagen, wo uns die SPÖ ihre Geschichte erzählt, wo uns die Verwaltung ihre Version der Geschichte erzählt, und wir nicht mit Unterlagen und Dokumenten nachprüfen können, ob das, was uns gesagt wird, wirklich stimmt, wo wir Bittsteller sind. Nicht nur wir, sondern auch der unabhängige Vorsitzende ist Bittsteller und kann sagen, na ja, er hätte gerne Unterlagen, aber aus unterschiedlichen Gründen werden diese nicht geliefert. Daher ist unsere klare Forderung, dass wir endlich einen umfassenden Beweisbeschluss haben. Was heißt, umfassender Beweisbeschluss? Dass wir nicht ganz zielgenau anfragen müssen, welche Unterlage und welches Dokument wir gerne hätten und dann treffen wir vielleicht 10 cm vorbei und dann sagt die Stadt, na ja, das ist das falsche Dokument, sondern dass es so wie im Bund einen umfassenden Beweisbeschluss gibt, wo man sagt, man hätte zu einem Thema gerne alle Unterlagen, die etwas Erhellendes zu diesem Thema beitragen. Das hätten wir gerne. Also das, was die NEOS im Bund weidlich nützen, hätten wir gerne auch in Wien. Wir hätten gerne auch eine verpflichtende Aktenvorlage von Unterlagen, wenn wir etwas von der Stadtverwaltung anfordern. Wir hätten auch gerne eine Schiedsstelle. Das kann nicht der Verfassungsgerichtshof sein, das wissen wir eh, aber zumindest so etwas wie etwa der Verwaltungsgerichtshof, den wir auch als Oppositionsparteien anrufen können, wenn wir Informationen nicht bekommen. Dann gibt es viele kleinere Dinge, glaube ich, die man auch noch reformieren sollte, wenn es um die Untersuchungskommission geht. Skurril: Kollege Ellensohn hat mich gestern darauf aufmerksam gemacht, wir können zwar gemeinsam mit der FPÖ mit der Anzahl der Unterschriften eine Untersuchungskommission einberufen, aber wir können in dieser Konstellation zum Beispiel keinen Minderheitsbericht abgeben, was auch ein bisschen skurril ist. Da gibt es also einige Dinge, glaube ich, die man noch reformieren kann und reformieren muss. Nur, meine große Bitte an die NEOS ist, zumindest bei dem Thema, wenn es um die Reform der Reform der Untersuchungskommission geht, sehr standhaft zu bleiben, denn eines muss man auch sagen: Auch in der Untersuchungskommission hat sich die Stadtverwaltung ja nicht sehr mit Ruhm bekleckert, was jetzt der Wunsch nach Transparenz und Aufklärung oder das Liefern von Beiträgen für Transparenz und Aufklärung betrifft. Es funktioniert immer wieder nach dem gleichen Muster. Ich kann da ein anderes Beispiel heranziehen, weil es gerade in der "Presse" war. Sie werden sich erinnern, vor ein paar Jahren hat die Stadtverwaltung ja eine gute Idee gehabt. Man hat gesagt, na ja, jeder soll Feedback einschicken, was in der Stadtverwaltung vielleicht verbessert werden kann und was man da irgendwie noch ändern soll, damit Dinge besser werden. Das wurde alles gesammelt, nur, bis heute weiß keiner, was da dringestanden ist. Wir als Opposition wissen es bis heute nicht und auch die Öffentlichkeit weiß es bis heute nicht, weil man gesagt hat, na, das kann man nicht veröffentlichen. Da sind sensible Daten drinnen, und das will man nicht, dass das an die Öffentlichkeit kommt. - So viel zu transparenter Stadtverwaltung. Ein findiger Journalist hat sich dann auf den Weg gemacht und versucht, die Veröffentlichung zu erstreiten. Und siehe da, via Gerichte und Instanzenzug - dafür gibt es ihn ja Gott sei Dank auch ... Vielleicht auch das noch an die NEOS: Nur, weil die Stadtverwaltung sagt, man kann etwas nicht veröffentlichen, heißt es nicht, dass es so ist. Auch wenn die SPÖ sagt, man kann etwas nicht veröffentlichen, heißt das nicht, dass es so ist - Kollege Gara folgt ja immer eins zu eins dieser Argumentation -, sondern es gibt zum Glück einen Instanzenzug, der dann feststellt, ob es wirklich nicht veröffentlicht werden kann. In dem Fall zum Beispiel kommt das Verwaltungsgericht zum Schluss, alles, was da an Feedback eingesammelt wurde, muss man zumindest einmal diesem Journalisten zugänglich machen. Dann hat man ihn in einen Datenraum gesetzt und gesagt: Du hast jetzt acht Tage Zeit, dir diese Unterlagen anzuschauen, darfst aber nichts kopieren, nichts scannen. Der hat natürlich gesagt, nein, denn es steht aus seiner Sicht nichts Vertrauliches drinnen und er hätte jetzt gerne die ganzen Unterlagen. Dieser Rechtsstreit geht also weiter. Warum verwende ich dieses Beispiel - nachzulesen übrigens in der "Presse" vom 19. Juni? Sehr spannend ist auch, dass seitens der Stadtverwaltung versucht wird, auch auf den Richter Druck auszuüben, der ein gewisser Herr Pühringer ist, was ja auch spannend ist, weil er ja auch gleichzeitig ein aus meiner Sicht sehr guter Vorsitzender in der Untersuchungskommission ist. Auch da gibt es also keinen Aufschrei der NEOS, aber es zeigt eines ganz klar: Wenn man in dieser Stadt Transparenz will, dann muss man sie sich erkämpfen. Dann darf man sich auch nicht mit Antworten der SPÖ und auch nicht Antworten der Stadtverwaltung abspeisen lassen. (Beifall bei der ÖVP.) Unsere Forderung ist daher ganz klar: Wir beteiligen uns gerne an jedem Diskussionsprozess, wenn am Ende auch wirklich etwas Gutes dabei rauskommt. In der Vergangenheit, liebe NEOS, hat es leider nicht funktioniert. Ich hoffe für uns alle, dass es diesmal funktioniert. Daher weniger NEOS-Marketing, sondern bitte mehr Substanz, mehr Tempo bei den Reformen, damit wir ein hoffentlich gemeinsames Ziel erreichen, nämlich mehr Transparenz und mehr Kontrolle in dieser Stadt. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Meine Damen und Herren, ich darf nun auf der Besuchergalerie eine hochrangige Delegation begrüßen, nämlich den Premierminister von Bhutan Lotay Tshering mit seiner Delegation. (Allgemeiner Beifall.) Mister Prime Minister, welcome to Vienna! Darüber hinaus darf ich Frau Abg. Hungerlänger für den restlichen Tag entschuldigen. Wir gehen weiter in der Tagesordnung. Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächster Redner hat sich Abg. Krauss zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rot-Pink wirkt wie eine SPÖ-Alleinregierung mit einem pinken Vizebürgermeister-Praktikanten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht mir eingefallen, sondern das ist treffenderweise in der heutigen Ausgabe der Tageszeitung "Die Presse" von einer Kolumnistin zu lesen, die unverdächtig ist, der FPÖ nahezustehen. Wenn Frau Schwaiger das aber schreibt und hier gut auf den Punkt bringt, wie wenig sich seit der SPÖ-Alleinregierung, dann zur rot-grünen Regierung und jetzt mit Rot-Pink geändert hat, dann ist natürlich klar, dass das in vielen Bereichen das Versagen der NEOS im Transparenzbereich, aber auch in allen anderen Aufgabenbereichen auf den Punkt bringt. Dieses Zitat, Rot-Pink wirkt wie eine SPÖ-Alleinregierung mit pinkem Vizebürgermeister-Praktikanten ist leider mehr als zutreffend. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Wolfgang Kieslich.) Denn nach gut zwei Jahren Regierung hat sich die ehemalige Transparenzpartei NEOS - da muss ich meinem Vorredner zustimmen - vollkommen aufgegeben, denn von den ehemaligen Versprechungen im Transparenzbereich ist absolut nichts übrig geblieben. Ein Transparenzstadtrat Wiederkehr, der sich nur so nennt, aber diese Aufgabe nicht ausfüllt, nicht mit Leben erfüllt, würde, wenn es ihn nicht mehr gäbe, niemandem auffallen und niemandem abgehen, weil außer leeren Versprechungen, außer Lippenbekenntnissen und außer falschen Ankündigungen wirklich gar nichts von der angeblichen Transparenzpartei übrig geblieben ist. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Wolfgang Kieslich.) Die Einzigen, die die Gewinner dieser Koalition sind, sind wahrscheinlich die Roten, vielleicht Kollege Taucher, der froh ist, dass er einen willfährigen Helfer gefunden hat. Die NEOS scheinen nicht auf. Die Oppositionsrechte werden weiter nicht ausgebaut, aber auf der Strecke bleiben definitiv die Wienerinnen und Wiener und vor allem auch die so notwendige Kontrolle in dieser Stadt. Wenn wir jetzt seit fast einem Jahr eine Untersuchungskommission haben, die tagt, dann fällt einem natürlich auf, dass es dort wesentliche Punkte gibt, die nicht verbessert wurden, obwohl das im Vorfeld von den NEOS versprochen wurde. Es ist ein absoluter Witz, dass Zeugen in vielen Bereichen nicht aussagen müssen. Es gibt keinen Passus, der den Magistrat zu einer kompletten Aktenvorlage verpflichtet. Es kann der Bürgermeister in der Untersuchungskommission sitzen und sagen, die Handydaten werden nur drei Monate gespeichert, daher kann er sie nicht übergeben. All diese offensichtlichen Unwahrheiten, all diese offensichtlichen Pflanzereien bleiben sanktionslos. Eine solche Untersuchungskommission ist in Wahrheit nicht notwendig. Wenn es keinen Umbau gibt, wenn es keinen Ausbau der Kontrollrechte gibt, dann müssen wir so etwas in Zukunft in Wahrheit in der Form nicht mehr durchführen. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Wolfgang Kieslich.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage es an diese Stelle nochmals, weil es ja leider in der Untersuchungskommission oftmals außerhalb der allgemeinen Wahrnehmung passiert: Wenn es ernsthaft der Fall sein kann, dass ein E-Mail im ELAK vorliegt, wo ein Mitarbeiter des Bürgermeisters und des Magistrats schreibt, ich habe die Änderungswünsche des Bürgermeisters nun berücksichtigt, und der Bürgermeister in der Untersuchungskommission sitzt und sagt, na, ich habe nie einen Auftrag gegeben, dass es Änderungswünsche gibt, wir nachfragen, na, führt das dann zu Konsequenzen beim betroffenen Beamten, wenn der sich als Sie ausgibt und sagt, er hat Wünsche des Bürgermeisters beauftragt, die es nie gegeben hat, und der Bürgermeister uns dann darauf antwortet, nein, denn der Beamte hat es ja vielleicht gut gemeint: Meine sehr geehrten Damen und Herren, viel offensichtlicher kann man nicht zum Ausdruck bringen, dass man diese Untersuchungskommission nicht ernst nimmt, dass man dort offenbar die Wahrheitspflicht nicht so genau nimmt und dass man die Opposition und die Wienerinnen und Wiener an der Nase herumführt. (Beifall bei der FPÖ sowie von Abg. Wolfgang Kieslich und von Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) Sie alle wissen ja auch, dass das stimmt. Sie alle wissen, dass da die Unwahrheit gesagt wird. Es ist Ihnen nur egal, weil Sie lieber an der Macht bleiben, anstatt hier für ehrliche Aufklärung zu sorgen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zeit ist leider kurz, man könnte noch über so vieles sprechen, wie über das Werbebudget der Stadt Wien, wo die NEOS immer versprochen haben, die Medienpolitik muss transparent werden, die Inseratenbudgets müssen gesenkt werden. Was ist passiert? Allein im Jahr 2022 wurde das Werbebudget der Stadt Wien um über 57 Prozent überschritten, obwohl man es ohnehin im Vorfeld schon sehr hoch angesetzt hatte. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen - und man könnte noch viel mehr sagen -, von den NEOS-Versprechungen ist nichts übrig geblieben, die Stadt Wien ist intransparent wie eh und je. (Beifall bei der FPÖ sowie von Abg. Wolfgang Kieslich und Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abg. Emmerling. Ich erteile es ihr.Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! "Wien braucht eine Transparenzoffensive - umfassende Reform der Untersuchungskommission und des Stadtrechnungshofes ist notwendig!" Das ist der Titel Ihrer Aktuellen Stunde. Ich darf Sie vielleicht daran erinnern, ich weiß nicht, wo Sie in den zweieinhalb Jahren waren, seitdem wir NEOS auch hier in der Regierung sind: Wir haben in diesen zweieinhalb Jahren, und zwar im ersten Jahr, die Untersuchungskommission reformiert (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Aber wie? - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Eben nicht! Sie haben sie kaputtgemacht!) und wir sind jetzt nach zweieinhalb Jahren in den Endzügen einer riesengroßen Reform des Stadtrechnungshofes, wo es Sie nicht einmal interessiert, was da drinnensteht, weil Sie nicht einmal dabeigesessen sind. (Beifall bei NEOS und SPÖ. - Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn Sie hergehen und gestern zum Beispiel sagen, das ist eine Scheinreform, dann haben Sie wirklich keine Ahnung. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Aber ja, ich sehe schon, Transparenz und Kontrolle ist das neue Lieblingsthema der ÖVP, aber nur, wenn Sie in Opposition sind, denn wenn Sie in der Regierung sind, dann schaut das anderes aus, denn dann ist das Thema schnell vergessen. Weil wir bei der Untersuchungskommission sind: Ich erinnere an den Untersuchungsausschuss im Parlament. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Aktenlieferung verpflichtend!) Sie wissen wahrscheinlich, wie es dort zugegangen ist, und da brauchen wir den Vergleich, glaube ich, nicht zu scheuen. (Abg. Maximilian Krauss, MA: Ihr tut dann alles nicht!) Es hat ja damit angefangen, dass die ÖVP den Untersuchungsgegenstand rechtswidrig einschränken wollte. Das wurde vor dem VfGH gewonnen. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Es gab den VfGH! Wir haben das nicht einmal in Wien!) Die ÖVP wollte die Lieferung von BMF-Akten verhindern (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ihr habt geschaut, dass wir keine Unterlagen bekommen!), indem sie die Lieferungen verweigerte, dann um 180.000 EUR Gutachten kaufte, um das zu verteidigen, trotzdem vor dem VfGH verlor, dann komplett schikanös mit hoher Einstufung in Papierform Akten geliefert hat. Daraufhin hat sich sogar der Herr Bundespräsident einbringen müssen, damit diese Akten geliefert werden und musste das Straflandesgericht mit der Übersichtung und der Übersendung vor dieses Parlament beauftragen. (Beifall bei NEOS und SPÖ. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Tun Sie nicht schon wieder schulmeistern!) Sie als ÖVP haben Ihre eigenen Minister im Untersuchungsausschuss gefragt: Na, warum sind Sie denn so gut, oder wie funktioniert denn eigentlich so ein Ministerium? Sie haben Befragungen künstlich in die Länge gezogen, um Auskunftspersonen zu verhindern, die Ihnen unangenehm waren. (Beifall bei NEOS und SPÖ. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ihr habt der SPÖ beim Verschleiern geholfen!) Ihre Minister haben sich regelmäßig entschlagen, und das ist in der UKo in Wien kein einziges Mal passiert. Keine einzige Auskunftsperson hat sich einmal entschlagen. Sie haben alle Informationen bekommen. (Anhaltende Zwischenrufe von Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) Sie schwimmen hier, was die UKo betrifft. Das ist auch der einzige Grund, warum sie die UKo jetzt abdrehen wollen, weil sie einfach am Ende ihres Lateins sind, weil es da nichts gibt. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Noch etwas ist mir eingefallen: Präsident Sobotka hat sogar Fragen unterbunden, die vom Verfahrensrichter als zulässig empfohlen wurden. Ich meine, das muss man sich einmal geben! (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: 98 Prozent der Vorschläge ist er gefolgt!) Im Vergleich dazu mit unserer Reform der Untersuchungskommission: Hier entscheidet nicht der Gemeinderatsvorsitzende oder der Landtagspräsident über eine Frage (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ja! Der Magistrat entscheidet!) oder über eine Zeugenladung, nein, das macht ein unabhängiger Richter mit einem Schiedsgremium. (Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Das ist ja lächerlich!) Die entscheiden über diese Fragen, und das ist eine riesengroße Neuerung. Wir haben das Einsetzungsquorum von 30 auf 25 MandatarInnen gesenkt. Wie gesagt, der Vorsitz ist den RichterInnen vorbehalten, es gibt ein Schiedsgremium, das über strittige Fragen bei der Verfahrensführung entscheidet. Sie haben als Minderheitenrecht die Möglichkeit der Ladung einer unbegrenzten Zahl an ZeugInnen und Auskunftspersonen. Sie haben die neue Regelung der Verfahrenshilfe, die Ausweitung des Untersuchungszeitraums von acht auf zehn Jahre, die Möglichkeit der Verlängerung der U-Kommission, aber auch zum Beispiel auch zur Beendigung, wie Sie es jetzt wollen. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Warum soll ich die verlängern, wenn ich keine Unterlagen kriege?) Das alles sind großartige Neuerungen, die es davor nicht gegeben hat. Das heißt, in zweieinhalb Jahren haben wir eine Reform der Untersuchungskommission und eine Reform des Stadtrechnungshofes auf den Weg gebracht. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Was wir auch und immer gesagt haben: Ja, wir werden aus der Causa Wien Energie unsere Schlüsse ziehen, und ja, wir werden uns auch die Untersuchungskommission anschauen, nachdem sie beendet wurde. Ja, da gibt es vielleicht die eine oder andere Möglichkeit, wo man nachbessern kann. Wir haben in unseren Gesprächen - Sie waren ja nicht dabei, Herr Wölbitsch, Sie waren nicht dabei, Sie brauchen eigentlich überhaupt nicht mitreden (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Aber das entscheiden nicht Sie, wo ich mitrede, das entscheide schon noch ich!) - auch gesagt, wir setzen uns danach zusammen und können darüber diskutieren, wie wir auch in Zukunft eine Untersuchungskommission noch detaillierter gestalten können, um solche Fragen zu lösen. Ich glaube aber, das wird Sie nicht interessieren, weil es einfach reiner Populismus ist, mit dem Sie an diese Sache herangehen. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Oh ja, bitte! Jetzt diese Keule!) Zum Stadtrechnungshof: Wir sind am Ende unserer Verhandlungen, wir haben die Allparteiengespräche geführt. Ich habe einhellig auch in dieser Runde, wo Sie nicht dabei waren, Herr Wölbitsch, gehört, dass es eine großartige Reform ist, dass es riesengroße Schritte für eine Unabhängigkeit des Stadtrechnungshofs sind. Es gibt mehr Weisungsfreiheit, es gibt mehr Prüfkompetenzen, er wird als eigenes Organ herausgelöst, und schon das ist einmal ein riesengroßer Schritt. Es gibt eine Neuregelung bei der Bestellung des Direktors, er entscheidet selbst über die Aufnahme von Prüferinnen und Prüfern, es werden die Kontrollbefugnisse, was die Verwendung von Fördergeldern betrifft, ausgebaut, es gibt eine Meldepflicht bei Großvorhaben, wenn es eine Kostenüberschreitung gibt. Da wird gerade diskutiert, ob wir auch noch eine Dauerüberschreitung machen können. Das wäre ebenfalls auf jeden Fall wichtig. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Oh ja!) Ich glaube, in Summe kann man uns bei zwei so riesengroßen Reformen Untätigkeit im Transparenzthema nicht vorwerfen, denn das hat in dieser kurzen Zeit vor uns keine andere Partei geschafft. (Beifall bei NEOS und SPÖ. - Zwischenrufe von Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM und Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist Abg. Ellensohn zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! "Wien braucht eine Transparenzoffensive - umfassende Reform der Untersuchungskommission und des Stadtrechnungshofes." Zum Stadtrechnungshof haben wir eine Arbeitsgruppe mit allen Fraktionen, Gespräche aller Parteien. Das lasse ich aus, aber die Untersuchungskommission gibt eh genügend Stoff für fünf Minuten in der Aktuellen Stunde. Die aktuelle Untersuchungskommission: Jetzt geht es natürlich immer hin und her. Ich kenne das ja, die Regierung neigt dazu, die eigenen Erfolge übertrieben darzustellen und die Opposition macht auf der anderen Seite das Gleiche. Jetzt probieren wir es halt ein bisschen in der Mitte mit einer echten Bewertung. Die Untersuchungskommission wurde in der laufenden Periode verbessert, so wie fast jedes Mal. Alle paar Jahre gibt es Schritte in die richtige Richtung. Fertig wird man nicht so schnell, deswegen gibt es ja auch weitere Vorschläge. Das wäre weder ein Grund, so zu tun, als ob man für die Vergangenheit ein Sehr gut bekommen würde, noch muss man jetzt dringend ein komplettes Nicht genügend für die bisherige Arbeit ausstellen. Dass es aber genug zu tun gibt, sieht man an der Untersuchungskommission Wien Energie. Fangen wir einmal mit den Beweismitteln an. Die UK beschließt einstimmig, dass Beweismittel beim Magistrat oder bei der Wien Energie oder bei den Wiener Stadtwerken beantragt werden. Jetzt würde man doch annehmen, wenn das dort beschlossen wird, muss es geliefert werden. So ist es aber nicht. Man bekommt Antworten, und ich nehme nur eine exemplarisch, wo die geprüfte Stelle selbst entscheidet, ob sie glaubt, dass sie geprüft werden möchte und ob ihr das passt oder nicht. Das haben wir ein paar Mal vom Magistrat bekommen, ich nehme jetzt die Wiener Stadtwerke. Da gibt es auf ein Ersuchen, es ist egal, worum es geht, weil es wirklich exemplarisch ist und oft als Antwort vorgekommen ist. Wir haben es gehört, über 50 Beweisanträge, wo es um Inhalte geht, sind nicht beantwortet oder mit "ihr kriegt nichts" beantwortet worden. Über 50 Anträge - null Information für die gesamte Untersuchungskommission. Erster Punkt, sehr geehrte Damen und Herren, an die UK, an den Vorsitzenden, warum wir es nicht kriegen: keine Verpflichtung zur Vorlage. Da haben sie leider recht, keine Verpflichtung: Nach den rechtlichen Vorgaben, die für das Beweisverfahren vor der Untersuchungskommission maßgebend sind, besteht keine Verpflichtung, dass wir irgendetwas schicken. Darum schicken wir auch nichts. Der Herr Vorsitzende der Untersuchungskommission hat es auch gesagt, er kann den Brief fünf Mal schreiben, er kann anrufen oder sonst etwas, er hat null Möglichkeiten, durchzusetzen, dass diese Unterlagen herbeigeschafft werden. Das AVG, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, ist ganz offensichtlich nicht ausreichend. Warum hat man das das letzte Mal nicht korrigiert? Weil wir das Problem so noch nicht gekannt haben. Das ist noch nicht passiert, das ist echt neu in der Untersuchungskommission, dass einfach die Stellen sagen: Ich schick' es euch nicht. Die zweite Begründung lautet: Das entscheiden dann wieder wir. Die geprüfte Stelle sagt, ich sage, das ist nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst, also liefere ich euch das nicht. Dann kommt als Drittes, das hören wir eh öfter, Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. Wie hat das früher ausgeschaut? Früher hast du die Unterlage bekommen und was als Betriebsgeheimnis angesehen wurde - das war auch oft eine Diskussion-, war geschwärzt. Jetzt kriegst du einfach nichts! Man sagt einfach: Nein, ich gebe dir diesen Akt nicht, denn da drinnen sind Betriebsgeheimnisse. Wo die sind, sage ich dir nicht, und den Rest darfst du auch nicht lesen. Solche Antworten an die Untersuchungskommission haben wir ja nicht eine, sondern mehrere. Das geht nicht, offensichtlich wird hier jede Möglichkeit, die wir davor nicht überlegt haben, ausgenutzt, deswegen muss man das ändern. Kann man das ändern? Natürlich kann man das durch neue Spielregeln ändern. Operatives Geschäft von ausgegliederten Unternehmungen darf bis jetzt auch nicht geprüft werden. Auch das kann man leicht ändern. Wir haben am 22. September letztens einen Antrag eingebracht, der abgelehnt wurde. Wenn wir das nicht haben, bekommen wir genau das nicht, was wir bei der Untersuchungskommission jetzt gerne gehabt hätten, nämlich das operative Geschäft der Wien Energie zu prüfen, um zu sehen, ob irgendwelche Fehler passiert sind oder nicht. Das darf man nicht - kann man ändern. Die Ausweitung des Interpellationsrechts - das hat sogar der frühere Bürgermeister hier gesagt - würden wir gerne ändern. Ist bis jetzt nicht passiert. Geht das? Dann kommt immer die Bundesverfassung. Ja, wenn man die Bundesverfassung ändert, ist es noch einfacher. Kann Wien auch etwas machen? Ja, kann man, wenn man will! Wie geht das? Es ist einfach, wir haben es auch schon 100 Mal durchdiskutiert. Man kann in den Gründungsakt, in den Gesellschaftsvertrag, in die Satzung hineinschreiben, dass genau das hier geprüft werden kann. Man muss es nur hineinschreiben. Wenn hier der politische Wille besteht, kann man also entweder sagen, die Bundesverfassung und warten, oder es einfach selber machen. Mit Mehrheiten in diesem Haus schreibt man einfach diese ganzen Satzungen und Gesellschaftsverträge um. Letzter Punkt ist die Notkompetenz, "unverzüglich" sind beim Bürgermeister sechs Wochen. In der "Presse" wird heute die Frage gestellt: Darf der Bürgermeister nach Gutsherrenart Milliardenbeträge vorbei an den Gremien verschieben? Ja oder nein? Meine Antwort wäre nein. Deswegen ist es dringend notwendig, dass diese Art der Notkompetenz klar präzisiert wird und präzisiert wird, was unverzüglich heißt. Unverzüglich würde aber auch insgesamt heißen, die Spielregeln für eine Untersuchungskommission unverzüglich zu ändern, damit die nächste Untersuchungskommission nicht wieder vor dem Dilemma steht, 80 Anträge für Beweismittel abzugeben und 50 davon nicht zu bekommen. Damit kann man die Arbeit nicht so leisten, wie man möchte, und die Untersuchungskommission ist entwertet. Wer möchte, dass die UK einen Beitrag für Kontrolle und für Demokratie leistet, muss die Regeln ändern - unverzüglich. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Stürzenbecher. Ich erteile es ihm. Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei dieser Aktuellen Stunde geht es um Transparenz, und dazu kann ich sagen, dass wir in Wien einen besonders hohen Wert auf Transparenz legen - beide Regierungsparteien, und ich hoffe, auch die Opposition -, dass wir damit und dafür auch schon bei der Reform der Untersuchungskommission einiges und sehr vieles vorgeleistet haben und dass wir auch bei der Novelle des Stadtrechnungshofes dazu noch einmal einen großen Schub machen werden. Wenn man sich das anschaut, und das mache ich jetzt nur ganz kurz, weil meine Kollegin Mautz-Leopold zum Stadtrechnungshof noch Genaueres sagen wird: Allein die Punkte, die hier stehen - ich kann sie in den 5 Minuten leider nicht alle aufzählen -, sind 13 allein beim Stadtrechnungshof, womit die Unabhängigkeit des Stadtrechnungshofes noch einmal ganz massiv weiter gestärkt wird. Dann zum Parteienförderungsgesetz, Akademieförderungsgesetz und Parteiengesetz: Diese Punktation ist so weitgehend, dass sie nach phantasievollen Anschauungen kaum mehr weitergehender sein könnte. Ich finde, es ist sehr gut, dass wir hier die Transparenz derart an die erste Stelle unserer Ziele stellen. Weiters glaube ich aber, dass man sozusagen bei der Reform der Untersuchungskommission, wie wir sie vor zwei, drei Jahren gemacht haben, sehr weit gegangen ist. Es haben auch in diesem Haus immerhin, soweit ich mich erinnern kann, 70 von 100 Mandataren hier ihre Zustimmung zu dieser Reform gegeben. Wir haben jetzt auch gesehen, dass das sehr gut funktioniert. Nur eines kann keine Verfahrensordnung, keine Untersuchungsreform hervorbringen, und zwar, wenn kein Skandal vorliegt, dann kann auch eine Verfahrensordnung keinen solchen herstellen. Darum geht es! (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Hier liegt kein Skandal bei der Wien Energie vor, und deshalb hat die Untersuchungskommission hier keinen feststellen können. Das ist einfach die Wahrheit, und Sie haben jetzt künstlich trotzdem einen Skandal produzieren wollen, wo es keinen gibt. Tatsache ist, dass kein einziger Cent verloren gegangen ist, obwohl Herr StR Mahrer gesagt hat, das ist der größte Finanzskandal in Wien seit 1945. Das ist überhaupt kein Skandal, weil kein Cent verloren gegangen ist. (StR Dominik Nepp, MA: Die ... ist etwas verloren gegangen!) Um dieses Fehlverhalten der ÖVP und FPÖ zu kaschieren, wollen Sie jetzt Ihre Erfolglosigkeit auf die Untersuchungskommissionsverfahrensordnung abschieben, und das ist nicht in Ordnung. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - Abg. Mag. Josef Taucher: Bravo, Kurti! Das muss einmal gesagt werden!) Zu Kollegen Krauss, der jetzt nicht hier ist, möchte ich schon sagen, dass es schon ein starkes Stück ist, dass er den Zeugen der Untersuchungskommission unterstellt hat, Unwahrheit ausgesagt zu haben. Das ist der Vorwurf einer strafbaren Handlung und das müsste man entweder belegen oder noch einmal herauskommen und sich dafür entschuldigen. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad: Sehr richtig!) Grundsätzlich sind wir als SPÖ genauso wie die NEOS dafür, dass alle Unterlagen geliefert werden, wo es eine gesetzliche Basis dafür gibt. Da bin ich absolut dafür. Es ist natürlich bei dieser Untersuchungskommission, wo die Wien Energie sozusagen ein Hauptthema ist, öfter als bei anderen Untersuchungskommissionen vorgekommen, dass Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse vorliegen. Das ist aber eine Tatsache, dass wir gegen diese nicht verstoßen können. Wir können nicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Da gibt es einen Spruch, der nicht von mir ist - deshalb kein Ordnungsruf hoffentlich -, aber aus der anarchophilen Szene: "Legal, illegal, scheißegal." - so heißt dieser Spruch. Den sollten wir nicht einhalten, und ich hoffe, dass auch ÖVP und FPÖ diesen Spruch nicht einhalten. (Beifall bei SPÖ und NEOS) Wenn etwas auf legaler Basis nicht vorgelegt werden kann, dann soll man es auch nicht vorhalten, und dass man in Grundrechte und Menschenrechte eingreift, ist ebenfalls nicht wünschenswert. Wien ist eine Menschrechtsstadt, und die Untersuchungskommission darf natürlich nicht in Menschenrechte eingreifen. (Abg. Georg Prack, BA: Geh, bitte!) Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, aber wir werden uns weiterhin darum bemühen, dass Wien eine Musterstadt der Transparenz bleibt und wird und dass wir hier weitere Schritte setzen. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - Abg. Mag. Josef Taucher: Bravo, Kurti!) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist Abg. Kowarik zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So weit sind wir gekommen: Die NEOS klatschen beim Gejohle der SPÖ mit, wenn Kollege Stürzenbecher irgendwie versucht, die ganze Misere schönzureden. Bravo, NEOS, weit habt ihr es gebracht. Bravo. Dass man dann die Grund- und Freiheitsrechte bemüht, wenn der Magistrat einfach nichts liefert, ist schon eine Chuzpe, Herr Kollege. Also, lieber Kurti Stürzenbecher, das ist ja lächerlich. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von Abg. Wolfgang Kieslich. - Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Geh bitte!) Apropos lächerlich: Jetzt ist Frau Kollegin Emmerling ja wieder da. Ich habe geglaubt, sie hat sich kurz vertschüsst. Sie ist jetzt aber wieder im Saal, was mich freut. Wenn es um das Thema Transparenz geht, hat der Kollege einen Spruch bedient. Ich bediene jetzt aber einen anderen Spruch. Der kommt auch nicht von mir, darum hoffe ich auch, dass ich keinen Ordnungsruf dafür bekomme. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Schauen wir mal!) Frau Kollegin Emmerling ist dagestanden und hat auf die ÖVP geschimpft: Ja, was hat Sobotka nicht alles gemacht, und was hat die ÖVP in den Ministerien nicht alles gemacht. Frau Kollegin, schauen Sie einmal nach Wien! Das ist unser und Ihr Verantwortungsbereich. Wissen Sie: Mit vollen Hosen ist nämlich leicht stinken. Das muss man einmal so betonen. (Beifall bei der FPÖ. - Widerspruch bei den NEOS.) Was ist denn in Wien passiert? - Kollege Konrad hat es noch immer nicht kapiert. Das ist auch eine Leistung, wenn man bis jetzt noch nicht kapiert hat, was da passiert ist, wenn uns der Magistrat zurückschreibt: Habt uns gern - ohne, dass ich jetzt einen brutaleren Ausdruck dafür verwende. (Abg. Martina Ludwig-Faymann: Stimmt nicht! - Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Wir haben einen Richter als Vorsitzenden!) Ja, wer ist denn der Magistrat, Herr Kollege Konrad und Frau Kollegin Emmerling? Wer ist denn der Magistrat? (Abg. Mag. Josef Taucher: Eine Einheit!) Ja, wo steht denn das? (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Der Magistrat ist eine Einheit!) - § 67 der Wiener Stadtverfassung. Ja, da steht es. Ich lese es gerne vor: "Der Magistrat besteht aus dem Bürgermeister" - oh! - "den amtsführenden Stadträten" - da gehört einer von euch dazu - "dem Magistratsdirektor" und der entsprechenden Anzahl von Bediensteten. Na geh! Also, ein bisschen etwas habt ihr mit dem Magistrat schon zu tun. Wenn der Magistrat uns schickt: "Habt uns gerne, jetzt kriegt ihr es nicht.", dann hat das schon auch etwas mit euch zu tun. (Beifall bei der FPÖ. - Widerspruch bei der SPÖ.) Da kann man sich jetzt herstellen und schimpfen und schimpfen und schimpfen. Mit vollen Hosen ist leicht stinken, und es stinkt bis hier her nach vorn. (Abg. Mag. Josef Taucher: Wollt ihr den Magistrat auffordern zum Amtsmissbrauch?) Der Magistrat braucht nicht Amtsmissbrauch zu begehen. Der braucht einfach nur die Unterlagen zu liefern, die die Untersuchungskommission angefordert hat, lieber Kollege. Das ist kein Amtsmissbrauch. Was habt ihr denn für eine Vorstellung von Amtsmissbrauch? (Heiterkeit bei Abg. Sabine Keri.) Jetzt, liebe NEOS, schaut! Da sitzen sie: Amtsmissbrauch! Also, was sind unsere Bestimmungen der Untersuchungskommission? - Vollkommen für die Fische, vollkommen für die Fische. (Beifall bei der FPÖ. - Abg. Mag. Josef Taucher: Nur, weil Sie sich das wünschen, heißt das noch lange nicht ...) Ich lese Ihnen wieder etwas vor. Zum Stadtrechnungshof werde ich gar nicht kommen, weil die Hälfte meiner Zeit schon weg ist. Wie sehr aber die Stadt Wien oder die Verantwortlichen oder die Mehrheit der Stadt Wien - also die Mehrheit der Stadt Wien ist falsch -: die politisch Verantwortlichen auf den Stadtrechnungshof vergessen haben, sieht man an der Geschäftsordnung des Magistrats für die Stadt Wien. Da steht nämlich immer noch ... Im Anhang 1 zur Geschäftsordnung sind noch immer die Sonderbestimmungen für das Kontrollamt normiert. Das habe ich euch eh schon öfters gesagt. Nur, was steht da drinnen? Das wäre ein Vorbild. Darum brauchen wir nicht lang zu diskutieren. Ich lese es euch vor. Das ist ein Vorbild für die Untersuchungskommissionsbestimmungen. § 4 Abs. 5: "Die Dienststellen des Magistrats sind verpflichtet," - nicht: sie können vielleicht, wenn sie lustig sind oder gerade gut aufgelegt sind - "die Prüfungen durch das Kontrollamt in jeder Weise zu ermöglichen sowie alle gewünschten Aufklärungen und Auskünfte zu erteilen und jedem Verlangen zu entsprechen, das zum Zwecke der Durchführung einer Prüfung im einzelnen Fall gestellt wird." Mehr lese ich Ihnen jetzt nicht vor. Das ist ein schöner Satz, den man eins zu eins für die Untersuchungskommission übernehmen kann. (Abg. Petr Baxant, BA: Nein, da gibt es ...) Das hättet ihr nur schon längst machen sollen, liebe NEOS. Das habt ihr leider vergessen oder nicht wollen, oder ihr habt euch von der SPÖ breitschlagen lassen oder sonst irgendetwas. Das weiß ich nicht. (Abg. Mag. Josef Taucher: Was hast du für eine Vorstellung von uns?) Na ja, ihr macht das anders, aber ihr macht es recht gut, zumindest bei den NEOS. (Abg. Petr Baxant, BA: Unheimlich naiv gedacht!) Was? Kollege Peko Baxant, bekannter Transparenzspezialist, erzählt uns irgendwelche Geschichten. Ich verstehe es nur leider nicht, darum kann ich nicht drauf replizieren, was ich eigentlich ganz gerne machen würde. Die Zeit haben wir aber auch nicht. (Abg. Anton Mahdalik: War eh ein Blödsinn!) Mit der Transparenz haben wir noch ein Thema, dann höre ich schon auf, weil mir ja die Zeit ausläuft. Zur Vorstellung der NEOS von Transparenz hat uns Herr VBgm Wiederkehr auch schon bewiesen, wie man das macht: Als Transparenzstadtrat bekommt man eine Mitteilung, dass da vielleicht irgendetwas bei der Wien Energie im Argen liegt. Was macht man? - Goschen halten, also gar nichts. Nicht einmal darüber reden, nicht einmal mit dem Bürgermeister. (Heiterkeit bei Abg. Anton Mahdalik und Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Nicht nachfragen!) Wochenlang nicht mit dem Bürgermeister darüber reden, wenn man ein bisschen Angst vor dem hat, was da jetzt passiert, um Gottes Willen. Transparent ist, schon auch ein bisschen etwas in die Öffentlichkeit zu tragen. Nein, nichts. Das ist die Vorstellung der NEOS von Transparenz. Gratuliere, liebe NEOS. (Beifall bei der FPÖ. - Widerspruch bei den NEOS.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist Abg. Konrad zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Darfst alles erzählen!) Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist schön, dass wir wieder einmal auf Bitte der ÖVP in dieser Aktuellen Stunde zum Thema Transparenz sprechen können. Wir NEOS tun das ja, wie Sie wissen, äußerst gern. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Wir brauchen uns hier auch nicht zu verstecken, weil wir nach zweieinhalb Jahren durchaus eine Bilanz vorlegen können, die sich sehen lassen kann. Ich weiß schon, liebe ÖVP: Sie sehen das anders und wollen das vor allem auch anders darstellen - wohl vor allem, um davon abzulenken, wie Ihre politische Bilanz zu diesem Thema in Österreich aussieht. Ich muss sagen: Schön langsam habe ich ja durchaus auch Respekt vor Ihrem Mut, denn diese Chuzpe muss man nämlich wirklich einmal haben, bei den unzähligen Skandalen, die Sie in diesem Land zu verantworten haben, uns hier in Wien ständig ausrichten zu wollen, wie Transparenz zu funktionieren hat. (Beifall bei den NEOS.) Nein, sehr geehrte Damen und Herren, die ÖVP-Wien hat es dazu sicher nicht gebraucht. Wir haben uns in einem eigenen Transparenzkapitel in dieser Fortschrittskoalition selbst sehr ambitionierte Ziele gesetzt und in den ersten zweieinhalb Jahren auch schon einiges umgesetzt. Ich werde jetzt nicht auf die einzelnen Maßnahmen eingehen - ich habe das hier in dem Haus schon öfters gemacht -, aber ich will natürlich durchaus auf diese zwei expliziten Projekte eingehen, die Sie auch im Titel der Aktuellen Stunde hier ansprechen, nämlich auf die Reform der Untersuchungskommission und die Reform des Stadtrechnungshofes. Ersteres - Bettina Emmerling hat es schon erwähnt - haben wir im ersten Jahr unserer Koalition umgesetzt. Wir haben da die Minderheitenrechte massiv ausgeweitet. Wir haben eine neue Vorsitzführung geschaffen. Wir haben ein Schiedsgremium geschaffen und damit für sehr klare und transparente Vorgänge in dieser Untersuchungskommission gesorgt. Ja, man kann natürlich Dinge auch immer wieder verbessern. Auch wir haben gesagt, dass wir mit der Aktenlieferung nicht zufrieden sind. Wir haben auch im Allparteiengespräch gesagt, dass wir uns das nach der UKo, wenn diese abgeschlossen ist, noch einmal ansehen werden. Ich bin da ganz bei David Ellensohn. Ich finde, er hat hier heute auch die einzige vernünftige Wortmeldung aus der Opposition gebracht. Ich danke dafür auch, weil ich glaube, man kann konstruktiv aufeinander zugehen und auch sagen, okay, da gibt es Verbesserungsmöglichkeiten, aber da sind auch Fortschritte passiert. Denn das, was Herr Wölbitsch von sich gibt, dass wir irgendetwas zerstört hätten, ist ja kompletter Nonsens. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Die Reform hat gewirkt. Alle Abgeordneten konnten sich in den bisherigen Sitzungen ein sehr umfassendes Bild über die Vorgänge in der Wien Energie machen. Dass die Untersuchungskommission nicht nach dem Geschmack der ÖVP gelaufen ist, liegt also sicher nicht an den bestehenden Instrumenten, sondern daran, dass eben von den von Ihnen in den Raum gestellten Vorwürfen wenig bis nichts übrig geblieben ist. Die Suppe ist eben dünn. Deshalb wollen Sie die Untersuchungskommission ja nun auch frühzeitig beenden. (Beifall bei den NEOS und von Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher.) Beim zweiten Projekt, das Sie in Ihrer Aktuellen Stunde heute ansprechen, wissen Sie, dass wir mittendrinnen sind, es umzusetzen. Wir bringen hier wirklich eine umfassende Reform des Stadtrechnungshofes und ein sehr scharfes Transparenzpaket zu den Wiener Parteifinanzen auf den Weg. Franz Fiedler, sozusagen der Minister Transparency in Österreich, hat die präsentierten Eckpunkte in einem "Wien heute"-Interview sehr gelobt. Ich finde, das kann man durchaus auch als ein gewisses Gütesiegel verstehen. Wir wollen auch Sie, sehr geehrte Damen und Herren der Oppositionsparteien, hier einbinden und haben daher letzte Woche zu einem Allparteiengespräch geladen, um Ihre Ideen zu hören und Standpunkte auszutauschen. So ein gemeinsames Arbeiten funktioniert aber eben auch nur dann, wenn alle ein ehrliches Interesse an einem guten Ergebnis haben und es auch ein Mindestmaß an respektvollem Miteinander gibt. Zu meinem wirklichen Bedauern muss ich hier abermals feststellen, dass dies bei der ÖVP leider nicht mehr der Fall ist. Ihnen geht es offenbar nur mehr um Totalopposition, darum, möglichst laut Radau zu schlagen, und um die eigene schnelle Schlagzeile. Sie richten uns Ihre Forderungen am Tag vor dem Allparteiengespräch über die Medien aus. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ist das die Analyse der NEOS auf Bundesebene?) Sie gehen dann am nächsten Tag aus einem Allparteiengespräch heraus, bei dem wir ein sehr konstruktives Gespräch hatten, Herr Gorlitzer, um sich dann scheinbar mit dem Klubobmann abzustimmen und uns zwei Stunden danach auszurichten, dass SPÖ und NEOS Reformen verhindern möchten. Das ist wirklich schäbig. Das ist ein ganz schlechter Stil, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Wir prüfen die Vorschläge, die hier eingebracht worden sind, trotzdem weiter ehrlich und offen. Wir sind weiterhin ernsthaft an einem breiten Konsens bei diesem Reformvorhaben interessiert. In diesem Sinne freuen wir uns auch weiterhin auf einen hoffentlich konstruktiven Austausch. - Danke. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass wir eine sehr engagierte Diskussion haben. Ich ersuche dennoch: Es waren jetzt einige Zitate, die alle an der Grenze waren, wenn beispielsweise einem Stadtrat unterstellt wurde - ich zitiere -, die Goschen zu halten, oder wenn man einem Klubobmann unterstellt hat, er spreche Nonsens. All diese Dinge müssen, glaube ich, nicht sein. Ich darf an der Stelle nur appellieren: Ich glaube, man kann auch engagiert diskutieren, ohne die Grenzen des Zumutbaren zu überschreiten. Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.) Als Nächster ist Abg. Margulies zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wären in puncto Transparenz und U-Kommission schon viel weiter, würden nicht alle Parteien, die sich gremienübergreifend - also Bund und Land - in Opposition befinden, kaum dass sie regieren, ihre Forderungen vergessen. (StR Dominik Nepp, MA: Das war wie bei den GRÜNEN damals! Die gleiche faule Ausrede haben die NEOS auch!) Schon wieder ein blöder Kommentar des Kollegen Nepp. Das muss ich jetzt leider tatsächlich sagen: Im Gegensatz zu den Freiheitlichen haben wir überhaupt nichts vergessen. Wir haben uns nicht in allen Punkten gegen die Sozialdemokratie durchgesetzt, so wie wir uns im Übrigen jetzt auch auf Bundesebene nicht in jedem Punkt gegen die ÖVP durchsetzen. Würden sich aber die Sozialdemokraten, die NEOS, die ÖVP, die Freiheitlichen und die GRÜNEN daran erinnern, was sie alle in puncto Informationsfreiheitsgesetz in den letzten zehn Jahren gefordert haben: Wir hätten es schon lange. Das ist das Einzige, was ich Ihnen jetzt einmal ganz normal sagen will. Ich glaube, daran sollten wir uns erinnern, wenn wir über Transparenz reden: Keine Angst vor mehr Transparenz, keine Angst vor mehr Informationsfreiheit, keine Angst vor Untersuchungskommissionen. Alles, was in diesen Gremien passiert - im Kontrollausschuss, in einer Untersuchungskommission -, hilft den jeweiligen Ebenen, hilft der Republik auf Ebene des Nationalrates und hilft der Stadt Wien in der Bekämpfung von Korruption und in der Bekämpfung von Missständen. Keine Angst davor, offenzulegen, wie das Verhältnis zwischen Körperschaft und Partei ist. Weil gestern Kollege Bgm Ludwig in der Gemeinderatssitzung in einer Anfragebeantwortung gefragt hat: Sollen wir ein unterschiedliches Mietrecht für Mieter und Mieterinnen im Gemeindebau und für Parteien machen? (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Ja!) - Na, selbstverständlich. Eine Partei ist kein ganz normaler Mieter, und es darf nicht eine Partei gegenüber anderen Parteien bevorzugt werden. Selbstverständlich muss jedes einzelne Geschäft, das eine Körperschaft mit einer Partei hat, offengelegt werden - und zwar in beide Richtungen. Denn da geht es irrsinnig oft um Parteienfinanzierung, um Bevorzugung, et cetera. Jetzt will ich der Sozialdemokratie gar nichts unterstellen. Es hat eine Geschichte, dass die Sozialdemokratie in, glaube ich, mehr als 40 oder 50 Gebäuden der Stadt Wien mit knapp 200 Mietverträgen eingemietet ist. Legt es aber offen! Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, diese Chance zu denselben Konditionen auch allen anderen Parteien anzubieten. Das ist eine Frage der Parteienförderung. Da geht es nicht darum, Sachen zu verstecken. Genau das ist die Problematik. Schauen wir uns den Kontrollamtsbericht und den Stadtrechnungshofbericht an, den wir alle miteinander gelesen haben! Es ist nicht exakt drinnengestanden, wie viel die Sozialdemokratie zahlt und wie viel andere zahlen. Da haben - glaube ich - auch alle anderen Fraktionen ganz wenig irgendwelche Lokale gehabt, sondern es sind Überblickszahlen drinnengestanden, anhand derer man nichts vergleichen kann. Das ist jetzt kein Vorwurf an den Stadtrechnungshof, sondern wir müssen das beschließen. Wir müssen sagen, dass wir diese Transparenz wollen, und dass es genauso notwendig und sinnvoll ist, dass in einer Untersuchungskommission alles geliefert wird. Was sagt denn die Sozialdemokratie, wenn sie im Nationalrat Unterlagen für eine UK einfordert? - Sie regt sich furchtbar darüber auf, wenn das Ministerium erklären würde: Ihr könnt das nicht brauchen. Wenn aber der Magistrat der Stadt Wien der Untersuchungskommission erklärt: Warum sollen wir euch das liefern? Ihr braucht die Unterlagen doch überhaupt nicht, um das Ergebnis zu finden, dann wird das verteidigt. Kollege Stürzenbecher stellt sich hin und die Sozialdemokratie johlt dazu. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Ich habe gesagt, dass es ...) Wisst ihr, was ihr damit eigentlich macht? Ich will jetzt zurückkommen und versuchen, das noch einmal auf einen Punkt zu bringen und die ÖVP und die Sozialdemokraten - eigentlich alle Parteien - mit ins Boot zu holen. Schauen wir uns doch an, was wir auf unterschiedlichen Ebenen fordern und nehmen wir das als Maßstab dafür, wie wir in Wien Transparenz und Kontrolle angehen! Seien wir Vorbild! Keine Angst vor mehr Transparenz. - Ich danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN und von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist Abg. Gorlitzer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Macht braucht Kontrolle. Dafür steht eindeutig der Stadtrechnungshof. Er ist die Kontroll- und Prüfinstanz. Da sind wir uns in der Stadt Wien, glaube ich, alle einig. Er ist aber nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt wichtig, die dann auch wiedererkennen, wie unser Steuergeld eingesetzt wird, sondern auch für die Stadtregierung, wo der Spiegel vorgehalten wird und auch die Verschwendungssucht der Regierung zu erkennen ist. Der Stadtrechnungshof ist dafür da, dass man nicht nur Missstände aufzeigt, sondern auch Fehler im System erkennt und zu Verbesserungen anregt. Wenn man sich das an 100 Beispielen anschaut, die aus Rechnungshofberichten zu extrahieren sind, sieht man eine Verschwendung von Steuergeldern in Höhe von 6 Milliarden EUR. Das muss man einmal wirken lassen. Übrigens ist das nicht ein kontinuierlicher Prozess, sondern das steigt logarithmisch. Das darf ich der SPÖ kurz erklären, weil sie mit Excel, glaube ich, nicht so firm ist. Also logarithmisch heißt, leicht ansteigend. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ah!) Wenig überraschend ist, dass wir als größte Oppositionspartei schon seit Jahren für die Stärkung des Rechnungshofes eintreten und die Ausweitung der Prüfkompetenzen verlangen. Übrigens gibt es seit 2019 einen einstimmigen Beschluss für die Unabhängigkeit des Stadtrechnungshofes und schon davor zahlreiche Anträge der Wiener Volkspartei. Diese Reform, Kollege Konrad und Frau Kollegin Emmerling, ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Sie sind es auch richtig angegangen, dass wir ein Allparteiengespräch stattfinden lassen und auch ein paar wichtige Punkte bei der Reform des Stadtrechnungshofes ansetzen. Es ist aber ein bisschen wie ein Wettrennen, zu dem Sie ein bisschen zu spät hinkommen, und auf halber Strecke geht Ihnen die Luft aus. (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Eine Scheinreform, habe ich gedacht!) In der Reform des Stadtrechnungshofes ist also noch viel mehr drinnen, als Sie hier vorlegen. Bei diesem Allparteiengespräch habe ich irgendwie das Gefühl gehabt, dass nicht die NEOS Verhandlungspartner sind, sondern es ist eine einzige Verhandlungspartnerin dort gesessen. Das ist Frau Gemeinderätin Frau Landesabgeordnete Novak gewesen, die eigentlich repliziert hat. Mir ist dort irgendwie vorgekommen, dass Sie unsere Forderungen entweder nicht verstanden haben oder nicht verstehen wollten. Falls Sie es nicht verstanden haben, können Sie bei den gestrigen Anträgen noch einmal bei den Begründungen nachlesen, worum es uns tatsächlich geht. Ich glaube, auch bei solchen Allparteienverhandlungen sollte man auf Augenhöhe agieren und auch ernst genommen werden. (Beifall bei der ÖVP.) Kurz ein Wort zu Herrn Stürzenbecher: Sie haben wortreich die Transparenz dargestellt, die hier in Wien so toll ist. Wir - auch Peter Eppinger - haben gestern relativ klar gemacht, dass man im Kulturbereich oft nur einen Einzeiler als Begründung für Fördergeldmittelzuteilungen hat - das ist oft Copy&Paste - und man eigentlich nicht weiß, was dahintersteckt oder wofür Fördergelder ausgegeben werden. Also das ist keine Art, hier Transparenz klar zu machen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte abschließend noch einmal unsere zentralen Punkte berichten, die wir hier einfordern, nämlich eine Meldepflicht für Großvorhaben, wenn es eine Kostenüberschreitung von 20 Prozent gibt - es soll nicht noch einmal ein Krankenhaus Nord oder Ähnliches hier in Wien stattfinden und damit Steuergeld verschwendet werden -, und ebenso eine abschnittsweise Kontrolle bei Großbauvorhaben, wie zum Beispiel beim U-Bahn-Bau, um eben massive Kostenüberschreitungen rechtzeitig zu erkennen und dem entgegenwirken zu können. Die Wahlkampfkostenobergrenze haben wir schon besprochen. Ebenso ist es notwendig, auch die Rechte und Möglichkeiten der Bezirksvertretungen zu stärken, sodass sie vor allem ein Mal pro Periode ein Prüfansuchen an den Stadtrechnungshof stellen können, wie es ja auch hier im Gemeinderat unter gewissen Bedingungen möglich ist. Außerdem ist es für den Rechnungshof wichtig, dass er externe Gutachter und Sachverständige beauftragen kann und dass die Stellungnahme zu den Maßnahmenbekanntgaben auch von den zuständigen Stadträten beantwortet wird - auch damit man endlich eine politische Verantwortung klar machen kann. Wichtig wird dafür sein, dass auch der Stadtrechnungshof in Zukunft ausreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommt. Wir hoffen, dass wir da in den Verhandlungen weiterkommen. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste ist Frau Abg. Mautz-Leopold zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Abg. Mag. Andrea Mautz-Leopold (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Aktuelle Stunde also: Wien braucht ein Transparenzpaket. Überraschung: Wien hat ein Transparenzpaket. Am Beispiel der Untersuchungskommission: Was hat diese Fortschrittskoalition gemacht? - Wir haben am Beginn dieser Periode sofort versucht, die Änderungen in der Untersuchungskommission in Allparteiengesprächen umzusetzen. Wir haben sie umgesetzt - aus der politischen Überzeugung heraus, die Minderheitenrechte sofort und ganz am Beginn dieser Periode zu stärken. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Die Untersuchungskommission wird - wir sehen es ja in der aktuellen Untersuchungskommission - als wichtigste Kontrollinstitution für uns Mandatarinnen und Mandatare von einer Minderheit eingesetzt. Alle Anträge sind Minderheitenrechte. Übrigens ist auch die Auflösung ein Minderheitenrecht. Wenn sich die Minderheiten nicht einig sind: Ich meine, dafür können wir auch nichts. Ich möchte in Richtung Herrn Wölbitsch schon auch einmal sagen - schade, dass er nicht hier ist -: Die Untersuchungskommission kontrolliert die Vollziehung im Magistrat. (Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc: Da ist er!) Okay, wunderbar. Wenn ich jetzt Wien Energie als Thema nehme, kann man vielleicht ein bisschen darüber nachdenken, dass es da nicht so um die Vollziehung im Magistrat geht. (Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Das ist eine Interpretationsfrage!) Lassen Sie mich aber zum aktuellen Transparenzpaket reden! Die großartige Reform des Stadtrechnungshofes, die ansteht und vor uns steht, bei der eben - wie in dieser Debatte schon öfters gesagt - zu Allparteiengesprächen eingeladen wurde, ist ein sehr großes, sehr ernsthaft entwickeltes Paket. Es geht um den Stadtrechnungshof, es geht um die Parteienförderung, es geht um die Akademieförderung, es geht um das Wiener Parteiengesetz. Es ist ein Paket, das für den Stadtrechnungshof ganz neue Prüfkompetenzen eröffnet und die Unabhängigkeit extrem stärkt: Der Stadtrechnungshof wird aus dem Magistrat herausgelöst, Schaffung eines eigenen Organisationsgesetzes für den Stadtrechnungshof, das Bestellungsverfahren des Stadtrechnungshofdirektors. Ich weiß nicht: Haben Sie überhaupt gelesen, was da präsentiert wurde? Die Stärkung der Weisungsfreiheit, die finanzielle Unabhängigkeit und auch die Möglichkeit, Gutachten für Prüfanliegen von außen stellen zu können: Das sind großartige Dinge, die den Stadtrechnungshof immens stärken werden. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kehren Sie zum Verhandlungstisch zurück! Billige künstliche Erregung ergibt echt keinen Sinn. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Die Aktuelle Stunde ist hiermit beendet. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Landtagsabgeordneten des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien zwei Anfragen und des Klubs der Wiener Freiheitlichen eine schriftliche Anfrage eingelangt sind. Die Abgeordneten Wölbitsch, Juraczka, Taborsky, Hungerländer und Mantl haben am 28. April 2023 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend Novellierung der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien - Wiener Stadtverfassung - Reform der Bestimmungen über die Notkompetenzrechte des Bürgermeisters und des Stadtsenats - eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal zugewiesen. Die Abgeordneten Karner-Kremser, Niedermühlbichler, Novak, Schober, Arapovic und Konrad haben am 25. Mai 2023 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz über die Übertragung der sozialen Wohnungsvergabe - Wiener Wohnungsvergabegesetz - eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen zugewiesen. Die Abgeordneten Mörk, Karner-Kremser, Novak, Stürzenbecher, Arapovic und Konrad haben am 25. Mai 2023 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend das Gesetz, mit dem das Gesetz über die Unterstützung von Personen bei der Bestreitung der erhöhten Energiekosten - Wiener Energieunterstützungsgesetz, das Wiener Mindestsicherungsgesetz - WMG und das Gesetz über die Förderung des Wohnungsneubaus und der Wohnhaussanierung und die Gewährung von Wohnbeihilfe - Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz geändert werden - Wiener Wohnunterstützungen 2023, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Sport sowie dem Ausschuss für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen zugewiesen. Die Abgeordneten Emmerling, Bakos, Arapovic, Berger-Krotsch, Gremel und Vasold haben am 1. Juni 2023 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend das Gesetz, mit dem das Wiener Kindergartengesetz, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. für Wien Nr. 57/2022, sowie das Wiener Tagesbetreuungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 73/2001, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. für Wien Nr. 58/2022, geändert werden, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz zugewiesen. Die Abgeordneten Abrahamczik, Taucher, Höferl, Meidlinger, Anderle und Konrad haben am 14. Juni 2023 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem die Dienstordnung 1994 - 61. Novelle zur Dienstordnung 1994, die Besoldungsordnung 1994 - 69. Novelle zur Besoldungsordnung 1994, die Vertragsbedienstetenordnung 1995 - 68. Novelle zur Vertragsbedienstetenordnung 1995, das Wiener Bedienstetengesetz - 22. Novelle zum Wiener Bedienstetengesetz, die Pensionsordnung 1995 - 42. Novelle zur Pensionsordnung 1995, das Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz - 21. Novelle zum Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz, das Wiener Bedienstetenschutzgesetz 1998 - 14. Novelle zum Wiener Bedienstetenschutzgesetz 1998, das Wiener Personalvertretungsgesetz - 31. Novelle zum Wiener Personalvertretungsgesetz, das Wiener Hinweisgeberinnen- und Hinweisgeber-Schutzgesetz - 1. Novelle zum Wiener Hinweisgeberinnen- und Hinweisgeberschutzgesetz und das Wiener Gleichbehandlungsgesetz - 23. Novelle zum Wiener Gleichbehandlungsgesetz geändert werden - 2. Dienstrechts-Novelle 2023 -, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal zugewiesen. Nach Beratungen in der Präsidialkonferenz nehme ich folgende Umstellung der Tagesordnung vor. Die Postnummern 6, 5, 3, 2, 4, 1, 7, 9 und 8 werden in dieser genannten Reihenfolge verhandelt. Da gegen die Umreihung kein Einwand erhoben wurde, werde ich so vorgehen. Postnummer 6 betrifft den Bericht der Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft über ihre Tätigkeit im Jahr 2022. Ich darf in diesem Zusammenhang den Wiener PatientInnenanwalt Dr. Gerhard Jelinek ganz herzlich bei uns begrüßen. Ich hoffe, er ist schon zugegen. Ja. (Allgemeiner Beifall.) Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Amtsf. StR Hacker, die Verhandlungen einzuleiten. Nein, da gab es einen Tausch. Entschuldigung, lieber Kurt. Ich bitte den Herrn Abg. (Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Wagner!) Wagner, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter Abg. Kurt Wagner: Geschätzte Damen und Herren! Ich ersuche Sie um Zustimmung zum Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaftsbericht für das Jahr 2022 und ersuche, die Diskussion einzuleiten. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich der Abg. Seidl zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr PatientInnenanwalt! Meine Damen und Herren! Kurti Wagner hat es ja bereits anmoderiert. Worum geht es heute? - Eben um den Bericht aus dem Jahr 2022. Sie, Herr Dr. Jelinek, sind ja jetzt seit 1. Juli 2022 neuer PatientInnenanwalt. Das heißt, das ist heute Ihr erster Bericht, den Sie uns vorstellen. Weil es natürlich auch ganz wichtig ist, wie so ein Bericht mehr oder weniger verfasst ist, möchte ich gleich einmal fragen: Ist er lesbar? Ist er angenehm lesbar? - Ich muss sagen: Ja, das ist er. Ich muss allerdings der guten Ordnung halber auch sagen: Das war er auch unter Frau Dr. Pilz. Er ist jetzt genauso angenehm und toll lesbar. Herzlichen Dank und herzlichen Dank auch noch einmal für den Bericht. Leider Gottes ist der Herr Landesrat anscheinend verhindert. Deshalb kannst du ihm das vielleicht weiterleiten, lieber Kurti Wagner. Ich habe gestern erfahren, dass es in der Klinik Landstraße direkt im Spital Schaukästen gibt, in denen darauf hingewiesen wird: Wenn jemand ein Problem hat, dann kann er sich gerne an den PatientInnenanwalt wenden. Das Problem ist: Wir haben jetzt Juni 2023. Da lacht noch immer Frau Dr. Pilz herunter. Wie gesagt, nach einem Jahr könnte man es vielleicht schon auch seitens des Landesrates zusammenbringen, dass man das aktualisiert. Herr Dr. Jelinek ist ja ebenfalls ein sehr ansehnlicher PatientInnenanwalt. Da könnte man nach einem Jahr dort in den Schaukästen sehr wohl auch den aktuellen PatientInnenanwalt veröffentlichen. Vielleicht könnte man dann auch gleich schauen, ob das nicht auch noch in anderen Spitälern der Fall ist. So viele WIGEV-Häuser gibt es ja nicht. Es gibt deren sechs plus das AKH. Also, das sollte man nach einem Jahr zusammenbringen. Sehr geehrter Herr PatientInnenanwalt, ich habe mir den Bericht durchgelesen. Worauf schaut man? - Natürlich auf die vielen Zahlen. Keine Angst, ich werde nicht allzu viele nennen. Ein paar werde ich nennen. Eine Zahl ist gleich geblieben, und zwar die Anzahl der Mitarbeiter. Korrigieren Sie mich, aber ich glaube, es sind 24. Ich glaube, das war auch unter Frau Dr. Pilz so. Insgesamt bietet der PatientInnenanwalt allen Wienerinnen und Wienern kostenlose Beratung und Unterstützung in allen Angelegenheiten des Gesundheitswesens in Wien. Das ist gut so. Leider Gottes ist der Bericht noch nicht online. Der Heimkommissionsbericht ist seit letzter Woche online. Dieser aktuelle Bericht ist jetzt noch nicht online. Ich habe aber heute irgendwo - ich glaube, in einer Tageszeitung - vernommen, dass er heute nach der Sitzung online gestellt wird. Das ist okay so. Zum Tätigkeitsbericht: Was hat man im letzten Jahr gemacht? - Es gab insgesamt 565 Vorsprachen. Das sind natürlich um einige weniger als in den Jahren davor. Das ist Corona-bedingt. Allerdings war man bei den schriftlichen Eingaben und den telefonischen Anfragen dann de facto schon genauso weit wie vor Corona. 2.617 Mal gab es schriftliche Eingaben, und es gab 6.509 telefonische Anfragen. Das heißt, es waren insgesamt 9.691 Kontaktpunkte. Das ist, wie gesagt, schon beachtlich: knapp 10.000 Kontaktpunkte in einem Jahr. Also, Hut ab! Vielleicht auch ganz kurz zur Entschädigungsstatistik 2022: Es gab in insgesamt 244 Fällen finanzielle Entschädigung. Ausgehandelt wurden knapp 2,3 Millionen EUR, ganz genau sind es 2,296.761,21 EUR. Obwohl der Bericht ja noch nicht online ist, hat es der Inhalt des Berichtes schon letzte Woche in die auflagenstärkste Zeitung gebracht, und zwar hat man jeden Tag Einzelfälle lesen können, die wirklich erschreckend sind und die halt zeigen, dass Personal fehlt. Das ist jetzt nichts außergewöhnlich Neues. Das wissen wir seit Jahren. Nur wird halt leider Gottes nichts getan. Deshalb Hut ab vor Ihnen, sehr geehrter Herr PatientInnenanwalt, dass Sie das ansprechen. Denn ich kann mich erinnern: Ihre Vorgängerin hätte das unter Garantie nicht angesprochen. Sie haben das gemacht, deshalb Gratulation. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Drei Einzelfälle möchte ich ganz kurz nennen - sie wird Ihnen wahrscheinlich ebenfalls noch im Gedächtnis sein -: Ein Neugeborenes wurde verbrüht, das Spital schickt einen Mann nach Hause, der einen Herzinfarkt hat - also, das ist ja unglaublich -, und eine 53-jährige Dame stirbt bei der Dialyse. Das sind die großen Baustellen oder Einzelfälle. Trotzdem gibt es ja gerade im Gesundheitsbereich mehr große Baustellen, als die Strabag an Baustellen hat. Die gibt es ja leider Gottes teilweise nicht nur jetzt, sondern die gab es ja auch schon früher. Allerdings gibt es jetzt - zumindest in dem letzten Jahr, in dem Sie als PatientInnenanwalt verantwortlich sind - Dinge, von denen kein Mensch für möglich gehalten hätte, dass es sie jemals in Wien geben wird. Wenn man sich zum Beispiel in Erinnerung ruft: Noch vor einigen Wochen haben Zeitungen geschrieben, dass es in der Klinik Ottakring so ist, dass teilweise Rechnungen nicht bezahlt werden. Da denke ich mir: Na, wo sind wir? Also, wenn wir irgendwo in Schwarzafrika wären, dann lasse ich mir das ja vielleicht einreden, aber nicht in Wien, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Jennifer Kickert: ... rassistisch!) Gangbetten, meine Damen und Herren, sind mittlerweile Standard. Das ist so. Mittlerweile haben wir nicht nur Gangbetten, mittlerweile haben wir teilweise Matratzenlager. Das findet heute in WIGEV-Häusern statt. Da ist der Gesundheitsstadtrat verantwortlich. Was wird gemacht? - Nichts. Es wird negiert. Es wird bestenfalls heruntergedodelt, und das war es. Nächste Woche, nächsten Freitag, werden wir wieder etwas erleben, was es auch ganz, ganz selten gegeben hat. Gerade wir Österreicher und wir Wiener haben ja nicht gerade eine sehr große Streikkultur. Trotzdem wird es am Freitag nächste Woche, am 30.6., einen Streik geben, und zwar in der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring. Gestern haben wir gehört: Ja, das ist so. Es gibt zwar auch Gespräche, aber schuld ist eigentlich, dass die Ärzte, die dort arbeiten, anscheinend zu viele Nebenbeschäftigungen haben. Also, wenn das die einzige Antwort ist, meine Damen und Herren, dann Gratulation. Dann hören wir einfach mit allem auf. Dann haben wir noch etwas, was es bis jetzt noch nicht gab: Nicht-Wiener dürfen in WIGEV-Häusern nicht behandelt werden. Das hat es überhaupt noch nie gegeben. Es darf zwar jeder aus der ganzen Welt in WIGEV- Häusern behandelt werden, aber Niederösterreicher nicht. Das gibt es ja noch immer. Das ist ja, soviel ich weiß, noch immer aufrecht. - Korrigieren Sie mich, Herr Dr. Gara! Sie werden ja mein Nachredner sein. Vielleicht können Sie aufklären, ob das vielleicht schon nicht mehr der Fall ist. Zumindest war es aber lange der Fall. (Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Ich korrigiere nicht alle Aussagen von Ihnen! Das ist echt schwierig!) Wir haben Gefährdungsanzeigen in erschreckenden Ausmaßen. Jeden fünften Tag gibt es eine Gefährdungsanzeige, und zwar muss man natürlich die Gefährdungsanzeigen nehmen, die auch wirklich veröffentlicht werden. Es gibt ja sehr viele, die anscheinend in Schubladen liegen. Jeden 5. Tag - und das in insgesamt, wie gesagt, 6 WIGEV-Häusern und im AKH. Also, wir haben ja keine 500 Spitäler, die Sie zu betreuen hätten. Sind wir froh, dass wir nur 6 haben, denn wenn ihr ein bisschen mehr hättet, dann hätten wir ja Chaos pur. Jetzt kommen wir dann vielleicht auch noch zu den Problemen, die ja schon seit Jahren da sind und die halt leider Gottes noch nimmer nicht gelöst sind. Wir haben noch immer monatelange Wartezeiten auf Operationen. Ich habe es mir angeschaut: Auf ein neues Knie wartet man heute noch immer bis zu zehn Monate. Auf eine neue Hüfte wartet man in den WIGEV-Häusern teilweise noch immer ein Jahr. Das ist noch immer Standard in Wien, da passiert einfach nichts. Es gibt weiterhin stundelange Wartezeiten in den Spitalsambulanzen, wenn sie überhaupt offen haben. Denn das habt ihr mittlerweile auch schon geschafft: dass es ja nicht nur Bettensperren gibt, sondern auch Ambulanzsperren. Es gibt jetzt wieder einen Dauerstreit mit der Ärztekammer. Ich kann mich erinnern - ich bin ja jetzt schon 13 Jahre in dem Haus -: Den letzten Streit, den es gegeben hat, hat Frau Mag. Wehsely mit der Ärztekammer gehabt. Die hat es halt nicht sehr lange ausgehalten und ist dann zu Siemens geflüchtet. Jetzt weiß ich nicht, ob Siemens gerade wieder neue Leute sucht, Herr Stadtrat. Das wäre vielleicht etwas, denn wie gesagt: Einen Dauerstreit mit der Ärztekammer werden Sie unter Garantie nicht lange aushalten. Oder nehmen wir das Krankenhaus Nord, aktuell die Klinik Floridsdorf: Da ist uns, den Wienerinnen und Wienern, noch bevor es gebaut worden ist, einst immer versprochen worden, wir können stolz auf das Spital sein, weil es dort stationäre Betten für die Kinder- und Jugendpsychiatrie geben wird. Jetzt hat das Spital mittlerweile seit fast vier Jahren offen. Wissen Sie, wie viele Betten es gibt? - Null. Wissen Sie, warum? - Weil es die Station einfach noch nicht gibt. Auch das ist ein Versagen. Da geht einfach nichts weiter. Sie erzählen uns dauernd, es fehlen die Ärzte. Es stimmt ja einfach nicht. Es gibt aktuell mehr Ärzte als noch vor einigen Jahren. Das ist Faktum. Gerade in der Kinder- und Jugendpsychiatrie braucht man ja nicht allzu weit zu schauen. In Wien schafft man es nicht, Ärzte zu rekrutieren. Ein paar Kilometer weiter in Tulln hat vor Kurzem eine Station mit Kinder- und Jugendpsychiatern aufgesperrt. Die wird auch mit Ärzten bespielt. Leider Gottes schaffen es halt der Wiener Gesundheitsverbund und der Herr Stadtrat nicht, die Ärzte davon zu überzeugen, dass es klug wäre, in Wien zu arbeiten. Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte jetzt eigentlich auch schon zum Ende kommen. Ich möchte mich noch einmal für den Bericht bedanken. All die Probleme sind Ihnen bekannt, sie sind uns bekannt. Bitte schauen Sie auch weiterhin, dass Sie die auch ansprechen. Der Mut, den Sie bis jetzt bewiesen haben, ist in Ordnung. Das ist im Gegensatz zu Ihrer Vorgängerin natürlich angenehm. Die hat halt leider Gottes nur sich selbst verkauft. Den Eindruck machen Sie mir nicht. Sie sind schon jemand, der Probleme auch anspricht. Bitte machen Sie das weiter. - Herzlichen Dank. (Beifall von Abg. Mag. Dietbert Kowarik und Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist Abg. Gara zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Patientenanwalt Dr. Jelinek! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch von unserer Fraktion möchte ich mich ganz herzlich für den Tätigkeitsbericht 2022 bedanken. Ich finde, dass da auch in der Qualität eine Kontinuität sichergestellt ist, wie es auch schon unter Frau Dr. Pilz war. Ich finde diesen Bericht der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft auch sehr gut gelungen. Was ich besonders gut finde, ist, dass Sie auch anhand der Statistiken in den Punkten sehr transparent aufzeigen, wo die Themen liegen. Ich halte es auch für wichtig, dass wir auch wesentliche Themen im Gesundheits- beziehungsweise Pflegebereich ansprechen. Ich glaube, das ist insofern notwendig, als wir ganz im Sinne der Wienerinnen und Wiener natürlich auch lernen müssen und Dinge besser machen müssen. Ich möchte auf ein paar konkrete Punkte eingehen, die Sie ansprechen und die auch in der letzten Zeit sehr stark in Diskussion waren. Ich glaube, dass es wichtig ist, auch darüber zu sprechen. Eines nur vorweg - Sie schreiben das auch im Vorwort -: Corona haben wir ja eigentlich schon längst vergessen. Die Nachwirkungen von Corona gibt es aber natürlich nach wie vor, auch in den Wiener Spitälern, aber nicht nur in den Wiener Spitälern, sondern auch in allen öffentlichen Spitälern. Das hat nun einmal in einer massiven Belastung der Menschen, die in diesen Spitälern arbeiten - ob Pflegerinnen, ob Ärzte - gemündet. Das ist natürlich etwas, das auch vor diesem Hintergrund weitergeht. Das ist auch ein Ausdruck für - ich sage einmal - eine große Erschöpfung. Vor dem Hintergrund möchte ich mich einmal bei allen Menschen, die in den Wiener Spitälern arbeiten, herzlich bedanken. (Beifall bei NEOS, SPÖ und ÖVP.) Dank alleine ist aber sicherlich zu wenig, sondern es gilt auch - Sie zeigen viele Punkte auf -, zuzuhören, Probleme auch anzuerkennen und durchaus auch Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man da kooperativ gemeinsam lernt. Man darf eines nicht vergessen: Gerade der intramurale Bereich wie der extramurale Bereich sind kommunizierende Gefäße. Das heißt, eine isolierte Betrachtung des Spitalsbereichs wie des niedergelassenen Bereichs ist natürlich zu wenig. Die Schnittstelle - die sprechen Sie hier auch sehr klar an - ist auch das Thema des Entlassungsmanagements. Entlassungsmanagement funktioniert natürlich nur dann, wenn auch im niedergelassenen Bereich entsprechende Angebote zur Verfügung stehen, weil man immer die Problematik hat - Sie beschreiben das in dem Bericht sehr gut -, dass man auf der einen Seite natürlich die Kapazitäten in den Spitälern entsprechend auch freischaufelt - man muss es immer dazusagen: bei der Idee der Spitäler geht es um das Thema Akutversorgung - und dafür auch die entsprechenden Angebote im extramuralen, im niedergelassenen Bereich findet. Das ist eine sehr kritische Schnittstelle. Das beschreiben Sie auch sehr, sehr klar. Wir haben auch gesagt, wir wollen den Antrag der ÖVP diesbezüglich zuweisen. Ich halte es für wirklich wichtig, dass wir uns mit dieser Thematik auseinandersetzen. Wie kann man das - auch im Sinne der Patienten - deutlich besser gestalten? Es ist wirklich wichtig, dort auch hinzuschauen, weil es dabei um die Versorgung der Wienerinnen und Wiener geht. Ich glaube, auch als Stadtregierung nehmen wir dieses Thema sehr ernst. Genau dieses Thema des Entlassungsmanagements zeigt sich ja auch in einer sehr schönen Statistik. Denn von den telefonischen Beratungen, von den 6.554 Telefonaten insgesamt, hat die Entlassungsproblematik mit 24 Prozent die höchste Priorität. Das heißt, das ist letztendlich schon auch eine Response von den Patientinnen und Patienten, dass da etwas nicht so gut funktioniert. Oftmals sind Dinge auch unklar - auch das muss man dazusagen -, aber es ist eben auch die Realität. Die zweite Priorität finde ich auch sehr interessant. Etwas, bei dem sehr viele Anfragen an die Patientenanwaltschaft kommen, ist mit 17 Prozent das Thema der Patientenverfügung. Das ist also auch etwas, mit dem sich die Menschen auseinandersetzen. Was ich ganz spannend finde, ist zum Beispiel das Thema der Wartezeiten, das gefühlt auch oft sehr groß ist, aber aus der Statistik der Anfragen nur 2 Prozent ausmacht. Es ist also gar nicht so stark, wie vielleicht oftmals der Eindruck ist. Das heißt, eines der Kernthemen ist zweifelsohne dieses Thema des Entlassungsmanagements. Das werden wir uns auch mit den Anregungen, die Sie hier machen, auch entsprechend anschauen, um diese Schnittstellen entsprechend zu verbessern. Das ist für mich, glaube ich, auch ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Das hat sozusagen Ihr Kollege oder Ihr ehemaliger Kollege, Dr. Bachinger in Niederösterreich, auch immer sehr stark gepredigt. Da ist für mich auch immer so ein Leitspruch: Wir müssen auch da diese Schnittstellen digital besser vernetzen. Es muss dieses Prinzip - digital vor ambulant vor stationär - auch tatsächlich gelebt werden. Diesbezüglich werden wir auch in der Stadt die entsprechenden Schritte machen. Ich glaube, dass das ganz wichtig ist, um auch das Vertrauen der Menschen zu haben, dass man sich auch in diesem Übergang vom Spital in den niedergelassenen Bereich, im Bereich der Pflege und bei nachsorgenden Themen aufgehoben fühlt. Wie gesagt ist das Entlassungsmanagement auf der einen Seite die Schnittstelle zum intramuralen Bereich. Da listen Sie auch die Mängel auf, die letztendlich nicht neu sind, aber die natürlich auch an Dynamik zunehmen. Da ist das ganz große Thema der Personalmangel - sehr, sehr stark vor allem auch im Pflegebereich, das muss man sagen. Das ist aber jetzt kein Wien-spezifisches Thema, das ist ein generelles Thema im Gesundheitswesen, nicht nur in Österreich. Dass der Mangel gerade im Pflegebereich und auch im Ärztebereich - vor allem bei spezifischen Fächern im Bereich Kinderpsychiatrie, im Bereich Kinderversorgung insgesamt und auch in anderen Fällen - entsprechend groß ist, wissen wir. Ich glaube, dass sich der Wiener Gesundheitsverbund dessen schon sehr bewusst ist und auch Maßnahmen gesetzt werden, um auch die Attraktivität zu erhöhen und vor allem auch für den entsprechenden Nachwuchs zu sorgen. Wir tun das im Pflegebereich am FH Campus mit den Ausbildungsschienen, die wir da auch auf die Reihe gebracht haben. Das ist aber kein Thema, das man kurzfristig lösen kann, weil es das Personal nicht kurzfristig gibt. Daher ist es quasi sehr, sehr wichtig, im Bereich der Patientenlenkung steuernd einzugreifen, also Strukturen zu verändern. Auch das tun wir zum Beispiel eben mit den Erstversorgungsambulanzen, damit die PatientInnen oder die Wienerinnen und Wiener zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort der Versorgung sind. Ich glaube, das ist wirklich entscheidend, um genau dieses Thema des Personalmangels durch richtige Patientenlenkung entsprechend zu verbessern. Nichtsdestotrotz ist das aber auch ein sehr, sehr großes Thema. Sie sprechen es auch in Ihren Empfehlungen an, dass man da auch wirklich aufpassen muss. Sie haben es als Abwärtsspirale bezeichnet, die sich entwickeln kann und die droht. Ich glaube, das ist auch wirklich ernst zu nehmen und es ist darauf zu schauen, weil wir ein sehr, sehr gutes Gesundheitssystem in Wien und in Österreich insgesamt haben. Also, wir haben wirklich den Luxus eines hervorragenden Gesundheitssystems. Manche Dinge beginnen aber auch zu bröckeln. Da werden wir natürlich auch als Stadtregierung entsprechend entgegenwirken. Das hat auch mit den Arbeitsbedingungen des Spitalspersonals zu tun, so wie Sie es schreiben. Ich glaube, auch die Gesprächsbereitschaft, die Gesprächsbasis und dieses Thema der echten Verhandlungen sind ein wichtiger Punkt. Sie führen es hier an. Ich glaube, dass es wichtig ist, innerhalb dieser Gruppe der verschiedenen Stakeholder - ob Staat, ob Ärztekammer, ob Gesundheitskassen, et cetera - nicht nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, sondern im Sinne der PatientInnen auch wirklich strukturelle Maßnahmen zu erwirken. Denn das ist letztendlich die Chance, wie wir das System gemeinsam in eine Richtung lenken, sodass genau diese Qualität, die wir jetzt haben, auch langfristig gesichert ist. Das Schnittstellenmanagement habe ich schon kurz erwähnt. Auch der extramurale, also der niedergelassene Bereich ist ein wesentliches Thema, das Sie im Bericht ansprechen. Wie gesagt sind der intramurale Bereich und der extramurale Bereich kommunizierende Gefäße. Da gibt es in einigen Bereichen auch einen Mangel an FachärztInnen, vor allem im Bereich der Allgemeinmedizin und - wie Sie es hier auch sagen - im Bereich der Kindermedizin. Da bin ich wirklich froh, dass wir als Stadt einen ganz, ganz wichtigen Schritt geschafft haben. Alle, die mich kennen, wissen: Für das Thema bin ich die ganze Zeit - auch schon in der Opposition - gelaufen. Mir war es wirklich wichtig, dass wir es schaffen, endlich auch Kinderprimärversorgungseinheiten zu realisieren. Es freut mich, dass da einiges auf den Weg gebracht wurde und dass die langen Verhandlungen zwischen Ärztekammer und Gesundheitskassa - fast über zwei Jahre - gefruchtet haben, dass die Stadt ihren Beitrag liefert und dass jetzt endlich die ersten Primärversorgungseinheiten für Kinder und Jugendliche auf den Weg gebracht wurden. Es freut mich auch sehr, dass sich der Gesundheitsminister in Wien anschaut, wie das funktioniert. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Ein Punkt, der eigentlich nichts mit der Stadtpolitik zu tun hat, sondern der sozusagen generell ist: Ich halte es auch für wichtig - Sie haben es in den Empfehlungen auch angeführt -, dass man auch endlich über die Anpassung der Leistungskataloge sprechen muss. Ich weiß von den ÄrztInnen, von den niedergelassenen ÄrztInnen: Das, was in vielen Bereichen wirklich fehlt, was wirklich wichtig ist und was die Schnittstelle zu den PatientInnen ist, ist das Gespräch. Das ist das Zuhörenkönnen, die Zeit für dieses Gespräch. Wenn ich mir anschaue, wie viel davon abgegolten wird, dann sind das fünf oder sieben Minuten, also nichts. Es ist letztendlich auch die Vertrauensbasis zwischen Ärzten und Patienten. Da muss wirklich auch einiges passieren - da rennen Sie bei mir und bei uns offene Türen ein -, dass wir in der Richtung wirklich bundesweit eine Veränderung bei diesen Leistungskatalogen haben. Insgesamt möchte ich mich noch einmal bei allen Kolleginnen und Kollegen in der Patientenanwaltschaft bedanken. Sie sind sozusagen die Spitze, aber getragen wird das Ganze natürlich von vielen, vielen MitarbeiterInnen. Auf Grund der Anzahl an Telefonaten und Anfragen kann man wirklich sehen, wie viele Menschen sich an Sie wenden. Das heißt, die Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft wird gehört. Sie ist präsent, und sie ist ein ganz, ganz wichtiger Beitrag für die Verbesserung und Qualitätssteigerung unseres Gesundheitssystems. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie von Abg. Dr. Jennifer Kickert.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste ist Frau Abg. Huemer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Abg. Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrter Herr Patienten- und Pflegeanwalt Dr. Jelinek! Sehr geehrter Herr Landesrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch die intergeschlechtlichen Menschen möchte ich sehr herzlich begrüßen. (Abg. Maximilian Krauss, MA: Na endlich einmal!) Extra für Sie, Herr Krauss, extra für Sie, Herr Krauss. (Abg. Maximilian Krauss, MA: Alles müssen Sie machen! Sie wollen das ja!) Genau. Wir diskutieren den Tätigkeitsbericht 2022 der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft. Ich kann mich erinnern: Vor einem Jahr saßen Sie noch oben auf der Tribüne. Heute sitzen Sie hier in Ihrer neuen Funktion. Seit 1. Juli bekleiden Sie diese. Ich nehme an, dass Sie selbst auf Ihre wirklich sehr beachtliche Statistik Bezug nehmen werden. Darum konzentriere ich mich auf die strukturellen Themen, die im Bericht angesprochen werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Bericht legt aus meiner Sicht wirklich ziemlich schonungslos offen, mit welchen Problemen wir es im Gesundheitssystem aktuell oder auch schon seit längerer Zeit zu tun haben. Es ist allen voran die Personalnot, aber auch die Klimakrise wird angesprochen. Selbstverständlich werden auch die Covid-19-Pandemie, die Mehrklassenmedizin - also nicht nur das intramurale, sondern auch das extramurale Thema - , der Mangel an Kassenärzten und die überlangen Wartezeiten - auf OPs, aber auch auf Krankentransporte oder auf Untersuchungen, etwa auf ein MRT - angesprochen. Die überfüllten Ambulanzen sind ein ewiges Thema, aber auch die Intransparenz bei der Terminvergabe von Untersuchungen oder OPs, die extrem hohe Zahl an Gefährdungsanzeigen sowie die hohe Anzahl an gesperrten Betten kommen im Bericht vor. Beachtlich finde ich auch, dass Sie sich auch dem wirklich immer schlechter werdenden Gesprächsklima zwischen Stadt und Ärztekammer widmen und das aus meiner Sicht auch mit einer gewissen Sorge kommentieren. Was ich in diesem Bericht sehe, ist die Kritik, die wir als GRÜNE schon seit vielen, vielen Jahren äußern: Die zahlreichen Missstände im intra- und extramuralen Bereich, ganz besonders eben die Personalnot und ihre Folgen und auch die Sorge um die Aushöhlung unseres solidarischen Gesundheitssystems, das uns, glaube ich, trotz unterschiedlicher Perspektiven allen sehr am Herzen liegt und bei dem wir gemeinsam daran arbeiten, dass es besser wird. (Beifall bei den GRÜNEN.) Was ich auch sehr beachtlich finde, ist, dass Sie sich im Bericht doch recht klar dazu äußern, wie unbefriedigend der Umgang der Führungsverantwortlichen mit den Problematiken ist. Man kann im Bericht ja schwarz auf weiß lesen, dass Gefährdungsanzeigen keineswegs bagatellisiert oder schubladisiert gehören. Man kann auch schwarz auf weiß lesen, dass es - vermutlich auf Grund der Überlastungen und der Unterbesetzungen beim Personal - wirklich zu dramatischen, folgenschweren und tödlichen Behandlungsfehlern kommt. Das ist entsetzlich zu lesen. Ich weiß, es ist die Aufgabe, Ihre Arbeit darzustellen, aber die Einzelschicksale sind auch exemplarisch dafür, wie dramatisch die Situation ist. Da passiert sehr viel Leid, wenn Menschen durch Behandlungsfehler Komplikationen erleiden. Es ist furchtbar und dramatisch, wenn Menschen daran sterben, weil Erkrankungen nicht oder nicht rechtzeitig erkannt werden, weil Kontrollmechanismen versagen. Also, es ist sehr, sehr dramatisch, was da passiert. Das wollen wir eigentlich alle nicht wirklich lesen - aber nicht, weil wir der Realität nicht ins Auge schauen wollen, sondern weil wir wollen, dass diese Fehler einfach nicht passieren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Eine Empfehlung der Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft ist ja - ich zitiere das jetzt -: "Auf vielfältige Ursachen muss mit einer Vielzahl an Maßnahmen reagiert werden." Ja, es ist eben nicht monokausal, was im Pflege- und Gesundheitssystem derzeit passiert, aber zweifellos - so das Zitat - "muss aber oberste Priorität die Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Spitalspersonals sein, was auch, aber nicht nur einen finanziellen Aspekt beinhaltet". Das ist doch wirklich sehr, sehr klar und eindeutig, was es dringend braucht. Ich zitiere weiter. "Ebenso wesentlich scheint eine echte Verhandlungsbereitschaft der unterschiedlichen Stakeholder des Gesundheitswesens, die nicht nur in der Findung von Kompromissen besteht, sondern auch ein ehrliches Hinterfragen der eigenen Standpunkte und das Eingestehen von Fehlentwicklungen beinhaltet." - Ich glaube, genau darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren. Davon reden wir alle hier schon seit Längerem. Die Verhandlungspartner müssen an einen Tisch. Sie müssen ihre Partikularinteressen hintanstellen. Sie müssen für das große Ganze gemeinsam arbeiten. - Das fordern wir hier schon sehr lange. Es braucht eine bessere Fehlerkultur in den Spitälern. Das Personal muss wirklich endlich eingebunden werden. Man kann nicht nur mit der Direktion reden, sondern man muss sich auch persönlich mit dem Personal auseinandersetzen, die Arbeitsbedingungen der Menschen ernst nehmen und für Verbesserung sorgen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wenn ich daran denke, wie in der gestrigen Fragestunde der Warnstreik der Zentralen Notaufnahme hier von unserem Herrn Gesundheitsstadtrat kommentiert wurde, dann glaube ich nicht, dass das gerade eine Deeskalationsstrategie ist. Ich glaube sehr wohl, dass unser Gesundheitsstadtrat Dienstpläne machen kann, aber deeskalieren kann er aus meiner Sicht nicht. (Beifall bei den GRÜNEN.) In Anbetracht der vielen dramatischen Schicksale - und es findet sich ja nur ein Auszug im Bericht - frage ich mich wirklich: Wie viele Menschen müssen noch sterben? Es ist wirklich sehr berührend, was in diesem Bericht steht. Wie viel Leid muss noch passieren, dass endlich Schritte gesetzt werden, die tatsächlich wirksam sind und entlasten? Man muss sich einmal vorstellen, vor welcher schwierigen Situation die Betroffenen stehen, denen das Leid zugefügt wurde, vor welcher schwierigen Situation aber auch das Personal steht, das damit konfrontiert ist. Die Menschen werden damit aber wirklich allein gelassen. Wir diskutieren hier schon sehr lange, dass das Personal nicht nur am Limit, sondern schon weit darüber ist. Diese Abwärtsspirale, die heute auch schon von Kollegen Gara angesprochen wurde, muss endlich gestoppt werden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Situation sich nachhaltig und wirklich verbessert, und es darf nicht sein, dass weiter verharmlost oder schöngeredet wird. (Beifall bei den GRÜNEN.) Sehr geehrter Herr Dr. Jelinek! Ich sehe Sie im Hinblick auf das verschlafene Gegensteuern gegen diese schlimmen Entwicklungen als Verbündeten, der seine mahnende Stimme erhebt. Es stehen nämlich nicht mehr und nicht weniger als die PatientInnenrechte und die PatientInnenversorgung auf höchster Qualität auf dem Spiel, und insofern empfinde ich Ihre klaren Worte als sehr wohltuend. Ich wünsche mir, dass Sie weiter beharrlich bleiben beziehungsweise vielleicht sogar noch lauter werden, denn in diesen Debatten sind sozusagen die Stimmen der Ärztekammer, der Stadt oder anderer Stakeholder wie der ÖGK immer laut, während die Stimme der PatientInnen fehlt. Ich weiß, dass Sie nicht wirklich die Stimme der PatientInnen sind, da diese Stimme aber fehlt, meine ich, dass die Patientenanwaltschaft in gewisser Weise sehr wohl ihre Stimme erheben soll, denn sonst geht all das völlig unter. Genau um die Rechte der PatientInnen und deren gute Versorgung muss es ja im Gesundheitssystem gehen und nicht um Standesdünkel. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich möchte zu ein paar Empfehlungen kommen, die Sie ansprechen. Sie sprechen nämlich nicht nur die Probleme an, sondern Sie geben ganz klare Empfehlungen, und ich glaube, viele dieser Empfehlungen ließen sich mit gutem Willen und ein bisschen Einsatz rasch und gut umsetzen. Das Entlassungsmanagement wurde schon angesprochen. Da fehlt es wirklich nicht an ÄrztInnen oder PflegerInnen, sondern dort hin gehören SozialarbeiterInnen, und es wäre wirklich gut, wenn diese bald kämen. Es geht auch um die Reha. Das Krankheitsbild Demenz ist auf Grund der Demographie im Wachsen begriffen, und da demenziell erkrankte PatientInnen schwerer zu einer Reha kommen, muss diesem Thema auch bei der Reha mehr Raum gegeben werden, um den Aufenthalt zu erleichtern. Ich glaube, das sollte sich machen lassen. Ich weiß, dass nicht alles in der Kompetenz der Stadt Wien liegt, das schlägt sich aber in den Anfragen, in den Sorgen, in den Nöten nieder, die bei der Patienten- und Pflegeanwaltschaft aufschlagen. Darum erwähne ich das auch, weil wir hier ja das Gesundheitswesen als Ganzes diskutieren. Beim Wartezeitenmanagement dürfte es erfreulicherweise besser geworden sein, aber auch hier ist noch viel zu tun. Auch diesbezüglich schließe ich mich meinem Vorredner an. Der Leistungskatalog für die Kassenverträge im niedergelassenen Bereich muss in vielen Bereichen wirklich erweitert und die Sätze etwa im Hinblick auf das Thema Gespräch müssen angehoben werden, es müssen aber auch andere Leistungen inkludiert werden. Wir diskutieren gerade die gynäkologische Versorgungssituation in Wien. Das ist genau ein solches Thema: Es braucht bessere Verträge, es braucht mehr Kassenverträge, es gehören mehr Leistungen anerkannt. Selbstverständlich war 2022 noch ein Jahr, das ganz stark von der Covid-19-Thematik geprägt war. Ich kann Ihre Forderung sehr gut nachvollziehen, dass beispielsweise bei Impfschäden die Entschädigungen erhöht werden müssen, aber auch dann, wenn etwa Menschen sich im Krankenhaus infiziert haben und daraufhin schwere gesundheitliche Schäden erlitten haben. Wenn Menschen sehr lange an Post-Covid leiden, muss heute um Entschädigung gerungen werden, und das ist eigentlich schäbig. Hier braucht es volle Unterstützung und bessere Entschädigungen für das erlittene Leid. (Beifall bei den GRÜNEN.) Begrüßen möchte ich auch Ihre Empfehlung, dass das Angebot für kinder- und jugendpsychiatrische Behandlungen großzügig aufgestockt werden muss. Das ist ein Thema, bei dem wir uns alle einig sind, dass es gut ist, wenn hier Fahrt aufgenommen wird. Es braucht da aber eigentlich noch viel mehr, insbesondere bei der psychologischen Unterstützung. Ein ganz wichtiges Thema ist der Datenausgleich. Wien war eigentlich bis zum Schluss betreffend Corona-Daten nicht sehr unterstützend und hat sich diesbezüglich geweigert. Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung ist aber auch etwas ganz Wichtiges. Da brauchen wir Daten, und es kann nicht sein, dass sich einzelne Bundesländer ewig lang querstellen und die Daten darüber nicht herausrücken, wie viele Menschen mit Covid im Spital liegen. Da gibt es schon erhebliche Unterschiede, und das ist nur ein Beispiel, wohin die Reise gehen muss. Sehr berührt hat mich in Ihrem Bericht auch, dass Sie auf das Thema seltene Erkrankungen eingehen und beschreiben, wie Familien beziehungsweise PatientInnen bei einer seltenen Erkrankung nach wie vor alleine gelassen werden oder vergeblich nach Hilfe und Unterstützung suchen. So müssen diese etwa ins Ausland gehen, um dort Selbsthilfegruppen zu befragen, was denn wie zu tun ist. - Ich glaube, da kann die Stadt tatsächlich noch viel mehr tun. Dazu möchte ich ergänzen: Genau in diesem Bereich, wenn seltene Erkrankungen im Kinder- und Jugendalter eintreten, braucht es ein gutes Transitionsmanagement. Auch beim Übergang von der Kinder- und Jugendlichenversorgung zur Erwachsenenmedizin ist noch viel zu tun. Vielleicht können Sie diesem Thema in Zukunft auch ganz explizit Ihr Augenmerk schenken. Im Zusammenhang mit der Sterbeverfügung geht auch wenig weiter. Diesbezüglich ist offenbar auch der Bund noch immer etwas schuldig. Ich kann nur sagen: Ich werde mit meinen KollegInnen dieses Thema noch einmal besprechen, um zu klären, warum hier nichts weitergeht, denn in dieser sensiblen Thematik ist es ganz besonders wichtig, dass Klarheit und Eindeutigkeit herrschen und niemand sozusagen in irgendeinen Graubereich schlittert und Verantwortung für etwas übernimmt, was man so nicht machen wollen hätte. (Beifall bei den GRÜNEN.) Insgesamt finde ich den Bericht - wie auch die Berichte früherer Zeit - wirklich sehr lesenswert. Mir gefällt auch das neue Layout. Zum Thema Öffentlichkeitsarbeit möchte ich anregen, dass Sie beziehungsweise die Patientenanwaltschaft in Wien anstatt einer Sub-Seite innerhalb des Magistrats eine ganz eigene Website bekommen sollen. Beispielsweise in Niederösterreich hat der Patientenanwalt eine eigene Website. Ich finde das recht attraktiv. Dort kann man viel nachlesen, und es werden auch eigene Themen behandelt. Ich könnte mir vorstellen, dass das die Bekanntheit dieser Institution, die so wichtig ist, noch deutlich heben würde. Abschließend noch vielen, vielen Dank an Sie und Ihr Team für Ihre Arbeit! Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Projekte, die Sie sich sozusagen herausgepickt haben, die Sie vorantreiben wollen. Dabei geht es beispielsweise um den Entschädigungsfonds, der viel zu gering dotiert ist. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass Ihnen das gelingt, was den VorgängerInnen bislang nicht geglückt ist! Wie heißt es so schön? - Steter Tropfen höhlt den Stein. Vielleicht gelingt da ja etwas! Jedenfalls ist Ihre Stimme wichtig. Ihre Arbeit ist wichtig. Bleiben Sie dran! Bleiben Sie engagiert! Die PatientInnen brauchen Sie und Ihre Unterstützung ganz dringend. Weiter so! - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Korosec. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Dr. Jelinek! Sehr geehrter Herr Landesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns liegt heuer zum ersten Mal - wie jetzt schon von einigen gesagt wurde - der erste Bericht des neuen Patienten- und Pflegeanwalts vor, und ich möchte mich gleich am Anfang für einen durchaus kritischen, aber sehr, sehr guten Bericht ganz herzlich bedanken. Dieser Bericht zeigt sehr wohl auch auf - was auch meine Vorrednerinnen und -redner bereits gesagt haben -, dass es Missstände im Wiener Gesundheitswesen gibt. Diese werden relativ schonungslos von Ihnen aufgezeigt. (Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte mich sofort mit der inhaltlichen Kritik aus diesem Bericht beschäftigen. Kollege Gara hat das offensichtlich auch sofort erkannt und hat aufgezeigt, dass natürlich das Entlassungsmanagement die größte Hürde ist. Ein Viertel aller Telefonanrufe betrifft nämlich das Entlassungsmanagement. Das ist etwas ganz Entscheidendes. Man muss sich vorstellen, was es bedeutet, entlassen zu werden und dann nicht zu wissen, wie es weitergeht. Deswegen bin ich sehr froh, dass Sie sich dessen entsprechend angenommen und auch Empfehlungen gegeben haben. Was ist der Sinn des Entlassungsmanagements? - Dem Patienten und der Patientin soll ein reibungsloser Übergang in den Alltag ermöglicht werden. Es soll ihnen die Gewissheit gegeben werden, dass sie auch nach der Spitalsbehandlung gut versorgt werden. Für die Betroffenen und die Angehörigen ist das natürlich oft auch eine emotionelle Herausforderung und ein Bruch mit dem Alltag, und das kommt sehr oft sehr plötzlich. Beim Entlassungsmanagement sind natürlich auch sehr viel Einfühlungsvermögen und vor allem eine gute Organisation notwendig. Im Bericht heißt es - ich zitiere von Seite 28 -: "Wiederholt wird die WPPA mit Fragen zum Entlassungsmanagement konfrontiert. Meist werden PatientInnen entlassen, obwohl eine ausreichende Betreuung im privaten Bereich beziehungsweise eine Unterbringung in Pflegeheimen - noch - nicht gewährleistet ist, was oft zu Überforderungen der mit diesen Problemen belasteten Angehörigen führt!" - Das ist eine ganz klare Feststellung über einen Zustand, der geändert werden muss, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.) Die Patientenanwaltschaft bietet aber auch gleich Verbesserungsideen. Die Rede ist von einer frühzeitigen Kontaktaufnahme mit den Angehörigen. Es braucht mehr Personalkapazitäten, also natürlich zusätzlich auch Sozialarbeiter. Frau Kollegin Huemer! Sie haben schon sehr deutlich darauf hingewiesen. Das würde sich auch ökonomisch auszahlen, denn wir alle wissen, was ein Tag im Spital kostet, was natürlich dann auch vom Steuerzahler bezahlt werden muss, wobei das eigentlich nicht die Versorgung ist, die notwendig wäre. Es ist beschämend, zu hören, dass PatientInnen sowie deren Angehörige manchmal wochenlang der Angst ausgesetzt sind, nicht ausreichend weiter versorgt zu werden. Dieser Zustand führt natürlich zu Ängsten und unnötigen Mehrkosten. Erlauben Sie mir an dieser Stelle eine persönliche Anmerkung: Als ich ins Rathaus gekommen bin, habe ich mit Gesundheit nichts zu tun gehabt. Und ich habe mich auch in meinem vorherigen beruflichen Leben nicht mit Gesundheit beschäftigt. Ich war Gott sei Dank immer gesund und habe gedacht, es sei alles ganz normal. Dann musste ich überraschend in den Gesundheitsausschuss, weil damals Gio Hahn, der unser Gesundheitssprecher war, Stadtrat wurde. Ich kam in den Untersuchungsausschuss betreffend die Lainzer Mörderinnen, und ich kann Ihnen sagen: Das war für mich ein unendlicher Schock. Ich war damit überhaupt noch nie konfrontiert, was es heißt, in einem Zimmer untergebracht zu werden, in dem acht bis zehn Menschen liegen. Das war wirklich für mich sehr, sehr schwierig. Damals habe ich mir etwas vorgenommen. Ich muss nämlich sagen, dass man auch bei den Gesprächen mit hohen Politikern gesagt hat, dass das die Menschen so wollen, dass sie in so großen Räumen sein wollen, damit sie nicht alleine sind. Für mich war all das unverständlich, und ich habe mir vorgenommen: Es ist unsere Aufgabe, so wie wir einen Erdenbürger ins Leben hereinnehmen, die Menschen, die aus dem Leben gehen, auch entsprechend hinauszubegleiten. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.) Daher ist mir das so wichtig, denn bei vielen alten Menschen ist der erste Teil, das Entlassungsmanagement, zugleich oft auch der letzte. Jedenfalls ist das der erste Teil einer Veränderung. Und sehr oft werden das dann die Drehtürpatienten, wie man sagt, die, kaum, dass sie zu Hause sind, schon wieder ins Spital müssen, weil die angemessene Versorgung nicht vorhanden ist. - Ich gebe zu, dass das etwas ist, wovon ich emotional besonders betroffen bin, weil ich das sehr oft erlebe und in meiner heutigen Tätigkeit sehr viel damit konfrontiert werde. Mir ist allerdings ganz klar bewusst, dass das Gesundheitssystem natürlich eine unglaublich komplexe Materie ist, bei dem viele Ebenen ineinandergreifen, es viele Stakeholder gibt und jeder seine eigenen Interessen verfolgt, die oft nicht wirklich die Interessen der Patientinnen und Patienten sind. Im Hinblick darauf empfiehlt sich natürlich, obwohl wir für die Spitäler zuständig sind, auch ein entsprechender Aufbau von Kapazitäten im niedergelassenen Bereich, denn wir sind als Wiener Abgeordnete für alle Wienerinnen und Wiener zuständig. Im Wiener Gesundheitsverbund fehlen uns aber schlicht und einfach die ausreichenden Strukturen und Ressourcen, die wir vor allem für Sozialarbeiter und diplomierte Krankenpflegepersonen brauchen, um diese Herausforderungen wirklich bewältigen zu können. Nach diesem Untersuchungsausschuss durfte ich damals mitarbeiten, und auch der Herr Landesrat war damals dabei. Wir haben Veränderungen vorgenommen, und wenn man sich heute die Pflegewohnhäuser ansieht, dann sieht man: Es gibt Einbettzimmer und Zweibettzimmer und gemeinsame Räume. Heute ist es so, wie es sein soll, und der Unterschied von damals zu heute ist, Gott sei Dank, ganz groß. Trotzdem fehlen die Menschen, die in diesem Zusammenhang notwendig sind, um dementsprechend mitzuarbeiten. Daher möchte ich einen Beschlussantrag einbringen, weil das Entlassungsmanagement eine sehr wichtige Sache ist: Der Landtag fordert die zuständigen Stellen der Stadt Wien auf, die Implementierung eines professionellen Entlassungsmanagements im Wiener Gesundheitsverbund voranzutreiben sowie die Personalkapazitäten auszubauen, um die rechtzeitige Unterstützung von hilfsbedürftigen Patienten zu gewährleisten sowie ein effizientes Schnittstellenmanagement zwischen intra- und extramuralem Bereich zu ermöglichen. In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Sport verlangt. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn wir weiter in die Details gehen, dann sehen wir, dass ein Großteil der Anliegen beim Thema Traumatologie und Orthopädie liegt. Wenn man dem gegenüberstellt, dass 10 Prozent der Facharztausbildungsstellen in der Orthopädie des WIGEV unbesetzt sind, dann wir klar, dass es hier auch in Zukunft zu einem zusätzlichen Personaldruck und zu weiteren Problemen kommen wird. Auch hier ist Handlungsbedarf gegeben. Weiters enthält der Bericht Kritik an gewissen Zwischenfällen. Ich möchte gleich vorwegschicken: Überall, wo gearbeitet wird, gibt es Fehler. Gerade im Gesundheitsbereich wirken sich Fehler aber oft sehr dramatisch aus, weil sie natürlich auch tödlich sein können. Die Kritik richtet sich allerdings auch nicht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WIGEV, sondern es geht wieder um die strukturellen Mängel, die eben vorhanden sind und die man beheben muss. Wir reden schon seit vielen Jahren darüber, abgesehen von der Diskussion des Tätigkeitsberichts der WPPA, wenn Sie hier sind oder früher Frau Dr. Pilz da war. Wir haben hier sehr viele Gesundheitsdebatten, und das wird immer wieder aufgezeigt. Das ist ja nichts Neues, und es ist traurig, dass da doch so wenig geschieht. Ein besonders tragischer Fall, der auch mir persönlich nahegeht, wird im Jahresbericht erläutert. Es geht dabei um einen Patienten mit Herzbeschwerden, der 40 Tage auf einen Termin für eine Angiographie warten musste. 40 Tage! Sie müssen sich die Angst vorstellen, die ein Mensch da miterlebt! - Ich habe jetzt vor ganz kurzer Zeit einmal sozusagen eine kleine Mahnung erhalten. Es war nichts Besonderes, aber ich habe Tage gebraucht, das zu verarbeiten, und bei jedem Stich und bei jeder Kleinigkeit denkt man sofort: Um Gottes willen! Was heißt das? - Wenn man das weiß und 40 Tage warten muss, dann ist das eigentlich unglaublich. Und während dieser Wartezeit erlitt der Patient auch tatsächlich einen Herzinfarkt. Wartezeiten sind kein Einzelfall im WIGEV. Auch in diesem Zusammenhang muss strukturell dafür gesorgt werden, dass sich das ändert. Es hat sich zwar verbessert, aber in manchen Teilen überhaupt nicht. Generell sind die Wartezeiten, wie heute schon gesagt wurde, nicht mehr so lang, es gibt aber Bereiche, wo das natürlich sehr dramatisch ist. So gibt es etwa Fälle mit einer Wartezeit von mehr als einem Jahr und bis zu dreimaliger Verschiebung. Es ist ja nicht so, dass jemand so gern operieren geht. Das ist eh eine Belastung. Und es darf ganz einfach nicht sein, dass jemand drei Mal hinkommt, quasi schon fast auf dem Operationstisch liegt, dann aber wieder runter muss und letztlich drei Mal wieder nach Hause geschickt wird. So etwas darf nicht sein! Kritik betrifft natürlich auch die Gefährdungsanzeigen. Diese sind nicht zu bagatellisieren. Nein! Diese sind ernst zu nehmen. Es geht zum Beispiel um eine Behandlungsverzögerung, die beinahe zu einer Beinamputation führt, beziehungsweise um eine fehlerhafte Dialyse, wonach eine Patientin sogar verstarb. Es zeigt sich also, dass wirklich das gesamte Wiener Gesundheitssystem strukturelle Probleme hat. Herr Landesrat! Ich weiß, dass Sie das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich würde Sie aber wirklich bitten, vielleicht doch intensiver über Maßnahmen nicht nur nachzudenken, sondern auch zu handeln, damit wir im nächsten Jahr nicht wieder hier stehen und diese Probleme aufzeigen müssen. Wir brauchen in diesem Zusammenhang wirklich strukturelle Änderungen! (Beifall bei der ÖVP.) Ein weiterer Bereich, den ich auch kurz anführen möchte, ist die medizinische Hauskrankenpflege. Wenn jemand medizinische Hauskrankenpflege braucht, dann hängt das natürlich auch wieder mit dem Entlassungsmanagement zusammen. Das fällt nicht im ganzen Umfang in den Bereich der ÖGK, es ist aber ganz wichtig, dass hier im Hinblick auf die Finanzierung und Abgrenzungsprobleme zwischen FSW und ÖGK wirklich etwas geschieht. Man kann nicht akzeptieren, dass es da Probleme gibt. Es muss immer das Ziel sein, dass man Fehler bestmöglich vermeidet und sich immer in die Rolle des Patienten hineindenkt. Das ist nämlich unsere Aufgabe: Wir haben alles zu tun, um die Patienten bestens zu betreuen, und alles zu tun, damit sie nach Möglichkeit gesund werden können. Und wenn das nicht der Fall ist, müssen wir dafür sorgen, dass sie dementsprechend gut gepflegt und wertgeschätzt werden. (Beifall bei der ÖVP.) Es darf nicht dazu kommen, dass die Überforderung in den Spitälern so groß ist, dass das Patienten sogar das Leben kosten kann, wie wir ja in diesem Bericht auch lesen konnten. Meine Damen und Herren! Dieser Bericht ist eine Fundgrube, und ich würde sagen: Er ist eine absolute Pflichtlektüre für jeden Entscheidungsträger im Wiener Gesundheitswesen. Wie in den letzten Jahren im Hinblick auf die Berichte von Frau Dr. Pilz kann ich auch Ihnen, Herr Doktor, heute auch namens meiner Fraktion zu Ihrem Bericht gratulieren. Man sieht den Einsatz, den Sie zeigen, und dass es Ihnen wirklich um die Patientinnen und Patienten geht. Ich bedanke mich bei Ihnen, ich bedanke mich aber natürlich bei Ihrem kompletten Team. Es ist dies ein sehr kompetentes Team, das eine ganz, ganz großartige, aber auch sehr wichtige Arbeit leistet. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.) In diesem Sinne darf ich Ihnen viel Kraft, viel Einsatz, trotzdem aber auch Freude an dieser so wichtigen Tätigkeit wünschen. - Danke. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Danke. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abg. Laschan. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Dr. Claudia Laschan (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich heute wieder einmal zum Bericht der Patientinnen- und Patientenanwaltschaft sprechen darf. Ich möchte mich gleich bei Ihnen, Herr Dr. Jelinek, für diesen wirklich sehr ausführlichen und sehr kritischen Bericht bedanken. Dieser muss ja kritisch sein, denn sonst wären Sie kein guter Patienten- und Patientinnenanwalt. Herzlichen Dank für die vielen Aufzeigungen von Problemen, für die Ableitungen, die Sie daraus vorgenommen haben, und für Ihre Vorschläge! Ich möchte Sie jetzt aber auch bitten, dass Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ganz liebe Grüße ausrichten und ihnen sagen, mit welcher Hochachtung wir diese Arbeit schätzen. Ich bitte Sie, das auch auszurichten! Ich möchte nun zu einigen Dingen kommen, die Sie aufgezeigt haben und die heute noch nicht besprochen wurden, nämlich zur Mehrklassenmedizin quasi als Überschrift. Sie haben in Ihren Ausführungen berichtet, dass es Klagen gibt, dass man nur als extramurale Privatpatientin oder extramuraler Privatpatient schnell an einen Operationstermin kommt. Und es gab einen Fall, in dem die Nachbehandlung in der Privatordination des Primars vereinbart wurde, ohne dass der Patient aufgeklärt wurde, dass es sich eben um einen Privatarzt handelt und man dafür zahlen muss - und wahrscheinlich gar nicht so wenig. Da geht es jetzt um einen Fall, ich weiß aber, dass es viele Fälle gibt, in denen das in diese Richtung geht, und zwar in ganz Österreich, aber auch in Wien: Leute werden zu Untersuchungen geschickt und wissen vorher gar nicht, dass die jeweiligen Ärztinnen und Ärzte, die empfohlen werden und an welche sich die Zuweisung richtet, dann privat kassieren, weil das vorher nicht gesagt wurde. Das halte ich wirklich für eine Praxis, die unerträglich ist! Ich möchte ein Beispiel im Zusammenhang mit einem Wiener orthopädischen Privatspital nennen und hier erzählen, wie sich das abspielt. Vor allem im orthopädischen Bereich gibt es ja oft längere Wartezeiten. Das ist schlecht. Aber da bedingt sich oft etwas gegenseitig, wie Sie sehen werden, wenn ich Ihnen jetzt erzähle, wie das teilweise aufgesetzt ist. Es handelt sich, wie gesagt, um ein orthopädische Privatspital, von dem die meisten glauben, dass es ein Krankenhaus des Wiener Gesundheitsverbundes ist, wie ich aus persönlichen Gesprächen herausgehört habe. Wenn man dort anruft und sagt, dass einem eine Zuweisung wegen einer notwendigen Hüftoperation ausgestellt wurde, weil man schon gar nicht mehr gehen kann, die Hüfte komplett aufgebraucht ist und dringend eine Operation notwendig wäre, dann wird man zuerst einmal in die Privatordination eines Operateurs geschickt. Man kommt gar nicht ins Spital, sondern wird in die Privatordination geschickt. Dort wird man dann gefragt, ob man eine Zusatzversicherung hat, und wenn das nicht der Fall ist, dann wird man auf eine Wartezeit von bis zu einem Jahr vorbereitet, außer man ist bereit, eine Zuzahlung zu leisten. Ich habe das alles schriftlich. Die Zuzahlung beläuft sich auf zirka 8.000 EUR für eine Hüftoperation. Die Patientin, die das mir vorgelegt hat und wirklich nicht mehr gehen konnte, hatte bereits ihre Ersparnisse für ihr Begräbnis aufgelöst. Da das aber um einiges zu wenig war, hat sie sich dann Geld von ihrer Tochter ausgeborgt, um das zahlen zu können. Sie hat mir gesagt, dass sie diese Operation jetzt machen lassen wird, weil sie sonst nicht mehr gehen kann. Ich habe damals gesagt: Das kann nicht sein! Das ist wirklich unmöglich! - Wir haben eine Beschwerde an die Patientenombudsstelle der Ärztekammer gerichtet. Das hat dazu geführt, dass der Leiter dieser Krankenanstalt die Patientin zu einer Begutachtung eingeladen und tatsächlich festgestellt hat, dass das sofort zu operieren ist. Daraufhin hat sie innerhalb von zwei Wochen einen Akuttermin bekommen, so wie es sich normalerweise eigentlich gehören würde. Das war aber nur über diese Schiene möglich. Und diese Praktik herrscht noch immer. Das müssen wir aufzeigen, das muss man abstellen. Ich halte das wirklich für unmoralisch. Das ist höchst unmoralisch und darf in dieser Stadt nicht geduldet werden, egal, von welchem Spital! (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie von Abg. Ingrid Korosec.) Stichwort: Exorbitante Ambulanzwartezeiten. Das habe ich aus Ihrem Bericht genommen, und das stimmt auch. Warum aber haben wir diese exorbitanten Ambulanzwartezeiten? Weil wir hier in diesem Bereich offensichtlich so attraktiv sind. Und wenn Sie jetzt behauptet haben, dass Niederösterreicher nicht mehr kommen können, dann sage ich: Das entspricht nicht der Realität. Jemand, der in eine Spezialambulanz zugewiesen wird, die es in Niederösterreich nicht gibt, wird hier genommen, weil das eben notwendig ist. Damit komme ich jetzt zu Herrn Kollegen Gara, der gesagt hat, dass die Spitäler eigentlich für Akutfälle da sind. - Ja, das trifft in der Theorie zu. In der Praxis haben wir aber in allen Wiener Spitälern irgendwelche Spezialambulanzen, die Leistungen anbieten, die im niedergelassenen Bereich nicht zugänglich sind, außer auf privater Ebene, wo man das schon finden kann. Das interessiert mich aber nicht, denn wir wollen für die gesamte Bevölkerung eine ausgezeichnete Versorgung! Und deswegen muss man hier auch festhalten, dass die Spitäler auch eine Versorgung anbieten, die eigentlich nicht vorgesehen ist, wenn es nur um akute Fälle gehen soll. Das entspricht nicht der Realität. Außerdem kommt natürlich noch Folgendes dazu: Die Patientinnen und Patienten, die in die Spitalsambulanzen kommen - manche rufen vorher an, manche kommen gleich hin -, haben alle eine Überweisung, und zwar sehr oft von Fachärztinnen und Fachärzten aus dem niedergelassenen Bereich, oft auch von Privatärzten. Diese Leute kommen mit einer Überweisung. Ich kann all das belegen. Fangen wir gleich bei der Gynäkologie an. Da hatten wir nämlich eine interessante Präsentation von einem Vertreter der Ärztekammer, die im Hinblick auf die herrschende Geisteshaltung sehr aufschlussreich war. Es wurde nämlich gesagt, dass schwangere Frauen "heavy user" sind. Das finde ich ja ganz arg! Ich habe mich noch immer nicht ganz daran gewöhnt, dass man sich so etwas als Ärztekammer-Funktionär - oder wer immer das war, ist auch wurscht! - zu sagen traut! Das zeigt die entsprechende Geisteshaltung. Schwangere Frauen sind "heavy user", weil sie so einen Gesprächsbedarf haben. - Ja. Den haben wir alle. Auch beim Zahnarzt. Ich habe den auch. Überall. (Zwischenruf von Abg. Mag. Josef Taucher.) Oder? Vielleicht bin ich auch eine "heavy userin". Das ist ja unglaublich! Ich finde es unfassbar, dass man so etwas überhaupt sagt! Wir sind jetzt gerade bei der gynäkologischen Versorgung, und bei diesem Vortrag wurde auch sehr eindrucksvoll berichtet, dass die Tarife zu niedrig sind. Das wird schon so sein! Es muss mehr für das Gespräch geben. Wir müssen Druck ausüben, denn mehr können wir als Stadt nicht tun, dass es im niedergelassenen kassenärztlichen Bereich endlich zu Tarifen kommt, die diesen Bereich wieder attraktiv machen. Ein bisschen übertrieben finde ich es aber schon, wenn dann die Frauen von den Gynäkologen - und das sage ich jetzt männlich, weil das so ist und es wenige Gynäkologinnen gibt, die so etwas machen - mit Zuweisungen betreffend Eisenmangel kommen. - Bei einer Hypermenorrhoe, also einer verstärkten oder verlängerten Menstruationsblutung, die oft bei jungen Frauen vorkommt, muss man ein bisschen Eisentabletten verschreiben, die die Patientin nehmen soll. Diese Patientinnen kommen dann aber in eine hämatologisch-onkologische Ambulanz mit einer Zuweisung, dass man den Eisenmangel beheben soll. Das ist ja unglaublich! Ich bin auch Ärztin, und wir kümmern uns natürlich um solche Patientinnen. Die können ja nichts dafür, dass sie zu uns kommen, und wir schicken sie nicht weg, sondern schauen, dass sie zu ihrem Eisen kommen und schreiben ein Rezept für Eisentabletten. Wenn das nicht vertragen wird, dann gibt man es intravenös. - Es ist doch unglaublich, dass man es nicht schafft, ein Rezept für ein Eisenpräparat auszustellen, sondern stattdessen zuweist! Das ist kein Einzelfall, das gibt es in allen fachärztlichen Ordinationen, und ich halte das auch für einen Grund, dass die Wartezeiten so lang sind, weil so etwas zum Beispiel unnötig ist. Es gibt Kardiologen - private Gruppenpraxis -, die schicken eine Patientin, die zufällig in einer ganz anderen Ambulanz im Hanusch-Krankenhaus behandelt wird, mit einer Zuweisung für eine ganz komplizierte Untersuchung des Herzens in dieses Spital. - Okay. Das gibt es im niedergelassenen Bereich auch. Tatsächlich wäre derjenige aber, vor allem, wenn er schon privat dafür kassiert beziehungsweise auch wenn er nicht kassiert, dazu verpflichtet, eine solche Untersuchung zu organisieren und nicht, eine Überweisung zu schreiben und ab ins Spital! Diese Vorgangsweise ist aber mehr die Regel als die Ausnahme, das möchte ich nur sagen, und das ist ein richtiges Problem. - Wenn das meine Patientin ist, dann mache ich das und habe dann nicht die Zeit, den anzurufen und zu fragen, ob er noch ganz normal denkt! - Und es kommen dann immer mehr, denn das funktioniert ja. Und das ist nicht sinnvoll und führt auch zu exorbitanten Ambulanzwartezeiten. Ich möchte zu einem weiteren Thema kommen. Ich habe mich sehr gefreut, als in einer der letzten Landesgesundheitsplattformen auf meine Anfrage, wann es endlich eine Leistungserfassung für den niedergelassenen Bereich geben wird, mitgeteilt wurde, dass das in Arbeit ist. Es geht da nämlich darum, dass man dann erfassen muss, was man gemacht hat, und dass es einen bestimmten Katalog gibt, wonach man auch die Diagnosen weiß. Welche Freude: Das ist in Arbeit! Das wird kommen, sodass wir vielleicht ein bisschen mehr Transparenz haben. Ich bin übrigens der Meinung, dass diese Leistungserfassung unbedingt auch im Privatbereich gemacht werden muss, denn zu wissen, mit welchen Diagnosen die Menschen dort sind, ist wichtig für die Gesundheitsplanung. Das ist ja eigentlich logisch, denn wenn man nur den Spitalsbereich abbildet, dann ist die Hälfte nicht vorhanden und damit kann man sich kein Bild machen. Etwas, was noch wichtiger ist, haben wir in Wirklichkeit auch gar nicht. Im Rahmen der Diskussion über das Entlassungsmanagement wurde das erwähnt: Die Vernetzung zwischen extra- und intramuralem Bereich funktioniert nicht. Und warum funktioniert sie nicht? Ein Beispiel: Jemand besucht regelmäßig eine Spezialambulanz, geht dann aber dazwischen auch zur Hausärztin oder zu einem Internisten oder sonstwo hin, wo irgendetwas gemacht wird, und kommt dann wieder zurück und erzählt: Dieses Medikament nehme ich nicht mehr, das wurde abgesetzt, dafür nehme ich jetzt ein anderes. - In einem solchen Fall möchte ich den Grund für das Absetzen wissen. Wenn ich danach frage, lautet die Antwort: Das weiß ich nicht. Das ist den Leuten auch zuzugestehen, denn warum soll der Patient oder die Patientin das wissen? Ich muss es aber wissen, ich muss die Medikamentenänderung kennen! Meist weiß ich aber auch nicht einmal, welches neue Medikament gegeben wurde und warum das geschehen ist. Das heißt, wir müssten so aufgestellt sein, wie wir es bei unserer Ausschussreise beziehungsweise Studienreise nach Berlin und Tallinn erfahren haben. In Tallinn ist die Digitalisierung, so wie in vielen skandinavischen Ländern, sehr weit fortgeschritten. Dort ist es eine Selbstverständlichkeit, dass jeder behandelnde Arzt und jede behandelnde Ärztin sehen können, was wann verordnet wurde und wie die aktuelle Medikation ist. Das haben wir nicht, und zwar nicht deswegen, weil wir die Zeit nicht haben oder zu faul sind, die Medikation zu aktualisieren, sondern weil wir nicht wissen, woher wir Informationen darüber hernehmen sollen. Das ist schlechte Medizin! Da muss man etwas machen, und zwar auch im Hinblick auf dieses Datenschutzgerede. Ja. Ich halte Datenschutz für wichtig. Wir haben aber in Tallinn gesehen, dass es auch anders geht, dass es möglich ist, den Datenschutz zu berücksichtigen. Der Patient oder die Patientin hat die Hoheit über ihren Patientenakt und sieht, wer hineinschaut oder wer hineingeschaut hat, und das ist eine gescheite Sache. Da frage ich mich: Warum bemühen wir uns nicht, in diese Richtung zu gehen und jammern stattdessen über schlechte Behandlungen? Solche Strukturen brauchen wir, dass wir zu einer guten beziehungsweise besseren Medizin kommen! (Beifall bei SPÖ, NEOS und ÖVP.) Da haben wir eine ganz wichtige Aufgabe vor uns. Ich möchte noch zum Beschwerdemanagement kommen. Kommunikation ist eine wichtige Sache, und deswegen würde ich anregen, dass wir all diese Spitalsombudsstellen zusammenfassen. Jedes Spital hat eine Ombudsstelle, und da kann man sich über alles Mögliche beschweren. Und für den Fall, dass wirklich etwas Dramatisches vorgefallen ist, bin ich der Meinung, dass bei Ihnen der richtige Platz dafür ist. Oft gibt es aber ein Kommunikationsproblem, bei dem kein medizinischer Schaden entstanden ist. Wieder ein Beispiel: Jemand wurde bei der Tür rausgeschmissen, obwohl es geregnet hat, weil man nicht einmal im Zwischenraum stehen bleiben durfte, bis das Taxi kommt, weil ja Corona-Pandemie war. Da hat sich jemand erkältet und dann beschwert. Und was ist da beispielsweise die Antwort? Ich bekomme nämlich viele Anrufe von Leuten, die so etwas erleben. Die Antwort ist dann: Das war nicht so! Das stimmt nicht. Und tschüss! Dafür brauche ich keine Ombudsstelle! Ich bin dafür, dass man unter dieser Voraussetzung diese Ombudsstellen abschafft, denn das bringt nämlich noch mehr Ärger, als man vorher gehabt hat. Das, was ich jetzt sage, ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Ich meine aber, man sollte das reformieren. Man sollte sich seitens der Ombudsstelle vielleicht doch entschuldigen oder auch einmal einfach nur das Bedauern ausdrücken, dass so etwas passiert und ein schlechter Eindruck entstanden ist. Ich verstehe nicht, warum es diese unnötigen Ärgernisse gibt, die man eh nicht braucht und die dann durch solche Antwortbriefe, in denen man sozusagen der Lüge bezichtigt wird, noch verstärkt werden. Das halte ich wirklich für reformbedürftig, denn ein Spitalsbesuch oder ein Arztbesuch sind für die Patientinnen und Patienten immer etwas Anstrengendes. Wenn man eine Erkrankung hat, dann ist man in einer schlechten Position. Da kann man sich nicht so auf die Füße stellen, wie wenn man gesund ist. Da ist man schwach. Das Wort "Patient" kommt von Geduld, und viel Geduld muss man leider haben. Daher denke ich mir, dass man auch, was die Kommunikation betrifft, einiges tun könnte. Das dürfte dann aber nicht sozusagen eine Einzelgeschichte sein, sondern das müsste man dann schon in eine Unternehmenskultur implementieren. Etwas sage ich immer wieder, und ich sage es jetzt kurz noch einmal: Es läuft in unserem Gesundheitswesen in Österreich, aber auch in Wien, wo wir viele Gesundheitseinrichtungen haben, viel zu viel parallel. Die PatientInnen müssen sich durch das Gesundheitswesen kämpfen und werden nicht geleitet. Sie bekommen eine Zuweisung in die Hand, und es heißt quasi: Geh hin, wo du willst, dort hin, wo dich halt jemand nimmt. Wir brauchen eine Leitung und Begleitung durch das Gesundheitswesen. Das ist eine ganz wichtige Sache. Man muss wegen eines Zeckenbisses nicht in ein Krankenhaus, man muss damit auch nicht unbedingt in eine Erstversorgungsambulanz, außer der Doktor hat gerade nicht offen. Ich weiß, wie viele Menschen in wie vielen Ambulanzen Dauergäste sind, weil sie immer wieder bestellt werden. Man will keinen Fehler machen, und deshalb bestellt man die Leute halt wieder. Obwohl die Erkrankung vielleicht gar nicht mehr aktuell ist, macht man halt eine Kontrolle. Ich sage das immer so plakativ: Sehr viele Menschen, die in Pension sind, können das, was sie sich eigentlich für die Pension vorgenommen haben, gar nicht machen, weil sie dauernd irgendwo in einem Spital, in einer Ambulanz, in einer Notaufnahme, in einer Erstversorgungsambulanz oder sonstwo sitzen, auch bei Privatärzten, und das ist das Schlimmste, weil es etwas kostet, obwohl man krankenversichert ist. Das sind schlimme Zustände, so geht es nicht weiter! Diese tolle Idee, dass jeder hingehen kann, wo er will, ist keine gute Idee! Vielmehr braucht man Hilfe, um zu wissen, wo man am richtigen Platz ist, zu welchem Facharzt oder welcher Fachärztin man überhaupt gehen muss. Das ist oft nicht einfach, und das ist für uns oft auch nicht einfach. Das muss geregelt werden. Wir müssen daran zu arbeiten beginnen und diese Doppelgleisigkeiten, Dreifach- bis Fünffachgleisigkeiten abstellen. Ich sage das deswegen so, weil ich weiß, wie gut unsere Gesundheitsversorgung in Wien mit all den zusätzlichen Möglichkeiten ist. Jetzt haben wir den Kontinenz-Tag hier im Rathaus, eine riesige Veranstaltung, unterstützt von der Wiener Gesundheitsförderung. - All das sind wunderbare Einrichtungen, die ein gutes Gesundheitswesen ausmachen. Das sollten wir nicht wegwerfen, indem wir es einfach laufen lassen und jeder macht, was er will, sondern wir müssen es regulieren. Das ist meine Hoffnung, weil ich der Meinung bin, dass wir ein ausgezeichnetes öffentliches Gesundheitswesen brauchen, denn ohne öffentliches Gesundheitswesen sind die Menschen arm dran. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Wölbitsch. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Nicht erschrecken! Ich bin nicht der Experte für eh alles. Ich darf nur ganz kurz, weil wir auch noch darüber geplaudert haben, einen Antrag zurückziehen. Das Thema des ursprünglichen Antrages, den wir eingebracht haben betreffend Optimierung des Entlassungsmanagements im Wiener Gesundheitsverbund, ist speziell unserer Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec ein sehr großes Anliegen. Daher haben wir den Antrag jetzt ein wenig umformuliert und auf Zuweisung umgestellt, damit man dem zustimmen und dann im Ausschuss weiter darüber diskutieren kann. Das ist, glaube ich, ein sehr wichtiges Thema, und es ist auch wichtig, dass darüber weiter gesprochen wird. Damit darf ich DigiPol ein bisschen overrulen und den Antrag jetzt auf diesem Wege neu einbringen. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Ernst Woller: Ich danke. Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich erteile dem Herrn Patientenanwalt Dr. Gerhard Jelinek das Wort. Wiener Pflege- und PatientInnenanwalt Dr. Gerhard Jelinek: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Ich freue mich, nach meiner Bestellung am 1. Juli 2022 jetzt meinen ersten Jahresbericht präsentieren zu dürfen. Ich möchte gleich vorweg - obwohl das heute ohnehin schon ein paar Mal gesagt wurde, aber ich möchte es auch betonen - ein großes Dankeschön an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richten, die mir mit großem Engagement und mit großer Loyalität den Einstieg wesentlich erleichtert haben. Sie leisten alle Tage die Knochenarbeit, und ich freue mich, dass ein Teil von ihnen heute auch bei dieser Sitzung anwesend ist. Ich darf mich bei Ihnen und bei euch sehr, sehr herzlich bedanken! (Allgemeiner Beifall.) Ich danke auch den bisherigen Rednerinnen und Rednern, die mir gezeigt haben, dass der Bericht schon sehr gründlich studiert wurde. Ich habe mir einiges an Zusammenfassung vorbereitet und fürchte, dass jetzt die eine oder andere Redundanz entstehen könnte. Daher werde ich versuchen, es auf ein erträgliches Maß zu kürzen. Zur Einleitung erwähne ich - was schon bemerkt wurde -, dass mein Team der Meinung war: Wenn wir schon einen neuen Leiter haben, dann sollten wir auch ein neues Layout und ein moderneres Logo entwickeln. Das hat uns dann eine Zeit lang beschäftigt. Jetzt ist es vollbracht! Es hat mich verwundert, zu hören, dass in der Klinik Landstraße noch nicht die neuen Plakate hängen. Wir werden dem gleich nachgehen, denn prinzipiell sollten, glaube ich, seit Ende Februar oder Anfang März alle Pflegeheime und alle Krankenanstalten mit den entsprechenden Materialien versorgt sein. Ich hoffe, dass das neue Layout und Logo auch bei Ihnen Gefallen finden. In einem nächsten Schritt wird dann auch die Homepage beziehungsweise Website zu überarbeiten sein. Das wird noch eine Zeit lang dauern. Zum Bericht selbst: Ich habe versucht, ihn ein bisschen zu kürzen und zu straffen und an der Gliederung und Übersichtlichkeit zu arbeiten. Ich habe das, was die meisten interessiert, nämlich die Statistik, eher an den Anfang gerückt und die ausführlicheren Themen, also die verbalen Ausführungen, dann hinten angereiht. Weiters habe ich versucht, in einem allgemeinen Teil all diejenigen Probleme, die uns aus den Beschwerden und Anfragen bekannt sind, in zehn Unterkapiteln allgemeiner Natur zusammenzufassen und hier auch entsprechende Empfehlungen anzuschließen. Danach stellen wir in einem besonderen Teil ein paar plakative Beispiele als Illustration unserer Alltagsarbeit dar. In diesem Abschnitt schildern wir, in welchen zum Teil auch dramatischen Fällen Behandlungsfehler passiert sind und im Hinblick darauf es der Patientenanwaltschaft gelungen ist, Schadenersatzleistungen zu erreichen. Ich möchte nicht verschweigen, dass ich es nicht sehr angenehm empfunden habe, dass gerade aus diesem besonderen Teil, der so wie jedes Jahr plakativ ein paar Fälle aufzeigt, in der Vorwoche schon verfrüht Passagen veröffentlicht wurden. Dadurch wurde nämlich ganz großes Medieninteresse erzeugt, das in Verbindung gebracht wurde mit Problemen, die ich noch ansprechen möchte, obwohl die Einzelfälle nicht unbedingt Anschauungsmaterial für diese Probleme waren. Das zeigt schon der Umstand, dass diese Sachverhalte zum Teil bis ins Jahr 2019 zurückgehen. Es war hier wirklich Sinn der Sache, nicht vollständig, sondern an Hand von Einzelfällen zu zeigen, was passiert ist, wie wir arbeiten und was wir dabei erreicht haben. Es gibt nach diesem besonderen Teil noch weitere Abschnitte wie zum Beispiel die Darstellung der Arbeitsweise des Patientenentschädigungsfonds und des Wiener Härtefonds, der ELGA-Ombudsstelle, unsere Tätigkeit im Bereich der Patientenverfügungen, der unabhängigen Patienteninformation sowie sonstiger Aktivitäten wie Öffentlichkeitsarbeit und Mitarbeit der WPPA in diversen Gremien. Ich möchte auch nicht verabsäumen, darauf hinzuweisen, dass zeitgleich mit dem Bericht der PatientInnen- und Pflegeanwaltschaft auch der Bericht der Wiener Heimkommission vorgelegt wurde. Die Wiener Heimkommission hat ja ihre Geschäftsstelle in der Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft, und seit 21. November 2022 bin ich auch Leiter dieser Heimkommission. Der entsprechende Bericht liegt, wie gesagt, ebenfalls vor und wurde bereits online gestellt. Jetzt möchte ich etwas ins Detail gehen, was man über das Wiener Gesundheitswesen aus Sicht der PatientInnen- und Pflegeanwaltschaft sagen kann. Kurz gesagt: Es ist ein gemischtes Zeugnis, und vielleicht ist auch das der Grund dafür, dass ich mitbekommen habe, dass alle Fraktionen ein bisschen zufrieden mit dem Bericht sind. Das ist meist dann der Fall, wenn man versucht, einen Bericht ausgewogen zu verfassen und die Dinge nicht zu einseitig darzustellen. Es wurden schon statistische Daten genannt: Wenn man nur die Zahl der schriftlichen Eingaben und der telefonischen Anfragen mit dem Jahr 2021 vergleicht, so würde sich hier ein Rückgang des Geschäftsanfalles ergeben. Auf der anderen Seite haben wir im Jahr 2021 in 783 Fällen mit behaupteten Schäden aus Behandlungsfehlern zu tun gehabt. 2022 waren es ein paar mehr, nämlich 790. Interessant dabei ist auch, dass im Hinblick auf diese Fälle im Jahr 2021 festgestellt wurde, dass 595 Mal kein Behandlungsfehler vorlag beziehungsweise keine Befassung des Patientenentschädigungsfonds möglich war, während das im Jahr 2022 nur auf 398 Fälle zugetroffen hat. Das heißt also, es gab eine Erhöhung der berechtigten Beschwerden. Man sieht, Statistiken sind, auch wenn man sie "nicht selbst gefälscht" hat, mit Vorsicht zu genießen und ermöglichen viele Interpretationen. Es beginnt schon damit, dass es die Sondersituation von Corona schwer macht, zu quantifizieren, ob der Rückgang an Beschwerden und Anfragen noch im Zusammenhang mit Corona zu sehen ist oder gerade wegen Corona ein besonders hohes Beschwerdeaufkommen vorliegen müsste. Welche sonstigen Faktoren können eine Rolle spielen, und so weiter? Es wurden die Ombudsstellen der Krankenanstalten angesprochen. Vielleicht funktionieren die Ombudsstellen recht gut und es ist deshalb zu einem Rückgang der Beschwerden bei uns gekommen? Ich glaube auch, dass, wenn jetzt Beschwerden über Wartezeiten auf Operationen rein zahlenmäßig etwas zurückgegangen sind, das noch kein gutes Zeichen sein muss, denn wir haben seitens der PatientInnenanwaltschaft immer klargestellt: Wir sind nicht dafür da, dass wir intervenieren. Wenn ein Patient kommt und sagt: "Ich habe eine Wartezeit von einem Jahr zu befürchten, können Sie mir nicht helfen?", können wir nicht im Spital anrufen und sagen, bitte ziehen Sie diesen Patienten oder diese Patientin vor - was in der Praxis wohl passiert. Anders ist es im Entlassungsmanagement, wenn da der Hut brennt, also wenn die Leute wirklich vor der Situation stehen, sie müssen aus dem Spital raus, sie sind austherapiert, aber sie wissen nicht, wohin zu Hause, dann rufen sie natürlich bei uns an und dann ist es Gott sei Dank oft möglich, auch im Zusammenhang mit dem FSW für Betreuungsmöglichkeiten zu sorgen. Ich habe auch versucht, um der Gefahr einseitiger Interpretationen von Statistiken vorzubeugen, einmal die Zahl der Beschwerdefälle der Zahl der tatsächlich in Wien behandelten Patientinnen und Patienten gegenüberzustellen - ich habe nur das Zahlenmaterial vom WIGEV -, aber das zeigt dann letztlich doch, dass, vergleicht man die Zahl der behandelten Fälle mit den Beschwerdefällen, wir es hier mit einem Promillebereich zu tun haben. Das heißt, die prinzipielle Aussage, dass das Gesundheitssystem funktioniert, das Vertrauen gerechtfertigt ist, würde ich schon unterschreiben. Aber - jetzt komme ich zum "aber" - es gibt schon beachtliche Problemfelder, und die sollten ernst genommen und in keiner Weise irgendwie bagatellisiert werden. Es ist heute schon wiederholt angesprochen worden, es gibt ein veritables Personalproblem in den Krankenanstalten, vor allem, was die Pflegekräfte betrifft, aber auch zum Teil, was Fachärztinnen und Fachärzte betrifft. Und die Konsequenzen wurden auch schon genannt. Wenn es zu wenig Personal gibt, dann wartet man länger, es kann passieren, dass man in der Notfallambulanz abgewiesen oder an ein anderes Spital weiterverwiesen wird, es kommt zu Verschiebungen von OP-Terminen, es kommt zu Wartezeiten auf die Krankentransporte und überlange Tätigkeiten der Sanitäter dieser Krankentransportdienste, weil diese die PatientInnen nicht nur ins Spital bringen, sondern dort auch noch Papiere für sie besorgen müssen, auch wenn sie sie abholen, also es gibt da keine klare Aufgabentrennung zwischen dem Spitalspersonal und dem Sanitätsdienst. Es kommt zu Kommunikationsmängeln, die Leute haben weniger Zeit mit den Patientinnen und Patienten zu reden, die beklagen sich darüber, dass sie zu wenig informiert sind, und es kommt zu Bettensperren, es kommt zu Gefährdungsanzeigen. Das war ein Phänomen, das sich im letzten halben Jahr doch sehr deutlich verstärkt hat, und ich glaube, dass es schon auch ein Indikator für diesen allseits immer wieder auch medial beschriebenen Personalmangel ist. Letztendlich ist klar, Behandlungsfehler sind nie ganz auszuschließen, aber wenn das Personal knapp ist, wenn ich rascher arbeiten muss, dann ist auch die Gefahr, dass ich Fehler mache, größer. Wie man dem beikommen kann, ist eine schwierige Frage. Es ist auch nicht meine Aufgabe als PatientInnenanwalt, hier Gesundheitspolitik zu machen, aber ich habe versucht, im Bericht darauf hinzuweisen, dass aus meiner Sicht eine rasche Abhilfe notwendig ist und dass alles, was an verstärkten Ausbildungsmaßnahmen kolportiert wird, sei es auf dem Ärztesektor, sei es auf dem Pflegekraftsektor, meiner Ansicht nach erst langfristig wirken wird können. Außerdem laufen wir Gefahr, dass wir immer dem Bedarf hinterherhinken, denn wir dürfen nicht vergessen, wir werden älter, wir werden leider kränker, der Bedarf steigt und alle Prognosen, wie viele Pflegekräfte wir in den nächsten zehn Jahren brauchen werden, können durch diese demographische Entwicklung schon überholt werden. Das heißt, der Schlüssel müsste lauten, wir müssen die Arbeitsbedingungen verbessern. Das ist zum Teil, glaube ich, eine finanzielle Frage, das ist aber auch eine Frage der Wertschätzung, des Umgangs mit dem Personal: Kann ich mich darauf verlassen, dass Dienstpläne eingehalten werden, wie wird meinen Wünschen nach Teilzeitbeschäftigung entsprochen? - Wenn das bewerkstelligt werden kann, wenn wirklich die Arbeitsbedingungen verbessert werden können, dann ist es einerseits möglich, das derzeit agierende Personal im Spital zu halten, was dringend notwendig ist, und andererseits vielleicht auch wieder Pflegekräfte dazu zu bewegen zurückzukehren, denn uns wurden Fälle erzählt, wo Pflegekräfte ihre Dienstverhältnisse gekündigt haben, um dann zu Leiharbeitsfirmen zu gehen, um dort wieder als Pflegekräfte zu arbeiten. Das heißt, sie wollen ja diese pflegerische Tätigkeit ausüben, aber dort haben sie die Garantie, dass sie wirklich nur 40 Stunden arbeiten und keine unangekündigten Überstunden machen müssen. Auch schon angesprochen wurde - und ich glaube, das ist ganz wesentlich -, es muss allen Entscheidungsträgern aus Bund, Land, Sozialversicherung, Standesvertretung klar sein, dass es einen dringenden Gesprächsbedarf gibt und dass es nicht darum geht, die Schuld jeweils dem anderen zu geben und zu sagen, der andere soll das zahlen, sondern dass man hier wirklich überlegt, wie können wir dieses sehr komplexe Gesundheitssystem, das wir in Österreich haben, ein bisschen aufdröseln und simplifizieren, um es den Patientinnen und Patienten einfacher zu machen. Es wird immer wieder angekündigt, dass die laufenden Finanzausgleichsverhandlungen eine Chance sind, ich hoffe, dass diese Prognose zutrifft. Ich teile die Einschätzung des Gesundheitsministers, dass wir nicht mehr sehr viele Chancen bekommen werden, wirklich nachhaltige Reformen in Gang zu setzen. Auch schon angesprochen wurde die Digitalisierung, die könnte uns helfen. Digitalisierung braucht allerdings auch Zeit. Aber natürlich ist es notwendig, Patientenströme auf diese Art und Weise optimal zu gestalten, natürlich ist es notwendig, Pflegekräfte und Ärzte von mühsamen Dokumentationspflichten zu entlasten. Hier kann künstliche Intelligenz nützlich sein und - auch das wurde schon angesprochen - man soll vielleicht den Datenschutz nicht übertreiben, da eine Vernetzung von Daten sehr wohl sehr hilfreich sein und Mehrfachaufwand verhindern kann. Die Mehrklassenmedizin wurde schon sehr deutlich beschrieben und spiegelt sich in mehreren Beschwerden bei der PatientInnenanwaltschaft wider. Es geht um die Frage, wie komme ich zu einem raschen Operationstermin, es geht um die Frage, wie komme ich zu einer Behandlung beim niedergelassenen Arzt. Es gibt zu wenig Kassenärztinnen und -ärzte, das heißt, ich muss zum Wahlarzt gehen. Ob ich dann meine Rechnung in welchem Ausmaß rückerstattet bekomme oder ob ich darauf verzichte, ist ein großer dunkler Bereich, wo dann alle Einschätzungen, wie groß dieses Problem ist, sehr schwierig sind. Radiologische Untersuchungen - wird uns laufend berichtet - dauern zwei Monate und länger, wenn man nicht bereit ist, sie selbst zu finanzieren. Wenn man mit der Sozialversicherung redet, dass es da doch andere vertragliche Verpflichtungen gibt und ob die auch wirklich überwacht werden, wird uns immer nur versichert, ja, das tun wir eh, aber die Praxis zeigt, das dürfte nicht wirklich passieren. Ein Thema wurde noch nicht angesprochen, das uns im Spätherbst des Jahres 2022 auch massiv beschäftigt hat, der Medikamentenengpass. Hier hat es wirklich dramatische Situationen gegeben. Auch dafür gibt es wieder einige Erklärungen, insbesondere dieses unerwartete Zusammentreffen mehrerer Infektionskrankheiten. Aber es ist eine Tatsache, dass, wenn man sich eine langjährige Statistik anschaut, Medikamentenengpässe von Jahr zu Jahr höher werden. Es ist daher dringend an der Zeit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Wenn die EU darüber nachdenkt, Produktionsstätten wieder nach Europa zu holen, ist das gut, richtig und lobenswert, aber wir wissen auch, das wird sehr lange dauern. Wir müssen uns überlegen, was können wir im Inland, was können wir in Wien kurzfristig tun, und da scheinen mir Vorschläge, die in Richtung ausreichende Lagerhaltung von Rohstoffen, Diskussion über Wirkstoffverschreibung gehen, durchaus zweckmäßig. Man sollte, glaube ich, auch die Vorschläge der Apothekerkammer in Richtung magistraler Zubereitung ernst nehmen und ernsthaft diskutieren. Bei den Medizinprodukten haben wir ein Spezialthema, das wir als Dauerbrenner jetzt schon seit zwei, drei Jahren begleiten, nämlich die Heimbeatmungsgeräte der Firma Philips, die sich als mangelhaft herausgestellt haben und in einer großen Rückholaktion zurückgerufen wurden. Seither wissen die Patientinnen und Patienten nicht, sind die neuen Geräte, die sie jetzt bekommen haben, wirklich einwandfrei, können sie sich darauf verlassen, beziehungsweise hat mein altes Gerät, das ich zurückgeschickt habe, vielleicht irgendeinen Mangel gehabt, können irgendwelche gesundheitlichen Probleme, die ich jetzt verspüre, etwas mit diesem Gerät zu tun haben oder nicht. Ich muss sagen, wir haben mehrfach versucht, mit dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, dem BASG Kontakt aufzunehmen. Die Kontrolltätigkeit ist, wie ich meine, verbesserungswürdig, da gibt es eindeutig Luft nach oben. Auch die Langzeitpflege ist natürlich ein Thema für die Pflege- und PatientInnenanwaltschaft, auch hier haben wir einen Personalmangel. Wir haben zum Beispiel das Problem mit der medizinischen Hauskrankenpflege, aber auch mit pflegenden Angehörigen, die noch immer in einer ganz schwierigen sozialen Situation sind. Wenn die sich den Aufwand antun, ihre älteren Verwandten zu Hause zu betreuen, ist das nur eine gewisse Zeit möglich beziehungsweise wird finanziell wenig unterstützt. Auch hier sind Verbesserungen dringend notwendig. Der Gesundheitsminister hat Verbesserungen angekündigt, ich habe aber Zweifel, ob das, was jetzt veröffentlicht wurde, ausreichen wird. Über die Rettungs- und Krankentransporte habe ich schon gesprochen. Es muss möglich sein, das Terminmanagement für diese Organisationen zu verbessern. Es wird mir berichtet, dass sehr häufig nicht von den elektronischen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, sondern kurzfristig angerufen wird. Es wird mir berichtet, dass natürlich bei den Ambulanzzeiten am Vormittag alle gleichzeitig fahren sollen, am Nachmittag wissen sie nicht, wohin mit den Fahrzeugen, und es wird uns berichtet, dass, wenn die Sanitäter ins Spital kommen, um einen Patienten oder eine Patientin abzuholen, sie dann eine halbe Stunde brauchen, bis sie die Entlassungspapiere fertig und den Patienten oder die Patientin aus dem Zimmer geholt haben. Dafür bekommen sie von der Sozialversicherung nichts bezahlt, und ich meine, es müsste doch möglich sein, hier eine klare Leistungsabgrenzung durchzuführen, zu dokumentieren, welche Tätigkeiten leistet das Spital, welche die Sanitäter, die Krankentransporte, und dementsprechend das auch fair zu entlohnen. Covid-19 war Anfang 22 natürlich ein ganz stark präsentes Thema, ist dann abgeflacht und jetzt im 1. Halbjahr 23 durch die allgemeine Verabschiedung von diversen Schutzmaßnahmen wieder bei uns Thema geworden, da wieder gegenläufige Interessen aufeinandergeprallt sind. Einerseits hat es viele Personen gegeben, die sich an uns gewendet und gesagt haben, Gott sei Dank hören jetzt diese ganzen Maskentragepflichten auf und wir können endlich wieder zur Normalität zurück, andere, aus vulnerablen Gruppen stammende Personen, haben gesagt, bitte doch nicht so schnell, nehmt doch noch ein bisschen Rücksicht auf die besonders schutzbedürftigen Personen. Ich bin der Meinung, und auch das kommt in unseren Empfehlungen zum Ausdruck, dass man die Gefahr, dass das jetzt nicht wirklich alles erledigt ist, nicht unterschätzen sollte. Ich glaube nicht, dass es schon dauerhaft erledigt ist und abgehakt werden kann. Das Thema seltene Erkrankungen wurde schon erwähnt, ich möchte daher nur mehr auf den Bericht verweisen, und auch das Thema Sterbeverfügung wurde angesprochen. Es ist zwar vorgesehen, dass die PatientInnenanwaltschaft hier als dokumentierende Stelle fungieren soll, allerdings war das Gesundheitsministerium bisher nicht bereit, einen entsprechenden Personalbedarf anzuerkennen beziehungsweise zu finanzieren. Es gibt jetzt seit ein paar Tagen ein Angebot, über das verhandelt wird, und ich hoffe, dass das eine einvernehmliche Lösung bewirken kann. Was die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen betrifft, wurde die Zahl, glaube ich, schon genannt: Wir haben im Jahr 2022 an Patientinnen und Patienten - oder manchmal leider an ihre Angehörigen - 2,3 Millionen EUR an Schadenersatzzahlungen erwirkt, resultierend aus 244 Fällen. Dazu trägt maßgeblich auch der Patientenentschädigungsfonds, PF, bei, nämlich mit 1,2 Millionen EUR, aus dem Wiener Härtefonds stammen 64.000 EUR. Wenn man sich die Schadenersatzzahlen anschaut und mit den vergangenen Jahren vergleicht, sieht man, dass, ausgenommen das Ausreißerjahr 2020, wo im PF mehr als 1,7 Millionen EUR an Schadenersatz zuerkannt wurden, in den letzten Jahren die Fälle eher gleich geblieben sind. Die Höhe der einzelnen herausverhandelten Entschädigungen ist allerdings gesunken, Details dazu finden Sie auf Seite 24 des Berichtes. Was die Lage des Patientenentschädigungsfonds betrifft, noch einmal: Ich weiß, Sie sind jetzt nicht das unbedingt zuständige Gremium, da der Tagsatz, mit dem dieser Fonds gespeist wird, in einem Bundesgesetz geregelt ist, aber es ist eine Tatsache, dass der jährliche Kontostand, der uns zur Verfügung steht, sinkt. Mit Jänner 2022 haben wir mit 95.000 EUR begonnen, heuer hat es nur mehr 29.000 EUR ausgemacht. Die Ursachen sind klar, der Tagsatz, mit dem die Patienten diesen Fonds speisen, ist mit 0,73 EUR seit 20 Jahren nicht valorisiert worden, und gleichzeitig sinkt die Zahl der stationären Aufenthaltstage. Das kann sich nicht ausgehen. Wenn man hier keine andere Finanzierung, keine Erhöhung findet oder andere Quellen anzapft, dann gibt es nur zwei Konsequenzen, entweder die Patientinnen und Patienten müssen noch länger auf ihre Entschädigungen warten, denn wir bekommen immer vierteljährlich die Abrechnung von den Spitälern und haben dann wieder Mittel zur Verfügung, die wir ausschütten können, oder die andere Konsequenz ist, so wie es in anderen Bundesländern zum Teil betrieben wird, es werden die Kriterien immer strenger ausgelegt. Das heißt, die Voraussetzung, es muss eine seltene und erhebliche Komplikation eingetreten sein, die kann ich so und so interpretieren. Wenn ich sage, selten ist nur etwas, was in 0,1 Prozent aller Fälle eintritt, dann erspare ich mir natürlich wahnsinnig viele Fälle, die ich sonst über den Patientenentschädigungsfonds entschädigen könnte, und treibe mitunter die PatientInnen in sehr riskante und kostspielige Prozesse. Ich hoffe - es hat auch ein Schreiben der ARGE Patientenanwälte an den Gesundheitsminister gegeben -, dass hier ein Umdenken stattfindet, dass man den Tagsatz erhöht. Eine weitere Forderung, die gleich bleibend seit vielen Jahren erhoben wird, ist: Es ist eigentlich nicht einzusehen, dass dieser Fonds nur für den Bereich der Gemeindespitäler und der Ordensspitäler eingerichtet ist, nicht aber für den Bereich der niedergelassenen Ärzte und der Privatspitäler, auch hier sollte man sich etwas überlegen. Die sonstigen Teile des Berichtes habe ich am Anfang schon erwähnt. Es gibt in der ELGA-Ombudsstelle das Projekt, dass auch Patientenverfügungen elektronisch erfasst werden sollen. Das wird allerdings voraussichtlich bis 2024 dauern, auch wieder mit einem erheblichen Personalmehraufwand verbunden, hoffentlich entsprechend anerkannt. Patientenverfügungen sind ein wichtiges Betätigungsfeld unserer Institution, im Vorjahr haben wir 362 Fälle gehabt. Ich habe Ihre Geduld lange beansprucht, bitte entschuldigen Sie, vielleicht ist die nächste Zusammenfassung dann schon kürzer möglich. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal herzlich auch beim Gesundheitsverbund und beim Stadtratbüro für eine sehr gute Zusammenarbeit bedanken und stehe natürlich für Fragen gerne zur Verfügung. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall). Präsident Ernst Woller: Vielen Dank für den Bericht und auch für Ihre mündlichen Ausführungen. Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen. Der Berichterstatter hat das Schlusswort. Berichterstatter Amtsf. StR Peter Hacker: Lieber Patientenanwalt! Meine Aufgabe ist es - und die erfülle ich sehr gerne -, mich herzlich bei Ihnen zu bedanken, in meinem Namen, im Namen meines Teams, aber ich glaube, ich kann sagen, im Namen aller Fraktionen hier im Haus. Die Aufgabe des Patientenanwaltes schätzen wir sehr hoch, deswegen haben wir auch verankert, dass die Berichterstattung unabhängig vom Rest der Verwaltung stattfinden soll. Ich halte das auch für gut so, da die Gesundheit keine mathematische Wissenschaft ist, sondern die Behandlung von Menschen, eben eine Behandlung von Mensch zu Mensch. Auch wenn die Qualitätssicherungssysteme, die Kontrollsysteme und die Aufmerksamkeitssysteme noch so ausgeprägt werden und permanent versucht wird, sie zu verbessern, kann es immer wieder auch zu Fehlern kommen. Und genau das zu überprüfen, ist eine der Haupttätigkeiten. Und da bin ich sehr dankbar dafür, dass Sie das in meiner Wahrnehmung gut wahrnehmen, sehr aufmerksam, sehr patientenbezogen. Das ist genau die Intention und damit bin ich sehr zufrieden und sehr glücklich. Ich glaube, dieser Bericht gibt ein gutes Bild auch über die Bereiche, wo uns in den Spitälern Fehler passiert sind. Es ist ja die Aufgabe, diesen Bericht auch vorzulegen, da es auch in dieser Frage keinen Grund gibt, nicht auch transparent sein zu wollen. Und trotzdem sehen wir, dass Menschen mit Menschen arbeiten, Menschen für Menschen arbeiten und dabei auch menschliche Fehler passieren. Zuletzt möchte ich mich bei Ihnen persönlich bedanken für Ihr Engagement, für die Weiterentwicklung auch der Idee einer modernen Patientenanwaltschaft. Besonders bedanken möchte ich mich auch bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die es letzten Endes ja dann möglich machen, solche Berichte auf der Grundlage der täglichen Arbeit für die Wienerinnen und Wiener zu erstellen. - Vielen herzlichen Dank. Ich ersuche um Zustimmung zu diesem Bericht. (Allgemeiner Beifall.) Präsident Ernst Woller: Ich bitte nun jene Mitglieder des Landtages, die dem vorliegenden Bericht der Wiener PatientInnenanwaltschaft über ihre Tätigkeit im Jahr 2022 zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist so einstimmig beschlossen. Es liegt uns ein Beschluss- und Resolutionsantrag der ÖVP vor betreffend Optimierung des Entlassungsmanagements im Wiener Gesundheitsverbund. Beantragt wird die Zuweisung an den zuständigen Gemeinderatsausschuss. Wer dafür ist, bitte um ein Zeichen mit der Hand. - Ist einstimmig zugewiesen. Ich bedanke mich beim PatientInnenanwalt und seinem Team. Sie sind von unserer Sitzung heute entlassen, aber nur von der Sitzung. Postnummer 5 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Unterstützung von Personen bei der Bestreitung der erhöhten Energiekosten - Wiener Energieunterstützungsgesetz, das Wiener Mindestsicherungsgesetz - WMG und das Gesetz über die Förderung des Wohnungsneubaues und der Wohnhaussanierung und die Gewährung von Wohnbeihilfe - Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz - WWFSG 1989 geändert werden - Wiener Wohnunterstützungen 2023. Berichterstatter hierzu ist der Amtsf. StR Hacker. Ich ersuche ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Peter Hacker: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche um Diskussion dieses Geschäftsstücks und ersuche Sie auch um Ihre Zustimmung. Es geht um ein sehr ernsthaftes Instrument zur weiteren Bekämpfung der Armutsgefährdung in unserer Stadt. - Danke schön. Präsident Ernst Woller: Ich möchte noch mitteilen, dass Frau Abg. Nittmann seit 13 Uhr entschuldigt ist. Wir kommen nun zur Diskussion. Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen diese Zusammenlegung ein Widerspruch erhoben? - Wenn das nicht der Fall ist, werde ich so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Seidl. Bitte. Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Meine Damen und Herren! Es ist ja nicht die erste finanzielle Unterstützung, die wir hier besprechen. Insgesamt ist das jetzt seit Herbst 2022, wenn ich es richtig im Kopf habe, die fünfte Energieunterstützung, so wie der Herr Präsident ja bereits einmoderiert hat, die wir heute beschließen sollen. Und wir werden auch, glaube ich, die einzige Fraktion sein, die diesen vielen Gesetzen heute nicht die Zustimmung erteilen kann. Warum und wieso ist das so? Wir haben im Prinzip schon bei der ersten sogenannten Wohltat Mitte 2022 darauf hingewiesen, dass da zumindest ein für uns doch gravierender Webfehler besteht. Und zwar geht es um die Einkommensgrenzen. Jetzt ist es so, dass jemand diese Energieunterstützung bekommen kann, wenn er in Wien seit mehr als einem halben Jahr gemeldet ist und wenn er als Einpersonenhaushalt nicht mehr als 40.000 EUR verdient. Bei einem Mehrpersonenhaushalt ist diese Grenze dann mit 100.000 EUR begrenzt. Das klingt ja an sich relativ gut, nur, das muss man sich dann schon auch ein bisserl in der Praxis anschauen, denn was heißt das? Jemand, der heute 2.900 EUR brutto verdient - ich gehe davon aus, selbst die linksten Sozialdemokraten werden mir recht geben -, ist unter Garantie keiner, der jetzt extrem gut verdient oder von dem man Vermögenssteuern erhalten wird, der bekommt es nicht mehr. Warum nicht? - Weil er über den 40.000 EUR liegt. Aber in einem 2-Personen-Haushalt haben wir dann die perverse Situation, dass, wenn einer der beiden arbeitet und der andere nicht, dann darf der eine 7.100 EUR verdienen und bekommt die Energieunterstützung. Dieses Ungleichgewicht gerade in dem Gesetz haben wir bereits Mitte 2022 zum ersten Mal dokumentiert, wir haben im Ausschuss darauf hingewiesen und der Herr Stadtrat hat uns damals gesagt, er gibt uns recht, das ist an sich wirklich nicht sehr fair, aber es musste jetzt einfach einmal schnell gehen, und aus dem Grund bittet er um Verständnis, jetzt habe man diese beiden Grenzen, aber man denke darüber nach. - Jetzt stehen wir heute vor der fünften Energieunterstützung, ich weiß nicht, wie lange ihr zum Nachdenken braucht, anscheinend dauert es noch ein bisserl, denn es hat sich bis jetzt nichts geändert. Das ist einmal der eine Grund, denn es ist unserer Meinung nach nicht fair, warum wir dem nicht nähertreten können. Dann haben wir noch etwas Zweites, denn es wird ja heute noch ein Gesetz beschlossen, die sogenannte Wohnungssicherung Plus. Was heißt das? Jemand, der heute Mietrückstände von mehr als 400 EUR hat - und zwar egal, ob im Gemeindebau, in einem Genossenschaftsbau oder auch bei Privaten -, bekommt, wenn er entweder Mindestsicherung oder Arbeitslosengeld bezieht - das kann er online ab August beantragen - 70 Prozent seitens der Stadt Wien abgegolten, in gravierenden Fällen auch 100 Prozent. Und für die 30 Prozent, die noch offen sind, wird dann die Stadt Wien mit dem Vermieter eine Ratenzahlung vereinbaren. Jetzt stelle ich mir das in der Praxis schon nicht möglich vor. Man kann zwar wahrscheinlich mit Wiener Wohnen als Stadt Wien verhandeln, das wird möglich sein, man wird auch mit roten Genossenschaften verhandeln können, auch das wird noch möglich sein. Nur, wie Sie heute als Stadt Wien mit einem privaten Vermieter verhandeln wollen, das schau ich mir an und da wünsche ich auch viel Glück. Aber da gibt es auch noch etwas anderes. Die Stadt Wien bezahlt jetzt diese 70 Prozent nicht an den säumigen Mieter aus, mit der Bitte, das doch dem Vermieter zu geben, sondern die Stadt Wien überweist das direkt an den Vermieter. Und da habe ich jetzt - und da sage ich Ihnen schon ganz ehrlich - ein datenschutzrechtliches Problem. Ich finde es nicht in Ordnung, dass der Vermieter jetzt dann plötzlich weiß - und zwar, woher weiß er das, von der Stadt Wien -, dass der Mieter Arbeitslosengeld oder Mindestsicherung bekommt. Das halte ich nicht nur wirklich für datenschutzrechtlich gefährlich, sondern ich halte das auch für nicht vereinbar. Vielleicht überdenkt ihr das jetzt alle noch einmal. Wahrscheinlich wird dem nicht so sein, aber wir werden das sehr wohl prüfen lassen, auch natürlich mit Datenschutzrechtlern, ob das überhaupt so möglich ist. Wie gesagt, das sind die beiden Gründe, warum und wieso wir diese vielen Gesetze, die da heute beschlossen werden sollen, ablehnen. Ich hoffe doch, dass es irgendwann einmal so ist, dass man da auch Gesetze aus dem Ressort Hacker bekommt, die dann vielleicht hinhauen. Leider Gottes ist gerade in letzter Zeit jedes Mal irgendetwas zu bekritteln, und deshalb werden wir das ablehnen. - Danke. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Wolfgang Kieslich.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist der Abg. Konrad zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich kurz halten, ich glaube, es braucht heute auch keine wortreiche Einleitung. Wir alle wissen und sehen, dass die aktuelle Teuerung auch viele Wienerinnen und Wiener mittlerweile unter Druck bringt und es daher notwendig ist, dass hier auch Wien zielgerichtet insbesondere jene Menschen unterstützt, die besonders stark von den Auswirkungen dieser Teuerung betroffen sind. Das haben wir im Energiebereich getan und das tun wir mit der vorliegenden Sammelnovelle heute analog zu diesen Energieunterstützungen auch im Bereich Wohnen. Wir bringen hier drei neue Förderungen auf den Weg, den Wiener Wohnbonus, die Wiener Wohnunterstützungspauschale und die Wiener Wohnungssicherung Plus. Wie gesagt, das ist sehr analog zu den Energieunterstützungen, die Sie schon kennen, deshalb werde ich jetzt auch gar nicht näher auf die einzelnen Unterstützungsmaßnahmen eingehen. Wichtig ist uns hierbei gewesen, dass wir wirklich zielgerichtet und treffsicher jene Menschen unterstützen, die von den Auswirkungen der Teuerung besonders hart betroffen sind, insbesondere auch bei der dritten Säule drohende Obdachlosigkeit abwenden. Und ich denke, wir gehen hier in Wien einen vernünftigen Weg, den auch alle Expertinnen und Experten in dieser Krise empfehlen, nämlich dass wir einkommensschwache Haushalte gezielt unterstützen und nicht Geld mit der Gießkanne verteilen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Für uns ist aber auch klar, dass es auch für eine breitere Bevölkerungsschicht, für den Mittelstand nun nachhaltige Entlastungen braucht, und dazu braucht es entsprechende Schritte auf Bundesebene. Hier sind Einmalzahlungen nicht der richtige Weg, hier bräuchte es strukturelle Reformen und eine Senkung von Steuern und Lohnnebenkosten (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Sie haben nicht aufgepasst, Herr Kollege!), denn für uns NEOS ist klar, mehr Einkommen bedeutet in dieser Krise, auch besser auszukommen. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist der Abg. Prack zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Georg Prack, BA (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt die Novelle zum Wiener Energieunterstützungsgesetz, zum Wiener Mindestsicherungsgesetz und weiteren Gesetzesmaterien vor, mit dem der Wiener Wohnbonus, die Wiener Wohnungsunterstützungspauschale und die Wiener Wohnungssicherung Plus zur Umsetzung gelangen. Zunächst einmal, wir begrüßen diese Gesetzesnovelle und werden ihr auch zustimmen, ich möchte aber anlässlich der gestrigen Debatte über Demokratie eine grundsätzliche Anmerkung machen. Ich finde, es nervt langsam, dass jeder Gesetzesantrag, der hier im Haus eingebracht wird, eigentlich immer als Initiativantrag eingebracht wird. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Bravo! - Abg. Thomas Weber: Stimmt nicht!) - Ja, es gibt einzelne Gesetze, die mit einer Begutachtung gemacht werden. Aber ich finde, man darf nicht nur in Sonntagsreden über Demokratie reden, sondern man sollte gerade bei der Gesetzeswerdung auch diese Dinge berücksichtigen, da natürlich bei so einem Gesetz wie diesem oder bei einem Gesetz wie dem Wohnungsvergabegesetz die Zivilgesellschaft, NGOs, die damit befasst sind, Stellung nehmen könnten, wäre es in Begutachtung. Und wenn man sich zum Beispiel die letzte Bauordnungsnovelle anschaut, ich erinnere da an die Stellungnahme der AK, dann sind da immer sehr wertvolle Beiträge dabei. Und diese wertvollen Beiträge werden vorenthalten. Ich würde Sie bitten, nicht nur in Sonntagsreden über Demokratie zu reden, sondern das auch hier im Haus zu leben. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.) Wir haben, wie schon beim Wiener Energiebonus 2022 und 2023 und bei der Energiekostenpauschale, versucht, Sie darauf hinzuweisen, dass es verteilungspolitisch sinnvoll wäre, bei der Bemessung der Leistung die Haushaltsgröße zu berücksichtigen. Kinder im Haushalt bedingen leider immer noch ein erhöhtes Armutsrisiko, Sie haben das mit der zusätzlichen Energiekostenpauschale für Alleinerziehende im Jahr 2022 auch anerkannt. Wir finden es schade, dass diese zusätzliche Unterstützung für Alleinerziehende und ihre Kinder in der aktuellen Novelle nicht enthalten ist. Deshalb bringen wir auch heute einen Antrag ein, der genau auf das abzielt, nämlich die Wohnkostenpauschale zusätzlich noch einmal als Leistung für Alleinerziehende und ihre Kinder vorzusehen. Wir schlagen außerdem vor, dass die Wohnkostenpauschale auf alle Personen ausgeweitet wird, deren Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt. In unserem Antrag finden Sie auch unsere Forderung, die ich vorhin schon erwähnt habe, die Haushaltsgröße bei der Bemessung des Wohnbonus zu berücksichtigen, da es verteilungspolitisch einfach treffsicherer wäre, das zu tun. Was mich besonders freut, ist die Wiener Wohnungssicherung Plus - Sie wissen, ich arbeite in der Wohnungslosenhilfe -, damit kommt in Sachen Delogierungsprävention eine wichtige Ergänzung zum Wohnschirm des Bundes. Es wäre aber auch hier besser, wenn alle Personen mit Einkommen unter der Armutsgefährdungsgrenze einbezogen wären. Und die Wiener Wohnungssicherung Plus ist auch ein Eingeständnis, dass die Hilfe in besonderen Lebenslagen, der sogenannte Hebel, als Instrument der Delogierungsprävention in Wien nicht ausreicht. Der Wohnschirm des Bundes hat hier eine Grundlage geschaffen, Delogierungsprävention unbürokratischer umzusetzen, und die PartnerInnen des Bundes beim Wohnschirm in Wien, allen voran die Volkshilfe leisten gerade in dieser schwierigen Zeit großartige Arbeit im Rahmen der Wohnungssicherung, das muss hier auch einmal gesagt werden. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wir hoffen, dass diese Erfahrungen, die man auch mit den PartnerInnen im Sozialsystem hier gemacht hat, jetzt auch in die Umsetzung der Wohnungssicherung Plus einfließen. Jetzt zu ein bisschen Kritik: Der Wohnkostenüberlastung vorzubeugen, dazu braucht es auch eine wirksame und funktionierende Wohn- und Mietbeihilfe. Sie haben mittlerweile selbst anerkannt, durch die hohe Inflation bekommen immer weniger WienerInnen immer weniger Wohnbeihilfe. Sie haben eine Reform angekündigt, das begrüßen wir ausdrücklich, aber es liegt immer noch kein konkretes Gesetzesvorhaben vor und noch immer wurde die Wohnbeihilfe nicht auf das heutige Preisniveau angehoben. Viele WienerInnen warten dringend auf diese Reform. Es ist aus unserer Sicht nicht zufriedenstellend, wenn eine Reform für 2024 angekündigt wird, die Menschen verlieren jetzt ihren Anspruch auf Wohnbeihilfe oder haben einen geringeren Anspruch, und das Paradoxon ist, sie verlieren die Wohnbeihilfe wegen der hohen Inflation, wegen der sie eigentlich die Wohnbeihilfe besonders dringen brauchen würden. Und da hilft es jetzt nichts, wenn man auf 2024 verweist, das braucht nur eine Verordnung der Landesregierung, um die Einkommensstufen auf das heutige Preisniveau anzuheben. Das wäre ein Fall für eine Notverordnung des Bürgermeisters, sehr geehrte Damen und Herren, das wäre ein Grund, unverzüglich zu handeln. (Beifall bei den GRÜNEN.) Keine Frage, ich verstehe schon, dass eine grundlegende Reform der Wohn- und Mietbeihilfe nicht einfach in wenigen Wochen vorgelegt werden kann, aber die Anpassung der Einkommensstufen auf das heutige Preisniveau ist keine Raketenwissenschaft. Da muss man einfach die Inflation von 2000 bis jetzt ausrechen - so lange ist es nicht mehr angepasst worden - und die Einkommensstufe um diese Inflationsraten anheben. Das könnten Sie morgen machen und das sollten Sie auch morgen machen, im Sinne der betroffenen Wienerinnen und Wienern. Ich habe vorher auch gesagt, es braucht eine wirksame und funktionierende Wohn- und Mietbeihilfe. Zur Wirksamkeit habe ich jetzt viel gesagt, aber ich habe auch das Problem mit dem Funktionieren der Wohnbeihilfe in der Fragestunde schon angesprochen. SozialarbeiterInnen sagen mir, dass es zuletzt mehr als zwei Monate gedauert hat, bis ein Antrag auf Wohnbeihilfe durch die MA 50 überhaupt in Bearbeitung genommen wurde. In Bearbeitung, das heißt, am Schluss sind wir bei zirka fünf Monaten zum Bescheid, und das ist aktuell offensichtlich keine Seltenheit. Ich habe mir mehrere Fallverläufe angeschaut, in denen keine Nachforderungen gestellt wurden, und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein Problem, das muss einfach schneller gehen in einer solchen Notlage. (Beifall bei den GRÜNEN.) Und um es hier noch einmal deutlich darzustellen, die Menschen verlieren durch diese Verzögerungen zum Teil sogar ihre Ansprüche, weil sie den Wohnbeihilfebescheid für den Antrag auf Mietbeihilfe nachweisen müssen, und die MA 40 fordert den Bescheid der MA 50 nach, weil der nicht beigebracht werden kann, und der ist aber immer noch nicht da, und dann müsste man quasi diesen Wohnbeihilfebescheid binnen einer gewissen Frist der MA 40 vorlegen. Diese Frist ist aber nicht ausreichend dafür, dass die MA 50 den Bescheid liefert, und dann müsste jemand den Antrag auf Fristerstreckung stellen, damit ich sozusagen von der einen städtischen Stelle die Leistung noch bekomme, weil die andere städtische Stelle so lange braucht mit dem Bescheid. Dass das nicht jeder durchschaut, ist irgendwie selbstverständlich, und wer es nicht durchschaut, fällt um die Mietbeihilfe um, die zwischen dem Antrag und dem Bescheid über die Wohnbeihilfe zustehen würde. Und das ist ein Problem, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Da braucht es dann einfach mehr Personal oder andere Abläufe bei der MA 50, für die MitarbeiterInnen, die das bearbeiten, ist die Situation sicher auch alles andere als zufriedenstellend. Die Wohnbeihilfe muss funktionieren. Gerade in einer Situation wie der jetzigen muss die Wohnbeihilfe funktionieren, und es darf nicht sein, dass man fünf Monate darauf warten muss, dass man zum ersten Mal eine Geldleistung kriegt. Zusammengefasst: Das vorliegende Wohnunterstützungspaket ist grundsätzlich positiv zu bewerten, es wurden zwar einige Maßnahmen verabsäumt, mit denen man die Treffsicherheit erhöhen hätte können - auf diese beziehen wir uns auch in unserem Antrag -, aber alles in allem geht es in die richtige Richtung und deshalb stimmen wir zu. Es braucht aber auch im Kern der Wohnungsunterstützungsleistungen bei der Wohn- und Mietbeihilfe endlich Handlungen der Stadtregierung, um die Menschen in dieser schwierigen Situation zu unterstützen. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste ist die Abg. Greco zu Wort gemeldet, ich erteile es. Abg. Dr. Katarzyna Greco, MIEM (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mit einem Lob beginnen, denn jetzt endlich ist es umgesetzt, lange ist es gefordert, seit 2022 haben wir sie, diese Unterstützung für die Ärmsten aller Armen. Besonders in Zeiten der Krise, wir kennen es, wir hören es täglich, Inflation, Teuerungen, die mit einhergehen, da ist es richtig und wichtig, dass hier geholfen wird, in einem jeden nur möglichen Ausmaß. Es ist halt traurig, dass, wenn in unserem Ausschuss Soziales, Gesundheit - wenn ich es so sagen darf - investiert wird, durchaus andere Teile in dieser Stadt zusätzliche Gebühren und somit Belastungen für die Wienerinnen und Wiener aufheben. Das heißt, da gibt es ganz viel Luft nach oben und gemeinsam können und müssen wir diesen Weg weitergehen. Kollege Konrad, Sie haben vorhin vom Bund gesprochen. Ja, der Bund hat durchaus einiges bereits auf den Weg gebracht. Ich darf hier einerseits vom Dezember die Stromkostenbremse zitieren, eine automatische Entlastungsmaßnahme, die hier in die Wege geleitet wurde, und genauso seit Jänner mit Abschaffung der kalten Progression ist das ein wichtiger Schritt, gemeinsam mit der Valorisierung der unterschiedlichen Unterstützungen, Familien- und Sozialleistungen. Denn so wird geholfen, einfach und schnell, und das müssen wir auch in Wien ein Mal mehr verbessern. (Beifall bei der ÖVP.) Eines ist klar, viele der Gelder, die in Wien fließen, richtigerweise fließen, kommen auch aus dem Bund. Alleine bei der Wiener Wohnungsunterstützungspauschale, also genau bei diesen wichtigen 200 EUR, die hier an zirka 245.000 Personen ausgeschüttet werden, kommen 98 Prozent vom Bund. Es ist gut, dass die Stadt diese verteilt, aber es ginge mehr, mehr Gelder, mehr treffsichere Unterstützung und mehr Wertschätzung statt erhöhter Gebühren. Es ist ganz klar, fehlendes Geld für Heizen kann und darf kein Leitmotiv für unser soziales Wien sein. Seit 2013 bestand bereits die Forderung des Heizkostenzuschusses und meine Kollegin Ingrid Korosec hat dies unermüdlich zig-fach gefordert, und daher, ja, es ist begrüßenswert, und, ja, wir werden dem zustimmen. Eine Umbenennung des Heizkostenzuschusses in Wohnbonus, in Energiebonus mag eine Marketingstrategie sein, mag eine Geschmackssache sein, aber das, was klar und wichtig ist, ist, dass wir die Antragsvarianten haben, per Telefon, per Post und online, es muss schnell und treffsicher sein, um den Personen zu helfen. Denn alleine heute habe ich in der "Krone" am Weg hier her gelesen, es hat sich die Zahl der Kunden in den Sozialmärkten verdoppelt. Und da müssen wir gemeinsam an einem Strang ziehen und schauen, dass diese Zuschüsse nochmals erhöht werden, gemeinsam daran arbeiten, dass wir hier denen wirklich helfen, und wir müssen vermeiden, dass weitere Gebühren, Valorisierungen in der Stadt Wien stattfinden, sondern dass die Gelder dort, wo sie am dringendsten notwendig sind, eingesetzt werden. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Bevor wir zum nächsten Redner kommen, darf ich mitteilen, dass der Abg. Kowarik seit 13.30 Uhr für den restlichen Tag entschuldigt ist. Als nächste Rednerin ist die Abg. Mörk zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Abg. Gabriele Mörk (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Landesrat! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor dem Livestream! Österreich befindet sich in der schlimmsten Teuerungskrise der Zweiten Republik. Sie betrifft alle Lebensbereiche und sehr weite Teile der Bevölkerung, gleichzeitig weigert sich aber die Bunderegierung, einfachste Maßnahmen zur Preisdämpfung zu setzen. Ich bringe in Erinnerung zum Beispiel einen Mietpreisdeckel, einen Gaspreisdeckel oder das befristete Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. All das würde die Menschen entlasten, aber nichts davon wurde beschlossen. Wien ist anders und wir lassen auch in Wien niemanden zurück. (Beifall bei der SPÖ.) So hat die Wiener Stadtregierung bereits im Frühjahr 2022 schnell und treffsicher mit einem breiten Unterstützungspaket reagiert, ein Maßnahmenbündel mit den heute zu beschließenden Maßnahmen von fast 650 Millionen EUR. Ich bringe in Erinnerung die Wiener Energiekostenpauschale für über 260.000 Wienerinnen und Wiener und auch 65.000 Kinder, die davon profitiert haben, die Energieunterstützung Plus und der Wiener Energiebonus 2022 und 2023 für jeweils rund 650.000 Wiener Haushalte. Dank des sozialen Wohnbaus sind die Mieten in Wien im Verhältnis zu vielen anderen internationalen Metropolen vergleichsweise noch immer sehr günstig. Aber auch die Teuerung hat in diesem Bereich Spuren hinterlassen, insbesondere der Anstieg der Mieten im privaten Wohnungsbereich hat ein Ausmaß erreicht, dass jetzt auch ein entsprechendes Handeln in diesem Bereich notwendig ist. Die Wiener Stadtregierung hat einen Fünf-Punkte-Plan für leistbares Wohnen in Wien geschnürt. Und ich bringe in Erinnerung, bereits in der Gemeinderatssitzung im Mai des heurigen Jahres wurde für GemeindebaumieterInnen eine Sondergutschrift beschlossen, 220.000 Haushalte profitieren davon, der Stufenbonus und auch eine massive Erleichterung bei Ratenzahlungen. Heute werden wir 3 weitere Maßnahmen beschließen, den Wiener Wohnbonus, eine Einmalzahlung von 200 EUR, Mitte Juli bis Ende September kann die Antragsstellung erfolgen, 1-Personen-Haushalte bei 40.000 EUR brutto Jahreseinkommen, 2-Personen-Haushalte bei 100.000 EUR Jahresbruttoeinkommen, davon werden rund 700.000 Haushalte in Wien profitieren, eine Förderungssumme von 130 Millionen EUR. (Beifall bei der SPÖ.) Die Wiener Wohnungsunterstützungspauschale wird ab September automatisch an besonders vulnerable Gruppen wie MindestsicherungsbezieherInnen, ArbeitslosengeldbezieherInnen, KrankengeldbezieherInnen, WohnbeihilfenbezieherInnen und AusgleichszulagenbezieherInnen ausbezahlt. 245.000 Wienerinnen und Wiener werden davon profitieren. Eine Fördersumme von 48 Millionen. Und bei der Energieunterstützung Plus können auch die Einkommensschwächsten bei Mietzinsrückständen sehr rasch und unbürokratisch ein Ansuchen auf Übernahme stellen. 70 Prozent des Rückstandes werden übernommen und direkt an den Vermieter oder die Verwaltung überwiesen und - Herr Seidl, Sie schütteln den Kopf - die Antragstellung erfolgt von den betreffenden Personen, die relativ einfach und unbürokratisch ist. Ich bin mir sicher, dass da auch eine Erklärung eingeholt wird, dass eine automatische Anweisung an die jeweiligen Verwaltungen erfolgen kann. Und über die restlichen 30 Prozent wird eine Ratenvereinbarung über 12 Monate abgeschlossen. Sollte diese über 75 EUR liegen, wird auch die Differenz von der MA 40 übernommen, in besonderen Härtefällen können auch 100 Prozent dieses Rückstandes übernommen werden. Ich möchte da an meinen Vorvorredner GR Prack anschließen, gerade diese Wohnungssicherung Plus ist ein ganz wichtiger Beitrag zur Delogierungsprävention in Wien, um Menschen vor Wohnungslosigkeit zu schützen. Das erspart diesen betroffenen Personen nicht nur viel persönliches Leid, vor allem dann, wenn auch Kinder davon betroffen sind, sondern erspart auch der öffentlichen Hand viele Kosten, wenn es darum geht, Menschen wieder in den normalen Wohnungsmarkt zu reintegrieren. Wir beschließen heute ein Förderungspaket in der Höhe von 198 Millionen EUR, wo ich aber natürlich auch erwähnen möchte, dass für diesen Bereich auch von der Bundesregierung 48,2 Millionen zur Verfügung gestellt wurden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer in Wien Unterstützung braucht, erhält diese auch, und deshalb darf ich Sie ersuchen, dieser Gesetzesvorlage Ihre Zustimmung zu geben. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Letzter ist der Abg. Ellensohn zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie der Kollege Georg Prack ausgeführt hat, werden die GRÜNEN dem natürlich allem zustimmen, und ich lasse auch die Diskussion, was Einmalzahlungen sind oder nicht, weg, würde aber alle anderen auch darum bitten, statt dass wir uns gegenseitig laufend vorwerfen, was eine Einmalzahlung ist und was nachhaltig hilft. Die Leute, die 100 EUR bekommen und die 100 EUR brauchen, sind froh darüber und hätten es gerne öfter, und man hätte gerne nachhaltig geholfen, aber jeder Hunderter hilft bei der Armutsbekämpfung und deswegen sind wir auch hier für alle Maßnahmen und natürlich stimmen wir dem allen zu. (Beifall bei den GRÜNEN und von Abg. Peter L. Eppinger.) Rund um Energie sparen, Klima schützen und damit auch den Menschen helfen, nämlich die Energiekosten zu senken, bringen wir einen Antrag zur Verankerung der Reduktion des Wien Energieverbrauchs ein. Der Hintergrund sollte in dem Haus bekannt sein: Auf Bundesebene gibt es ein neues Energieeffizienzgesetz, das war sehr lange verzögert, hat lange gebraucht, bis es verhandelt war, jetzt ist es fertig gewesen. Leider hat es nicht die nötige zwei Drittelmehrheit bekommen, damit man das ganze Paket beschließen kann, weil Sozialdemokratie und Freiheitliche gemeinsam eine rot-blaue Blockade aufgezogen und das verhindert haben. Was heißt das im Einzelnen? Die GRÜNEN haben lange dafür gekämpft, haben sich irgendwann mit der ÖVP einigen können. Wichtig sind dort Energieziele, was man einsparen kann. Warum brauchen wir das? Also erstens brauchen wir das, um das Klima zu schützen, zweitens, weil man den Leuten hilft, und drittens, wenn das noch nicht genügt, weil man einen Haufen Strafe zahlt, wenn man diese Ziele nicht erreicht, weil das auf europäischer Ebene ausgemacht ist. Wenn wir dieses Energieeffizienzgesetz nicht gemacht hätten, also wenn sich FPÖ und Sozialdemokratie durchgesetzt hätten, wären das wieder hunderte Millionen Euro, die als Strafe bezahlt werden müssten. SPÖ und FPÖ haben nämlich die Einsparziele für die Bundesländer verhindert, das muss man noch einmal rekapitulieren. Was hat jetzt die Bundesregierung gemacht? - Beschlossen, was der Bund leisten muss, 80 Prozent von den gesamten Einsparungen betreffen den Bund, 20 Prozent sind Maßnahmen, die in Bundesländern gesetzt werden müssen. Das, was der Bund macht, das konnte die Sozialdemokratie eh nicht verhindern, das wird auch gemacht, das haben ÖVP und GRÜNE mit ihrer Mehrheit und den NEOS dort beschlossen. Das, was von der Sozialdemokratie und den Freiheitlichen verhindert wurde, ist, dass Wien sich daran halten muss, oder Kärnten oder das Burgenland. Also der Bund macht das, die Bundesländer müssen nicht. Damit haben wir leider nur 80 Prozent von dem Ganzen erreicht, aber diejenigen Bundesländer, die jetzt der Meinung sind, das ist eh eine gute Vorlage, können das ja auch selbst machen. Und genau das ist der Antrag heute. Diejenigen hier, die glauben, das wäre gescheit, wenn Wien das auch machen würde, können dem Antrag von uns zustimmen, und dann passiert es einfach. Das wird in allen neun Bundesländern vermutlich versucht werden, schauen wir, welches Bundesland mit tut, vielleicht klappt's ganz im Westen, aber vielleicht klappt es auch im Osten. Was verhindert wurde - ich möchte es nur noch einmal sagen, damit alle wissen, was diese Blockadepolitik gebracht hat und was deswegen nicht möglich ist und nicht drinnensteht -, ist: Es war vorgesehen, dass die E-Control neue wichtige Aufgaben bekommt, und deswegen war in diesem ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgesehen, dass große Unternehmen einen fairen Beitrag zur Finanzierung dieser Behörde leisten müssen. Das können wir jetzt im Bund nicht machen, weil die Sozialdemokratie gesagt hat, dem stimmen wir nicht zu. Da hätten wir den Konzernen besser auf die Finger schauen können und die E-Control mit wichtigen Aufgaben ausstatten, das hat nicht funktioniert, weil es die SPÖ gemeinsam mit den Freiheitlichen verhindert hat, schade. (Beifall bei den GRÜNEN und von Abg. Thomas Weber.) Da es nicht nur ums Klimaschützen geht, sondern auch darum, Energiearmut zu verhindern, gibt es ein zusätzliches Paket, zielgerichtet gegen Energiearmut. Wir unterstützen auf Bundesebene Haushalte mit 190 Millionen EUR jährlich, bis 2030 gesetzlich fixiert, also auch zukünftige Regierungen werden sich daran halten. Das haben wir dann geändert, denn das wäre ja auch gekippt, und auch diese 190 Millionen für die privaten Haushalte hätte die SPÖ verhindert, wenn wir das nicht im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes vorgezogen hätten - da muss man jedes Mal eine neue Idee finden, wie man es macht. Das hat jetzt der Bund trotzdem umgesetzt, also bis 2030 fließen jährlich 190 Millionen EUR in die Haushalte in Österreich, weil man einen schlauen Weg gefunden hat, wie man das machen kann. Sehr guter Erfolg auf Bundesebene. (Beifall bei den GRÜNEN.) Bei den Sanierungen wäre fast etwas Ähnliches passiert, ich weiß gar nicht, ob sich das wirklich jeder überlegt, wenn man nur so politische Match macht, wofür oder wogegen man ist: Schwerpunkte bei Sanierung, ein gesonderter Schwerpunkt auf Haushalte mit niedrigem Einkommen, Fokus auf Renovierung Gebäudebestand in Österreich. Dieses Geld wäre auch nicht geflossen, wenn wir nicht das Umweltförderungsgesetz deswegen wieder vorgezogen und das eingebaut hätten. Genau das Gleiche, auch das hilft wieder den einzelnen Menschen, die jeden Monat eine Strom- oder Gasrechnung in Österreich haben. Auch das sollte verhindert werden von Rot und Blau, hat nicht funktioniert, weil wir das schlau gelöst haben, indem wir halt andere Gesetze vorgezogen haben. Heute geht es aber nicht um das, heute geht es darum, diesen Energiesparplan für Österreich, den wir insgesamt brauchen, bundestauglich und für alle neun Bundesländer tauglich zu machen. Der Bund hat seine Aufgabe geleistet in der Frage, ich höre ja in der SPÖ - und bin ganz froh darüber -, dass diese Blockade - wir sind einfach gegen alles, wurscht, was drinnensteht - eh nicht gehalten werden konnte. Man hat es beim Verbotsgesetz gesehen, hätte mich doch gewundert, wenn die SPÖ dort die Blockade aufrechtgehalten hätte, in anderen Fragen auch nicht. Was hätte ich gern? - Dass sich Wien bemüht, die eigenen Ziele, die in diesem Gesetz stehen - sie waren eh mit der SPÖ fast fertig verhandelt -, zu halten und dem Antrag hier zustimmt und auf die Kollegen auf Bundesebene einwirkt, damit dort wieder das passiert, was normal ist, nämlich Parlamentarisches verhandeln und nicht von vorneherein Blockadeerklärungen. - Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich der Abg. Taucher zu Wort gemeldet. Abg. Mag. Josef Taucher (SPÖ): Ich möchte tatsächlich berichtigen - ich habe es eh gestern auch schon gesagt -, das Energieeffizienzgesetz ist seit 2020 säumig. Seit damals habt ihr nichts gemacht, unsere Blockade ist seit den letzten zwei, drei Monaten, und auch nicht gegen das Energieeffizienzgesetz, auch nicht gegen das Klimaschutzgesetz, sondern weil wir wollen, dass ihr etwas gegen die Teuerung tut und ihr da ordentlich vorgeht. Ich bedanke mich, dass ihr heute da zustimmt, aber das Energieeffizienzgesetz lassen wir uns nicht umhängen, das ist seit 2020 offen und nicht erst die letzten drei Monate. Das ist ÖVP-"storytelling", dass wir jetzt schuld daran sind, dass es kein Energieeffizienzgesetz gibt. Das hättet ihr 2020 schon machen können, 2021 schon machen können oder 2022. (Beifall bei der SPÖ.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlungen für geschlossen. Der Berichterstatter verzichtet auf ein Schlusswort. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage, und ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Ich stelle eine mehrstimmige Zustimmung mit den Stimmen von SPÖ, NEOS, ÖVP, GRÜNEN gegen die Stimmen von FPÖ und Abg. Kieslich fest. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Wir kommen nun zu den Beschlussanträgen, hier liegen einige vor, und zwar vier Stück an der Zahl. Wir kommen zum Beschlussantrag der FPÖ, nämlich der Abgeordneten Krauss, Seidl und Mahdalik zum Thema Novellierung Wiener Mindestsicherungsgesetz. Ich ersuche alle Abgeordneten, die diesem Beschlussantrag zustimmen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich sehe Zustimmung bei FPÖ, ÖVP und Abg. Kieslich. Das ist nicht die Mehrheit, der Antrag ist somit nicht angenommen. Nächster Antrag der Abgeordneten Krauss, Berger zum Thema Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Vertriebenen. Auch hier bitte ich alle Abgeordneten, die diesen Antrag unterstützen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind die Antragsteller der FPÖ und Abg. Kieslich. Das ist keine Mehrheit. Wir kommen nun zum Antrag der GRÜNEN, der Abgeordneten Prack, Spielmann zum Thema Ausweitung der Wiener Wohnungsunterstützung. Ich ersuche alle Abgeordneten, die diesen Antrag unterstützen, um ein Zeichen mit der Hand. - Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der ÖVP gegen die Stimmen der FPÖ, der SPÖ, der NEOS und des Abg. Kieslich. Auch hier liegt keine Mehrheit für den Antrag vor. Der letzte Antrag bei diesem Poststück, ebenfalls von den GRÜNEN eingebracht, von den Abgeordneten Ellensohn, Sequenz, Stark, Prack, Spielmann und Kickert zum Thema gesetzliche Verankerung der Reduktion des Wiener Energieverbrauchs. Ich ersuche auch hier um ein Zeichen der Zustimmung. - Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der Volkspartei gegen die Stimmen der FPÖ, der SPÖ, der NEOS und des Abg. Kieslich. Auch hier liegt keine Mehrheit für den eingebrachten Antrag vor. Wir kommen nun zur zweiten Lesung. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das Gesetz ist somit auch in zweiter Lesung mehrstimmig mit Stimmen der SPÖ, der NEOS, der ÖVP, der GRÜNEN gegen die Stimmen der FPÖ und des Abg. Kieslich beschlossen worden. Postnummer 3 der Tagesordnung betrifft den Tätigkeitsbericht 2022 der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien. Ich darf in diesem Zusammenhang die Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal ganz herzlich in unserer Mitte begrüßen. (Allgemeiner Beifall.) Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Lhptm-Stv. Wiederkehr, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Ich bitte um Zustimmung. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich als Erster Abg. Berger zu Wort gemeldet, und ich erteile es ihm. Abg. Stefan Berger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin! Der Herr Präsident hat es bereits eingeleitet, wir diskutieren jetzt den Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft aus dem Jahr 2022, und ich möchte Ihnen an dieser Stelle für den Bericht bezüglich des Vorjahres danken und bitte Sie, diesen Dank auch Ihren Mitarbeitern auszurichten. Ich sage aber auch gleich vorweg, der Bericht wird aus freiheitlicher Sicht wie auch schon in den vergangenen Jahren durchaus etwas differenziert betrachtet. Vorweg möchte ich auch gleich eines vorausschicken: Im vergangenen Jahr wurde eine Änderung bezüglich der Kinder- und Jugendanwaltschaft beschlossen, nämlich dass grundsätzlich auf eine Doppelspitze verzichtet wird. Wir haben damals diesem Antrag nicht zugestimmt. Dies nicht deshalb, weil wir, wie Sie alle wahrscheinlich wissen, ein besonderer Freund von Quoten sind, nein, ganz im Gegenteil, die Kinder- und Jugendanwaltschaft, aber insbesondere auch die SPÖ waren in den letzten 30 Jahren immer ganz froh darüber, beziehungsweise hat die SPÖ damit geprahlt, dass die Kinder- und Jugendanwaltschaft seit rund 30 Jahren von einem männlichen und einem weiblichen Kinder- und Jugendanwalt geleitet worden ist. Im vorigen Jahr war das irgendwie kein Diskussionspunkt mehr - das war etwas verwunderlich. Wie gesagt, unsere Herangehensweise ist jetzt nicht, etwas personell und organisatorisch irgendwie künstlich aufzublähen, aber insbesondere bei einer solchen Ombudsstelle wie der Kinder- und Jugendanwaltschaft würde es aus unserer Sicht durchaus Sinn machen, einen männlichen und einen weiblichen Ansprechpartner zu haben, insbesondere wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche anzusprechen. Es gibt Kinder und Jugendliche, die sich eher vertrauensvoll an eine Stelle wenden, wenn sozusagen ein männliches beziehungsweise das andere Geschlecht das Aushängeschild ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist so, dass insbesondere in puncto Öffentlichkeitsarbeit - und ich beginne da eigentlich beim hintersten Kapitel dieses Berichtes - es tatsächlich so ist, dass sich eine deutliche Mehrheit an Mädchen an die Kinder- und Jugendanwaltschaft wendet. Ich glaube, dass es im Sinne dieses Organs, dieser Ombudsstelle durchaus sinnvoll wäre, Ansprechpartner - mehr oder weniger auch zu Werbezwecken oder durchaus auch als Testimonials nach außen hin - eben in Form von beiden Geschlechtern zur Verfügung zu haben. Auf diesem Bericht prangern sehr groß die Lettern beziehungsweise die Phrasen "Kenne deine Rechte" und "Es gibt 54 Kinderrechte". Meine sehr geehrten Damen und Herren und auch Frau Kinder- und Jugendanwältin! Wir diskutieren doch auch immer wieder hier in diesem Haus solche Begriffe wie Kinderrechte, das Recht auf Bildung, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Wohlstand, und es werden Kinder- und Jugendstrategien in diesem Haus beschlossen, es gibt Phrasen, die - unter Anführungszeichen - gedroschen werden, wie allen Kindern alle Chancen, und so weiter, und so fort. Allerdings sehen wir schon - und bevor jetzt irgendjemand da hereinquatscht, lesen Sie sich vielleicht den Bericht durch - und wir erleben halt schon, dass leider Gottes viele dieser Begriffe schlichtweg Worthülsen sind. Was zeichnet Worthülsen aus? - Dass sehr wenig Inhalt, sehr wenig Substanz dabei ist. Sie sind selbst in Ihrem Bericht zur Erkenntnis gelangt, dass zwar immer wieder sehr viel angekündigt wird, dass aber leider Gottes bei diesen Phrasen, bei diesen Worthülsen, die auch immer wieder hier heraußen zum Besten gegeben werden, in Pressekonferenzen, und so weiter, und so fort, relativ wenig dahinter ist beziehungsweise es offensichtlich sehr viel Zeit braucht, diese Programme mit Leben zu erfüllen. Ich werde vielleicht mit den Punkten oder mit den Bereichen beginnen, in denen wir durchaus das unterstreichen, was im Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft drinnensteht, beziehungsweise in denen gewissermaßen auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft unsere Argumente aus freiheitlicher Sicht oder unsere Kritikpunkte in den letzten Monaten oder im vergangenen Jahr durchaus unterstreicht. Da ist zum einen einmal der Gesundheitsbereich zu erwähnen, wo es einfach über Jahre und Jahrzehnte massive Versäumnisse gegeben hat. Diese haben sich im Bereich der psychologischen Betreuung, im Bereich ambulanter Betreuung angesammelt. Das hat sich ja dann insbesondere auch in der Corona-Phase beziehungsweise mit den einschlägigen Maßnahmen auch massiv verschärft. Der Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ist bei Weitem noch nicht so ausgebaut, wie er sein sollte. Auch das Thema Kinderarmut kommt in diesem Bericht mit einem relativ großen Kapitel vor, und da trägt natürlich auch die Stadtregierung ihren Teil dazu bei. Es ist vollkommen klar, wenn man insbesondere im Bereich von Wiener Wohnen stetig die Mieten erhöht, kommen insbesondere alleinerziehende Personen - alleinerziehende Väter, alleinerziehende Mütter - in eine ernsthafte finanzielle Situation und so bleibt leider Gottes der eine oder andere Schulausflug der Kinder und Jugendlichen auf der Strecke. Wir Freiheitliche haben uns insbesondere vorgenommen - und darauf werden wir in den nächsten Sitzungen sicherlich auch einen genaueren Fokus legen -, uns generell die gesundheitliche Situation von Kindern und Jugendlichen in der Stadt anzuschauen. Es gibt leider Gottes - ich habe das unlängst in einer Gesundheitsfachzeitschrift gelesen - seitens der Stadt Wien keine konsequenten und langjährigen Studien zu diesem Thema. Man bräuchte auch viel mehr Daten, insbesondere betreffend die Entwicklung von Magersucht oder Adipositas bei Kindern und Jugendlichen und, ja, insbesondere auch im Freizeitbereich, wenn es um die Unterstützung von Sportvereinen im Bereich der Sportstätten geht. Auch in anderen Bereichen - Musikschulen haben wir zum Beispiel gestern erwähnt - ist in dieser Stadt noch sehr, sehr viel Verbesserungsbedarf gegeben. Ja, ich habe es bereits angesprochen, natürlich haben die gesamte Corona-Situation und insbesondere die sehr, sehr scharfen Maßnahmen in Wien bei vielen Kindern und Jugendlichen zu einer persönlichen, auch psychischen Ausnahmesituation geführt. Die SPÖ ist im Vergleich zu allen anderen Bundesländern insbesondere in Wien als absoluter Hardliner aufgetreten, insbesondere natürlich gegenüber der Bevölkerung, damit auch gegenüber den Eltern und den Kindern, und hat sich in der Vergangenheit zu Maßnahmen hinreißen lassen. Es sind Spielplätze gesperrt worden, es sind Schulen geschlossen worden, und dies, obwohl insbesondere die NEOS - der eine Teil der Stadtregierung - noch zu Wahlzeiten vehement dagegen aufgetreten sind. Kaum waren sie aber in der Regierung, hat man hier schon keinen Widerstand mehr gemerkt. Ja, vieles davon fällt auch in die Verantwortung der Regierungsparteien, und diese Folgewirkungen werden uns leider Gottes wahrscheinlich noch viele Jahre hindurch begleiten. Damit werden Eltern konfrontiert sein, die Kinder natürlich auch, aber insbesondere auch die Pädagogen in den einzelnen Bildungseinrichtungen, die diese Maßnahmen und absolut auch überschießenden Maßnahmen hier in Zukunft ausbaden werden müssen. Und nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, diverse Defizite, die es davor schon gegeben hat, insbesondere Bildungsdefizite, lassen sich nun einmal nicht mit einem Lerncamp oder einem Sommercamp bei der Volkshochschule oder wo auch immer ausgleichen oder ausbügeln, wie Sie das hier auch immer so darstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsfraktionen. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Wolfgang Kieslich.) Im Berichtszeitraum medial bekannt geworden sind auch große Missbrauchsskandale, die sich in Bildungseinrichtungen in dieser Stadt ereignet haben. Ich darf da zum einen an den Penzinger Kindergarten erinnern, wo es diesen Missbrauchsverdacht gegeben hat beziehungsweise nach wie vor gibt. Auch hier muss man schon ganz offen sagen, dass es dann solche politischen Maßnahmen gegeben hat, wie dass es einen Kinderschutzbeauftragten und ein Kinderschutzkonzept geben muss, und man glaubt dann, das damit sozusagen abzustellen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben diesen Maßnahmen durchaus auch zugestimmt, aber das allein wird auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Vor allem muss man sich Folgendes auch einmal vor Augen führen - rückblickend jetzt noch einmal betrachtet -: Ich kann mich noch gut erinnern, wir hatten damals einen Sondergemeinderatsausschuss, und die damalige Leiterin der MA 10 hatte verkündet, als dieser Missbrauchsverdacht aufgekommen ist, hat sowohl die Standortleitung des Kindergartens unverzüglich reagiert beziehungsweise gemeldet als auch die Regionalleitung weiter an die MA 10. Im Übrigen, waren die beiden Leitungen jene, bei denen als Erstes die Konsequenzen erfolgt sind? Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Meldekette hat dann bei der Abteilungsleitung geendet. Diese Person, die damalige Abteilungsleiterin, ist mittlerweile zwar Geschichte, aber man hat auch gesehen, dass dieser Meldeweg insbesondere auch für den de facto politisch Verantwortlichen, also schlichtweg den Stadt- beziehungsweise Landesrat, halt auch unverzichtbar ist, um insbesondere auch für das Vertrauen der Eltern zu sorgen. Man muss sich das nur vorstellen - wer selber Kinder hat, dem fällt das leichter, aber auch, wenn dem nicht so sein sollte -: Wenn man ein Kind in einer Bildungseinrichtung, in einem Kindergarten hat, und es gibt so einen Verdachtsfall und es wird wochen- oder monatelang nicht darauf reagiert, sondern ganz im Gegenteil, es wird offensichtlich versucht, um es ja nicht medial bekannt werden zu lassen, da den Deckel draufzuhalten, dann ist das alles andere als vertrauenserweckend. Das war grundsätzlich wirklich eine katastrophale Situation im vergangenen Jahr. Ich komme zu meinen Punkten, bei denen wir Freiheitliche sehen, dass es auch Verbesserungspotenzial im Bereich der Kinder- und Jugendanwaltschaft gibt. Ich weiß durchaus, dass Fachleute, Experten wie in sämtlichen anderen Bereichen nicht irgendwo frei herumlaufen oder auf Bäumen oder sonst wo zu pflücken sind, aber was wir durchaus sehen, ist schon ein gewisser Austausch von Abteilungen der Stadt Wien mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft und vice versa, dass Personal gewechselt beziehungsweise ausgetauscht wird. Ich glaube, es würde die Unabhängigkeit und die Stellung der Kinder- und Jugendanwaltschaft als Ombudsstelle durchaus stärken, zu versuchen, Personal auch von außerhalb der Gebietskörperschaft Wien hereinzuholen, um diese Unabhängigkeit zu stärken. Es ist leider Gottes schon jahrelang ein Kritikpunkt von uns, und es wird leider Gottes in diesem Bericht nur sehr sparsam an manchen Stellen angeschnitten, aber verdient unseres Erachtens einen viel deutlicheren Fokus, und zwar ist das das Thema Integration, das im Bericht schlichtweg nahezu ausgespart wird. Wir sehen es zum Teil alltäglich, wenn man durch gewisse Bezirke in Wien geht, und vor allem, wenn man auch durch gewisse Bezirksteile geht, aber auch die mediale Berichterstattung, insbesondere was die letzten Wochen und Monate anbelangt, zeigt auf, dass es insbesondere aus grüner oder roter oder rosaroter Brille aus jeweiliger Sicht einfach nicht zu leugnen ist, dass wir in dieser Stadt massive Integrationsprobleme haben. Wir sind nicht nur damit konfrontiert, dass wir Parallelgesellschaften haben, sondern ganz im Gegenteil, wir haben auch Gegengesellschaften. Wir haben gewisse Kreise von Zuwanderern in dieser Stadt, die nicht nur nichts mit der Republik oder mit Österreich an sich zu tun haben wollen, sondern die auch unsere Wertehaltung, unsere Gesetze und auch unseren Umgang miteinander aktiv ablehnen. Eines muss ich schon ganz offen sagen: Dafür, wie groß das Problem mittlerweile in Wien ist, kommt eigentlich kaum irgendetwas vor. Wir haben in Wien mittlerweile Silvesterrandale, wir haben Halloweenrandale, ausländische Konflikte werden im Stadtgebiet Wiens ausgetragen, wobei irgendwelche türkischen Islamisten dann irgendwelchen Kurden und deren Sympathisanten gegenüberstehen und sich Straßenschlachten liefern. Es gibt Wahlen in einem anderen Staat und das wird dann zuhauf und insbesondere auch von Jugendlichen hier abgefeiert. Ich glaube, dass das eine nähere Betrachtung verdient und dass da die Solidarität, würde ich einmal meinen, mit unserem Staat und mit unserer Republik nicht so ausgeprägt ist, wie sie sein sollte. Das, meine Damen und Herren, verdient durchaus einen besonderen Fokus und eine besondere Betrachtung, und wir appellieren, wie auch schon in der Vergangenheit, eindeutig auch in diese Richtung, das in Zukunft auch in diesen Bericht aufzunehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Wolfgang Kieslich. - Zwischenruf von Abg. Ömer Öztas.) - Kollege, lass mich kurz ausreden, du bist dann eh dran, dann kannst du reden, so lange du willst. Eines habe ich auch feststellen müssen: Es gibt ja vom ehemaligen Kinder- und Jugendanwalt - damit ich das richtig zitiere - das Wiener Netzwerk Demokratiekultur und Prävention, sozusagen eine Extremismuspräventionsstelle. Ja, ich habe mir das durchgelesen, es liest sich ein bisserl wie ein Terminkalender einer Person - zu welchen Veranstaltungen oder zu welchen Kongressen man eingeladen war, und so weiter, und so fort. Da bin ich wieder beim Beginn: Worthülsen sehen wir schon, aber nicht wirklich irgendwelche Handlungsanleitungen, irgendwelche konkreten Schritte, um dieser Probleme Herr zu werden. Was ich auch sagen muss, was wieder eine negative Entwicklung ist: Diese Extremismuspräventionsstelle, um es einmal so zu formulieren, gehört jetzt nicht mehr der Kinder- und Jugendanwaltschaft an, sondern ist bei der MA 11 angesiedelt. Wir sind der Meinung, dass es wichtig ist, dass man sich mit Extremismusproblemen auch an die Kinder- und Jugendanwaltschaft dahin gehend wenden kann, dass es auch eine Abteilung beziehungsweise auch eine Stelle gibt, die das auch entsprechend sorgfältig behandelt. Zum Abschluss komme ich zum Punkt und Thema Soziale Medien. Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen kommt darin vor. Schauen Sie sich an, wie sich die Herrschaften aus ihren Migrationsmilieus in der Vergangenheit oft Richtung offene Straße mobilisiert haben! Wir sehen durchaus, dass sich sehr, sehr viel bereits in den Sozialen Medien abspielt. Auch das erfordert unseres Erachtens eine genaue Betrachtung. Da gibt es mittlerweile auch internationale Studien dazu, dass es auch gewisse Herrschaften aus radikalen oder islamistischen Bereichen gibt, die als Influencer tätig sind und auch in Wien entsprechend ihre Anhängerschaft haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das geht uns leider auch in diesem Bericht hier im Wesentlichen ab beziehungsweise verdient es mit Sicherheit einen viel größeren Raum, als wir es jedes Jahr hier in diesem Bericht zum Teil ja, zum Teil aber auch gar nicht lesen. In diesem Sinne hoffe ich darauf, dass die entsprechenden Anregungen im nächsten Jahr hoffentlich ihren Niederschlag finden und darf trotzdem zum Abschluss noch einmal für diesen Bericht danken. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Wolfgang Kieslich.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Emmerling. Ich erteile es ihr. Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin! Es freut mich sehr, dass Sie heute hier sind. Wir diskutieren den Bericht zur Kinder- und Jugendanwaltschaft, und ich möchte Ihnen gleich vorab herzlich danken, ebenso natürlich auch im Namen meiner Fraktion, für Ihre beherzte, engagierte Arbeit in diesem Bereich für die Kinder und Jugendlichen in der Stadt, vor allem aber für den kritischen Blick, den Sie in Ihrer Analyse auch immer wahren. Deswegen habe ich da eine differenzierte Haltung zu dem, was Kollege Berger gesagt hat. Er hat gesagt, er sieht das Ganze sehr differenziert. Ich frage mich, wie man das differenziert sehen kann, weil Sie wirklich in so vielen unterschiedlichen Bereichen immer Kinderschutz und Kinderrechte in den Mittelpunkt stellen. Sie richten den Blickwinkel fokussiert darauf und zeigen auch schonungslos auf, wo es Verbesserungen braucht, wo Veränderungen notwendig sind. Sie zeigen also nicht nur auf, wo es an etwas hakt, sondern haben auch noch Lösungsvorschläge dann auch noch einmal im Fazit parat, die als Handlungsanweisung an uns Politiker, Politikerinnen gerichtet sind. Dafür und natürlich auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendanwaltschaft vielen herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.) Der Bericht bietet uns natürlich auch Gelegenheit - nicht nur ein Mal im Jahr, das ganze Jahr über beschäftigen wir uns mit Kinderrechten und Kinderschutz -, jetzt noch einmal fokussiert darauf zu blicken, wo in allen möglichen Teilbereichen etwas besser getan werden kann, und ich glaube, das ist für unsere Arbeit wirklich sehr, sehr wertvoll. Der vorliegende Jahresbericht steht dieses Mal ganz im Zeichen der Kinderrechte. "Kenne deine Rechte" ist ja auch der Titel des Berichts, und das möchte ich nicht als Phrase abtun, weil das ganz essenziell ist, dass Kinder ihre Rechte kennen, dass sie wahrgenommen werden können. Das ist keine Selbstverständlichkeit, obwohl es selbstverständlich sein sollte, dass Kinder Rechte haben, dass sie gehört werden, dass sie mitbestimmen können, dass sie geschützt werden. In vielen Fällen, sei es im familiären Bereich, aber auch im außerfamiliären Bereich, wo Sie ja viele Punkte anführen, wo dringend weitere Anstrengungen, Verbesserungen notwendig sind, ist es oft nicht so, dass Kinder ihre Rechte kennen oder diese auch entsprechend die Möglichkeit haben, sie wahrzunehmen. Der Kinderschutz per se war ja auch Teilschwerpunkt Ihrer Arbeit in diesem Jahr und das war es, glaube ich, auch für uns in der Stadtregierung. Es wurde auch angesprochen - wir hatten hier Themen, vor allem im Kindergartenbereich, und deswegen bin ich auch sehr froh, dass wir dem Kinderschutz in diesem Jahr viel Aufmerksamkeit geschenkt haben, zum Beispiel durch die Verankerung des Kinderschutzes im Kindergartengesetz, aber auch mit der Einsetzung von Kinderschutzbeauftragten. Das ist eine Maßnahme, die Sie übrigens auch empfehlen, natürlich auch für alle anderen Einrichtungen der Stadt, die mit Kindern zu tun haben, und was wir hier auch noch weiterverfolgen werden. Kinderschutz verankern, Kinderschutz institutionalisieren, ist also, glaube ich, ganz wesentlich, wenn man das Recht der Kinder, aber auch das Recht auf den Schutz der Kinder wirklich ernst nimmt. Sie zeigen in Ihrem Bericht natürlich vieles auf, was nicht gut läuft, wo es teilweise Missstände gibt, wo wir auf Grund herausfordernder Situationen auch dem Bedarf nicht gerecht werden. Sie führen auch aus, wo viel passiert ist, dass einiges passiert ist. Ich möchte nur beispielhaft den Ausbau der ambulanten Hilfen nennen, der voranschreitet, auch die Ausweitung der Frühen Hilfen, für Care Leaver gibt es erstmals ein Angebot, das sie bis zur eigenen Wohnung begleitet. In Summe muss man aber schon sagen, dass ein Bedarf von großen Herausforderungen nicht gedeckt ist. Das ist auf Grund eines eklatanten Personalmangels natürlich ein Thema, aber auch auf Grund einer immer stärkeren Belastung der Familien. Das hat viele Ursachen und viele Gründe und das hat sich in den letzten zwei Jahren sicher auch noch durch die Pandemie zugespitzt, jetzt natürlich auch durch den Ukraine-Krieg, durch die massive Teuerung, die viele Familien belastet und die auch Kinder und Jugendliche irrsinnig mitnimmt. Ich kann mich erinnern, auch in Zeiten von Corona war das am Anfang der Diskussion ein Thema, das noch nicht wirklich in den Mittelpunkt gerückt ist, aber man weiß mittlerweile Gott sei Dank, was das mit Kindern und Jugendlichen gemacht hat, und man sieht es auch ganz stark beim Thema psychosoziale Gesundheit. Ich habe erst vor einigen Tagen eine neue Aussendung und eine Statistik darüber gelesen, wie erschreckend hoch die Zahl der Kinder ist, die an Symptomen leiden - 60 Prozent der Kinder geben an, unter Ängsten oder depressiven Symptomen zu leiden -, oder auch, dass eine Vervierfachung der Suizidgedanken zu vermelden ist. Das sind ganz erschreckende Zahlen, worauf wir als Politik und Verantwortliche definitiv unsere Antworten finden müssen. Es ist einiges unterwegs, aber definitiv noch nicht genug, und das muss unser Fokus auch in den nächsten Jahren sein, den Kindern und Jugendlichen wieder die Perspektive zurückzugeben, die sie vielleicht vorher hatten und während dieser Zeit verloren haben. Was dieses Thema betrifft, so sind auch Kinder-und Jugendpsychiatrien enorm unter Druck, extrem angespannt und überlastet auf Grund der Situation. Auch im stationären Bereich hinken wir da natürlich hinterher, aber es liegt eben in unserer Verantwortung, dem entgegenzuwirken, Kinder dort abzuholen, wo sie stehen und sie auch zu unterstützten. Es gibt diesbezüglich auch viele Projekte und Bemühungen, die in die richtige Richtung gehen. Das Projekt "Home Treatment" vom Psychosozialen Dienst sei hier erwähnt oder auch das Pilotprojekt der School Nurses, womit wir - war es dieses oder Ende letzten Jahres -, ich glaube, dieses Jahr ein gutes Angebot schaffen, um diesen Themenkomplex Bildung/Gesundheit miteinander zu verbinden. Ich glaube, das ist ganz wesentlich: Wo Kinder und Jugendliche sind, wo sie sich aufhalten, geht es nicht nur um Bildung und Kinderschutz, sondern auch um Gesundheit, die ein solch wesentlicher Faktor für das Wohlbefinden, aber auch für den schulischen Erfolg und für alles, was zum Glücklichsein im Leben einfach dazugehört, ist. Ja, es gibt auch viele neugegründete Vereine, von denen viele niederschwellig ihr Angebot anbieten. - Dass das nicht alles sein kann, ist auch klar. Einen Punkt aus Ihrem Bericht möchte ich noch herausgreifen, weil er mir persönlich auch ein besonders Anliegen ist, das ist das Thema inklusive Bildung. Sie räumen dem einen großen Bereich ein, natürlich auch dem geschuldet, dass es in der öffentlichen Diskussion momentan so ein Thema ist. Das sollte es aber eigentlich immer sein, und schon lange sein. Sie blicken da sehr, sehr kritisch darauf. Mich schmerzt es auch, dass wir es anscheinend nicht schaffen, ein Recht auf Bildung zu verankern, und zwar für jedes Kind. Und wenn es eine Phrase sein soll "Jedem Kind die gleichen Chancen!", dann wissen wir auch, im inklusiven Bereich für Kinder mit Behinderung haben wir das nicht. Deswegen ist es so wichtig, Kinder mit Behinderung von Rechts wegen auch das 11. und 12. Schuljahr zu ermöglichen. Es ist uns jetzt in Wien gelungen, dass wir alle Anträge für das nächste Schuljahr ermöglichen können, die für ein 11. und ein 12. Schuljahr gestellt werden. Man muss aber auch sagen, nachhaltig geht sich das wahrscheinlich nicht aus. Der Bedarf steigt, es sind die Ressourcen enden wollend, und wir werden es nicht schaffen, wenn wir nicht als gesamtes Land, alle Bundesländer und der Bund, klar sagen: Bei uns hat jedes Kind das Recht auf Bildung, egal, woher es kommt und egal, ob es eine Behinderung hat oder nicht. Deswegen dürfen wir Kindern das Recht auf Bildung nicht verwehren. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Das ist nichts anderes als eine wirklich ungerechtfertigte Diskriminierung und sollte in unserem Land keinen Platz haben. Ich hoffe, dass es da noch weitere Gespräche gibt, denn wir wissen alle, diese Gespräche laufen, sie sind noch nicht erfolgreich gewesen, es gibt viel Bekenntnis dazu, aber noch immer nicht sind wir an dem Punkt, wo wir sagen: Ja, wir machen das, wir stellen als Land die Ressourcen auf, um über ganz Österreich dieses Recht zu verankern. Das müsste unbedingt sein, weil jedes Kind uns einfach gleich viel wert sein muss. Es wird auch meine Kollegin noch auf weitere Themenbereiche eingehen. Ich möchte nur noch eines nicht unerwähnt lassen, da Sie sich als die Kinder- und Jugendanwaltschaft in diesem Jahr auch in einem großen Organisationsentwicklungsprozess befinden. Es gab schon einige Änderungen, auch im Aufbau der Kinder- und Jugendanwaltschaft, aber auch ein Umzug steht in diesem Jahr noch bevor. Für diese Aufgabe in diesem Jahr und für diese Neuaufstellung wünsche ich Ihnen jedenfalls alles, alles Gute. Ich bin überzeugt davon und weiß, dass die Kinder- und Jugendanwaltschaft immer ein verlässlicher Partner ist, wenn es heißt, wirklich genau hinzuschauen, aufzuzeigen, wo wir genauer hinblicken müssen. Dafür bedanke ich mich noch einmal wirklich herzlich für Ihre Arbeit, aber auch die Stimme, die Sie für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt einnehmen. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Berner. Ich erteile es ihr. Abg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Kinder- und Jugendanwältin! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer und Intertranspersonen, die online dabei sind! Es ist ein wichtiges Thema und danke, dass Sie sich Zeit nehmen zuzuhören. Am Beginn meiner Rede möchte ich natürlich meinen Dank aussprechen, als Erstes den Dank an die Kinder- und Jugendanwaltschaft, die mit ihrer unermüdlichen Arbeit oft den Finger in Wunden legt, und das auch muss. Ich möchte mich sehr dafür bedanken. Das ist nicht einfach, das weiß ich, aber es ist notwendig, damit Verbesserungen passieren können, dass wir uns auch wirklich gut anschauen, wo es Probleme gibt und dass ihr uns diese auch aufzeigt. Herzlichen Dank also, und auch im Namen der Grünen Fraktion möchte ich diesen Dank aussprechen. (Beifall bei den GRÜNEN sowie von Abg. Mag. Marcus Gremel, MBA und Abg. Thomas Weber.) Der Applaus ist offensichtlich verhalten, weil wir jetzt schon zum dritten Mal danken, aber ich glaube, man kann der Kinder- und Jugendanwaltschaft nicht genug danken, dass sie als Fels in der Brandung hier steht und sich für Kinder- und Jugendrechte in dieser Stadt einsetzt. Ich werde jetzt zu einzelnen Themen im Einzelnen gehen und kann das nur stichwortartig machen, weil der Bericht sehr umfangreich ist. Einiges wurde ja schon gesagt und das werde ich auch nur streifen. Das große Überthema aus meiner Sicht ist: Es gibt noch viel zu tun. Sie haben den Kinderschutz schon erwähnt. Er ist verbessert, aber er ist leider noch nicht finanziell fundiert. Das heißt, es ist ein erster Schritt, aber noch keine Umsetzung. Auch das Thema Kinderarmut ist ein dramatisches und wird dramatisch im Zuge der Inflation. Wir wissen es, wir haben auch im Europaausschuss - jene, die dort dabei waren - die europäische Kinderrechtsgarantie auch für Wien sozusagen angenommen und akzeptiert. Trotzdem finden wir in Wien wieder, dass es eben nicht das in der Kinderrechtsgarantie verbriefte Recht jedes Kindes in Europa bis 18 gibt, dass jedes Kind bis 18 nach der Kindergarantie ein Recht auf ein warmes Mittagessen haben soll, und zwar ein kostenloses warmes Mittagessen. Das haben wir in dieser Stadt noch nicht geschafft. Im Gegenteil, in Wien hängt es ein bisschen vom Schultyp ab, ob ein Kind ein kostenloses Mittagessen bekommt. Daran muss man auf jeden Fall arbeiten. Da gibt es Handlungsbedarf, und ich glaube, das könnte die Stadt auch lösen. Es gibt ein anderes wichtiges Thema, das uns natürlich besonders wichtig ist, das noch nicht genannt worden ist, und das heißt Klimaschutz. Aus Sicht der Kinder- und Jugendanwaltschaft wird herausgestrichen, dass die ökologischen Kinderrechte zu den drängendsten - zu den drängendsten - Kinderrechten gehören und zum drängendsten Aufgabengebiet gehört, das jetzt angegangen werden muss. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft betont, dass es wichtig wäre, das Bewusstsein für diese Verpflichtung im Sinne der Generationengerechtigkeit und Lastenverteilung auszubilden, und zwar auch bei uns, bei uns PolitikerInnen, in der Öffentlichkeit. Dazu würde es zum Beispiel einer systematischen Überprüfung bedürfen. Die ökologischen Kinderrechte beziehungsweise alle Maßnahmen, die wir hier beschließen, müssten auf ihre ökologischen Auswirkungen im Sinne von "Was bedeutet es für die nächste Generation?" begutachtet werden. Da besteht noch einiger Handlungsbedarf. Diese Folgenabschätzung, die im Rahmen der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung WFA auf Bundesebene schon entwickelt wurde, könnten wir vielleicht auch in Wien implementieren. Als GRÜNE können wir uns dieser Forderung der Kinder- und Jugendanwaltschaft natürlich nur anschließen, dass alle Gesetze, alle Bauvorhaben auf ihre ökologischen Auswirkungen überprüft werden müssen. Wir beziehen das zum Beispiel auch auf Rieseninvestitionen wie die - Sie wissen schon, was jetzt kommt - Lobau-Autobahn, die sowohl kostenmäßig als auch in der CO2-Belastung katastrophale Folgen für Wien und die Bevölkerung hier hat. Wer hier genau prüft, muss das Projekt im Grunde genommen sofort abbrechen - das wissen Sie alle - und versuchen, umweltfreundliche Alternativen für Mobilität in der Donaustadt und für Mobilität zwischen Donaustadt und dem Rest von Wien zu überlegen und zu suchen. Wir werden Sie da gerne unterstützen, neue Wege zu finden. (Beifall bei den GRÜNEN.) Über die psychische Belastung von Kindern und Jugendlichen wissen wir, dass diese in der Isolation durch Corona stärker geworden ist. Jetzt am Schulschluss wissen wir, dass noch verstärkter Bedarf nach mehr psychischer Betreuung für psychische Notsituationen notwendig wäre, und wir sehen, dass nicht einmal die Kinder der MA 11, die ja in traumatischen Situationen sind, ausreichend behandelt werden können. Wir wissen, dass Kinder mit Suizidgefahr immer wieder von Kliniken und von Orten, wo sie sich Hilfe suchen, abgewiesen werden müssen. Wir bitten Sie, diesen Wunsch oder diese Idee der Kinder- und Jugendanwaltschaft, auch wirklich in den Ausbau zu investieren, auch ernst zu nehmen, weil es für die Kinder dieser Stadt ganz relevant ist. Frau Emmerling, Sie haben auch schon auf das inklusive Bildungsangebot hingewiesen: Es gibt nach wie vor große Schwächen. Ich möchte jetzt ein paar von den Punkten aufzählen, die auch Wien betreffen und die wir hier in Angriff nehmen sollten. Das Wichtigste wäre, das 11. und 12. Schuljahr tatsächlich sicherzustellen, im wahrsten Sinne, und zwar nicht nur prinzipiell sicherzustellen, sondern auch in einer Entfernung für die Kinder und deren Familien, dass es im Alltag auch tatsächlich möglich ist, die Kinder dort hinzubringen, ohne den eigenen Job aufgeben zu müssen. Was noch wichtig wäre - dazu kriegen wir immer wieder Anfragen -, wäre ein Anspruch auf einen Kindergartenplatz auch für Kinder mit Behinderung und auch für Kinder mit langfristigen Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes, die immer wieder Schwierigkeiten haben, Kindergartenplätze zu finden, obwohl ihnen im eigentlichen Sinn nichts fehlt. Ausreichend Hort- und Nachmittagsbetreuungsplätze für Kinder mit Behinderungen, umfassende Maßnahmen gegen LehrerInnen- und Fachkräftemangel unter besonderer Berücksichtigung, dass in Wien ein überproportionaler Bedarf an Plätzen für Kinder mit Behinderungen besteht. Persönliche Assistenz, nicht nur in den Bundesschulen, sondern auch in den Elementarschulen - dafür wäre Wien zuständig, Elementarschulen und Pflichtschulen haben noch nicht ausreichend Persönliche Assistenz. Multiprofessionelle Teams in allen Kindergärten der Stadt und eine Aufstockung der mobilen Kinderkrankenpflege. Bündelung der Anlaufstellen für Familien mit Case Management, Schaffung kleinerer und auf viele Regelschulen verteilter Einheiten, wo auch Kinder mit psychischen Belastungen hinkommen können. Wir wissen, dass besonders autistische Kinder sich sehr schwer tun, sich in großen Einheiten zurechtzufinden - da wäre die Stadt Wien gefordert, adäquate Angebote zu schaffen. Kurz gesagt, es braucht dringend barrierefreie Schulen im wahrsten Sinne, sowohl baulich als auch pädagogisch. (Beifall bei den GRÜNEN.) Meine zwei KollegInnen aus dem Bildungsbereich, Julia Malle und Felix Stadler, haben sich in den letzten Jahren, Wochen immer wieder dafür eingesetzt und ich möchte mich auch bei ihnen bedanken. Wir werden weiter mit ihnen an diesem Thema arbeiten. So, und jetzt kommt das für mich schwierigste Monitoring, die Frage der MA 11, sprich, der WGs und der Krisenzentren. In Wien können zirka 2.200 Kinder nicht bei ihren Familien wohnen, und wie wir schon aus alten Berichten wissen, sowohl vom Rechnungshof als auch von der Volksanwaltschaft als auch von der Kinder- und Jugendanwaltschaft, besteht da massiver Handlungsbedarf. Nach wie vor können wir auch im aktuellen Bericht nicht sehen, dass sich die Überlastungssituationen in den Krisenzentren verbessert hätten. Es gibt weiterhin Mangel an Betreuungspersonal und besondere Lücken bei Kindern mit erhöhtem Betreuungsbedarf. Hier möchte ich mich beim Team bedanken, vor allen Dingen bei Peter Sarto und Claudia Grasl, die unermüdlich Monitoringbesuche in den WGs machen und in der Ombudsstelle dafür arbeiten, dass Kinder, die nicht zu Hause leben können, einen Ansprechpartner haben, einen Ansprechort, wo sie mit ihren Bedürfnissen gehört werden und auch Missstände melden können. Das ist eine ganz wesentliche Arbeit. Ich möchte wirklich Peter Sarto und Claudia Grasl herzlich danken, dass sie sich seit zehn Jahren - sie haben heuer Zehnjahresjubiläum - da so einsetzen. - Herzlichen Dank! (Beifall bei den GRÜNEN.) 95 Besuche waren es laut ihrem Bericht im vergangenen Jahr, und gesehen haben sie leider Stagnation. Nach wie vor hat sich die Versorgungslage nicht verbessert. Es gibt Änderungsvorschläge zum Gesamtkonzept, wie eine Flexibilisierung des Angebots und der Arbeitsbedingungen - auch wir haben das schon mehrmals hier gefordert und ich werde es auch jetzt nochmals wiederholen. Im Mai 2022 war schon ein Überbelag festzustellen - Überbelag heißt, dass wieder einmal elf bis zwölf Kinder statt acht Kinder in einer WG sind -, das war schon im Mai so und ist seither leider gestiegen. Das kann nicht der Zustand sein, wie wir die Kinder dieser Stadt versorgen, noch dazu Kinder in Notsituationen. In einer solchen WG kann ein Kind keine Ruhe finden, wenn sie zu elft in einem Zimmer sind, wo sie doch vorher aus ihrer Familie weggekommen sind, weil es eben psychische oder Gewaltübergriffe gegeben hat. Das sind traumatisierte Kinder, die eigentlich einen Ort brauchen, wo sie Ruhe finden und wo sie in Ruhe ein Beziehungsangebot annehmen können, wo sie Vertrauen aufbauen können, dass Beziehung auch etwas Positives sein kann. Das ist leider in den WGs der Stadt Wien derzeit nicht möglich oder fast nicht möglich, und das liegt nicht an den MitarbeiterInnen der WGs, das möchte ich an dieser Stelle betonen. Ganz im Gegenteil, im Moment wird versucht, dem Mangel zu entsprechen, indem man Sicherheitspersonal in die WGs stellt, um Übergriffe zwischen den Kindern zu vermeiden. Das kann ja nicht das sein, was die Stadt Wien für ihre Kinder will, dass sie Security- Menschen an die Tür stellt! Wie sollen sie da den Alltag überleben? Wie sollen sie lernen, dass man in einer gemeinsamen Gesellschaft eine gemeinsame Zukunft plant, wenn die Securities dafür sorgen müssen, dass man sich gegenseitig nicht in die Haare kommt? Das kann nicht die Zukunft in Wien sein! Damit Kinder und Jugendliche langfristig und nachhaltig aus Sucht und Gewalt entkommen können, braucht es Vertrauen und braucht es die Möglichkeit, Beziehungen aufzubauen, und nicht Aufbewahrungsstätten. Wir haben dazu schon einige Vorschläge gemacht, Sie wissen es. Wir haben das auch schon mehrmals hier diskutiert, auch Herr Wiederkehr kennt das, was jetzt kommt: Schon im Oktober 2022 waren nur 6 Vollzeitäquivalente von den fehlenden 42 besetzt, und 30 Vollzeitäquivalente haben in der Sozialpädagogik noch gefehlt. Das waren 43,8 Prozent der Vollzeitäquivalente, die gefehlt haben, das heißt, fast die Hälfte des Personals. So können die nicht gut arbeiten, auch wenn sie sich bemühen. Ich möchte mich an dieser Stelle trotzdem bei all den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 11 bedanken, sowohl in den WGs als auch in der Administration, die sich trotz dieser Missstände bemühen, den Kindern jeden Tag ein gutes Leben oder zumindest eine sichere Umgebung zu schaffen. Das ist eine unglaubliche Herausforderung und es ist großartig, dass sie nicht aufgeben und dass sie dabei bleiben und bis an die Grenzen ihrer Kräfte und darüber hinaus arbeiten. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich möchte enden mit einer Bitte an den Herrn Wiederkehr, an den Herrn Stadtrat: Schaffen Sie strukturelle Verbesserungen, schaffen Sie finanzielle Anreize, um so sozial engagiertes Personal zu motivieren, auch länger zu bleiben und nicht so schnell wieder abzuwandern! Schaffen Sie Supervision für Leute, die da arbeiten und unter großem Druck stehen! Sie kennen unsere Forderungen, ich fasse sie jetzt nochmals kurz zusammen: Einerseits strukturelle Verbesserung fürs Personal, 35-Stunden-Woche, bezahlte Rufbereitschaft, größere Teams, keine Einzeldienste, mehr Springer und Springerinnen, um Spitzen abzufangen. So, ich habe mich beim Team bedankt. Danke, dass Sie dabei sind. Insgesamt möchte ich mich zum Abschluss auch noch bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft bedanken, einerseits Dunja Gharwal - herzlichen Dank - und andererseits danke auch dem Team. Es ist ja nicht nur eine Kinder- und Jugendanwältin, da arbeiten viele Frauen und Männer tagtäglich, damit es den Kindern in dieser Stadt besser geht, dass sie unabhängige Beratung erfahren. Auch Eltern können sich hinwenden, wenn sie Probleme haben. Danke für diese wichtige Arbeit für diese Stadt. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abg. Keri. Abg. Sabine Keri (ÖVP): Vielen herzlichen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat/Landesrat! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin! Wir hatten vor Kurzem das Vergnügen, kurz miteinander zu plaudern. Vielen Dank für Ihren Bericht, auch vielen Dank an Ihr Team für diesen Bericht. Wir haben uns diesen sehr genau durchgelesen und - ich habe es Ihnen auch schon gesagt - das Interessante für mich war, dass es einer der wenigen Berichte ist, der auch zum Weiterdenken anregt. Das hat man nicht oft, man kriegt oft sozusagen eine Auflistung, aber dieser ist schon so, dass er einen ein bisschen herausfordert und dann auch ein bisschen hinterfragen lässt. Sie haben zum Beispiel über den öffentlichen Raum geschrieben, und zwar, dass der öffentliche Raum für alle ist, dass das natürlich auch Corona und der Pandemie geschuldet ist, dass der öffentliche Raum besonders für Jugendliche und für Kinder die konsumfreie Zone geworden ist, in der sie sich aufhalten. Dieser Trend ist beibehalten geblieben, und ich glaube, da ist die Stadt sehr wohl gefordert, da bin ich sogar davon überzeugt, weil wir das natürlich auch immer wieder erleben, dass man sich hier Konzepte dahin gehend überlegt - unabhängig von den Awareness-Teams, die wahrscheinlich sogar eine Verstärkung brauchen oder wahrscheinlich noch ausgebaut werden müssen -, wie man den öffentlichen Raum gestaltet. Wenn ich im öffentlichen Raum bin und das als konsumfreie Zone nutze, dann brauche ich so ganz banale Dinge wie Toilettenanlagen, wie Mistkübel. Das sind halt so Dinge, bei denen ich mir denke, dass das fehlt. Wenn man zum Beispiel durch die Leopoldstadt geht, durch die Hauptallee, wo ja ganz viel öffentlicher Raum ist, der auch sehr gerne genutzt wird, dann sieht man, dass ganz schnell von diesen ganz einfachen Dingen nicht genug da ist. Sie schreiben auch über die Generationengerechtigkeit und sprechen da ganz besonders über die ökologischen Kinderrechte. Ich habe mir dann gedacht, interessant wäre natürlich, auch einmal aus Sicht von Kindesaugen darüber zu sprechen, was die Generationengerechtigkeit im Allgemeinen betrifft - zum Beispiel auch darüber zu sprechen, was es braucht, dass das soziale System für die nächsten Generationen gesichert ist. Es wäre interessant, dass wir uns auch einmal ganz mutig dieser Diskussion stellen, nämlich wirklich aus den Augen der Kinder, denn so, wie zur Zeit die Entwicklung ist, wissen wir, dass das alles sehr knapp wird, sei es vom Pensionsanspruch bis zur Gesundheitsversorgung. Ich glaube, da kann man nicht früh genug hinschauen. Sie schreiben auch über das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Da werden Ihnen natürlich alle zustimmen, dass das jedes Kind hat. Sie schreiben auch, dass es insbesondere eine Stärkung der Kinderschutzmechanismen braucht, um diesen gesamten Verlauf, wie Prävention vor Kinderschutz, wie die Intervention als auch die Nachbearbeitung von Fällen wirklich erarbeiten zu können. FGM und kulturelle Zwangsehe - ich wehre mich immer, Praktiken dazu zu sagen -, kulturelle Gräueltaten und kulturelle Gewalttaten an jungen Mädchen sind natürlich auch eine Realität in Wien. (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Einfach Gewalttat, ohne "kulturelle", das passt!) - Aber ich darf schon kulturell sagen, wenn ich möchte, oder? (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Ja, ja, das passt!) - Ach so, okay, alles klar (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Ich denke nur laut mit!), alles gut. Sie berichten auch von dem Mädchen Mira, das mit Zwangsehe konfrontiert war, das zwangsverheiratet hätte werden sollen. Das zeigt sehr wohl und bestätigt uns, was wir ja immer wieder sagen, nämlich dass das jetzt wirklich in Wien angekommen ist, dass die Zahlen auch steigen, dass man da hinschauen muss. Das ist auch immer wieder das, was wir in unserer politischen Arbeit sagen: Wir brauchen die Kindergärten, wir brauchen die Schulen als Partner, wir brauchen die PädagogInnen als Partner, aber wir müssen es auch schaffen, die Eltern als Partner zu gewinnen und ihnen sehr wohl erklären, dass das ein No-go in unserer Gesellschaft ist. Was mich total fasziniert hat, ist, auch zu sehen, wie wichtig es ist - ich meine, das war mir immer schon bewusst, aber es zu lesen und dann darin nochmals bestärkt zu werden -, und Sie haben ja die Rolle der Plattform sozusagen eingenommen, um sich immer wieder genau zu erkundigen, wie weit das Mädchen ist, ob es gut untergebracht ist, ob es irgendetwas gibt. Diese Vernetzung untereinander ist so wichtig, und ich glaube, da braucht man auch noch ganz viel, dass man das wirklich ausbaut, aufbaut, dass das Netz wirklich engmaschig wird, damit jedes Mädchen geschützt ist. Wir haben auch die Thematik Fremdunterbringung - ihr wisst, das ist immer ein Thema, das mich in meiner gesamten Arbeit begleitet. Sie erzählen von 95 Monitoringbesuchen, davon 22 in den Krisenzentren und 70 in den Wohngemeinschaften, und dass es eigentlich keine Verbesserung in den Krisenzentren gibt, dass Ihre Empfehlungen nicht übernommen wurden oder nicht umgesetzt wurden, und dass es im Mai 2022 mittlerweile einen Überbelag in allen Regionen gab. Das sind Dinge, die ich bitte, und ich wünsche mir jetzt wirklich, dass jetzt nicht die politische Antwort kommt: Wir haben ja eh vor Kurzem ganz viel beschlossen! - Ja, haben wir, aber wir sind hier und im Jetzt! Es ist jetzt so, dass im Mai 2022 erneut der Überbelag in allen Regionen war, und das in vielen Einrichtungen, und das ist jetzt auch noch so. Wenn es für acht Kinder Platz gibt, aber elf bis zwölf untergebracht sind, geht das so nicht. Das ist ein No-go! Das ist auch etwas, was ich immer wieder sage: Wenn man den Entschluss fasst, ein Kind aus der Familie nehmen zu müssen, weil es nicht die Ruhe hat, nicht geschützt ist, weil es Schutz braucht, dann haben wir, wir alle hier und die Stadt Wien die Verantwortung für dieses Kind. (Beifall bei der ÖVP.) Wir müssen dann ganz viel tun, dass dieses Kind die Liebe, die Zuneigung, die Förderung, den Schutz kriegt, den es braucht. Da gibt es keine Diskussion, da gibt es für mich keinen Spielraum, warum dieses Kind nicht den Anspruch darauf hat. Das ist etwas, wo ich sage, ein Kind darf es nicht schlechter oder gleich haben oder mit anderen Problemen dann konfrontiert sein, wenn man es aus einer Gefahrensituation herausnimmt, sondern muss wirklich aufgefangen werden. Ich möchte gerne einige Zitate aus Ihrem Bericht bringen, weil ich denke, es haben ihn wahrscheinlich nicht alle gelesen. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass man das auch einmal hört. Ein Zitat war zum Beispiel: "Unter solchen Umständen" - also die Umstände des Überbelags - "kann der Schutz von Minderjährigen nicht flächendeckend gewährleistet werden, weshalb die KJA" - die Kinder- und Jugendanwaltschaft - "in einer Stellungnahme vor einer potenziellen Kindeswohlgefährdung warnte." Wir haben auch das Zitat: "Krisenabklärungen und Beziehungsarbeit sind nicht mehr nach fachlichen Standards durchführbar." - Da geht es immer um den Überbelag. - "Leider kam es auch im Jahr 2022 zu Übergriffen unter Kindern und Jugendlichen, zu Polizeieinsätzen und wochenlangen Abgängigkeiten" - in der Fremdunterbringung. Das ist das, was wir auch diskutiert haben - ich glaube, beim letzten Akt, als wir über Förderungen oder zusätzliches Geld gesprochen haben, als wir auch zugestimmt haben. Aber bitte, da müsst ihr euch in Zukunft wirklich die Zusammensetzung der Kinder anschauen, wie die in einer Fremdunterbringung untergebracht sind - da haben wir zum Beispiel die Altersdiskussion gehabt. Ich bitte, da wirklich genauer hinzuschauen. Die Kollegin von den GRÜNEN hat es schon gesagt, Jugendliche mit erhöhtem Gewaltpotenzial werden von Sicherheitspersonal bewacht, Kinder mit Beeinträchtigung werden durch zugekauftes Pflegepersonal betreut. - Das kann nur eine Notlösung sein, ich bin vollkommen Ihrer Meinung. Dann haben wir noch ein Zitat, das ich jetzt noch bringen möchte: "Emily, 17, will nicht mehr in der Wohngemeinschaft leben. Eine der Sozialpädagoginnen übt aus ihrer Sicht immer wieder psychische Gewalt aus. Nach einem Streit mit ihr wurde das Mädchen der Einrichtung verwiesen und musste in einer Notschlafstelle übernachten." - Das ist nicht das, warum wir Kinder aus den Familien nehmen. So darf es nicht sein, ganz ehrlich! Das ist ein No-go. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich möchte jetzt gar nicht die Sozialpädagoginnen und -pädagogen hier in die Pflicht nehmen. In dem Fall schon, aber ich glaube, dass die wirklich überlastet sind, und ich glaube, dass die wirklich Hilfe brauchen, und zwar jetzt und nicht in ein paar Monaten und nicht in ein paar Wochen. Ich bitte wirklich, dass Sie diese Dringlichkeit erkennen, denn was passiert denn, wenn die Sozialpädagoginnen und -pädagogen überlastet sind? - Ich darf Sie an den Fall im November erinnern, als 2 Mädchen, die unter der Aufsicht der MA 11 waren, 11 und 14 Jahre alt, Drogen kaufen wollten und in eine Wohnung gelockt wurden und vergewaltigt worden sind. (Abg. Mag. Stefanie Vasold: Sollen SozialpädagogInnen die 24 Stunden bewachen?) - Möchten Sie jetzt mit mir darüber diskutieren, ob das okay ist? Na, ich frage Sie jetzt, na, ganz ehrlich! Entschuldigung, ich erzähle Ihnen gerade, dass 2 Mädchen, 11 und 14 Jahre, die in der Obhut der MA 11 waren, am Vortag Drogen gekauft haben. Es hat keiner gemerkt, dass sie Drogen gekauft haben, und am nächsten Tag haben sie sich nochmals Drogen gekauft und sind in eine Wohnung gelockt worden und wurden vergewaltigt. (Zwischenruf von Abg. Mag. Stefanie Vasold.) - Ich war noch nicht fertig, lassen Sie mich doch einmal ausreden! Dann war es so, dass den Mädchen zum Glück die Flucht gelungen ist. Wir haben dann eine Anfrage gestellt, weil - ich sage Ihnen schon etwas, und das ist das, was ich jetzt 100 Mal gesagt habe -: Nehmen wir Kinder aus der Obhut und haben wir die Verantwortung für diese Kinder - und da sind Sie und ich genauso gemeint wie alle anderen -, dann haben diese Kinder das Recht, dieselbe Aufmerksamkeit zu bekommen, als wären es unsere eigenen. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.) Da lasse ich keine Diskussion zu, wie: Müssen die jetzt 24 Stunden auf die Kinder aufpassen? - Ich sage Ihnen eines: Wenn ich den Verdacht habe, dass mein Kind drogenabhängig ist, wenn mir etwas auffällt, dann schaue ich 24 Stunden drauf, jede Minute, und ich mache alles, dass diesem Kind nichts passiert, und das erwarte ich von Ihnen und von den Sozialpädagogen auch - bitte, ich werde emotional, ich bin es sonst nicht. Was mich dann aber wirklich geärgert hat: Wir haben eine Anfrage an die MA 11 gestellt, unter welchen Bedingungen das stattfinden kann und was man daraus gelernt hat und ob man denn so etwas wie eine Art Fallkonferenz machen muss, dass so etwas nicht mehr passiert. Wir haben eine Antwort bekommen, und es war kein einziges Wort dahin gehend drin, dass gesagt wurde: Es fehlt uns an dem und dem, sondern es wurde gesagt: Wir haben alles gemacht, die Kinder durften bis 23 Uhr raus, das ist alles gesetzlich, man kann nicht erwarten, dass wir immer auf sie achten! - Meine Meinung ist eine andere: Ein bisschen mehr Einsicht, ein bisschen mehr Demut, ein bisschen mehr Empathie hätte ich mir schon gewünscht, denn sonst kann man sich nicht weiterentwickeln, wenn es um den Schutz von Kindern geht. Das habe ich leider in dieser Anfragebeantwortung nicht gelesen. Ich hätte mir eigentlich auch gewünscht, dass man da die Kinder- und Jugendanwaltschaft um ihr Know-how bittet, dass so etwas nicht mehr passiert. (Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte wirklich Danke sagen: ich möchte auch mit einem Zitat von Ihnen enden und zwar. "Mir ist wichtig, dass Kinder über ihre Rechte Bescheid wissen, denn nur so können sie von jungen Menschen, sei es zur selbstbestimmten Gestaltung ihrer Lebenswelten oder um Hilfe zu holen, in Anspruch genommen werden. Kinderrechte sind aber nicht nur Kindersache, sondern gehen uns alle an." - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Zu Wort gemeldet ist Abg. Hanke. Ich erteile es ihr. Abg. Marina Hanke, BA (SPÖ): Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Kinder- und Jugendanwältin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Wortmeldung natürlich auch mit dem Dank für den Bericht starten, der uns wieder vorgelegt worden ist und über den man, wie die bisher geführte Debatte zeigt, auch sehr trefflich diskutieren und vor allem sprechen kann, weil auch in diesem Jahr wieder eine ganz breite Themenvielfalt abgedeckt wird. Der Bericht und diese breite Themenvielfalt zeigen uns nicht nur, wie breit Sie als Kinder- und Jugendanwaltschaft mit all ihren Kolleginnen und Kollegen aufgestellt sind, sondern sie zeigen uns vor allem auch, wie viele Bereiche die Stärkung beziehungsweise auch der Schutz von Kindern und Jugendlichen eigentlich betrifft, wie breit die Kinderrechte aufgestellt sind und wie viele Themenbereiche es da eigentlich zu beachten gilt. Ich möchte nachher zwei Themenbereiche herausgreifen, die in der Debatte noch nicht erwähnt worden sind, die mir persönlich aber auch sehr wichtig sind. Ich möchte aber vielleicht kurz noch mit einem Dank dafür einsteigen, dass Sie als Kinder- und Jugendanwaltschaft nicht nur seit Ausbruch der Pandemie, sondern auch weiterhin gerade in Bezug auf die Corona-Pandemie und die Folgen für Kinder und Jugendliche da einen sehr speziellen Blick darauf richten. Ich glaube, dass es auch in diesem Jahr, aber auch in den nächsten Jahren ganz zentral sein wird, immer wieder darauf zu schauen, wie es Kindern und Jugendlichen geht, was die brauchen, so wie Sie das auch schon in der Zeit der Corona-Maßnahmen getan haben. Sie haben immer wieder eingemahnt, auch die Interessen von Kindern und Jugendlichen zu sehen. Das wird uns in den nächsten Jahren sicherlich auch noch begleiten, da wird es um Fragen über die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gehen, darüber, wie es denen dann ein paar Jahre später geht, wie sich das auch auf die Ausbildungslaufbahn, auf die Bildungslaufbahn auswirkt. Gekoppelt mit den zahlreichen anderen Krisen, die Kinder und Jugendliche auch erleben müssen, mit der Inflation, mit der Teuerung, die natürlich viele Kinder und Jugendliche der Armutsbetroffenheit noch einmal mehr verstärkt aussetzt, gilt es da ganz besonders, darauf zu schauen, was sie brauchen. Gerade in Bezug auf die Teuerung, auf Kinderarmut, auf Armutsbetroffenheit möchte ich an der Stelle schon noch einmal darauf hinweisen, dass wir uns als Politik insgesamt diesem Thema auf allen Ebenen sehr intensiv anzunehmen haben. Kollege Berger hat vorhin quasi den Vorwurf gemacht, dass sich da in Wien nichts tun würde und das Beispiel der Alleinerzieherin gebracht. Ich möchte ganz kurz nur noch einmal daran erinnern, dass wir zum Beispiel gerade erst vorher, also es ist jetzt wirklich noch nicht lange her, einen Beschluss über die Wohnungssicherung Plus gefasst haben. Wir haben wir mit dem Wohnbonus, aber auch mit den Energiegutscheinen der Wien Energie und vielen, vielen weiteren Maßnahmen, die wir hier im Haus diskutiert und auch beschlossen haben, eigentlich sehr große Hilfestellung geleistet. Mit dem Ausbau des Gratismittagessens - das ist vorhin auch schon erwähnt worden -, sind wir wieder einen weiteren Schritt gegangen. Ich glaube, in den letzten Monaten haben wir auch noch einmal verstärkt bewiesen, dass wir, wenn es darum geht, allen Menschen, aber insbesondere den besonders vulnerablen, und dazu gehören auch Kinder und Jugendliche, da gehören insbesondere armutsbetroffene Menschen dazu, unter die Arme zu greifen, das als Stadt Wien auch machen. Zusammengerechnet - nur vielleicht als ein Beispiel - kommen wir bei einer alleinerziehenden Mutter, die Teilzeit arbeitet und auch Mindestsicherung bezieht, durchaus auf Hilfsleistungen von bis zu 1.600 EUR. Das ist, glaube ich, ein Betrag, der sich durchaus sehen lassen kann. Es gibt von der Fortschrittskoalition auch auf jeden Fall das Versprechen und die Zusicherung, dass wir auch in Zukunft weiterhin darauf schauen werden, dass es allen Menschen in unserer Stadt gut geht. Ich erwarte mir diese Haltung und vor allem auch diesen Kampf gegen die Teuerung, diesen Kampf gegen Armutsbetroffenheit auch von der Bundesregierung und möchte an der Stelle auch da noch einmal einfordern, dass endlich noch mehr vor allem strukturell wirksame Maßnahmen gegen die Teuerung getroffen werden. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Jetzt zu den zwei Punkten, die ich mir herausgegriffen habe, die durchaus, wie ich finde, in diesem Bericht Aufmerksamkeit verdienen. Der erste Bereich ist jener der Kinderrechte im digitalen Raum, ein Thema, das uns irgendwie schon länger begleitet. Alle sagen immer so, ja eh, das Internet und so, das ist ein Problem und Social Media, ich muss nur schauen, was da dahintersteckt. Was auch, finde ich, in dem Bericht sehr klar herauskommt, ist, dass die Frage von Kinderrechten im digitalen Raum eigentlich eine total zentrale ist, der wir uns zu stellen haben, nämlich in ganz unterschiedlichen Bereichen. Sie nennen daher auch einige Themenbereiche, um die es geht, nämlich dass einerseits so wie in allen anderen Bereichen Partizipation von Kindern und Jugendlichen sehr zentral ist, auch wenn es um Entscheidungsprozesse geht, die den digitalen Raum betreffen. Es braucht kindgerechte Informationen über diverse Themen und es gibt auch das Recht zu lernen, und damit auch das Recht, zu lernen, wie man mit dem digitalen Raum umgeht, wie man mit Spielen umgeht und mit vielen anderen Punkten. Es geht natürlich auch um Schutz und Unterstützung. Wir reden da einerseits vom großen Gaming-Bereich, wir reden von Lootboxen, die seit vielen Jahren ein großes Problem sind, weil viele Kinder und Jugendliche da auch extrem viel Geld verlieren. Es gab in diesem Jahr endlich ein Präzedenzurteil, das diese Lootboxen auch als Glücksspiel definiert - zum Glück zum ersten Mal. Ich glaube, das ist auf jeden Fall ein Bereich, an dem wir auch gemeinsam gut dran bleiben müssen. Zum Kinderschutz: Ich habe gerade zu diesem Thema Kinderschutz im digitalen Raum erst vor wenigen Wochen selber die große Expertise der Kinder- und Jugendanwaltschaft miterleben dürfen, nämlich vom Kollegen Önar, als wir uns dem Themenbereich der Kidfluencerinnen gewidmet haben und auch der Frage: Wie ist das eigentlich mit Kindern, die Influencer und Influencerinnen sind? Wie schaut das aus, ist das Kinderarbeit, ja oder nein? Wie ist das eigentlich rechtlich abgesichert? - Sie machen da ja auch die Empfehlung im Bericht, dass es eine rechtswissenschaftliche Analyse braucht, die durchgeführt werden muss, um einfach zu schauen, wo es vielleicht noch gesetzliches Nachschärfen braucht, wo es vielleicht auch neue Regelungen braucht oder wo vielleicht auch schon bestehende Gesetze greifen. Es gibt überhaupt noch keine Gesetzgebung dazu, an der wir das anhand von Anlassfällen festmachen können. Ich glaube, dass das ein ganz zentraler Bereich ist und wollte ihn eben deshalb auch hervorstreichen, weil das einfach nicht mehr wegzudenken ist. Wir müssen uns dem auch stellen. Da möchte ich auch sagen, dass wir als Fortschrittskoalition sicherlich auch eine starke Bündnispartnerin sind, wenn es darum geht, Kinderrechte überall festzulegen und zu bestärken, auch wenn es um den digitalen Raum geht. Ein zweites Thema, das ich mir noch herausgegriffen habe, bei dem ich auch sehr dankbar bin, dass sie das als Kinder- und Jugendanwaltschaften eigentlich immer wieder zum Thema machen, ist das Thema des Jugendstrafvollzugs. Es geht um eine Gruppe junger Menschen, die ganz oft nicht gesehen werden oder eigentlich ausgeblendet werden, für die aber natürlich genauso wie für alle anderen Kinderrechte gelten und die genauso ein Recht auf Schutz haben, die genauso ein Recht auch auf Bildung, auf Freizeit, et cetera haben. Da halten Sie ja auch wieder fest, und das betrifft nicht nur die Haftanstalt in Wien, sondern auch viele andere Haftanstalten Österreich-weit, dass es da auf Grund von Personalmangel, auf Grund von Platzmangel, Mangel an Freiflächen, et cetera eigentlich einen sehr massiven Verbesserungsbedarf gibt. Ich wollte das auch noch einmal zum Thema machen, weil ich mich auch an viele Diskussionen hier im Raum erinnern kann, bei denen wir zum Beispiel auch eingefordert haben, dass es wieder einen Jugendgerichtshof braucht. Wir haben aber auch gefordert - und deswegen möchte ich das an der Stelle auch noch einmal bestärken, gerade weil diese Gruppe junger Menschen so oft vergessen wird -, dass wir unsere Bemühungen auf jeden Fall verstärken müssen, um einen jugendgerechten Strafvollzug dort, wo er jetzt halt noch notwendig ist, zu ermöglichen beziehungsweise um uns zu überlegen, was für andere Maßnahmen es gibt. Wie kann man in die Prävention gehen, wie kann man Maßnahmenvollzug im besten Fall verhindern, und welche Lösungen gibt es da für junge Menschen? - Auch da haben Sie in uns eine starke Bündnispartnerin. Ein letztes Thema, auf das ich noch kurz zu sprechen kommen möchte, ist die Kinder- und Jugendstrategie - auch im Anschluss an eine Diskussion von gestern, und ich glaube, sie wird sicherlich von meinem Kollegen Öztas nachher auch noch erwähnt werden. Wir haben jetzt schon öfters die Diskussion darüber gehabt, wie viele Maßnahmen der Kinder- und Jugendstrategie schon umgesetzt worden sind, wie da eigentlich der Stand ist, auch mit dem Vorwurf, der an den Herrn Vizebürgermeister formuliert worden ist, die Umsetzung zu blockieren. Ich möchte an der Stelle schon noch einmal kurz hinschauen: Ich habe erst gestern ein bisschen Zeit damit verbracht - nicht all zu viel, denn das war eigentlich recht leicht zu finden -, mir anzuschauen, welche Dinge denn eigentlich schon umgesetzt worden sind, und ich möchte Ihnen ein paar Beispiele dafür bringen, was denn da ein aktueller Umsetzungsstand ist. Aus dem Kapitel Freizeit und Kultur zum Beispiel ist eine Maßnahme der Kinder- und Jugendstrategie, dass das Angebot an Themenspielplätzen ausgebaut werden soll. Ich habe zufällig am Montag mit Kollegen Spitzer geredet, der in Floridsdorf im Spitzer-Park erst einen neuen Wasserspielplatz eröffnet hat. Das ist ein Beispiel von vielen, wo das Angebot an Themenspielplätzen ausgebaut worden ist, eine von vielen Maßnahmen der Kinder- und Jugendstrategie, wo sich etwas getan hat. Zum Kapitel Sicherheit und Geborgenheit darf ich Maßnahmen nennen, wie zum Beispiel das Home Treatment, aber auch den Beratungsgutschein, den wir mittlerweile für junge Menschen haben, die Care Leaver sind, die bis zum 24. Lebensjahr durch diesen Gutschein einen Anspruch auf zusätzliche Beratung haben. Im Kapitel Gemeinschaft und Miteinander darf ich die Ehrenamtswoche erwähnen, wobei sich bald wieder Schüler und Schülerinnen Wiens ehrenamtlich engagieren. (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Seit heute!) - Seit heute? - Ja, passt, wieder eine Maßnahme, die umgesetzt worden ist. Das Junge Grätzl im Rahmen der Lokalen Agenda ist eine ganz besondere Maßnahme, damit Jugendliche sich auch in der Nachbarschaft einbringen können, genauso wie das auch eine Maßnahme der Kinder- und Jugendstrategie fordert, aber auch erst gestern hier in diesem Raum beschlossen. Kapitel Chancen und Zukunft: Der flächendeckende Zugang zu elementaren Bildungseinrichtungen wird ausgebaut - gestern Tagesordnung Post 12, wiederum eine Maßnahme, in der Dinge passiert sind. Kapitel Natur und Umwelt: Ein neuer Platz für legale Graffitiwände wird geschaffen. In den letzten Jahren sind in mehreren Bezirken im Rahmen des Projektes "Wienerwand" neue Graffitiwände erschaffen worden. Jedes Kind kann einen Baum pflanzen, der "Wald der jungen WienerInnen" ist ein seit vielen Jahren sehr erfolgreiches Projekt. Ich mache jetzt einen Punkt. Ich könnte noch weiterreden, Kollegin Bakos wird das dann noch fortsetzen. Warum diese Aufzählung, warum diese Erwähnung? - Ich freue mich, dass wir mit der Kinder- und Jugendstrategie, mit der "Werkstadt Junges Wien", aber auch mit der Kinder- und Jugendmillion im Kinder- und Jugendparlament mittlerweile ganz viele Mechanismen haben, ganz viele Prozesse haben, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen garantieren. Sie garantieren auch, dass die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen immer mehr mitgedacht werden. Das ist gerade von der Kinder- und Jugendanwaltschaft zu Recht eine immer andauernde Forderung. Es ist immer darauf hingewiesen worden, dass Kinder und Jugendliche sich beteiligen können müssen, dass es Beteiligungsformate braucht und dass es da auch immer noch mehr braucht. Ich glaube, wir sind da auf einem sehr guten Weg in Wien. Wir sind auch in der Umsetzung der Kinder- und Jugendstrategie auf einem sehr guten Weg. Ich möchte an der Stelle schon den Antrag des Kollegen zurückweisen, dass irgendwie nichts passiert und eigentlich in diesem Bereich von der Kinder- und Jugendstrategie noch gar nichts umgesetzt worden ist. Das finde ich auch deswegen schade, weil in vielen Projekten, in vielen Bereichen gerade dort, wo es um die Bezirksebene geht, eigentlich überfraktionell sehr viel gemeinsam daran gearbeitet wird. Insofern ein Dankeschön an alle Beteiligten, die da auch dabei sind, die Kinder- und Jugendstrategie gut umzusetzen. Wenn ich schon beim Danke bin, möchte ich jetzt auch zum Ende kommen, noch einmal mit einem großen Danke an unsere Kinder- und Jugendanwältin, auch mit einem großen Danke an Ercan Nik Nafs, der bis vor Kurzem noch in der Funktion war und jetzt andernorts sehr toll wirken kann, und auch mit einem großen Danke an alle Kolleginnen und Kollegen. Ich möchte mich an der Stelle noch einmal auf den Erstredner beziehen, nämlich Herrn Kollegen Berger, der gemeint hat, dass es so viel Personalaustausch zwischen den Abteilungen der Stadt und der Kinder- und Jugendanwaltschaft gibt. Er hat meiner Meinung nach schon irgendwie unterstellt, dass da die Unabhängigkeit nicht gewahrt wird. Ich möchte auch das aufs Schärfste zurückweisen. Ich weiß, dass in der Kinder- und Jugendanwaltschaft sehr viele Experten und Expertinnen arbeiten, die jeden Tag für die Kinder und Jugendlichen im Einsatz sind und das genau aus dieser Rolle heraus machen, nämlich aus der Rolle einer unabhängigen Anwaltschaft, die immer an der Seite der Kinder und Jugendlichen steht - dafür ein großes Dankeschön an Sie und Ihre KollegInnen. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Danke schön. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abg. Bakos. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS): Danke. Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich natürlich dem Danke meiner Vorredner und Vorrednerinnen anschließen, einem Danke, das wirklich von Herzen kommt. Danke für Ihre Tätigkeit, für den Bericht natürlich, und wenn ich mich jetzt nicht irre, haben Sie, glaube ich, letztes Jahr 30 Jahre Kinder- und Jugendanwaltschaft gefeiert, das heißt, vielleicht auch da stellvertretend ein großes Dankeschön für diese 30 Jahre Tätigkeit für Kinder und Jugendliche in dieser Stadt. Ich glaube, es ist nicht vermessen, wenn ich sage, gerade jetzt ist Ihre Tätigkeit, ist Ihr Auftrag angesichts multipler Krisen, angesichts unterschiedlichster multidimensionaler Herausforderungen, die vor allen Dingen Kinder und Jugendliche betreffen, gerade auf Grund der gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen Lage, die wir gerade in unserer Gesellschaft auch haben, eine immens wichtige. Ich sage Danke, wirklich von Herzen, für Ihre Tätigkeit, für Ihre Lobbyarbeit für Kinder und Jugendliche in dieser Stadt. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie von Abg. David Ellensohn.) Ich kann mich natürlich vielem meiner Vorredner und Vorrednerinnen anschließen, auch thematisch. Ich möchte auch noch einmal exemplarisch drei Themen aus Ihrem Bericht hervorheben, die mir ganz besonders am Herzen liegen. Das erste, und das ist etwas, was ich hier auch ganz bewusst als allererstes nenne, ist das Thema Bekämpfung von Kinderarmut. Dieses Thema muss, und ich glaube, das ist auch nicht vermessen, zu sagen, unabhängig von unserem parteipolitischen Leiberl sozusagen auf unser aller Prioritätenagenda ganz, ganz oben stehen. Der Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft ist da sehr, sehr eindeutig, die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen ist im Steigen. Die massive Teuerung kurbelt genau diesen Anstieg an, weshalb wir wirklich alle auf jeder politischen Ebene, egal, aus welcher politischen Fraktion wir kommen, genau das zu unserer Agenda machen müssen, dass Kinderarmut zu einem Relikt der Vergangenheit wird. Wir haben hier schon einige Schritte gesetzt, nämlich ein großes Paket gegen Kinderarmut, das Entlastungen und Ermäßigungen bei Essens-, bei Betreuungsbeiträgen, aber auch bei der Unterstützung der Eltern bei mehrtägigen Schulveranstaltungen beinhaltet hat. Es darf nämlich nicht sein, dass ein Kind, ein Jugendlicher zu Hause bleiben müssen, weil sich die Eltern einen Schiurlaub oder einen Schikurs in dem Fall nicht leisten können. Oder aber die Unterstützung beim Ankauf von Schulmaterialien. Der September naht wieder, dementsprechend die Sorge, wieder tief ins Geldbörsel greifen zu müssen, weil man sich die Hefte, die Stifte nicht leisten kann - und wir wissen, wie viel Aufwand das alles bedeutet. Worauf ich aber besonders stolz bin, das möchte ich hier natürlich auch erwähnen, ist, dass wir erst vor Kurzem präsentiert haben, dass in Wien ab September rund 50.000 Kinder ein gesundes, ein warmes, ein kostenloses Mittagessen in allen ganztägig geführten Wiener Pflichtschulen bekommen werden. Das sind erste Schritte, es ist aber ganz klar, dass wir dieses Problem, das ein wirklich weitreichendes ist, nicht aus den Augen verlieren dürfen. Das ist etwas, das uns wirklich am Herzen liegen muss, wenn es um die Bekämpfung von Kinderarmut geht, und das werden wir definitiv auch in Zukunft zu unserer Prioritätenagenda machen. (Beifall bei den NEOS und von Abg. Dr. Claudia Laschan.) Eine andere Sache, die wir nicht verleugnen dürfen, und das möchte ich auch ganz bewusst als Thema hier herausgreifen - es wurde heute noch nicht genannt -, ist eine Sorge, die Kinder und Jugendliche ganz besonders haben, das ist nämlich die Klimakrise. Ich sage es auch deshalb, weil die Kinder- und Jugendstrategie hier schon genannt wurde. Es war mit Abstand das größte Anliegen, das Kinder und Jugendliche haben, und das mit Abstand am meisten genannte Problem, das Kinder und Jugendliche sehen, ist, dass sie das Gefühl haben, von der Politik nicht gehört zu werden, was die Bekämpfung des Klimawandels betrifft, denn sie machen sich Sorgen, ob sie überhaupt hier auf diesem Planet eine Zukunft haben werden. Aus Sicht der Kinder- und Jugendanwaltschaft sind diese ökologischen Kinderrechte eines der drängendsten kinderrechtlichen Aufgabengebiete, Stichworte sind Generationengerechtigkeit und auch eine verantwortungsbewusste Lastenverteilung. Ich bin der Meinung, dass sie auf allen Ebenen Einzug nehmen müssen, und zwar in Form von Taten und nicht nur in Form von Worten. Wenn diese nicht folgen, zum Beispiel in Form eines noch immer nicht vorhandenen Klimaschutzgesetzes, kann es schon einmal passieren, dass Kinder und Jugendliche - Sie haben es sicherlich mitbekommen - vor den Verfassungsgerichtshof ziehen und das schlichtweg einfach einklagen. Seit letzter Woche befasst sich eben zum Beispiel - um hier etwas sehr Aktuelles auch reinzubringen - der Verfassungsgerichtshof mit einer Klimaklage von zwölf Kindern und Jugendlichen, die der Ansicht sind, dass die Maßnahmen eben nicht weitreichend sind, was die Bekämpfung des Klimawandels betrifft. Ich bin der Ansicht, das sage ich auch als Politikerin hier auf dieser Ebene, dass wir überall dort, wo wir politisch tätig sind, ob es hier auf Landesebene oder ob es auf Bundesebene ist, wo auch immer wir uns politisch engagieren und tätig sind, genau das nicht aus den Augen verlieren dürfen, was wir in puncto Generationengerechtigkeit an To-dos haben. Drittens, meine Kollegin Marina Hanke hat das bereits angesprochen, es ist mir auch ein großes Anliegen, noch einmal die Kinder- und Jugendstrategie zu erwähnen. Warum ist das so wichtig? - Wir haben es gestern hier erwähnt, Frau Kinder- und Jugendanwältin, wir hatten gestern eine Mitteilung des Stadtrates zum Thema Zukunft der Wiener Demokratie, die Gestaltung der Wiener Demokratie, und ich bin zutiefst der Ansicht, dass die Antwort auf diese Fragestellung nicht ohne Kinder und Jugendliche auskommen darf, auch in Zukunft nicht. Wir hatten einen großen Kinder- und Jugendbeteiligungsprozess, bei dem das Kinder- und Jugendparlament als großes Anliegen herausgekommen ist, die Ehrenamtswoche, die Kinder- und Jugendmillion, vieles Weiteres, was meine Kollegin Marina Hanke gesagt hat. All das sind Anliegen, die umgesetzt werden müssen, aber wir müssen auf jeden Fall darauf schauen, dass diese Partizipation von Kindern und Jugendlichen auch in Zukunft stattfindet. Viele glauben nämlich oft, Kinder und Jugendliche haben entweder gar keine Meinung oder es ist eh wurscht. Es ist aber genau das Gegenteil der Fall! Kinder und Jugendliche haben so was von eine Meinung zu ihrem Umfeld, zu dem, was sie wirklich bewegt, und deshalb halte ich das für etwas ganz, ganz Wichtiges. Ich möchte auch kurz zu dem, was auch ganz oft in diesem Haus kommt, nämlich dass die Kinder- und Jugendstrategie noch immer nicht umgesetzt sei, Stellung nehmen. Erst vor Kurzem, erst vor einer Woche hat ein ExpertInnengremium - das habe ich auch gestern erwähnt - mit knapp 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt stattgefunden, die zusammengekommen sind, um noch einmal darauf zu schauen, wie weit die Umsetzung der Kinder- und Jugendstrategie ist - ich glaube, ein Mitarbeiter der Kinder- und Jugendanwaltschaft war auch dort. Da hat sich herausgestellt, dass über die Hälfte dieser 193 Maßnahmen bereits umgesetzt oder in Umsetzung sind. Ich möchte auch noch einmal ein paar Beispiele nennen: Vom "Wald der jungen Wiener und Wienerinnen" - wie gesagt, mit dem Mindset, Kinder und Jugendliche wollen etwas für die Umwelt tun, wollen etwas in puncto Bekämpfung des Klimawandels tun - über die Awareness-Teams über die internationale Vergleichsstudie, die wir erst dieses Jahr im Jänner präsentiert haben, nämlich Youth in Urban Space, bis zur Spielstraße, die erst vor einer Woche stattgefunden hat. Es sind einige Maßnahmen bereits umgesetzt, aber natürlich müssen wir darauf schauen, dass auch tatsächlich jede einzelne Maßnahme ihren Weg in die Tat findet. Zuletzt bleibt mir nur zu sagen: Es war für mich wirklich sehr bereichernd, Ihren Bericht zu lesen. Ich empfinde es auch wirklich als sehr wichtig, ihn als politische Entscheidungsträgerin zu lesen, weil es natürlich auch die Aufgabe der Kinder- und Jugendanwaltschaft ist, ganz klar mahnend vor Augen zu führen, wo es Verbesserungen braucht, wo es noch ein Mehr braucht. Dafür möchte ich nochmals Danke sagen. - Danke sehr. (Beifall bei den NEOS und von Abg. Erich Valentin.) Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Öztas. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Ömer Öztas (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein herzliches Willkommen auch von unserer Partei, liebe Kinder- und Jugendanwältin! Eingangs muss ich erwähnen, dass wir es schade finden, dass wir als Stadt Wien leider nur mehr eine Anwältin haben, statt wie bisher zwei. Das haben wir auch letztes Jahr kritisiert, weil da unserer Meinung nach ein Wertverlust stattfindet, ein Wissensverlust, weil zwei AnwältInnen eine bessere Aufteilung der Themen, ergo eine bessere inhaltliche Arbeit hießen. Trotzdem sind wir optimistisch und hoffen, dass es zu keinem Qualitätsverlust der Arbeit und bei den Berichten kommt. Das haben wir anhand des Berichtes des diesjährigen Jahres gesehen. Sie wissen, dass uns das Thema der Kinder- und Jugendanwaltschaft seit geraumer Zeit beschäftigt, sogar länger, als ich überhaupt auf der Welt bin, habe ich erfahren. 1992 wurden im Zuge des Vertrags über die Rechte des Kindes in ganz Österreich bundesländerspezifische Kinder- und Jugendanwaltschaften eingerichtet. 31 Jahre ist das her, seitdem setzt die Kinder- und Jugendanwaltschaft sich für die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Wien ein. Ich freue mich jedes Mal, diese ausführlichen Berichte zu lesen, da sie ein Auftrag an uns, an die Politikerinnen und Politiker in den einzelnen Bundesländern sind. Der diesjährige Bericht gibt viel her, auf über 80 Seiten und 8 Kapiteln werden die Themen Kinderrechte, Soziales, Bildung, Partizipation und Demokratiekultur angesprochen. Über all das hier zu berichten, würde den ganzen Rahmen sprengen, und ich gehe davon aus, dass die Sitzung eh schon fortgeschritten ist. Worauf ich mich hier fokussiere, ist das Thema, das die Kolleginnen vor mir auch erwähnt haben, das Thema Partizipation. Viele junge Menschen möchten sich aktiv an der Bezirks-, Gemeinde-, Landes-, Bundes-, Europa-, Weltpolitik beteiligen. Ich kann nur immer und immer wieder dasselbe wiederholen, was ich in diesem Haus bereits öfters gesagt habe: Nicht die Jugend ist politikverdrossen, sondern die Politik ist jugendverdrossen. Wir müssen jungen Menschen die Möglichkeit geben, sich aktiv zu beteiligen, indem wir ihnen die Plattformen und die Räume dafür geben, eben wie das Kinder- und Jugendparlament, das wir geschaffen haben, oder Jugendforen. Wir müssen sie auch in die echte Politik einbinden, sei es im Gemeinderat, sei es im Landtag, sei es in Form des SchülerInnenparlaments im Nationalrat und auch in den einzelnen Parteien. Wir müssen nämlich unsere Aufgabe als PolitikerInnen ernst nehmen und zukunftsorientiert denken. Zukunftsorientiert, das war auch das partizipative Kinder- und Jugendparlament einerseits, anderseits die hervorgehende Kinder- und Jugendstrategie, die durch die "Werkstadt Junges Wien" entstanden ist. Für alle, die das noch nicht wissen, wir haben es gestern diskutiert, wir werden es heute auch noch einmal diskutieren beziehungsweise haben es diskutiert: 2020 wurde partizipativ mit 22.500 Kindern und Jugendlichen eine Maßnahme gestartet, und zwar die Frage: Was wollt ihr eigentlich von der Stadt? - Daraus sind mehrere Maßnahmen und Wünsche entstanden, und diese wurden in der Kinder- und Jugendstrategie festgehalten, insgesamt sind das 193. Der Wiener Gemeinderat hat sich mit Beschluss dazu verpflichtet, diese bis 2025 umzusetzen, das heißt, wir haben Halbzeit. Auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft lobt, wie ich in den Berichten gesehen habe, die Umsetzung der bisherigen Maßnahmen, die auch wir GRÜNE begrüßen. Sie kritisiert aber auch das schleppende Vorgehen und die Intransparenz, wie ich herausgelesen habe. Gestern wurde von der Regierungspartei im Rahmen der Diskussion behauptet, dass ja eh fast alle Maßnahmen in Umsetzung seien - daran zweifeln wir auch nicht. (Abg. Mag. Dolores Bakos, BA: Nein, ich habe gesagt, mehr als die Hälfte!) - Mehr als die Hälfte, daran zweifeln wir ja nicht, das ist ja nicht das Problem. Ich bezweifle nicht, dass die Regierung arbeitet, das wurde auch vorhin erwähnt. In der Kinder- und Jugendstrategie steht drinnen, dass ein Monitoringsystem hätte aufgesetzt werden sollen, und das gibt es bis jetzt nicht, und es sind drei Jahre vergangen. Ich kann es Ihnen auch wortwörtlich vorlesen: "Für die Umsetzung der Wiener Kinder- und Jugendstrategie wird ein Monitoringsystem eingesetzt. Kinder und Jugendliche müssen überprüfen können, welche Maßnahmen umgesetzt werden und ob die Ziele tatsächlich verfolgt werden." - Das gibt es nicht. Sie wissen, dass Sie etwas gemacht haben, die Regierungsparteien wissen es, wir wissen es nicht, weder die Opposition weiß es noch die Kinder und Jugendlichen wissen es, besonders jene nicht, die daran teilgenommen haben, die 22.500 Kinder und Jugendlichen. Aus dem Bericht 2021 kann ich Ihnen, Frau Kollegin, beispielweise zitieren, da schreibt die Kinder- und Jugendanwaltschaft auch - Zitat: "Die MA 13 teilt der Anwaltschaft mit, dass 4 von 193 Maßnahmen umgesetzt wurden. Zum Umsetzungsstand der restlichen 189 Maßnahmen hat die Kinder- und Jugendanwaltschaft keine Informationen." - Das sagte die Anwaltschaft letztes Jahr, in dem Bericht vom letzten Jahr. Die Anwaltschaft kritisiert auch die fehlende Kommunikation und das fehlende Monitoringsystem, was wir auch kritisieren. Im Bericht von diesem Jahr steht drinnen, dass sie zur Umsetzung der Maßnahmen nichts Genaueres sagen können, und dass wir auf das nächste Jahr warten müssen. Theoretisch ziehen Sie das also die ganze Zeit einfach noch weiter, und wir wissen eigentlich nicht, wie viele Sie umgesetzt haben. Sie wissen es, wir nicht, weder die Kinder, die dort teilgenommen haben, noch die Jugend in Wien. Die Anwaltschaft empfiehlt daher eine schnellstmögliche Umsetzung und die Formalisierung der Kommunikation. Liebe Kollegin Bakos, du hast gestern erwähnt, es gäbe auch ein Steuerungstreffen. Das wissen wir ja nicht. Das wissen ja die Kinder und Jugendlichen nicht. Ich möchte hier konstruktiver mit dir beziehungsweise mit der Regierungspartei kommunizieren. Es wäre cool, wenn es ein Monitoring zu dem Thema gäbe, wovon wir wissen könnten, wovon die Kinder und Jugendlichen wissen könnten. Wir warten seit drei Jahren. Bevor ich hier reingewählt wurde, hatte ich die Strategie schon in der Hand und seither verfolge ich das Ganze. Ich würde mich wirklich über ein Monitoringsystem freuen, sodass nicht nur wir das wissen, sondern dass alle Jugendlichen und alle Kinder und alle Menschen, die das überhaupt interessiert, Bescheid wissen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Verstehen Sie mich nicht falsch, ich gehe davon aus, dass Sie im Hintergrund arbeiten. Ich will aber auch sehen, was von dieser Arbeit übrig bleibt und was Sie überhaupt machen. Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren, der Bericht beschäftigt uns hier sehr intensiv, er hat uns auch gestern beschäftigt. Ich bedanke mich jedenfalls bei der Kinder- und Jugendanwältin und insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und hoffe auf das nächste Mal, auf die nächsten Berichte. - Danke schön. Präsident Ernst Woller: Danke. Zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Janoch. Ich erteile ihr das Wort. (Abg. Julia Klika, BEd - auf dem Weg zum Rednerpult: Nein, aber macht nichts!) Abg. Julia Klika, BEd (ÖVP): Vielen Dank! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin! Ich bedanke mich auch noch einmal ganz kurz. Es wurde zwar schon oft genug gesagt, aber irgendwer hat schon gesagt, oft genug kann man es gar nicht sagen. Also: Wir bedanken uns natürlich auch recht herzlich. Und ja, unverhofft kommt oft, ich darf heute statt meiner Kollegin Janoch auf den Tätigkeitsbericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft aus dem Jahr 2022 eingehen und freue mich natürlich besonders. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft schreibt in ihrem Bericht, dass der Kinderschutz im Jahr 2022 eines der wichtigsten Themen war. Effektiver Kinderschutz ist unerlässlich. Es braucht gezielte Kinderschutzmaßnahmen, um unsere Kleinsten bestmöglich zu schützen und Schutzmaßnahmenbereiche vor allem bei Kinderpornografie, psychischen und physischen Missbrauch oder auch Mobbing und Diskriminierung, und da online und natürlich auch offline. Auf zwei Bereiche möchte ich jetzt kurz genauer eingehen. Zu einem ist es der Kinderschutz im Bildungsbereich, in Bildungseinrichtungen, weil es mir vor allem als Pädagogin ein besonders Anliegen ist, und zum anderen ist es der Kinderschutz bei digitalen Medien. Leider wurden im Jahr 2022 Missstände in Wien aufgedeckt, die wirklich dramatisch sind und worüber man wirklich nur schockiert sein konnte. Leider, wie wir es auch schon gehört haben, hat die Stadt Wien erst reagiert, als der mediale Druck einfach viel zu hoch war, und das darf nicht ein Mal passieren. (Beifall bei der ÖVP.) Wie wir auch schon gehört haben, waren traurige Beispiele hierfür der jahrzehntelange Missbrauch von Schülern an einer Wiener Mittelschule oder auch die Missbrauchsvorwürfe in einem städtischen Wiener Kindergarten. Man muss solche Vorwürfe natürlich sofort ernst nehmen, man darf nicht warten, bis so etwas irgendwie medial aufkommt, der Schutz und die Sicherheit der Kinder müssen an oberster Stelle stehen. Dieses Systemversagen der Stadt, der Wiener Behörden ist wirklich fahrlässig gewesen, und den Familien wurde hier ein Leid zugefügt, das ich mir selber als Mutter überhaupt nicht vorstellen möchte und das man eigentlich echt nicht mehr gutmachen kann. Die Lösung soll jetzt ja ganz einfach sein. Wir hören, bis Ende des Jahres müssen alle Kinderbetreuungseinrichtungen ein Kinderschutzkonzept vorlegen und einen Kinderschutzbeauftragten benennen. Das klingt auch ganz nett und wird vielleicht eine ganz feine Sache sein, jedoch frage ich mich bei dem aktuellen Mangel an Pädagogen, ob das so einfach umzusetzen ist. Dieses Konzept ersetzt auch nicht den Blick in die Praxis. Um zu erkennen, ob es einem Kind gut geht, braucht es Fachkräfte, Kompetenz, Fortbildungen, Weiterbildungen, Zeit und Geduld. Bei einem Mangel an Pädagogen und den teilweise nicht ausreichend ausgebildeten Kräften in diesen Bildungseinrichtungen frage ich mich, ob das möglich sein wird. Wir hoffen aber natürlich, dass das zu einer Verbesserung beiträgt. Ganz wichtig in diesem Punkt ist natürlich auch noch, zu sagen, dass Eltern halt keinesfalls die Letzten sein dürfen, die informiert werden. Diese haben das Recht, als Erste aufgeklärt zu werden. (Beifall bei der ÖVP.) Und noch kurz zum Bericht bei digitalen Medien: Die Kinder- und Jugendanwaltschaft schreibt in dem Bericht 2022, dass sich der Jugendschutzbeirat 2022 in erster Linie mit dem Jugendschutz in der digitalen Welt befasst hat. Schwerpunkte dabei waren Online-Spiele und Internetpornografie. Leider oder auch Gott sei Dank: Viele Jugendliche und Kinder verbringen halt etliche Stunde im Internet und das Internet ist definitiv auch nicht wegzudenken, was einerseits natürlich einen positiven Aspekt hat, aber auch zu einigen Problemen führt. Gerade Kinder und Jugendliche sind besonders gefährdet, denn auch im Internet lauern zahlreiche Risiken und zahlreiche Gefahren, die nicht zu unterschätzen sind. Kinder und Jugendliche sind oft in der Handhabung zu leichtfertig und sie sind sich den damit verbundenen Gefahren gar nicht bewusst. Das Internet stellt oft eine Plattform für Manipulation, Mobbing und Gewalt dar. Das betrifft etwa die Verbreitung von Kinderpornografie, Gewaltdarstellung, radikalen politischen Positionen, Diskriminierung und Hetzreden. Vor allem mit Fake Accounts oder Accounts, bei denen man sich einen falschen Namen nehmen kann oder einen anderen Namen geben kann, glauben viele, dass man einfach anonym ist. Aber das Internet vergisst nie! Kinder und Jugendliche haben in der analogen Welt ein Recht auf Schutz und Sicherheit, aber das gehört auch ganz, ganz unbedingt beim Internet. Erweitern wir doch auch den gemeinsamen Schutz und die Sicherheit im Internet! Es braucht eine intensive Aufklärung und Sensibilisierung für Kinder und Jugendliche mit digitalen Medien wie zum Beispiel durch Projekttage in Bildungseinrichtungen oder übergreifende Informationsveranstaltungen für Schüler, Lehrer und Fachkräfte. Andererseits muss effektiv auch an der Säule der Elternbildung und Elternfortbildung angesetzt werden, wie zum Beispiel durch Eltern-Coachings. Eltern sind wahrscheinlich oder oft die wichtigsten Ansprechpersonen und sollten ihre Kinder im Internet schützen, denn sie eröffnen den Kindern oft die digitale Welt mit einem Kauf von einem Handy. Kollegin Hanke hat es auch schon gesagt, sie hat das Thema digitale Medien und Internet und dessen Gefahren auch schon angesprochen und darauf hingewiesen, wie wichtig das Thema ist. Deshalb sollte es auch unser Ziel sein, dass die Politik kindgerechte Rahmenbedingungen schafft und die Rechte der Kinder und Jugendlichen im digitalen Raum gewährleistet. Ich hoffe, dass bei dem Thema auch noch viel Gutes passieren wird. Wir bleiben einmal optimistisch und schauen, was passiert. Kinder und Jugendliche dürfen im Internet nicht zu Opfern werden! - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Ernst Wollner: Danke für die Wortmeldung. Ich möchte auch fürs Protokoll sagen, dass das natürlich Abg. Klika war. Tut mir leid, aber es war auf meiner Liste falsch eingetragen, und nachdem Sie sich einfach gemeldet haben, ist mir das gar nicht aufgefallen. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Gremel. Ihn kenne ich ganz sicher. Ich ersuche ihn um seine Wortmeldung. Abg. Mag. Marcus Gremel, MBA (SPÖ): Das freut mich sehr, Herr Präsident! Herzlichen Dank, dass Sie mir das Wort übertragen. Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister oder Landeshauptmann-Stellvertreter, korrekterweise in diesem Gremium! Frau Kinder- und Jugendanwältin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich gleich zu Beginn einmal für den Bericht bedanken. Mir gefällt er heuer tatsächlich außerordentlich. Ich finde die Struktur und den Aufbau, wie er dieses Mal ist, sehr gut, wirklich gelungen. Es kommen Fallbeispiele vor, aus den Problemlagen abgeleitet wird die Vorgehensweise der Kinder- und Jugendanwaltschaft bei der Bearbeitung desselbigen geschildert und daraus abgeleitet werden Forderungen. Forderungen in einer Art und Weise aber, wo sozusagen Zusammenhänge dargestellt werden, sprich, wo klar wird, dass alle politischen Ebenen - Bund, Land - gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen haben, überall noch Dinge zu tun sind, um Problemlagen im Sinne der Kinder und Jugendlichen zu verbessern. Das ist dann auch der springende Punkt. Der Fokus liegt nämlich ganz dezidiert, auch in Struktur und Aufbau des Berichts, letztlich auf der Lösung der Probleme von Kindern und Jugendlichen. Das gefällt mir wirklich sehr gut. Ich freue mich, wenn das in den nächsten Jahren auch wieder in dieser Art und Weise gestaltet wird, natürlich auch mit den Zahlen am Ende. Ich möchte mich beim ehemaligen Kinder- und Jugendanwalt der Stadt Wien, bei Ercan Nik Nafs bedanken, der ja auch noch für diesen Bericht mitverantwortlich war und insbesondere mit seiner Arbeit am Wiener Netzwerk für Demokratiekultur und Prävention wirklich große Fußstapfen im Bereich der Extremismusprävention in unserer Stadt, aber eigentlich in ganz Österreich hinterlassen hat. Er füllt sie auch weiterhin aus, nur von einem anderen Ort. Es freut mich sehr, dass wir seine Expertise im Bereich der MA 11 bei der Koordinierung dieses Netzwerks weiter für die Stadt sichern konnten. Wenn Herr Kollege Berger davon spricht, dass sich die Aktivitäten des Netzwerks eher wie ein Terminkalender einer einzelnen Person lesen, dann sagt das überhaupt nichts über die Arbeit von Ercan Nik Nafs oder gar über die Arbeit des Netzwerks Demokratiekultur und Prävention aus, sondern dann sagt das einzig und alleine etwas über die unfassbare Unwissenheit des Kollegen Berger aus. Das Netzwerk für Demokratiekultur und Prävention ist ein bespielgebendes Instrument, das in Wien geschaffen wurde, um Extremismusprävention in unserer Stadt zu leisten. Und ja, die Arbeit sieht man nicht immer, aber ehrlich gesagt, es ist ganz gut, wenn man die Extremismusprävention nicht sieht, weil das heißt, dass sie funktioniert. Es ist ein Zusammenschluss von allen Magistratsabteilungen, die in irgendeiner Art und Weise mit Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt zu tun haben, mit dem Verfassungsschutz und mit der Polizei. Diese tauschen sich regelmäßig aus, sowohl auf Ebene einer sozusagen politischen Steuerungsgruppe, in der ich seit fünf Jahren in etwa mitarbeiten darf, als auch auf einer Ebene darunter - noch wichtiger nämlich -, der Expertinnen- und Expertenebene in den Kompetenzstellen. Und sie erarbeiten gemeinsam Projekte, die man in den verschiedenen Dienststellen zum Wohle der Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt zur Vermeidung von Extremismus umsetzen kann. Da sind zig Tausende Schulungen in den letzten Jahren entstanden, da sind Projekte in den Schulen, Projekte im Bereich der MA 17, Projekte in der außerschulischen Jugendarbeit entstanden, die beispielgebend sind. Deswegen ist dieses Projekt auch mit dem Österreichischen Verwaltungspreis ausgezeichnet worden. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Zum Bericht selbst: Abgesehen vom Netzwerk, das ich, glaube ich, damit abgedeckt habe, auch noch ein paar Punkte von mir, die ich herausgreifen möchte. Es wurde eh schon viel gesagt, ich werde es daher nicht allzu lange machen. Zum Kinderschutz ist einmal ganz klar zu sagen, dass dieser natürlich oberste Priorität für die Kinder- und Jugendanwaltschaft sowieso, aber natürlich auch für uns als Stadt hat. Das wurde schon erwähnt und es kommt erfreulicherweise auch im Bericht vor. Wir haben im Kindergartenbereich gesetzlich verankert, dass es Kinderschutzkonzepte und auch Kinderschutzbeauftragte zu geben hat. Das müssen die Kindergärten sozusagen auch nicht komplett alleine machen, sondern sie bekommen Unterstützung von Expertinnen und Experten aus der MA 11 bei der Implementierung und auch bei der Umsetzung derselben. Auch im Bereich der Schule wurden alle Schulleiterinnen und Schulleiter damit beauftragt, selbige Konzepte zu erstellen. Jetzt ist auch klar, dass wir nicht sagen können, okay, man schreibt ein Konzept und hat einen Beauftragten und dann ist der Kinderschutz super. - Das wird so nicht sein, das ist klar. Kinderschutz ist etwas, bei dem man nie sagen kann, okay, man setzt diese eine Maßnahme, und dann wird nie wieder etwas passieren und alle Kinder sind sicher und geborgen. Nein, es ist etwas, bei dem man nur Schritt für Schritt gehen kann: Möglichst viele Dinge, die auch Expertinnen und Experten, wie vor allem auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft uns empfehlen, ins Leben rufen und dann halt nicht darauf ausruhen, sondern ständig monitoren und weiterentwickeln. Und wenn zusätzliche Bedarfe bestehen, diese auch umsetzen, und das werden wir auch mit absoluter Sicherheit tun. Ich will noch kurz auf den Bereich der psychosozialen Gesundheit eingehen - im Bericht kommt das doch einige Male vor, und zwar zu Recht. Dass wir seit vielen Jahren ein großes Problem, nicht nur in Wien, darüber hinaus auch in ganz Österreich mit der psychiatrischen Versorgung für Kinder und Jugendliche haben, das ist richtig. Wir haben noch immer zu wenig Ausbildungs- und auch Kassenplätze für Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiater, das ist richtig. Gleichzeitig tut Wien dort, wo Wien tun kann, dennoch etwas. Ich darf kurz an die Maßnahmen während der Pandemie erinnern: Die Stadt Wien hat mit Tag 1 einen psychosozialen Krisenstab eingerichtet. Daraus sind Projekte hervorgegangen im Bereich des Psychosozialen Dienstes wie Extended Soulspace und daran angeschlossen das Home Treatment, wo Kinder und Jugendliche in ihrer gewohnten Umgebung betreut werden. Diese waren ein großer Erfolg und werden folglich auch ausgebaut. Im Bereich der MA 11 haben wir auch ausgebaut: Wir haben die ambulante Hilfe ausgebaut, wir haben die Frühen Hilfen ausgebaut, wir haben ein Sonderkrisenzentrum in Meidling in der Ruckergasse ins Leben gerufen - mit einigen Startschwierigkeiten, auf die ich noch zu sprechen komme. Wir leben in sehr schwierigen Zeiten, was die MA 11 betrifft, nicht nur die MA 11, Pflege, Gesundheit, Bildungsbereich als Ganzes. Wir haben überall einen massiven Personalmangel, aber eben auch in der MA 11. Das war beispielsweise auch das große Problem beim Sonderkrisenzentrum in der Ruckergasse, das eigentlich geschaffen wurde, um andere Krisenzentren zu entlasten, damit Kinder, die eine besondere Betreuung brauchen, was andere Krisenzentren vielleicht nicht leisten können - Kinder, die diese Krisenzentren sonst vielleicht sprengen würden -, dort eine besondere Betreuung bekommen sollen. Es war schwierig, weil wir das entsprechende Personal lange nicht gefunden haben und auch jetzt das sozusagen in einer anderen Konzeption, als vorgesehen war, betreiben müssen. Dieser Personalmangel soll keine Ausrede sein, aber er ist nun einmal ein Fakt, den man hinnehmen muss. Das heißt nicht, dass man sagt, okay, kann man nichts machen, leider herrscht Personalmangel, müssen wir hinnehmen. - Nein, das heißt, dass man andere Wege beschreiten muss, das heißt, dass man kreative Lösungen finden muss. Wir haben im Bereich der MA 11 zum Beispiel Sozialpädagoginnen und -pädagogen in Ausbildung als zusätzliche Unterstützungskräfte herangezogen. Das kann jetzt nicht alle Probleme lösen, aber es ist ein weiterer Puzzleteil, der durchaus für Entlastung gesorgt hat, und da werden noch weitere folgen. Sie können sich ganz sicher sein, Frau Kollegin Berner, dass für die MA 11 die Kinder- und Jugendhilfe, die Zustände in den Wohngemeinschaften, in den Krisenzentren, die Arbeitsbedingungen für die Kolleginnen und Kollegen und vor allem die Sicherheit und die Geborgenheit und die gute Betreuung der Kinder in diesen Einrichtungen ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Das sage ich auch ganz bewusst im Hinblick auf die Budgetverhandlungen. Kreative Lösungen haben wir auch im medizinischen Bereich gesetzt: Ich darf auf die School Nurses verweisen, die genauso ein Beispiel dafür sind, wie man in Zeiten eines Personalmangels trotzdem wichtige Schritte für die Kinder in unserer Stadt setzen kann. Abschließend möchte ich noch auf ein Projekt hinweisen, das ganz kurz nur im Bericht vorkommt, aber mir persönlich einfach ein Herzensanliegen ist. Wir haben schon ein paar Mal hier darüber gesprochen, ich mache trotzdem kurz nochmals eine Einführung, weil ich immer wieder draufkomme, dass viele Leute nicht wissen, wer Care Leaver sind. Care Leaver sind junge Erwachsene, die in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe erwachsen geworden sind. Sie waren in ihren Herkunftsfamilien Verwahrlosung, Gewalt, psychischer, physischer Gewalt, schlimmstenfalls sexueller Gewalt ausgesetzt und wurden dann in Einrichtungen, in Wohngemeinschaften der Kinder- und Jugendhilfe betreut. Das passiert übrigens nicht einfach so, sondern das ist immer der letzte Schritt, wenn alle anderen Unterstützungsmaßnahmen nicht wirken, um die Kindeswohlgefährdung abzuwenden. Dann wird die Fremdunterbringung in einer Wohngemeinschaft veranlasst. Ja, und diese Care Leaver stehen nach ihrem Auszug vor der Herausforderung, sehr oft von einem Tag auf den anderen, ihr Leben selbstständig bestreiten zu müssen. Sie haben daher auf Grund der erlittenen Erfahrungen in Herkunftsfamilien Traumata, die dadurch passiert sind, einfach viel schlechtere Startvoraussetzungen als die Durchschnittsbevölkerung, Durchschnittsjugendlichen oder jungen Erwachsenen. Sie haben schlechtere Bildungsabschlüsse, sind daher öfters vom Sozialsystem abhängig, laufen viel größere Gefahr, obdachlos zu werden und auch die Kriminalität unter Care Leavern ist deutlich höher als in der Durchschnittsbevölkerung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind wirklich die jungen Erwachsenen in unserer Stadt, die unserer Hilfe mit am dringlichsten brauchen. Das sind junge Erwachsenen, die absolut nichts dafür können, was ihnen in ihrem Leben passiert ist. Sie haben haarsträubende Biographien und stehen dann aber vor der Herausforderung, ihr Leben selbstständig und selbstbestimmt bestreiten zu müssen. Diese brauchen von uns einfach mehr Unterstützung. Die Stadt Wien tut da schon seit vielen Jahren einiges, zum Beispiel, dass Wohnungen vermittelt werden, zur Verfügung gestellt werden. Und wir haben jetzt etwas Neues eingeführt, und darauf bin ich sehr stolz, weil wir uns sehr lange damit beschäftigt haben, nämlich einen Beratungsgutschein über 45 Stunden für jeden Care Leaver, für jede Care Leaverin, die sie bis zum Alter von 24 in Anspruch nehmen können. Das soll als ein Sicherheitsnetz fungieren. Das heißt, wenn man als Care Leaver/Care Leaverin in eine Notlage kommt, ein Problem hat, kann man sich, bevor es eskaliert, bevor man in die Obdachlosigkeit abrutscht, bevor man einen Job verliert, bevor man eine Ausbildung abbricht, nochmals Beratung holen. Man kann zu den ehemals betreuenden Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen im besten Fall gehen und sich dort, wo schon eine Bindung existiert, Rat und Hilfe suchen. Das kann eine ganz direkte sozialpädagogische Unterstützung sein durch Gespräche, das kann aber auch nur eine Wegweiserfunktion in andere soziale Unterstützungsleistungen sein. Auch das hilft oft schon, weil da einfach sehr viel Wissen nicht vorhanden ist. Das kann auch Hilfe bei Alltagsfragen sein, wie sie jeder und jede von uns im eigenen Bereich, vielleicht aus dem familiären Umfeld gewohnt ist, den diese jungen Erwachsenen natürlich nicht haben. Das ist auch eine Maßnahme, die nicht alle Probleme lösen wird, aber sie ist ein weiterer Punkt in einem großen Feld an Angeboten, das die Stadt Wien jungen Menschen in dieser Stadt zur Verfügung stellt, die unsere Unterstützung ganz dringend brauchen. Wir werden uns jetzt anschauen, wie sehr das angenommen wird, wie gut das funktioniert und wie das die Situation der jungen Erwachsenen beim Übergang in ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben verbessern kann. Wir werden gegebenenfalls, wenn notwendig, dann auch noch weitere Maßnahmen setzen. Abschließend möchte ich mich bei dir, liebe Dunja, bedanken. Danke für diesen Bericht, danke für deine Arbeit, danke an dein hervorragendes Team. Ich habe ja die große Freude gehabt, schon einige deiner Kolleginnen und Kollegen persönlich kennen zu lernen. Ich bitte dich, richte ihnen ganz liebe Grüße und ein riesiges Dankeschön von uns für die professionelle Arbeit im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen aus. Ich wünsche euch viel Freude mit eurem neuen Standort und alles Gute für den Organisationsentwicklungsprozess. - Danke. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Stadler. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Felix Stadler, BSc, MA (GRÜNE): Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin! Ich mache es ganz kurz, versprochen. Ich möchte nur auf Grund der Aktualität und weil es auch viel Platz im Bericht findet, noch einmal auf das Thema Inklusion oder Integration im Bildungsbereich und im Schulbereich eingehen. Es war in den letzten Tagen auch wieder medial ein großes Thema, vor allem, weil der UN- Monitoringausschuss in Wien war. Wir können uns den Forderungen, die auch im Bericht sind, nur anschließen. Es wurde heute schon kurz aufgebracht, die Forderung nach einem 11. und 12. Schuljahr, das jetzt endlich auch in Wien, wie in allen anderen Bundesländern, umgesetzt wurde, dass den Anträgen hier auch stattgegeben wurde, dass die Kinder und Jugendlichen weiter in die Schule gehen können. Aber auch der Forderung nach mehr inklusiven Plätzen in Hort und Kindergarten können wir uns nur anschließen. Das muss dringend auch in Wien ausgebaut werden. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der in den vergangenen Tagen auch viel Diskussion geboten hat. Und zwar war es Thema, dass die Inklusionsquote in ganz Österreich erschreckend niedrig ist, bundesweit, aber vor allem auch in Wien erschreckend niedrig ist. Wien ist das Bundesland mit der allergeringsten Integrationsquote Österreich-weit. Und zwar ist Wien nicht nur das Bundesland mit der geringsten Integrationsquote, sondern auch mit der Integrationsquote, die sich in den vergangenen drei bis vier Jahren noch verschlechtert hat - von einem eh schon geringen Niveau ist es noch schlechter geworden. Was heißt das? In Wien gehen die wenigstens Kinder, die einen SPF, also einen sonderpädagogischen Förderbedarf, haben, in einem inklusiven Setting in die Schule. Während es Österreich-weit ungefähr 60 Prozent der Kinder sind, die in einem inklusiven Setting in die Schule gehen, sind es Wien-weit nur noch 45 Prozent. Vor 3, 4 Jahren waren es noch 50 Prozent, die entweder in eine Integrationsklasse gegangen sind oder in einer Sonderschule in eine Integrationsklasse, auch das gibt es. Jetzt sind es leider nur 45 Prozent. Diese Verschlechterung in Wien ist ein Riesenauftrag an die jetzige Stadtregierung, dass diese Verschlechterung der letzten drei Jahre schleunigst zu stoppen ist. Und dann ist auch die Integrationsquote in Wien endlich wieder anzuheben, weil, wie Kollegin Emmerling schon gesagt hat, jedes Kind ist gleich viel wert und besonders diese Kinder brauchen all unsere Unterstützung. Dass Wien das allerletzte Bundesland ist und das letzte Bundesland vor allem noch im Sinne der Verschlechterung ist, ist wirklich ein Armutszeugnis für die inklusive Bildung der Stadt, und das gehört schleunigst wieder geändert. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Danke schön, es liegt nun keine Wortmeldung von Abgeordneten mehr vor. - Ich erteile nun Frau Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal das Wort und ersuche um ihre Wortmeldung. Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, MA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Werte Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher via Livestream, und ganz besonders liebe Kinder und Jugendliche dieser Stadt! Ich darf heute das Jahr 2022 aus kinderrechtlicher Perspektive rekapitulieren. Die Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche haben uns ganz besonders beschäftigt, zumal die Zeit der Isolation und der Schließung von Bildungseinrichtungen, der Verlust von Austausch mit FreundInnen und Familie nicht kompensierbar ist. Doch gerade diese Elemente der Entwicklung und Förderung sind in Österreich rechtlich verbrieft. Mit dem Kindeswohlvorrangigkeitsprinzip ist es uns gelungen, eine juristische Konstruktion zu bauen, die das Wohl des Kindes immer an erste Stelle stellt. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft hat sich 2022 zum Ziel gesetzt, die Anwendung dieses Prinzips etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei sind wir auf eine enttäuschende Wirklichkeit gestoßen: Zwar haben wir hier Recht geschaffen, doch halten wir uns häufig nicht an die damit einhergehenden Verpflichtungen. Beispielsweise muss jedes Gesetz, jede Novellierung auf das Kindeswohlvorrangigkeitsprinzip geprüft werden, bevor es umgesetzt wird. Diese Prüfung wird jedoch nicht durchgeführt. Auf Bundesebene vermissen wir die Durchführung der wirkungsorientierten Folgeabschätzung, auf Landesebene ist sie gesetzlich gar nicht verankert. Das Kindeswohlvorrangigkeitsprinzip ist von der Idee und der rechtlichen Ausgestaltung her ein sehr starkes Instrument, denn damit lässt sich auch die Notwendigkeit von Kinderschutzkonzepten für alle Organisationen, Unternehmen und Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, als auch Betriebe, in denen Lehrlinge ausgebildet werden, ableiten. Kinderschutzkonzepte sind vor allem präventive Maßnahmen, die unsere Kinder und Jugendlichen schützen sollen. Das wollen wir als Gesellschaft, das wollen wir als Eltern und das will ich als Mutter. Wir haben durch die Pandemie gelernt, dass es bei Bedarf schnell gehen kann, wichtige Maßnahmen zügig umzusetzen. Daher frage ich: Warum zögern wir im außerfamiliären Kinderschutz? - In Wien ist die Realisierung von Kinderschutz in einem ersten Schritt mit der Novellierung des Kindergartengesetzes gelungen. Für 2023 stehen nun der Schulbereich und die außerschulische Bildung an, in gleicher Manier den Kinderschutz zu verwirklichen. Durch die Aufarbeitung der dramatischen Ereignisse in den Kinderheimen vor Jahren haben wir gelernt, dass strukturelle Gewalt zu einer ausgeprägten Form von Traumatisierung führt, die ein ganzes Leben anhält und eine aktive Teilnahme an der Gesellschaft und der Führung eines selbstbestimmten Lebens entgegensteht. Armut ist eine weitere Folge, auch umgekehrt wissen wir, dass Armut bereits in der Kindheit maßgeblich die Entwicklung von Kindern hemmt, Ausschluss produziert und mitunter traumatische Erfahrungen erzeugen kann. Besonders schwer von Armut betroffen sind Kinder mit besonderen Bedürfnissen, denn Armut und Behinderung gehen oft Hand in Hand beziehungsweise bedingen einander. Obwohl sie dieselben Rechte wie alle Kinder haben, sind sie auf verschiedenste Art benachteiligt. Sie sind auf eine besondere Betreuung angewiesen, die derzeit nicht ausreichend zur Verfügung steht. Ihnen fehlen der Zugang zu adäquaten integrativen Bildungs- und Betreuungsangeboten, bereits in Kindergarten und Schule, sowie ausreichende Sozialleistungen. Unser derzeitiges Bildungs- und Sozialsystem verletzt Kinderrechte. Damit haben diese Kinder folglich weniger Chancen, einen Job zu finden oder als gleichberechtigte Menschen an der Gesellschaft aktiv teilzunehmen, und damit sind sie auch nicht nur in finanzieller Hinsicht arm, nein, sondern auch auf Grund der sozialen und strukturellen Barrieren in ihren Entwicklungsmöglichkeiten und Lebensperspektiven eingeschränkt. Echte Inklusion kann diesen Kreislauf durchbrechen, und so sind alle Institutionen aufgefordert, Kinder mit Behinderung in rechtlichen und planerischen Prozessen mitzudenken und mit einzubeziehen. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und NEOS.) Denn eine Behinderung darf nie ein Grund sein, von der Gesellschaft ausgegrenzt zu sein, und auch hier werde ich deshalb fragen: Warum wollen wir nicht noch mehr gegen Kinderarmut tun und diese beenden? Derzeit ist jedes dritte Kind in Wien von Armut betroffen, und Kinder mit Behinderungen müssen bei der Armutsreduktion stärker berücksichtigt werden. Armut ist gesellschaftlich konstruiert: Wir entscheiden über Bildungsangebote, Gesundheitsprävention und sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, wir gestalten unser Land und wir verantworten, wer inkludiert ist und wer nicht. Derzeit sind wir leider recht exkludierend unterwegs. So gelingt es uns seit Jahrzehnten weder, ein inklusives Bildungssystem aufzubauen, noch, eine adäquate Gesundheitsprävention für Kinder sicherzustellen. Mittlerweile ist sogar die Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche so prekär, dass wir versuchen, Wartelisten zu rechtfertigen, obwohl wir wissen, welche dramatischen Folgen diese Verzögerungen mit sich bringen. Seit nunmehr 30 Jahren argumentiert die Kinder- und Jugendanwaltschaft alle Forderungen über Kinderrechte, seit 10 Jahren haben wir durch das B-VG - Kinderrechte nationales Recht im Verfassungsrang geschaffen, das Kindern ihre Rechte zusichert, und doch bleiben wir in unseren Entscheidungen diesen Rechten von Kindern nicht gewogen. 2021 war ein Jahr der persönlichen Erschöpfung und Aufopferung, gerade in den Sektoren Bildung, Soziales und Gesundheit, und auch 2022 sahen wir ausgelaugte Kolleginnen und Kollegen in diesen Bereichen. Immer wieder musste die Kinder- und Jugendanwaltschaft Überbelag in Krisenzentren beanstanden, Interventionen setzen, um Aufnahmen auf der Akutpsychiatrie für Jugendliche zu sichern, oder im Kindergartenbereich feststellen, dass Kinder mit Behinderungen erst im letzten Jahr einen Kindergartenplatz bekommen. All diese festgestellten Problemlagen hängen unter anderem mit der allgegenwärtigen Personalnot zusammen sowie mit den ständig steigenden Anforderungen an Familien, in der Gesellschaft ihr Leben abzusichern. Daher darf ich mich wiederholen: Jedes dritte Kind in Wien ist von Armut betroffen, und wir wissen, dass Armut gesellschaftlich konstruiert ist. Die Folgen dieser Armut sehen wir in unserer Arbeit jeden Tag, und wir sind empört, wir sind erschüttert, traurig und verzweifelt, dass es uns nicht gelingt, mehr Aufmerksamkeit bei den EntscheidungsträgerInnen, bei Ihnen, für dieses Thema zu erreichen und dieses Übel auszumerzen. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Arbeit mit Kindern, das Leben mit Kindern ist wohl das Bereicherndste, was man sich vorstellen kann. Ihre Kraft und Energie, die Welt zu entdecken, ihre Leidenschaft und Hingabe im Spiel, sich selbst und ihre Umwelt zu erforschen, ihre Unbescholtenheit und Aufrichtigkeit, ihr Wunsch, Gutes zu tun, müssen uns Leitlinien für unser eigenes Verhalten sein. Wenn wir Erwachsene diese Leidenschaften in unser Handeln übernehmen, können wir Kindern eine reale Perspektive auf eine intakte Welt geben. Generationenethik verpflichtet uns dazu, Kindern eine nachhaltige Lebensweise zu garantieren. Es liegt nun an allen VerantwortungsträgerInnen, alle Kinder unserer Stadt und unseres Landes von Armut zu befreien, vor Umweltzerstörung zu schützen und vor anhaltendem Adultismus zu bewahren. Ich möchte mich abschließend bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendanwaltschaft für ihre herausragende Arbeit bedanken. Sie verteidigen jeden Tag die Kinderrechte in unserer Stadt und werden niemals müde, kinderrechtlich zu argumentieren. Mein Dank und meine Anerkennung gelten auch meinem Kollegen Ercan Nik Nafs, dem es gelungen ist, das jahrelang aufgebaute Projekt des Wiener Netzwerks für Demokratiekultur und Prävention in den Magistrat zu integrieren. Ich möchte mich an dieser Stelle für die Zusammenarbeit und für sein Engagement für die Kinder und Jugendlichen dieser Stadt bedanken. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN, NEOS und ÖVP.) Ebenso gilt mein Dank den Magistratsabteilungen der Stadt Wien beziehungsweise ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die unsere Vorschläge und Empfehlungen bemüht und engagiert umzusetzen versuchen. Dies führt mich zu einem weiteren Dank, der sich an die geschätzten Stadträtinnen und Stadträte richtet, ebenso wie auch an Sie, werte Abgeordnete, denn Sie gestalten unsere Stadt. Und weil das Beste zum Schluss kommt, möchte ich mich direkt bei den Kindern und Jugendlichen der Stadt bedanken und sie auch direkt ansprechen, denn das haben sie sich nach diesen harten Jahren mehr als verdient. Ihr erfüllt unsere Stadt mit Leben, ihr zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht, und wegen euch wollen wir alle besser werden. Das schafft ihr und das macht ihr mit uns - dafür seid ihr großartig und dafür gehört euch ein großes Dankeschön gesagt. (Beifall bei SPÖ, NEOS, ÖVP und GRÜNEN sowie von Abg. Wolfgang Seidl.) Und was ich uns Erwachsenen mitgeben muss oder gerne mitgeben möchte: Im Kinderschutz sagen wir immer, es gibt keine schwierigen Kinder, es gibt nur schwierige Erwachsene. - Vielleicht hilft uns das weiter beim Nachdenken. Ich darf Sie heute für die Bedeutung der Kinderrechte und unseres Tätigkeitsberichtes 2022 begeistern. Mit der Umsetzung der formulierten Empfehlungen sichern wir den Kindern und Jugendlichen eine geschützte und friedvolle Kindheit. Sie ist der Garant für eine solidarische und starke, gesunde Gesellschaft. Respekt, kontinuierliche Gesundheitsversorgung und Bildungsangebote, Freizeit, Übergangsmanagement im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich, gewaltfreie Sprache, diskriminierungsfreier Umgang miteinander, liebevolles und wertschätzendes Zuhören und das Einbinden, Anteilnahme sowie Zeit - als einer der wichtigsten Faktoren im Zusammenleben in unserer Gesellschaft -, finanzielle Absicherung und Vertrauen in unsere Gesellschaft, in der wir leben, sind die erforderlichen Zutaten, die es braucht, um Kinder großzuziehen. Hier sind wir alle angesprochen und gefordert, denn jedes Kind ist ein einzigartiges Wunder. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, GRÜNEN und NEOS.) Präsident Ernst Woller: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort. Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Geschätzte Kinder- und Jugendanwältin! Die fraktionsübergreifende Anerkennung für den Bericht und die Arbeit zeigt, wie wichtig die Tätigkeit der Kinder- und Jugendanwaltschaft ist. Auch ich kann mich dem Dank anschließen für diesen kritischen und konstruktiven Bericht, der aufzeigt, dass auf Grund der vielen Krisen auch viel zu tun ist, was natürlich auch eine politische Handlungsanweisung für mich darstellt. Das letzte Jahr war für die Kinder- und Jugendanwaltschaft bestimmt ein herausforderndes und ein ganz besonderes, nicht nur wegen des Geburtstags und der vielen Krisen, sondern auch auf Grund von aktuellen Ereignissen wie Kindesmissbrauchsfällen, die die Kinder- und Jugendanwaltschaft sehr ernsthaft behandelt hat und aus denen viel Gutes entstehen konnte - mit einer Gesetzesänderung hin zu einem verstärkten Kinderschutz, die sehr, sehr wichtig ist, um Kinder und Jugendliche in unserer Stadt noch besser zu schützen und zu unterstützen. Das ist der Auftrag an uns alle, das ist das, was die Kinder- und Jugendanwaltschaft auch zu Recht einmahnt. Mein Dank richtet sich auch an den Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs, der hier 2022 einen wesentlichen Beitrag geleistet hat und jetzt das WNED weiter intensiv betreut. Wir sehen auch auf Grund der aktuellen Ereignisse rund um die Pride, wie wichtig hier die Arbeit der Stadt in der Prävention ist, um Radikalisierung schon von Beginn an zu verhindern. Für die Zukunft alles Gute, auch für die vielen Organisationsentwicklungsprozesse, die laufen, und ich danke sehr herzlich für den Bericht und für die gute Arbeit! Ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Ich bitte jetzt jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Tätigkeitsbericht 2022 der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist gegen die Stimmen von FPÖ und Abg. Kieslich angenommen, also mit den Stimmen von SPÖ, NEOS, ÖVP und GRÜNEN beschlossen. Postnummer 2 betrifft die erste Lesung der Vorlage des Gesetzes, mit dem das Gesetz über die äußere Organisation der öffentlichen Pflichtschulen und öffentlichen Schülerinnen- und Schülerheime im Lande Wien - Wiener Schulgesetz geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Herr Lhptm-Stv. Wiederkehr. Ich bitte ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Ich bitte um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig so beschlossen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist ebenso einstimmig beschlossen. Postnummer 4 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Kindergartengesetz und das Wiener Tagesbetreuungsgesetz geändert werden. Berichterstatter hierzu ist Herr Lhptm-Stv. Wiederkehr. Ich ersuche ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Ich bitte um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig so beschlossen. Ich schlage vor, die zweite Lesung sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, ebenfalls um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist wieder einstimmig beschlossen. Postnummer 1 betrifft den Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten für die Organe des Landes Wien zum ... (Rufe bei der FPÖ: ... einen Antrag! - Abg. Mag. Josef Taucher: Ernsti, da ist ein Antrag! Herr Landtagspräsident!) Ja, Entschuldigung - das war auf meiner Liste falsch eingetragen -: Es gibt hier einen Beschluss- und Resolutionsantrag der FPÖ betreffend Kopftuchverbot in elementaren Bildungseinrichtungen. Es wird die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das wird nur von ÖVP, FPÖ und Abg. Kieslich unterstützt und ist daher abgelehnt. So - Entschuldigung -, wir kommen nun also zur Postnummer 1. Sie betrifft den Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten für die Organe des Landes Wien. Ich bitte den Herrn Berichterstatter, Herrn Amtsf. StR Hanke, die Verhandlung einzuleiten. (Amtsf. StR Peter Hanke ist nicht anwesend.) - Gibt es einen Stellvertreter? Es gibt eh keine Wortmeldung, aber trotzdem, eigentlich sollte irgendjemand Herrn StR Hanke vertreten. (Abg. Mag. Josef Taucher begibt sich zum Pult des Berichterstatters. - Ruf bei der ÖVP: Der Joe macht das!) Berichterstatter Abg. Mag. Josef Taucher: Ich ersuche um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Ich habe das jetzt zugelassen, weil Abg. Stürzenbecher - als Vorsitzender des zuständigen Ausschusses - gerade, glaube ich, aus wirklich ernsthaften Gründen nicht im Haus ist, ich glaube, er ist beim Arzt. Zum Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten für die Organe des Landes Wien zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig beschlossen. Postnummer 7 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes über die Übertragung der sozialen Wohnungsvergabe. Berichterstatterin hierzu ist Frau Abg. Karner-Kremser. Ich ersuche sie, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung. Und ehe wir wieder Schelte bekommen, weil es ein Initiativantrag ist, möchte ich doch festhalten, dass es im Ressort Kathrin Gaál erst zum zweiten Mal ein Initiativantrag ist. Ich ersuche also um wohlwollende Behandlung. - Danke. Präsident Ernst Woller: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen diese Zusammenlegung ein Widerspruch erhoben? - Wenn das nicht der Fall ist, dann gehe ich so vor. Die Debatte ist eröffnet. Zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Spielmann. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Frau Berichterstatterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Zuschauerinnen und Zuschauer via Livestream, die noch da sind! Ich spreche heute zum Thema Wohnungsvergabegesetz, weil es dabei auch um ein sozialpolitisches Anliegen geht, denn im Idealfall ist gute Wohnungspolitik natürlich immer auch Sozialpolitik. Wir haben ja heute bei Postnummer 5 schon relativ viel und ausführlich auch über das Programm Wohnungssicherung Plus, und so weiter gesprochen, aber ich möchte trotzdem noch einmal die Gelegenheit nutzen, um zu erklären - wir haben auch im Wohnausschuss schon ausführlich darüber geredet -, warum wir diesem Gesetzesentwurf nicht zustimmen, beziehungsweise möchten wir gerne einen Antrag zur Verbesserung der Unterstützung von wohnungslosen Menschen durch Housing First einbringen, aber dazu später. Im Gesetzesentwurf wird die derzeit gehandhabte Praxis des Wohnservice Wien hinsichtlich der grundsätzlichen Kriterien festgeschrieben und an sich nicht wirklich etwas verändert. Wir finden das sehr schade, weil es eine verpasste Chance ist, den Zugang zum sozialen Wohnbau für Menschen zu erleichtern und diesen niederschwelliger zu gestalten. Das wäre gerade angesichts der Teuerung und der explodierenden Mieten am privaten Wohnmarkt natürlich auch sehr wichtig. Ich möchte da auch sagen: Ja, es ist wirklich sehr, sehr schade, dass die ÖVP sich im Bund nicht durchringen konnte, einen Mietpreisdeckel durchzusetzen. Wir hätten das sehr gerne für Österreich und für die ÖsterreicherInnen und auch für die WienerInnen durchgekämpft. Wir nehmen es zur Kenntnis, ich finde es aber dennoch sehr, sehr falsch, was da passiert ist. (Beifall bei den GRÜNEN.) Warum lehnen wir das Gesetz jetzt ab? - Punkt 1, ganz wichtig: Sie wissen vielleicht, dass man in Wien fünf Jahre gemeldet sein muss, und vor allem durchgängig zwei Jahre an einer Wohnadresse, damit man überhaupt einen Zugang zum sozialen Wohnbau bekommt, und diese Mindestmeldedauer schließt sehr, sehr viele Menschen aus, die dringend auf leistbaren Wohnraum angewiesen wären. Insbesondere betrifft das natürlich wohnungs- und obdachlose Menschen, weil diese eben meistens nicht durchgängig zwei Jahre an einem Wohnort und auch nicht durchgängig fünf Jahre in Wien gemeldet sind. Deswegen wäre es wichtig gewesen, das entsprechend zu berücksichtigen, um von der Erfüllung der Mindestmeldedauer absehen zu können, zum Beispiel bei durch Wohnungslosigkeit entstandenen Meldelücken. Der zweite Punkt sind die Bedarfsgründe. Die im Gesetzesentwurf angeführten besonderen Bedarfsgründe für eine Vorreihung sollten um weitere Kriterien ergänzt werden. Vor allen Dingen wäre auch - ein ganz, ganz wichtiges Thema, ich habe es eh vorhin schon erwähnt - Wohnungs- und Obdachlosigkeit stärker zu berücksichtigen oder wenn man von häuslicher Gewalt betroffen ist. Deswegen bringen wir heute hier auch einen Antrag ein, um die Situation vor allem auch der Wohnungslosen zu verbessern, und ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, um über das Thema zu sprechen, über das leider sehr, sehr selten gesprochen wird, auch im Zusammenhang mit Wohnpolitik. Es geht eben um das Thema Wohnungs- und Obdachlosigkeit und wie man diese verhindern kann, denn ich frage mich wirklich: Was gibt es eigentlich für einen dringenderen oder besseren Grund als akute Wohnungslosigkeit, um so eine Vorreihung oder eben einen niederschwelligen Zugang zu leistbarem Wohnraum zu bekommen? - Ich sage es ganz ehrlich, mir fällt kein besserer Grund ein, und deswegen wäre es so wichtig gewesen, das in diese Novelle aufzunehmen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wohnungs- und Obdachlosigkeit, das wird immer so auf der Metaebene diskutiert, aber es kann einen schneller treffen, als man glaubt, zum Beispiel, wenn man hohe Schulden hat und die Wohnung deshalb nicht mehr zahlen kann und dann von Delogierung bedroht ist oder delogiert wird oder wenn man einen gewalttätigen Partner hat, sich trennt und plötzlich keine Wohnung mehr hat und vor der Türe steht oder wenn man einen befristeten Mietvertrag hat und dieser, obwohl der Vermieter die Verlängerung zugesagt hat, plötzlich doch nicht verlängert wird und man aus der Wohnung geschmissen wird. Daher muss es eben im Interesse der Allgemeinheit und nicht nur im Sinne der gerechten Sozialpolitik sein, dass wir Wohnungs- und Obdachlosigkeit hier in Wien beenden. Für mich ist das wirksamste und nachhaltigste Mittel dagegen der sogenannte Housing-First-Ansatz. Worum handelt es sich bei Housing First? - Dieser Ansatz kommt aus den USA und bedeutet nichts anderes als: Wohnen zuerst. Er wird seit 2012 in Wien umgesetzt, also seit der ersten rot-grünen Regierung. Darauf sind wir auch sehr stolz, dass wir den Druck erhöhen konnten, dass das auch die Stadt Wien jetzt umsetzt. Seit 2020 ist es auch Teil der Strategie des FSW. Wohnungs- und obdachlose Menschen erhalten dabei sofort einen Zugang zu einer eigenen Wohnung und werden dabei von einem mobilen Betreuungsteam unterstützt. Das ist auch deshalb so wichtig, weil, wie Sie sich vorstellen können, obdach- und wohnungslose Menschen es besonders schwer haben, leistbaren Wohnraum zu finden und diesen vor allem auch zu erhalten, denn sie befinden sich ganz, ganz oft in Krisen, die oft mit gesundheitlichen Problemen, mit ganz, ganz schlimmer psychischer Belastung und vor allen Dingen mit Angst vor Ausgrenzung und Armut einhergehen. In Wien sind es insgesamt über 11.000 Menschen - Stand 2021 laut Statistik Austria -, das heißt, dass sich fast 60 Prozent der wohnungs- und obdachlosen Menschen in Wien aufhalten. Das ist wenig überraschend, da ja Wien die Hauptstadt ist und hier dennoch das beste soziale Auffangnetz gegeben ist. Es gibt das P7, das ist die zentrale Erstanlaufstelle für Wohnungslose ab dem 18. Lebensjahr. Diese betreut jährlich nahezu 4.500 Menschen, davon nehmen etwas mehr als 2.800 Menschen das Angebot erstmalig an. Dem gegenüber stehen jetzt in Wien etwa 1.300 Housing-First-Wohnungen. Laut dem Neunerhaus beziehungsweise der Neunerimmo, die auch dafür zuständig ist, bräuchte es zusätzlich noch mindestens 300 bis 400 Wohnungen. Das heißt, wir haben sehr, sehr viel Bedarf in diesem Bereich, und es gibt mehr Wohnungslose, die auf diese Wohnungen angewiesen sind, als es Wohnungen am Markt gibt. Es muss daher die oberste Priorität und das oberste Ziel der Stadt Wien sein, die Wohnungslosigkeit zu verhindern und vor allen Dingen alle Instrumente der Stadt Wien zu nützen, um mehr geförderte Wohnungen für Housing First zur Verfügung zu stellen. Das ist übrigens auch in der Mission des FSW bezüglich der Wiener Wohnungslosenhilfe aus 2022 festgehalten: "Wir ermöglichen obdach- und wohnungslosen Menschen in Wien, selbstbestimmt zu wohnen." Deshalb schlagen wir eben vor, dass ein ausreichender Anteil der Anbotswohnungen - also der geförderten Wohnungen, die über das Wohnservice Wien vergeben werden - für einen Ausbau von Housing First zur Verfügung gestellt wird. Die Höhe des Anteils richtet sich wie gesagt nach dem Bedarf - und der ist ja gegeben - für die Umstellung der Wohnungslosenhilfe auf Housing First, und er soll vor allen Dingen in Zusammenarbeit mit ExpertInnen aus der Wiener Wohnungslosenhilfe festgelegt und erarbeitet werden. Die NGOs müssen damit ganz, ganz dringend beauftragt werden. Ja, zu guter Letzt: Setzen wir Housing First in Wien wirklich ganz, ganz konsequent um! Stimmen Sie unserem Antrag zu! Der Bedarf ist da. Alle ExpertInnen sagen, dass Housing First das wirksamste Mittel ist, um Wohnungslosigkeit zu beenden. Und nicht zuletzt brauchen die wohnungslosen Menschen in Wien unsere volle Aufmerksamkeit und Unterstützung. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und von Abg. Mag. Josef Taucher.) Präsident Ernst Woller: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Abg. Sittler. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Dr. Peter Sittler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vorsitzende! Eigentlich bin ich jetzt vor dem nach Hause Gehen der letzte Redner - sofern sich nicht noch jemand zu Wort gemeldet hat. Ich habe nicht vor, meine Redezeit - die es ja nicht gibt - auszunutzen. Machen wir es kurz! Es geht um das Wiener Wohnungsvergabegesetz für die Vergabe von Mietwohnungen im städtischen Bereich bei den Gemeindebauten, aber auch die Vermittlung von geförderten Wohnungen bei Anbotswohnungen. Dieses Gesetz führt zu einer effizienteren Vergabe, es regelt den Zugang zu den kommunalen Wohnungen und gewährleistet die raschere Prüfung, und es kommt zu einer noch strukturierteren Regelung in Bezug auf die Wohnungsansuchen. Da ist auch die Transparenz ganz wichtig. Das war auch immer eine Forderung von uns, dass alles, was im Bereich der Wohnungsvergabe gemacht wird, transparenter wird, und in diesem Gesetz ist auch geregelt, dass das in einer jederzeit zugänglichen Art und Weise veröffentlicht werden muss. Es geht in diesem Fall aber nicht nur - was auch im Ausschuss diskutiert wurde - um die Transparenz, sondern auch um den Datenschutz. Ganz wichtig ist hier, dass geregelt wird: Was ist im Bereich Datenschutz zu regeln, was ist nicht zu regeln? Beziehungsweise: Welche Daten sollen verarbeitet werden? - Das ist hier festgeschrieben. Ein Punkt, den wir hier bekritteln - nicht bei der Datenschutzverordnung, sondern im Gesetz -, ist, dass im Gesetz steht: "mittels verbindlicher Richtlinien oder Dienstanweisungen." Hier könnte man natürlich mit einer Verordnungsermächtigung ganz einfach nur die Richtlinien heranziehen, die Dienstanweisungen weniger. Was in diesem Fall aber gemacht wird, ist, die derzeitigen Richtlinien nicht zu verändern - das heißt, das bleibt gleich, da tut sich nichts Neues, es ist einfach eine Festschreibung der Dinge, die jetzt schon da sind. Hier besteht Bedarf - die Kollegin von den GRÜNEN hat das auch schon angesprochen -, hier kann noch in wesentlicher Weise verbessert werden. Eines ist auch schon angesprochen worden: dass das ein Initiativantrag ist. Auch wenn das erst der zweite Initiativantrag der letzten fünf Jahre ist - es ist trotzdem ein Initiativantrag, und natürlich ohne Begutachtung durch die Opposition beziehungsweise die externen Organisationen, das ist in diesem Fall auch ein Punkt -, so ist das definitiv nur eine Ausrede, aber kein Grund für einen Initiativantrag, denn wir erleben das in ganz anderen Gesetzesmaterien ebenfalls. Da ist die Ausrede, es war nur zwei Mal, wirklich nicht berechtigt. Ich fasse kurz zusammen - denn die Redezeit, habe ich gesagt, werde ich nicht ausnutzen -: Wir haben immer gesagt, Transparenz und Veröffentlichung von Kriterien sind ganz, ganz wichtig. Es kann in diesem Gesetz noch etwas verbessert werden, aber jetzt geht es darum, dass diese Vergabekriterien auch wirklich gelebt werden. Wir werden diesem Gesetz auch zustimmen. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Ernst Woller: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile der Berichterstatterin das Schlusswort. Berichterstatterin Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS: Doch noch Schelte, das ist schade, aber sei's drum. Dass Wohnen nicht nur ein Dach über dem Kopf ist, das, denke ich, hat die heutige Diskussion sehr intensiv gezeigt. Nichtsdestotrotz geht es bei diesem Initiativantrag um ein technisches Detail, nämlich darum, dass Wiener Wohnen bisher die Möglichkeit hatte, die Anfragen ans Zentrale Melderegister digital vorzunehmen, was für all die Wohnungswerber, die gekommen sind, eine Erleichterung bedeutet hat. Damit diese nicht extra aufs Magistratische Bezirksamt gehen müssen, nicht kostenpflichtig einen Meldezettel beibringen müssen und damit das Verfahren noch verlängern, hat es eben bisher die Möglichkeit der Abfrage über das ZMR gegeben. Die Magistratsabteilung 01 stellt dieses alte System ab. Und damit es auch in Zukunft möglich ist, auf einem verkürzten Weg zu dieser Meldeabfrage zu kommen, gibt es diesen Initiativantrag. Deswegen ersuche ich auch um Zustimmung. - Danke. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ernst Woller: Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das ist ohne Stimmen der GRÜNEN mit Stimmen von SPÖ, NEOS, ÖVP, FPÖ und Abg. Kieslich so beschlossen. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Es liegt nun ein Antrag der Grünen Fraktion auf Anbotswohnungen für Housing First vor. Es wird die sofortige Abstimmung verlangt. Ich lasse abstimmen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das wird unterstützt von GRÜNEN und ÖVP. Das ist nicht ausreichend unterstützt und damit abgelehnt. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die dem zustimmen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist so einstimmig beschlossen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, ebenfalls um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist dasselbe Stimmverhalten, mit Stimmen von SPÖ, NEOS, ÖVP, FPÖ und Abg. Kieslich so beschlossen. Postnummer 9 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem die Dienstordnung 1994, die Besoldungsordnung 1994, die Vertragsbedienstetenordnung 1995, das Wiener Bedienstetengesetz, die Pensionsordnung 1995, das Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz, das Wiener Bedienstetenschutzgesetz 1998, das Wiener Personalvertretungsgesetz, das Wiener Hinweisgeberinnen- und Hinweisgeber-Schutzgesetz und das Wiener Gleichbehandlungsgesetz geändert werden - 2. Dienstrechts-Novelle 2023. Berichterstatter hierzu ist Amtsf. StR Czernohorszky. Ich ersuche ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich bitte um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig so beschlossen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen, und bitte jene Mitglieder des Landtages, die dem zustimmen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, ebenfalls um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist somit einstimmig auch in zweiter Lesung beschlossen. Postnummer 8 betrifft den Bericht 2023 des Unvereinbarkeitsausschusses gemäß § 129b Abs. 4 der Wiener Stadtverfassung über die Kontrolle der Bezüge von öffentlich Bediensteten, die zu Mitgliedern des Landtages gewählt wurden. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abg. Al-Rawi, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Ich bitte um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Zum Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die dem Bericht 2023 des Unvereinbarkeitsausschusses zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das ist einstimmig so beschlossen. Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf schriftlichem Weg bekannt gegeben. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss um 16.32 Uhr.) Landtag, 21. WP 21. Juni 2023 23. Sitzung / 3