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Landtag, 10. Sitzung vom 15.12.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 24

 

einer Form versucht, das auf ein Umfeld zurückzuführen, ist, glaube ich, legitim, es soll uns aber dazu führen, dass man daraus eben auch Schlüsse zieht.

 

Es ist gefragt worden, welche Schlüsse man daraus ziehen kann. Also ich zum Beispiel ziehe schon den Schluss daraus, dass es – das ist einmal von der ÖVP gefordert worden und nicht von der FPÖ zugegebenermaßen – nach allem, was wir heute wissen, keine so gute Methode ist, Jugendliche in Boot Camps unterzubringen, also in militärische Straflager zu stecken, und dass es auch nicht wirklich zur Weiterentwicklung der jeweils betroffenen Jugendlichen führen würde.

 

Das heißt, solche Lehren daraus zu ziehen, das ist ja nicht nur wichtig, sondern eigentlich unabdingbar, und die Ergebnisse müssen danach natürlich auch politisch diskutiert werden. Das ist auch klar. Das muss zuerst im Ausschuss diskutiert werden und dann natürlich hier im Hohen Haus auch. Also die politische Bewertung obliegt natürlich der Politik, und es wird ja auch so sein. Ich meine, ich habe auch keinen Zweifel daran, dass das noch eine heftige Debatte wird, und dass vieles, was wir heute gehört haben, dann noch einmal, allerdings unter einem härteren Faktenlicht, betrachtet werden wird.

 

Wir haben ja auch zu Fragestellungen aufgefordert, und ich habe gesehen, es sind heute auch einige gekommen. Ich glaube, es ist schon gut, dass man auch Fragestellungen bringt, auf die wir dann auch Antworten haben wollen, weil das die Diskussion voranbringt.

 

Diesen Theaterdonner mit den Anträgen können Sie sich aber sparen, denn Sie wissen ja, dass fast alles, was Sie fordern, erfüllt wird. Zum Beispiel das Skartierungsverbot, von dem immer geredet wird. Der Magistratsdirektor hat das schon lange ausgesprochen. Es ist ganz klar, es wird nichts mehr skartiert. Alle Akten und Fakten, die es gibt, sind übergeben worden. Im Gegensatz zu den 30 Jahren, die eigentlich teilweise vorgesehen waren, hat man sich ohnehin mehr Zeit gelassen. Die Akten sind zu einem großen Teil noch da, was gut ist, und es wird neuerdings nichts mehr vernichtet.

 

Dass es verpflichtende Weiterbildung gibt, ist ja schon lange durchgeführt, und ich bin dagegen, dass wir Dinge beschließen, die es seit Jahren gibt, von denen wir wissen, es ist schon geschehen. Das ist Theaterdonner, und ich meine, es bringt ja nichts, wenn man sagt, das, was es gibt, das beschließen wir heute als Forderung. Wozu soll das dienen? Es gibt diese verpflichtende Weiterbildung, es gibt die unangekündigten Kontrollen, nur Sie wollen es nicht zur Kenntnis nehmen in dem Sinn, dass Sie sagen, Sie fordern es, damit sozusagen unterstellend, dass das nicht passiert. Aber es passiert, und die MA 11 macht es auch.

 

Das wurde übrigens auch bei unserem Ausschuss gut beantwortet. Da hat es ja diese Fragen gegeben. Es waren Kolleginnen und Kollegen da, und die haben das in einer klaren Art und Weise beantwortet. Damals hat es keine weiteren Fragen gegeben, weil ja sonnenklar war, wie das läuft und dass das alles erledigt ist. Heute aber, einige Wochen später, kommen, schwuppdiwupp, die Fragen, die beantwortet sind, als Forderungen wieder, und das ist eigentlich unernst. An diesen parteipolitischen Angriffen merkt man die Absicht und ist verstimmt.

 

Meiner Ansicht nach geht es jetzt darum, schnell zu arbeiten. Der Gemeinderat wird morgen die Mittel zur Entschädigung beschließen, und wir werden dann diskutieren, wenn Berichte auf dem Tisch liegen. Es geht also jetzt darum, volle Kraft in die Aufklärung aller Vorwürfe zu legen, da aber keine Vorverurteilungen und auch keine Weißwaschungen vorzunehmen, sondern einfach die Fakten zu sammeln und sich dann der Verantwortung zu stellen. Ich glaube, das ist der richtige Umgang. So sollten wir es gemeinsam handhaben. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Herzog: Es freut mich, dass ich heute eine Klasse aus dem 4. Bezirk, aus der Schaumburgergasse, samt Lehrkräften begrüßen kann. Wir begrüßen Sie in der heutigen Landtagssitzung recht herzlich, und ich darf feststellen, dass heute eine interessante, wenn auch recht bedauerliche Angelegenheit besprochen wird, und Sie hier teilhaben können.

 

Die Redezeit jedes weiteren Redners ist nunmehr mit 15 Minuten begrenzt. Als nächster Redner ist Abg Dr Ulm gemeldet. – Bitte sehr.

 

10.37.46

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ohne den Endbericht oder auch nur einen Zwischenbericht der Helige-Kommission zu kennen, wissen wir, dass in Kinderheimen der Stadt Wien Kinder gequält und misshandelt wurden. Laut Irmtraut Karlsson gab es strukturelle Gewalt und laut StR Oxonitsch Erziehungsmethoden des Dritten Reiches. Allein das zu wissen, ist erschütternd. Es erschüttert uns das Leid der Kinder, es erschüttert uns aber auch das Versagen der Stadt, der Verwaltung und der beteiligten Personen.

 

Jugendwohlfahrt, Jugendamt, Kinderheime – das ist Kernkompetenz der Stadt Wien. Die Stadt hat in einer ihrer Kernkompetenzen versagt, in einem Bereich, den sie selbst gestalten kann und eigenständig organisiert. Die Kinder litten nicht fernab an uneinsehbaren, versteckten, privaten Tatorten, sie litten vor den Augen von Bediensteten der Stadt Wien. Sie hätten Anspruch gehabt auf Nähe, Anerkennung, Liebe und Zuspruch. Das Gegenteil haben sie bekommen. Die Stadt konnte den versprochenen Schutz und die zugesagte Hilfe nicht gewähren. Die Kinder wurden nicht behütet, keine schützende Hand über sie gehalten. Mitarbeiter der Stadt wurden zu Tätern an ihren Schutzbefohlenen.

 

Wie konnte das passieren? Wir erwarten eine Antwort von StR Oxonitsch, aber auch von Bgm Häupl. Wie konnten so viele Beamte und Vertragsbedienstete solche Fehlleistungen, einige von ihnen sogar Verbrechen, begehen? Wo war die Dienstaufsicht, wo waren die Revisionen, wo waren die Kontrollen? Was machte die Heimleitung, was machten die Inspektoren, was machte die Abteilungsleitung, was machte die zuständige Stadträtin? Wieso ist niemandem etwas aufgefallen – nicht Amtsärzten, nicht Hausärzten, nicht Pädagogen, Juristen, Hausarbeitern?

 

Welche grundsätzliche Einstellung herrscht in der zuständigen Magistratsabeilung Kindern gegenüber im

 

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