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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 28.04.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 114

 

te Stadt und im Endeffekt auch eine lebenswerte Welt ermöglichen.

 

Der Politikwissenschafter Krams hat es sinngemäß so zusammengefasst: Das Projekt Donaustadt-Autobahn setzt genau die falschen Anreize, schafft noch mehr Autoverkehr, und der Wiener Gemeinderat - das sind Sie, das sind wir - erweist sich auf dem Weg zu einer möglichen Klimamusterstadt damit einen schwer revidierbaren Bärendienst. Das Geld wird uns fehlen, und die Autobahn wird über Jahrzehnte CO2-Emissionen verursachen, die wir uns nicht leisten können.

 

Was Sie hier heute auf den Weg bringen wollen, ist ein Programm „Raus aus dem Klimaschutz, rein in den Asphalt, rein in den Verkehrskollaps und rein in die Klimakatastrophe“ - man kann es nicht anders sagen. Ja, das Stadtentwicklungsgebiet Aspern gehört angebunden, keine Frage. Dass wir aber 2021 beinahe eine halbe Milliarde Euro für dieses Projekt ausgeben, ist kurzsichtig, unverantwortlich und wird sich als historischer Fehler erweisen. Sie werden das unseren Kindern und Enkelkindern und den kommenden Generationen erklären müssen.

 

Es ist nie zu spät, umzukehren. Werden Sie sich Ihrer historischen Verantwortung bewusst! Was man bauen darf, muss man nicht bauen. Schieben Sie die Autobahn auf den Misthaufen der Geschichte! Sie haben es heute in der Hand. - Danke schön.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich GR Guggenbichler zu Wort gemeldet. Bitte.

 

14.55.09

GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ)|: Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende!

 

Ich darf die ganze Rede meines Vorredners tatsächlich berichtigen. Er hat etwas gesprochen über klimaschädlich, über grotesk, über Ziele des 20. Jahrhunderts, 60 Prozent mehr Arbeitsplätze. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Österreich eine seriöse Partei gibt, die bei solch einer Kritik solch ein Programm in ein Regierungsprogramm schreibt und das selbst unterschreibt. Die GRÜNEN haben 2015 die Stadtstraße ins Regierungsprogramm geschrieben, und ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine seriöse Partei gibt, die das tut.

 

Also ist die ganze Rede, die der Kollege von den GRÜNEN gehalten hat, inhaltlich falsch - oder Sie sind einfach unseriös und verlogen.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Danke für die Desinfektion. Danke, dass Sie zurückgekommen sind. - Als Nächste zu Wort gemeldet ist GRin Otero Garcia. Ich stelle nur noch die Zeit ein und erteile es ihr.

 

14.56.23

GRin Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia (GRÜNE)|: Sehr geehrte ZuschauerInnen via Livestream! Sehr geehrte Vorsitzende! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der SPÖ!

 

Den Sozialismus kann man nur mit dem Fahrrad erreichen. - Dieser Satz stammt nicht von mir, sondern von José Antonio Viera-Gallo. Dieser Herr ist ein bekannter Politiker, ein chilenischer Politiker, und er war während der sozialistischen Regierung von Salvador Allende Staatssekretär für Justiz. Und jetzt werden die geschichtlich bewanderten von Ihnen wissen, dass die Regierung Allendes ein Zeiterl her ist, und ich muss Ihnen sagen, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, dass Ihr chilenischer Kollege schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts etwas durchschaut hat, was Sie im Jahr 2021, wo die Klimakrise nicht nur in aller Munde, sondern bereits spürbar ist, nicht verstehen oder einsehen wollen, nämlich dass Technik und Technologien nicht neutral sind, sondern immer in einen sozialen Kontext eingebettet sind und dass es die richtigen technischen Mittel braucht, um soziale Gerechtigkeit und, ja, auch persönliche Freiheit zu erreichen.

 

Genau deswegen sagt auch die Art der Mobilität, die von einer Regierung oder von einer Partei forciert wird, sehr viel darüber aus, welches Wirtschaftsmodell und welches Gesellschaftsmodell sie unterstützt. Ich muss Ihnen leider sagen, die Förderung des Autoverkehrs hat rein gar nichts mit einer egalitären Gesellschaft zu tun. Sie treten mit dem Bau dieser Autobahn Ihre eigenen Grundwerte mit Füßen.

 

Die Donaustadt-Autobahn ist nicht nur klimapolitisch eine Katastrophe - auch wenn Sie hier das Gegenteil behaupten -, sie hat auch negative sozialökologische Auswirkungen, die weit über die Klimaproblematik hinausgehen. Und sie lässt daran zweifeln, ob die Grundwerte Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität für Sie wirklich so unverrückbar sind, wie Sie behaupten. Der Kapitalismus und die Automobilität haben eines gemeinsam, nämlich die Prämisse der Konkurrenz als natürliche Form menschlicher Interaktion. Nicht das Miteinander, nicht das Teilen steht im Vordergrund, sondern das Individuelle, das Gegeneinander, die Frage, wer stärker ist, wer schneller ist.

 

Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, schreiben in Ihrem Grundsatzprogramm - ich zitiere: „Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist die freie Entwicklung jedes Menschen durch die Sicherung der Lebensgrundlagen die Voraussetzung für die Freiheit aller.“

 

Mit dem Bau dieser Autobahn tragen Sie nicht nur zur Klimakrise und somit zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen bei, Sie befördern auch einen individualisierten Freiheitsbegriff, bei dem es darum geht, dass einige wenige ihre Freiheitsbedürfnisse auf Kosten vieler anderer ausleben. Und das hat mit Ihrer ursprünglichen Definition von Freiheit nichts zu tun.

 

Die Förderung des Autoverkehrs hat auch mit Gleichheit und Gerechtigkeit nichts zu tun. Autofahren kann man nicht verallgemeinern. Es können nicht alle mit dem Auto fahren, sonst würde der Verkehr zusammenbrechen und wir würden schon längst kollabieren. Das geht physikalisch nicht und es geht vor allem nicht, weil sich nicht alle ein Auto leisten können. Die Daten belegen es, Sie wissen es. Die Autonutzung steigt proportional mit dem Einkommen. Mit dem Bau dieser Autobahn betreiben Sie Politik für die Privilegierten, Sie machen Umverteilung von unten nach oben.

 

Ja, man könnte mit diesem Geld sehr viel machen. Kollege Stark hat schon erwähnt, alleine in Wien könnte man 20.000 Bäume damit pflanzen. Es geht aber nicht nur um das Klima, es geht nicht nur um Klimaschutz, es

 

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