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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 28.04.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 114

 

zen - zusätzlich zu den großen Projekten der Stadt selbst für Klimawandelanpassungsmaßnahmen und Umgestaltungen im öffentlichen Raum. Das ist das größte Programm für Klimawandelanpassungsmaßnahmen in der Geschichte der Stadt, und ich glaube, dafür müssen wir uns nicht verstecken. Ich freue mich schon sehr darauf, dazu beim nächsten Tagesordnungspunkt, bei einem der nächsten Punkte noch mehr sagen zu dürfen. - Vorerst einmal danke.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Danke für die Desinfektion. - Zu Wort gemeldet ist GRin Mag. Sequenz. Ich erteile es ihr.

 

14.14.18

GRin Mag. Heidemarie Sequenz (GRÜNE)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe ZuseherInnen via Livestream!

 

Dieser Gemeinderat stimmt heute über die unglaubliche Summe von 460 Millionen EUR für ein 3 km langes Autobahnprojekt ab. Ich möchte Ihnen heute erklären, warum das ein großer Schwindel, ein riesiger Schwindel ist.

 

Seit über zehn Jahren erzählen PolitikerInnen aus den Reihen der SPÖ, der ÖVP und auch der FPÖ der Donaustädter Bevölkerung, dass diese Autobahn, diese Stadtautobahn eine Entlastung für die alten Ortskerne und die Wohngebiete in der Donaustadt bringen wird. Das ist ein Schwindel. Sie wissen das. Es wird genau das Gegenteil eintreten. Diese Straße ist ein Einfallstutzen von der Lobau-Autobahn und wird die Donaustadt im Verkehr absaufen lassen. Sie wird unter einer Lärm- und Abgasglocke verschwinden.

 

Der große Schwindel ist auch das Regierungsübereinkommen dieser rot-pinken Stadtregierung, die von einer klimaneutralen Stadt bis 2040 spricht. Sorry, aber mit dem Bau weiterer Verkehrserreger und CO2-Schleudern wird sich das einfach nicht ausgehen. Der große Schwindel sind diese Autobahnen auch für die Wiener Wirtschaft, denn sie werden diese massiv schädigen - das hat sich beim Bau solcher Autobahnen mehrfach erwiesen. Und letztendlich ist es ein Riesenbetrug am österreichischen Steuerzahler: Es wird nicht nur Steuergeld verbrannt, sondern es wird mit diesem Geld auch noch die Umwelt kaputt gemacht. Die Menschen sind also doppelt geschädigt, und ich glaube, es gibt keine größere Chuzpe als dieses Projekt.

 

Würde sich dieser Schwindel in entsprechenden Pinocchio-Nasen manifestieren, würden alle, die sich an diesem Schwindel beteiligen, gar nicht in diesen Saal hereinkommen, so groß müssten diese Nasen sein.

 

Und gleich vorweg: Wenn wir hier von dieser Stadtautobahn, die Sie so niedlich Stadtstraße nennen, reden, reden wir von einem riesigen Autodrom, denn man darf diese eine Straße, die hier um 460 Millionen EUR errichtet wird, nicht isoliert sehen, sondern man muss sie immer im Zusammenhang mit der S 1 Lobau-Autobahn, dem Tunnel und der Auffahrt auf die Lobau-Autobahn sehen, die wir in Wien so niedlich als Spange bezeichnen.

 

Schauen wir uns einmal diesen Schwindel im Detail an, aus verkehrstechnischer Sicht! Ich habe schon gesagt: Wenn ich nur eine Anbindung der Seestadt an die A 23 will - so wird das ja propagiert -, um eine Entlastung der alten Ortskerne zu erreichen, dann brauche ich keine vier bis sechs Spuren, dann brauche ich zwei Spuren, begleitet von Radwegen, Ampeln, Fußgängerübergängen, und so weiter. Wenn ich aber einen nahtlosen Übergang auf die nächste Autobahn möchte, dann brauche ich diese vielen Spuren. Aber dann stellen Sie sich bitte auch hier her und sagen Sie: Wir wollen diese Autobahn, diesen Verkehrserreger quer durch die Donaustadt, mit allen Konsequenzen. - Dann sagen Sie das bitte auch!

 

Jede Person, die sich ein bisschen auskennt, weiß, dass der donauquerende Verkehr, der donauquerende Transit nur 3 bis 4 Prozent ausmacht, alle anderen Autos wollen nach Wien hinein. Kein Verkehrsplaner dieser Welt, und auch nicht die Asfinag, würden sich je zu sagen trauen, dass diese Straßen eine Verkehrsentlastung darstellen. Warum aber sagen Sie das? Warum behaupten Sie, dass diese Autostraßen ein Segen für die Donaustadt sein werden? Warum wurden im Jahr 2015 BürgerInnen zu einer Veranstaltung eingeladen, bei der die ganze Hautevolee der SPÖ anwesend war und ihnen erklärt hat, welche Maßnahmen in den Ortskernen selbst geplant sind, um diese vom Verkehr zu entlasten? Warum gibt es sündteure Renderings von diesen alten Ortskernen, auf denen gezeigt wird, wie wenig Verkehr dort sein wird? Wenn man sich diese Renderings von Hirschstetten anschaut, glaubt man, man ist auf einem Dorfplatz im Mittelalter, wo nicht einmal ein Auto zu sehen ist! Und warum haben Sie meine Anträge, die vorsehen, dass genau diese Maßnahmen in den alten Ortskernen ergriffen werden sollen, abgelehnt?

 

Ich werfe jetzt hier auch nicht alle von den von mir erwähnten Parteien - SPÖ, ÖVP und FPÖ - in einen Topf, weil ich genau weiß, dass es in der SPÖ und in der ÖVP Menschen gibt, denen diese Betonpolitik ordentlich am Keks geht, und diese möchte ich ermutigen, auch dagegen aufzutreten.

 

Auch im Hinblick auf die Klimaziele dieser Stadt ist die Ausgabe von 460 Millionen EUR, die heute hier beschlossen werden, ein großer Schwindel. Ich fordere jetzt wirklich die zuständigen StadträtInnen auf: Kommen Sie bitte hier heraus und erklären Sie uns und den WienerInnen, wie Sie bis 2040 eine klimaneutrale Stadt schaffen wollen, wenn Sie diese Straßen alle bauen lassen wollen! Bitte erklären Sie uns das!

 

Aber damit nicht genug: Letzte Woche hat das EU-Parlament ein europäisches Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Bis 2030 sollen 55 Prozent an Treibhausgasen eingespart werden - man orientiert sich an 1990. Ich wiederhole: 55 Prozent an Treibhausgasen sollen eingespart werden. Und ich frage mich: Wie soll das Mitgliedsland Österreich das schaffen? Einige von Ihnen werden in neun Jahren hier noch sitzen, und ich frage mich, was Sie sagen werden: Wir haben das nicht gewusst!? Das hat uns niemand gesagt!? - Da wäre ich wirklich sehr gespannt. Wir sind jetzt schon Schlusslicht in der EU, was die Reduktion von Treibhausgasen betrifft, weil vor allem der Transportsektor in Österreich das große Sorgenkind ist.

 

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