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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 133

 

Ich möchte ein paar Anmerkungen machen zu dem, was im letzten Jahr kulturpolitisch so passiert ist. Es gibt durchaus ein paar positive Projekte zu verzeichnen, und da möchte ich gar nicht anstehen, sie auch zu erwähnen.

 

Ich Bereich der Kinoförderung ist es, denke ich, gelungen, ein Kino wie das Gartenbau zum Beispiel neu zu positionieren.

 

Es gab auch einen leisen Ansatz, das zu verwirklichen, was der Stadtrat zu Beginn der Legislaturperiode immer gesagt hat, nämlich den Diskurs fördern zu wollen und die Gegenöffentlichkeit. Es ist leider nicht so, dass die Institutionen in dieser Stadt, die das seit langer Zeit gut tun, das Geld bekommen hätten wie zum Beispiel das Depot, aber immerhin gab es den zaghaften Versuch einer Initiative, und ich hoffe, dass ich das richtig hinkriege mit den Namen: Demokratie-Diskussion-Diskurs. (Zwischenbemerkung von Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny. – Die Rednerin wendet sich direkt dem hinter ihr sitzenden Stadtrat zu.) Ich versuche gerade, das Wort hinzukriegen. (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Es gab viele Diskurse!) Also, es gab da diese Diskussionen, dann war da so ein Logo, und dann gab es wieder Aufregungen über das Logo. (GR Gerhard Pfeiffer: Sprechen Sie zu uns, Frau Kollegin! Ist das schon schwer genug!) Also, es fällt etwas schwer, sich den Namen dieser Initiative zu merken, aber es war gut gemeint.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man sich nicht merken kann, was ein Stadtrat auch an positiven Dingen getan hat, dann haben wir vielleicht alle ein kleines Problem. (GR Dr Alois Mayer: Ja, das glaube ich auch!) Und wenn der Stadtrat mir auch nicht dabei helfen kann, den Namen auszusprechen, dann haben wir vielleicht noch ein größeres. (Heiterkeit. – GR Karlheinz Hora: Soll er die Rede halten oder Sie?)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Stadt, so meinte Andreas Mailath-Pokorny zu Beginn der Legislaturperiode, sollte ein "save haven" sein, sollte ein Rückzugsort für Künstlerinnen und Künstler sein. Er wollte Künstlerinnen und Künstler vor der blau-schwarzen Bundesregierung beschützen. (Ironisch-erstaunte Oh-Rufe und Heiterkeit bei der FPÖ.) Ich habe, ehrlich gesagt, nicht Eindruck, dass das geschehen ist, und auch wenn die Fraktionen auf dieser Seite (in Richtung ÖVP und FPÖ) der Meinung sind, dass das gar nicht notwendig gewesen wäre, ich glaube, es wäre mehr als notwendig gewesen. (GR Gerhard Pfeiffer: Es gibt hier keine blau-schwarze Koalition!)

 

Das Problem ist allerdings – und das sollte uns zu denken geben –, dass ich das nicht gesehen habe. Ich habe nicht die schützende Hand gesehen, die über Künstlerinnen und Künstler gehalten wird, sondern ich habe auch Zusammenarbeit mit jenen gesehen, von denen wir meinen oder ich meine, dass sie Teil des Problems sind. Damit meine ich ganz konkret die Frage des Museumsquartiers, sehr geehrte Damen und Herren. Nicht nur, dass morgen 6 Millionen S für das Marketingkonzept des Museumsquartiers beschlossen werden sollen und damit natürlich auch dieses Projekt unterstützt wird, sondern es wurde auch mir nichts, dir nichts der Vertrag des Herrn Wolfgang Waldner verlängert.

 

Darf ich Sie, sehr geehrte Damen und Herren, daran erinnern: Wolfgang Waldner, der Direktor des Museumsquartiers, hat viele der Nutzerinnen und Nutzer des Museumsquartiers in den letzten Jahren unter Druck gesetzt, hinausgeschmissen, gequält, geärgert und sekkiert, wie wir so schön sagen. Das geht weiter. Und was passiert? Der Stadtrat, der sich schützend vor die Künstlerinnen und Künstler stellen will, verlängert den Vertrag und schiebt noch 6 Millionen S hinterdrein. Ist das sozialdemokratische Kulturpolitik, die die Nutzerinnen und Nutzer der Stadt Wien im Museumsquartier schützen will? Nein! Nein, ich denke nicht, dass das der Fall ist.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gebe noch ein paar andere wichtige Punkte zu erwähnen, wie zum Beispiel die Tatsache, dass es zwar eine Agenda 2006 für den Filmbereich gibt, aber sonst nichts passiert ist.

 

Es gebe auch noch zu erwähnen, dass der Herr Stadtrat seit Jahren mittlerweile über eine Förderung für Kunst im öffentlichen Raum nachdenkt, aber nichts passiert ist. Stattdessen bekommen Institutionen oder Vereine, die in diesem Bereich seit Jahren wichtige Arbeit machen, kein Geld, wie zum Beispiel die Initiative von Mia Zabelka.

 

Statt wirklich gute und spannende Projekte in dieser Stadt zu fördern, hält man sie an der kurzen Leine und setzt genau jene Schwerpunkte nicht, über die es zu diskutieren gelte. Und zwischendrin bekommt die Albertina für die Fassadenrenovierung noch 30 Millionen S.

 

Ich glaube nicht, dass das die Kulturpolitik ist, die diese Stadt sich verdient hat. Aber ich sehe auch positive Ansätze, das muss ich schon festhalten, wie zum Beispiel bei der Studie zu der freien Theaterszene, über die wir wahrscheinlich morgen auch ausführlicher diskutieren werden. Und ich glaube, eines steht fest: Mit diesem Kulturbudget der Stadt Wien, das nicht mehr das höchste aller Zeiten ist, gilt es, vorsichtig umzugehen und wichtige Initiativen verstärkt zu fördern, die genau das tun, was Mailath-Pokorny so oft schon angekündigt hat, nämlich Gegenöffentlichkeiten zu fördern, kritische Institutionen zu fördern, Innovation zu fördern.

 

Ich möchte zum Ende noch kurz zu einer sehr, sehr wichtigen Initiative kommen, die mein Kollege David Ellensohn in den letzten Wochen gemeinsam mit einigen GemeinderätInnen auch der anderen Fraktionen diskutiert und ins Spiel gebracht hat.

 

Im September 1939 wurden über Tausend Juden für einige Wochen im Wiener Praterstadion festgehalten. Das Wiener Praterstadion ist ein Ort, den wir heute als Austragungsort von Rockkonzerten kennen. 1939 war das jetzige Ernst-Happel-Stadion ein Ort, an dem Menschen festgehalten und gequält wurden, bevor sie dann in Konzentrationslager gebracht wurden. Fast alle diese Tausend Personen, die 1939 im Wiener Praterstadion angehalten wurden, wurden im Konzentrationslager Buchenwald von den Nazis ermordet. Bis heute war es leider nicht möglich, für diese eine Gedenktafel an diesem Ort zu installieren. Ein junger Politikwissenschaftler

 

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